ANTHELIAS RÜCKKEHR

Eine Fan-Fiction-Story aus der Welt der Harry-Potter-Serie

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© 2003 by Thorsten Oberbossel

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P R O L O G

Als das Trimagische Turnier zu Hogwarts beschlossene Sache war, plante der geschwächte Hexer Lord Voldemort mit Hilfe seines Dieners Wurmschwanz und eines Getreuen, der in der privaten Gefangenschaft seines eigenen Vaters ausharrte, die Rückkehr an die Macht und die Wiederverstofflichung seines Körpers. Er schaffte es im Verlauf des Turniers, seinen letzten Gegner, Harry Potter, in seine Gewalt zu bringen. Dieser entkam jedoch mit knapper Not und berichtete von der Rückkehr des dunklen Lords. Sein in Hogwarts getarnt agierender Gefolgsmann wurde entlarvt, verhört und dann von einem Dementor seiner Seele beraubt. Voldemort greift erneut nach der Macht in der Welt der Zauberer. Doch ist er wirklich die einzige dunkle Gefahr??

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Es war für Trisker Hoppex schon ein heftiger Schock gewesen, das in seinen linken Arm eingebrannte dunkle Mal nach mehr als dreizehn Jahren wiederzusehen und vor allem so schmerzhaft zu spüren, als brenne ein loderndes Feuer auf seiner Haut. Voller Angst und Schuldgefühle konzentrierte er sich auf den alten Treffpunkt, wo sie immer zusammenkommen mußten, wenn er rief, der wieder da war: Lord Voldemort, der mächtigste Magier dieser Zeiten.

Trisker Hoppex, der vor einundzwanzig Jahren als mittelmäßiger Hogwarts-Abschlußschüler, als dritter Sohn einer reinblütigen Zaubererfamilie in Slytherin zugebracht hatte, dem Ruf des dunklen Lords gefolgt war und ihm treu ergeben diente, bis er durch etwas, das niemand verstehen konnte, von Harry Potter niedergerungen worden war, bis er nach so langer Zeit wieder auftauchte.

Trisker war in den Reihen der Todesser einer der unteren Handlanger und hielt sich auch gut im Hintergrund. Dies tat er auch jetzt wieder, als Voldemort sie alle begutachtete. Er bekam mit, wie der vom dunklen Lord gefangene Harry Potter gefoltert, gedemütigt und dann mit dem Todesfluch angegriffen wurde. Doch wieder gelang es diesem Jungen, der Macht Voldemorts zu entkommen, unter merkwürdigen Umständen, die Trisker nicht verstand. Harry entkam, obwohl alle ihn mit Betäubungsflüchen zu treffen versuchten. Doch weil Voldemort es befohlen hatte, war außer ihm niemand dem fliehenden Burschen nachgeeilt, was Trisker Hoppex als Fehler ansah. Doch das würde er nie laut auszusprechen wagen. So sahen sie alle, wie Potter mit dem Leichnam eines größeren Jungen und einem schimmernden Pokal verschwand, demselben, der ihn eigentlich dem Meister der dunklen Künste ausliefern sollte.

Voldemort befahl mit seiner kalten hohen Stimme:

"Kehrt zurück an eure Wohnorte! Mein treuer Diener in Hogwarts wird ihn schon erwarten. Kehrt zurück und wartet auf meine Befehle!"

Niemand zögerte, diesen Befehl auszuführen. Trisker freute sich sogar, hier erst einmal nicht mehr gebraucht zu werden. Nachdem sie alle von Voldemort getadelt worden waren, weil sich niemand aus ihren Reihen darum gekümmert habe, ihn in seinen Körper zurückzuhelfen, hatte nicht nur Trisker gefürchtet, streng bestraft zu werden.

Tage verstrichen, in denen Trisker Hoppex nichts von Lord Voldemort oder den anderen Todessern hörte. Er fragte sich, was man ihm als erste Aufgabe zuweisen würde. Als der dunkle Lord vor über zwanzig Jahren Macht und Einfluß erlangt hatte, war Trisker stets für niedere Aufgaben eingesetzt worden, Zauberer und Muggel zu terrorisieren, ihre Gebäude zu zerstören und Feinde des Meisters auszuspähen. Oft war er dabei in Lebensgefahr geraten und nur mit Mühe dem sicheren Tod entronnen. Was würde Lord Voldemort nun, da er allen Sühne für ihre Schuld abforderte und es wieder einmal nicht geschafft hatte, Harry Potter zu töten, von ihm verlangen?

Am 7. Juli kam eine Eule mit einem Brief in sein bescheidenes Haus am Rande von Nottingham. Der Vogel trug einen Brief bei sich, in dem Trisker mit wenigen Worten aufgefordert wurde, allein zum Treffpunkt zu kommen.

Als er um kurz vor Mitternacht wieder auf dem Friedhof ankam, wartete der Dunkle Lord mit Wurmschwanz, dem kleinen kriecherischen Gefolgsmann auf ihn.

"Ich will, daß du jemanden für mich tötest, Trisker", kam Voldemort gleich zur Sache.

"Wen, Meister?" Fragte der Todesser mit unterwürfiger Körperhaltung. Er glaubte, Harry Potter oder seinen großen Beschützer Albus Dumbledore umbringen zu müssen, doch die Antwort des schwarzen Lords überraschte ihn.

"Bartemius Crouch, Trisker. Mein treuer Diener wurde gefaßt. Fudge hat ihm den Kuß des Dementors verabreichen lassen. Aber diese schwächlichen Kerle haben es nicht übers Herz gebracht, ihn auch zu töten. Er wird in einer Höhle im schottischen Hochland versteckt gehalten, damit niemand ihn zu sehen bekommt. Sie füttern ihn, obwohl er nichts mehr tun kann. Aber er ist trotzdem gefährlich. Also geh hin und töte ihn!"

"Haben sie ihn nicht nach Askaban gebracht?" Fragte Trisker. Voldemort schnaubte gefährlich. Doch dann sagte er:

"Sie wußten, daß er dort nicht überleben würde. Außerdem müßten sie ja zugeben, daß er ihnen einmal entkommen ist, also noch vor Sirius Black. Nimm diesen Schwächlingen also ihre Sorgen ab und bring seinen leeren Körper um!"

"Ja, Herr und Meister", willigte Trisker Hoppex ein. Voldemort duldete niemals, daß jemand seine Befehle hinterfragte. Trisker hatte Gefährten grausam sterben sehen müssen, weil sie es gewagt hatten, Voldemort nach dem Grund für einen Befehl zu fragen.

"Wurmschwanz, gib ihm die Karte, damit er hinfindet!" Verlangte der dunkle Lord von seinem Diener. Dieser zog mit seiner neuen rechten silbernen Hand ein zusammengerolltes Pergament hervor und gab es Trisker mit breitem Grinsen. Der Todesser verbeugte sich und disapparierte sogleich, als Voldemort ihm dazu die Erlaubnis erteilte.

Einen Tag später schlich der nun in einem schwarzen Kapuzenumhang mit Maske vermummte Trisker Hoppex auf den Eingang einer alten Tropfsteinhöhle zu. Er wußte, daß er schnell handeln mußte. Denn niemand durfte ihn sehen, und im Unsichtbarkeitszaubern war er immer ein Versager gewesen. Dafür beherrschte er die drei mächtigsten Flüche der Zaubererwelt, was ihn mit Stolz erfüllte. Hier und jetzt würde er zeigen, daß er nichts verlernt hatte, solange er unter dem Anschein, von Voldemort im Bann des Imperius-Fluches gehalten worden zu sein, ein harmloses Dasein ohne Auffälligkeiten geführt hatte.

"Lumos!" Flüsterte Trisker, als er mit nach vorn gestrecktem Zauberstab durch den engen Höhleneingang kletterte. Sofort glomm ein Lichtstrahl an der Spitze des fünf Zoll langen Zedernholzstabes und beschien den Weg, den der Todesser zurücklegen mußte.

Leise tropfte Wasser von der Höhlendecke. Stalakmiten wuchsen rechts und Links des Weges auf, Stalaktiten hingen bedrohlich wie Fallgitterspitzen von der zehn Meter hohen Decke herab. Einige Tropfsteine hatten sich im Lauf der Jahrhundertausende zu natürlich gewachsenen Säulen zusammengefügt. Leise schritt der Vollstrecker Voldemorts weiter voran, bis er die Abzweigung fand, die ihm Wurmschwanzes Karte gewiesen hatte. Da sah er in der Ferne das rötliche Flackern brennender Fackeln und löschte mit "Nox" das Licht des Zauberstabes.

Geduckt und noch leiser schlich Trisker Hoppex auf die Fackeln zu, bis er in ihrem immer heller werdenden Flackern eine Gestalt in einem weißen Umhang erblickte, die teilnahmslos an einer Wand auf einem hochlehnigen Stuhl saß. Trisker erschauerte, als er das ihm vertraute Gesicht des einstigen Mitkämpfers Bartemius Crouch Junior betrachtete, das durch Fackelschein und Blässe dem Gesicht eines Geistes ähnelte. Nun laut ausschreitend ging Trisker auf den Mann zu und sagte halblaut:

"Barty, bist du es wirklich? Ich bin es, dein Kumpel Trisker."

Der Mann auf dem Stuhl reagierte überhaupt nicht. Er starrte mit leeren Augen in den Raum und verzog keine Miene. Wenn er nicht geatmet hätte, hätte Trisker ihn für tot gehalten.

Der Todesser ging auf den Mann zu, den er töten sollte. Dieser Mann dort, das fiel Trisker Hoppex wieder ein, war von einem Dementoren geküßt und dadurch entseelt worden. In ihm steckte weder Willenskraft noch Selbsterhaltungstrieb, weder der Drang nach Nahrung, noch der Funke, seine Umwelt zu betrachten. Da vor Trisker saß nur ein Körper, nur eine Hülle, die man vergessen hatte, ebenfalls zu vernichten. Doch dafür war er ja nun hier. Er tippte Bartemius Crouch mit einer Hand an. Doch dieser bewegte sich nicht einmal. Er zog ihn am Arm vom Stuhl hoch. Barty Crouch stand da, ruhig, aber sicher. Trisker hatte genug gesehen. Er mußte nun handeln, wenn er auch nicht wußte, weshalb diese leere Hülle noch gefährlich sein sollte. Bartemius Crouch hob einen Fuß an, schob ihn mechanisch vorwärts und setzte ihn wieder auf. Dann zog er das zweite Bein nach und stakste langsam vorwärts, als habe ihn doch noch etwas dazu angetrieben, zu gehen. Doch Trisker wußte aus Berichten, daß von Dementoren entseelte Menschen, die man auf die Füße stellte, solange einherschritten wie Zombies, bis sie stolperten oder gegen ein festes Hindernis stießen. Das war für den Vollstrecker Voldemorts der letzte Beweis, hier einen halbtoten vor sich zu haben. Er hob seinen Zauberstab an und konzentrierte sich. Er richtete den Stab auf Barty Crouches Brust, öffnete den Mund und holte tief Atem.

"Avada Kedavra!" Hallte es laut durch die Höhle. Doch es war nicht die Stimme Trisker Hoppex', die diese verbotenen Worte gerufen hatte. Der Vollstrecker fuhr zu Tode erschrocken zusammen, schaffte es noch, sich schnell umzudrehen und gerade noch eine Gestalt in einem langen weißen Umhang mit Kapuzenmaske zu sehen, die einen Zauberstab auf ihn richtete. Nur eine Hundertstel Sekunde sah er diese Gestalt, dann schoß ein gleißender grüner Blitz von ohrenbetäubendem Sirren begleitet auf ihn zu, blendete ihn. Trisker dachte, daß Voldemort ihn verraten haben mußte. Maßlose Enttäuschung, sowie die grausame Erkenntnis, hier und jetzt zu sterben, erfüllten ihn. Dann traf es ihn so heftig, als habe jemand ihn mit einer breiten Ramme getroffen. Schlagartig verlor er alle Sinne, jedes Gespür. Das er hinfiel, ohne eine sichtbare Verletzung am Körper, spürte er schon nicht mehr. Er war schon tot, als sein Kopf mit häßlichem Knall auf den harten Höhlenboden schlug.

Die Gestalt im weißen Umhang trat auf den von ihr getöteten Todesser zu und schlug die Kapuze zurück. Ein Frauenkopf mit einem langen beinahe blassen Gesicht mit hohen Wangenknochen, einer Stubsnase und dunkelgrünen Augen, umrahmt von dunkelbraunem Haar, kam zum Vorschein. Die Fremde sah verächtlich auf den ermordeten Todesser, dessen Zauberstab beim Fall aus der rechten Hand gefallen war.

"Eine Marionette weniger", zischte sie mit einem Anflug dämonischer Freude im Gesicht. Dann hob sie den Zauberstab erneut an, vollführte eine schnelle Abfolge von Bewegungen und dachte dabei an bestimmte Worte. Aus dem Zauberstab schlug ein violetter Blitz, traf die Leiche und ließ sie verschwinden. An ihrer Stelle lag da nur noch ein großer weißer Kieselstein. Mit "Accio Kiesel!" ließ sie diesen Stein zu sich hinfliegen, ergriff ihn mit der freien Hand und versenkte ihn in einer weiten Tasche ihres Umhanges. Dann wandte sie sich dem immer noch wie ein mechanisches Spielzeug voranstaksenden Barty Crouch zu und ließ den Zauberstab noch einmal pfeifend durch die Luft sausen.

"Centinimus!" Murmelte sie. In einem fahlen gelben Licht schien Bartemius Crouch zu schmelzen. Doch er schrumpfte nur schnell ein, bis er nur noch kaum ein Zoll lang war. Die Fremde ging vorwärts, bückte sich und schnappte den eingeschrumpften mit zwei Fingern vom Boden auf. Vorsichtig bettete sie den Eingeschrumpften in ein kleines Leinensäckchen, welches sie um den Hals trug und mit sehr feinen Daunen ausgestopft hatte. Zum Schluß klaubte sie den nun herrenlosen Zauberstab Trisker Hoppex' auf und steckte ihn schnell zu einer Fackel in die Halterung. Sofort begann das Zedernholz zu brennen, knisternd stoben Funken vom verbrennenden Holz.

"Gut, Pandora! Dein Werk ist vollbracht", wisperte eine Stimme, die nur im Kopf der Fremden zu hören war. Doch in ihr schwang große Befriedigung und Stolz mit.

"Du hattest recht, höchste Schwester. Der halbblütige Größenwahnsinnige wollte ihn beseitigen lassen. Offenbar weiß er, welche Gefahr er auch entseelt noch für ihn birgt", dachte die Fremde konzentriert.

"Offenbar hat er sich viel Wissen angeeignet. Gerade das sollte uns zur Eile drängen, Schwester", gemahnte die innere Stimme die Fremde zur Eile. Diese nickte, konzentrierte sich und disapparierte. Kein Ministeriumszauberer hatte bedacht, diesen Ort mit Apparitionsmauern zu schützen, um unerwünschtes Eindringen durch Zauberkraft zu vereiteln.

Im großen Kellergewölbe eines herrschaftlichen Hauses eines ehemaligen Baumwollplantagenbesitzers im amerikanischen Bundesstaat Mississippi traf die Henkerin Trisker Hoppex' ein. Weinfässer, die jedes für sich so groß waren, daß ein Mensch ausgestreckt hineinpasste, stapelten sich entlang der Granitwand rechts der Fremden. An der linken Wand reihten sich verstaubte Weinflaschen in langen und hohen Eichenholzregalen. Die Trägerin des weißen Umhangs sog den Duft alten Holzes und den Hauch verschiedener Weine in ihre Nase und fühlte die wohlgewählte Temperatur, die in diesem Gewölbe vorherrschte. Sie sah den vierarmigen Leuchter, welcher auf einem schwarzen Marmortisch auf halber Breite des Kellerraums aufgestellt war. Alle Kerzen warfen ein gespenstisches gelbes Licht auf Fässer und Flaschen. Dann tat sich eine massive Eichenholztür mit schmiedeeisernen Beschlägen und einer faustgroßen Messingklinke auf, und eine junge Frau in einem azurblauen Sommerkleid betrat den Keller. Sie sah von Körper und Haar, sowie dem langen blassen Gesicht mit den hohen Wangenknochen genauso aus, wie die Hexe, die wenige Minuten zuvor einen Handlanger Voldemorts getötet hatte. Nur ihre Augen waren nicht von jenem dunklen Grün eines tiefen Sees, sondern wiesen einen leichten Graustich in der Farbe auf. Sie winkte der gerade angekommenen Hexe mit ihrer langen schmalen rechten Hand zu.

"Es ist vollbracht, Tochter und Schwester", sagte die gerade eingetroffene statt einer Begrüßung. Dann folgte sie der jungen Frau durch die offene Tür in einen anderen Kellerraum, der wie ein Saal mit einem großen Marmortisch, Sitzbänken und großen Kronleuchtern beschaffen war. An den Wänden hingen große orientalische Teppiche und ein Kamin aus weißem Marmor beherrschte die linke hintere Ecke. Die junge Frau im blauen Kleid holte eine weiße Leinentischdecke, die sie über den großen Marmortisch breitete. Dann sah sie die ältere Hexe an.

"Die anderen werden gleich hier sein, Mutter. Bleibt es dabei, was sie dir aufgetragen hat?"

"So ist es, Tochter und Schwester. Sie will diesen Körper nicht in seiner ursprünglichen Gestalt beziehen. Du hast ja selbst mit ihr zwiegesprochen, bevor ich aufbrach."

"Wurde er bewacht?"

"Nein, wurde er nicht. Weder Zauberbanne noch Wächter haben ihn geschützt. Die Leute im englischen Ministerium vertrauten zu sehr auf ihre Geheimhaltung und auch darauf, daß dieser Mann keine Gefahr mehr darstellen kann. Ich konnte noch soeben verhindern, daß ein Stiefellecker des Halbbluts ihn tötete."

"Hast du den Kerl getötet, Mutter?" Fragte die junge Hexe, und um ihre Mundwinkel spielte ein teuflisches Lächeln.

"Ja, habe ich. Hier ist er", erwiderte die ältere Hexe und zog mit zwei Fingern den großen weißen Kiesel aus der Tasche ihres Umhangs und schnippte ihn beiläufig auf den Tisch, wo er einige Dutzend Zoll weiterkullerte, bevor er liegenblieb. Die junge Hexe erwiderte:

"Wie gnädig du doch warst, Mutter und Schwester. Ich hätte ihn sofort und unwiderruflich in diesen Kiesel verwandelt."

"Ich kenne deine Vorlieben, mit diesen Marionetten deinen Schabernack zu treiben, Tochter und Schwester. Aber du weißt, daß die Verwandlung von lebendem in totes schwerer ist, als die von totem in totes. Ich wollte mir keinen Fehlschlag erlauben, zumal dieser Kerl für den Emporkömmling, der sich großspurig Voldemort nennt, sowieso nicht von Bedeutung gewesen sein kann, weil er ihn ohne Rückendeckung in die Höhle sandte."

