NACHBEBEN

Eine Fan-Fiction-Story aus der Vergangenheit der Harry-Potter-Serie

E-Mail: hpfan@thorsten-oberbossel.de
http://www.thorsten-oberbossel.de

Copyright © 2005 by Thorsten Oberbossel

__________

P R O L O G

Für Aurora Dawn ist das fünfte Schuljahr in Hogwarts angebrochen, das wichtige Jahr der Zwischenprüfungen, die ihr und ihren Kameraden das weitere Leben vorbestimmen können. Doch eben dieses weitere Leben ist bedroht, denn die Getreuen des bösen Zauberers Lord Voldemort, den niemand in der magischen Welt beim Namen zu nennen wagt, terrorisieren und Morden mit brutaler Entschlossenheit drauf los, als gelte es, alle ihnen unliebsamen Zauberer zu töten. Unter den Opfern sind auch Menschen aus der sogenannten Muggelwelt, darunter die Eltern ihres Klassenkameraden Roy Fielding, der zunächst auch für tot gehalten wird, bis Aurora ihn im Hogwarts-Express wiedersieht.

Aurora selbst ist Vertrauensschülerin von Ravenclaw geworden und muß sich mit ihren Kameraden aus anderen Häusern, wie der gehässigen Tonya Rattler aus Slytherin und der sympathischen Cynthia Flowers aus Hufflepuff die Aufgaben teilen, Hogwarts in Ordnung zu halten. Ihr erster fester Freund, Bernhard Hawkins, der Vertrauensschüler der Gryffindors geworden ist, erzählt ihr, daß er nicht weiß, ob seine Eltern nicht im nächsten Jahr von England nach Amerika umziehen.

In Ravenclaw sind in diesem Jahr nur zwei Neuzugänge, die Mädchen Vivian Acer, eine Muggelstämmige und Cynthias Schwester Petronella / Nelly Flowers. Somit hat Aurora, die von den älteren Vertrauensschülern quasi den auftrag bekommen hat, sich um die neuen zu kümmern, die leichteste Arbeit aller anderen Vertrauensschüler.

Für einen gewissen Unmut sorgt Dumbledores Entscheidung, den ehemaligen Mitschüler Severus Snape als neuen Zaubertranklehrer einzustellen. Denn Snape ist und bleibt ein parteiischer, unfairer Charakter, der alles tut, um sein Haus Slytherin besser dastehen zu lassen. Das dies keine leichte Aufgabe ist zeigt sich, als im Zuge der immer grausamer werdenden Mordtaten der Voldemortanhänger eine Bande von 50 Slytherins das Quidditch-Training der Gryffindors stört und die Mannschaft lebensbedrohlich verletzt. Aurora fürchtet, ihr Freund Bernhard sei tot, als er abstürzt. Doch Madame Pomfrey kann ihn gerade noch davor bewahren. Dumbledore wird wütend und verweist die Missetäter augenblicklich der Schule. Außerdem werden Slytherin alle bisher erreichten Hauspunkte aberkannt und bis zu den Weihnachtsferien keine neuen Punkte zugestanden.

Ein teils heimlicher, teils offener Krieg schwehlt zwischen Slytherin und Gryffindor, weil die Slytherins meinen, Oberwasser zu gewinnen. Der düstere Sturm der Todesser scheint alles anständige in der Welt niederzureißen, da trifft alle Schüler am Tag nach Halloween die bittersüße Nachricht, daß der gefürchtete Schwarzmagier Voldemort bei einem Überfall auf die Familie Potter alle Macht verlor, als es ihm nicht gelang, den gerade erst ein Jahr alten Jungen Harry mit dem unverzeihlichen Todesfluch zu ermorden. Von da an wendet sich das Blatt. Gryffindor-Schüler versuchen nun, sich für die erlittenen Grausamkeiten zu rächen. Dumbledore droht, dieses Jahr kein Quidditch-Turnier stattfinden zu lassen, wenn man sich nicht zusammenreißt. Das wirkt. Bei klirrender Kälte spielen die Ravenclaws gegen die Hufflepuffs und gewinnen durch Schnatzfang. Doch die Schulbesen sind zu empfindlich und bringen ihre Reiter in akute Gefahr. Aurora beschließt, nach den Ferien für die Erlaubnis eigener Besen zu kämpfen.

__________

Die Wintersonne leuchtete fahl vom beinahe wolkenfreien Himmel. Ihre Strahlen wärmten nur ein wenig und vermochten es gerade, die obersten Schichten Neuschnee anzutauen, die auf und um dem stattlichen Landhaus lagen. Weißer Rauch quoll aus allen Kaminen und verriet, daß im Inneren alles getan wurde, eine behagliche Wärme zu erhalten. Nur einmal löste sich eine der Rauchfahnen auf, zersträute sich in einer Wolke smaragdgrüner Funken und blieb mindestens eine volle Minute verschwunden, bis sich neuer Rauch aus dem Kamin emporhob.

Aurora Dawn saß zusammen mit ihrem Vater Hugo und ihrer Mutter Regina im Wohnzimmer und sah auf Miriam Swann, die gerade aus dem Kamin herausgefaucht war. Sie turnte vom Kaminrost herunter, um ihren Eltern Platz zu machen. Dann trafen noch Petula Woodlane, ihre Schwester Priscilla und deren Eltern ein. Eine Viertelstunde später trafen Mortimer Swift und Bruster Wiffle mit dem fahrenden Ritter ein, dem dreistöckigen Zauberbus, der ständig über die Insel Britannien herumkreuzte und transportmittellose Hexen und Zauberer von A nach B beförderte.

"Das Ding ist voll cool", schwärmte Bruster, als er mit seinem Vetter Mortimer im Wohnzimmer saß. "In einem Moment bist du in Carlisle, und dann, peng, gurkt der Bus schon durch die Straßen von Sheffield. Mein Vater würde das nicht glauben, daß es so Autos gibt."

"Weil er die nicht kaputtreparieren kann, Brusi", feixte Mortimer mit feistem Grinsen. Brusters Vater war Muggel, also kein Zauberer. Er verdiente sein Geld damit, die Autos anderer Muggel in Gang zu halten. Brusters Mutter Norma war eine reinrassige Hexe und offenbar nicht so unwichtig in der Zaubererwelt, wie es aussah. Wie sonst konnte sich Mortimer erklären, daß Bruster über Weihnachten die Eheleute Fudge getroffen hatte. Cornelius Oswald Fudge arbeitete im Ministerium, nicht all zu weit von Ministerin Bagnold entfernt und galt als eifriger Zauberer im Hintergrund wichtiger Entscheidungsprozesse, wenngleich andere ihm das Talent für eigene Entscheidungen absprachen.

"Mein Vater repariert keine Autos kaputt, du Dummschwätzer!" Knurrte Bruster als Antwort auf Mortimers Bemerkung. "Nur mit diesem Ritter-Bus käme der nicht klar. Wäre genauso als würde der Chefingenieur der Titanic den Warpantrieb der Enterprise reparieren."

"Häh?!" Machte Petula mit irritiertem Gesichtsausdruck. Bruster erzählte darauf hin was von einem erfundenen Weltraumschiff mit einem Superantrieb zur Reise schneller als das Licht und wie weit diese Maschine von einer Dampfmaschine eines Seeschiffes entfernt war.

"Außerdem ist der Maschinenwart der Titanic mit eben dieser abgesoffen und kann nix mehr wie auch immer reparieren", meinte Mortimer noch.

"Mensch, das war doch nur ein Vergleich", knurrte Bruster. Die Mädchen wollten aber nichts mehr von irgendwelchem Muggelkram hören und unterhielten sich darüber, wie die beiden Jungen den Weihnachtstag verbracht hatten, wie ihre Familien mit dem Sturz von Voldemort und der Jagt nach dessen Anhängern umgingen und was sie wohl nach den Ferien zu erwarten hatten. Aurora konnte Bruster nicht so recht von der Idee begeistern, das Privatbesenverbot in Hogwarts aufzuheben.

"Ist schon richtig, daß die ollen Schulbesen nix mehr hergeben. Aber wenn die das Eigenbesenverbot abschaffen kriegen wir kein besseres Quidditch hin. Meine Eltern würden mir wohl keinen Nimbus 1500 anschaffen oder den Komet 2 / 40. Da kriegte ich wohl auch nur einen Sauberwisch 3 oder so'n Shooting Star, der nach fünf Minuten schon langsamer als 'ne Schildkröte wird. Vielleicht solltest du drauf hinarbeiten, daß die Schule einen kompletten Satz durchschnittlicher Besen für alle anschafft und die alten Krücken zum Kaminholz wirft."

"Bruster, das haben die vor zwanzig Jahren schon einmal gemacht und dann die Dinger behalten, die uns im Spiel gegen die Hufflepuffs fast oder tatsächlich auseinandergefallen sind", sagte Aurora. "Die Schule will nicht zu viel Geld ausgeben. Ist schon klar. Dann sollen halt alle, die spielen wollen ihre eigenen Besen haben dürfen. Das ist das, was ich finde", verteidigte Aurora ihre Ansichten. "Es geht nicht drum, wer sich den besten Besen leisten kann, sondern wie sicher die Spiele sind, von der Rüpelei der Slytherins mal abgesehen."

"Eben, da geht's doch schon los, Aurora. Die Schlitterreins haben alle achso wichtige und reiche Verwandte, die ihnen die besten Besen rüberreichen können. Ich denke, die Gryffindors würden dich in tausend Stücke zerfluchen, wenn du Daddy D. und die Hauslehrer dazu kriegst, eigene Besen zu erlauben. Dann würde dieses popelgrüne Gesocks den Pokal schon im ersten Spiel sicher haben und das in jedem Jahr. Das ist dann so ähnlich wie beim Fußball, wenngleich das schon richtig ist, wenn United das viele Geld für die besten Spieler der Welt ausgibt."

"Ja, aber nur weil behauptet wird, die Slytherins würden mit Superbesen immer den Pokal holen kannst du das nicht abstreiten, was Aurora meint", sprang Miriam ihrer Kameradin bei. "Vielleicht kann man ja was regeln, daß gute Spieler Geld kriegen, um sich bessere Besen kaufen lassen zu können. Außerdem ist Reichtum kein Ding allein bei den Slytherins. Du hast doch selbst so'n Nimbus 1500, Aurora."

"Ja, aber nicht weil meine Eltern oder meine Großeltern superreich sind, sondern weil sie mir was wegen dem Vertrauensschülerabzeichen schenken wollten", wandte Aurora ein. Ihre Eltern, die bis dahin schweigend dabeigesessen hatten, nickten bestätigend. Priscilla Woodlane meinte dazu noch:

"Also, ich habe das damals auch versucht, das mit den Besen wieder zuzulassen. Aber mit den Leuten aus den anderen Häusern lief das nicht so doll. Nur die Slytherins wollten da mitziehen. Da ist mir dann klargeworden, was du, Bruster, gerade gesagt hast. Irgendwie muß das Verbot ja doch berechtigt sein."

"In anderen Schulen der Welt pfeifen die drauf, ob die supertolle oder superlangsame Besen haben oder nicht", sagte Aurora. "In Durmstrang und Greifennest gilt kein Besenverbot, in Thorntails auch nicht. Nur die in Beauxbatons und wir in Hogwarts meinen, mit den überholten Krücken noch gutes Quidditch spielen zu können."

"Ja, und gerade in Greifennest sieht man's, wo wer herkommt", sagte Mr. Dawn. "Die aus dem westlichen Deutschland haben alle die Donnerkeils und Windfänger, während die aus den östlichen Teilen Deutschlands polnische oder russische Besen haben, trotz der für die Magierwelt nicht geltenden Grenzen zwischen den beiden Deutschlands. Da kann man echt schon Unterschiede beim Spiel erleben. Ich habe mir mal ein Spiel angesehen, als ich bei der Gräfin Greifennest zu Gast war. Mit all zu unterschiedlichen Besen kriegst du kein gescheites Mannschaftsspiel hin."

"Alles 'ne Frage des Trainings", versetzte Aurora ungehalten. Sie blieb bei ihrer Meinung und hatte in Petula, Miriam und Mortimer Mitstreiter. Es ging nur darum, die Vertrauensschüler der anderen Häuser zu überzeugen.

Nach dem Mittagessen zeigte Aurora ihren Klassenkameraden ihr geräumiges Zimmer mit Zauberbildern, die verschiedene Landschaften und Tiere zeigten, aber auch die Spieler berühmter Quidditchmannschaften zeigten, die im Hui nach Quaffeln und Schnatzen jagten. Auf dem mit einer orangeroten-kastanienbraunen Tagesdecke bedeckten Bett saßen die Mädchen und bestaunten Auroras schicke Kleider und Umhänge für verschiedene Gelegenheiten. Aurora zeigte Petula die australische Wechselblütenblume, die ihre Brieffreundin Heather Springs ihr zu Weihnachten geschickt hatte. Die dreistielige, mit je nach Stimmung der Pflanzn kugelförmigen, langen oder trichterförmigen Blüten, die ihre Farbe je nach Wohlbefinden wechselten, gedieh auch in nördlichen Breiten ziemlich gut. Heather hatte der für Kräuterkunde begeisterten Hogwarts-Schülerin ein kleines Buch über Herkunft und Haltung dieser Zauberblumen geschickt.

"Aus dem Nektar kann man einen Honig machen, von dem ein Esslöffel reicht, um dich für einen Tag satt und durstlos zu halten. In Zaubertrankrezepten verwendet kann man damit Kraftförderungstränke, Knochenerholungstränke oder Haarwuchstränke brauen."

"Kannst du die denn mit nach Hogwarts nehmen?" Fragte Miriam Swann. Aurora nickte.

"Ich habe das mit Flitwick und Sprout schon geklärt, als meine Eltern mir den Kasten mit dem Blumentopf gegeben haben. Die macht sich bestimmt gut im Schlafsaal."

"Stimmt, ein paar Pflanzen könnte der schon vertragen. Aber wie gehen Schneeflöckchen und Feuerball damit um?" Fragte Miriam noch.

"Hmm, Katzen und andere Tiere werden durch einen Duftstoff abgeschreckt, den die Blume ausstößt, wenn sich ein Tier an ihr vergreift. Außerdem sind die Stengel ziemlich stabil. Mum meinte, die kriegte sie nicht einmal mit ihrem schärfsten Gemüsemesser durchgeschnitten", erklärte Aurora. Bruster, an und für sich eher für Gerätschaften und Zaubertiere zu begeistern, wollte wissen, wie groß diese Blume würde.

"Die wird zwei Meter hoch mit fünf Zentimeter dicken Stengeln und bis zu dreißig Zentimetern großen Blütenkelchen", gab Aurora die gewünschte Auskunft. "Das ist eine mehrjährige Pflanze. Heathers Buch sagt, die können fünf Jahre leben. Im letzten Lebensjahr treiben die erst Samen aus und locken mit anregenden Düften Vögel oder Flughunde an, die Samenkörner zu fressen. Ansonsten lassen die sich von allen bestäubenden Insekten besuchen, die in den Urwäldern Australiens vorkommen.".

"Hat die auch so Muggelabwehrsachen drauf wie die Schneckenfalle oder die Sperrdornhecke?" Fragte Bruster. Mortimer wunderte sich über seinen Cousin.

"unter den Blüten sitzt so eine runde Knolle, die wohl Duftstoffe verströmt, die die Sinne von Muggen überlisten, daß die meinen, drei Blumen zu sehen, die ganz gewöhnlich aussehen", sagte Aurora und zeigte Bruster die noch winzigen Knollen.

"Seit wann interessierst du dich denn für Zaubergemüse, Bruster? Sprout hat doch gemeint, du kriegtest in den ZAG-Prüfungen Probleme, wenn du weiterhin so ignorant wärest."

"Eben deshalb, Mortimer. meine Eltern haben mir pro ZAG Geld im Wert von zehn Galleonen versprochen. Da man zwölf ZAGs erreichen kann, in seltenen Fällen durch Bonuswerte auch dreizehn wären das mögliche einhundertzwanzig bis einhundertdreißig Galleonen. Das spornt an."

"Ach klar, du meinst ja, in Muggelkunde den Bonus-ZAG zu kriegen", grinste Mortimer. Bruster nickte heftig. "Da pass aber mal auf, daß Professor Goldbridge nicht findet, daß du keinen verdient hast. Roy will da ja auch groß rauskommen. Außerdem kriegst du ja nur den Bonuswert, wenn du alle sonstigen zwölf ZAGs hinkriegst, netter Vetter.

"Nur kein Neid", meinte Bruster verächtlich. Mortimer mußte darüber lachen. Aurora hingegen dachte daran, ob sie zumindest zehn ZAGs hinbekam. Ihre Mutter hatte damals die Zwölf geschafft, ihr Vater die elf ZAGs. Außerdem wußte sie noch nicht genau, was sie nach dem fünften Jahr weiterlernen wollte. Kräuterexpertin oder Heilerin schwebten ihr als Traumberufe vor. Sie konnte sich aber auch vorstellen, in der Tierwesenabteilung im Ministerium zu arbeiten. Jetzt, wo der Unnennbare alle Macht verloren hatte, leuchtete die Zukunft wieder hell wie die warme Sommersonne für sie. Alles war möglich, und die Welt versprach, friedlicher zu werden.

"Kinder, der Tee ist fertig!" Rief Mrs. Dawn. Aurora antwortete, daß sie ins Wohnzimmer kommen würden, wo die Erwachsenen die ganze Zeit geblieben waren.

Nach dem Tee tobten die Hausbewohner und ihre Gäste im Schnee. Hier zeigte sich, daß auch erwachsene Männer gerne noch wie kleine Jungen mit Schneebällen warfen, als sich Bruster und Mortimer eine wilde Schlacht mit Hugo Dawn, Mr. Woodlane und Mr. Swann lieferten. Dabei gingen die erwachsenen Zauberer nicht immer fair vor, weil sie zwischendurch die von ihnen zusammengedrehten Schneebälle verhexten, daß sie mehrmals auf ihr Ziel einschlugen oder nach einem Fehlwurf zum Werfer zurückkehrten. Alles in allem waren die männlichen Hausbewohner und Gäste sichtlich geschafft, als Mrs. Dawn zum Abendessen bat. Dabei achtete sie streng darauf, daß ihr Mann und die übrigen großen und mittelgroßen Jungen die Spuren ihrer wüsten Schneeballschlacht aus Gesicht und Kleidung putzten, bevor sie sie am Tisch platz nehmen ließ. Kurz nach dem reichlichen Abendessen verabschiedeten sich die Gäste. Mr. und Mrs. Swann reisten mit Miriam zuerst ab. Die Woodlanes fuhren zusammen mit Bruster und Mortimer mit dem fahrenden Ritter davon, der laut ratternd um eine Ecke bog und dann mit lautem Knall verschwand. Merkwürdigerweise hatten seine großen Räder keine Spuren im Schnee hinterlassen, der nun, wo die Sonne nicht mehr auf ihn einstrahlte, glitzernde Eiskristalle ausbildete. Am nächsten Tag würde er hartgefroren sein.

"War doch mal was anderes, einen ganzen Stall voller junger Leute hier zu haben", sagte Auroras Mutter lächelnd, während sie mit Aufräum- und Putzzaubern das Haus in Ordnung brachte. "Irgendwie doch schade, daß ich nicht mehr in Hogwarts arbeite."

"Du hattest doch keinen Grund, da wegzugehen, Mum. Oder war das wegen mir?" Erwiderte Aurora.

"Nein, Kind, das war nicht wegen dir. Ich habe doch mal erzählt, daß ich mit Professor Vectors Art nicht so klarkam, als feststand, daß du keine Arithmantik bei ihr oder mir lernen wolltest. Außerdem wollte ich noch etwas von der Welt sehen und nicht wie Minerva McGonagall oder Filius Flitwick nur in Hogwarts herumhängen. Aber zwischendurch bedauere ich das doch, da nicht mehr zu arbeiten."

"Du kannst doch wiederkommen, Mum", wandte Aurora ein.

"Nein, Aurora. Jetzt, wo auch noch dieser Severus Snape, dieser arrogante Schnösel als Lehrer da angefangen hat, bin ich mit Hogwarts fertig. Professor Dumbledore erzählt euch Vertrauensschülern echt nicht, was ihn dazu gebracht hat, ausgerechnet den einzustellen?"

"Nicht die Bohne", knurrte Aurora. "Wir denken nur, daß er Snape entweder in der Nähe haben will oder daß er ihm was geschuldet hat."

"Ja, ich habe es mitbekommen, daß sich einige von euch fast den Mund verbrannt haben, als sie sich über Professor Snape beschwert haben", seufzte Regina Dawn. "Vielleicht, - aber das behältst du bitte bitte für dich - hat Snape auch für Professor Dumbledore einen Auftrag erfüllt und brauchte sowohl eine sichere Zuflucht als auch ein Alibi, also einen Vorwand, bei bestimmten Sachen nicht verfügbar zu sein. Aber wie gesagt behältst du das bitte für dich. Ich habe dir das nur gesagt, damit du nicht selbst bei Snape vor eine Wand rennst."

"Wenn's was mit Du-weißt-schon-wem zu tun hatte, dann ist der Kram doch jetzt gelaufen, Mum", erwiderte Aurora ungehalten. "Dann kann Dumbledore den Kerl doch wieder feuern."

"Du vergisst was, Mädchen. zaubererehre heißt, Schuldigkeiten zu begleichen, wie unangenehm sie auch sein mögen. Wenn Professor Dumbledore diesen Snape dazu bringen konnte, ihm einen Gefallen zu erweisen, womöglich einen, der lebensgefährlich für Snape war, muß der Direktor ihm dafür eine Gegenleistung bieten, und als Lehrer in Hogwarts bist du in der Zaubererwelt sehr gut angeschrieben. Das weiß ich aus eigenster Erfahrung. Wenn Snape, für dich Professor Snape, sich anderswo unbeliebt gemacht hat, gleicht er das mit seinem jetzigen Beruf locker aus. Wenn das etwas ist, was Professor Dumbledore ihm schuldete, wird Snape euch wohl bis zum UTZ und darüber hinaus erhalten bleiben. Aber mich sieht man dann bestimmt nicht mehr in Hogwarts", sagte Regina Dawn mit fester Überzeugung in Stimme, Gesichtsausdruck und Körperhaltung.

"Nette Aussichten, Mum", grummelte Aurora.

________

Mit dem Ende der Weihnachtsferien, in denen die Zaubererwelt sich von den grausamen Anschlägen der Todesser zu erholen begonnen hatte, kehrten die üblichen Pflichten einer Vertrauensschülerin zurück. Aurora erhielt Briefe von Alwine Silversmith, Professor Flitwick und Professor McGonagall, daß beabsichtigt werde, nach der Rückkehr der Schüler neue Strafmaßnahmen für gewalttätige Schüler zu beschließen. Die Hürde für den Schulverweis sollte so niedrig angesetzt werden, daß ein einziger Zauberangriff auf einen Mitschüler den Rauswurf bedeutete. Aurora fand das etwas zu heftig und überlegte schon, ob sie mit den anderen Vertrauensschülern dagegen einspruch erheben konnte und wollte.

Wieder im Zug nach Hogwarts besprach sie sich mit den Vertrauensschülern über die von den Lehrern erwogenen Maßnahmen und warf auch ein, sich für die Lockerung des Privatbesenverbotes stark zu machen. Bernhard und Herman Archstone stimmten zu, sie zu unterstützen. Tonya Rattler meinte nur, daß Dumbledore das bestimmt nicht machen würde, weil er ja nicht wolle, daß die Slytherins den Pokal gewinnen könnten und in den anderen Häusern ja Kinder armer Leute wohnten, die sich keine guten Besen leisten könnten.

"Du wirst noch dein blaues Wunder erleben, Tonya", meinte Bernhard Hawkins dazu nur. "Machtgier alleine macht noch nicht reich. Anderswo gibt's auch wohlhabende Familien. Außerdem solltet ihr aufpassen, daß Ministerin Bagnold euch nicht bald alles Vermögen einkassiert, weil damit Leute von ihm unterstützt wurden."

"Halt's Maul, Hawkins!" Schnaubte Tonya und erhielt stumme Zustimmung von ihren anderen Hauskameraden und Vertrauensschülerkollegen.

"Na, Ms. Rattler und Mr. Hawkins, Sie möchten Ihren Häusern doch nicht gleich auf der Zugfahrt fünfzig Punkte Abzug einbrocken", meinte Alwine Silversmith sehr ernst. "Benehmen Sie sich gefälligst!"

"Der soll erst mal die Unverschämtheiten von eben zurücknehmen!" Forderte Tonya mit dem Finger auf Bernhard zeigend.

"Das kannst du vergessen, Rattler", knurrte Bernhard unbeeindruckt.

"Wie Sie wollen. Fünfzig Punkte Abzug für Slytherin und Gryffindor wegen fortgesetzter Mißachtung des jeweils anderen Vertrauensschülers", verkündete Alwine Silversmith entschieden. Tonya grinste. Slytherin hatte ja im Moment keine Punkte. Doch eigentlich sollte sie wissen, daß bei Nullstand die abgezogenen Punkte sofort fällig wurden, wenn es wieder genauso viele Punkte im Glas zu sehen gab.

Die beiden schwiegen. Aurora meinte nur noch:

"Also wie immer ihr das seht, ich bleibe dabei, daß das Eigenbesenverbot nichts bringt, wenn damit jedes Spiel zu einem lebensgefährlichen Ding wird. Quidditch ist ja an sich schon gefährlich. Aber mit angeknacksten Besen wird's zum Selbstmord. Das muß Professor Dumbledore einsehen und der Schulrat auch."

"Wenn du dich dafür so engagierst, Aurora, dann setz bitte einen entsprechenden Antrag für die erste Vertrauensschüler-Lehrer-Zusammenkunft auf, damit wir das korrekt diskutieren können", sagte Alwine entschlossen. Simon Honeydrop gähnte hinter vorgehaltener Hand. Ihm dauerte diese Sitzung offenbar zu lange, während der Zug dahinglitt und ihn an den Rand des Schlafes trieb.

"Mach ich", stieß Aurora Dawn aus. Ihr Körper war gestrafft wie zum Kampf bereit.

"Na, das kann ja was geben", spöttelte Tonya Rattler. Doch Aurora hörte nicht darauf. Tonya konnte nicht Quidditch spielen und hatte daher auch keinen Dunst von wichtigen Sachen wie flugtüchtigen Besen.