"Ich sehe das ein, Mutter und Schwester. Wollen wir nun alles vorbereiten?"

"Gewiß, Tochter und Schwester", bestätigte die ältere Hexe und holte den eingeschrumpften Körper des entseelten Bartemius Crouch aus dem kleinen Leinensäckchen. Teilnahmslos wie tot ließ sich der eingeschrumpfte Mann auf den Tisch legen, bevor die ältere Hexe ihren Zauberstab über ihn kreisen ließ und "Remagno" sagte. Sogleich wuchs Bartemius Crouch Junior, das Opfer eines Dementors, auf seine ursprüngliche Größe an, blieb jedoch liegen, wie er lag. Nur sein Atem und die lebendige Gesichtsfarbe verrieten, daß seine Organe noch arbeiteten.

Die jüngere Hexe holte aus einer Kommode eine silberne Schere, mit der sie dem Gefangenen eine lange Haarsträne abschnitt. Diese warf sie in ein silbernes Schälchen, das am Fußende des Tisches bereitstand. Die ältere Hexe hob ihren Zauberstab und sprach zwei uralte Worte, deren dunkle Kraft in ihrer Stimme vorauszuhören war. Knisternd sprangen rote und blaue Funken aus dem Zauberstab auf die Schale über, die durchsichtig wurde, um dann nach einer Sekunde wieder normale Gestalt zu bekommen. Allerdings war die abgeschnittene Haarsträne nicht mehr zu sehen.

"Was soll ich nehmen, höchste Schwester? Sein Blut oder seinen Speichel?" Befragte die Henkerin Triskers ihre innere Stimme. Diese antwortete sogleich:

"Er ist dir ausgeliefert. So nimm sein Blut, weil es die Essenz seines Lebens ist!"

Die Tochter der älteren Hexe reichte ihrer Mutter die Schere, mit deren scharfer Spitze ein Schnitt in die schlaffe linke Hand des Gefangenen getan wurde. Schnell hielt die Mörderin Trisker Hoppex' die silberne Schale unter die verletzte Hand und fing so fünf Tropfen Blut auf. Sie fühlte, wie die Schale unvermittelt warm wurde, als würde eine innere Heizquelle sie erhitzen. Sie tippte mit dem Zauberstab an den Rand der Schale und sprach drei weitere alte Worte, die ebenfalls den Unterton dunkler und verbotener Gewalten trugen. Die Schale färbte sich so rot, wie das in ihr aufgefangene Blut, blieb fünf Sekunden lang in dieser Farbe, bevor sie sich wieder silbern färbte. Gleichzeitig verheilte die beigebrachte Verletzung an der Hand Bartemius Crouches. Danach ließ die ältere Hexe den Zauberstab zweimal gegen den Uhrzeigersinn über der runden Schale kreisen und sprach eine Folge von Wörtern so schnell hintereinander aus, daß sie fast wie ein Wort erklangen. Die Schale begann, bläulich zu leuchten. Das Licht erstrahlte von ihrem tiefsten Punkt und breitete sich in drei Sekunden über die Schale aus. Dann richtete die ältere Hexe den Zauberstab auf den Gefangenen und rief nur ein einziges Wort laut in den Kellerraum hinein.

Von der Schale wich das bläuliche Leuchten. Dafür begann der Körper des Entseelten, in einem silbrigen Licht zu erstrahlen, immer stärker, bis er sich in diesem Licht auflöste, verschwand, nur silbriges Licht hinterlassend. Das ganze dauerte nur drei Sekunden, dann erstarb das Licht. Im gleichen Maße, wie es sich abschwächte, formten sich Konturen eines menschlichen Körpers, wurden scharf und greifbar. Doch es war nicht mehr Bartemius Crouch, der da auf dem Tisch lag, sondern eine Frau mit langem blonden Haar, die wohl um die dreißig Jahre alt war. Sie trug einen rosaroten Umhang, der aus feingesponnenem Flachs zu bestehen schien. Vom Gesicht her ähnelte sie zwar noch dem gefangenen Bartemius Crouch, doch das war auch schon das einzige, was bewies, daß er hier gelegen hatte. Sie atmete ruhig weiter, als habe sie schon seit Stunden so dagelegen und starrte mit leerem Blick an die Decke.

"Ich danke dir, Schwester", wisperte die innere Stimme der älteren Hexe in ihrem Geist. Die wichtigsten Vorbereitungen waren nun getroffen.

Bald darauf trafen drei weitere Hexen in wallenden weißen Umhängen ein. die jüngere Hexe hatte sich derweil ebenfalls einen weißen Kapuzenumhang übergezogen. Die Kapuzen blieben jedoch zurückgeklappt, so daß sich die fünf Hexen einander ansehen konnten.

Eine dunkelbraunhäutige Hexe mit afrikanischer Haarkrause, eine zierliche Asiatin mit schwarzem Haar und eine hoch und breit gebaute Hexe mit goldblonder Löwenmähne standen nun um den Marmortisch herum, auf dem jene Frau lag, die an die Stelle von Bartemius Crouch getreten war. Die Hexe aus Asien nahm ihre mitgebrachte Jutetasche von der Schulter und öffnete sie. Sie deutete kurz darauf und nickte der Hexe mit den dunkelgrünen Augen zu.

"Ich habe ihn bekommen, Schwester Pandora", sagte sie mit einem Stimmchen, rein und hell wie chinesisches Porzellan. Die Angesprochene lächelte wohlwollend. Dann griff sie hinter ihren Nacken und zog an einer silbernen Gliederkette, die sie um ihren Hals trug. Bedächtig, ja erhaben, zog sie die Kette unter ihrem Umhang hervor und entblößte ein zwei Zoll durchmessendes Medaillon aus fünf verschiedenen Metallen in fünf Segmenten : Kupfer, Eisen, Silber, Gold und Platin. Im Zentrum des Medaillons prangte ein kreisrunder Rubin, wie ein rotes Auge, das die fünf Metalle miteinander verband. Die anderen Hexen sahen ehrfürchtig auf das Kleinod, von dessen Macht sie zwar gehört, aber sie nicht im vollen Ausmaß erfahren hatten.

Dieses Medaillon war zur Zeit des dunklen Druiden Dairon vom Düsterwald geschaffen worden. Ein Kundiger der magischen Materie und Elemente hatte es zusammen mit dem Dunkelmagier geschmiedet und mit mächtigen Flüchen belegt. Diese Flüche bewirkten, daß jemand, der vom Träger des Medaillons getötet wurde, als gestaltloser Geist in das Medaillon gesaugt und dort gefangen wurde, von da an bis auf Widerruf Sklave dessen, der das Medaillon trug, in Gedanken mit ihm verbunden, ihm unterworfen, sein Wissen, seine Erfahrungen und sein Geschick zum Wissen, Erfahrungsschatz und Geschick dessen gemacht, der das Medaillon trug. Dies war ein mächtiges Werkzeug des dunklen Druiden, sich die Kräfte seiner Feinde anzueignen, mit ihrem Wissen zu handeln und stets zu erfassen, wie sie dachten.

Studien und Versuche an niederen Lebewesen ermöglichten es Anthelia, das verfluchte Medaillon so zu behexen, daß sie im Falle ihres Todes ihren Geist dort hineingeben konnte, jedoch ohne dann einem anderen Menschen untertan zu werden. Sie gründete eine andere Fraktion der Nachtfraktion der schweigsamen Schwestern auf britischem Boden, denn ihre Furcht und ihr Respekt vor der Tante in Millemerveilles geboten, nicht in deren Reich zu wirken. Als sie dann starb, floß ihr Geist übergangslos in das Seelenfangmedaillon ein und blieb darin stark. Ja, sie schaffte es, jedem lebendigen Menschen, der das Kleinod trug, ihren Willen aufzuzwingen. So wurde ein Nichtmagier 1715 ihr Opfer und mußte Rituale durchführen, die der bestehenden dunklen Schwesternschaft nützten. Doch irgendwann erkannten Zauberer des Magieministeriums die dunkle Bedrohung und schlossen das Medaillon in einen bezauberten Bergkristall ein, denn die Magie des Medaillons bewahrte dieses vor jeder Art der Zerstörung, und die Zauberer des Ministeriums wagten nicht, es mit mächtigen Zaubern zu bekämpfen, da sie nicht wußten, wie es geschaffen worden und welchem Zauber es unterworfen war. Eingeschlossen in einen Kristall verblieb das Medaillon Jahrhunderte, die Anthelia nicht verspüren konnte, da ihr der Fluß der Zeit in lebenden Wesen nicht zugänglich war, in einem tiefen Verlies in Gringotts. Die Kobolde hatten den Auftrag, es nur dem Erben des Zaubereiministers auszuhändigen, der die Verwahrung befohlen hatte.

Im Jahre 1993 wurde der Nachfahre des damaligen Zaubereiministers von einer amerikanischen Altgeschichtsexpertin namens Pandora Straton aufgesucht und über die verbotenen Artefakte befragt. Irgendwie schaffte es die Hexe, ihn dazu zu bewegen, sich das Medaillon Anthelias aushändigen zu lassen, angeblich, weil nun ergründet werden konnte, wie es endgültig zu beseitigen sei. Tatsächlich aber gab der Nachfahre das mächtige Artefakt an Pandora Straton weiter, die ihn mit einem mächtigen Gedächtniszauber belegte, der ihn vergessen ließ, daß dieses Artefakt existierte.

Anthelia freute sich richtig, wieder die unmittelbare Nähe zu einem Lebewesen zu spüren und versuchte, sich die amerikanische Hexe Untertan zu machen. Doch schon nach wenigen Sekunden erkannte sie, daß diese ihr bereits zugetan sei und schloß mit ihr einen Pakt.

"Suche dir neue Schwestern! Erwerbe dir Kenntnisse! Bringe einen geeigneten Körper in deine Gewalt, den ich beseelen kann! Dann wirst du neben mir die mächtigste Hexe deiner Zeit sein und mit mir alle magischen Emporkömmlinge und Zerstörungswütigen beseitigen", lautete der Pakt. Sie verriet Pandora ihre uralten Zauber und unterstützte sie im Kampf um die Vormacht unter den dunklen Hexen, die den Tag ersehnten, endlich wieder die Führung auf der ganzen, nun wesentlich größeren Welt zu übernehmen. Pandora hatte sich einen inneren Zirkel aus mit ihr zusammen fünf Hexen geschaffen, wobei jeder Kontinent der Erde vertreten war, da Pandora einen britischen Vater gehabt hatte.

Dann war es geschehen, daß das Medaillon stark aufgeleuchtet und vibriert hatte. Pandora fragte die geborgene Seele Anthelias, was geschehen sei und erfuhr, daß ein mächtiger dunkler Magier mit einem wirkungsvollen Rückverstofflichungszauber körperliche Gestalt gewonnen hatte. Somit wußten die dunklen Hexenschwestern nun, daß Lord Voldemort wiedergekehrt war und seine Getreuen um sich scharte. Dann erfuhren die dunklen Schwestern von der Gefangennahme des jungen Bartemius Crouch, der im Auftrag des schwarzen Lords in der berühmten Zaubererschule Hogwarts gearbeitet hatte. Als über verschlungene Wege das Geheimnis gelüftet wurde, daß der Gefangene durch den Kuß eines Dementors entseelt worden war, befahl Anthelias Seele:

"Bringe mir diesen Körper, auf daß ich ihn übernehmen kann! Ein unbeseelter Leib wird mir widerstandslos eine neue Heimstatt geben, und das in seinem Gehirn eingefrorene Gedächtnis wird mein sein."

"Du willst als Mann wiedererstehen, höchste Schwester?" Hatte Pandora die mit ihr geistig verbundene Seele Anthelias gefragt. Diese erwiderte sogleich:

"Nein, Schwester. Wandle ihn durch den Fluch der geschlechtlichen Umkehr so, daß ich in ihm wie angeboren leben kann. Ich habe nicht die Jahrhunderte überdauert, um einem unvollkommenen Körper einverleibt zu werden."

"So sei es!" Hatte Pandora geantwortet.

So war es nun so weit. Pandora Straton hielt das Seelenfangmedaillon sichtbar hoch und führte es mit einer erhabenen Geste zum Körper der unbeseelten Frau, die durch den Contrarigenus-Fluch aus dem Körper Bartemius Crouches entstanden war. Pandoras Tochter öffnete den rosaroten Umhang der auf dem Tisch liegenden, unter dem kein Stück Unterwäsche verborgen war. Die dunkelhäutige Hexe holte einen kleinen Dolch aus ihrem Umhang und reichte ihn Pandora. Diese trat noch mal mit Anthelias Geist in Verbindung:

"Höchste Schwester, gleich wirst du frei sein. Nenne mir nun die fünf Worte der Macht, die deine Wiederkehr einleiten!"

"Sagoron! Alhaderin! Unoihu! Sidhirim! Pereshawan!" Kamen die fünf alten Worte aus einer urtümlichen Zauberersprache in Pandoras Geist auf. Sie wußte deren Bedeutung nicht, da diese alte Sprache selbst für sie, die sie als Expertin darin galt, geheim war. Offenbar, so dachte sie, war es eine Lautbildverknüpfung mit elementaren Kräften und Gedankenbildern, die vor Jahrtausenden entwickelt und wegen ihrer zu mächtigen Beschaffenheit der dunklen Kräfte verdrängt worden war. Nun war die Zeit, diese Worte auszusprechen und das Rückrufritual zu vollziehen.

Pandora verkündete jeder der vier anderen Schwestern eines dieser Worte, ihrer Tochter das erste, der Asiatin das vierte. Sie selbst wollte das letzte Zauberwort sprechen.

Mit geübtem Schnitt ritzte Pandora der wehrlosen Frau auf dem Tisch eine kreisförmige Wunde zwischen Brustkorb und Bauch und legte das Medaillon mit dem Zentrumsrubin nach unten hinein. Dann gebot sie:

"Vollführt nun, was wir besprochen haben, Schwestern!"

Zuerst nahm Pandoras Tochter ihren Zauberstab, tippte auf einen Punkt außerhalb des Medaillons auf die entblößte Haut der wehrlosen Frau und sprach: "Sagoron!"

Dann folgte die muskulöse Hexe, die ihren Zauberstab dicht neben den von Pandoras Tochter aufsetzte und "Alhaderin" sprach.

Dann folgte die dunkelhäutige Hexe, die ihren Zauberstab neben den der muskulösen Hexe aufsetzte und "Unoihu!" Rief.

"Sidhirim!" Rief die Asiatin, sobald sie ihren Zauberstab im geeigneten Winkel zu dem der Dunkelhäutigen aufgesetzt hatte. Schließlich vollendete Pandora Straton den Kreis aufgesetzter Zauberstäbe und rief: "Pereshawan!"

Zwischen den Zauberstäben spannte sich ein gleißender Lichtbogen, der auf das Medaillon übergriff und es rotgolden erglühen ließ. Die Gefangene ohne Seele zuckte zusammen. Die Schmerzempfindungen waren noch vorhanden. Wie unter Stromstößen verkrampfte sie sich, ruckte mit Kopf und Körper hin und her, trat mit den Beinen ins Leere und warf die Arme hoch. Dann erlosch der Lichtbogen zwischen den Zauberstäben. Doch das Medaillon erglühte immer noch. Die fünf Hexen hoben ihre Zauberstäbe, formierten sich um den Tisch zu einem Fünfeck und begannen eintönig, aber immer inbrünstiger zu singen:

"Verstoßene Schwester,
kehre nun wieder!
Nimm an diesen Körper!
Beweg seine Glieder!"

Genau diese befehlsmäßigen Zeilen sangen und sangen sie immer und immer wieder. Die Zauberstäbe sprühten dabei Funken in Rot, Gelb, Grün, Blau und Gold, die in den Leib des umgewandelten Bartemius Crouch eindrangen. Das Medaillon strahlte dabei immer heller, schien wie eine Sonne. Schmerzen schüttelten den seelenlosen Körper. Doch sie vermochten nicht, ihn so herumzuwerfen, daß das Medaillon von ihm abglitt.

"Verstoßene Schwester,
Kehre nun wieder!
Nimm an diesen Körper!
Beweg seine Glieder!" Sangen sie nun schon zum zehnten Mal. Da geschah es!

Aus den Zauberstäben schossen nun starke Lichtstrahlen in den Farben, in denen bis dahin Funken gestoben waren. Das Medaillon sog die Lichtstrahlen in sich auf, schien unvermittelt anzuwachsen, sich über den Leib der seelenlosen Frau auszudehnen und dann wieder in sich zusammenzuschrumpfen. Schlagartig erloschen alle Zauberstablichter, und auch das Medaillon glühte nicht mehr. Die Schmerzwellen erstarben unmittelbar. Dann Sahen die Hexen, wie Bewegung in Gesicht und Augen der zu behexenden Frauengestalt traten. Endlich hob die Gefangene ihren rechten Arm, kontrolliert, von einem inneren Willen bewirkt. Dann folgte der linke Arm. Dann zog sie das rechte, danach das linke Bein so weit an, daß die Knie auf ihrer Bauchdecke aufsetzten. Schließlich setzte sie sich auf, sah genau auf Pandora und ihre Hexenschwestern und saß nun richtig auf dem Tisch. Mit einem befreienden Gähnlaut, als sei sie gerade aus einem langen Schlaf erwacht, begrüßte die veränderte Frau die Welt um sich herum. Dann öffnete sie den Mund und sagte mit einer warmen Altstimme:

"Es ist getan, Schwestern! Ich danke euch allen für eure Gefolgschaft. Ich bin wieder da, Antehlia vom Bitterwald, Herrin der dunklen Schwesternschaft von den rauhen Bergen, Nichte der mächtigen Sardonia, Herrin der alten Welt."

Die fünf Hexen sahen erst Anthelia, dann sich gegenseitig an und strahlten dann über ihre Gesichter. Erst jetzt kam ihnen zu Bewußtsein, wie erschöpfend das Ritual gewesen war.

"Izanami, Schwester aus dem Reich des Morgens! Du hast den Stab des dunkeln Wächters gefunden? Gib ihn mir!"

Die Asiatin schrak etwas zusammen. Denn jetzt erst kam ihr zu Bewußtsein, daß hier und jetzt eine sehr mächtige Dunkelmagierin wiedererstanden war, die es bestimmt mit dem zerstörungssüchtigen Halbblutzauberer Voldemort aufnehmen konnte. Und sie, Izanami Kanisaga, hatte den mächtigsten Zauberstab ihres Volkes beschafft, der vor über siebenhundert Jahren von einem dunklen Magier, dessen Namen niemand mehr kannte, geschaffen worden war, geschaffen aus mit dem Blut eines vierjährigen Einhorns getränktem Bambus und den Herzfasern eines chinesischen Feuerballs. Doch sie wußte von Pandora, daß die nun wieder körperlich vorhandene Anthelia Kräfte besaß, die sie auch ohne Zauberstab wirken konnte, und daß diese Kräfte den Tod derer bedeuteten, die sich gegen sie auflehnten. Also holte sie den sechzehn Zoll langen Zauberstab aus glattem Material aus ihrer Tasche und reichte ihn schnell, damit sie es sich nicht noch mal überlegte, an Anthelia weiter. Kaum berührte der Zauberstab die ausgestreckte Hand der wiederverkörperten Hexenkönigin, sprühten giftgrüne Funken heraus, schwirrten zur Decke empor und fraßen sich in den Granit, aus dem sie bestand. Anthelia hielt den Stab für eine Sekunde still. Dann hob sie ihn, ließ ihn mit einer geschickten Handbewegung kreisen und stieß ein Zauberwort aus, daß die Anwesenden nicht kannten. Mit einem lauten Knall schoß ein blauer Feuerball in Kinderkopfgröße aus dem Stab, schwebte zwei Meter aufwärts, bevor er sich zu einem geisterhaften Gesicht veränderte, das einen alten japanischen Mann mit dunklem Zottelhaar zeigte. Es wirkte verängstigt, schmerzverzerrt. Dann zerfloß es wie Sirup so zäh und formte das Gesicht einer Frau, das triumphierend herabschaute. Pandora wußte, daß dies das Gesicht von Antehlias früherem Körper war, das da zu sehen war. Dann verformte sich das Gesicht erneut und nahm die Züge an, die Anthelias neuer Körper besaß. Der Triumph war nun unübersehbar auf beiden Gesichtern zu sehen. Dann senkte sich die Erscheinung, landete wie ein halb aufgeblasener Luftballon auf dem Zauberstab und wurde von diesem aufgesogen, wie Wasser von einem Schwamm. Dann war die magische Erscheinung verschwunden.

"Ich habe seinen Willen unterworfen", sagte Anthelia. "Er ist nun mein allein!!!" Schrie Anthelia in den Kellerraum, sodaß es von den Wänden und auch aus den Nebenräumen widerhallte. Schließlich stand sie von dem Marmortisch auf und ging einige Schritte, erst zaghaft, dann sicher, dann kraftvoll.

"Seid mir alle gedankt, Schwestern! Nun, da ich Dank eurer Hilfe in den Kreis der Lebenden zurückgekehrt bin, werden wir den Bund stärken, ihn in diese Welt bringen und jene niederringen, die meinen, Macht sei durch Zerstörung und Mord allein zu bekunden. Ich verspürte selbst in meinem Seelengefäß, daß ein mächtiger, aber auch fehlgeleiteter Zauberer seine körperliche Form wiedergewonnen hat und nun durch Terror und Vernichtung seine von Minderwertigkeitsgefühlen getriebenen Machtvorstellungen verwirklichen will. Er wird die Welt der Magie wie auch die der Unfähigen derartig schädigen, daß sie nie wieder zu einer brauchbaren Ordnung findet, wenn wir ihn dazu kommen lassen. Doch wir müssen uns hüten vor jenen, die dem Schutz eines einzigen Lebens alle Ziele unterordnen, die nicht die Stärke aufbieten werden, den Zerstörungswütigen zu besiegen, aber für einzelne von uns durchaus gefährlich werden können. So laßt uns unsere Werke nicht im Licht ausüben! Fügen wir unsere Macht wie das Netz einer Spinne, die ruhig aber wachsam die richtige Zeit erwartet und dann obsiegt."

Die fünf Hexen hörten die erste Rede ihrer neuen Anführerin. Auch Pandora Straton, die hier und heute jeden Führungsanspruch aus den Händen gegeben hatte, hörte mit Ehrfurcht zu. Sie wußte, daß das Medaillon Anthelias nicht mehr zu ihr zurückkommen würde, solange Anthelia lebte. Dies konnte nun sehr lange dauern. Denn der Körper, dem sie nun innewohnte, war noch jung für einen Zauberer.

Anthelia lächelte Pandoras Tochter an und sagte laut:

"Ja, Schwester, wir verstehen uns. Du merkst, daß ich mich zu erinnern beginne, was dieser Körper erlebte, bevor ihm die Seele entrissen wurde. Dieses Wissen wird uns helfen, diesen halbblütigen Vernichtungswütigen zu fällen, wenn uns nicht wer anderes zuvorkommt."

Unvermittelt verzog sich das Gesicht der Wiedergekehrten zu einer Fratze der Wut. Sie sah zur Decke hinauf, als wolle sie durch diese hindurchsehen. Auch Pandoras Tochter schien über etwas verstimmt zu sein. Dann sagte Anthelia:

"Einer der Unfähigen hat euch singen gehört und die Schergen ihrer Ordnungsmacht gerufen. Laßt uns verschwinden, ohne uns mit diesen armen Leuten anzulegen!"

"Achtung! Hier spricht die Polizei! Wer immer Sie sind, kommen Sie unbewaffnet und mit erhobenen Händen aus dem Haus! Das Haus ist umstellt!" Drang blechern eine Aufforderung von draußen herein. Doch die Hexen wollten nicht darauf reagieren. Sie sahen sich an, sagten leise, daß jede an ihren Wohnort zurückkehren wolle und disapparierten. Anthelia blieb allein mit Pandora und ihrer Tochter zurück. Sie sagte noch:

"Du kennst unser neues Zeichen, Schwester Pandora? Schicke deine gefiederten Boten aus, es deinen Vertrauten zu überbringen!" Dann verschwand Anthelia mit scharfem Knall, ohne gesagt zu haben, wohin sie wollte. Pandora und ihre Tochter sahen sich an. Dann verschwand die jüngere Hexe ebenfalls im Nichts.

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Sheriff Foggerty sah auf den vierzehnjährigen Jungen, dessen Gesicht von großen roten Pickeln verunziert wurde. Der Junge trug Jeanshosen und ein Hawaiihemd, auf dem Kopf eine Baseballmütze mit dem Werbeaufdruck: GENIALOTECH INFOSYSTEME :

"Burschi, bist du dir sicher, daß da drinnen wer gesungen hat?" Fragte der Gesetzeshüter den Halbwüchsigen zum X-ten Mal. Dieser nickte so heftig, daß seine Baseballmütze verrutschte.

"Sir, ich hörte da drinnen deutlich Frauen eine Hexenformel singen. Erst hat eine nach der anderen ein Zauberwort gerufen, und dann haben die gesungen: "Verstoßene Schwester, komm wieder, nimm diesen Körper und beweg die Glieder." Die sind bestimmt auf dem Satan-Trip."

"Oja, der böse Onkel Teufel. Das gemeine Zweihorn persönlich", spottete Sheriff Foggerty. In seinen fünfzehn Dienstjahren als oberster Ordnungshüter von Dropout Mississippi hatte er es eigentlich immer mit kleinen Sachen zu tun gehabt, mit Landstreichern, Zechprellern in Billies Saloon und durchreisenden Rockerbanden, die meinten, eine friedliche Kleinstadt aufmischen zu dürfen, wenn ihnen danach war. Aber Satanisten, jene Spinner, die den Teufel und die schwarze Magie anbeteten, ja meinten, sie durch brutale Morde und Folterungen zu erlernen, kamen hier nicht vor. Sowas gedieh nur dort, wo zuviel Fernsehen und zu wenig Nachbarschaft die Kinder auf derartige Ideen brachte, war der Sheriff sich sicher.

"Du hast nicht zufällig gelben Rauch aus den Fenstern quellen oder eine alte Frau mit Kopftuch auf einem Besen zum Kamin hinausfegen sehen, wie?" Fragte der Gesetzeshüter von Dropout.

"Ach, sie können mich ...", setzte der Junge genervt an, wurde jedoch durch einen warnenden Blick des Gesetzeshüters eines Besseren belehrt.

"Wenn diese Tante vom Büro nicht meinen würde, daß wir dem nachzugehen hätten, wäre ich schon abgerückt, Burschi. Aber so müssen wir wohl", seufzte Foggerty und griff zum Megafon, um wem auch immer da drinnen zu befehlen, herauszukommen. Vielleicht waren es ja wirklich durchgedrehte Leute einer Sekte, die vielleicht auch Gewalt anwenden konnten. Maria Montes, die Agentin des FBIs, der Bundespolizeibehörde, trat an Foggerty heran und riet ihm:

"Verspotten Sie den Jungen nicht. Wir haben in New York vor einiger Zeit einen schweren Fall gehabt, wo ein Jugendlicher eine Gang zusammengestellt hat, die er damit terrorisierte, daß er angeblich ein dunkler Zauberlord sei. Wir konnten die Gang auflösen, aber den Anführer haben wir nicht gekriegt. Die können durch ihren Fanatismus wirklich gefährlich werden. Und nur, weil Sie in einer unberührten Kleinstadt wohnen, sind Sie nicht automatisch vor solchen Leuten sicher."

"Ma'am, ich weiß schon, wie man Polizist spielt. Wenn da drinnen wer ist, müssen sie gleich rauskommen", schnaubte Foggerty ungehalten. Spezialagentin Montes, deren mexikanisches Temprament den Abwehrblock ihrer Selbstbeherrschung zu überwinden begann, sah den Sheriff drohend an.

"Vergessen Sie nicht meine Befugnisse, Sheriff!" Wies sie Foggerty an.

Fünf Minuten unerträglicher Spannung verstrichen. Doch niemand kam aus dem Haus, und Foggerty hatte es von allen Seiten unter Beobachtung. Ja er hatte auf Drängen der FBI-Agentin sogar Maschinengewehre auffahren lassen, falls einer dieser Höllenjünger meinte, wild um sich schießend aus dem herrschaftlichen Haus stürmen zu müssen. Foggerty fragte einen Untergebenen, wem die Villa eigentlich gehörte. Der Hilfssheriff sagte:

"Das hat vor über hundert Jahren mal dem Großgrundbesitzer Stanley Daggers gehört, einem Baumwollfabrikanten und Sklavenschinder. Er hat seine Söhne im Krieg gegen die Yankees verloren und sich hier verschanzt, aber vergeblich. Die Blauen haben das Haus umzingelt und ihn belagert. Angeblich soll ihn ein alter Sklave, ein afrikanischer Medizinmann, mit einem Fluch behext haben, der ihn in diesem Haus gefangenhalten sollte, bis ans Ende aller Tage. Der Kerl hat sich 'ne Kugel gegeben und ist verreckt. Als man die Leiche holen wollte, krachte ein Teil der massiven Decke im Erdgeschoss runter und hat die Yankees begraben, die ihn rausholen wollten. Danach hat sich keiner mehr getraut, das Haus zu betreten. Weil manche Zeitgenossen damals noch an Gespenster glaubten, wollte den Kasten keiner mehr haben. Heute gehört der einem Club für Konföderationsdenkmäler. Mehr ist dazu nicht im Computer."

"Das ist doch ideal für diese Leute, Sheriff", nahm Spezialagentin Montes den Ball auf, den der Hilfssheriff ins Spiel gebracht hatte. "Voodoo-Anhänger, Satanisten und Anhänger der schwarzen Magie könnten diesen Ort für einen Focus des Bösen halten, der ihnen hilft, sich mit den dunklen Mächten zu verbünden, ihnen sozusagen ein Tor zur Hölle öffnet."

"Na klar, deshalb kommt da auch keiner raus. Die sind alle flutsch durch Onkel Hornys Haustür gehüpft", spottete Foggerty, als ihn eine Bewegung von einem Fenster her schlagartig von allen Gedanken ablenkte. Er riss das Präzisionsgewehr hoch, welches er unter dem Arm getragen hatte und schwenkte dessen Lauf auf die Stelle ein, wo die Bewegung zu sehen war. Doch alles was er sah, war eine schneeweiße Katze, die seelenruhig auf dem Fenstersims im ersten Stock entlangspazierte, um dann mit einem weiten Satz in die niedrigen Astgabeln einer Birke zu springen. Geschmeidig turnte das Tier den Baum hinunter, hüpfte in einem halben Meter höhe vom Stamm ins wilde Wiesenkraut um den Baum und schritt mit hoch aufgestelltem Schwanz dahin, wie die Königin dieses Gebietes.

"Immerhin wohnt hier jemand", meinte der junge Hilfssheriff, der Foggerty die Geschichte des Landhauses erzählt hatte, wobei er spöttisch dreinschaute.

"Ja, und es ist kein Hexentier. Dem handelsüblichen nach müssen diese nämlich schwarz und struppig sein. Und dieses Mietzekätzchen ist schneeweiß und glatt bepelzt", fügte Foggerty mit gleichem Spott hinzu.

"Leute, wir gehen kurz da rein. Eigensicherung beachten, aber keinen Trara veranstalten! Wenn da keiner drin ist, und wenn wir nichts finden, das zeigt, daß da wer drin war, rücken wir sofort wieder ab!" Kommandierte der Sheriff und schritt seinem Trupp voran.

Die Durchsuchung des Hauses ergab nichts. Einige Räume, vor allem die im Keller, waren nicht zu betreten, da ein großer Schutthaufen die Treppe und den Zugang versperrte. Ansonsten gab es keine Anzeichen dafür, daß hier wer gewohnt oder irgendwelchen Teufelskult betrieben hatte.

Als die Ordnungshüter wieder aus dem Haus kamen, sahen sie, wie die weiße Katze ganz zutraulich um die Beine von Maria Montes strich und dann auf den Jungen mit der Baseballmütze zuschritt. Dieser hockte sich hin und streichelte die Katze, deren dunkelgrüne Augen ihn freundlich anblickten. Foggerty trat hinzu und meinte:

"Burschi, du hast uns sicher verladen. Deshalb sei dir folgende Warnung mitgegeben:

Sheriff Foggerty und seine Leute sind keine netten Kumpels, die man derartig veralbern soll. Machst du sowas noch mal, bunkern wir dich glatt für'n paar Wochen ein, wegen Vortäuschung falscher Tatsachen, Störung der öffentlichen Ordnung und mißbräuchlichen Gebrauch der Notrufnummer, klar?"

"Man, ich habe die Weiber da drinnen singen gehört. Das klang nicht wie Volksmusik", begehrte der Junge auf und erhob sich zu voller Größe, während die Katze sich lässig auf seinen linken Fuß legte.

"Häh, nicht so, Freundchen!" Drohte Foggerty. Spezialagentin Montes kam heran und sagte:

"Drohen Sie dem Jungen nicht, Sheriff! Was immer der gehört hat, kann auch ein Tonband von sonstwem gewesen sein, der hier in der Gegend lauert und sich amüsiert. Manchmal tun Satanisten das, um die Polizei einzuschläfern, damit sie dann, wenn sie wirklich was gesetzeswidriges machen, keiner darauf achtet."

"Seņorita, hier bin ich der Boss", meinte Foggerty, daß er sich doch mal Respekt verschaffen müsse.

"Seņora, Sheriff. Ich bin verheiratet, damit Sie es wissen. Und was Ihre Autorität hier angeht, so hoffe ich für Sie, daß hier auch weiterhin nichts geschieht, was Ihre Routine übersteigt."

"Klar, Ma'am, verstanden", erwiderte Foggerty verächtlich. Er machte keinen Hehl daraus, daß er die Bevormundung von dieser Bundesagentin aus der Staatshauptstadt absolut verachtete. Andererseits mußte er sich doch zurückhalten, um nicht von irgendwo da oben eine Abmahnung zu kriegen oder gar zum Streifendienst in einer Großstadt verdonnert zu werden.

Der Junge fuhr mit seinem Fahrrad nach Hause, nachdem er es geschafft hatte, die Katze sanft von seinem Fuß zu bekommen. Foggerty fuhr mit seinem Dienstwagen, während Maria Montes in ihrem Ford Sedan abrückte. Sie dachte darüber nach, ob der Kleinstadtsheriff nicht doch recht hatte. War das vielleicht alles nur ein dummer Scherz gewesen? Sollte sie eine gründliche Hausdurchsuchung anordnen, um zu klären, wann und wer dort zum letzten Mal gewohnt hatte? Immerhin konnte man nicht in den Keller. Die Katze war durch ein offenes Fenster rausgekommen. Möglich, daß da mal wer hineingestiegen war. Doch sie hatten keinen Hinweis auf okulte Handlungen gefunden, kein Blut, keine merkwürdigen Gegenstände, kein fremdartiger Geruch. Das lohnte sich nicht, deswegen dieses alte Bauwerk genauer zu untersuchen. Aber vielleicht sollte sie disem Club der Freunde konföderierter Gebäude nachforschen, wieso der das Haus nicht so in Stand gehalten hatte, daß man es vollständig besichtigen konnte. Doch nur weil da anscheinend niemand wirklich wohnte, mußte sie nicht irgendwelche Pferde scheu machen. Dafür hatte sie in ihrem Büro zu viele Sachen um die Ohren, zuzüglich der Nachstellungen ihrer männlichen Kollegen, die sie als Frau und als Tochter mexikanischer Einwanderer dumm anquatschten. Sie wußte schon, daß hier im Süden der Staaten immer noch die alten Rassenvorbehalte galten, denen nach nur die Weißen alles konnten und durften. Aber sie hatte sich für den Job entschieden und übte ihn aus.

"... Verstoßene Schwester, komm wieder! Nimm den Körper! Beweg die Glieder!" Zog das von dem Jungen angeblich gehörte Hexenlied durch Maria Montes Bewußtsein. Das war was anderes, als das übliche Spiel. Doch gerade das machte sie frösteln. Es sollten nur Frauenstimmen gewesen sein, von denen jede vorher ein Zauberwort gerufen haben wollte. Unwillkürlich griff die FBI-Agentin unter ihre linke Brust und fühlte das harte Metall des silbernen Kreuzes, das ihre Großmutter Maria Concepción ihr zum fünften Geburtstag geschenkthatte. Ihre selige Oma, der sie jedes Jahr am Tag der Toten gedachte, glaubte fest an die Mächte von Himmel und Hölle. Die wäre nicht mit dieser Coolness an diesen Fall herangegangen, sondern hättegleich mehrere Priester geholt, die die Villa vom Dach bis zum Fundament mit Weihwasser besprüht hätten. Sie selbst glaubte nicht anüberirdische Wesen. Aber das Kreuz war für sie die greifbare Verbindung zu ihrer lieben Großmutter, die sehr gut kochen und singenkonnte und immer für alle Menschen der Umgebung da gewesen war.

"Ich werde nach New Orleans reisen und mich mit Spezialagent Marchand unterhalten. Der kennt die Szene besser als ich, weil der mit echten Voodoo-Anhängern Kontakt hält", beschloss die FBI-Frau. Mit diesm ruhigen Gedanken fuhr sie in die Staatshauptstadt, nicht ahnend, daß sie fast einer Sache auf die Spur gekommen wäre, die die Menschen zweier nebeneinanderliegender Zivilisationen noch sehr betreffen würde.