Als die etwas länger als eine Viertelstunde verlaufene Sitzung endlich beendet war, nutzte Aurora den Patrouillengang durch den Zug, um sich mit Petula und Roy zu unterhalten.

"Wie war's in Australien?" Fragte Aurora Roy, der ziemlich braun geworden war und dessen rotbrauner Schopf etwas heller wirkte als sonst.

"Abgesehen davon, daß Erica jetzt Mum und Dad in Personalunion spielt und mich von morgens bis abends herumkommandiert hat toll. Nur diese Perdy Shadelake hätte uns fast den Urlaub verschissen. Erica meinte, die wäre da so fies drauf wie Exlord Unnennbar hier in England und mußte mit mir in Deckung gehen, weil dieses Shadelake-Gesocks vielleicht mit diesen Typen kungelt. Aber Hidden Grove ist ein voll genialer Zoo. Vor allem diese grünen Riesenkänguruhs haben mir imponiert. Petula wußte das aber schon, daß die wie'n Kniesel hinter von ihnen ausgesuchten Zauberern herlaufen. Sonny Rockridge, mit dem Erica wohl ziemlich gut befreundet ist, hat mir zu Weihnachten das hier geschenkt", sagte Roy und holte ein großes, hölzernes Ding aus seinem Koffer, das Aurora als Musikinstrument erkannte.

"Didjeridu heißt das Ding. Das gibt so brummende Töne von sich, wenn man's richtig spielt. Ich wollte das ausprobieren, kriegte aber keinen gescheiten Ton raus. Sonny meinte, ich könne ja bis zu unseren Sommerferien, die bei denen Winterferien sind, üben, ob es klappt und hat mir ein Buch dafür mitgegeben, wie man darauf spielen kann."

"Oha, dann können wir uns ja auf was gefaßt machen", meinte Petula noch. "Hoffentlich kriegt Filch das nicht in den falschen Hals, wenn irgendwelche merkwürdigen Laute aus Ravenclaw kommen."

"Wenn du raushast, wie man darauf spielt, darf ich dann auch versuchen, was damit zu spielen? Heather schrieb mir, daß ihr Vater ein Meister auf dem Instrument ist und alle Geräusche nachahmen kann, die in der Tonlage klingen, wenn er auch keine für uns gewohnten Melodien damit spielen kann."

"Eh, kann man das nicht?" Fragte Roy mit einem Anflug von Enttäuschung im Gesicht.

"Nöh", erwiderte Aurora und fügte rasch hinzu: "Aber allein klare Töne da rauszubringen ist eine Kunst für sich. Meine australische Brieffreundin schrieb auch, daß man eine bestimmte Atemtechnik dafür lernen müsse, um einen Ton lange zu halten. Viel Spaß damit!"

"Danke", sagte Roy. Dann grinste er feist und meinte:

"Trägt Bruster eigentlich seinen FC-Schal?"

"Interessant, habe ich nicht mehr dran gedacht. Neh, im Moment nicht", sagte Aurora schnell und grinste ebenfalls. Immerhin hatten Roy und Bruster ja gewettet, daß Dumbledore nach dem Überfall der Slytherins auf die Gryffindor-Quidditchmannschaft alle Punkte abziehen würde. Bruster hatte gedacht, er ließe ihnen noch ein paar übrig, Roy hatte gewettet, daß alle Punkte abgezogen würden und hatte gewonnen. Deshalb sollte Bruster außerhalb der Unterrichtsstunden den Schal der Liverpooler Fußballmannschaft tragen, bis zu den Sommerferien.

"Dieser Schlingel mogelt sich um die Einlösung der Wettschulden herum. Das kläre ich mit dem noch mal ab, daß er den Schal bis zu den Sommerferien zu tragen hat."

"Roy, wenn ihr beiden euch schon immer über diesen Unsinn zankt, dann ist doch klar, daß noch heftigere Fans dieser Schlafsportart noch wütender werden können. Bruster würde ja als Verräter beschimpft, wenn der über Weihnachten den blöden Schal angehabt hätte", warf Petula ein.

"Noch einmal zum Mitschreiben, Ms. Woodlane: Die Wette lautet, daß er den FC-Liverpool-Schal für alle Hogwarts-Schüler sichtbar tragen soll, solange es nicht in den Unterrichtsstunden ist und keine Ferien sind, bis die Sommerferien erreicht sind. Außerdem ist Fußball ein sehr spannender Sport und keine Schlafveranstaltung, selbst wenn Bruster jetzt zu euch Besenfliegern übergelaufen ist ..." Aurora nickte Petula zum vorübergehenden Abschied zu und verließ das Abteil. Dieser Blödsinn über Fußball langweilte sie, und so nutzte sie ihre Vertrauensschülerpflichten, um sich das nicht länger anhören zu müssen. Sie ging weiter durch den Zug und unterhielt sich mit anderen Vertrauensschülern, die über die Ferien zu Hause gewesen waren, sprach mit Nelly Flowers, deren Schwester Cynthia sich gerade mit jüngeren Hauskameraden zwei Abteile weiter weg unterhielt. Vivian Acer, die einzige weitere Ravenclaw-Erstklässlerin, las ein Buch, auf dessen Hülle zwei Mädchen mit gleichem Aussehen zu sehen waren.

"Spannend?" Fragte Aurora leise. Vivian senkte das Buch und nickte.

"Hat meine Tante Maggy schon gekannt. Sie meinte, wo ich jetzt in so'nem exklusiven Mädcheninternat sei, würde mich das bestimmt gut amüsieren", sagte Vivian grinsend. Aurora beäugte das Buch: "Lustige Streiche mit Hanni und Nanni"

"Das sind aber keine Hexen oder?" Fragte sie.

"Neh, ganz bestimmt nicht", lachte Vivian. Aurora fragte sie, ob sie sich das Buch mal leihen dürfe, wenn Vivian damit durch sei. Die Erstklässlerin nickte schmunzelnd.

"Kennt ihr keine Kinderbücher?" Fragte sie die vier jahre ältere Mitschülerin.

"Doch schon. Eines ist sogar ziemlich heftig gewesen. In Hogwarts liegen nur keine reinen Lesebücher aus. Schade eigentlich. Leute würden bestimmt mehr lesen, wenn sie nicht nur Schulbücher und irgendwelche Dokumentationsberichte finden würden.""

"Ja, ist irgendwie komisch", sagte Vivian. "Nelly sagte mir, sie habe Bücher über Hexenmädchen in unserem Alter zu Hause. Vielleicht hat sie welche mitgenommen. Von den Hanni-und-Nanni-Büchern habe ich vier Stück mit. Mal gespannt, wie das ihr gefällt."

"In der Schulordnung steht nix drin, daß man keine reinen Unterhaltungsbücher mitbringen darf. Aber irgendwie hatte ich den Eindruck, daß Leute wie Professor McGonagall nicht sonderlich scharf darauf sind, daß wir auch mal reines Amüsierzeug lesen. Passt also auf, wenn ihr euch gegenseitig Bücher ausleiht! Geoffrey ist da möglicherweise nicht so von begeistert", flüsterte Aurora. Vivian nickte ihr zu. Dann verließ die Vertrauensschülerin das Abteil, wo hauptsächlich Erstklässlerinnen aus Hufflepuff und eben die beiden Ravenclaw-Erstklässlerinnen saßen.

Als die Fahrt schließlich beendet war und alle oberhalb der ersten Klasse mit den von den Thestralen gezogenen Kutschen zum Schloß zurückgekehrt waren, hatte Aurora im Vertrauensschülerabteil unter der gleichmäßigen Musik von Simons Geschnarche den schriftlichen Antrag auf Aufhebung des Privatbesenbesitzverbotes fertig und drei Kopien davon gezaubert. Nach dem Abendessen schikte sie eine davon mit ihrer Eule Ducky zu Professor Flitwick, wie es die korrekte Vorgehensweise war. Anschließend mußte sie einen Streit zwischen Lissy Wright und einer ihrer Klassenkameradinnen beenden. Lissy hatte behauptet, Rita Swift habe Ravenclaw absichtlich die fünfzig Punkte Abzug bei Snape eingebrockt und würde nun, weil sie sich geweigert habe, dessen Hausaufgabe zu machen, wohl noch weitere Punkte von Ravenclaw gefährden. Immerhin habe sie, Lissy Wright, sich heftig abgestrampelt, um Ravenclaw an die hundert Punkte einzubringen, die ja wohl jetzt für die Katz seien. Rita hatte dazu nur gesagt, daß das wohl nicht ihr Ding sei, wer wieviele Punkte bekäme.

"Lissy, ich habe es dir schon vor einigen Jahren gesagt, daß du hier nicht bestimmst, wer wie gut oder schlecht zu sein hat. Wundere mich echt, daß du das immer noch nicht kapieren möchtest", hatte Aurora dazu gesagt und dann noch hinzugefügt: "Bei Snape Punkte zu lassen ist keine Kunst, sondern normal, wenn man nicht in Slytherin wohnt. Wundere mich, daß du keine Punkte wegen übertriebenen Lerneifers verspielt hast." Lissy lief darauf hin rot an. Offenbar war ihr genau das bei Snape passiert. Aurora hatte dann nur noch lächelnd gesagt, daß es vielleicht wieder besser würde, jetzt, wo Slytherin wieder Punkte sammeln durfte. Dann hatte sie Lissy noch einmal gewarnt, sich nicht als Gouvernante der dritten Klasse aufzuspielen. Lissy meinte dazu nur, daß Aurora das gerade nötig habe, worauf Aurora der Kragen platzte und sie wegen Lissy Ravenclaw zwanzig Punkte abzog. Das wirkte. Damit war diese Streiterei vorbei.

Im Schlafsaal der Fünftklässlerinnen knurrte Aurora: "Kann man dieser Göre nicht anders beikommen als durch Punktabzüge? Anders ging's aber nicht."

"Jetzt sollte sie's kapiert haben, daß du mehr zu sagen hast als sie", meinte Petula dazu nur. "Hast du Rita gesagt, sie soll die Aufgaben für Snape noch machen?"

"Klar, mußte ich ja. Sonst hätte ich noch Lissys Klage bei Snape am Hals, ich als Vertrauensschülerin würde Faulheit zulassen. Aber ich helfe ihr und den beiden anderen dabei, das Zeug richtig hinzuschreiben. Das wird 'ne leichte Übung", sagte Aurora.

"Was ist mit deinem Besenantrag?" Fragte Miriam.

"Der liegt wohl schon in Flitwicks Postfach. mal sehen, was er damit anstellt. Zwei Exemplare habe ich ja noch", sagte Aurora Dawn.

"Gut. Wird bestimmt lustig", sagte Miriam und wünschte allen eine gute Nacht.

__________

Die erste Woche nach den Ferien verging mit einem Wust harter Arbeit. Die ZAG-Schüler wurden von ihren Lehrern immer stärker gefordert. Snape genoss es, gerade die sonst so guten Schülerinnen Dawn, Murphy und Bunton regelmäßig zu drangsalieren. Doch Aurora hatte sich daran gewöhnt und wetterte die Gehässigkeiten des ehmaligen Mitschülers ab, indem sie stur und beharrlich ihre Tränke braute und selbst die Verfälschungsversuche Snapes vereitelte. Als netten Gruß zum Wochenende hatte dieser ein Zaubertrankrezept an die Tafel geschrieben, das in einigen wichtigen Punkten lückenhaft war.

"Die selbsternannten Experten unter euch können diesen Trank bestimmt auswendig hersagen und problemlos zubereiten", hatte er mit öligem Grinsen auf dem bleichen Gesicht verkündet. Tatsächlich schaffte es außer Aurora, Dina und Melinda nur noch Bruster, den Giftdunstwiderstandstrank korrekt zu brauen. Als Snape eine Wolke betäubender Gase aus einem Druckzylinder abließ, kippten alle die, die keinen wirksamen Trank gebraut hatten um.

"Nun ich sehe hier von zwanzig Leuten nur noch vier, die aufrecht stehen. Das macht zehn Punkte Abzug für Ravenclaw und fünf Punkte Abzug für Hufflepuff", verkündete Snape mit Genugtuung im Blick seiner schwarzen Augen.

"Häh, wieso ziehen Sie uns mehr Punkte ab als Hufflepuff, wo drei von uns Ravenclaws den Trank hinbekommen haben?" Fragte Bruster leicht gereizt.

"Weil ich von Ravenclaw mehr erwartet hätte als nur drei einigermaßen fähige Leute, Wiffle. Wenn du mein Urteil nicht anerkennst, kann ich gerne noch einmal zehn Punkte abziehen, als Erinnerung daran, daß ein Vertrauensschüler den Lehrern gegenüber mehr Respekt haben muß als die gewöhnlichen Schüler."

"Sicher habe ich Respekt vor Ihnen und den anderen Lehrern. Deshalb möchte ich ja verstehen, warum Sie so urteilen wie Sie urteilen", sagte Bruster ruhig. Snape machte seine Drohung wahr und zog Ravenclaw weitere zehn Punkte ab. Dina wollte schon was sagen. Doch Aurora gebot ihr, besser den Mund zu halten. Sie wollte nicht in Snapes Falle gehen und ihm Gelegenheiten am Stück liefern, Punkte abzuziehen. Snape vertrieb die narkotischen Nebelschwaden mit einem magischen Luftstrom durch die Lüftungsöffnungen in der Kerkerdecke. Dann schöpfte er aus Auroras und Brusters Kessel so viele Dosen des Trankes, um die anderen zu wecken. Anschließend gab er Aurora, Dina und Bruster ein E für "Erwartungen übertroffen" und Melinda ein A für "Akzeptabel". Den übrigen kreidete er die Tränke mit einer Null an und entließ die Schüler mit heuchlerischen Worten in ein schönes Wochenende.

"Schweinehund!" Schnaubte Roy, als sie weit genug von Snape und seinem Kerker weg waren. "Das hat der doch voll absichtlich gemacht." Er sah immer noch leicht benebelt aus, wie alle die, die keinen wirksamen Zaubertrank hinbekommen hatten.

"Der ist mit der Einstellung angetreten, jeden, wirklich jeden von uns fertigzumachen", knurte Bruster. "Ich denke, gerade die Leute der oberen Klassen hat er besonders auf dem Kieker, weil die ihm als Schüler schon auf die Nerven gegangen sind. Deshalb ist der auch so schnell mit der Braumeisterei fertiggeworden, um ja noch welche von denen zu erwischen."

"Heh, Brusi, als Vertrauensschüler darfst du sowas nicht einmal denken, geschweige aussprechen", frotzelte Mortimer seinen Cousin mit spitzbübischem Grinsen.

"Was ich denke gehört nur mir, Mortimer. Snape ist weit genug weg und kommt da auch nicht dran, selbst wenn er seine Hakennase einen Zoll vor meinem Gesicht hätte", knurrte Bruster.

"Öhm, Bruster, ich fürchte, da könntest du dich heftig irren. Ich hörte mal sowas, daß es Zauber geben soll, anderer Leute Erinnerungen auszuspionieren", sagte Mortimer. "Mein Dad meinte, Ihr-wißt-schon-Wer hätte das gekonnt."

"Hah, hat er?" Fragte Roy. "Hat ihm aber bei dem Kleinen nix gebracht!" Er warf sich so siegessicher in die Brust, als habe er, Roy Fielding, den gefürchteten Erzbösewicht niedergeworfen, den niemand mit Zaubererverwandtschaft beim Namen nennen wollte.

"Echt, Mortimer, so'n Zauber gibt's?" Fragte Bruster und wirkte etwas verlegen. Doch Aurora konnte den Eindruck nicht ganz verdrängen, daß er sich immer noch sehr wohl fühlte.

"Ja, Bruster. Sowas gibt's. Du hast doch selbst erzählt, daß man sich in Gedanken was mitteilen kann, oder?" Versetzte Mortimer ungehalten, während sie die nächste Treppe hinaufstiegen. Die Drittklässler kamen gerade aus dem Korridor, der zum Verwandlungsklassenzimmer führte. Lissy Wright zankte schon wieder mit einer der Drillingsschwestern Brusters.

"Du hättest mir fast die Nase in eine Melone umgezaubert, du hirnrissiges Stück!" Schnaubte die Enkelin einer wichtigen Hexe in den Staaten gerade und deutete auf ihre Nase, die leicht geschwollen aussah. Roxanne Swift beteuerte mit hochrotem Gesicht, daß es ihr leidtat, was passiert war. Mortimer wollte schon los, um zu fragen, was passiert war, doch Bruster zog ihm am Umhang und meinte:

"Die lernt's nicht, also lass' sie!"

"Wußte gar nicht, daß bei den Invivo-ad-vivo-Verwandlungen jemand anderes geschädigt werden kann", grinste Roy Fielding. Dann sah er nur noch zu, wie die Drittklässler um die Ecke bogen, die zum Treppenabgang nach Ravenclaw führte.

Im Gemeinschaftsraum diskutierte Lissy Wright mit den Swift-Schwestern weiter über die angebliche Unfähigkeit ihrer Verwandlungskünste. Aurora ließ sie einstweilen in Ruhe, zumal sie mit Nelly und Vivian einige Sachen aus Sprouts Unterricht durchging, etwas, daß ihr an dem Vertrauensschülerinnenamt gefiel.

"Ihr habt das schon richtig zusammengefaßt. Die Kartoffelpilzsporen gedeihen nur auf Moorboden mit einem Wassergehalt von vier Teilen von zehn pro Handvoll Erde. So steht's nicht nur bei Spore, sondern auch in einem Aufsatz einer Professor Verdant aus Florida, die in Thorntails unterrichtet. Die hat die Neuweltform der Kartoffelpilze entdeckt und beschrieben und die eurasische Urform genau damit verglichen", erklärte Aurora und holte aus ihrer Schultasche ein Heft in grasgrünem Umschlag, auf dem in birkenweißer Schrift "DER GRÜNE MAGIER" zu lesen stand. Sie schlug das Heft auf einer Seite auf und las den interessierten Schülerinnen den Artikel halblaut vor, bis Lissy so laut zeterte, daß Aurora mit verärgerter Miene das Heft aufgeschlagen hinwarf und wie vom Stuhl geschleudert auffuhr und mit entschlossenen Schritten zum Tisch der Drittklässler hinübereilte. Vivian drehte ihren Kopf so weit es ging, um zu sehen, was passierte. Nelly meinte nur:

"Jetzt gibt's Ärger für diese überhebliche Ziege."

"So, Ms. Wright, das war jetzt genug des Theaters", schnaubte Aurora. "Es gibt hier Leute, die sehr gerne lernen wollen und sich dabei mit Schulkameraden beraten möchten. Deine Nase sitzt doch wieder richtig, wie ich sehen kann. Also lass es jetzt gefälligst gut sein! Fünf Punkte Abzug für Ravenclaw wegen überlauter Zankerei!" Knallte Aurora Lissy ansatzlos an den Kopf. Diese blickte sie feindselig an und zeterte:

"Ich muß denen doch beibringen, wie idiotisch die mit ihren Zauberstäben rumhantieren." Der quakende amerikanische Akzent liesß Lissy wie eine wütende Ente klingen.

"Zum einen, kein Schüler muß einem anderen beibringen, ob er oder sie sich idiotisch benimmt. Dafür sind die Lehrer zuständig", stieß Aurora zornig aus. "Zum zweiten habe ich dir oft genug geraten, weniger mit deinen superguten Leistungen auf anderen Klassenkameraden rumzuhacken. Ich fürchte, wir werden demnächst noch einen Heuler deiner Oma ertragen müssen."

"Das wagst du nicht. Diese Amalia hat's nur gewagt, weil ihre Familie wichtig genug war. Denkst du, meine Gran hätte nix besseres zu tun, als sich von Leuten was zuschicken zu lassen, die mich nicht abkönnen?"

"Denke ich schon, wenn sie erfährt, daß du meinst, hier andere Mitschüler tyrannisieren zu müssen und sie dich deshalb schon mal zur Ordnung gerufen hat", erwiderte Aurora mit drohendem Unterton. "Also, Mädchen, komm schön runter von deinem überhohen Thron, bevor du damit umfällst! Wenn Professor McGonagall die drei schon zurechtgewiesen hat, ist das nicht mehr dein Ding, Lissy."

"Natürlich ist das mein Ding, wenn ich wegen dieses saublöden Zauberstabfehlers von dieser Pute da 'ne Melonennase im Gesicht hatte. Professor McGonagall hat das nur deshalb so schnell wieder hingebogen, weil diese Nixkönnerin Roxanne den Zauber eh nicht richtig hinbekommen hat, um aus einem Stopfei eine Wanderratte zu machen."

"Sei froh, daß sie dich nicht mit einer spitzen Schnauze, Barthaaren und Nagezähnen verziert hat. Die würden dir auch nicht schlecht stehen", feuerte Mortimer drei Tische hinter Lissy eine Gehässigkeit auf sie ab. Aurora wandte sich um und meinte nur:

"Einen Punkt Abzug für Ravenclaw wegen Lautstärkeüberschreitung, Mortimer." mortimer zuckte nur mit den Schultern und schwieg.

"Also, Ms. Wright, ich werde Ihrer verehrten Großmutter schreiben, daß Sie sich wieder sehr unkameradschaftlich und überheblich gebärden", verfiel Aurora Dawn in einen kalten, sehr distanzierten Tonfall, als sei sie nun eine Lehrerin, die einen aufsässigen Schüler zum Nachsitzen verdonnerte. Lissy meinte noch gehässig, daß sie ihrer Großmutter schon geschrieben hätte, daß wieder mal wer meinen könnte, sie anschwärzen zu müssen und den Brief bestimmt gleich in den Müll werfen würde. Aurora nahm das hin, nickte den Drillingen zu und kehrte an den Tisch mit den beiden einzigen Erstklässlerinnen Ravenclaws zurück.

"Hui, das war aber jetzt heftig", meinte Nelly. Aurora sah sie grimmig an und meinte:

"Die will es nicht kapieren. Bruster hat recht. Aber den Brief muß ich doch schreiben. Wo waren wir, Vivian?"

"bei dem Ausknospungszyklus nach der sporogenen vermehrungsphase", sagte Vivian. Aurora las den Artikel ab da halblaut weiter vor. Lissy hatte offenbar doch gemerkt, daß die neue Vertrauensschülerin genauso wütend werden konnte wie ihre älteren Klassenkameradinnen. Nelly schrieb sich die wichtigsten Dinge zu den Kartoffelbauchpilzen auf und nickte, wenn Aurora ihr was mit einfachen Worten erklärt hatte. Der restliche Freitag verstrich ohne nennenswerte Ereignisse.

__________

Wieder einmal saßen die Vertrauensschüler aller Häuser in Dumbledores rundem Turmzimmer mit den vielen merkwürdigen Gerätschaften und den Bildern ehemaliger Schulleiter an den Wänden. Sie hatten gerade darüber diskutiert, daß einige Mitschüler, die ermordete Angehörige zu betrauern hatten, weiterhin gegen Leute aus Slytherin vorgingen. Zwar benutzten sie keine Zauberei wie kurz nach dem Sturz Voldemorts, doch die offene Feindseligkeit und gewisse Streiche machten die Lage nicht friedlicher. Tonya Rattler meinte einmal, daß sie von zwei leuten aus Gryffindor einen Tritt in ihren verlängerten Rücken bekommen habe, als sie ganz normal in den Korridor zur Eingangshalle abgebogen sei. Sie habe die beiden gerade noch sehen können, bevor sie sich feige verkrümelt hätten.

"Mr. Honeydrop, ich habe sie mehrmals gebeten, diese Hinterhältigkeiten abzustellen", knurrte Professor McGonagall sehr ungehalten. Simon Honeydrop sah seine Hauslehrerin nur abbittend an und meinte:

"Natürlich habe ich allen gesagt, daß wir jetzt ja keinen Grund mehr haben, irgendwem nachzustellen. Aber ich kann nicht jeden einzelnen überwachen."

"Vorausgesetzt, Tonya hat uns keinen Bären aufgebunden", warf der älteste Vertrauensschüler der Gryffindors ein. Tonya sah ihn verächtlich an.

"Glaubst du denn, daß wir uns das lange bieten lassen. Der dunkle Lord ist vielleicht weg. Aber andere könnten seinen Platz einnehmen. Oder warum denkst du, hat Professor Dumbledore diesen Potter-Jungen bei irgendwelchen Muggeln versteckt?"

"Das weiß nur Professor Dumbledore", warf Simon Honeydrop ein. Dumbledore nickte und sagte ruhig:

"Die Möglichkeit, daß machtversessene Hexen und Zauberer sich an Harry rächen wollen ist eine von den Dingen, die mich dazu bewogen haben, den Jungen vor jeder Behelligung aus der Zaubererwelt zu verbergen. Da dies meine Angelegenheiten sind und derzeit nicht die Dinge in Hogwarts berühren, möchte ich doch bitten, daß wir uns nicht weiter damit befassen mögen." Obwohl er es leise und keineswegs vorwurfsvoll gesagt hatte, war es für die anwesenden Vertrauensschüler wie ein scharfer Befehl. Sie wechselten das Thema und kamen zu dem Antrag, den Aurora Dawn eingebracht hatte.

"Der dritte Punkt der heutigen Zusammenkunft ist die Beratung über das Anliegen, das bisher gültige Verbot für eigene Besen aufzuheben", sagte Professor Dumbledore. Alle sahen Aurora Dawn an, die Mühe hatte, den erwartungsvollen Blicken standzuhalten. Sie straffte sich und holte tief Luft. Dann sprach sie:

"Die beinaheunfälle beim Spiel Ravenclaw gegen Hufflepuff haben einmal mehr gezeigt, daß die schuleigenen Besen entweder komplett gegen neue Besen ausgetauscht werden müssen oder die vor 1945 gültige Regelung wieder in Kraft gesetzt werden sollte, der nach den Schülerinnen und Schülern, die sich als gute Besenflieger erwiesen haben und in den Quidditchmannschaften spielen auch privat erworbene Besen erlaubt waren. Warum es zur Aufhebung der Regel kam und an ihrer Stelle ein Verbot von eigenen Besen eingeführt wurde will mir nicht einleuchten, wenn ich selbst miterlebe, wie gefährlich altersschwach die von der Schule bereitgestellten Besen sind. Deshalb habe ich, weil ich nicht nur selbst dafür bin, sondern viele andere auch, beantragt, das Verbot für eigene Besen im Quidditchturnier und bei sonstigen Flugübungen aufzuheben."

"Und Sie denken, die Probleme von damals würden dann nicht wieder auftreten, Ms. Dawn?" Fragte Professor McGonagall ungehalten.