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Im verfallenen Haus der Riddles, seiner verhaßten Muggelverwandten, saß Lord Voldemort mit Wurmschwanz im Kaminzimmer und wärmte sich am munter prasselnden Feuer. Zu seinen Füßen lag die Schlange Nagini, deren Gift ihm geholfen hatte, solange durchzuhalten, bis er mit Harry Potters Blut seinen Körper wiedererlangen konnte.

"Wurmschwanz, was ist mit diesem Idioten Hoppex?" Zischte der dunkle Lord verärgert, und seine Stimme schnitt Wurmschwanz wie mit Dolchen in die Ohren.

"Mein Herr, ich weiß nicht. Er muß die Höhle gefunden haben. Bestimmt hat er Barty schon g-getö-t-tet", stammelte der kleine fast kahlköpfige Zauberer und sah ängstlich in das abstoßende bleiche Gesicht seines Meisters.

"Dann müßte er schon hier sein und mir Bericht erstatten", stieß Voldemort aus. Er trat ungewollt nach vorne und stieß gegen Naginis zusammengerollten Leib. Die Schlange wand sich und hob ihren Kopf:

"Wassss sssssoll dasssssss?" Zischte sie in der nur für sie und Voldemort verständlichen Parselsprache.

"Nichts für Ungut, meine Liebe", gab Voldemort mit Zisch- und Fauchlauten zur Antwort. Nagini ringelte sich wieder zusammen und ließ die Restwärme des Kamins, die noch bei ihr ankam auf ihren Körper wirken.

Unvermittelt apparierte ein Gefolgsmann des dunklen Lords im Kaminzimmer und warf sich sogleich flach auf den Boden. Höchst unterwürfig küßte er den rechten Schuh seines Meisters und blieb liegen, bis dieser ihm befahl:

"Steh auf, Cassius, du angsttriefender Wurm! Was willst du?"

"Oh, mein Herr, er ist fort! Der lebende Körper von Bartemius Crouch ist fortgebracht worden. Er ist nicht mehr in der Höhle, oh Herr."

"Waaaaas?!!!!!" Schrie Voldemort mit sich überschlagender Stimme. Wurmschwanz und Cassius sprangen sofort weit zurück. Nagini, die den Wutanfall des dunklen Zauberers spürte, zog sich blitzschnell zusammen, wand sich aus der Reichweite der beiden Füße des schwarzen Lords und kroch behände hinter den Kaminsockel.

"Die haben ihn weggeholt, Herr", jaulte Cassius in heller Panik. Er wußte zu gut, daß Boten schlechter Nachrichten nicht ungestraft blieben.

"Wer, die?! Wer, die?!!" Stieß der schwarze Lord so heftig eine Frage aus, daß ihm der angesammelte Speichel in einer breiten Fontäne zum Mund hinausspritzte.

"D-dd-die v-v-vom M-m-m-ministerium, Herr", winselte Cassius.

"Haben die das gesagt?" Bohrte Voldemort nach, und seine Blicke fesselten den Boten der schlechten Nachricht.

"Nein, Herr. M-m-muß aber so sein", wagte Cassius, eine bestimmt nicht erwünschte Antwort zu geben. Voldemort zog den Zauberstab, mit dem er vor wenigen Tagen noch versucht hatte, Harry Potter zu töten und dabei auf solch unglaubliche Weise gescheitert war.

"Imperio!" Bellte er mit windstoßartiger Stimme, wobei der Zauberstab auf Cassius deutete. Dieser bekam sogleich einen entrückten Blick, als seien alle bösen Gedanken und Ängste verflogen. Dann dachte Voldemort:

"Sprich die Wahrheit! Wer hat dir gesagt, daß der Körper von Barty weg ist?"

"Herr, die Wächter, die ihn füttern sollten, fanden ihn nicht mehr", sagte Cassius frei von Angst, aber irgendwie merkwürdig klingend. Dann sagte er noch:

"Ich war selbst in der Höhle. Da war niemand mehr, nur die brennenden Fackeln."

"Leg deine Hand ins Feuer!" Befahl Voldemort für Wurmschwanz und Nagini unhörbar. Cassius ging ohne weiteres Wort zum brennenden Kamin und legte ohne zu zögern seine rechte Hand in die prasselnden Flammen. Es zischte, es qualmte und der Gestank verschmorenden Fleisches erfüllte die Luft, als Haut und Haare an der Hand des Todessers verbrannt wurden. Schmerzen schüttelten den Todesser. Doch der dunkle Zwang, der auf ihm lastete, hielt ihn davon ab, seine Hand zurückzuziehen. Erst nach einer Viertelminute erlaubte ihm Voldemort, die nun dunkelrot mit schwarzen Stellen verbrannte Hand zurückzuziehen. Erst jetzt begann Cassius, die unendlichen Schmerzen hinauszuschreien. Voldemort lachte nur:

"Du bist wenigstens bereit, auch in unerfreulichen Situationen die Hand für mich ins Feuer zu legen, Cassius. Solch treue Diener mag ich am liebsten. Nicht wahr, Wurmschwanz?"

Wurmschwanz wimmerte voll schrecklicher Erinnerungen und hob die rechte Hand, eine silberne Kunsthand aus materialisierter Magie.

"Sag deinem lieben Weibchen, du hättest dir beim Zaubertrankbrauen die Hand verkohlt, Cassius! Sonst besuche ich sie morgen Nacht", gab Voldemort dem schmerzgepeinigten Handlanger mit auf den Heimweg. Fast unfähig zur Konzentration disapparierte Cassius, angetrieben vom kalten bösen Lachen seines Meisters und Peinigers.

Die Schmerzen waren zu groß, um genau abzuschätzen, wie er an seinem Ziel ankommen sollte. So verfehlte Cassius sein Ziel und fiel aus hundert Meter Höhe, hundert Kilometer entfernt von seinem Heimatort, von einem Wohnblock hinab. Der Aufprall beendete seinen Schmerz und seine Furcht vor Voldemort, forderte dafür aber sein Leben zum preis.

Die herbeigerufene Polizei, die wenige Minuten später die schrecklichzugerichtete Leiche fand, stand vor einem Rätsel. Sie konnte sich nicht erklären, was ein Mann in einem schwarzen Umhang mit Kapuze und Maske, mitten in der Nacht auf dem Safe-Home-Hochhaus zu suchen hatte, was der gefundene Holzstab mit der Innensehne aus einem fremden Faserstoff bedeutete und was die verbrannte rechte Handmit diesem schrecklichen Fall zu tun hatte. Wenige Minuten später jedoch tauchten vier freundliche Herren in Umhängen auf, befragten die Polizisten und machten mit vergleichbaren Holzstäben merkwürdige Bewegungen. Dann war es den Polizisten nicht mehr wichtig, diesen Vorfall zu klären. Welchen Vorfall? Die zerschmetterte Leiche des Todessers Cassius wurde von diesen freundlichen Herren in einen großen Leinensack gepackt und auf wundersame Weise mit ihnen ins Nichts mitgenommen. Ein anderer freundlicher Herr beseitigte mit einem merkwürdigen Putzmittel die Blutspuren am Aufprallort, sodaß nicht einmal die feinsten Aufspürmethoden der Polizei etwas nachweisen konnten.

Die Sonne stieg über die alten Grabsteine hinauf. Peter Pettigrew, Voldemorts Diener Wurmschwanz, streifte über den verlassenen Totenacker und dachte an alles mögliche. Er fragte sich immer wieder, ob es wirklich richtig gewesen war, sich wieder mit Voldemort zusammenzutun? Sicher, Black hatte ihn fast ausgeliefert, hätte sich dafür von Askaban freigekauft und ihn dort hineingebracht. Aber war die Hölle der Dementoren wirklich schlimmer als die Gnade Voldemorts? Er hatte ihm geholfen, wiederzukommen, buchstäblich seine rechte Hand dafür gegeben, um ihn wieder in die Welt zu holen. Doch nun, wo Harry Potter hatte entkommen können und Dumbledore wußte, daß Voldemort wieder zurück war, war er in noch größerer Gefahr, als vorher. Sicher, die magische Kunsthand war entschieden besser als seine ursprüngliche Hand. Er konnte damit stärker zudrücken, geschickter hantieren und ohne Schmerz wuchtige Faustschläge gegen harte Hindernisse austeilen, von der Schmerzlosigkeit, mit der er in brodelnde Brühen, lodernde Feuer oder beißende Säuren greifen konnte, ganz abgesehen. Doch damit war er auch wieder auffällig. Er hatte gemerkt, daß er in seiner Rattengestalt eine kalkweiße, merkwürdig gebildete Pfote besaß, und das verdarb jede Tarnung, die ihm diese Tiergestalt sonst verlieh.

Doch die Aussicht, vom mächtigsten Zauberer der Welt beschützt zu werden, ja ihm auf seinem Weg zurück zur Macht helfen zu dürfen, vertrieb Pettigrews düstere Gedanken. Er hatte sich den richtigen Zauberer ausgesucht, wenngleich dieser nicht verärgert werden durfte.

"Wurmschwanz!" Gellte Voldemorts eindringlicher Ruf wie der Schrei eines Raubvogels über den Friedhof. Der Gerufene lief sofort zum Haus zurück, wo sein Herr und Meister schon wartete.

"Du gehst in die Höhle und suchst nach diesem Idioten Hoppex. In deiner praktischen Zweitgestalt kannst du besser an möglichen Wächtern vorbei und vor allem besser riechen und hören, als in deiner jämmerlichen Ursprungsform", halste ihm Voldemort einen Auftrag auf, der sofort ausgeführt werden mußte.

"Meister, ich brauche zwei Tage, um die Höhle zu erreichen. Ich kann doch nicht so gut ...", wimmerte Wurmschwanz, dem einfiel, daß er niemals frei apparieren gelernt hatte. Er konnte nur von bestimmten und bekannten Orten an einen anderen bekannten Ort, diesen Friedhof, apparieren.

"Ich vergaß, daß du es ja nicht bringst, Wurmschwanz", gab Voldemort mit hämischer Betonung zur Antwort. Doch dann sagte er:

"Sieh die Sonne aufgehen. Wenn sie das sechste Mal aufgeht, und du bist nicht hier, um mir Bericht zu erstatten, wird sie kein siebtes Mal für dich aufgehen."

Peter Pettigrew nickte bestätigend und eilte mit einem vollen Rucksack in Richtung Schottland davon.

Da Wurmschwanz nicht das Floh-Netz nutzen durfte, mußte er mit den Muggelverkehrsmitteln reisen, mit der Bahn, mit Bussen und auf einem Lastwagen. Jedesmal half ihm seine Tiergestalt, unbehelligt mitzufahren. So schaffte er es irgendwie, innerhalb der zwei geschätzten Tage in die Nähe der Höhle zu gelangen, die als Versteck von Bartemius Crouch benutzt worden war. In Rattengestalt schlich er in die dunkle Tropfsteinhöhle. Seine Ohren hörten um ein vielfaches besser, seine Nase war um ein zigfaches empfindlicher, und seine Augen konnten mit der fast vollkommenen Dunkelheit noch etwas anfangen. Voldemort hatte recht, wenn er darauf setzte, daß er für diese Suche ideal geeignet war. Der einzige Nachteil dabei war, daß er rennen mußte, um in derselben Zeit zehn Meter zurückzulegen, die er im normalen Schritt als Mensch benötigte.

Endlich erreichte Wurmschwanzdie Höhle, wo vor einigen Tagen noch Bartemius Crouch versteckt war. Er roch die abgebrannten Fackeln, Schweiß und veratmete Luft, die nicht ganz entweichen konnte. Dann schnupperte er den Boden entlang und witterte fünf fremde Duftspuren. Da war einmal der Körpergeruch von Bartemius Crouch, den er früher schon gut kennenlernen konnte. Da waren mindestens drei verschiedene Duftspuren, die von Stadtzauberern stammen mußten, weil winzige Teerbröckchen einen öligen Beigeruch vermittelten und eine Spur, die nach modriger Erde, nach altem Staub und Vogelkot stank, aber nur für solche empfindlichen Nasen geeignet war, wie Wurmschwanz sie gerade besaß. Dann war da noch der mit Angstduft durchsetzte Schweißgeruch von Trisker Hoppex. Aber wieso war dieser Geruch so stark? Wieso verteilte er sich über eine so große Fläche am Boden? Hatte man Trisker hier erwischt? Wenn ja, wer hatte ihn erwischt?

Wurmschwanz lief die gesamte Duftmarkierung ab, die so groß war, wie ein ausgewachsener Mann. Dann roch er noch Blut an einem kleinen Stein im Boden. Es war das Blut von Trisker Hoppex, tief durchtränkt mit den Duftstoffen der Angst, die der Animagus oft hatte riechen müssen, wenn er in Rattengestalt um die Gefolgsleute seines Herrn herumgelaufen war. Der Blutfleck war so winzig, daß Menschenaugen ihn nicht beachten würden. Er war auch schon so stark eingetrocknet, daß es gerade soeben noch zu erschnüffeln war. Aber wieso waren da so viele Angstdüfte vorhanden. Hatte man Trisker etwa getötet?

Wurmschwanz konnte sich nicht vorstellen, daß Ministeriumszauberer seinen Kameraden Trisker Hoppex getötet hatten. Für sie galt Avada Kedavra als unverzeihlich, ja undenkbar. Die würden ihn nicht töten. Aber wenn Trisker hier gestorben war, wie war es dann passiert? Wo war seine Leiche?

Der Animagus auf der Seite des dunklen Lords kam nicht dazu, die Fragen weiter zu verfolgen. Lautes Trippeln krallenbewehrter Füße klang von einer Seitenhöhle zu ihm herüber. Er kannte dieses Getrippel sehr gut, denn das waren echte Ratten, die so liefen. Tatsächlich roch er es schon, daß eine wilde Ratte auf dem Weg zu ihm war, lange bevor er sie sah. Irgendwas in dem Geruch traf ihn merkwürdig tief in den Eingeweiden, kribbelte seinen ganzen Körper entlang und trieb seinen Pulsschlag voran. Irgendwie fühlte er sich merkwürdig gierig, wie wenn er Hunger verspürte, nur anders.

Er wandte sich um und sog den Vorausduft der nahenden Ratte tief ein. Wie ein Rauschmittel wirkte es auf seinen Körper, gab ihm eine unbeschreibliche Gier ein, die immer heftiger wurde und ihm langsam im Hinterleib zu schmerzen begann. Irgendwas passierte da mit ihm, daß er bis dahin nicht gekannt hatte. Er hatte schon häufig mit wilden Ratten zu tun gehabt. In den Kanälen, als er vor Black geflüchtet war, aber auch in den Wäldern Albaniens, als er Voldemort gesucht hatte. Er hatte Rattenweibchen kennengelernt, die Junge trugen oder säugten, kannte den Ärgergeruch der Männchen, wenn sie ihm zeigen wollten, daß er nichts bei ihnen zu suchen hatte und wußte auch, wie neugeborene Ratten rochen. Er konnte sich sogar mit diesen Tieren unterhalten, wenn er in seiner Tiergestalt unterwegs war. Allerdings war die Sprache der Ratten auf wenige Wörter beschränkt. Dann sah er das wilde Tier, das nun in seiner Lebensgröße herankam, die Nase am Boden. Er roch, daß es ein weibliches Tier war. Aber die sehr starke Duftnote, die dieses Tier trug, berauschte ihn derartig, als habe er auf nüchternen Magen hochprozentige Schnäpse getrunken, verspüre deren Wärme aber auch noch den Hunger, weil er noch etwas essen mußte. Dann war die Ratte heran.

"Du hier. Ja, du hier. Ich allein. Du und ich Kinder. Ich Kinder von dir", verstand Wurmschwanz aus dem Quieken der Ratte, das ihn merkwürdig anregte. Er zuckte zusammen, als die fremde Ratte auf ihn zuschlich und dabei mit dem Hinterleib mehrmals ausschwang, diesen auch mal mit der Unterseite über den Boden gleiten ließ.

"Du allein hier?" Quiekte Wurmschwanz eine Frage. Er wunderte sich. Denn meistens fand er andere Ratten nie allein.

"Große uns totgemacht. Ich allein hier. Ich Kinder von dir will", quiekte die Ratte mit ihrer merkwürdig wirkenden Betonung in der Stimme. Wurmschwanz verstand.

Sein ganzes Leben hatte er sich nicht mit etwas beschäftigt, was zwischen Tieren oder zwischen Menschen ablief, wenn es um die Vergrößerung der Familie ging. Bei den Weasleys, wo er über zwölf Jahre zugebracht hatte, hatte er nicht mitbekommen können, wie Ron und Ginny ankamen. Und jetzt stand da eine wilde weibliche Ratte vor ihm, schwang ihren Hinterleib immer aufdringlicher und sagte was von Kindern, die sie von ihm haben wollte. Und Wurmschwanz mußte feststellen, daß er im Moment nichts lieber tun wollte, als das, was die Ratte von ihm wollte. Die Animagusgestalt war von ihm nie so richtig beherrscht worden. Er wußte von den wenigen Animagi, seinen früheren Freund Sirius Black eingeschlossen, daß man das Tier, in das man sich verwandelte, unter seinem eigenen Willen halten mußte. Denn wer dies nicht lernte, würde irgendwann dessen natürlichen Trieben nachkommen, und dann wäre die Beherrschung endgültig vorbei.

"Du und ich Kinder!" Quiekte das Rattenweibchen drängender und drehte sich um, um Wurmschwanz ihren Hinterleib hinzuhalten.

"Nicht, nein", quiekte Wurmschwanz etwas unglaubhaft. Das Weibchen tänzelte vor ihm hin und her und ließ unvermittelt etwas Wasser ab. Der davon ausgehende Geruch schlug mit voller Wucht nach Pettigrews Verstand. Der ganze Körper zitterte und spannte sich an. Der Herzschlag beschleunigte, und in seinem Hinterleib klopfte es merkwürdig unbehaglich und aufregend zugleich. Er versuchte, ein letztes Mal seinen tierischen Drang, den der Geruch des Weibchens auslöste, zu unterdrücken und quiekte:

"Fremde Große hier vor Lichtern?"