"Eben diese Probleme wollen mir nicht einleuchten", erwiderte Aurora. "Ist das wirklich nötig, daß erst jemand, der gut fliegen kann, abstürzt, weil ihm oder ihr der Besen im Flug zerbricht?"

"Aurora, wenn du dich damit meinst, andere können mit den alten Krücken noch gut fliegen", gab Tonya gehässig von sich.

"Das haben wir gesehen, wie gut deine Leute das können", schnaubte Eunice Armstrong. "Auf Biegen und Brechen, im wahrsten Sinne des Wortes, habt ihr die Leute aus Gryffindor gefoult und aus dem Spiel zu werfen versucht. Dabei wäre eurem Sucher fast selbst der Besen in Stücke gegangen. Also liegt's ja nicht nur an denen, die damit fliegen wollen."

"Lass sie, wenn sie glaubt, weil sie selbst nicht fliegt keine Probleme damit zu haben", sagte Bernhard Hawkins.

"Nun, es hat sich vor der Einführung des Verbotes erwiesen, daß es zu unerträglichen Spannungen zwischen den Schülern kam, weil jeder aus einer begüterteren Familie damit aufschnitt, einen doppelt so schnellen und wendigen Besen besitzen zu können als Schüler aus finanzschwachen Familien oder aus reinen Muggelfamilien", sagte Dumbledore ruhig. "Mein direkter Vorgänger Dipped hat gerade weil Schüler aus von jenem Wahnsinn der Muggel, den sie den zweiten Weltkrieg nannten, betroffenen Regionen aggressiv gegen ihre Mitschüler vorgingen, die unverhohlen damit prahlten, welche hochwertigen Fluggeräte sie benutzen konnten." Einer der gemalten Schulleiter nickte beipflichtend. Es war jenes Portrait von Armando Dipped, von dem Auroras Großmutter Regan schon zu berichten wußte.

"Das ist doch heute nicht besser als damals, wenn es immer die sogenannten edlen Zaubererfamilien sind, die sich was auf ihr Blut und ihr Gold einbilden", warf Bernhard ein. "Ich weiß, daß die Lehrer in Beauxbatons genau darüber nachdenken, ob sie dieses Besenbesitzverbot nicht auch wieder aufheben, weil die in Frankreich Unterstützungserlasse für muggelstämmige Schüler haben."

"Ach du meine Güte, dafür müssen anständige Zauberer Einkommensabgaben zahlen", stöhnte Bazil Callahan, Tonyas Klassen- und Hauskamerad.

"Nun, es ist tatsächlich geplant, dort den Besitz von eigenen Flugbesen wieder zuzulassen, besonders im Hinblick auf deren traditionelle Feiern", sagte Professor McGonagall. "Allerdings haben sie dort andere Denkweisen."

"Was uns hier angeht", fuhr Aurora Dawn fort, als weder ein Lehrer noch ein Schüler was dazu sagen wollte, "so ist für mich völlig klar, daß nur um Neid fernzuhalten Schüler gefärhdet werden, nicht nur ich, um das klarzumachen."

Es folgte ein Hin und Her unterschiedlicher Standpunkte, weshalb das mit dem Besenbesitzverbot so gut oder so schlecht war. Aurora zitierte unumwunden Berichte über Alterserscheinungen bei verschiedenen Besentypen und merkte an, daß man von Glück reden könne, wenn ein ausgedienter Besen nicht mehr vom Boden fortkomme, weil es Besen gab, die in einer bestimmten Höhe einfach jede Flugfähigkeit verloren und dann wie vom Wind abgebrochene alte Äste runterfielen, mit ihren Reitern verstand sich. Dumbledore nickte zwischendurch und überließ es seinen Lehrerkollegen, etwas dazu zu sagen. Professor Snape meinte einmal, daß dieses Verbot doch allen helfe, die wegen anderer Unzulänglichkeiten keinen brauchbaren Besen bekommen konnten und daher mehr Frieden als Unfrieden entstanden sei. Außerdem läge es ja wohl auch an den unqualifizierten Fliegern, wenn ein Besen nicht mehr fliegen wollte wie er sollte.

"Da Sie vor etwas mehr als zwei Jahren ja noch selbst Schüler in Hogwarts waren, Professor Snape, können Sie sich sicherlich an Ihren Kameraden Nero Roots erinnern, der auf dem Schulbesen gerade noch schnell genug fliegen konnte, um nicht bei jedem Klatscherangriff heruntergehauen zu werden", sagte Aurora Dawn. "Soviel ich weiß, spielt Nero Roots heute in der Profiliga Quidditch."

"Na und?" Fragte Snape barsch. Tonya Rattler zuckte zusammen. Daß der von ihr bisher so angebetete Professor Snape einen Superflieger aus Slytherin mit einem schlichten "Na und" abfertigte kapierte sie nicht.

"Er hat vor kurzem im Quidditchbeobachter gesagt, daß er froh sei, nun endlich so gut und ungefährdet spielen zu können wie es möglich sei, seitdem er anständige Besen benutzen könne, ja seinen eigenen, von ihm persönlich eingeflogenen oder zugerittenen Besen benutzen dürfe", sagte Aurora und erwähnte die Ausgabe und die Seite des betreffenden Magazins. Bernhard Hawkins sagte dazu noch, daß in Schulen wie Thorntails kein Hahn danach krähte, wer wieviel Geld zur Verfügung hätte. Leute, die gut fliegen könnten, würden von der Schule bei den Besenherstellern empfohlen, die ihnen dann für die Schulzeit ihre besten Rennbesen ausliehen oder schenkten, damit die damit spielen und Werbung für Firmen wie Kolibri, Bronco und Sternenstaub machten. Tonya meinte dazu, daß das ja typisch Amerika sei, Angeberei gegen Geld zu bringen.

Dumbledore hörte sich die Argumente für eigene Besen und dagegen an. Offenbar mußte er genau überlegen, was er sagte. Denn irgendwie fanden die beiden Interessengruppen stichhaltige Einwände gegen die jeweils andere Ansicht. Er als Schulleiter stand damit wohl immer noch allein da, weil er sich ganz alleine dafür oder dagegen entscheiden mußte. Das war für ihn wohl das erste Mal seit Einführung des Verbotes, daß in Hogwarts wieder laut über eine Einführung eigener Besen gesprochen wurde. Er selbst hatte damals Dippeds strenges Verbot nur deshalb mitgetragen, weil er gemerkt hatte, welch böses Blut es in Häusern gegeben hatte, wo Kinder wohlhabender neben finanziell benachteiligten Kindern wohnten. Er erinnerte sich noch, wie Professor Bitterling damals fünf Jungen aus Slytherin zusammengestaucht hatte, die sich mit Jungen aus Gryffindor eine Zauberschlacht geliefert hatten, das war im Sommer 1943 gewesen. Dipped hatte die Schüler zu sich zitiert. Damals waren noch die Züchtigungsstatuten in Kraft. Einer der Schüler, Tom Vorlost Riddle, der zur Fraktion der mittellosen Muggelstämmigen gehörte, hatte in seinem Haus und in anderen Häusern gegen die seiner Meinung nach undankbaren Leute gekämpft. Dumbledore hatte damals schon gewußt, daß dieser hochintelligente und willensstarke Junge gefährlich werden würde, wenn man ihm nicht zeigte, daß die Welt nicht nur schlecht zu ihm sein konnte und er deshalb nicht schlecht zur restlichen Welt sein brauchte. Doch leider hatte das Professor Dipped nicht erkannt und Riddle trotz seiner Verdienste um Hogwarts auspeitschen lassen, als Rädelsführer. Riddle hatte danach auf gehorsam gemacht und sich gefügt und diensteifrig gezeigt. Tja, und dann war das Besenverbot beschlossen worden, im selben Jahr, wo der Waisenjunge Tom Riddle seinen UTZ-Abschluß machte. Dipped war es satt gewesen, immer wieder Schüler einzukerkern oder schlagen oder anketten zu lassen, nur weil sie sich über die Besen anderer zankten. Er hatte in das Verbot geschrieben, daß der Neid und der Unfug um materielle Besitztümer nie verfliegen würde und daher das Gleichbehandlungsprinzip gelte, dem nach niemand bevor- und benachteiligt werden dürfe. Seit dem war niemand mehr darauf gekommen, eigene Besen zu fordern. Dumbledore hatte als neuer Schulleiter das Verbot aufrecht erhalten, weil es wirklich mehr Frieden als Unfrieden gegeben hatte. Dies erzählte er nun auch den Vertrauensschülern hier in seinem Turmzimmer. Er erwähnte jedoch keine Namen von ehemaligen Schülern, die er vor dem Verbot kennengelernt hatte. Aurora Dawn hörte sich das ruhig an, wie die anderen auch. Schließlich sagte er:

"Es ist schon richtig, daß unsere Schulbesen nicht mehr so gut geeignet sind, um wirklich attraktives Quidditch zu spielen. Doch im Moment kann ich aus meiner Erfahrung hier nur für die Beibehaltung des Verbotes plädieren, Aurora und ihr anderen. Mag in Beauxbatons oder anderswo anderes beschlossen oder bereits umgesetzt werden. Ich sehe ja jetzt schon wieder Unfrieden in der Schule, der nichts mit eigenen Besen zu tun hat und sich durch eine Aufhebung des Verbotes noch verschärfen könnte."

"Dann haben Sie also kein Vertrauen darauf, daß wir uns nicht die Köpfe einschlagen, weil wir nicht kapieren, daß es wichtiger ist, gute Sachen zu haben als darauf zu schielen, wer sich was leisten kann?" Fragte Aurora Dawn mit einer bisher nicht von ihr gezeigten Unerbittlichkeit.

"Hmm, natürlich vertraue ich euch, daß ihr euch nicht gegenseitig umbringt, Aurora. Allerdings, und da wirst du mir zustimmen müssen, ist es wichtiger, jeden hier unabhängig von Herkunft und Vermögen die gleiche Schulbildung zu bieten ohne die für Gemeinschaftsschulen typischen Auswüchse von Besitzerstolz und Neid aufkommen zu lassen. Immerhin hatten wir vor 1890 die Regelung, daß es keine eigenen Besen geben dürfe, um eine einheitliche Bewertung von Flugkünsten treffen zu können", sagte Dumbledore, und es klang so, als erinnere er sich an etwas, das er selbst miterlebt hatte. Snape sagte dann noch:

"Ich würde das mit dem Privatbesenverbot aufrechterhalten. Nachher meinen unfähige Flieger noch, weil sie einen überzüchteten Besen fliegen, die Herren des Himmels zu sein und fallen dann unglücklich runter."

"Ich muß mir das überlegen, weil ich das ja auch dem Elternrat mitteilen muß, wie ich mich entscheide. Immerhin haben eure Eltern uns Lehrer ja damit betraut, auf euch aufzupassen, nicht nur was das Lernen angeht, sondern auch was die Umgangsformen und die Gesundheit angeht", sagte Dumbledore.

"Meine Mutter könnte besser schlafen, wenn sie wüßte, daß ich mit einem Besen Quidditch spiele, der nicht bei einer scharfen Kurve zerfällt", stieß Aurora trotzig aus.

"Dann lass es doch bleiben!" Tönte Tonya und erntete zustimmendes Nicken und Grinsen ihrer Slytherin-Kollegen. Bernhard Hawkins meinte dazu noch:

"Wir hätten diesen feigen Anschlag der Verbrecherbande aus Slytherin bestimmt alle besser überstanden, wenn wir nicht auf so stotternden Krücken herumgeeiert wären. Das mit der Unterstützung für die guten Flieger ist doch was, wo jeder von profitieren kann, egal ob seine Eltern nur zwei Knuts oder zweitausend Galleonen die Woche verdienen."

"Ja, aber da steht dann drauf, daß du mit freundlicher Unterstützung von Bronco Sternenstaub oder dergleichen fliegst. Außerdem mußt du dann beim Quidditchspiel noch ein Schild mit dem Firmenzeichen tragen, wie diese Laufsportluschen im Fußball der Muggel", warf Bazil gehässig ein. "Ich habe mich auch schlau gemacht, Mr. Hawkins. Nicht alles was die in Amiland so machen ist gut oder richtig."

"Ich sagte ja auch nicht, daß wir das genau so machen müssen, Mr. Callahan", knurrte Bernhard. Doch Aurora gebot ihm zu schweigen.

"Das mit der großzügigen Unterstützung durch Firmen, die dann noch für sich Werbung haben wollen ist auch nicht das, was mir vorgeschwebt ist. Ich dachte da eher an eine hausweite Gemeinschaftsaktion für gute Spieler, die entweder keinen eigenen Besen kaufen können oder wegen Muggelstämmigkeit von den Eltern keinen kriegen sollten. Den Schülern sollte das dann selbst überlassen sein, welchen Besen sie dann nehmen, und sei es der Nimbus 1500 oder der neue Komet 2 / 40. Also ich bin sehr dafür, daß dieses Verbot aufgehoben wird, damit wir alle wieder gutes Quidditch spielen können."

"Das tun wir allemal", tönte Tonya. "Und wenn Professor Dumbledore das Verbot aufhebt, dann können wir das sogar noch besser als ihr alle zusammen."

"Ach, dann fliegst du deshalb nicht, weil du Angst hast, von einem alten Besen runterzufallen?" Erwiderte Eunice Armstrong. Aurora nickte ihr beipflichtend zu.

"Ich merke, allein bei dem Gedanken an eine Aufhebung des Verbotes entzündet sich bereits neuer Unmut", sagte Dumbledore ruhig und blickte jeden genau an. "Ich werde es mir überlegen, ob dieses Verbot noch bestehen bleiben soll oder nicht. Zunächst einmal solltet ihr davon ausgehen, daß zumindest dieses Quidditchturnier noch auf den schuleigenen Besen bestritten wird. Das nur zur Wahrung der gleichen Chancen."

"Ja, und dann fällt wieder irgendwer runter und stirbt diesmal", warf Cynthia Flowers ein. "Meine Schwester hat mir Weihnachten erzählt, im nächsten Jahr wolle sie auch Quidditch spielen. Meine Eltern haben versucht, ihr das auszureden, weil die Besen schon so alt sind, daß sie schon darauf gespielt haben."

"Dann schafft Hogwarts eben hundert frische Besen an und verheizt den untauglichen Rest als Brennholz", warf Tonya ein. Dumbledore schien jedoch von Cynthias Einwurf berührt worden zu sein. Er sah nachdenklich auf die Hufflepuff-Vertrauensschülerin. Dann sagte er jedoch:

"Laßt mir bitte die Zeit, die nötig ist, um das abzuwägen! Das möchte ich nicht über's Knie brechen."

"Sie sollten sich möglichst rasch entscheiden, Professor Dumbledore. Wenn jemand beim Training abstürzt weil sein Besen sich im Flug verabschiedet ist es zu spät", drohte Aurora. Dumbledore schluckte wohl etwas hinunter, was er dagegen sagen wollte. Er verzog nur das Gesicht und beendete das Thema. Danach ging es nur noch um Freizeitprojekte, die einzelne Schüler angemeldet hatten und um das Verhältnis der Punktezugewinne der Häuser in den letzten zwei Wochen.

Aurora kehrte mit einem grummelnden Zorn im Bauch aus der Konferenz zurück. Bernhard Hawkins war sofort in der Bibliothek untergetaucht, ohne sie noch einmal zu sprechen, obwohl sie gerne mit ihm über den Valentinstag in Hogsmeade gesprochen hätte. Lag ihm nichts mehr an der Freundschaft mit ihr? Setzten ihm die Vertrauensschüleraufgaben so sehr zu? Auch als er ihre Begründung für die Wiedereinführung eigener Besen unterstützt hatte, wußte sie nicht so recht, ob er das tat, weil sie es gerne hätte oder weil er selbst davon betroffen war. Sie hoffte jedoch, ihn vor dem Hogsmeade-Ausflug noch einmal länger sprechen zu können.

Auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum fiel ihr ein, daß sie Flitwick eigentlich noch einmal wegen Lissy Wright sprechen wollte. So wandte sie sich um und eilte zum Lehrerzimmer, wo sie hoffte, Flitwick zu treffen. Doch da war nur Snape, der gerade den Lehrplan für die ZAG-Klasse studierte und feist grinste, wenn er die Unterrichtsziele in Muggelkunde betrachtete. Aurora zog sich zurück, bevor sie sich von Snape noch was anhören würde und suchte das Büro von Professor Flitwick auf. Hiervor stand Alessandro Boulder zusammen mit Tim Abrahams.

"Schön, eure Krisenkonferenz ist schon um", grüßte Alessandro Aurora mit jungenhaftem Lächeln, daß er es nicht so gemeint hatte.

"Komm, Alessandro. Daß wir demnächst gescheitere Besen fliegen dürfen liegt immer noch weit weg. Dumbledore hat uns was aus der Zeit seines Vorgängers erzählt und so. Der will hier nichts erlauben, was den Schülern Grund zum streiten gibt."

"Nach der Kiste mit den Slytherins im letzten Herbst kein Wunder", knurrte Alessandro. "Wolltest du noch was wichtiges wegen der ziemlich aufreibenden Gemeinheiten?"

"Eher wegen Ms. Wright, Alessandro. Ich wollte ihrer Oma in Thorntails einen Brief schreiben und das mit Flitwick abklären. Sowas geht hier. Aber anständige Besen lassen die nicht zu."

"Halt dich nicht mit dieser arroganten Schnäpfe auf, Aurora. Du schläfst dann besser", sagte Alessandro. Dann meinte er: "Ich begleite Tim wegen seiner buckligen Verwandtschaft. Sein Vater meint, ihn in seinem Laden unterbringen zu müssen, weil dessen Vorgesetzte ihn löchern, wo er gerade lernt wenn nicht Eton und ob er auch zur Marineakademie geht."

"Muß das sein, Alessandro?" Fragte Tim Abrahams genervt. Dann sah er Aurora an, entkrampfte sein Gesicht wieder und sagte:

"Warum solltest du das nicht mitkriegen als V-trägerin. Mein Dad hat schon die Meldepapiere für die Akademie vorliegen. Der hat bisher gut dichtgehalten, wo ich wirklich lerne. Aber ich fürchte, wenn die Schule aus ist kommt der dicke Hammer nach, weil die natürlich meine Abschlußzeugnisse sehen wollen. Wenn da nix von Mathe oder Physik oder Geographie drinsteht kriegen die wohl Stielaugen wie Schnecken und haken nach, was mit mir los ist. Deshalb wollte ich zu unserem Hauslehrer."

"Oh, damit habe ich mich echt nicht befaßt", gestand Aurora ein und errötete. Irgendwie war sie durch das hier in Hogwarts beschränkt, nicht daran zu denken, daß da draußen eine große, wilde Welt war, in der Leute nicht einfach tun oder sein konnten was sie wollten.

"Betrifft dich ja auch nicht so heftig. Deine Eltern sind ja schon mit Zauberstäben in der Hand zur Welt gekommen", gab Tim einen frustrierten, gehässigen Kommentar von sich.

"Oh, das hätte meiner Oma Regan sicher heftig wehgetan, wenn Daddy sie mit dem Zauberstab in den Bauch gepiekt hätte", veralberte Aurora Tims Bemerkung. Dieser mußte lachen. "Da sie mir und ihm das aber nie erzählt hat, ist es wohl auch nicht passiert", schloß sie den Punkt ab.

Professor Flitwick erschien, klein aber willensstark. Aurora ließ den beiden UTZ-Klässlern den Vortritt und wartete höflich in einigen Metern Abstand, bis sie wieder aus dem Büro kamen. Dann ging sie hinein und setzte sich. Flitwick fragte, ob es noch immer um das Besenverbot ginge. Doch Aurora schüttelte den Kopf und berichtete von ihrer kurzen aber heftigen Auseinandersetzung mit Lissy. Flitwick nickte ein ums andere Mal und sagte zum Schluß:

"Nun, Sie sind Vertrauensschülerin. Wenn Sie eine Situation für zu kompliziert halten, um sie selber zu bewältigen und sie aber nicht als so emminent wichtig ansehen, sie mit allen Lehrern zu erörtern, steht es Ihnen frei, mit den Verwandten von betreffenden Schülern zu korrespondieren. Ich weiß jedoch nicht, ob Professor Wright dies wissen will, ob ihre Enkeltochter hier anständige Umgangsformen übt oder nicht. Sie ist in Thorntails und hat dort eigene Schüler zu beaufsichtigen, zumal sie ja auch selbst unterrichtet, wie ich weiß. Aber wenn Sie finden, daß sie Ihre Meinung erfahren soll, liegt es bei Ihnen, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Ich rate Ihnen nur, sich sachlich und ohne übertriebenes Gebahren auszudrücken, um nicht den Eindruck einer beleidigten Hexe zu bieten. Mehr kann und will ich nicht dazu sagen oder tun. In der Regel bereinigt die Schülergemeinschaft derartige Unebenheiten selbst."

"Ja, nachher noch durch Prügeleien oder Pöbeleien, Professor Flitwick", wandte Aurora Dawn ein.

"Nun, das wären auch Unebenheiten", sagte der kleinwüchsige Zauberkunstlehrer leicht nachdenklich dreinschauend. Dann meinte er noch: "Schreiben Sie Ihren Brief und beachten Sie dabei, was ich Ihnen empfohlen habe! Sie werden dann ja erleben, was für eine Antwort zurückkommt. Am besten stellen Sie sich darauf ein, daß Sie einen Heuler zugestellt bekommen, weil Sie Professor Wright mit derlei außerhalb ihrer Zuständigkeit ablaufenden Dingen behelligt haben."

"Darauf lasse ich es ankommen. Dieses Mädchen wird noch etwas mehr als vier Jahre hier sein. Wenn die sich nicht grundlegend ändert, wird es böses Blut geben, Professor Flitwick. Mortimer ist schon immer drauf und dran, Elizabeth Wright zu schlagen. Bruster und ich können ihn nur mit Mühe davon abhalten. Er ist ein großer Bruder, der zusehen muß, wie seine Schwestern von einer, die nicht besser als die sind heruntergeputzt und tyrannisiert wird. Ich denke, das Maß dürfte jetzt bald voll sein."

"Nun, wie gesagt, schreiben Sie Ihren Brief und schicken Sie ihn ab. Ich werde ihn nicht vorher lesen, um Sie möglichst unbeeinflußt korrespondieren zu lassen. Ihnen würde es gut tun, gehobene Korrespondenz zu erlernen, egal was Sie nach Hogwarts anstreben werden."

Aurora schluckte die Frage, ob Flitwick sie für unfähig hielt, mit erwachsenen Hexen und Zauberern Briefe auszutauschen und nickte Flitwick stattdessen zu und verließ das Büro.

In der Eulerei schrieb sie einen Brief über zwei Pergamentbögen, rollte ihn zusammen, band ihn mit einem strammen Stück Kordel um einige Sickel für den Expresseulendienst von Hogsmeade aus und schickte ihre Eule Ducky los, den Brief beim Postamt abzugeben, damit der Brief nicht monatelang verreisen mußte. Ducky nickte und schwebte mit dem Brief davon.

__________

Eine Woche verstrich. Die ZAG-Schüler stöhnten immer mehr unter der Last der Arbeit, zumal bereits einige mit der Wiederholung alter Lektionen anfingen, um zu den Prüfungen alles wichtige zu können. Lissy Wright ging Aurora Dawn aus dem Weg. Offenbar wußte sie nicht, ob die Vertrauensschülerin, die sie nie so recht verstanden hatte, wirklich ihrer Großmutter einen Brief über sie geschrieben hatte. Bernhard Hawkins traf sich mit Aurora einmal in der Bibliothek, wo sie sich hinter einem der mehrstöckigen Regale einen verstohlenen Kuß gaben und im Flüsterton, zur Vortäuschung gemeinsamen Lerneifers ein halbes Dutzend Bücher vor sich, über den Valentinstag in Hogsmeade sprachen. Doch irgendwie hatte Aurora das Gefühl, Bernhards Zuneigung zu ihr sei etwas abgekühlt, als sei sie ihm nicht mehr so wichtig. Das ging ihr langsam auf die Nerven. Doch im Moment hatte sie zu viel um die Ohren, um sich ernsthaft mit Bernhard auszusprechen. Vielleicht arbeitete er aber auch zu viel, nachdem er Dank brutaler Ex-Slytherins drei Wochen im St.-Mungo-Krankenhaus zubringen mußte und damit den üblichen Lehrplan nicht mitmachen konnte.

Die Hausaufgabenbetreuung der Kleinen aus ihrem Haus lenkte Aurora gut von den eigenen anstrengenden Sachen ab. Wenn sie sich mit Vivian über Zaubertrankrezepte unterhielt, fand sie sogar die Möglichkeit, ihr eigenes Wissen zu prüfen und damit eine lockere Wiederholungseinheit für sich selbst zu machen. Nelly war wie ihre große Schwester Cynthia eine versierte Zauberkunstschülerin, sodaß Aurora ihr bereits Kniffe aus der zweiten und dritten Klasse zeigte und ihr sogar den Ratzeputz-Zauber vorführte, mit dem beschmutzte Dinge oder Menschen gesäubert werden konnten. Snapes Fiesheit hatte wider alle Vermutungen der älteren Schüler nichts mit ihnen zu tun, sondern wirkte sich auch auf die Schüler unterhalb der dritten Klasse aus. Besonders die Muggelstämmigen kriegten es von ihm zu hören, daß sie ja von Natur aus sehr schwer von Begriff für wahre Zaubertrankbraukunst seien und er hoffe, daß viele von ihnen das bis zu den ZAGs raushatten, ob sie sich noch zwei Jahre bei ihm abquälen sollten.

"Snape ist doch krank", hatte Nelly einmal geflüstert und Aurora dabei beklommen angesehen, ob diese sie dafür ausschimpfen oder bestrafen würde.

"Das kann man so nicht sagen, Nelly", hatte Aurora darauf ganz ruhig gesagt. "Wir wissen nicht, mit wem und was er sich alles so herumgeplagt hat. Daß er als Slytherin keine Muggelstämmigen mag ist leider normal für diese Leute."