"Brandlichter aus. Ich hier. Du hier. Kinder von dir", quiekte das Weibchen aufdringlich und schob sich immer näher an Wurmschwanz heran. Das gab dem Animagus den Rest. Er verlor jede bewußte Wahrnehmung, so berauscht war er von den Gerüchen des Weibchens, daß er widerstandslos auf sie zutrippelte. Was dann passierte, empfand Wurmschwanz wie einen seltsamen Traum, der unheimlich und höchst willkommen zugleich war. Quiekend waren er und das Weibchen zusammengekommen, blieben mindestens eine Minute beieinander, während Wurmschwanz den Tierkörper, den er zu beherrschen geglaubt hatte, völlig neu kennenlernte. Er spürte, wie er in eine uralte Verbindung mit diesem wilden Tier trat und dies ihn erregte, aufputschte und betäubte zugleich. Dann schien etwas in ihm zu explodieren, erschütterte seinen Körper und ließ ihn für einige Sekunden unter Krämpfen zusammenfahren. Dann war alles aus. Alles vorüber!

"Du stark! Du lange Dauer mit mir zusammen", vermeinte Wurmschwanz aus dem erschöpften Gequieke und Gefauche der Ratte zu vernehmen. Dann warf sie ihn zurück.

"Fertig! Jetz ich Kinder von dir. Du gehst!" Quiekte das Weibchen immer noch erschöpft. Genauso ausgelaugt war Wurmschwanz, der das, was ihm da passiert war, überhaupt nicht begriffen hatte. Dann fragte er noch mal:

"Fremde Große hier vor mehreren Großlichtern?" Das erschöpfte Weibchen quiekte zurück:

"Großer hier. Roch gleich. Keine Gefühlsgerüche hier. Andere Große hier. Gaben Futter. Machten uns tot. Nahmen uns weg. Ich hier allein. Anderer Großer. Bekommt Angstgeruch. Lautes Windgeheul. Gewitterblitz. Großer fällt. Anderer Großer da. Großer am Boden weg. Anderer Großer weg. Ich allein. Du hier. Ich Kinder von dir nun", berichtete die Ratte in ihrer unvollständigen Sprache. Wurmschwanz hatte genug gehört. Denn ihn überkam wieder das berauschende Gefühl, das die Gerüche des Weibchens auslösten. Dieses wippte zwar noch mal mit ihrem Hinterleib, nahm jedoch eine abwehrende Haltung ein.

"Du ich fertig. Du weg jetzt!" Fauchte das Weibchen unmißverständlich. Wurmschwanz nahm diese Anweisung all zu gern wahr und lief im schnellen Trab aus der Höhle davon.

Draußen war noch Nacht, als der Animagus total geschlaucht aus der Tropfsteinhöhle trat und die kalte Nachtluft mit ihrer Unzahl tierischer und pflanzlicher Gerüche einsog.

Unter großen Anstrengungen verwandelte er sich in seine Menschengestalt zurück und suchte ein regensicheres Versteck für die Nacht. Auch wenn er nun ein Mensch war wollte er nicht in der Höhle schlafen, wo eine wilde Ratte herumlief, die ihn mit ihren einfachsten Mitteln, die die Natur ihr mitgegeben hatte zu einer unverzeihlichen Hemmungslosigkeit verführt hatte. Pettigrew merkte, wie er errötete und spürte auch ein merkwürdiges Gefühl in seinem Unterleib. Das war total verkehrt, was er getan hatte. Das wußte der Animagus nun. Das durfte nicht wieder passieren. Wieso war da kein anderes Rattenmännchen gewesen, das ihn zu einem Rückzug hätte anhalten können? Doch das war nun passiert, und er, Peter Pettigrew, mußte damit leben, daß sein Animagusdasein auch seltsame Nebenwirkungen haben konnte. Er hoffte nur, daß die Natur, deren Sklave er geworden war, nicht bekam, was sie von ihm verlangt hatte, weil er ja kein echtes Rattenmännchen war.

Am nächsten Morgen schrieb sich Pettigrew auf, was er durch die eigenen Sinne und das Gequieke der wilden Ratte erfahren hatte. Dann machte er sich auf den Rückweg zum Riddle-Haus.

Pettigrew schaffte es noch vor dem fünften der ihm gewährten sechs Sonnenaufgänge, den Unterschlupf seines Herrn und Meisters zu erreichen. Er berichtete von seiner Untersuchung, verschwieg jedoch, was vor dem Gespräch mit der Ratte in der Höhle geschah. Voldemort, der wohl merkte, daß Pettigrew ihm was verheimlichte, grinste sein häßlichstes Grinsen und wisperte:

"Wurmschwanz! Welchen Preis hast du dafür zahlen müssen, daß du das alles mitbekommen hast?"

"K-keinen, mein Lord", viepte Wurmschwanz erschrocken.Voldemort fragte ihn nicht noch mal. Offenbar war das, was Pettigrew herausbekommen hatte, wichtiger, als die Antwort darauf, wie er diese Dinge erfahren hatte. Außerdem fand Voldemort in einem drittklassigen Anhänger eine Möglichkeit, böswillige Gelüste abzureagieren. Denn er hatte von diesem Handlanger erfahren, daß Cassius sich beim Apparieren vertan hatte und aus großer Höhe von einem Muggelhaus gestürzt und dabei gestorben war. Die Vergissmichs mußten Muggelpolizisten mit Gedächtniszaubern belegen, bevor sie die Leiche fortschafften.

"Du kennst Leute im Ministerium und hast mich nicht eher informiert? Crucio!" Keifte der dunkle Lord, wobei er seinen Zauberstab auf den Boten schlechter Nachrichten richtete.

Die nächsten Minuten waren erfüllt von den entsetzlichen Schmerzensschreien des Todessers, der es versäumt hatte, rechtzeitig zu seinem Herrn zu eilen und ihn zu informieren. Als der grausame Hexenmeister seinen Zauberstab wieder senkte, wand sich sein Opfer wimmernd am Boden, von Nachfolgen der langen Schmerzattacken geschüttelt. Wieder dachte Peter Pettigrew daran, ob es nicht falsch war, diesem mann zu folgen, der keine Gnade kannte und gerne Leute quälte, ob Muggel oder Zauberer, ob Feinde oder treue Diener. Dann fiel ihm das Rattenweibchen wieder ein. Was hatte ihn daran gehindert, in der Nähe dieses wilden Tieres zu bleiben und zu sehen, was er mit ihm angerichtet hatte. Doch sie hatte ihn unmißverständlich fortgescheucht. Offenbar wollte sie niemanden bei sich haben, der ihr - und ihren Kindern - das Futter wegfraß, das nun, wo die Großen, Hexen und Zauberer, nicht mehr in der Höhle waren, sehr karg ausfallen dürfte, selbst für kleine nicht wählerische Tiere wie Ratten.

__________

Benny Calder war wütend. Dieser Chefbulle Foggerty hatte ihn wie einen blöden kleinen Milchbubi abgebürstet, klar angesagt, daß er ihn nicht für voll nahm, weil er was gehört hatte, das in sein Vakuumröhrengehirn nicht reinpassen wollte. Die toll aussehende Mexikanerin vom FBI hatte ihm da schon eher geglaubt. Aber das mußte ja auch so sein, Schönheit, Stärke und IQ: Die Perfekte Braut, dachte Benny, als er mit seinem Rennrad in den Vorort von Dropout einfuhr. Unterwegs kam ihm Donna Cramer entgegen, die Tochter vom Flintenroy, dem das Eisenwarengeschäft in der Hauptstraße gehörte. Hauptstraße? Da standen doch nur die wackelige Lehmhütte, in der er und die anderen armen Stadtkinder Unterricht hatten, die Tankstelle von Nathan Fish, die Marmor-Sofortzusammensetzbude mit dem Schild "Bank der Unabhängigkeit" und der Laden von Foggerty, wo der Sheriff und seine Debuties ihr Quartier hatten. Dann gab es direkt neben dem Sheriffbüro noch besagten Eisenwarenladen. Echt toll, fand Benny das, daß die Schießeisen gleich neben dem Laden des Sheriffs verkloppt wurden. Doch nun war Donna auf Hörweite heran. Sie zwinkerte Benny zu. Sie war zwar ein halbes Jahr älter als er, konnte aber gut mit ihm, wenngleich sie noch nicht alles ausprobiert hatten.

"Hey, Champion!" Rief sie Benny an. Dieser zog lässig beide Bremshebel seines Rades und rief zurück:

"Hey, Sternenfee! Hast du den Foggerty-Express schon durchkommen sehen?"

"Wieso? Hat der alte Sheriff dich am Hintern?" Erwiderte Donna lässig und trat auf Benny zu. Dieser stieg mit einem wie beiläufig wirkenden Schwung vom Rad und klappte dessen Ständer runter.

"Ich habe den und seine Jungs angerufen, als ich an der Gruselvilla vorbeigeradelt bin, um noch ein paar Berg- und Talfahrten zu trainieren, bevor die von der Spilldrop High uns im Mannschaftsrennen wieder plätten. Da habe ich was total merkwürdiges gehört, Mädel da ging mir fast der Arsch auf Grundeis."

"Der was?" Fragte Donna schelmisch grinsend.

"Das, was meinen Turbokörper mit meinem Megarad direkt verbindet, Babe. Also ich radel da vorbei, will gerade vollen Stoff geben, als ich da eine Frau so'n ausländisches Wort habe rufen hören. Ich stieg in die Bremsen und hörte, was da noch passierte. Hätte ja sein können, daß Lady Lila den Schuppen für ihre genialen Raps gebucht hat. Aber da riefen noch mindestens vier andere Frauen was komisches, richtig hintereinander. Dann fingen die an zu singen:

"Verstoßene Schwester, komm wieder! Nimm diesen Körper! Beweg die Glieder!"

Huh, da ging mir wirklich der ... du-weißt-schon-was auf Grundeis. Das haben die mindestens fünfmal gesungen. Beim sechsten Mal bin ich volle Kanne in die Pedale gestiegen und habe den Superstart meines Lebens hingelegt, und das bei 12 Prozent Steigung. Angst ist doch was geniales. Besser als Doping."

"Das du Angst kriegst wäre mir doch neu. Aber wieso hast du vor sowas Angst. Das war bestimmt eine Live-Spielgruppe, die es langweilt, ihre Zaubersachen auf einem Spielbrett abzukurbeln. Die haben dann wohl Totenbeschwörung oder sowas gespielt, Papa Legba und wie diese Voodoogötter alle heißen."

"Neh, das klang ziemlich echt, Donna. Ich glaube, das waern echte Hexen."

"Oh, dann hat dir dein Dad erklärt, daß es die Dinosaurier nie gegeben hat und die Hexen ausstarben oder wie?"

"Ich seh's ein, daß du mir das auch nicht abkaufst, wie der alte Foggerty. Da war extra noch eine vom FBI dabei. Die hat mir zumindest geglaubt, daß da Leute drin sein könnten, die auf dem Satanstrip wären."

"Ach das erzähl Vater Clark. Der würde sich freuen, endlich gegen die Jünger des Bösen kämpfen zu dürfen", spottete Donna Cramer.

"Witzig, Donna, witzig. Vielleicht sollte dein Dad geweihte Silberkugeln ins Angebot aufnehmen, wenn hier wirklich wer übernatürliches herumläuft."

"Geweiht? Wem denn, Benny?" Fragte Donna. Benny nickte zustimmend. Dann sagte er:

"Das habe ich aus einem Roman, wo Dämonen und Vampire geplättet werden. Die fallen nach sowas auseinander. Aber du hast recht. Wenn da ein Voodoo-Zombie kommt, fällt der von sowas nicht auseinander. Also vergessen wir's!"

"Du kommst doch heute Abend zum Straßenbasketball?"

"Aber sicher das, Donna. Der lange Curd muß ja lernen, daß auch etwas kleinere Leute hoch springen können. Außerdem ist ja sonst nichts los, nachdem Madonna ihren Auftritt hier abgesagt hat."

"Du Idiot! Kannst ja deine Hexen einladen, hier 'ne Vorstellung zu geben. Könnte echt bezaubernd werden."

"O.K. ist angekommen, Donna. Ich sag's keinem mehr außer meinen Eltern. Nachher steht Foggerty noch bei uns im Haus und läßt seinen Trara ab, daß ich demnächst gefälligst nicht mehr bei ihm durchklingeln soll, wenn mir was merkwürdiges passiert."

"Ja, Benny. Dann bis heute Abend. Aber tu vorher was gegen deine Pickel, sonst kommt hier noch die Atomalarmtruppe an, weil wer radioaktiv verseucht ist", empfahl ihm Donna Cramer.

"So gut es geht, Honey", erwiderte Benny gereizt. Dann schwang er sich auf sein Rad und trat den restlichen Nachhauseweg an. Er sah die strohblonde Klassenkameradin noch kurz im Rückspiegel, dann bog er um eine Ecke und radelte die kaum befahrene Handwerkergasse lang, wo der Elektriker, der Klempner, ein Schreiner, ein Schneider und ein Schuster ihre Geschäfte unterhielten. Dann ging es durch die Futtermeile, wo alle zehn Lebensmittelgeschäfte und der Supermarkt standen, nach links zu dem kleinen Bau, der wegen passender Verkleinerungen Hotel genannt wurde und fuhr dann in seine Straße, die Uferstraße hinein.

Seine Eltern waren noch nicht zu Hause. Das kannte er. Die arbeiteten in der nächsten größeren Stadt, gerade fünfzig Meilen entfernt und würden wohl erst nach sechs Uhr zurück sein. Er duschte sich gründlich und versuchte dann, mit einem neuen Wundermittel seine überschießenden Pickel niederzumachen. Er schaffte es zumindest, sie soweit abklingen zu lassen, daß er meinte, am Abend locker mit den Jungs aus den höheren Klassen mithalten zu können. Der lange Curd würde wohl mit seiner Dauerfreundin Lucy antanzen, Donna würde für ihn, Benny ihr Anfeuerungsmädchenkostüm anziehen und Peggy würde wieder versuchen, Willy den Kleiderschrank zu betören. Straßenbasketball war seit einem Jahr die angesagte Aktion hier in Dropout. Benny hatte einmal unvorsichtig bemerkt, daß man ja keinen richtigen Gegner hier hätte, wenn die ganzen Schwarzen nicht herkamen, was einige von den Altbürgern auf die Palme gebracht hatte.

Benny saß im Zimmer und hörte Musik, als es an der Tür klingelte. Er stand auf und lief hin, um zu sehen, wer da war und erkannte Sheriff Foggerty und Donna Cramer. Was wollten die beiden hier? Aber Benny öffnete die Tür.

"Hallo, Burschi! Deine Freundin hat mir erzählt, daß du ihr das auch erzählt hast", begrüßte der Sheriff den Jugendlichen. Dieser verzog das Gesicht. Donna sagte:

"Ich habe Foggerty gesagt, daß da wohl niemand im Haus war, sondern nur ein paar Leute, die wohl böse Rituale nachgespielt haben und dann, als er anrückte, das Weite gesucht haben."

"Das mag sein", erwiderte Benny schnell.

"Ich habe von einer Weiterverfolgung dieses Falls abgesehen. Allerdings möchte ich, daß du keinem mehr erzählst, was da draußen los war. Es gibt hier so merkwürdige Leute, die das glauben und sofort losrennen, um die Bude in Brand zu stecken, damit der Teufel darin ausgetrieben wird. Deshalb habe ich dem Mädchen erzählt und wiederhole es auch für dich, daß nichts passiert ist. Da war kein Hexengesang und nichts. Sollte etwas vergleichbares wieder zu hören sein, rufst du nur mich an, Benjamin Jacob Calder Junior!" Sagte Sheriff Foggerty.

"Jawohl, Sir", bestätigte Benny und straffte seinen Körper. Dann verließen die beiden Besucher das Haus, und Benny hörte weiter Musik, bis seine Eltern heimkamen, bis sie den Fernseher anstellten und sich die allabendliche Familienserie ansahen. Benny aß eine Kleinigkeit, bevor er zum Straßenbasketball ging und sich dort richtig austobte, Donna in ihrem Anfeuerungskostüm, ebenso Mabel, die angeblich eine Ballettänzerin werden wollte. So verging der Tag, und Benny hatte das mit dem Hexengesang bald schon als dummen Unsinn abgehakt.

Am Abend trat er im Straßenbasketball an und schaffte es mit seiner Mannschaft, 89 zu 67 Punkte zu holen. Dementsprechend froh und erschöpft kam er nach Hause und schaffte es noch, sich zu duschen und dann hinzulegen. Dabei kam ihm wieder das merkwürdige Lied hoch, das er am oder im Haus draußen vor der Stadt gehört hatte. War das wirklich nur eine Show von durchgeknallten Leuten, die so taten, als wollten sie um den Tod einer Glaubensschwester trauern? Das hörte sich doch eher so an, als solle ein Wesen, wohl 'ne Frau, aus irgendeinem Verbannungsort in einen Körper rein, den sie dann bewegen konnte. Das klang doch eher nach Geister- und Totenbeschwörung als nach dem Ritual, sich mit dem Tod von jemandem abzufinden. Dann war da noch diese FBI-Frau. Die konnte ja wohl nicht erst aus der Landeshauptstadt angerückt sein, als er mit seinem Handy Foggerty und seine schnelle Eingreiftruppe angerufen hatte. Also mußte da ja schon was in der Richtung passiert sein, bevor er dieses Gesinge gehört hatte, dachte Benny. Seinen Eltern hatte er nichts davon erzählt, weil die das sowieso nicht geglaubt hätten. Dann meinte diese toll aussehende Mexikanerin mit den schwarzen Haaren und den dunkelbraunen Augen, dem athletischen Körper mit den langen Beinen und dem prallen Vorbau auch, daß dieses alte Haus ein geeigneter Schuppen für solche Sachen sei, weil da mal ein Sklaventreiber drin verflucht worden war. Vielleicht spukte der da sogar drin, war aber nicht für Normalsterbliche zu sehen oder wohnte halt zu weit weg, um bekannt zu sein. Er beschloß, gegen seine sonstigen Angewohnheiten mal wieder mehr zu lesen und sich bei der nächsten Gelegenheit in der Bibliothek von Dropout die Geschichte von diesem alten Gemäuer reinzuziehen. Mit diesem Vorsatz schlief er ein.

"Hallo, Ben Junior! Hast du was für die Schule zu tun, daß du dich herabläßt, uns zu besuchen?" Grüßte Mrs. Paige, die Hüterin der Bücher von Dropout, den Jungen, der leicht errötete, was seine Aknepickel etwas in den Hintergrund treten ließ.

"Yep, Mrs. Paige. Da steht doch dieser große Klotz, diese Ruine von vor dem Bürgerkrieg, wo keiner drin wohnt. Ich hörte, da soll der letzte Besitzer drin spuken, weil ihn ein Voodoo-Priester, der für den als Sklaven geschuftet hat, heftig verflucht hat, daß er sterben muß und nie aus dem Haus raus kann", erwiderte Benny. Mrs. Paige, die untersetzte, grauhaarige Dame mit der dicken Hornbrille auf der breiten Nase, nickte und sagte:

"Nun, daß da wer spuken soll, wurde nie richtig nachgeprüft. Die Leute damals sagten das nur, weil die Yankees das Haus belagert und den Vorbesitzer erschossen haben. Als sie den raustragen wollten, soll die Decke runtergekommen sein und den Toten und die Blauröcke begraben haben. Die Leute damals glaubten, daß die Negersklaven dunkle Zauberkräfte hatten, wohl weil sie ein schlechtes Gewissen bekamen oder dachten, die seien grundsätzlich wilde, die man peitschen und in Käfigen halten mußte. Deshalb dachten wohl viele Zeitgenossen von damals, daß das nicht mit rechten Dingen zuging, daß die Decke runtergebrochen ist. Die Leichen von den Yankees und diesem Mann, Daggers, liegen da wohl immer noch drin, was schon gruselig genug ist."

"Und da ist nix weiter passiert?" Fragte Benny. Die Bibliothekarin schüttelte den Kopf. Dann runzelte sie die Stirn.

"Moment, da war doch noch was in den Vierzigern. Weil Daggers einen großen Weinkeller hatte, und weil das irgendwer rausgefunden hatte, haben einige Schatzjäger versucht, in das Haus zu kommen und den Keller freizulegen. Dabei sind sie irgendwie zwischen die Trümmerbrocken der alten Decke geraten und elendig gestorben, weil niemand ihre Hilferufe gehört hat. Das hat im Dropout-Tageblatt gestanden. Ich hab die Jahrgänge gerade vor zwei Monaten auf CD-ROM umspeichern lassen, damit ich die alten Mikrofilme wegräumen konnte. Kannst du mit einem Rechner umgehen?"

"Dumme Frage! Ich habe vor kurzem sogar 'ne Eins in Computer gekriegt", erwiderte Benny etwas vorlaut. Mrs. Paige rümpfte zwar die Nase, nickte aber auch. Dann ließ sie den Jungen an einen der zehn frei zugänglichen Computer und gab ihm die Daten-CD.

Benny war froh, daß er mit dem Rechner arbeiten konnte. Staubige Bücher waren ja nicht so sein Ding, und das Suchprogramm des Computers war einfach genial einfach und gründlich. Schon nach zehn Sekunden hatte er den Originalartikel als Bildansicht und Textbeilage auf dem Monitor und las ihn durch. Dann fragte er die allgemeine Datenbank nach allem was mit dem Daggers-Anwesen zu tun hatte und wühlte sich durch alle damit beschäftigenden Berichte und Meinungen. Er war so intensiv damit zu Gange, daß er nicht bemerkte, wie eine zierliche Frau mit langen dunkelbraunen Haaren und dunkelgrünen Augen mit leichtem Graustich hinter ihn trat und über seine Schulter den Bildschirminhalt mitlas.

"Uff! Da ist ja doch was aufgekommen", grummelte er nur für sich. Eine Frau räusperte sich hinter ihm.

"Entschuldigung, bist du mit den Sachen alle durch?" Fragte sie mit weicher mittelhoher Stimme, die bei dem gerade zwischen Knaben und Mann überwechselndem Jungen einen erregenden Schauer verursachte. Er wandt sich um und sah die Unbekannte direkt an, betrachtete sie von oben bis unten.

"Öhm, ich kenne Sie nicht, Lady! Wer sind Sie?"

"Oh, natürlich kennst du mich nicht, junger Mann. Ich bin Liberty Grover vom Mississippi-Magazin. Ich hörte davon, daß in der alten Daggers-Villa wieder was passiert sein soll und wollte die Daten selbst recherchieren."

"Hmm, da ist nichts passiert. Da muß wohl ein Trauerzug langgelaufen sein, hat Sheriff Foggerty rausbekommen. Weil die was merkwürdiges gebetet haben, ist das wohl der Polizei angezeigt worden. Ich habe mich nur dafür interessiert, wieso der alte Kasten immer noch leersteht."

"Warst du es nicht, der den Sheriff gerufen hat?" Fragte die Fremde neugierig. Benny errötete. Offenbar deutete die Unbekannte es als ja und lächelte ihn sanftmütig an.

"Vielleicht hat der liebe Sheriff, den ich vor einer Stunde erst befragt habe, diese Story nur erzählt, damit die Leute nicht mehr darüber nachgrübeln, was da abgelaufen ist. Aber mich interessiert das, weil eben viele Leute sagen, daß dieses Haus keiner mehr bewohnen will. Obwohl sie behaupten, weder an einen afrikanischen Fluch noch an Geister zu glauben, geben die keine gescheite Auskunft darüber, warum die da nicht hinwollen."

"Hmm, ist ja auch nicht so interessant. Das liegt zu weit draußen, mit dem Auto schon zehn Minuten, wenn man dreißig Meilen fährt. Also sind das schon 5 Meilen. Da will niemand unbedingt hinziehen, der gut leben will, weil da kein Strom und kein Wasseranschluß ist."

"Noch nicht einmal Landstreicher nehmen da Quartier, habe ich erfahren", erwiderte Liberty Grover. Benny grinste.

"Natürlich binden die das keinem auf die Nase, daß die in diesem Kasten hausen. Dann kämen ja Foggertys Leute immer wieder und würden die einsacken", tönte er.

Mrs. Paige kam aus ihrem Büro herüber und wies den Jungen darauf hin, doch bitte leiser zu sprechen, um die anderen nicht beim Lesen und Arbeiten zu stören. Dann sah sie die Fremde an und sagte:

"Ist schon merkwürdig, daß gleich zwei Leute, von denen einer so gut wie gar nicht für alte Geschichte schwärmt und eine wildfremde aus der Hauptstadt an einem Tag für die gleiche Sache in die Bibliothek von Dropout laufen. Bist du fertig mit deinen Nachforschungen, Ben?"

"Aye aye, Mylady", erwiderte Benny ironisch. Dann stand er auf, ließ die Daten-CD auswerfen und gab sie der Bibliothekarin zurück. Liberty Grover fragte:

"Wenn ich hier fertig bin, möchtest du mir dann ein Interview geben, was gestern passiert ist? Wir könnten uns in dieser Eisdiele treffen, die beim Hotel liegt."

"Hmm, Foggerty sagte, daß der Käse gegessen sei. Damit meint er auch, daß da kein Wind mehr drum gemacht werden soll. Ich kenne den schon etwas besser, Miss. Sie können mir mit der Story die Hölle heiß machen und dann seelenruhig in ihrem Luxusbüro abwarten, was weiter passiert, während mir der Sheriff die Leviten liest. Nein danke, Ma'am", lehnte Benny die Anfrage ab. Liberty Grover nickte zustimmend. Offenbar lag ihr doch nicht so viel an einem Interview, noch dazu mit einem Jungen, der vielleicht seine Phantasie überschießen ließ. So trollte sich Benny und fuhr in die Stadt, wo er mit Donna Cramer das Musikgeschäft heimsuchte um zum wiederholten Mal nach der neusten CD von Lady Lila zu fragen. Danach war Skateboarden angesagt, danach wieder Radfahren. Benny fuhr wie zufällig wieder aus der Stadt raus, die Steigungsstrecke austestend, die er gestern probiert hatte. Dabei sauste er mit über fünfzig Stundenkilometern bergab an der Daggers-Villa vorbei. Plötzlich sprang etwas weißes aus dem Buschwerk, direkt in die Fahrbahn. Benny zog mit voller Kraft an den Bremsen und stemmte sich in das Rücktrittpedal. Quietschend blockierten und rutschten die Reifen, und der Schwung des abrupten Bremsmanövers schleuderte den hoffnungsvollen Jungrennfahrer über die Lenkstange hinweg fort auf die Straße. Dumpf schlug er mit dem Kopf auf den Boden auf und sah nur noch Sterne vor sich explodieren. Daß er sich auch die Schultern prällte und Abschürfungen in Gesicht und am Brustkorb zuzog, merkte er nicht mehr, weil er bewußtlos wurde.

Als Benny wieder erwachte, pochte es in seinem Schädel, als würde die Dropout-Feuerwehrkapelle mit den dicksten Pauken darin herumziehen oder eine arbeitswütige Gruppe Bauarbeiter mit Hämmern und Bohrern herumfuhrwerken. Dann spürte er den brennenden Schmerz geschundener Haut und den dumpfen Schmerz in seinen Schultern, der sich bis ihn die Fingerspitzen ausbreitete. Stöhnend versuchte Benny, sich aufzurichten, was ihm höllisch wehtat. Er sah sich um. Er lag auf einer Matratze, die mit weichem Leinentuch bezogen war. Um ihn war es merkwürdig schummerig, als läge er in einem schwach beleuchteten Raum. Er dachte zuerst, in einem Krankenhaus zu liegen, wegen der Schmerzen. Er war irgendwie hingefallen, das wußte er noch. Aber wo und warum, war mit seinem Sturz aus dem Kurzzeitgedächtnis verdrängt worden. Er sah sich um, wo er genau war und verdrängte mühevoll die vielen Schmerzen, die ihm zeigten, daß sein Körper was abgekriegt hatte. Er sah den Granitboden, die Decke und die alten Teppiche, die an den Wänden hingen. Dann erkannte er den großen Leuchter, der von der Decke hing und mit brennenden Kerzen bestückt war. Dann fiel ihm auf, daß er auf einem Tisch, nicht auf einem Bett lag. Was war passiert? Wo war er hier? Wie war er hier hergekommen?

Er faßte sich mit schmerzenden und bleischweren Armen an den Kopf und fühlte einen dicken Verband, den man ihm wie einen arabischen Turban umgewickelt hatte. Also mußte er sich heftig verletzt haben. Doch der unbekannte Ort, das Kerzenlicht und der Tisch, auf dem er lag, waren im Moment schlimmer für Benny, als die Verletzungen.

Eine schwere Eichentür mit Eisenbeschlägen schwang knarrend auf, und hereinkam - Liberty Grover!

"Ah, du bist wach. Meine Mutter hat sich schon Sorgen gemacht, du könntest im Koma liegen oder tot sein", sprach sie zu Benny, den nun Schauern von Angst, Hilflosigkeit und schleichender Wut durcheilten. Dann stieg in ihm ein schrecklicher Gedanke auf:

Er war in eine Falle gegangen, die ihm wer gestellt hatte. Die Hexen, oder was immer sie waren, hatten ihn irgendwo abgefangen und hielten ihn nun gefangen. Also war doch mehr dran, als Foggerty glauben wollte.

"Sie sind eine von denen, die gestern im Daggers-Haus waren", brach es aus Benny heraus, wobei er sich anstrengte, keinen Schmerzlaut in seiner Stimme hören zu lassen. Die Fremde nickte, als wenn das völlig in Ordnung sei, daß er wußte, wer sie war. Das erschütterte Bennys gerade aufflammende Aggression etwas.

"Du wirst verstehen, daß es nicht angehen kann, daß wir bei unserem Werk Zuhörer oder Zuschauer haben, die noch dazu die Polizei rufen und damit stören, weil wir vorzeitig abrücken mußten. Aber Mutter und ich haben beschlossen, daß wir dich nicht töten, nur weil du zufällig mitgehört hast. Du kannst dir denken, daß ich keine Reporterin bin. Ich habe zwar einen Presseausweis, um Muggel wie dich offiziell fragen zu können, wenn was passiert ist, aber ich brauche ihn nicht sooft, wie es nötig wäre."

"Dann heißen Sie auch nicht Liberty Grover", erkannte Benny voller Zorn. Die Fremde nickte wieder und trat an den Tisch heran.

"Fassen Sie mich bloß nicht an!" Fauchte Benny und versuchte, sich wieder hochzustemmen. Wieder schossen Schmerzen durch Arme, Rücken und Kopf. Ihm wurde speiübel und schwindelig, und er sackte wie ein plumper Strohsack zurück.

"Jungchen, ich habe dich schon angefaßt und kann das immer wieder tun, wenn ich das will. Du hast dir mit deinem Zweirad einen hübschen Sturz geleistet, als die Katze, die hier herumstreunt über den Weg laufen wollte. Mutter und ich fanden dich und haben dich reingebracht, damit du nicht dumm herumliegst. Sei froh, daß ich dich erst einmal soweit verbunden habe. Schwester Anthelia wird dich nachher noch versorgen. Sie ist schon neugierig auf dich."

"Kranken- oder Hexenschwester?" Fragte sich Benny in Gedanken. Laut fragte er:

"Was habt ihr vor mit mir? Verschwinden lassen ist nicht drin. Foggerty kommt sonst auf interessante Ideen."

"Denkst du. Foggerty wird deinen Eltern sagen, daß du wohl einer der vielen jugendlichen Ausreißer bist, die es in eurer Welt gibt, wenn du nicht nach Hause kommst. Wir haben einiges drauf, Leute das tun und sagen zu lassen, was uns paßt, Bursche. Sieh mal her!" Sagte die Fremde und zog lässig einen Holzstab aus ihrem grünen Sommerkleid. Sie hielt ihn gegen einen Holzstuhl, der neben dem großen Tisch stand und bewegte den Stab schnell in geheimnisvollen Fuchtel- und Kreisbewegungen. Mit lautem Knall verwandelte sich der Stuhl in einen Kaktus. Dann wurde er zu einem lebendigen Schwein, das schließlich zu einer Blumenvase transformiert wurde. Danach schrumpfte sie ein. Bei alledem hörte Benny merkwürdige Wörter aus dem Mund der Fremden. Diese steckte den Stab wieder fort und lächelte warm aber überlegen.

"Du hast gesehen, daß ich tote Sachen in lebende Tiere verwandeln und aus denen wieder tote Dinge machen kann. Das kann ich natürlich auch mit dir anstellen. Mit dir, deiner blonden Freundin, die wir noch kriegen werden oder mit Sheriff Foggerty. Ich persönlich war Abschlußbeste darin."

"Abschlußbeste? Du willst doch nicht behaupten, daß es Schulen für Hexerei gibt", knurrte Benny.

"Natürlich gibt es die. Außerdem wirst du unhöflich. Du kannst doch nicht einfach fremde Frauen duzen."

"Na und? Ich habe nichts mehr zu verlieren außer mein Leben", blaffte Benny, den der Mut der Verzweiflung übermannte.

"Langweilig, daß du meinst, wir müßten gleich wen töten", gab die Fremde mit bedauerndem Gesichtsausdruck und Tonfall zurück. Dann öffnete sich die schwere Tür erneut, und eine blondhaarige Frau in einem rosaroten Umhang betrat den Raum. Sie sah den auf dem Tisch liegenden Jungen an und fing dessen Blick auf.

"Benjamin Calder, willkommen in meinem Reich. Ich bin Anthelia, die höchste Schwester meines Ordens. Meine Schwestern berichteten mir, daß du unserer Einladung doch gefolgt bist, wenngleich beabsichtigt war, dich auf angenehmere Weise herzuholen."

"Ach, dann sollte ich gekidnappt werden?" Grummelte Benny. Da sah ihn die Frau im rosaroten Umhang sehr drohend an und trat mit schnellen Schritten auf ihn zu.

"Respekt entsteht aus Anerkennung von Rang und Leistung oder Angst vor Strafe. Lege es nicht darauf an, über Strafe Respekt vor mir zu lernen."

"Ach, dann wollen Sie mich nicht foltern, verhexen, verbrennen oder vergiften?" Fragte Benny.

"Das hängt jetzt von dir ab. Ich will wissen, was genau du gehört hast, als du gestern hier warst!" Sagte Anthelia streng klingend. Benny presste die Lippen aufeinander und schwieg.

"Hmm, er versucht sich in Heldenmut", flötete die Hexe, die sich in der Bibliothek als Reporterin ausgegeben hatte. Anthelia sah Benny immer noch streng an. Dann trat sie zu ihm und legte ihm die Hand auf die linke Schulter. Benny versuchte, die Berührung abzuwehren, was ihm nicht gelang, weil die Schmerzen in seinen Gliedern und dem Kopf zu groß waren.

"Schwester Pat, du weißt doch, daß ein verwundetes Tier immer aggressiv ist. Es würde dich selbst dann noch beißen, wenn es bereits im Sterben liegt. Selbsterhaltungstrieb unter Schmerzen ist sehr stark und nicht zu unterschätzen. Crucio!"

Anthelia hatte einen glatten Stab aus silbriggrauem Material gezogen und auf Benny gerichtet. Was nun passierte, war schlimmer, als sich Benny je vorgestellt hatte. Waren die Schmerzen bis jetzt schon schlimm, so war das, was nun mit brutaler Gewalt auf ihn hereinbrach die Hölle selbst. Schreiend wälzte er sich unter Wellen von Schmerzen, als wenn seine Haut mit glühenden Klingen zerstochen und zerschnitten, seine Arme und Beine zerrissen und sein Kopf von innen her zerschmettert würde. Sein Rumpf, seine Eingeweide und seine Lungen verkrampften sich so heftig, als presse eine Urgewalt sie zusammen und ließe sie immer wieder los, um sie dann auseinanderzuzerren. Benny wußte nicht, wie lange diese Hölle ihn quälte. Am Rande der Ohnmacht klangen die Schmerzwellen schlagartig ab. Er hörte wie im Halbschlaf und mit tränenden Augen, wie Anthelia merkwürdige Worte sprach und ihren Zauberstab über ihn hin- und Herbewegte. Unvermittelt verflogen auch die Schmerzen, die er nach dem Sturz gefühlt hatte. Irgendwie schien es, daß sein Körper geheilt wurde.

"Wer den Schmerz gibt, kann ihn wieder nehmen", sagte Anthelia, als alle Prällungen, Schürfungen, die Kopfschmerzen und was sonst noch nach dem Unfall vorhanden gewesen war, verschwunden waren. Sofort setzte sich Benny auf, um vom Tisch zu springen. Da bemerkte er, daß er überhaupt nichts mehr anhatte. Sie hatten ihn splitterfasernackt ausgezogen!

"Scheiße!" Fluchte Benny inbrünstig.

"Nana, nicht so wüst!" Lachte Anthelia. Dann warf sie Benny mit einer einfachen Handbewegung auf den Tisch zurück, ohne ihn zu berühren.

"Mist, die kann Telekinese oder wie das heißt", dachte Benny verzweifelt.

"Das und noch einiges mehr, unfähiger Jüngling!" Tönte eine deutlich wahrnehmbare Stimme in Bennys nun schmerzfreiem Kopf. Der Turbanverband wurde von unsichtbaren Kräften abgewickelt, ein wie Essig und Spiritus riechender Schwamm fuhr von unsichtbarer Hand geführt über den Kopf des Jungen und wusch alle Reste von Blut fort.

"Warum haben Sie mir nicht gleich einen Killerfluch übergebraten?" Fragte der Gefangene Anthelias.

"Wie platt das doch klingt", sagte Anthelia vorwurfsvoll. Dann antwortete sie:

"Wie gesagt will ich hören, was du gehört hast. Wir konnten nicht alle erwischen, die deine Aussage gehört haben und müssen sehen, wie wir das, was du sagtest, lächerlich machen können, um ungestört unsere Werke voranzubringen, wenn uns nicht jeder, der deine Worte hörte, ohne Aufsehen in die Hände fällt, wie du, Unfähiger."