Im Zauberkunstclub lernten die Mädchen oberhalb der zweiten Klasse nützliche Kunstgriffe, um kleinere Reparaturen zu machen, mehrere hundert Lampen, Laternen, Fackeln oder Kerzen mit einer Zauberstabbewegung zu entzünden oder zu löschen und den schnellen Kleiderwechsel, den Eunice seit ihrem Vertuer vor ungefähr einem Jahr nun so gut beherrschte, daß sie durch einen schnellen Wink des Zauberstabs und eine schwungvolle Körperdrehung innerhalb einer Sekunde komplett umgezogen dastand, einmal im Schülerumhang für drinnen, dann für draußen und schließlich noch in einem fließenden, waldgrünen Festumhang mit kirschroten Verzierungen. Rita Swift, die das auch mal ausprobieren wollte, schaffte es, ihre Haarspange mit der ihrer Schwester Ramona zu vertauschen. Alwine Silversmith, die diesen Kurstag leitete, meinte dazu einmal:

"Ich weiß, ihr müßt die verschiedenen Farben tragen, damit man euch auseinanderhalten kann. Kommt also ja nicht auf die Idee, das jetzt andauernd zu machen!"

"Wozu lernen wir das dann?" Wollte Roxanne Swift wissen.

"Weil das euch später mal was bringt, wenn ihr es eilig habt", sagte Alwine darauf und prüfte nach, wer von den älteren diesen Zauber nun raushatte und wer aufpassen mußte, nicht splitternackt im Raum zu stehen.

Am Wochenende trainierten die Gryffindors Quidditch. Zwar war nicht noch einmal mit einem Überfall der Slytherins zu rechnen, nachdem diesem Haus dadurch 50 Leute auf einen Schlag abhandengekommen waren und sie bis Weihnachten null Punkte zu ertragen hatten, doch die Gryffindors hatten einen kleinen Wachtrupp aufgestellt, um für die Sicherheit der Spieler zu sorgen. Da nach den Gryffindors die Ravenclaws trainieren wollten, hatten Aurora und Alessandro sich bereits fünf Minuten vor dem angemeldeten Beginn zum Stadion begeben und saßen nun auf einer der mittleren Reihen der ovalen Zuschauertribüne, zusammen mit Eunice Armstrong, die sich das Training ihrer Hausmannschaft ansehen wollte.

"Dumbledore hat immer noch nichts über die Besenerlaubnis gesagt, oder?" Wollte Alessandro wissen. Die beiden Vertrauensschülerinnen schüttelten die Köpfe. "Kuckt euch doch mal an, wie ruckelig Gideons Besen ist. Der fällt gleich runter, wenn das so weitergeht."

"Das ist doch offenkundig, wie überholt die Besen sind", warf aurora Dawn ein, als sie sah, wie Bernhard Hawkins gerade so noch waagerecht bleiben konnte. Madame Hooch, die Fluglehrerin, stand unten am Feld bei den Gryffindors, die aufpaßten. Sie war wohl nicht sicher, ob sie das Training nicht abbrechen oder es bis zum Ende laufen lassen sollte. Dann passierte es.

Ein Klatscher, geschlagen von Bernhard Hawkins, raste auf Kapitän Winchester zu. Der wich im allerletzten Moment aus, versuchte, eine schnelle Kurve zu fliegen und schoss dabei unvermittelt mit dem Besen nach oben. Wie von einem wilden Pferd abgeworfen schleuderte es Samuel Winchester vom Besen fort, der dann wie ein herabstoßender Raubvogel zur Erde zurückstürzte, immer schneller, bis er kurz vor dem Aufschlag in zwei Teile zerbrach. Die Spitze bohrte sich in die Erde, während das abgebrochene Ende wie eine wilde Hornisse über dem Feld herumschwirrte, bis es alle Reisigbündel verloren hatte und krachend an der mittleren linken Torstange zersplitterte. Sam Winchester, der von dem Abwurf benommen erst noch sechs Meter nach oben gestiegen war, geriet gerade ins Trudeln und drohte, den Kopf voran zu Boden zu stürzen. Eunice riss ihren Zauberstab hervor und rief:

"Salveto in Nubecuna!" Dabei machte sie eine kreisbewegung um die Längsachse des Zauberstabes und eine Wippbewegung in Richtung Sam, der gerade im vollen Sturz aus dreißig Metern höhe dem Boden entgegenraste. Mit einem leise sirrenden Ton quoll etwas silbrigweißes aus Eunices Zauberstab, das wuchs und dann im Hui zum Feld hinüberschwirrte und sich in weniger als einer Sekunde um Sam schloss und zu einer großen Wolke aus wie aus vom Mondlicht durchtränkten Dunst ausdehnte.

Aurora, die gerade den Fallbremsezauber aufrufen wollte, staunte erneut, wie rasch und wirksam Eunices Zauberwolke war und daß Sam in dieser wie eine Vogelfeder sicher zu Boden herabsank. Erst dort löste sich die Zauberwolke in silbrige Funken auf, die davontrieben und erloschen.

"Wau, den möchte ich aber noch lernen", sagte Alessandro staunend, der schreckensbleich auf das Feld gestarrt hatte, als Sams Besen seinen Reiter abgeworfen und sich dann selbst zerstört hatte.

"Schluß! Aus! Alle runterkommen!" Rief Madame Hooch nach oben. Bernhard war gerade im Landeanflug und kämpfte mit seinem Besen, der wilde Wedelbewegungen machte. "Die werden komplett ausrangiert!" Rief die Fluglehrerin noch. Sie hielt ihren Zauberstab bereit, um weitere Abstürze abzufangen. Doch irgendwie schafften es alle, ihre bockenden Besen zu landen. Aurora erkannte einen der Besen als den, den Karin Meridies, die Ravenclaw-Sucherin beim Spiel gegen Hufflepuff geflogen hatte.

"Wieso hat die niemand komplett ausgemustert?" Fragte die Ravenclaw-Vertrauensschülerin. Alessandro grummelte nur was von Unverantwortlichkeit.

"Einer soll zu Professor McGonagall und ihr bestellen, daß ich einstweilen das Training untersage. Wer war nach den Gryffindors dran?" Rief Madame Hooch, nachdem sie alle Besen durch den Accumulus-Zauber auf einen Stapel gehäuft hatte. Zwei der Besen weigerten sich zwar, gestapelt zu werden und versuchten, davonzufliegen, drehten sich dabei aber wie Äste im Wirbelsturm und krachten auf den Stapel.

"Wir sollten gleich trainieren, Madame Hooch", sagte Alessandro Boulder. "Aber mit den morschen Krücken machen wir das bestimmt nicht!"

"Wir haben noch genug Besen da", sagte Madame Hooch. Bernhard war bereits auf dem Weg zu Professor McGonagall, während Sam wie ein Betrunkener wankend und mit weltentrücktem Blick vom Feld herunterkam.

"Hups, wer hat den denn so schnell mit Feuerwhiskey abgefüllt?" Fragte Alessandro. Eunice errötete.

"Das ist 'ne Nebenwirkung meines Zaubers. An und für sich soll der nur den Körper sicher zu boden bringen oder solange geborgen halten, bis eine körperliche Gefahr vorbei ist. Ich hätte ihn auch weiter schweben lassen können. Aber in dem Buch, wo ich den Zauber herhabe steht drin, daß er zu den maternalen Hexenzaubern gehört, also von Hexen, die bereits Mutter geworden sind, gewirkt werden kann. Von Jungs oder Mädchen aufgerufen benebelt die Wolke die Sinne wie Alkohol oder Rauschnebel, weil er an und für sich auch die Angst vor Gefahren verdrängen und den damit umfangenen davon abhalten soll, in Panik aus ihr auszubrechen."

"Eh, die Wolke macht blau? Cool!" Meinte Alessandro und grinste feist. "Dann muß ich den unbedingt lernen, damit ich den bei der UTZ-Party bringen kann."

"Alessandro, daß ist ein Mädchenzauber", gab Aurora Dawn kalt zurück. "Wenn du oder ein anderer Bursche den lernt, könnte der nicht so wirken wie er bei Eunice gewirkt hat. Wie lange hast du an dem denn geübt?" Sie sah Eunice fragend an.

"Seit meinem dreizehnten Geburtstag, wo ich Professor Unittamo damit ihre Urenkel vor einem umstürzenden Baum habe retten sehen können", sagte Eunice und bekam langsam wieder ihre normale Gesichtsfarbe. "Meine Eltern und ich waren drüben in Louisiana, wo sie wohnt. Eine Tante von mir wohnt da auch und kennt die persönlich, weil sie sie noch als Verwandlungs- und Zauberkunstlehrerin kennengelernt hat. Ja, und da gab es ein Gewitter, und die kleinen Urenkel von ihr wären fast von einem Baum erschlagen worden, den der Blitz getroffen hat. Da hat sie diese Wolke beschworen und die drei gerettet. Die waren danach aber nicht so knülle wie Sam jetzt."

"Unittamo, komischer Name für 'ne amerikanische Hexe", bemerkte Alessandro.

"Irgendwie hat die wohl weit zurückliegende indianische Wurzeln, noch aus der Zeit der spanischen Conquistadores. Aber nichts genaues weiß ich nicht", erwiderte Eunice. Aurora Dawn fand es zwar interessant, sich über berühmte Hexen und Zauberer zu unterhalten, hatte jedoch im Moment andere Sorgen. Sie stand auf, fragte Alessandro, ob er wirklich nicht trainieren wollte, was dieser noch einmal bekräftigte und eilte dann zu Madame Hooch. Diese holte inzwischen neue Besen aus dem Schuppen.

"Unser Kapitän lehnt es ab, auf unsicheren alten Besen zu trainieren", sagte Aurora. "Und ich kann's ihm nicht einmal verübeln."

"Dumbledore hat sich noch nicht dazu geäußert, wie er deinen Antrag bewerten soll und will noch abwarten, ob der Schulrat was dazu sagt. Wie wollt ihr denn gegen Slytherin antreten, wenn ihr nicht trainiert?" Erwiderte Madame Hooch.

"Wenn das so weiter geht überhaupt nicht", knurrte Aurora Dawn. Dann ließ sie die Fluglehrerin einfach stehen und eilte zum Schloß, um zu Professor Flitwick zu gehen, um diesem zu sagen, daß die Ravenclaw-Mannschaft wohl nicht trainieren würde. Vielleicht würden sie dann auch nicht gegen Slytherin spielen. Unterwegs traf sie Bernhard und Professor McGonagall. Diese sah Aurora an, daß sie wütend und enttäuscht zugleich war und fragte sie in ihrer strengen Art aus, was passiert sei.

"So wie das aussieht haben alle Besen endgültig ausgedient. Sam Winchester wurde ja regelrecht weggeschleudert, bevor sein Besen sich selbst zu Sägemehl zerbröselt hat. Unser Kapitän lehnt es ab, auf solchen Mordinstrumenten zu trainieren oder zu spielen."

"Kann ich ihm nicht verübeln. Ich hatte eine Scheißangst, als mir der olle Besen unterm Arsch rumgeruckelt ist", sagte Bernhard. Professor McGonagall räusperte sich warnend und funkelte den Vertrauensschüler ihres Hauses wütend an.

"Wie können Sie es wagen, in Ihrer Position derartig vulgäre Ausdrücke zu gebrauchen, Hawkins?! Keine Situation rechtfertig derartig schmutzige Wörter! Zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor wegen unvorbildlichen Benehmens eines Vertrauensschülers und Respektlosigkeit in Anwesenheit seiner Hauslehrerin. Wagen Sie das ja nicht noch einmal!"

"Wenn's aber stimmt", knurrte Bernhard.

Becky Hawkins kam gerade mit einem Stapel Bücher unterm Arm um die Ecke. Sie sah ihren Bruder zwischen Verbitterung, Aurora, die leicht errötet war und Professor McGonagall, die sich über Bernhards Ausdrucksweise empörte, als habe er sie persönlich beleidigt. Dann schwirrte auch noch Peeves, der Poltergeist, laut giggelnd heran und rief ein derbes Wort nach dem anderen durch den Korridor, wobei er immer wieder vor Professor McGonagall in der Luft herumtanzte, als solle sie ihn fangen. Diese griff ihren Zauberstab und feuerte krachende Knallfrösche auf den Plagegeist ab, bis dieser getroffen wurde und wild zeternd das Weite suchte.

"Was wollen Sie mir mitteilen, Ms. Dawn?" Fragte die Verwandlungslehrerin unwirsch und fixierte Aurora durch ihre quadratischen Brillengläser, als wolle sie sie gleich anspringen.

"Ich habe das gerade mitgekriegt, was auf dem Quidditchfeld los war, Professor McGonagall. So kann das doch nicht bleiben", sagte Aurora etwas verhalten, aber aufrecht stehend.

"Professor Dumbledore wird das demnächst entscheiden, was er unternehmen wird. Bis dahin können Sie ja die noch flugtauglichen Besen benutzen", knurrte Professor McGonagall. Aurora Dawn schüttelte jedoch den Kopf und meinte:

"Tut mir leid, Professor, aber unser Kapitän lehnt jede Verantwortung ab und weigert sich, das Training mit unserer Mannschaft fortzusetzen, solange es keine einwandfreien Besen gibt oder jeder und jede einen eigenen Besen fliegen darf. Ich gebe das nur so weiter, wie Alessandro Boulder es mir gesagt hat."

"Dann sagen Sie dies bitte Ihrem Hauslehrer!" Schnaubte Professor McGonagall und machte eine wegscheuchende Handbewegung in Auroras Richtung und deutete auf den Korridor, von dem aus es zu Flitwicks Büro ging. Aurora nickte, straffte sich noch einmal zur ganzen Größe und warf Bernhard einen entschlossenen Blick zu, der ihr zunickte und mit Professor McGonagall zusammen zur Treppe ging, um das Schloß zu verlassen.

Professor Flitwick war wohl gerade in eine Unterhaltung vertieft. Aurora konnte eine Frauenstimme hören, die sehr erhaben klang, wenngleich ihre Stimme verriet, daß sie schon etliche Jahrzehnte im Gebrauch war. Sie hörte unverkennbar den amerikanischen Akzent heraus, den auch Lissy Wright benutzte, trotz der Jahre in England. Flitwicks quiekende Stimme klang dagegen so, als sänge ein Spatz gegen eine Ente an. Aurora wußte nicht, ob sie warten oder umkehren sollte. Sie wollte auch nicht lauschen und tippelte unentschlossen vor der Tür auf und ab, fuhr sich mal mit der linken, mal mit der rechten Hand durchs lange, schwarze Haar und starrte auf das nußbraune Holz der Tür.

"Bei ihnen wartet jemand vor der Tür, Filius. Ein junges Mädchen mit dunklen Haaren", sagte die fremde Frauenstimme. Aurora erschrak. Konnnte die durch Türen gucken?

"Oh, Moment!" Flötete Flitwick und öffnete ruhig die Tür. Er sah Aurora von unten her an und winkte ihr, näherzutreten. Aurora schlüpfte hinter dem winzigen Lehrer in dessen Büro. Die Tür schloß sich von selbst.

Aurora sah den brennenden Kamin, in dessen Flammen der Kopf einer Frau mit weißblondem, leicht gewellten Haaren saß. Das Gesicht wirkte wie das eines Säuglings, wenngleich um Nase und Augen erste Fältchen zu sehen waren. Eine silberne Brille mit kleinen, aber dicken Gläsern ritt auf Nase und Ohren und gab dem Kopf das Aussehen einer gebildeten Person. Hinter den Gläsern blickten hellgraue Augen auf Aurora.

"Ach, Sie müssen die junge Ms. Dawn sein, die Tochter meiner früheren Kollegin bei Ihnen in Hogwarts", grüßte der Hexenkopf im Kamin. Professor Flitwick räusperte sich vernehmlich und nahm neben Aurora aufstellung.

"Darf ich vorstellen, Professor Ernestine Wright, die ehrwürdige Prinzipalin von Thorntails, Aurora Dawn, aussichtsreiche ZAG-Kandidatin und Vertrauensschülerin meines Hauses", besorgte der kleine, weißhaarige Lehrer die höfliche Vorstellung der beiden Hexen. Aurora bekam weiche Knie. Hatte sie es wirklich mit Lissys Oma zu tun? Ging es vielleicht um den Brief, den sie ihr geschickt hatte?

"Sie haben mir vor kurzem einen längeren Brief zukommen lassen, Ms. Dawn, in dem Sie Ihre Besorgnis über den sozialen Umgang meiner Enkelin Elizabeth bekundet haben. Ich werde mich diesbezüglich noch einmal einschalten. Aber ich sprach nicht ihretwegen vor", sagte die amerikanische Schulleiterin. Aurora erbleichte. Also konnte diese Hexe nicht nur durch Türen sehen, sondern auch Gedanken lesen. "Filius, ich möchte nicht mehr über das sagen, was wir gereade besprochen haben. Ich kehre heute noch nach Thorntails zurück, wollte mich lediglich schon einmal umhören, was Sie von der Sache halten. Ich wünsche Ihnen noch ein schönes Wochenende." professor Flitwick verabschidete sich durch eine Verbeugung, die seine Nase fast den Boden berühren ließ. Dann ploppte es, und Professor Wrights Kopf war aus dem Kamin verschwunden.

"Öhm, das ging doch nicht um die Sache mit Lissy?" Fragte Aurora vorsichtig. Flitwick schüttelte bedächtig den Kopf und meinte, daß es um etwas anderes gegangen sei, da sie gerade in England sei. Aurora grinste über ihre Einfalt, weil sie dachte, die Hexe habe sich von Amerika aus mit ihm unterhalten. Sie erzählte schnell, um die Eingeschüchtertheit wieder loszuwerden, was auf dem Quidditchfeld passiert sei und das Alessandro nicht mehr trainieren wolle. Flitwick seufzte.

"Das hat sich offenbar rasch herumgesprochen. Meine Kollegin Sprout bekam vor zwei Minuten Besuch vom Kapitän der Hufflepuffs, der ähnliches mitteilte. Offenbar hat da jemand aus dem Fenster gespäht und die Beinahekatastrophe beobachtet. Der Direktor wird wohl rasch beschließen müssen, wie Hogwarts vorgeht."

"Am besten noch in dieser Woche", sagte Aurora. Sie wollte und durfte dem Schulleiter zwar keine Frist setzen, aber wollte auch nicht hingehalten werden.

"Ich denke, in der nächsten Woche wird er zu uns allen sprechen, wie es im Punkte der Besen weitergeht", sagte Professor Flitwick. Aurora nickte und verabschiedete sich von ihrem Hauslehrer.

Da das Training also ausfiel traf sich Aurora mit ihren Freundinnen im Gemeinschaftsraum und erzählte ihnen, was passiert war. Alessandro unterhielt sich derweil mit Tim Abrahams, der sichtlich zerknirscht wirkte. Ken Dasher, der zweite Treiber der Mannschaft, stand mit den Händen in den Umhangtaschen daneben und hörte zu.

"Ja, was passiert jetzt? Wenn ihr nicht trainiert, die Slytherins aber schon, dann könnt ihr gegen die nicht mehr gewinnen", sagte Petula Woodlane. Aurora grübelte kurz und meinte dann:

"Am besten klären wir das mit allen Kapitänen ab, ob wir weitertrainieren, solange wir keine eigenen Besen haben oder nicht wissen, wie gut neue Besen sind. Wenn die Slytherins meinen, den Pokal zu haben, weil sie weitertrainieren, dann werden sie wohl an Quidditchregel Nummer eins erinnert werden, dernach ein Spiel erst dann gültig angepfiffen werden darf, wenn vor beginn zwei Mannschaften zu je sieben Spielern auf flugbereiten Besen bereitstehen. Sicher wäre das für Alessandro und Ken fies, wenn wir das Turnier abbrechen und sie von Hogwarts runtergehen, ohne noch einmal um den Pokal gespielt zu haben. Aber auf den Selbstzerlegungskrücken in ein echtes Spiel reinzugehen wäre zu gefährlich", sagte Aurora. als habe Alessandro aus zwölf Metern seinen Namen hören können rief er Aurora zu, sie solle mal eben zu ihm rüberkommen. Sie tat es sofort.

"Ich habe das mit Winchester abgeklärt, als Eunices Blaumacherzauber endlich verflogen ist, daß wir einstweilen Training und Spiel verweigern. Wenn Dumbledore Quidditch in Hogwarts haben will, soll er gescheite Besen rüberkommen lassen", sagte Alessandro.

"Ja, und was machen wir, wenn Dumbledore und Flitwick beschließen, daß aus Ravenclaw eine andere Mannschaft spielen soll?" Fragte Aurora.

"Tja, denen können wir dann ja empfehlen, ihr Testament zu machen, bevor sie trainieren, weil die Mordkrücken die bestimmt noch schneller runterpfeffern als die geübten Spieler", erwiderte Ken gehässig. "Das kann sich Dumbledore auch nicht leisten."

"Klar, und die Slytherins kriegen den Pokal, weil sie zu allen Spielen hinkommen und damit den Schnatz ohne großen Kampf kassieren", knurrte Tim.

"Eben nicht", konterte Alessandro. "Wie auch immer die das regeln, ohne uns von Gryffindor und Ravenclaw kriegen die keine Punkte, weil beim Quidditch zwei Mannschaften auf dem Feld stehen müssen. Lies dir mal die Quidditchregeln durch, Tim!"

"Im Einballtreten ist das doch auch so. Oder kriegt da eine Mannschaft den Sieg, wenn die Gegner nicht kommen wollen und der Schiedsrichter das Spiel trotzdem anpfeift?" Fragte Ken.

"Seit wann interessierst du dich denn für Fußball, Ken?" Knurrte Tim Abrahams. "Abgesehen davon kriegt da auch keine Mannschaft den Sieg geschenkt, nur weil der Gegner nicht zum Spiel kommt. Es kann nur gehen, wenn bei einem Spiel heftig gemogelt wird und deshalb eine Mannschaft ungerechterweise gewinnt. Dann wird das umgekippt. Aber wozu erzähle ich euch das?"

"Weil du gefragt wurdest", warf Alessandro lächelnd ein.

"Also sollen wir jetzt abwarten, was Professor Dumbledore beschließt?" Sagte Aurora.

"Anders geht's ja nicht", wandte Ken ein. Alessandro nickte, während Tim wieder in seine zerknirschte Pose verfiel.

"Ich würde das gleich einwandfrei klären. Willst du dich darauf verlassen, daß wir gute Schulbesen kriegen oder besser doch einen eigenen Besen zum Spiel benutzen?"

"'n eigener is' immer besser, weil da Garantie drauf is'", sagte Alessandro Boulder. Ken nickte. "Aber ich kriege dann bestimmt so'ne lahme Gurke wie den Komet 2 / 10, den die gerade im Superduperfrühlingsausverkauf bei Qualität für Quidditch verramschen. Da meine werten Eltern ja reich an Kindern sein wollten ist für solche Extrawünsche kein Knut da."

"Das können wir klären, wenn wir das erst durchgesetzt haben, daß jeder einen eigenen Besen hat", sagte Aurora Dawn. Ken meinte dazu noch, ob das nicht gegen die Schulordnung verstoße, den Schulleiter derartig unter Druck zu setzen.

"Da es um Quidditch geht nicht, Ken. Bei der Unterrichtsplanung oder Lehrerbesetzung wäre das anders. Deshalb können wir ja nicht gegen Snape vorgehen wie es an und für sich sein sollte."

"Du meinst Professor Snape, Aurora", gab Alessandro mit öliger Betonung zurück.

"Ihr kennt den zwei Jahre länger als ich und mir hat er als Schüler schon gereicht", sagte Aurora. "Deshalb bleibt der für mich nur Snape, auch wenn ich das offiziell natürlich nicht so rüberbringen darf. Glaubt ihr, ich finde das schön, bei den Vertrauensschülerkonferenzen dieses fiese, fahle Gesicht vor mir sehen zu müssen und mitzuhören, wie ach so schwer er es doch mit uns unbelehrbaren Schülern hat und wir ständig undiszipliniert seien und und und? Nein, mir passt es nicht, den als Lehrer zu haben, der vor drei Jahren noch Leute von uns drangsaliert hat. Und ob ihr es glaubt oder nicht, auch seine Anbeterin Tonya Rattler hat es mittlerweile kapiert, daß der Typ schon immer eine Kanallie war. Aber wie gesagt, das gebe ich nicht offiziell raus", flüsterte Aurora Dawn. Sie war sich sicher, daß die drei Jungen ihre Meinung teilten, vor allem Tim Abrahams, der als Muggelstämmiger selbst unter Snapes damaliger Schulbande zu leiden hatte.

"Also rufen wir den allgemeinen Streik aus, was das Quidditch angeht", sagte Alessandro. "Ziel ist, daß wir alle eigene Besen bekommen dürfen. Mal sehen, ob ich das noch mitkriege, daß wir eigene Besen fliegen dürfen, selbst wenn ich nur diesen Ramschfeger kriegen sollte."

"Ich denke, wir werden das in diesem Jahr noch erleben. Einige gute Spieler gehen dieses Jahr ab und wollen sogar in die Liga. Das werden sie sich nicht bieten lassen, hingehalten zu werden", sagte Aurora. Alessandro nickte. Dann fragte er Tim mit einem hinterhältigen Gesichtsausdruck:

"Willst du nicht auch Quidditchprofi werden, Tim?"

"Wenn's nach meinem alten Herren, dem Lieutenant Commander geht, fliege ich in vier Jahren Senkrechtstarter und Überschalljets, du Witzbold", knurrte Tim.

"Och, ist das noch nicht geklärt, was du nach Hogwarts machst?" Fragte Aurora Dawn ehrlich interessiert.

"Ich wollte ja an und für sich im Ministerium im Tierwesenbüro anfangen. Aber da die Muggel eine andere Volljährigkeitsgrenze haben als wir Zauberer wird das noch haarig."

"Wieso, zeig mit dem zauberstab auf deinen Alten und hänge ihm den Ganzkörperklammerfluch an, wo seine Offiziersbrüder dabei sind. Dann kapieren die schon, daß du bei denen nix zu suchen hast", meinte Ken.

"Leute, ich denke, ihr braucht mich jetzt nicht mehr", sagte Aurora. Alessandro schüttelte den Kopf und meinte, daß er mit ihr noch bereden wollte, wie sie den Besenstreik durchziehen wollten. Dabei stellte sich heraus, daß er sich in dieser Angelegenheit Aurora unterordnen wollte, weil die als Vertrauensschülerin und Mannschaftsmitglied besser vermitteln könne. Sie nickte. Das war wirklich etwas, was sie mit diesem von ihr nicht erbetenen Zusatzjob machen wollte.

Wieder am Tisch von Petula und Miriam unterhielten sie sich über die nächsten Stunden und wann sie mit der allgemeinen Wiederholung für die ZAGs anfangen wollten. Sie beschlossen, nach dem angesetzten Spiel Ravenclaw gegen Slytherin anzufangen, das nach dem Spiel Gryffindor gegen Hufflepuff stattfinden sollte. Ob diese Spiele wirklich stattfinden würden war jedoch fraglich.

__________

Der Besenstreik sprach sich in Hogwarts schnell herum. Einige Schüler drückten ihren offenen Unmut aus, daß die Spieler zu feige oder zu schwach waren, nur wegen einiger kaputter Besen nicht spielen zu wollen. Andere pflichteten ihnen bei, daß es nicht weiter so gehen könne. Da zudem noch Auroras Forderung nach Aufhebung des Eigenbesenverbotes auf großen Plakaten im Schloß ausgehangen wurde, sah sich Dumbledore gezwungen, die Vertrauensschüler und Quidditchkapitäne am Mittwoch der folgenden Woche in sein Turmzimmer einzubestellen. Aurora wußte, daß es entweder eine herbe Enttäuschung oder eine sehr erfolgreiche Entscheidung geben würde. Zusammen mit Alessandro trug sie das blaue Ravenclaw-Banner mit dem Schriftzug: "Unsere Adler wollen nur fliegen, wenn sie eigene Besen kriegen!" durch das Schloß zum Turm. Geoffrey Forester wollte zwar das Banner beschlagnahmen, doch da kamen die Gryffindor-Vertrauensschüler mit einem scharlachroten Spruchband um die Ecke, auf dem stand: "Unsere Löwen werden siegen, wenn sie eigene Besen fliegen." Dann tauchte noch Cynthia zusammen mit dem neuen Kapitän der Hufflepuffs auf, ebenfalls ein Spruchband tragend, das schwarz auf kanariengelbem Untergrund verkündete: "Sollen Dachse endlich siegen, wollen sie eigene Besen kriegen."

"Das glaube ich jetzt nicht", knurrte Geoffrey. "Sowas hat es in der Geschichte von Hogwarts noch nie gegeben."

"Dann sei stolz, dabei zu sein", feixte Alessandro, der Geoffrey nicht so für voll nahm.

Als dann noch die Slytherins mit einem grünen Spruchband mit silbernen, wie von einer einzigen Schlange geformten Buchstaben anrückten, die sagten: "Lästig wird's der großen Schlange, flog auf fremden Besen viel zu lange."

"Huhu, ihr da!" Rief Tonya und winkte Aurora und Cynthia. "'ne tolle Idee ist das, endlich eigene Besen rauskitzeln zu können. Hätten wir schon letztes Jahr machen sollen."

"Warst aber zu feige, das selbst anzuleiern, Klotzweib", grummelte Bruster Wiffle, der hinter Aurora einherschritt.

"Kribbels Kekse!" Rief Herman Archstone, der zusammen mit seiner Hufflepuff-Abordnung näher an dem Wasserspeier dran war, der den Eingang zur Wendeltreppe bewachte. Die Steinfigur sprang zur Seite und ließ alle Schülerinnen und Schüler passieren, die Dumbledore einbestellt hatte.

Der Schulleiter hatte einige der silbernen Instrumente und Gerätschaften fortgeräumt und zusätzliche Sofas und Sessel einstellen lassen. Außer ihm saßen die Hauslehrer bereits dort. Snape glotzte verschmitzt die Spruchbänder an, die die Schüler ohne lautes Wort hereintrugen. Professor McGonagall sah etwas entgeistert auf das Spruchband ihres Hauses, sagte jedoch nichts. Offenbar war das für sie völlig neu, daß ihre Schüler wie Muggeldemonstranten mit Parolen daherliefen. Als Dumbledore mit interessiertem Blick die Spruchbänder studiert hatte, wünschte er den Eingeladenen einen schönen Nachmittag und wartete, bis sie sich alle hinsetzten.

"Nun, ich habe euch alle hergebeten, weil ich langsam Probleme mit meinem Posteingangskorb habe", richtete der Schulleiter das Wort an seine Schüler. "Jeden Tag kriege ich zwanzig Eulen von Verwandten hier lernender Schülerinnen und Schüler, die sich beklagen, in welche Lebensgefahr wir die Mannschaftsspieler bringen. Nun, ich könnte jetzt hingehen und alle Briefe ungelesen vernichten. Doch wenn ich dabei eine wichtige Nachricht verschwinden lasse, nicht auszudenken." Die Schüler grinsten. Dumbledore ließ seinen Blick umherschweifen und beäugte zunächst die Quidditchkapitäne, dann Bernhard Hawkins und Aurora Dawn.

"Ich bedauere es, daß unsere Schulbesen wegen des Spiels im Winter offenbar unrettbaren Schaden genommen haben und wir deshalb gewisse Probleme gekriegt haben. Dennoch wollte ich nichts übers Knie brechen, zumal ja die Schulräte da auch noch zu informiert werden mußten." Alle schwiegen. Sie lauerten förmlich darauf, daß Dumbledore endlich sagte, was Sache war. Er jedoch blickte auf die Spruchbänder und schmunzelte. "Es ist für mich ein erhebendes Gefühl, mal eine echte Demonstration mitzuerleben, an der ausnahmslos alle Häuser mitwirken. Offenbar wirkt sich die eintretende Ruhe nach dem Sturz Voldemorts endlich aus." Alle zuckten zusammen. Mit so einem derben Kommentar hatte keiner gerechnet. Amüsiert grinsend fuhr Dumbledore dann fort: "Es ist bedauerlich, wie es gelaufen ist. Aber in Rücksprache mit den Schulräten muß ich euch mitteilen, daß wir zwar neue Schulbesen vom Typ Sauberwisch 4 anschaffen werden, aber das Eigenbesenverbot weiterhin in Kraft bleibt."

Jetzt erhob sich doch Gemurmel. Aurora erhob sich und sagte:

"Dann können wir Ihnen und allen Schulräten verbindlich versichern, daß wir hier kein Quidditch mehr spielen werden, solange wir irgendwelche ausgemusterten Besen benutzen müssen. Die Sauberwischs 4 sind bereits im Ausverkauf zu haben, und ich denke, deshalb wollen die Schulräte auch, daß wir die kriegen. Wer garantiert, daß sie neuwertig sind?"

"Qualität für Quidditch garantiert das, Aurora", sagte Professor Dumbledore ruhig. Alessandro, Sam Winchester und die beiden anderen Kapitäne lachten lauthals.

"Die Garantie kenne ich schon von meinen Eltern", sagte Winchester. "Als die hier gespielt haben hat der Quidditchladen Hogwarts auch mit angeblich neuwertigen Besen bedacht. Es stellte sich aber durch einen Zufall heraus, daß viele davon bereits von diversen Mannschaften in England abgeritten worden waren, weil die unsichtbaren Markierungen noch nicht entfernt worden waren. Die Gerätewarte der Liga haben das nicht gemacht, aus Nachlässigkeit oder einfach weil es ihnen zu dumm vorkam. Als meine Eltern raushatten, wi man diese Markierungen lesbar zaubern konnte, wurden die Besen schnell abgestoßen. Sie waren damals schon Schulleiter, Professor Dumbledore." Er blickte Dumbledore herausfordernd an und wandte dann seinen Blick Professor McGonagall zu. "Und wenn meine Eltern mir das richtig erzählt haben, haben Sie, Professor McGonagall, zusammen mit Professor Bitterling gefordert, daß die Eltern der Schüler Extragelder bezahlten, um wirklich neue Besen anzuschaffen."

"Das ist korrekt", sagte Professor McGonagall. "Aber seit dem Zwischenfall bekommen wir immer unverkaufte und ungebrauchte Besen, die technisch überholt sind."

"Ach ja?" Fragte Aurora Dawn. Sie wußte, daß sie hier und jetzt ihren Rauswurf riskierte, aber jetzt auch nicht mehr zurückzucken wollte. "Wie kommt es dann, daß auf dem Besen, mit dem Bernhard Hawkins beim letzten Training gelandet war, die Ts der Tudshill Tornados mit unsichtbarer Lackierung aufgebracht waren. Der Nigerilumos-Zauber konnte diese Zeichen deutlich lesbar machen."

"Wirklich?" Fragte Professor McGonagall. Dumbledore schien zu überlegen, was er dazu sagen wollte.

"Diese verwöhnte Göre will nur einen eigenen Besen fliegen und meint jetzt, alle damit anstecken zu können", zischte Snape verächtlich. Tonya sah ihn kurz an und senkte dann den Blick.

"Professor Snape, wenn wir eigene Besen hätten, könnten wir den Pokal holen", argumentierte der Kapitän der Slytherin-Quidditchmannschaft gegen seinen Hauslehrer an. Aurora, die das von der verwöhnten Göre an und für sich nicht einfach so hinnehmen wollte, sah erst Snape und dann Dumbledore an, der sie warmherzig anlächelte.

"Nun, daß läßt sich ja klären", sagte der Direktor. "Sollte uns Qualität für Quidditch wirklich derartig übertölpelt haben, wäre das sehr peinlich für uns." Er Wandte sich seinem Phönix zu und flüsterte mit ihm. Dann öffnete er mit drei Stubsern seines Zauberstabes ein Fenster und ließ den schwanengroßen Vogel hinausfliegen. Es dauerte keine Minute, da schoss der rotgoldene Zaubervogel mit sieben Besen zwischen den Krallen zurück und fädelte die Fluggeräte durch das Fenster und kehrte selbst zurück. Die Hauslehrer nahmen die Besen und legten sie in die Mitte des Raumes.

"Fawkes hat sich aus den hundert Schulbesen sieben herausgepickt, die ihm am ältesten vorkamen. Seine Fähigkeit, Flugzauber zu erspüren ist mir schon häufig sehr nützlich gewesen", sagte Dumbledore. Dann bat er die Hauslehrer, den schwarzen Lichtstrahl aus ihren Zauberstäben zu beschwören. Er selbst richtete den Zauberstab auf den ramponiertesten Besen von allen und murmelte: "Nigerilumos!"

Als wenn ein kreisrundes Fenster im Raum geöffnet worden war, hinter dem alle Farben und Helligkeitsstufen ins Gegenteil verkehrt worden waren, konnten die Schüler und die Lehrer die Besen begutachten. Tatsächlich konnten sie an den sieben Besen bisher unsichtbare Markierungen sehen, die jetzt, unter dem schwarzen Lichtkegel, bläulich-grün flackernd zu entziffern waren. Da war die Wimbourne-Wespe, die Cs und die Kanonenkugel von Chutley, das geflügelte Pferd mit den flammenden Hufen aus Newcastle, die Ts der Tornados aus Tudshill und einige andre Symbole, die Quidditchfans sehr geläufig waren.

"Sie sehen, wir machen Ihnen nichts vor, Herr Direktor", sagte Aurora Dawn, die hier in diesem Raum von allen gewollt oder ungewollt als Sprecherin der Besenstreiker vorgeschickt worden war, auch von den Slytherins, wohl gerade von denen, weil die sich nicht den Mund verbrennen wollten.

"Das könnten auch Manipulationen von Schülern sein, die Ihnen was vormachen wollen, Herr Direktor", wetterte Snape dagegen. Er prüfte den von ihm untersuchten Besen genau und meinte, sie hätten den Lack wohl hergestellt und aufgetragen, um vorzutäuschen, es seien bereits gebrauchte Besen gewesen. Doch Dumbledore fragte ihn, woher die Schüler denn den Lack hätten haben sollen. Snape meinte mit einem gehässigen Blick auf Aurora und Cynthia:

"Die beiden meinen, sich gut in Zaubertränken auszukennen. Sie werden wohl die Rezeptur in einem Buch gefunden haben."

"Das glaube ich nicht, Severus", zischte Professor McGonagall gereizt. "Ein solches Buch existiert nicht in der Bibliothek, da die Rezeptur für unsichtbaren Lack der Spiele- und Sportabteilung alleine gehört und sie die Besen höchst selbst markieren, wenn die Mannschaften sie anschaffen und eintragen lassen."

"Es geht ja darum, mögliche Diebstähle von guten Besen zu verfolgen, weil der Lack nur von Kennern der Rezeptur entfernt werden kann. Die Gerätewarte müssen die ausrangierten Besen zur Spiele- und Sportabteilung zurückbringen, um sie ausmustern zu lassen", sagte Dumbledore ruhig. "Ich denke schon, daß einigen Gerätewarten das zu mühsam ist, flugtaugliche Besen offiziell austragen zu lassen. Nach dem Skandal von vor zwanzig Jahren, auf den Mr. Hawkins hinwies, wurde seitns dieser Abteilung ermittelt und nichts gefunden, was eine sportrechtliche Ahndung rechtfertigen konnte. Mag sein, daß die Mannschaften diese Praxis des inoffiziellen Ausmusterns immer noch praktizieren, wenngleich vorsichtiger."

"Klar, wenn niemand darauf kommt, nach diesen Markierungen zu suchen", warf Bernhard Hawkins ein. "Wer guckt schon bei einem Billigbesen nach, ob der früher schon benutzt wurde und von wem?"

"Nun, das sollten wir uns besser angewöhnen", sagte der Schulleiter. Doch die Vertrauensschüler und Quidditchkapitäne schüttelten die Köpfe.

"Die machen das Spiel nur mit uns, weil unsere Eltern keine Lust haben, anständige Besen zu bezahlen. Dabei wäre es für Hogwarts bestimmt billiger und sicherer, wenn sich die, die spielen wollen, eigene Besen anschaffen dürften."

"Genau das finden wir alle", sagte Aurora Dawn. "Dieses Verbot hat fast Spielern das Leben gekostet. Ich selbst bin im zweiten Jahr abgestürzt, weil diese Besen nichts mehr aushalten. Meine Eltern haben mir bereits versichert, daß sie besser schlafen könnten, wenn ich einen eigenen Besen hätte. Ja, und bevor Sie es wieder sagen, Professor Snape, meine Eltern legen wert darauf, daß ich gute Sachen benutze. Aber da sind meine Eltern nicht alleine."

"Ach, und jetzt meinst du, weil ihr hier diese Besen angebracht habt daß ...", setzte Snape an, der es nicht hinnehmen wollte, daß Aurora im Recht sein könnte. Dumbledore räusperte sich und sagte:

"Fawkes hat diese Besen ausgesucht. Glauben Sie wirklich, daß die Schüler alle Besen manipuliert hätten, Severus. Das wäre Madame Hooch gewiß aufgefallen, da der Lack einen ganzen Tag zum trocknen braucht und bestimmt nicht so deutliche Markierungen zu sehen wären, wenn jemand gleich nach dem Lackieren damit geflogen wäre."

"Mit anderen Worten, Sie glauben, daß dieses Mädchen da recht hat?" Fragte Snape gehässig, aber mit unterwürfigem Blick auf Dumbledore.

"Ich werde alle Besen auf unsichtbare Kennzeichen prüfen, Severus, um Ihren Einwand zu überprüfen. Ich glaube nicht, daß alle Besen markiert sind. Aber falls doch, muß ich Ihnen wohl zustimmen, Severus".

"Das dauert aber mindestens zehn Minuten, alle Besen zu prüfen", sagte Snape verhalten.

"Für einen Zauberer alleine, Severus. Wenn Sie vier mir dabei zur Hand gehen, dauert es keine zwei Minuten, sämtliche Besen zu prüfen", sagte Dumbledore. McGonagall, Flitwick und Sprout nickten zustimmend. Auch Snape mußte nicken, weil er nicht alleine dastehen wollte. Die Schüler wurden aus dem Zimmer geschickt und sollten warten, bis die Prüfung beendet war. Da vor der Tür nicht viel Platz war, stauten sie sich auf der geschwungenen Treppe und hielten sich am Geländer fest. Keiner sagte ein Wort mehr als nötig. Aurora, die zwischen Alessandro Boulder und Bernhard Hawkins stand, überlegte schon, was sie machen wollte, wenn Dumbledore Snape zustimmte. Leicht verunsichert über ihre eigene Courrage lauschte sie auf das Klappern im Zimmer. Zwischendurch hörte sie den Ausruf "Accio Besen!" oder "Dismitto Besen!" Es dauerte keine zwei Minuten, da steckte Dumbledore den Kopf mit dem wilden silberweißen Schopf und Bart zur Tür heraus und bat die Schüler wieder hinein. Als sie alle wieder saßen sagte er kurz und knapp:

"Von den achtzig Schulbesen waren dreißig Markiert. Somit hätte Fawkes auch unmarkierte Besen erwischen können, wenn er nicht gezielt nach überalterten Besen gesucht hätte. Mein Kollege Flitwick und ich konnten sogar herausfinden, daß einige Innerttralisatus-Zauber so instabil geworden sind, daß sie zu einem verkümmerten Schleuderfluch umschlagen könnten, wenn Bewegungen gemacht werden, die Kräfte an den Schwachpunkten des Zaubers einwirken lassen. Nach dem Bericht von Madame Hooch kommt das dem gleich, was mit Mr. Winchester geschehen ist. Alles Gerät, auch Zauberwerk, ermüdet, wenn es nicht korrekt gewartet wird. Hätte Madame Hooch gewußt, wie heftig beansprucht manche Besen sind, hätte sie für den Flugunterricht und die Spiele gewiß tauglichere Besen ausgesucht. Insofern können wir der Initiative von Ms. Dawn und den Mannschaftskapitänen sogar dankbar sein, da wir höchstwahrscheinlich tödliche Unfälle von Fluganfängern verhindern können, die auf ermüdete Besen zurückzuführen sind. Das werde ich den Schulräten noch einmal schreiben müssen. Ich fürchte, wir haben uns zu sehr darauf verlassen, beim Großeinkauf brauchbare Besen zu bekommen. Sicher werden wir weiterhin Schulbesen benutzen. Kehren Sie bitte alle in ihre Häuser zurück! Ich werde die neue Sachlage mit den Hauslehrern erörtern und dann heute abend vor allen Schülern und dem restlichen Lehrkörper verkünden, was in Hogwarts weiterhin gelten soll."

Aurora sah Dumbledore an, um aus seinem Gesicht lesen zu können, wie er dachte. Doch er lächelte nur und deutete mit einer ruhigen Handbewegung auf die Tür. Sie erkannte, daß sie im Moment nichts tun konnte, wenn sie die Lage nicht verschlimmern wollte. So sagte sie zu Bernhard und Alessandro:

"Kommt, wir gehen!" Diese drei Worte waren das Startzeichen für alle anderen, ebenfalls das runde Zimmer zu verlassen.

"Das gibt Ärger mit denen vom Quidditchladen", sagte Bernhard gehässig. "Wenn der Tagesprophet, Rennbesen im Test und der magische Sportbeobachter mitkriegen können die den Laden dicht machen."

"Das war wohl ein Wespennest, in das wir da gestochen haben", sagte Alessandro. "Kauft ihr Dumbledore ab, daß er das nicht gewußt hat?"

"Hundertprozentig", sagte Bernhard. "Hätte er was von dieser Schiebung gewußt, hätte der bestimmt nicht zugelassen, daß wir uns diese Besen ansehen können. Könnte es nicht sein, daß irgendein ehemaliger Slytherin die Besen verschoben hat?"

"Eh, pass auf, was du sagst", knurrte einer der Slytherin-Vertrauensschüler drohend. Tonya Rattler wartete, bis ihre Hauskameraden durch die Tür zum Korridor waren und winkte dann Aurora zu. Diese ging mit erhobenem Kopf auf Tonya zu. Was wollte die jetzt noch?

"Mußtest du die erst mit der Nase drauf stoßen, daß die Besen schon total runtergeflogen waren. Peinlich für Dumbledore und Hooch. Gut gemacht, Dawn!"

"Ich sage mal danke, Tonya", erwiderte Aurora, weil sie nicht wußte, was das nun wieder solte.

"Eh, träume ich oder hat das Klotzweib dich gerade für was gelobt?" Fragte Bruster, als Aurora mit ihm und den anderen Ravenclaws in den Trakt zu ihrem Hauseingang abgebogen waren.

"Wahrscheinlich freut sie sich schon, weil die Slytherins endlich gescheite Besen fliegen dürfen oder ich von Dumbledore doch noch eins reingewürgt kriege", erwiderte Aurora. "So oder so kann sie dann darüber lachen."

"Freundinnen werdet ihr bestimmt nicht", grinste Alessandro. "Was wäre, wenn die nicht bei den Schlitterreins sondern bei uns gelandet wäre?"

"Dann würde die kleinere Brötchen backen", sagte Bruster. "Aber sie ist nicht bei uns reingekommen."

In Ravenclaw berichteten die Vertrauensschüler und der Quidditchkapitän, was in Dumbledores Zimmer gesagt und getan worden war. Nelly Flowers strahlte Aurora an und meinte:

"Vielleicht kriegen wir dann doch im nächsten Jahr eigene Besen. Dann kann ich den Sauberwisch 5 kriegen, den unser Cousin gerade hat, der für die Cannons spielt."

"Auf jeden Fall ein tierischer Skandal", sagte Miriam. "Ich hätte nicht übel Lust, meinen Eltern das zu schreiben."

"Warten wir's ab", sagte Aurora Dawn. Sie traute dem Braten nicht so recht. Nachher einigte sich Dumbledore mit dem Quidditchladen auf kostenlose Ersatzbesen und behielt das Eigenbesenverbot bei, weil er dann ja billig an neuwertige Besen herankommen könnte, wollten die Ladeninhaber nicht doch noch in der Zeitung stehen. Das war zwar Erpressung. Aber Erpressung ging ja nur, wenn jemand was hatte, womit er erpresst werden konnte. Insofern hatte sie keinen Grund, den Inhabern von Qualität für Quidditch Mitleid entgegenzubringen.

Abends saßen alle Schüler gespannt an ihren Tischen und aßen leise und schnell. Immer wieder huschten Blicke zum Lehrertisch, wo Dumbledore zwischen den vier Hauslehrern auf seinem erhöhten goldenen Stuhl saß und ganz gemütlich dem umfangreichen Abendessen zusprach, sich mit dem einen Lehrer oder der anderen Lehrerin über irgendwas unterhielt und die Schüler nicht zu bemerken schien. Dann, als alle nichts mehr essen konnten und mit prallen Mägen auf ihren Stühlen herumrutschten, erhob sich der Schulleiter und klopfte an seinen Trinkkelch. Doch das wäre vollkommen unnötig gewesen. Denn kaum hatte er sich erhoben, erstarb jeder Laut in der großen Halle von Hogwarts.

"Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler von Hogwarts", begann Dumbledore ruhig aber raumfüllend. "Es ist schon mehr als fünfunddreißig Jahre her, da hat mein direkter Vorgänger, Professor Dipped, eine neue Regel für die Schulordnung erlassen. Dieser Regel nach durften die Schülerinnen und Schüler hier keine eigenen Flugbesen besitzen und benutzen, um unnötige Neidereien zu unterbinden und bei den Spielen möglichst gleiche Verhältnisse zu schaffen. Das ging auch lange Zeit gut. Wir haben hier viele spannende Spiele gesehen und tausende von jungen Hexen und Zauberern an den Umgang mit Flugbesen herangeführt. Wenn zwischendurch Besen überalterten oder im Gebrauch zu Bruch gingen, wurden von der Schule neue Besen angeschafft und gewartet. Unfälle wegen Überalterung kamen nach meinen Kenntnissen sehr sehr selten vor. Doch in den letzten Jahren hhäuften sich die Vorkommnisse um die in großen Mengen beschafften Besen. Wie Ihnen und euch bekannt ist, haben die Quidditchmannschaften in Hogwarts nach so vielen Unfällen wegen Überalterung der Flugbesen beschlossen, sich zu verweigern, an den Spielen teilzunehmen, sofern sie damit rechneten, unzureichende Besen zu fliegen. Es kam sogar zu einem großen Protestmarsch in mein Turmgemach." Er schmunzelte amüsiert, während die Lehrer und Schüler in gespannter Stille verharrten. "Nun, wir überprüften die Besen und stellten fest, daß viele davon wohl schon vorher sehr ausgiebig benutzt worden sein mußten, obwohl wir sie erst wenige Jahre im Gebrauch hatten. Also waren sie nicht neuwertig, sondern gebraucht, um nicht zu sagen verbraucht. Dies zwang mich und meine Kollegen Hauslehrer dazu, gründlich nachzudenken, inwieweit ein Verbot um des lieben Friedens Willen die Gesundheit jener Schüler gefährden darf, die zu unser aller Kurzweil den ohnehin schon gefährlichen Sport Quidditch ausüben. Nach eingehender Beratung wurde abgestimmt, den Schulräten von Hogwarts folgenden Beschluß mitzuteilen, der von Beginn der letzten Runde im diesjährigen Turnier gelten soll:

Schülern, die von Madame Hooch die allgemeine Flugerlaubnis bekommen haben, soll es gestattet sein, eigene Besen zu besitzen und für Quidditch oder andere Flugtätigkeiten zu benutzen ..." Ein Ohrenbetäubender Lärm brach über Dumbledore herein und begrub seine Worte, die er gerade noch sagen wollte. Er lachte, vermutlich sehr laut. Aber unter dem Jubelgeschrei der Schülerinnen und Schüler, dem rhythmischen Klatschen und Stampfen, war es nicht zu hören. Es dauerte an, bis Bruster und Alessandro laut "Aurora! Aurora!" Riefen. Der Ruf pflanzte sich erst am Ravenclaw-Tisch fort und sprang dann auf die anderen Haustische über. Hufflepuffs und Gryffindors nahmen ihn begeistert auf und verstärkten ihn ohrenbetäubend. Bei den Slytherins gab es zwar manchen, der gerne in dieses Aurora-Jubelgeschrei eingestimmt hätte, doch sie blieben stumm, bis Tonya Rattler den Ruf übernahm, dann Loren Tormentus und andere, bis die Hälfte der Slytherins im Chor "Aurora!" rief. Die gehuldigte verbarg ihr schlagartig errötetes Gesicht in den Händen. Kleine Freudentränen perlten warm und naß zwischen Wangen und Händen hindurch. Aurora Dawn hatte heute die Geschichte von Hogwarts um ein Kapitel erweitert. Dumbledore nickte den Rufern rhythmisch zu. Snape funkelte seinen Haustisch an, schaffte es jedoch nicht, den Jubel zu beenden. Die Professoren Flitwick und Sprout strahlten um die Wette, und Professor McGonagall sah gutmütig zu allen Tischen hinüber. Irgendwann, als die Jubelrufe abebbten, räusperte sich Dumbledore und fuhr mit seiner Ansprache fort.