"Vergiss es, hexe!" Gab Ben Jacob Calder Junior trotzig zurück. Er dachte an alles, was er gehört und dem Sheriffs erzählt hatte, ohne nur ein Wort zu sagen. Dann erst fiel ihm auf, daß die Hexe Anthelia vielleicht Gedanken lesen konnte, was ihm mit Entsetzen bestätigt wurde, als Anthelia zufrieden lächelte und nickte.

"Schön! Du hast also nur den wichtigen Zaubergesang gehört und nichts besseres zu tun gehabt, das euren Schergen zu verkünden. Nun, du siehst, daß ich dich bis jetzt nicht getötet habe. Das liegt daran, daß ich kein Aufsehen will. Dieser Sheriff, den unsere Schwester gestern noch besuchte, wird nichts erzählen. Deine Freundin wird nichts erzählen, und du wirst auch niemandem etwas erzählen. Schwester Patricia, bring mir das Elixir der Bindung!" Befahl Anthelia. Die Fremde, die sich Benny gegenüber als Liberty Grover vorgestellt hatte, eilte durch die Eichenholztür und kam mit einem Glasfläschchen wieder. Benny versuchte, erneut aufzuspringen. Anthelia griff unter ihren Umhang und holte ein zwei Zoll durchmessendes Medaillon hervor, das aus fünf unterschiedlichen Metallen zusammengesetzt worden war. Außerdem fischte sie ein kleines Messer in einer Lederscheide aus dem Umhang und zog es blank.

"Ich gönne es dir, dein Leben weiterzuleben, wie du es gewohnt bist. Ich gewähre dir sogar ein Geschenk, weil du so bereitwillig zu uns kamst und nicht mit einem Übermaß an Gewalt geholt werden mußtest. Allerdings wirst du vorher in eine Verbindung zu mir treten", sagte Anthelia. Dann trat sie mit dem Messer an den unbekleideten Jungen heran, hob mit der freien Hand den linken Arm an und schnitt ihm mit schneller Bewegung einen Kreis in den Arm. Patricia, die dunkelbraunhaarige Hexe, trat an Benny heran, öffnete ihm spielerisch den Mund und flößte ihm den ganzen Inhalt des Fläschchens ein. Sie zwang ihn dazu, das Zeug hinabzuschlucken, das wie Teer mit Ameisensäure zu schmecken schien. Benny konnte sich nicht wehren. Was immer sie taten, das mußte er sich gefallen lassen.

Anthelia legte das Medaillon mit dem roten Stein, der wie ein Auge in der Mitte eingebettet lag, in das Zentrum des kreisförmigen Schnitts. Zischend und wie heiße Nadeln auf der Haut brennend, bekam Benny mit, wie das Medaillon auf seinem Arm lag. Dann durchflutete ihn eine Welle merkwürdiger Empfindungen. Er fühlte sich so, als durchspüle ihn jemand mit kaltem Wasser, das von den Zehen bis zu den Haarspitzen auf seinem Kopf hochstieg, umgewälzt zu werden schien und dann aus ihm herausgesogen wurde, durch den linken Arm, als habe jemand eine Pumpe daran angeschlossen, die das tat. Er fühlte, wie die merkwürdigen Wassermassen genau dort aus seinem Körper gezogen wurden, wo das Medaillon lag, dessen Berührung nun wie die von kaltem Stahl war. Dann sah er, wie es rot aufleuchtete, was für Anthelia das Signal war, nun einige unheimliche Zauberworte zu sprechen, die Benny sich nicht einprägen konnte. Nach dem magischen Getue zog Anthelia das Medaillon von Bennys Arm fort. Dabei empfand er es so, als würde er angehoben, wie aus seinem Körper herausgehoben, bis Anthelia das Kleinod an seiner Kette wieder um ihren Hals legte und unter dem Umhang verschwinden ließ. Benny sah befremdlich auf seinen linken Arm. Der Schnitt war verheilt. Allerdings war an der Stelle, wo das Medaillon die Haut berührt hatte, ein roter kreisförmiger Fleck, der langsam von außen nach innen verblaßte. Dann spürte er etwas noch merkwürdigeres:

Auf einmal meinte er, seinen Herzschlag doppelt zu hören und von jemandem mit Armen und Beinen umschlungen zu werden, immer enger, aber anregend. Dann empfand er etwas wie schweben zwischen Wolken, eingebettet in diese Umklammerung. Er schloß die Augen und meinte sofort, eine ferne, beruhigende, von schwebenden Tönen getragene Musik zu hören und Anthelias Gesicht vor sich zu sehen. Er versank in diesen Eindrücken so stark, daß er die Umgebung und die Abscheu gegen die Hexen vergaß und nur mit dieser Erscheinung zusammenwar.

"Du bist nun mein, Benjamin. Dein Leib gehorcht mir, und deine Seele wird von mir geborgen gehalten, solange ich keinen Grund habe, dir zu grollen oder dich zu strafen. Wir stehen in ständiger Verbindung. Deine Träume, deine Wünsche, deine Furcht und deine Freuden gehören nun mir. Du wirst keine Angst verspüren, keinen Haß gegen mich oder meine Schwestern. Mir obliegt es, dir Freuden zu schenken oder Strafen zu erteilen. Anthelia birgt dich, Anthelia hält dich. Sei gehorsam und trachte nie danach, ihr Ungemach zu bereiten, und dann wirst du immer in ihrer warmen Obhut verbleiben. Bist du jedoch unfolgsam und trachtest nach einem Weg, ihr Ungemach zu bereiten, erfahre dies!" Hörte er Anthelias Stimme wie in einer weiten hohen Halle klingen. Dann fühlte er, wie er von einer gewaltigen Kraft zusammengedrückt wurde, wie eine Orange in einer Presse. Gleichsam fühlte er, wie etwas aus ihm heraussprizte, das nicht sein Blut war und sah sich in einen engen, dunklen Raum stürzen. Dann verflog dieses Schreckenserlebnis, und Benny fühlte die innige Umklammerung wieder, hörte die schwebenden Klänge um sich herum und fühlte sich geborgen und behütet. Er sagte in seinen Gedanken:

"Ich werde tun, was du sagst, meine Herrin und Hüterin." Kaum hatte er das gesagt, verflog die seltsamste Wahrnehmung, die er je empfunden hatte. Er kehrte zurück in die Wirklichkeit und stellte fest, daß er immernoch auf der Matratze auf dem Tisch lag. Patricia war fort. Anthelia war mit ihm allein.

"Du siehst, daß ich auf Deinesgleichen keinen Haß oder Vernichtungswunsch hege. Allerdings weißt du nun, daß nichts mehr von dem, was du gestern und heute erlebt hast, nach außen dringen darf. Du bist mein allein. Ich werde dir noch ein Geschenk machen, um zu zeigen, daß ich nicht böse zu dir bin", sprach Anthelia und holte ein anderes Fläschchen aus ihrem Umhang. Sie öffnete es und ggebot Benny, den Mund zu öffnen, um den dünnflüssigen, hellroten Inhalt zu schlucken. Benny wagte es gar nicht erst, aufzubegehren. Er trank das merkwürdig wie rostige Nägel, Zucker und Zitronensaft schmeckende Gebräu halb aus. Mit dem Rest rieb Anthelia ihn von Kopf bis Fuß komplett ein und winkte kurz mit ihrem Zauberstab über ihn. Dann sagte sie:

"Dieses Elixier verhilft dir zu körperlicher Wohlgestalt und großer Unverwüstlichkeit. krankheiten werden es schwer haben, dich heimzusuchen, Erschöpfung wirst du erst empfinden, wenn du dreifach so schwer arbeitest, wie andere deiner Rasse. Du wirst nach dem Ende deines Wachstums mit einem Drittel der üblichen Geschwindigkeit altern. Jedoch bedenke, daß du nur einmal Vater werden darfst. Kommst du danach mit einem Menschen zur körperlichen Zweisamkeit zusammen, verlierst du ein Drittel der Zauberkraft. Nach drei Dritteln alterst du innerhalb von zehn Jahren und stirbst im Körper eines Greises. Dies ist die einzige aber fatale Nebenwirkung meiner Gabe. Und nun bekleide dich wieder. Schwester Patricia hat deine Gewänder gereinigt und geflickt."

"Moment, Ihr wollt mir sagen, daß ich mit diesem Hexengebräu in mir und auf meinem Körper zu einem der schönsten Männer der Welt und uralt ohne Glatze und Gebrechen werden kann, keinen Schnupfen mehr kriege und mich total heftig abstrampeln kann, aber dafür nach meinem Ersten kind mit keiner Frau mehr ..., ähm, Liebe machen darf, wenn ich nicht austrocknen und als Klappergestell verrecken soll?"

"Genau das, junger Freund. Und noch etwas", begann Anthelia, "ich freue mich, jemanden aus deiner Welt zu haben, der für mich Augen und Ohren ist, mein treuer Herold und Späher, Bote und Vollstrecker in der Welt der Unfähigen, welche die großen Gaben nicht besitzen."

Die dunkelbraunhaarige Patricia kehrte mit Bennys Sachen zurück, die wie neu aussahen. Er zog sich schnell an, denn die Scham, nackt zu sein, konnte ihn nun erreichen, nach all dem Zauber um und mit ihm. Als er angekleidet war, hob Patricia ihren Zauberstab. Benny glaubte, nun doch getötet oder verflucht zu werden, als sie "Centinimus!" rief.

Unvermittelt explodierte alles um Benny herum, als stecke er in einem Luftballon, der mit dem Druck einer Taucherflasche aufgeblasen wurde. Schwindel, als stürze er in einen bodenlosen Abgrund, überkam ihn so heftig, daß er fast die Besinnung verlor. Dann war alles vorbei. Er sah sich um. Alles um ihn war zu einer übergroßen Riesenwelt angewachsen, Der Kellerraum, der nun wie eine große Höhle wirkte, deren Decke über hundert Meter über ihm hing, Der Tisch, der wie ein breites und hohes Plateau auf wuchtigen Türmen aussah, wie auch die beiden Hexen, die alles an Größe überragten, was er je gesehen hatte, ihm so groß wie die Wolkenkratzer von New York erschienen, die er vor drei Jahren ehrfürchtig vom Boden aus betrachtet hatte. Dann wehte ein starker Wind von der gigantischen Kreatur her, die ihm als Schwester Patricia vorgestellt worden war. Das Superungeheuer bückte sich zu ihm, wobei er merkte, wie ihn die verdrängte Luft schüttelte. Dann ergriff sie mit zwei Fingern, die so lang und breit wie große Straßenkreuzer waren den Jungen am Brustkorb, hoben ihn im Mondraketentempo auf und ließen ihn in ein hausgroßes, sehr feinmaschiges tragenetz mit großen Vogelfedern gefüllt fallen. Er spürte, wie er die dicke Luft, die ihn umgab, mit großer Anstrengung atmen mußte, als stehe er nicht auf der Erde, sondern auf dem Grund eines tiefen Sees. Er wunderte sich, daß er noch nicht erstickte. Aber offenbar war die ihn umgebende Luft noch gerade so für ihn verträglich. Unvermittelt stürzte er in diesem Bett aus Federn, die wie die Daunen eines Adlers oder Kondors sein mußten, in einen Strudel aus Farben, Lichtern, und dann Schwärze. Dann kamen wieder Farben und Lichter, bis sich um ihn eine neue Landschaft formte, die er nur Bruchstückhaft durch das Tragenetz sehen konnte. Er dachte an die Reisen Gullivers, die sie vor zwei Jahren in der Schule gelesen und besprochen hatten, dem Seefahrer, der einmal in einem Land voller Zwerge und Zwerggeschöpfe und einmal in einem Land voller Riesen und Riesengeschöpfen gewesen sein wollte. Nun verstand er, was die Hexe Patricia mit ihm angestellt hatte und bekam Angst. Doch eine innere Stimme sprach sofort auf ihn ein:

"Fürchte dich nicht! Du erhälst gleich deine wahre Größe zurück."

Tatsächlich hoben ihn zwei gigagroße Finger, in deren Haut er die Poren wie Tennisbälle so groß sehen konnte, aus dem Tragenetz oder was es in Wirklichkeit war und brachten ihn in langsamer Geschwindigkeit wieder auf den Boden. Dann spürte er wie einen Wirbelsturm und hörte es über sich brausen, wie Patricia den baumlangen und starken Zauberstab über ihm kreisen ließ und erzitterte unter dem Donner der Worte: "Remagno."

Schlagartig brach die Welt um Benny herum in sich zusammen, schrumpfte, während er von einem inneren Druck aufgebläht wurde, der leicht schmerzte. Dann stand er in einer normalen Welt, auf einem normalen Weg vor der Hexe Patricia, die mit einem Griff in ihr Kleid ein zerbrechlich wirkendes Spielzeugfahrrad zum Vorschein brachte. Sie legte es auf den Boden und vollführte denselben Zauber, den sie an dem Jungen gewirkt hatte. Sogleich wuchs das Rad zu Bennys Rennrad an, unbeschädigt und wie frisch geputzt aussehend.

"Die höchste Schwester hat es mit meiner Mutter zusammen repariert und geputzt. Du bist eine Meile südlich deiner Stadt. Du kannst nun heimkehren. Aber du weißt, was Anthelia dir mitgegeben hat. Halte dich daran!" Nach diesen Worten, die sie im Stil einer fürsorglichen Mutter gesprochen hatte, verschwand sie mit einem scharfen Knall und hinterließ nur einen Luftwirbel, in dem der aufgewirbelte Staub wie eine Spirale das Licht der Sonne brach, bis er sich wieder zerstreute.

Benny wußte nun, daß er sich gestern nicht verhört hatte. Er war auf echte Hexen gestoßen, die voll echt zaubern oder hexen konnten. Sie hatten ihn mit irgendwelchen Flüchen gebannt und zur Entschädigung dafür mit einem Supertypenzeug behandelt, das ihn zum tollsten Kerl der Gegend werden lassen sollte, aber nur, wenn er nach dem ersten Kind, das eine Frau von ihm kriegte, möglichst jeden Spaß an der körperlichen Liebe verlor. Das war die heftigste Nebenwirkung, die er sich vorstellen konnte, Lohn und Strafe in einem Abwasch. Zu alledem überwachte ihn diese Anthelia nun. "Die große Schwester sieht dir zu!" Grummelte er bei dem Gedanken an diesen dunklen Zukunftsroman, wo alle Menschen von Kameras beobachtet wurden, den sie gerade in der Schule lesen mußten, weil ihr Englischlehrer Sinn und Unsinn von Zukunftsvorstellungen besprach. Auf diesen Gedanken bekam er ein leises inneres Lachen zur Antwort, fast unhörbar aber stark genug, den Strom seiner eigenen Gedanken leicht zu überlagern, wie die von viel Rauschen unterlegte Musik eines weit entfernten Radiosenders.

er verstand, warum die Hexen ihn hatten laufen lassen. Sie lebten im Verborgenen, kannten vielleicht auch nichts von seiner Welt. Er war nur der Idiot gewesen, der was von ihnen mitbekommen hatte und nun als eine Art Raumsonde für sie in der Welt herumeiern durfte, wenn sie im Verborgenen blieben. Ja, so war es. Er war wie die Voyagersonden nur noch dazu da, für diese Hexen Informationen einzusammeln und weiterzugeben, ohne je wieder direkt mit ihnen zu tun zu bekommen. Konnte er sich dagegen wehren? Alleine dieser Gedanke brachte ihm ein unbehagliches Gefühl ein, als würde er wie eine Orange ausgepresst und in einen dunklen Raum gesogen, eher in ein schwarzes Loch. Ja, das würde ihm passieren, wenn er sich sträubte, erkannte er mit absoluter Klarheit. Es würde ihm auch nichts bringen, wenn er sich aus lauter Frust umbringen würde. Denn das hatte er auch erfahren müssen: Es gab etwas wie die Seele, die den Körper verlassen konnte. Und seine Seele würde dann wohl auf nimmer wiedersehen in dieses schwarze Loch stürzen und nicht in irgendeinen Himmel oder eine bestimmte Hölle kommen, wie der Stadtprediger sie immer ausmalte. Ja, er würde nach seinem Tod in diese schwarze unendlich tiefe Hölle, seine Hölle, stürzen und darin gefangen sein, wohl für alle Zeiten. Dort brauchte er nicht gefoltert, gepiesackt oder mit seinen schlimmsten Alpträumen gepeinigt zu werden. Er würde nur in einem schwarzen Nichts gefangen sein und verrückt werden, weil nichts um ihn passierte. Also mußte er folgsam bleiben, leben und handeln, an einer Leine, die wohl sehr lang sein würde, aber ihn zubbelte, wenn er nicht in der Spur blieb, die seine neuen Freundinnen für ihn vorbestimmt hatten. Dafür zum Mr. Universum mit langer Haltbarkeit zu werden, war eine winzige Entschädigung, als würde ein Räuber ihm eins über den Kopf geben, die Beine in tausend Splitter zerbrechen, ihm alles Geld klauen und ihm einen Vierteldollar lassen, um zu Hause anzurufen, damit ihn wer abholte. Aber vielleicht war das auch schön so, wenn er sein Leben genoß, darauf achtete, möglichst kein Kind zu zeugen und uralt ohne Rheuma, Kahlkopf und Gedächtnisausfall zu werden. Dann lag es ja auch an ihm, was er damit anfangen konnte. Ihm hatte jemand den Schlüssel für ein tolles Leben in die Hand gedrückt, mit der einzigen Bedingung, brav zu sein und sich nicht über gebühr zu vermehren. Mit dieser Gewißheit fuhr er nach Hause, erzählte seinen Eltern, daß er noch mal für das Radrennen trainiert hatte und widmete sich seinem Alltag, zumal die Gedanken Anthelias sich nicht mehr meldeten, was ihm den Schein, für sich zu sein, vermittelte.

Seine Pickel ließen in den nächsten Tagen immer mehr nach. Seine Haut glättete sich, und der leichte Flaum, der den späteren Bartwuchs einleitete, fühlte sich seidenweich an. Auch war Benny nun fast unerschöpflich, was zur Folge hatte, daß er das bald stattfindende Fahrradrennen nur deshalb nicht mit hundert Längen Vorsprung gewann, weil er nicht allzu auffällig sein wollte, aber immerhin mit fünf Längen Vorsprung vor dem bis dahin schnellsten Fahrer der Spilldrop-Highschool die Ziellinie überfuhr.