"Wie gesagt gilt diese wieder erlassene Erlaubnis für alle Schüler, die nach dem ersten Schuljahr hier die allgemeine Flugerlaubnis errungen haben. Das heißt, daß weiterhin niemand aus der ersten Klasse einen eigenen Besen besitzen und benutzen darf. Darauf müssen wir bestehen, da gerade bei den Erstklässlern ja noch daran gearbeitet werden muß, daß sie sicher und beherrscht mit ihren Besen umgehen lernen und vor allem die Schüler aus nichtmagischen Familien, die bis zur Einschulung bei uns nicht einmal ahnten, daß wir auf Besen fliegen können, durch ihre Klassenkameraden nicht zu waghalsigen Dingen angetrieben werden. Bis auf eine Enthaltung haben die Hauslehrer meinem Entschluß zugestimmt und werden ihn mit mir vor den Schulräten vertreten. Um weiterhin Benachteiligungen von Schülern aus geldlich eingeschränkten Familien zu vermeiden, werde ich den Schulräten empfehlen, daß die Schatzmeister der britischen und irischen Quidditchmannschaften in einen Nachwuchsfond für talentierte Hogwarts-Schüler einzahlen, ohne jedoch auf einzelne Schüler gezielten Einfluß ausüben zu können. Die freie Wahl der Karriere gehörte und gehört zu den Grundprinzipien in Hogwarts. Niemand hier soll vorzeitig und unumkehrbar auf einen bestimmten Lebensweg eingeschworen werden. Ich hoffe jedoch, daß die britischen Mannschaften dies einsehen, daß sie keine minderjährigen Zauberer einkaufen können, nur um denen gute Besen zu verschaffen, die aus eigenen Möglichkeiten keinen bekommen können. Ich finde, das war längst fällig, und ich möchte mich noch einmal bei Ms. Aurora Dawn bedanken, daß sie in courragierter Zusammenarbeit mit den Vertrauensschülern und Hausmannschaftskapitänen diese Neuerung angeregt hat. so gilt mein letztes Wort an diesem Tag den Mitgliedern der Mannschaften, sich nach für sie brauchbaren Besen umzuhören und für die dritte Runde unseres Turniers, das ja nächste Woche mit dem Spiel Gryffindor gegen Hufflepuff fortgesetzt wird, mit eifer und guten Besen antreten können. Und jetzt Marsch in die Häuser!"

Alle lachten über Dumbledores Befehl, fügten sich jedoch. Wie üblich blieben Nelly und Vivian in Auroras Nähe. Sie strahlten sie an, selbst wenn Vivian nicht so recht wußte, wie wichtig oder unwichtig das gerade erlebte für sie war.

"Meine Eltern würden mir bestimmt keinen Besen kaufen. Zum einen wüßten die nicht, was ich damit wirklich anfangen sollte, und zum zweiten könnten die den ja nicht von der Steuer absetzen wie sie es mit meinen Grundschulsachen immer gemacht haben", sagte die muggelstämmige Erstklässlerin.

"Na klar, Besen für die Hexentochter ist ja auch ein ziemlich merkwürdiger Posten für'ne Steuererklärung", feixte Roy, der verstand, was Vivian umtrieb. Dina sah ihn merkwürdig an und blickte dann ungehalten zu Vivian hinüber, die locker neben Aurora Dawn herlief.

Im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws feierten die Schüler noch eine halbe Stunde lang Auroras Triumph. Dann kam Professor Flitwick und befahl allen, sich zur Ruhe zu begeben, da morgen ja wieder Unterricht sei und sie alle ihren Schlaf dringend bräuchten.

Am nächsten Tag brachte der Tagesprophet die Schlagzeile:

         

EIGENE BESEN IN HOGWARTS WIEDER ZUGELASSEN

"Heiß. Die schreiben hier sogar, daß der Gerätewart der Cannons gefeuert wurde, weil er abgewrackte Besen über irgendwelche Zwischenhändler als Ladenhüter verscheuert hat", flötete Bruster, der die Zeitung gründlich durchlas. "Oh, und hier heißt es, daß Leute aus dem Schulrat Dumbledores Rücktritt fordern, weil er zu lange auf diese Entscheidung verzichtet habe. Das wäre der mächtigste Kopf, den du ins Rollen gebracht hättest, Aurora."

"Ich hatte nicht vor, irgendwen köpfen zu lassen", erschrak Aurora. "Ich wollte doch nur haben, daß wir endlich gescheite Besen fliegen können."

"Bruster, die kennt den Spruch nicht", wandte Roy ein. Vivian sagte zu Aurora:

"Da wird keiner geköpft, Aurora. Das ist ein Muggelspruch, wenn jemand wegen irgendeiner dummen Sache seinen Job verliert. Mehr ist damit nicht gemeint."

"Unter Mr. Unnennbar wäre das aber bestimmt noch wörtlich gemeint", sagte Roy biestig. Aurora und Miriam warfen ihm einen finsteren Blick zu. Wie konnte Roy, der seine Eltern verloren hatte, so gehässig darüber reden, was unter dem Unnennbaren noch alles passiert wäre?

"Apropos, Roy. Die haben einen von denen erwischt, der deine Eltern ... na ja, sie haben ihn in einer dunklen Gasse bei Glocester umzingelt und mit mehreren Schockern gleichzeitig umgemäht. War für die Heiler im St.-Mungo ziemlich kitzelig, den noch am Leben zu halten", sagte Bruster.

"Einen haben sie? Schön! Hoffentlich kriegen sie die restliche Bagage auch noch", knurrte Roy mit tiefster Genugtuung.

"Oh, das wird wohl schwierig, weil sich viele von denen, die verdächtigt wurden, unter dem Imperius-Fluch befunden haben. Hier steht sogar wieder einer drin, der gestern vor Gericht stand", sagte Bruster und reichte Roy die Zeitung. Auf der aufgeschlagenen Seite prangte das Foto eines Mannes mit bleichem, spitzen Gesicht und wohl hellen Haaren und überlegen wirkendem Blick.

"Gestern wurde vor dem Zauberergamot, dem höchsten Gericht der britischen Zaubererwelt, der bislang sehr hoch geachtete Lucius Malfoy zu Verdachtsmomenten befragt, die ihn in den Verruf brachten, ein tatkräftiges Mitglied jener tyrannischen Truppe von Zauberern gewesen zu sein, die sich jenem dessen Name nicht genannt werden darf angeschlossen haben. Mr. Lucius Malfoy sagte vor der Versammlung der Zaubererschaft unter Vorsitz von Mr. Bartemius Crouch aus, daß er damals vor zehn Jahren eher aus Neugier an alten Relikten seiner langen Ahnenlinie mit mittlerweile als Angehörige der sogenannten Todesser ermittelten Zauberern zusammentraf und von ihm, der nicht beim Namen genannt werden darf, unter den heimtückischen Imperius-Fluch gezwungen worden sei. Malfoy konnte alle Fragen nach seinen Taten beantworten. Die Hauptverdachtsmomente, er habe sogar an Überfällen im Ausland teilgenommen, konnte er durch nachprüfbare und unerschütterliche Alibis entkräften. Somit mußte das Zauberergericht ihn letzthin von allen Anklagepunkten freisprechen. Mr. Malfoy, der Vater eines bald zweijährigen Sohnes ist, verriet uns nach dem glücklichen Ausgang seiner Verhandlung, daß er immer schon dagegen ankämpfen wollte, von jenem schrecklichen Zauberer benutzt zu werden."

"Der stand unter dem Imperius-Fluch?" Entfuhr es Aurora Dawn. "Der und seine Familie haben dieses Ungeheuer freiwillig unterstützt. Ich weiß doch noch, wie sie drauf waren, als ich den da erwähnten Kronprinzen Draco aus dem Spielzeugladen gerettet habe. Seine Frau und deren Schwester waren doch auch da."

"Ja, aber wenn der vor Gericht stand und in diesem Kettenstuhl gehockt hat, von dem mein Dad mal erzählt hat, wird der wohl die Wahrheit gesagt haben", warf Mortimer ein. "Ich weiß, wie du dich fühlst, Aurora, weil es ja hieß, daß ein Typ, der so aussah wie Malfoy deinen Vater in Frankreich fast umgebracht hat. Aber wenn die das klären konnten und er da nicht bei war ..."

"Die können schreiben was sie wollen", schnaubte Roy. "Ich denke auch, daß längst nicht alle von denen unter dem Imperius herumgelaufen sind. Überzeugung ist immer noch das stärkste Mittel, jemanden zum Mitmachen zu treiben. Das hast du doch gestern eindrucksvoll bewiesen, Aurora."

"Gleich rutscht mir die Hand aus, Roy. Ich lasse mich nicht auf dieselbe Stufe mit Ihr-wißt-schon-wen stellen", fauchte Aurora unbändig wütend und funkelte Roy mit stark verengten Augenbrauen an wie eine angriffslustige Katze.

"So hat er das auch nicht gemeint", sagte Bruster. "Er meinte nur, daß es einfacher ist, jemanden von seiner Sache zu überzeugen als ihn andauernd unter diesem Fluch zu halten. Für eine Sache ist das wohl besser als langes Gelaber. Aber dauernd? Aber wir wissen ja nicht, wie mächtig er war und wie einfach es für ihn war, Leute in seinem Bann zu halten."

"Hast recht, Bruster. Ich sollte nicht zu heftig reagieren", gestand Aurora Dawn ein.

Die restliche Woche verging mit dem üblichen Trott. Snape, der sich wohl als einziger nicht für Dumbledores Aufhebung des Besenverbotes ausgesprochen hatte, sah es wohl als Genugtuung an, Aurora wegen unnötiger Langsamkeit beim Brauen zwanzig Punkte für Ravenclaw abzuziehen. Da Ravenclaw aber trotz Snapes Tatkraft zusammen mit Gryffindor die Punkteränge anführte beachtete Aurora diesen Einbruch nicht sonderlich. Bei Sprout und Flitwick würde sie für Ravenclaw wieder Punkte holen, vielleicht sogar bei McGonagall, weil ja nun auch ihre Gryffindors anständige Besen anschaffen konnten. Dina war nur etwas geknickt, als sie aus Snapes Stunde kamen. Er hatte ihren Zaubertrank als unzumutbar beurteilt und mit einer glatten Null bewertet, obwohl sich Dina sicher war, daß sie alle Zutaten in der richtigen weise zusammengerührt hatte.

"Du kannst ja Zaubertränke abwählen, wenn die ZAGs durch sind", feixte Mortimer. Roy baute sich vor ihm auf, während Dina ihm kräftig in die Seite boxte.

"Wegen dem vermassel ich mir alles", schluchzte sie. Aurora meinte:

"Das ist der nicht wert, Dina. Das ist der Typ nicht wert. Ich werde Zaubertränke weitermachen, ob mit dem netten Professor Snape oder ohne ihn. Das habe ich mir schon geschworen."

"Ja, und was für'n Dickschädel du hast weiß Schniefelus Snape jetzt erst recht", grinste Roy. "Dieser ganze Spuk mit der Langsamkeit, was andere wie seine respektable Vorgängerin Gründlichkeit genannt hätten, ist doch nur dafür da, dir zu sagen, daß du gefälligst seinen Unterricht hinzuschmeißen hast, wenn du Glück mit den ZAGs hast. Aber ich werde diesen Hakennaserich abwählen, da kann er seine eigenen Gifte drauf nehmen", verkündete Roy.

"Das weißt du doch noch gar nicht, ob du ihn für das, was du nach den ZAGs machst, abwählen kannst", sagte Aurora.

"Du glaubst doch wohl nicht, daß ich nach der siebten Klasse noch in der Zaubererwelt rumkrebse. Ich mache das, was mir einen möglichst sanften Übergang in meine frühere Welt gibt und fertig", versetzte Roy. Dina schien das aber irgendwie anders zu sehen. Die Traurigkeit in ihrem Gesicht änderte sich zu einer gewissen Ungehaltenheit. Sie sah Roy mit tränenfeuchten Augen an und meinte:

"So schlimm ist das doch nicht hier. Jetzt, wo der Unnennbare auch weg ist und keinem mehr was tun kann ..."

"Danke, Dina, aber was der mir und Erica schon getan hat ist schlimm genug", schnaubte Roy. Aurora fand, daß sie das nichts anging, wie Dina und Roy sich darum stritten, ob Roy in der zaubererwelt blieb oder nicht. Sie dachte an das Spiel Gryffindor gegen Hufflepuff.

Dieses verlief, nun wo sie wußten, welche Besen ausrangiert werden mußten, ziemlich sicher für die beiden Mannschaften. Gryffindor holte sich mit 200 zu 30 Punkten den Sieg. An und für sich hätten die Gryffindors wohl noch mehr Punkte haben wollen, doch als der Sucher der Hufflepuffs den Schnatz schon fast ergriffen hatte, hatte Gryffindors Sucherin beschlossen, lieber auf Nummer Sicher zu gehen und das Spiel damit entschieden.

Nach dem Spiel traf sich Aurora mit Bernhard. Nächste Woche sollte der Hogsmeade-Ausflug stattfinden, und sie mußten sich ja noch überlegen, wo sie hingehen wollten.

"Also diese Puddyfoot-Teestube wäre doch mal was neues", sagte Bernhard. Aurora grinste.

"Na klar, weil du da mit mir schmusen kannst, weil das die anderen da auch machen."

"Nicht deswegen", sagte Bernhard schnell. "Das ist wegen der Ruhe da. Da können wir über das reden, was in den letzten Monaten so gelaufen ist. Oder interessiert dich das nicht, warum ich in den letzten Monaten so wenig mit dir zusammen gewesen bin?"

"Sicher interessiert mich das", schnarrte Aurora und wurde gleich wieder friedlich. "Ich habe gehofft, daß du dir die Zeit nehmen kannst, mit mir über alles zu sprechen, was in der letzten Zeit so passiert ist. Ich hatte nämlich irgendwie den Eindruck, du wärest total angespannt und unter Druck."

"Das kann man so sagen, Aurora. Allerdings möchte ich das dann bequatschen, wenn wir für uns sind und 'nen ganzen Tag Zeit haben", wies Bernhard alles anstehende an den Ausflug nach Hogsmeade weiter.

"Dina hat erzählt, sie wollte mit Roy mal nicht in die drei Besen, weil da sonst immer so komisches Volk rumläuft. Offenbar braucht die auch Zeit für was."

"Oh, dann müssen wir aufpassen, daß wir denen nicht bei Puddyfoot in die Quere kommen", sagte Bernhard. Aurora nickte und grinste.

__________

Zäh wie ausgekochter Froschlaich war die Woche dahingekrochen. Aurora hatte zwar einige Übungsstunden auf einem der alten Schulbesen genommen, freute sich aber schon darauf, nach dem Spiel gegen Slytherin in der Woche nach Valentin ihren sorgsam unter ihren Kleidern versteckten Nimbus 1500 hervorkramen zu können. Sie hatte von Mortimer gehört, daß seine Eltern schon einen Sauberwisch 5 besorgt hatten, den er zu Ostern bekommen würde. Bernhard hatte noch nichts erzählt, welchen Besen er bekommen würde. Aber das würde sie ihn fragen, wenn sie ihre gemeinsame Beziehung abgeklärt hatten.

Zwar war der Valentinstag ein üblicher Unterrichtstag und das Wochenende danach einige Tage davon weg, aber trotzdem sahen es die gebildeten Pärchen in Hogwarts als ihren Valentinstagsausflug an, als sich die großen Torflügel auftaten und die Schüler ab der dritten Klasse, die eine Erlaubnis für Hogsmeade hatten, an dem stets mürrisch dreinschauenden Hausmeister Filch vorbeimarschierten. Außerhalb des von geflügelten Steinebern bewachten Tores zu den Ländereien formierten sich die Paare aus verschiedenen Häusern. Aurora sah, wie Eunice Armstrong sich locker bei Dorian Dirkson aus Hufflepuff einhakte, während Dina sich bei Roy unterhakte. So tat sie es auch, als sie die Hawkins-Geschwister traf. Becky Hawkins sah zu Mortimer Swift hinüber, als wolle sie ihn einladen, mit ihr zu gehen. Doch der war mit seinen drei Schwestern zusammen, die in diesem Jahr gerade einmal in Hogsmeade gewesen waren. Als Petula Woodlane jedoch Mortimer ansprach und auf Becky Hawkins deutete, lief er rot an und verabschiedete sich von seinen Schwestern, die wild kicherten, als er zu Becky herüberkam.

"So findet jeder Topf seinen Deckel, Morty", lachte Bernhard den Hüter der Ravenclaw-Mannschaft an.

"Deine Schwester hat mich vor einer Woche eingeladen, mit ihr die Zaubergärten zu besuchen. Sie sagte, du wärest mit Aurora da schon gewesen."

"Yep", versetzte Bernhard lässig. Seine Schwester kniff ihm in die Nase und hakte sich dann bei Mortimer unter.

"Viel Spaß in Hogsmeade!" Wünschte sie Bernhard. Dieser erwiderte den Gruß und ging mit Aurora zusammen in Richtung Dorf davon.

In Hogsmeade herrschte eine wohltuende Ruhe. Selbst die Horden auf die Dorfgemeinschaft losgelassener Hogwarts-Schüler konnte daran nicht rütteln. Aurora besuchte Miriams Vater in Dervish & Banges, wo sie sich ein Prazap-Naviskop und ein Besenpflegeset zulegte. Bernhard nahm die Anregung auf und holte sich gleichfalls ein Besenpflegeset. Das Naviskop war ihm aber etwas zu teuer. Anschließend schlenderten sie durch die Gassen, bis sich der Strom der Mitschüler verteilt hatte. Dann gingen sie zu Madame Puddyfoots Teestube, die mit rosaroten Seidenblumen, roten, leise klopfenden Herzen und kleinen geflügelten Figuren geschmückt war. Offenbar hatte die nette Besitzerin sich darauf eingestellt, den Valentinstag nachfeiern zu lassen. Aurora schenkte Bernhard ein goldenes Samenkorn, daß sie seit Weihnachten in ihren Sachen aufbewahrt hatte.

"Das ist ein Hexenkelchsamen. Wenn du das Korn in einen großen Topf mit Erde und Drachendung oder Einhorndung verbuddelst und jeden zweiten Tag gießt, wächst eine hübsche Blume mit goldenem Kelch daraus. Das geniale daran ist, wenn du das Samenkorn einer Blume hast, und ein anderer ein Samenkorn derselben Blume, können sich die beiden durch Berührung der Pflanze Bilder und Stimmungen zuschicken."

"Wau, das ist ja schön romantisch", sagte Bernhard. Doch irgendwie gefiel ihm das ganze nicht so recht. Er gab Aurora eine Schachtel, in der eine silberne Brosche lag, auf der ein Sonnensymbol und miteinander verknäuelte Runen eingraviert waren.

"Oh, sieht schön aus. Ist es bezaubert?" Fragte Aurora.

"Mein Dad sagt, es sammele die Wärme der Sonne und hülle jeden, dem man es schenkt, in einen Mantel aus wärmender Magie ein, eegal wie kalt es ist. Allerdings mußt du sie jeden Tag eine Stunde lang in die Sonne legen oder offen tragen. Empfohlen wird die volle Tageszeit auszunutzen, dann könntest du sogar in Badesachen zum Südpol."

"Oh, nett", sagte Aurora lächelnd und steckte sich die Brosche an. Sie wandte sich kurz der Sonne zu und fühlte, wie die Brosche leicht zu vibrieren begann. Dann setzte sie sich wieder zu Bernhard an den Tisch und wartete, bis er Tee und Gebäck bestellt hatte. Dann hörte sie ihm aufmerksam zu, was er ihr erzählte, während andere Pärchen um sie herum, darunter auch Eunice und Dorian immer näher zusammenrückten und bald in einer mehr oder weniger festen Umarmung zusammenhingen.

"Also, um gleich mit dem heftigsten anzufangen, Aurora, Becky und ich bleiben nur noch bis zu den ZAGs hier. Es ist jetzt amtlich, daß Dad bei denen drüben in Amerika anfängt und Mum mitzieht."

"Was? Das ist doch wohl nicht wahr", entfuhr es Aurora, bevor sie merkte, daß die anderen Besucher sich zu ihr umwandten.

"Eben das wollte ich dir eigentlich erst nach den ZAGs erzählen. Aber was brächte das dann noch?"

"Du hättest mir das gleich erzählen sollen, als du es wußtest", zischte Aurora. Bernhard nickte betreten und sah sie abbittend an. Dann fuhr er fort:

"Daddy hat sich das oft überlegt, ob er hierbleiben oder rübergehen soll. Drüben, so hat er gesagt, hätten die für seinen Job bessere Möglichkeiten. Außerdem hätte er mit den Leuten vom dortigen Ministerium schon gute Kontakte gehabt, bevor Becky und ich nach Hogwarts kamen. Irgendwie ist durch diesen bösen Hexenmeister auch sehr viel Unfrieden im Ministerium aufgekommen. Viele haben sich gegenseitig verdächtigt, für ihn zu arbeiten. Als er dann auf so abgedrehte Weise verschwunden ist brach der Streit offen aus, weil ja jetzt keiner mehr so recht Angst vor ihm hatte und seine Kollegen runtermachen wollte. Deshalb hat Daddy uns zu Weihnachten erzählt, daß wir endgültig nach Viento del Sol umsiedeln, so'n Dorf wie Hogsmeade, nur im Süden von Kalifornien. Becky ist davon auch nicht so begeistert. Aber was sollen wir machen. Im Grunde will Daddy nur solange warten, bis die ZAGs durch sind, damit wir in Thorntails nicht damit behelligt werden. Alles andere ist nämlich schon klar."

"Eigentlich nicht", sagte Aurora halblaut. "Eigentlich muß er noch warten, daß ihr beide eure ZAGs schafft. Was würde er machen, wenn Becky oder du irgendwo durchrasselt?"

"Das käme auf die Fächer an, wo wir durchrasseln, ob die für uns in den UTZ-Jahren wichtig sind oder nicht", erwiderte Bernhard immer noch betreten dreinschauend. "Jedenfalls würde er den Entschluß nicht ändern, hat er gesagt, damit wir ja nicht auf die Idee kommen, uns bei den ZAGs durchhängen zu lassen. Er meint die Prinzipalin von Thorntails sei noch strenger als McGonagall und als Schulleiterin ziemlich hoch angesehen. Dann liefen da noch so weltberühmte Leute rum wie Ares Bullhorn, der ein Ass in Verteidigung und Zauberkünste ist, Professor Verdant, von der du bestimmt schon mehr gehört hast als ich und eben Maya Unittamo, die von Eunice so verehrt wird, obwohl McGonagall anfangs ziemlich grimmig gekuckt hat, als Eunice mit den Unittamo-Techniken herumgefuhrwerkt hat."

"Feind hört mit", säuselte Aurora Dawn und deutete auf Eunice, die gerade ihren Kopf an Dorians Hals angelehnt herüberblinzelte, warum Bernhard und Aurora sich nicht auch liebkosten. Aurora nahm Bernhards Hand vorsichtig und hielt sie zärtlich ergriffen. Er hatte jedoch keine Lust, auf Schmusepaar zu machen und sprach schnell weiter:

"Auf jeden Fall sind da ziemlich heftige Leute am unterrichten, wie auch diese Nirvana Purplecloud, von der uns die Bitterling mal was erzählt hat."

"Huch, der Name sagt mir jetzt gar nix", gab Aurora leise sprechend zu und näherte sich behutsam Bernhard, um Eunice nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, sie wollten hier nur über Bernhards Zukunft quatschen.

"Die gibt da dasselbe wie die Bitterling vor drei Jahren noch bei uns gegeben hat, Verteidigung und Zaubertränke. Sie soll ziemlich gute Beziehungen zu so'ner Hexenklicke haben, die gegen Freunde von ihm gekämpft haben, gehört aber nicht zur selben Klicke wie Rax Montagues Mum."

"Woher willst du wissen, wozu Rax Montagues Mutter gehörte?" Fragte Aurora, die sich noch gut an die Geschichten um Rax, vollständig Sycorax Montague drehten.

"Ich bitte dich, wenn die schon nach dieser uralten Hexenlady benannt wurde, die von der Französin Anthelia aus der Welt gepustet worden ist ... Aber kommen wir wieder zu Becky und mir", flüsterte Bernhard.

"Du meinst zu uns beiden. Hast du deinem Vater von uns erzählt?" Wollte Aurora wissen und drückte seine Hand fester, um ihn zu halten.

"Nicht alles, nur daß wir halt zusammen gehen. Er meinte, das hätte er in der vierten auch gehabt und in der fünften schon wieder gelassen. Irgendwie ist ihm das drachenscheißegal, ob Becky mit eurem Mortimer und du mit mir was angefangen hat oder nicht. Ich denke sogar, Becky versteht Daddy besser als ich. Daddys geliebteste Tochter halt."

"Bin ich für meinen Vater auch. Und?" Versetzte Aurora barsch. Ihr schmeckte das absolut nicht. Da hatte sie im ganzen letzten Schuljahr und während der Sommerferien einen netten, auch nicht schlecht aussehenden Jungen als Freund gehabt, ja sich sogar manch albernes Gekicher von den anderen Mädchen anhören müssen, nur um zu erfahren, daß der Vater des Jungen seine Karriere über die Wünsche seiner Familie stellte, ja sogar davon ausging, daß die Familie ihm noch dafür applaudierte. In Aurora köchelte die Wut wie ein Zaubertrank auf kleiner Flamme. Doch das Brodeln wurde langsam stärker. Wie konnte er ihr das antun, ihr nichts zu erzählen, wo er es schon seit Weihnachten wußte? Er hätte ihr doch einen Brief schreiben können.

"Wie gesagt, mein Dad gibt nix drauf, ob wir hier Freundinnen oder Freunde haben, die wir dann zurücklassen, wenn wir über den großen Teich schwimmen. Neues Land, neues Leben, neues Glück!"

"Das ist doch Unfug", knurrte Aurora. "Du weißt doch genau, daß ihr in dieser Thorntails-Akademie auffallt wie bunte Hunde. Du kriegst das nicht mit, wie das mit Lissy läuft. Manchmal nervt die uns mit allem, was in Thorntails besser oder anders ist. Dann tut sie wunders wie überragend, dann ist sie völlig schwer von Begriff, wenn es um englische Tugenden geht. Das ist dann ja bei euch auch so."

"Was meinst du, was ich meinem alten Herrn erzählt habe, Aurora. Ich habe dem erzählt, daß wir gerade eine von drüben in Ravenclaw haben und die nicht gerade viele Freunde da hat. Daddy meinte, daß Lissys Eltern ihr auch keinen Gefallen getan hätten, sie in Hogwarts unterzubringen, wo sie bei ihrer Oma in Thorntails besser gefordert worden wäre. Soviel zu dem Thema. Also, um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Ich werde dieses Jahr das letzte Jahr hier abschließen. Ich habe alles versucht, was erlaubt war, um meinen Dad umzustimmen. Imperius wäre das einzige, was noch funktionieren würde."

Aurora Dawn hob die Freie Hand, ließ sie aber wieder sinken. Ihr fiel was schmerzvolleres ein als eine Ohrfeige. "Die Dementoren hätten sich bestimmt gefreut, alles schöne aus dir rauszusaugen, was wir erlebt haben. Das hätte ihnen ganz bestimmt sehr gefallen."

"Alles klar, Aurora, das war nur ein Scherz", sagte Bernhard, sichtlich erbleicht und verstört. Aurora grinste. Bernhard kannte die Dementoren also auch von der Sache mit dem Drachenturm.

"Ich wollte dich nicht hinhalten, Aurora. Aber ich wollte auch nicht, daß du wegen der Sache deine ZAGs versaust."

"Wie mitfühlend", schnaubte Aurora Dawn. "Und jetzt, wo du mir deinen Abschied auf Raten vorgetragen hast noch ein wenig kuscheln und küssen?"

"Wenn dir danach ist, Aurora.Sonst nicht. Kann ich gut verstehen, daß du jetzt sauer bist und ..."

"Eben nicht, Bernhard", brach es aus Aurora heraus. Irgendwie fühlte sie sich benutzt und weggeworfen, nach dem Motto: War doch 'ne schöne Zeit mit dir. Aber vorbei ist vorbei.

"Gut, und was genau schlägst du jetzt vor?" Fragte Bernhard frustriert.

"Wenn dein Dad schon meint, daß er dich mitnehmen muß, dann erzähl mir gefälligst, was ihm die Sache wert ist und was er da drüben machen will!"

Bernhard atmete auf. Er hatte jetzt damit gerechnet, daß Aurora richtig wütend werden würde. Aber das schöne Gefühl der Verbundenheit mit ihr war nun endgültig verflogen. Wollte er das? Wollte sie das?

Bernhard berichtete nun ruhig, was sein Vater in der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe in Amerika machen wollte, wo er sich mit den Zauberwesen befaßte, die es dort gab oder die von Europäern hinübergebracht worden waren. Ungefähr eine halbe Stunde hielt er sich damit dran, während Eunice Dorian mit ihren rosarot gestrichenen Lippen innige Küsse auf Wangen und Mund gab und diese Zärtlichkeiten von ihm erwidern ließ. Irgendwann, als der Tee nur noch ein eiskalter, bitterer Rest in ihren Tassen war, so kalt und bitter wie das Gefühl der Abgelegtheit in ihrem Herzen,sagte Aurora:

"Ich kann verstehen, wenn jemand seine Träume hat. Aber meine Eltern haben mir mal gesagt, daß sie immer aufpassen müssen, daß weder Mum oder dad oder ich dabei hinten runterfallen. Sage das deinem Vater bitte schön mit freundlichen Grüßen von der dickschädeligen Dawn-Tochter!" Sie stand auf und nickte ihm zum Abschied zu. Sie verspürte keine Lust mehr, einen vollen Tag mit einem Jungen zu vertun, der bald nicht mehr da sein würde. Sicher, sie hätte jetzt noch einmal richtig mit ihm kuscheln und knuddeln können. Doch dieses Gefühl, er habe ihr zu spät gesagt, was mit ihm los war, war wie ein Giftstachel in ihre Seele eingedrungen und schmerzte zu sehr, um sich irgendwelchen Spielchen hinzugeben. Sie verließ Puddyfoots Teestube, wobei sie Eunices mitfühlenden Blick erhaschte, bevor sie durch die Tür war. Bernhard hatte bereits die Sickel für Tee und Gebäck auf das Tablett gelegt, auf dem Tassen und Teller gestanden hatten.

Sie sog die kalte Februarluft in ihre Lungen, trank sie wie frisches Quellwasser in gierigen Zügen und suchte nach etwas, wohin sie sich wenden konnte. Die fahle Spätwintersonne wärmte ihren schwarzen Schopf und schien sie in einen warmen Wollumhang einzumummeln. Sie dachte, daß dies von der Brosche kam, die sie am Brustteil ihres Umhangs trug und war versucht, sie abzumachen. Was sollte das noch mit einem solchen Geschenk? Aber sie selbst hatte das Hexenkelchsamenkorn, von dem sie ein Geschwister besaß, ja auch nicht zurückverlangt. Sollte diese Brosche einmal für sie Wärme sammeln. Vielleicht war sie ja doch froh, wenn sie sowas hatte.

Sie ging durch die nun ruhigen Straßen und Gassen von Hogsmeade. Ganz alleine und ziellos war sie. Sie dachte an die Leute, die hier ohne Freunde oder Kameraden herumirrten wie sie. Sie dachte an Lissy Wright, die wohl auch so unentschlossen und allein herumlaufen mußte. Denn irgendwo war sie hier, weil sie beim Hinausgehen nur zehn Schritte hinter ihr gewesen war. Was wollte sie jetzt? Der Tag war lang. Sollte sie ins Schloß zurückkehren? Eventuell konnte sie noch etwas für Flitwick vorarbeiten. Aber nein. Der Tag war ein Hogsmeade-Tag! Jetzt, wo sie keine Angst vor dem dunklen Lord mehr haben mußte, wollte sie hier was erleben, schöne Dinge sehen und lustige Sachen machen. Schade, daß Bernhard ihr die Stimmung verdorben hatte. Jetzt mußte sie die erst wieder aufrichten. Sollte sie zu Bernhard zurücklaufen? Nein! Soviel Stolz war ihr geblieben, nicht zu ihm zurückzukriechen wie ein Hund, der seinen Herren um ein bißchen Zuwendung anbetteln muß. Sie würde schon was finden. Forins Schmiede war interessant. Aber zum einen war sie da schon gewesen. Zum anderen mochten die Zwerge da keine Hexen, weil die ihnen zeigten, daß weibliche Menschenwesen nicht nur Gebrauchsgüter und Schmuckstücke waren. Die drei Besen? Da würde sie bestimmt einige von ihren Kameraden treffen. Aber was sollte sie denen sagen? "Tut mir leid, aber Bernhard hat mir erzählt, daß er nach den ZAGs nach Amerika umzieht. Deshalb will ich nix mehr mit ihm zu tun haben." Das war nicht das, was sie sich vorgestellt hatte. Andererseits würde sie irgendwann irgendwem über den Weg laufen, der oder die sich dann irgendwas dummes zusammenreimen würde. Dann wäre das noch vor Sonnenuntergang in ganz Hogwarts herum, daß sie, Aurora Dawn, die den alten Dumbledore dazu gekriegt hatte, das Besenbesitzverbot aufzuheben, nicht mit ihrem Freund Bernhard klarkommen konnte. Ja, vielleicht wußten es ja schon alle, daß Bernhard nach den ZAGs fortziehen würde. Nur sie war die Blöde, die Idiotin, die dumme Kuh, die davon nix mitbekommen hatte. Wie gerne würde sie jetzt ein Buch nehmen und darin versinken, wie in Winnies wilder Welt. Aber nein, das letzte Mal, wo sie die plärrende Sweety gewesen war hatte ihr nicht so gefallen. Ständig einen rosaroten Schnuller im Mund, alle drei Stunden die Windeln nass und ständig dummes Gebrabbel absondernd, das war es nicht gewesen, was sie unter guter Unterhaltung verstanden hatte. Dieses echt verfluchte Winnie-Buch lag nun sehr sehr tief unter alten Kleidungsstücken von ihr verbuddelt und würde bestimmt nicht mehr herausgeholt werden.

Irgendwas mußt du tun, dachte sie für sich. Der Tag war zu schön, um einfach für erledigt angesehen zu werden. So ging sie auf den Honigtopf zu, um sich dort zumindest ein paar Naschereien zu kaufen.

"Heh, Dawn! Seit wann traust du dich alleine durch Hogsmeade", tönte Tonya Rattler von hinten. Die hatte ihr gerade noch zum perfekten Frust gefehlt. Sie drehte sich um und sah die klobige Klassenkameradin aus Slytherin an, die gerade mit einer großen Tüte Süßkram daherging, ebenfalls alleine.

"Fass dir an die eigene Nase und frag dich mal, warum dich niemand bei sich haben will, nachdem du deinen Samiel Sharkey so nett aus Hogwarts rausgekriegt hast", schnarrte Aurora zornig. Tonya blieb wie gegen eine Wand geprallt stehen und glotzte verdutzt Aurora an. Dann sah sie die silberne Brosche und grinste dümmlich.

"Ach neh, hat dir Berny Hawkins einen Warmhalter geschenkt. Klar, dann stimmt's ja doch, daß der von dir nix mehr will, weil er nächstes Jahr die Mädels in Amiland knutschen kann, die "Honig" und "Zucker" zu ihm sagen und geniale Hexen sind, weil sie bei Leuten wie Purplecloud und Unittamo haben. Warmhalter schenkt man nämlich nur Leuten, denen man selbst keine Wärme mehr geben will", tönte Tonya und bohrte ihren rechten Zeigefinger in die Brosche. Aurora fühlte für einen Moment eisige Kälte auf sich einströmen. Doch die Wut in ihrem Körper heizte sie schlagartig auf kritische Temperaturen auf.

"Tonya, mach's Maul zu und hau ab! Sonst landest du heute im Bett von Madame Pomfrey oder im St.-Mungos."

"Eh, du darfst mir nix tun, Schnuckelchen. Ich bin Vertrauensschülerin wie du auch. Du fliegst von Hogwarts, wenn du das machst", trällerte Tonya überlegen lächelnd.

"Stimmt, du hast recht, tonya. An dir mach ich mir nicht die Hände dreckig", sagte Aurora. "Deine Dummheit sollte dir schon weh genug tun."

"Eh, sag das noch mal!" Schnaubte Tonya. Da tauchte Bruster auf und sagte ihr:

"Wo sie recht hat hat sie recht, Ms. Rattler. Pack dir an den eigenen Riechkolben und verpiss dich mit Lichtgeschwindigkeit. Schneller geht ja bei dir noch nicht."

"Was hast'n du noch zu labern, Wiffle. Ich hatte gerade ein Mädchengespräch mit Aurora Dawn. Verzieh du dich doch!"

"Na klar hattest du ein Mädchengespräch. Das war so leise, daß ich das zwei Gassen weiter noch hören konnte. Bring's ins Radio, daß du dich darüber beeumelst, daß Aurora gerade allein herumläuft, was du ja bisher nie getan hast."

"Ausgerechnet du sagst das? Ich sehe keinen anderen bei dir und wüßte auch nicht, wen ich da sehen sollte. Dein Vetter läßt sich gerade von Becky Hawkins ablutschen und Roy zieht mit der Nixkönnerin Murphy rum wie immer. Also was hast du zu labern?"

"Du sagst, du siehst niemanden bei mir. Vielleicht habe ich ja wen unsichtbaren bei mir, der sich von dir nicht doof anglubschen lassen will. Das gibt's doch in der Zaubererwelt, oder?"

"Haha, guter Witz, du Halbbluthirnie", blaffte Tonya. Doch irgendwie war es ihr doch nicht so geheuer. Sie blickte links und rechts an Bruster vorbei. Dann schüttelte sie den Kopf, um einen blödsinnigen Gedanken abzuschütteln und stolzierte mit hochmütiger Miene davon.

"Guter Trick mit dem unsichtbaren Begleiter", sagte Aurora anerkennend. "Du hast also mitgekriegt, daß Tonya wußte, daß Bernhard nach dem Jahr umzieht. Woher wußte die das?"

"Kann sein, daß sie das von Becky Hawkins oder 'ner anderen Gryffindor aufgeschnappt hat und jetzt erst richtig sortiert hat", sagte Bruster. "Stimmt also doch."

"Ich denke, Dumbledore wird nicht gerade begeistert sein, wenn er das hört, daß ihm ein Vertrauensschüler abhanden kommt", sagte Aurora Dawn.

"Ach ja, jetzt weiß ich, woher die das weiß. Die Wright, also Lissys Omama aus Amerika hat sich mit Dumbledore verabredet. Berny war deshalb bei ihm. Tonya muß da wohl auch was gewollt haben. Ich weiß das, weil Dumbledore mich rausgeschickt hat, als Berny reinkam und Dumbledore den Brief mit dem fünfzackigen Drachen in der Hand hatte. Der fünfzackige Drache ist das Symbol für Thorntails."

"Achso", sagte Aurora halbinteressiert. Dann fragte sie Bruster, ob er ihr erzählte, wo er hinwollte. Bruster sagte, er wolle die Zwergenschmiede besuchen. Sein Dad sollte mal ein echtmagisches Spielzeug zum Geburtstag kriegen, damit er mal richtig staunte. Aurora lachte darüber. Bruster winkte ihr zum Abschied und ging weiter. Einen Moment lang dachte Aurora, er mache Schritte wie zwei Leute. Doch dann kam ihr die Erkenntnis, daß es wohl das von den Backsteinwänden zurückgeworfene Echo gewesen war. Komisch wie man sich doch von einem Spruch in eine bestimmte Stimmung versetzen lassen konnte. Bruster hatte Tonya ja erzählt, er könne ja wen unsichtbaren dabei haben. Dummes Geschwätz für eine noch dümmere Göre. So ging sie weiter zum Honigtopf, wo sie sich Schokofrösche und Lakritzzauberstäbe kaufte und für Vivian noch eine Gigatüte mit Berty Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen kaufte. Vivian war von den Zaubersüßigkeiten hin und weg. Ach ja, da konnte sie ihr auch einen Zuckerfederkiel und eine Schachtel Eismäuse mitbringen. So kam sie mit einer ziemlich großen Tüte aus dem Honigtopf.

Jetzt doch auf die drei Besen zusteuernd schlenderte Aurora durch die Gassen. Hin und wieder traf sie jüngere Mitschüler, die sie freundlich grüßten und ihr viel Glück für das Spiel nächste Woche wünschten. Jetzt, wo sie das unumstößliche Besenbesitzverbot angefochten hatte, war sie für die Kinder aus reinen Zaubererfamilien eine kleine Heldin, die was großartiges geschafft hatte. Sie wollte diesen Ruhm nicht. Sicher, sie hatte den Rauswurf riskiert und hätte ja auch als Idiotin dastehen können. Doch das war nicht sonderlich großartig gewesen.

Beim Postamt traf sie Becky Hawkins und Mortimer Swift, die gerade irgendwelche Eulen verschickten. Aurora war drauf und dran, Mortimer zu sagen, daß das mit Becky wohl nicht mehr lange halten würde. Aber wenn die es ihm schon gesagt hatte, wäre es ja für ihn ein alter Hut, und wenn sie es ihm noch nicht gesagt hatte, sollte die es ihm klarmachen.

"Hi, Aurora! Ich dachte, du wärest mit Bernhard bei Madame Puddyfoot", grüßte Becky Mortimers Hauskameradin.

"Es ist nicht so gelaufen wie wir uns das vorgestellt haben", sagte Aurora kühl. Becky nickte und meinte:

"Hmm, dann hat er es dir auch schon erzählt. Na gut, bald ist es eh in Hogwarts rum. Deshalb habe ich's Mortimer auch erzählt." Mortimer nickte bestätigend.

"Ist schon heftig, daß die beiden so einfach von Hogwarts runtergenommen werden können", meinte er leicht betreten. "Immerhin können sie hier noch die ZAGs machen."

"Das wollte unsere Mum so, weil wir in Thorntails erst mal mit den neuen Lehrern und Schülern da klarkommen lernen müssen. Da sollten wir nicht auch noch im ZAG-Stress drinhängen", erklärte Becky.

"Ich finde das gemein, was euer Vater da macht, Becky. Das sage ich dir, weil ich es auch deinem Bruder gesagt habe. So einfach über wen hinwegzubestimmen ist doch blöd", grummelte Aurora. Dann deutete sie auf die Brosche an ihrem Umhang. Becky nickte ihr zu.

"Das hat Mum ihm besorgt, weil er was schönes und nützliches gesucht hat", sagte Becky.

"Interessant, habe ich ihm auch besorgt. Aber da mußte ich meine Eltern nicht nach fragen", erwiderte Aurora gehässig.

"Ach, was war's denn?" Wollte Becky wissen, die sich mit Auroras Stimmung nicht sonderlich wohlfühlte.

"Einen Hexenkelchsamen. Was an und für sich vertrautes und auch schönes", sagte Aurora.

"Ihr habt doch noch das halbe Jahr Zeit", wandte Mortimer ein. Da würde ich mir doch wegen dieser Kiste keinen Kopf machen."

"Na klar, und wenn das halbe Jahr um ist ist es noch schlimmer, wenn's vorbei ist oder was?" Fauchte Aurora wütend.

"Okay, vergiss es, Aurora!" Sagte Mortimer. "Was machst du jetzt noch?"

"Ich seh mich um. Vielleicht gehe ich auch noch mal in die Zaubergärten hier", erwiderte Aurora, die irgendwas sagen wollte, um nicht als ziellos oder hilflos dazustehen. Becky nickte ihr zu. So ging sie weiter, nachdem sie Mortimer und Becky noch einen schönen Tag gewünscht hatte.

Aurora Dawn vertrieb sich bis nach dem Mittag die Zeit in den Zaubergärten von Hogsmeade, bis ein quälender Hunger sie zu den drei Besen trieb. Dort begegnete sie den Swift-Drillingen, die sich über vier Kobolde amüsierten, die merkwürdige Kunststücke machten. Dann sah Aurora noch eine dieser Sabberhexen, mit denen Roy schon unangenehme Bekanntschaft gemacht hatte. Es war die mit den schwarzbraunen Haaren, also nicht die, die es auf Roy abgesehen hatte. Sie wirkte ruhig, so allein wie sie an ihrem Tisch über einem Hocker schwebte.

"Sitzen die nie?" Fragte Ramona Swift, als sie sah, wo Aurora hinstarrte.

"Selten", sagte Aurora. Das weibliche Waldgeschöpf mit der blattgrünen Haut wandte sich ihr zu und blickte sie schalkhaft aus schwefelgelben Augen mit weißen Pupillen an.

"Hoffentlich haben Roy und Dina Steinsalz mitgenommen", dachte Aurora. Doch dann fiel ihr ein, daß diese Geschöpfe ja nur alle drei Monate in Paarungsstimmung waren.

Aurora dachte an Roy Fielding. Hoffentlich hatten Dina und er keine Probleme mit diesen Wesen. Vielleicht waren sie deshalb auch nicht hergekommen, um ihnen nicht zu begegnen. Sie zwang sich, nicht weiter darüber nachzudenken. Dina und Roy wußten ja genug, um sich zu wehren.

Die Tür ging auf, und Tim Abrahams trat ein. Er ging zu Madame Rosmerta und bestellte drei Flaschen Butterbier. Als er die Flaschen bezahlt hatte, ging er zu der massiven Tür, auf der Stand "Nur für volljährige Zauberer und Hexen" und trat schnell durch die Tür, hinter der Aurora einen dunkelblauen Vorhang zu sehen glaubte.

"Was macht denn der da drinnen?" Fragte Rita Swift. "Das ist doch das Spielzimmer, oder?"

"Hat Miriam zumindest mal erzählt", sagte Aurora.

"Vielleicht will er auch nur kucken, was da los ist", vermutete Roxanne Swift.

"Dann nimmt er drei Flaschen Butterbier mit?" Fragte Ramona.

"Ich denke, der wollte nur alleine sein und nicht von den ganzen jungen Leuten genervt werden", vermutete Rita mit gehässigem Unterton. Aurora Dawn blickte erneut auf die Sabberhexe, die in einem erdverkrusteten roten Kleid über ihrem Hocker schwebte. Sie kippte gerade den letzten Rest aus einem Tonkrug in sich hinein, schluckte und stieg dann einen halben Meter nach oben, winkelte die Beine an und verließ lautlos den Schankraum.

Ken Dasher und ein Siebtklässler aus Hufflepuff betraten den Schankraum und erkundigten sich bei Madame Rosmerta, der Wirtin, nach irgendwas. Dann gingen auch sie in das Hinterzimmer.

"Aha, die drei wollten für sich sein", dachte Aurora Dawn. Sie unterhielt sich mit den Drillingen über Hogsmeade, was ihnen daran am besten gefiel und wo sie an dem Tag noch hingehen wollten. Als Ramona erzählte, sie hätte sich in der Bücherei ein paar Geschichten über junge Hexen nach Hogwarts ausgeliehen, überlegte Aurora, warum man dafür extra nach Hogsmeade mußte. Sicher, sie hatte in den letzten Jahren viel Zeit mit Schulbüchern und Quidditch zugebracht. Aber zwischendurch mal was amüsantes, ohne gleich draus lernen zu müssen, wäre doch auch was schönes. Vivian hatte ihr Ende Januar dieses Buch über die Muggelmädchen Hanni und Nanni geliehen, und es hatte ihr irgendwie gefallen, was über ein Internat zu lesen, wo sich die Schülerinnnen auch ohne Zauberei amüsieren konnten. Besonders gefallen hatte ihr an dieser Geschichte, das da auch eine Austauschschülerin aus Frankreich dabei war, die mit der Französischlehrerin verwandt war. Sie würde Vivian zur Revanche wohl ein garantiert unbehextes Buch mitbringen, damit sie auch mal las, was sich jemand aus reiner Unterhaltung ausgedacht und hingeschrieben hatte.

"Ich war noch nicht in der Bücherei. Komischerweise war ich die letzten Male immer mit Leuten zusammen, wo ich gar nicht dran gedacht hätte, mir ein Buch zum einfach so lesen holen zu sollen."

"Ach, das ist nicht schwer. Du gehst in die Künstlergasse, da wo Amadeus' Mezzofortes Musikladen ist, wo es verzauberte Musikinstrumente und Noten von Muggel- und Zaubererweltkomponisten zum Nachspielen gibt. Da ist neben dem Poesiepavillon die Leihbücherei. Du mußt nur zehn Sickel Meldegebühr und Pfand bezahlen, deinen Namen und die Schulklasse in Hogwarts eintragen und bekommst dann einen Schülerzettel, der dir erlaubt, dir Bücher auszuleihen, die für dein Alter gedacht sind. Die haben da auch eine verbotene Abteilung wie die Bibliothek in Hogwarts. Mortimer sagte, da gebe es ein Buch von einem Orion Lesauvage, das heißt wohl der Wilde auf Französich, das alles über die Liebeskunst in der Zaubererwelt erzählen könnte. Aber das sei so heftig, daß das nicht an minderjährige Zauberer ausgeliehen würde und überhaupt nur mit einem Anbindungsfluch ausgeliehen würde, damit du es nicht anderen zu lesen geben kannst. Aber Mortimer erzählt viel, wenn der Tag lang ist."

"Französische Literatur. Bestimmt heiß", grinste Aurora. "Mein Dad ist da ja häufig gewesen. Mum meinte immer, daß er aufpassen soll, daß er sich da nicht einmal verkuckt."

"Ja, aber "Caesar, der Zauberschmied" ist ein nettes Buch, das von einem handelt, der nach Hogwarts durch die Welt fährt und da alle Arten der Zauberkunst erlernt, bis er irgendwo in Afrika seine alte Schulfreundin wiedertrifft und mit ihr eine Familie gründet", sagte Rita. Aurora nickte. Sie würde sich gleich nach dem Mittagessen da umsehen.

So plauderte sie mit den Schwestern noch über andere Geschichten, die Aurora auch schon gelesen hatte und gerne noch mal lesen wollte, aß von dem Nudelauflauf mit Kräutersoße, den Madame Rosmerta als Tagesgericht servierte und trank zwei Flaschen Butterbier. Mit vollem Magen und beschwingt und durchgewärmt suchte Aurora die Leihbücherei auf, wo sie sich als neue Ausleiherin eintrug. Dann nahm sie sich drei Romane für heranwachsende Mädchen mit und setzte sich in einen der ruhigen Parks von Hogsmeade. Dort las sie bis kurz vor der Abendessenszeit, packte alles gut fort, was sie gekauft oder ausgeliehen hatte und kehrte ins Schloß zurück. Unterwegs traf sie Tim Abrahams, der sehr glücklich aussah, als habe er heute den tollsten Tag seines Lebens verbracht.

"Hi, Tim. Kommst du gerade aus den drei Besen?" Fragte sie locker drauf los.

"Neh, da bin ich nur 'ne Stunde geblieben. Ken und Rick hatten keine Lust mehr auf Simultanschach. Ich habe die in zwei Partien beide versenkt."

"Aha, Schach habt ihr gespielt", grinste Aurora. Ob das stimmte wollte sie nicht so genau wissen.

"Habt ihr Mädels gedacht wir würden pokern, wo halb Hogwarts den Laden besucht. So dämlich sind wir doch nicht, uns kurz vor den UTZs noch wegen Glücksspiels aus der Schule feuern zu lassen", lachte Tim amüsiert. "Wir sind aber gerne in dem Zimmer, wenn da nicht gerade eine Koboldrunde Stattfindet oder sich Forins Zwerge mit erwachsenen Zauberern um Gold streiten."

"Klar", grinste Aurora. Ob Tim sie verlud oder ihr die Wahrheit sagte wollte und konnte sie nicht nachprüfen. Der Siebtklässler kehrte mit Aurora zusammen ins Schloß zurück. Dort trafen sie Dina und Roy.

"Hätte ich das gewußt, daß von diesen Todessern noch welche in Hogsmeade herumlungern wäre ich mit meinem Allerwertesten zu Hause geblieben", sagte Roy geknickt. "Dina und ich haben einen von denen aufgescheucht, der angeblich schon vor Monaten getötet wurde. Ich habe den erkannt, weil der auch auf der "Southern Sunrise" war. Das war der eine, dem die Maske runtergefallen ist, als er sich den Treppenaufgang hinuntergestürzt hat. Der hat mich auch erkannt und wollte mir schon diesen Mörderfluch überbraten, als dieser Moody aufgetaucht ist. Das ist so'n Jäger dunkler Magier, der schon ziemlich mitgenommen aussieht. Der ist mit drei Kollegen appariert und hat den Kerl überwältigt. Dina mußte wegen so'nem Querschläger von einem Heiler behandelt werden. Ansonsten war der Tag schön. Und du?"