__________

Man schrieb den 14. Juli. In Frankreich feierte man den 206. Jahrestag der Revolution gegen König Ludwig XVI., anderswo war das ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag. Im großen Keller unter der Daggers-Villa trafen sich die Hexen um Anthelia. Es waren außer den fünfen, die sie in den einst männlichen Körper des entseelten Bartemius Crouch versetzt hatten noch zwanzig andere Hexen da, die alle weiße Kapuzenumhänge trugen, waren jedoch nicht maskiert. Neben Izanami Kanisaga waren noch andere Hexen aus Asien da, sowie dunkelhäutige Amerikanerinnen, deren Vorfahren afrikanische Zauberer und Hexen gewesen waren, Hexen aus Europa, Australien und von den kolonisierten Inseln dieser Welt. Sie alle hatten Eulenpost bekommen, die nur aus einem Brief bestand, der nur unter einem bestimmten Zauberwort zu lesen war und ein Wappen trug, das eine große schwarze Spinne im Zentrum eines Netzes aus silbrigen Fäden darstellte und folgenden Text enthielt:

Geehrte Schwester,
 
sie ist zurück. Eile am 14. Juli an unseren Versammlungsort.
Das Siegel ist ihr Zeichen.
 
      Pandora

Nun saßen sie um den großen Tisch herum, auf dem nun wieder ein weißes Leinentuch ausgebreitet war. Zwanzig Kerzen warfen ein festliches Licht in den Raum, auf dem Tisch standen noch verstaubte Weinflaschen, wohl solche aus dem nebenan liegenden Keller. Zwei der Flaschen waren entkorkt worden, um dem uralten Wein die Gelegenheit zum atmen zu geben. Hauchdünne Gläser standen vor jeder Hexe auf dem Tisch. Alle waren gleichermaßen gespannt wie auch beklommen, was nun passieren würde. Sicher sie hatten sich Pandora Straton und ihrer Tochter Patricia angeschlossen, weil sie es leid waren, von der Zaubererwelt kleingehalten zu werden, von denen aus den Ministerien benachteiligt und von den Todessern bedroht zu werden. Die Gesetze der Zaubererwelt waren ihnen ein Gräuel. Sie hegten aber keinerlei Zuneigung zu den Umtrieben dieses halbblütigen Irren namens Voldemort, von dem sie alle nicht glaubten, daß dies sein eigentlicher Name sei. Als Pandora ihnen berichtet hatte, sie habe sich das Seelenmedaillon Dairons aneignen können und stehe nun mit einer mächtigen Schwarzmagierin in Verbindung, die ihren Geist darin eingebettet hatte, dachten die vier französischen Hexen der Schwesternschaft daran, es müsse Sardonia vom Bitterwald sein. Doch Pandora hatte ihnen mitgeteilt, daß es sich um deren nicht minder zaubermächtige Nichte Anthelia handele, die selbst die Spuren Dairons verfolgt und sich in den Besitz einiger seiner Artefakte gebracht hatte, bevor sie sterben mußte. Charity, eine Hexe aus New York, hatte versucht, das Medaillon selbst zu tragen. Doch unter Höllenqualen war sie zusammengebrochen und ließ es zu, daß Pandora es trug. Damit wußten alle, daß nur sie die Auserwählte Anthelias war und respektierten sie. Immerhin konnte Pandora alte Zauber aufrufen, die in den Büchern der Bibliotheken der Zaubererwelt nicht nachzuschlagen waren, weil jene, die sie einst erfunden hatten, mit ihnen starben oder das Wissen über sie an unzugänglichen, teils mit schwarzer Magie versperrten Orten versteckt hatten. Dann hatte Pandora sie wissen lassen, daß Anthelia einen neuen Körper wollte. Sie glaubten zunächst, sie müßten ihre erstgeborenen Töchter opfern, um ihr diesen Willen zu tun. Doch nun hatten sie Briefe bekommen, in denen stand, daß sie wieder da war, also einen geeigneten Körper gefunden hatte.

Sie saßen da und warteten. Endlich, nach einer Viertelstunde schweigsamen Wartens, betrat Anthelia den Raum. Sie trug wie die anderen einen weißen Kapuzenumhang. Jedoch hing ihr offen sichtbar das fünfelementige Medaillon Dairons unter den Brüsten an einer langen Silberkette. Sie ließ es sich gefallen, daß alle sie konzentriert anstarrten, ihre neue Erscheinungsform begutachteten. Dann gebot sie mit einer Handbewegung Ruhe, was an und für sich überflüssig war, weil niemand ein einziges Wort sagte oder gar flüsterte.

"Meine lieben Schwestern!

Ich freue mich, hier und heute bei euch sein zu dürfen, selbst zu atmen, einen lebendigen Herzschlag zu spüren und mit eigenen Sinnen die Welt zu erfahren, wieder eine lebendige Frau und Hexe zu sein. Ich danke euch allen, daß ihr mir dieses große Geschenk gemacht habt und auch weiterhin an meiner Seite sein wollt.

Ich habe euch heute zusammengerufen, um euch alle zu sehen, zu euch zu sprechen und mit euch zu planen, wie wir uns weiterhin verhalten sollen. Feststeht, daß ein zerstörungswütiger Zauberer namens Voldemort wiedergekehrt ist, der danach trachtet, zum mächtigsten Zauberer der Welt zu werden und das durch Angst und Zerstörung zu erreichen sucht.

Nun wissen wir alle, liebe Schwestern, daß die einzige Macht der Welt die Fähigkeit ist, Leben zu schaffen, es zu beeinflussen und zu vermehren. Deshalb sind nur wir Hexen die wahren Herrinnen der Welt, ob die der Zauberei oder die der Magielosen, die von euch heute Muggel genannt werden und zu meiner Zeit als Unfähige bezeichnet wurden. Also ist dieser sogenannte dunkle Lord, der noch dazu einen Selbsthass wegen der Halbabstammung von einem Unfähigen mit dem Hass auf nichtreinblütige Zauberer der auf ihre Reinblütigkeit schwörenden Zauberer und Hexen verbindet, unser größter lebender Feind.

Jedoch halten sich jene, die unserer Welt Gesetze aufbürdeten, weil sie Angst um die Verborgenheit der Zauberei haben, für verpflichtet, jedes Wirken machtstrebender Hexen und Zauberer als Verbrechen zu verfolgen, gerechtfertigte Ansprüche für nichtig zu erachten und ein Gleichgewicht der Untätigkeit zu festigen, in dem nichts neues mehr gedeihen mag. Sie wissen sogar Hexen in ihren Reihen, die die mächtigsten Künste der Zauberei kennen, jedoch nimmer zum Nutzen der Erneuerung und Erweiterung benutzen werden, ja es für wider dieMoral, gar Vernunft halten, machtvolle Zauber zu wirken, um sich Mensch und Tier Untertan zu machen. Zu denen gehört ihr ja nicht, meine Schwestern.

Ihr wißt darum, wie meine verehrungswürdige Tante und ich zu meiner ersten Lebzeit wider die mächtigsten Zauberer und Kreaturen antraten, uns ganze Lande unterwarfen und die Fähigen und die Unfähigen in unseren Diensten hielten. Wer uns damals wohlgefällig war, dem ging es gut und bedurfte es an keinem unerfüllbaren Wunsch. Die Töchter des Abgrunds, sowie die dunklen Schattenwesen, welche Glück und Frohsinn aus den Seelen trinken, bedrohten unsere Weltordnung und wurden zurückgedrängt. Leider verstarb meine Tante bei ihrem Kampf gegen letztere Wesen, ohne sich vorher mit den Mitteln der Beständigkeit in dieser Welt zu halten. Mir gelang es, wie viele von euch wissen, mir das Medaillon der Seelen des einstigen Druiden Dairon zu beschaffen, welcher vor etlichen Jahrhunderten die Welt mit ähnlicher Tyrannei überzog, die jener Lord Voldemort, den die meisten Zauberer nicht bei seinem Namen zu nennen wagen, ausübt. Seine mächtigen dunklen Flüche und Banne verhießen mir Macht und Fortbestand, welchen ich zu erreichen erfolgreich anstrebte.

Jahrzehnte und Jahrhunderte wirkte ich in der beengenden Geborgenheit des Medaillons, bis ich vor wenigen Jahren, nach einer Zeit unfreiwilligen Schlummers in einem stillen Kerker, Schwester Pandora traf, welche mir zusagte, meine Ziele mit mir zusammen weiterzuverfolgen, weitere Bundesschwestern zu werben und zusammen das hohe Ziel, der Hexenschaft zu ihrem angestammten Platz in der Welt zu verhelfen, zu erreichen.

Ja, es gab mir wieder Zuversicht, euch alle langsam und zielstrebig zueinander finden zu sehen, durch die Augen unserer Schwester Pandora. Schwester Patricia gewährte mir den Zugang zu den innersten Gefühlen unserer Feinde, und Schwester Charity, die ausging, um meinen Willen ihrem unterzuordnen, bewies mir, wie wichtig meine Wiederkehr sein mußte. Also hieß ich Schwester Pandora, auf einen brauchbaren Leib für meine Seele auszugehen, ihn zu bereiten und dann auf mein Geheiß für mich zu öffnen. Es vergingen jedoch Jahre, da wir nicht unnötiges Aufsehen erregen wollten, bis uns ausgerechnet unser größter Feind zu diesem, meinem neuen Leib verhalf.

Voldemort, der der Sohn einer vom Schicksal mit Ungnade beschenkten Hexe und eines zaubereiverachtenden Unfähigen ist, schickte den Träger dieses Körpers aus, um den zu fangen, welcher durch die große Liebe seiner Mutter, die durch ihren Opfertod vervielfacht wurde, dem Mordversuch des Voldemort entging und ihn daselbst aus dem Körper trieb, worauf ihm über ein Jahrzehnt als verfluchter Schatten widerfuhr. Zwar gelang es jenem unterwürfigen und mit Haß auf seinen Vater beseelten Zauberer, seinem Herrn und Meister diesen Fang zu verschaffen, doch der Junge Harry Potter entrann Voldemort ein zweites Mal. Hierauf trachtete jener Untergebene danach, dem Willen seines wiederverkörperten Gebieters zu gefallen und den Jungen selbst zu meucheln, fiel jedoch in die Gefangenschaft des Zauberers Albus Dumbledore, welcher der Meinung huldigt, dem Schutz eines einzelnen Lebens mehr Achtung zu gewähren, als dem heeren Ziel großer Herrschaft und wahrer Macht. Er ließ jenen, dessen lebendige Hülle mir nun neues Dasein bietet, von seinem Braumeister und dessen Wahrheitstrank verhören. Anschließend suchte der englische Magieminister dieser Zeiten ihn mit einer Kreatur der Schattenwesen auf, welche Frohsinn und auch ganze Seelen auszusaugen vermögen und nach dem ersten Fall des selbstherrlichen Voldemort als Kerkermeister der gesetzestreuen Zaubererschaft verdingt sind. Sie raubte diesem Körper die eingeborene Seele und überließ ihn der merkwürdigen Gnade der ministerialen Lakeien.

Vor wenigen Tagen nun verschaffte sich Schwester Pandora jenen Körper und brachte ihn hierher. Sie vollzog an ihm, da er eines Mannes war, die Wandlung des Geschlechtes und vollendete das langersehnte Werk mit den mächtigsten unter Euch. Habt ihr fünf nochmals meinen tiefsten Dank für eure Tat und euren Wunsch, mit mir zusammen die Vollendung des ganz großen Werkes zu erstreben, welches meine Tante begann und bedauerlicherweise unvollendet lassen mußte.

Vieles, so weiß ich, hat sich in den Jahrhunderten meiner körperlichen Abwesenheit begeben. So trieben die Rassen der Magier und Unfähigen auseinander. Die Unfähigen schufen sich ein Gefüge der Wissenschaften, das auf dem ihren Mitteln zugänglichen Weltgeschehen beruht und verleugneten die Magie bis hin zur Unkenntnis. Sie gilt für sie nur noch als Bestandteil erdachter Geschichten. Die sogenannten Hüter der Gesetze gingen darauf ein, richteten unsere Weltordnung so ein, daß wir nur noch im Verborgenen zu leben haben, getrennt von der Welt der Unfähigen, die mit Hilfe ihrer Wissenschaften Maschinen und Methoden schufen, die ihnen große Macht über die Natur gaben, aber auch die Gefahr beschworen, die gesamte Welt zu verheeren und zu vernichten.

Noch, Schwestern, müssen wir uns in Verborgenheit bewegen, um unsere Macht zu erringen, bis wir endlich Halt und Einfluß in der Welt der Zauberei finden. Doch dann dürfen wir nicht rasten und müssen unseren Willen auch denen überordnen, welche mit ihren Maschinen und Giftstoffen, ihren Mordwerkzeugen und die Natur verpestenden Fahrzeugen den Fortbestand unserer Lebensgrundlagen gefährden. Unter der Führung und Formung der Zaubererschaft, werden wir dann, die Hexen aller Erdteile, die Natur zurückformen, die uns Leben, Nahrung und Vielfalt bietet. Wer wagt, dagegen aufzubegehren, wird unseren Zorn und unsere Strafen fürchten lernen, die bis zu seinem oder ihrem Tode gereichen können.

Lasset uns wirken, wie die tätige Spinne, die in Geduld und Geschick ihr Netz erbaut und warten mag, bis sich ein Opfer darin fängt. Begründen wir unter ihrem Zeichen diesen Bund und streben in ihm nach diesen hohen Werten, Schwestern!"

Die letzten Worte ihrer langen Rede rief Anthelia laut in den Raum hinein. Die Reaktion war erwartet und erwünscht. Alle Hexen neigten ihre Köpfe, dann jubelten sie und klatschten Beifall. Dann stimmte Pandora die Parole an, und alle anderen stimmten ein:

"Weben wir das Netz der Spinne!"

"Weben wir das Netz der Spinne!" Schworen es bald alle mehrmals hintereinander, auch Anthelia, die hier und jetzt die Führung dieser Hexenschwesternschaft übernommen und verkündet hatte.

Nach einer Minute wiederholten Ausrufs der neuen Leitparole, verkündete die wiedergekehrte Hexenlady:

"Noch zwei Sachen muß ich heute vollbringen. Zum einen:

Mir gelang es, einen Jüngling der Unfähigen, der meine Wiederkehr zufällig erlauschte, zu unserem Werkzeug zu gestalten. Durch ihn werden wir Kontakt in die Welt der Maschinenknechte und Zahlensklaven behalten. Somit ist der erste Faden geknüpft und hat festen Halt gefunden.

Das zweite, das ich mit euch tun möchte, ist, auf unseren Bund zu trinken, auf das wir alle fürderhin vereint erfolgreich wirken."

"Die sogenannten Todesser können das Mal ihres Meisters als magisches Fanal beschwören. Wie sollen wir uns kundtun, höchste Schwester?" Fragte Izanami Kanisaga.

"Derlei scheinbar machtvolles Gepränge ist unser nicht würdig und völlig unsinnig, Schwester Izanami. Es genügt, das Siegel, welches euch von Schwester Pandora kundgetan wurde, als Siegel unserer Schwesternschaft zu nehmen, um einer Bundesschwester Botschaft zu senden", beantwortete Anthelia die Frage, wobei sie Izanami kritisch anblickte. Offenbar mußte die japanische Hexe nun achtgeben, keine weiteren dummen Fragen mehr zu stellen.

Anthelia goss aus den ersten beiden Flaschen von dem goldenen Wein in die Gläser ein. Dann füllte sie auch ihr Glas. Die Hexenschwestern wußten nicht, daß Anthelia sich nach dem Öffnen dieser Flaschen mit einem winzigen Schnitt in den rechten Zeigefinger eine kleine Wunde beigebracht hatte und das Blut, das daraus tropfte, in die Flaschen hatte fallen lassen. Nun hatte es sich sachte mit dem alten Wein vermischt und war weder zu sehen noch zu schmecken. Ja, es hatte durch den alten Wein, der nun eine Stunde hatte atmen können, einen anderen Geschmack bekommen. Als sich Anthelia nach dem Dekantieren der Flaschen ihr Medaillon mit dem Blutrubin im Zentrum auf die Wunde gepresst hatte, murmelte sie ein Zauberwort, das eine dunkle Kraft aufweckte, die hier und jetzt in geordnete Bahnen gelenkt werden sollte.

Nachdem alle angestoßen und mehrere Schlucke des Weines getrunken hatten, tunkte Anthelia ihr Medaillon in das halbvolle Glas, zog ihren Zauberstab und tippte damit von außen an den Boden des Glases:

"Von diesem Tage an soll jede, welche uns und unsere Sache an uneingeweihte verrät, ob in Wort, Bild oder Schrift, sogleich zu Asche verbrennen und sich und alle, die es erfuhren mit in die Verdammnis reißen. Shahagorujan!"

Das letzte Wort war das zweite, zu ihrem Zauber gehörige Wort, welche sie nun in Verbindung mit dem Wein, in dem ihr Blut gemischt und das Medaillon getunkt war, in die Körper der Hexen hineinwirkte, die von diesem Wein gekostet hatten. Grell erstrahlte der Inhalt des Glases vor Anthelia, als fülle weißglühendes flüssiges Metall das Glas. Gleichzeitig strahlten um alle anwesenden Hexen goldene Auren wie angegossene und luftgleiche Gehäuse. Die Anwesenden erschraken, weil ihnen nun offenbart wurde, daß sie ihr Leben in die Hände Anthelias gelegt hatten, wie dies auch immer geschehen war. Nur Anthelia blieb unbehext sitzen. ihr Glas, an das ihr neuer Zauberstab gehalten blieb und in dem das Medaillon getaucht war, strahlte eine volle Minute diesen grellen Schein aus. Dann erloschen Schein und Auren wie mit einem Schalter ausgeschaltet. Die Hexen sahen sich an und tuschelten leise. Dann sagte Pandora Straton:

"Schwestern, glaubt es mir, daß ich nicht wußte, daß unsere höchste Schwester uns unter einen todbringenden Fluch legen würde. Ich bin genauso davon berührt, wie ihr es seid. Aber warum sollte es uns kümmern, daß wir nunmehr um den Preis unseres Lebens gezwungen sind, Stillschweigen zu bewahren, was wir tun werden. Und eigentlich wollten wir das auch niemandem mitteilen, oder? So trinken wir den Wein, der ausgezeichnet ist und aus dem Keller eines törichten Muggels stammt, der vor über hundert Jahren seinem Größenwahn zum Opfer fiel und von einem afrikanischen Naturgeisterzauberer verflucht wurde, immer in diesem Haus zu weilen. Ich kenne seinen Geist, wie auch die jener Leute, die seine Leiche fortschaffen wollten. Sie werden uns dienen und über diese Räume wachen, wenn niemand von uns hier ist. Weben wir das Netz der Spinne!"

Noch mal stießen sie alle die Parole aus und prosteten sich zu. Der Bund der schwarzen Spinne, Anthelias Schwesternschaft der dunklen Magie, war begründet.

ENDE

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