"Kein Kommentar, Roy. Der Tag hätte auch ohne Hogsmeade stattfinden können", sagte Aurora.

"Oh, dann ist das mit Bernhard und dir ...? Okay, ist nicht mein Ding. Will ich keine Antwort drauf haben", sagte Roy schnell. Aurora sah ihn nur warnend an und nickte dann.

__________

"Die Spieler sind nun auf den Besen und fliegen bereits zielsicher auf den Quaffel zu", kommentierte Barkley, der Stadionsprecher. "Bates holt für Slytherin den Quaffel, hätte dabei fast Dawn vom Besen gefeuert. Wird höchste Zeit für neue Besen. Da kommt aber Dasher und haut Bates den Klatscher um die Ohren. Bates verfehlt seinen Mitspiler Myers, der muß dem Klatscher von Boulder ausweichen. Der Kapitän der Ravenclaws will's echt wissen. Dawn am Quaffel! Doppelachsenmanöver wie von ihr schon häufiger gezeigt! Bringt den Quaffel vors Tor ... Zehn zu null für Ravenclaw!"

Daß die Slytherins in Rückstand geraten waren trieb diese zu brutaleren Angriffen an. Aurora Dawn mußte einmal nach oben ausweichen, weil zwei Jäger gleichzeitig auf sie losrasten. Slytherin beharkte Mortimer Swift im Tor der Ravenclaws so häufig, daß es nach fünf Minuten schon 30 zu 10 für Slytherin stand. Doch Ravenclaw hielt dagegen, kam durch Aurora Dawn und den neuen Jäger Preston richtig auf Touren und holte sich nach zehn verstrichenen Spielminuten mit 40 zu 30 die Führung zurück. Dann, ohne Vorwarnung, sackte der Sucher der Slytherins mit seinem Besen durch. Alle glaubten, er habe den Schnatz gesehen. Doch der Besen trudelte immer stärker, fiel nach unten weg. Im selben Moment pfiff Madame Hooch das Spiel ab. Alle dachten zunächst, sie wolle nur eine Auszeit pfeifen. Doch der Pfiff war lang und laut. Dann, als alle sich wieder auf die übrigen Spieler konzentrierten, konnten sie Karin Meridies mit dem Schnatz in der linken Faust sehen. Ravenclaw hatte mit 190 zu 30 Punkten gewonnen.

"Buh, Schiebung!!" Brüllten die Slytherins. Doch die restlichen Zuschauer, nicht nur die von Ravenclaw, jubelten der wirklich durch Glück siegreichen Mannschaft zu.

Der Sucher der Slytherins war kurz vor dem Aufprall vom Fallbremsezauber aufgefangen worden und unverletzt geblieben.

"Betrug. Der Besen war kaputt!" Brülte Myers, ein Jäger der Slytherins und stürmte auf Aurora Dawn zu. Doch Alessandro und Ken standen vor ihr, die Schläger in den Händen.

"Hallo, keine Prügelei!" Rief Madame Hooch und feuerte aus ihrem Zauberstab einen grellen Blitz ab, der zwischen den Streithähnen hindurchfauchte. Von ihren Anhängern umringt und bewacht kehrten die Ravenclaw-Spieler ins Schloß zurück. Der Weg zum zweiten Pokal in Folge war nun offen. Sie mußten ihn nur noch zu Ende gehen.

"Jetzt sehen das auch die Slytherins ein, daß wir neue Besen brauchen", feixte Mortimer Swift. "Schade, daß wir nicht noch ein paar mehr Tore geschossen haben."

"Sei du lieber froh, daß du nicht noch mehr Tore kassiert hast", entgegnete Roy Fielding. "Diese Krawallbrüder haben dich ziemlich heftig beharkt. Die Hufflepuffs tun mir jetzt schon leid."

"Die kommen aber dann mit eigenen Besen an", sagte Aurora Dawn zufrieden. "Ich hörte, daß Cynthia Flowers bereits den Nimbus 1500 gebucht hat. Die wird wohl als neue Stammspielerin mitmachen."

"Na, wenn die Slytherins sie lassen", unkte Mortimer. "Hoffentlich landet die nicht im ST.-Mungos wegen schwerer Verletzungen."

"Na, sag sowas nicht!" Gab Aurora beklommen zur Antwort.

Die Ravenclaws feierten diesen so wichtigen Sieg bis um kurz vor zwölf Abends. Dann trieben die Vertrauensschüler alle in die Schlafsäle. Aurora brachte Nelly und Vivian, die voll mit Süßkram waren, in ihren Schlafsaal zurück.

__________

Daß Roys Begegnung mit einem flüchtigen Todesser keine Seltenheit war, erfuhren die Schüler von Hogwarts in den folgenden Wochen immer wieder. Denn ständig wurde über Kämpfe zwischen dem Aurorenkorps und gesuchten Todessern im Tagespropheten gebracht. Auch wurden immer wieder Meldungen von Gerichtsverhandlungen gebracht, die in gefühlsbetonter Weise schilderten, was die Beklagten getan hatten, gewürzt mit eingestreuten Interviews mit Überlebenden der Überfälle der Todesser. Immer wieder war da der Name Rita Kimmkorn drunter zu lesen.

"Ich dachte, rührseliger Unsinn wäre was für Muggelzeitungen", sagte Bruster einmal. Petula meinte dazu:

"Offenbar nicht. Ich denke nur, daß diese Artikel etwas sachlicher hätten sein sollen. Die Leute, die von Todessern angegriffen wurden, werden hier ja so heftig rumgereicht, daß die das bestimmt nicht ohne Schaden überstehen."

In den ersten Märztagen brachten die Eulen mehrere Pakete mit Flugbesen an, die auf verschiedene Haustische verteilt wurden. Die Slytherins staunten nicht schlecht, daß ausnahmslos alle Spieler der anderen Häuser eigene Besen bekamen. Aurora hatte es mit ihrem Nimbus so gedreht, daß sie ihn zunächst mit zwei Schuleuelen nach Hogsmeade geschickt hatte und die Posteulen von dort ihn einen Tag später zurückgebracht hatten. Sicher hätte sie ihn auch einfach hervorholen und herumzeigen können. Doch sie wußte nicht, ob das nicht falsch ankam, wenn sie schon längst einen Besen in Hogwarts hatte.

Das Training auf den neuen Besen war anstrengend, weil die besseren Besen auch mehr Flugpraxis forderten. Madame Hooch, die die Trainingsstunden bis zum ersten Spiel der letzten Runde beaufsichtigte, meinte einmal zu Aurora:

"Du hast mit dem Nimbus einen sehr empfindlichen und rasch zu beschleunigenden Besen gekriegt. Deine Eltern müssen ja von deinen Flugfähigkeiten sehr überzeugt sein. Aber du mußt darauf achten, daß du nicht zu schnelle Körperverlagerungen fliegst. Der Nimbus reagiert schon bei geringer Gleichgewichtsverlagerung."

Alessandro hatte gegen alle Befürchtungen keinen Ramschbesen bekommen, sondern einen passablen Sauberwisch 5, auf dem er Manöver fliegen lernte, die er auf den störanfälligen Schulbesen niemals zu fliegen gewagt hätte. Schließlich waren sich alle sicher, daß sie den Pokal gegen Gryffindor verteidigen würden. Sicher konnten die Slytherins ihnen da noch einen Strich durch die Rechnung machen, wenn sie Hufflepuff überlegen schlugen. Doch mit den eigenen Besen war das nicht garantiert, daß Hufflepuff so leicht verlor.

Nach einer der heftigen Trainingsrunden kam Professor Flitwick auf den Platz und bat Aurora Dawn, ihn zu begleiten. Sie nickte und ging mit dem Lehrer für Zauberkunst mit.

"Sie haben vor zwei Wochen Madame Pince gefragt, ob sie nicht auch reine Unterhaltungsliteratur im Angebot haben könnte, weil ja nicht jeder nach Hogsmeade könne und man ja auch zur Unterhaltung lesen könne", sagte Flitwick. Aurora nickte. In der Tat hatte sie die Bibliothekarin und verschiedene Eltern ihr gut bekannter Schüler deswegen angeschrieben. Diesmal wollte sie nicht erst auf eine entscheidende Vertrauensschülerkonferenz warten.

"Nun, Professor Dumbledore hat zwar von einigen Schulräten Post erhalten, daß man die Bibliothek in Hogwarts nicht zum reinen Vergnügen betreibe und ja schon viel Gold dafür ausgegeben würde, die unterrichtsrelevanten Bücher zu erwerben und zu pflegen. Aber Ihr Einwand, die Fähigkeit des Lesens dürfe nicht zum notwendigen Übel werden, sondern müsse auch als Möglichkeit zur Erholung genutzt werden gab den Ausschlag, vor allem bei den Müttern, die von Ihrer Argumentation wohl angetan waren, wie Mrs. Flowers oder Mrs. Swift. Daher hat der Direktor beschlossen, daß Sie mit ihm eine Liste Ihnen bekannter Bücher erstellen, die angeschafft werden möchten. Es ist aber nicht unsere Absicht, die Leihbücherei in Hogsmeade um ihre Kundschaft zu bringen. Daher werden wir nur solche Werke aufnehmen, die für alle Altersklassen geeignet sind und nur ein Drittel der verfügbaren Literatur übernehmen, das sich über die Jahre abwechselt. Sind Sie damit einverstanden?"

"Auf jeden Fall", sagte Aurora Dawn.

"Gut, dann dürfen Sie jetzt wieder in ihren Gemeinschaftsraum oder die Bibliothek oder wohin auch immer", entließ Flitwick die Vertrauensschülerin. Diese wünschte Flitwick noch einen schönen Tag und kehrte in den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum zurück, wo sie ihren Freundinnen die gute Nachricht mitteilte.

"Hups, da wolltest du aber jetzt wirklich alleine auftrumpfen, was?" Fragte Petula schalkhaft grinsend.

"Die Idee kam mir in Hogsmeade, wo ich die Zeit hatte, drüber nachzudenken, warum wir auch einfache Lesebücher haben sollten. In jeder Grundschule kann man sowas lesen. Nur nicht in Hogwarts. In Redrock haben die Romane und Liederbücher in der Bibliothek, hat Heather mir geschrieben. Die hatten da sogar einen Lesezirkel, wo man sich über Geschichten und Gedichte unterhalten hat. Das sah ich dann nicht ein, warum wir hier sowas nicht haben dürfen. Das habe ich ja alles euren Eltern geschrieben. Tja, und das hat wohl gewirkt."

"Ob die anderen Vertrauensschülerinnen das so mögen, daß du das angeleiert hast?" Fragte Petula.

"Wieso? Die beantragen auch Sachen, die ohne eine Konferenz entschieden werden können", entgegnete Aurora Dawn.

"Was tippst du eigentlich für das Spiel Hufflepuff gegen Slytherin?" Fragte Miriam.

"Hmm, alle Slytherins haben die Sauberwischs 5. Die sind nicht schlecht. Cynthia ist von den Hufflepuffs die einzige mit dem Nimbus 1500. Ich denke aber, daß die Slytherins das Spiel gewinnen, so um die hundert Punkte Vorsprung. Die wollen den Pokal haben. Da werden die sich ziemlich heftig reinhängen", sagte Aurora Dawn.

"Das Wiederholungsspiel zwischen uns und denen findet nicht statt?" Fragte Miriam.

"Das ist vom Tisch. Wir Ravenclaws haben uns bei der Diskussions schön rausgehalten, weil wir wußten, daß es keine Quidditchregel gibt, die bei einem schadhaften Besen ein Wiederholungsspiel fordern kann. Wenn sie gegen Hufflepuff nicht mindestens 400 Punkte holen können die wieder nur vom Pokal träumen."

"Von der Tabelle her liegen wir zehn Punkte hinter Gryffindor. Hufflepuff hat's sogar noch geschafft, zehn Punkte vor Slytherin zu bleiben. Wir sind von Hufflepufffünfzig Punkte weg. Also müßten die Slytherins achtzig Punkte holen und Gryffindor keinen einzigen, um die zu überholen. Wir müßten das an und für sich schon hinkriegen, wenn wir nur den Schnatz holen, auch wenn die Gryffindors mit dreizehn Toren zu null gegen uns führen. Interessante Konstellation. Gut, daß wir zum Schluß spielen. Vielleicht müssen wir ja sehen, die Slytherins zu überholen", analysierte Mortimer Swift den möglichen Pokalerfolg. Aurora Dawn nickte. Wenn Slytherin nicht mit über neunzig Punkten aus dem Spiel herauskam, war es noch zu schaffen.

__________

"Der Anpfiff ist erfolgt zu diesem historischen Spiel!" Rief Jodocus Barkley. "Heute dürfen zum ersten Mal seit siebenunddreißig Jahren wieder eigene Besen benutzt werden. Und da ist auch schon Cynthia Flowers im Quaffelbesitz. Konnte sich gut durchsetzen gegen Myers, der wartet auf eine neue Chance. Bates greift Flowers an! Die versucht die Doppelachsentechnik. Hups! Dabei fällt sie fast von ihrem Nimbus 1500. Doch das ist ein zuverlässiger Besen, geschätzte Zuschauer. Bates verfehlt Flowers, kann nur auf Grund seiner neuen Wendigkeit vor Springwood ausweichen, dem zweiten Neuzugang bei Hufflepuff. Flowers vor dem Tor! gehalten. Der Quaffel ist wieder im Feld und wird von Myers angenommen. Der paßt zu Bates! - Uff! Schnelle Doppelklatscherkombination von Woodworth und Strout. Quaffel im freien Fall! Wer kriegt ihn zu fassen? Stabbins von Slytherin hat ihn erflogen. greift direkt an! Tor!! Zehn zu null Punkte für Slytherin!"

Die Slytherins johlten. Sie hatten trotz der schnell zusammengewürfelten Mannschaft und der Umstellung auf andere Besen die Oberhand. Zumindest durften sie es bis zur dritten Minute denken, weil sie noch drei weitere Tore erzielten. Doch dann tanzte Hufflepuff die noch nicht ganz aufeinander eingespielte Mannschaft locker aus, verlegte mit den Klatschern jeden direkten Weg zum Tor oder spielte schnelle Quaffelstaffetten vom eigenen in den gegnerischen Torraum. In der vierten Minute war der Vorsprung Slytherins bereits auf nur noch zwanzig Punkte geschrumpft. In der Fünften Minute betrug er nur noch zehn. Slytherin foulte drauf los. Doch das brachte ihnen nur drei Strafwürfe ein, die Cynthia Flowers rasch und trickreich verwandelte. So hatten die Hufflepuffs nun die Lufthoheit, wie Barkley es ausdrückte. Cynthia, die Auroras Doppelachsenmanöver zu kopieren versuchte, wäre jedoch einmal fast vom Besen geschleudert worden.

"Tja, die Dawn'sche Doppelachsenkombination klappt wohl nicht bei allen Besen", seufzte Barkley. Dann griff Slytherins Sucher nach einem goldenen Etwas ...

"Aus! Das Spiel ist aus! Slytherin holt den Schnatz und gewinnt mit einhundertneunzig Punkten zu sechzig das erste Quidditchspiel nach Wiedereinführung eigener Flugbesen!" Rief Barkley. Die Slytherins jubelten. Die Hufflepuffs, die gerade erst so richtig warm geworden waren, sahen betreten auf das Feld. Die Gryffindors buhten unverhohlen, und bei den Ravenclaws begann das Rechnen. Slytherin hatte 180 Punkte geholt, Hufflepuff 60. Hufflepuff war 50 Punkte hinter Ravenclaw gewesen und lag nun punktemäßig 10 Punkte vor diesem Haus, mit Gryffindor gleich. Slytherin, das 180 Punkte bekommen hatte, hatte alle anderen drei Häuser um 110 Punkte hinter sich gelassen. Das war die Messlatte, über die Gryffindor oder Ravenclaw hinübersetzen mußte, wollten sie nicht haben, daß Slytherin den Pokal bekam.

"Das das dritte Spiel wieder ein superwichtiger Kampf wird war ja klar. Aber hätten die Hufflepuffs nicht den Schnatz fangen können?" Fragte Miriam Swann. "Jetzt müßt ihr an Slytherin vorbeikommen."

"Das klappt schon. Gryffindor ist zwar gut, aber Slytherin wird den Pokal nicht kriegen", sagte Aurora zuversichtlich.

"Weil wir eigene Besen fliegen, werden wir euch glatt besiegen", sangen die Slytherins im Freudentaumel. Dann rief Tonya Rattler:

"Wir danken dir, Aurora Dawn! Durch dich sind wir wieder vorn!

"Das hast du von deiner Glanztat", grummelte Miriam. "Jetzt wirst du von denen noch dafür gelobt, denen den Pokal zuzuschustern."

"Das hätten die besser lassen sollen", knurrte Aurora Dawn. "Jetzt wird's persönlich. Glaubt es mir, die kriegen den Pokal nicht. Nicht in diesem Schuljahr und wohl auch nicht im nächsten und übernächsten." Sie sah feindselig zu Tonya, die beim Rufen tatkräftige Unterstützung bekommen hatte.

"Eines ist klar, die können jetzt nichts mehr machen, um sicherzugehen, daß die den Pokal auch kriegen", sagte Petula grimmig. "Das hängt jetzt bei den Gryffindors und uns."

"Slytherin wird den Pokal nicht kriegen. Die haben den nicht verdient", schnaubte Aurora Dawn. "Soll doch die Rattler rufen was sie will. Damit wird sie am Ende heftigst aufschlagen."

"Nach Ostern sehen wir's", machte Miriam eine ziemlich zutreffende Voraussage.

__________

Die Wochen zu den Osterferien war Wiederholungsarbeit angesagt. Aurora saß nun häufig mit Bruster, Roy und den Mädchen aus ihrer Klasse zusammen und büffelte alte und gerade beendete Lektionen. Dina tat sich immer noch schwer mit den Bewegungszaubern und schaffte auch bei der Wiederholung der Verwandlungsübungen keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Petula und Bruster hingegen konnten in Zauberkunst sehr gut auftrumpfen, Roy dagegen fragte alle in Muggelkunde ab und ließ sich kurz die wichtigsten Sternbilder herunterbeten. Aurora und Dina hatten es übernommen, den Mitschülern bei Kräuterkunde und Zaubertränken zu helfen, wenngleich Dina wegen Snape einiges ihrer Begeisterung für dieses Fach eingebüßt hatte.

Zwischendurch kamen weitere Meldungen über gefaßte oder im Kampf getötete schwarze Magier, die im Dienste des Unnennbaren gestanden hatten oder dessen Nachfolge antreten wollten. Eine Meldung zwei Tage vor den Ferien löste hitzige Diskussionen aus.

Im Tagespropheten stand es auf Seite eins in sehr großen Buchstaben über dem Bild eines Mannes in einem Pelzmantel, der ein markantes Ziegenbärtchen trug:

"Angesehener slavischer Zauberer auf englischem Boden an düsteren Machenschaften Beteiligt", las Petula Woodlane laut vor. "Der in der osteuropäischen Zaubererwelt geachtete Zauberer Igor Karkaroff wurde, wie dem Tagespropheten erst heute zur Kenntnis gelangte, bereits vor einer Woche im Zusammenhang mit den Umtrieben der dunklen Zauberer um jenen, dessen Name nicht genannt werden darf, auf britischem Boden gestellt und nach kurzem Widerstand gegen Mitglieder des Aurorenkorps in die Feste von Askaban verbracht, wo er bis zu seinem Prozeß verblieb. Der Prozeß, der gestern vor dem gesamten Zaubergamot abgehalten wurde, brachte ans Licht, daß Karkaroff offenbar in höchst geringer Weise an den Gewaltakten dessen, dessen Name nicht genannt werden darf, beteiligt war. Die eingehende Befragung erbrachte, daß er lediglich Sympathisant der dunklen Sache war, aber schon vor dem Sturz des Unnennbaren erkannte, diesem nicht weiter folgen zu dürfen. Nach einer umfangreichen Diskussion des Zaubergamots wurde Karkaroff freigesprochen und durfte in seine Heimat zurückkehren, wo er zur Zeit noch den Posten des stellvertretenden Leiters des Durmstrang-Institutes für zentral- und osteuropäische Hexen und Zauberer aus alten Familien innehat. Auf die Frage unseres Reporters, ob Karkaroff wisse, wer sonst noch den Todessern angehöre, verweigerte ihm der Leiter der Strafverfolgung Crouch jede Aussage."

"Das gibt's also auch", sagte Aurora. "Da ist jemand vor Gericht gewesen und trotz einiger Hinweise auf böse Taten freigesprochen worden. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein."

"Vielleicht hat der Typ 'nen Handel mit der Strafabteilung gemacht, wie sie's in den amerikanischen Anwaltsfilmen zeigen. Da kannst du Kronzeuge werden, wenn du aussagst, was du in der Bande des Gangsters XY mitbekommen hast und kriegst dafür weniger Gefängnis oder Straferlass", sagte Roy. "Natürlich würden die uns das nicht auf die Nase binden, wenn dieser Krackhof oder wie der heißt sowas ausgekungelt hat."

"karkaroff, Roy", knurrte Petula. "Du glaubst doch nicht, Crouch ließe einen erwischten Todesser einfach so wieder laufen, nur weil der meint, ihm was wichtiges über seine Kumpane erzählen zu können. Neh, ich denke, der war eben nur in Verdacht geraten, weil er vielleicht mal was gesagt hat, was dem Unnennbaren aus der Seele gesprochen hätte. Crouch ist ein ziemlich scharfer Hund. Der würde keinen Todesser laufen lassen."

"Wie du meinst", sagte Roy eingeschnappt. Aurora sagte nur dazu:

"Das ist wie ein Nachbeben. Jetzt müssen sie sich schon an die ranmachen, die mal was über Ihr-wißt-schon-wen gesagt haben, was dem Ministerium nicht paßt, schon werden sie vor Gericht gestellt."

"Wie gesagt, ich glaube es nicht, daß der Typ nix mit diesem Schweinehund zu tun hatte. Der hat mit Crouch einen Pferdehandel abgeschlossen. Crouch will die wirklich heftigen Gangster haben. Wenn er mit einem Kleinen Fisch an der Angel mehrere große Fische an Land zieht soll ihm das recht sein."

"Du kuckst zu viele amerikanische Anwaltsfilme", sagte Bruster barsch zu Roy. "Crouch führt seinen Rachefeldzug gegen die Todesser. Meine Mum sagte mir mal, der glaubt, daß sein Sohn Barty Junior von denen bequatscht worden sei und er deshalb sehr viel heftiger gegen Anhänger von Du-weißt-schon-wem kämpfen wollte. Aber nix genaues weiß sie nicht."

"Dann soll sie nicht so'n Quatsch daherreden", knurrte Roy. "Dann kann ich genauso recht haben, daß dieser Karkaroff gesungen hat wie eine Nachtigall."

"Eh, Roy, meine Mutter redet keinen Quatsch, im Gegensatz zu dir, klar?" Schnaubte Bruster sehr gereizt. Roy grinste nur spitzbübisch.

"Die ist doch Hausfrau. 'tschuldigung, Haushexe. Woher will die mehr wissen, was in der Welt abgeht als ich, der ich zwischendurch doch mal Fernsehen kucken kann?"

"Meine Mum hat viele gute Freunde und Freundinnen in der Zaubererwelt. Und Fernsehen kucken kann ich auch noch", erboste sich Bruster. Aurora sah ihn irritiert an. Da fiel Bruster wieder ein, daß er ja Vertrauensschüler war, und er sagte nur:

"Wir werden uns bestimmt nicht wegen Crouch oder diesem Karkaroff streiten. Hoffen wir lieber, daß sie die wirklichen Schweinehunde aus seiner Bande zu fassen kriegen."

"Gut, wenn Karkaroff nett erzählt, wen er von denen gekannt hat, kriegen die die auch", erwiderte Roy amüsiert. Aurora meinte nur:

"Seit froh, daß wir nicht vor Gericht gestellt werden, wegen was auch immer. Manchmal kann man da auf Hexen und Zauberer treffen, die einen glatt nach Askaban schicken wollen, nur weil man zur falschen Quidditchmannschaft hält."

"Das glaube ich jetzt aber nicht", lachte Roy. "Angeklagter, sie werden beschuldigt, beim Spiel der Wimbourne Wasps gegen die Newcastle Nightmares sehr laut für die Wasps applaudiert zu haben, obwohl die diese Saison nicht angefeuert werden dürfen.""

Aurora funkelte Roy an, mußte dann aber über die Vorstellung grinsen. Roy hatte zwei Quidditchmannschaften erwähnt. Sonst tat er so, als sei Quidditch für ihn ein abgedrehter Sport ohne Sinn und Verstand. Vielleicht tat es ihm gut, unter seinesgleichen, Hexen und Zauberern, zu lernen.

als dann die Osterferien anbrachen wurde ausgelost, welche Vertrauensschüler in Hogwarts bleiben sollten. Alwine als Schulsprecherin blieb vor Ort, ebenso Herman Archstone, Eunice Armstrong und Aurora Dawn. Diese war zwar nicht sonderlich begeistert, sah es aber als gute gelegenheit, in der Bibliothek für die Prüfungen zu lernen. Sie verabschiedete sich von Petula, Dina und den Jungs. Miriam wollte ihr aus Hogsmeade schreiben, jeden Tag eine Eule, hatte sie versprochen.

"Schöne Ferien euch allen. Roy, grüß mir den fünften Kontinent!"

"Neh, Aurora. Erica ist jetzt wieder auf unserer guten, alten Insel Britannien. Sie ist bei Leuten in Ottery St. Catchpole untergekommen. Da werden wir die Ferien zubringen."

"Dann schöne Ferien", wünschte Aurora noch einmal. Roy verabschiedete sich und ging zusammen mit Bruster und den anderen, die über die Ferien heimfahren wollten zu einer der Kutschen, vor denen die nicht für alle sichtbaren Thestrale gespannt waren. Als die gerippeartigen Pferdewesen die Kutschen durch das große Tor zu den Ländereien gezogen hatten, seufzte sie. Ihre Mutter war alleine zu Hause. Hugo Dawn trieb sich wieder in der weiten Welt herum. Vielleicht sollte sie Dumbledore fragen, ob sie an Ostern kurz mit ihr kontaktfeuern durfte. Immerhin würde sie sich wieder mit den Priestleys treffen, wie es seit je her Familientradition war.

ENDE

Nächste Story | Verzeichnis aller Stories | Zur Harry-Potter-Seite | Zu meinen Hobbies | Zurück zur Startseite

Seit ihrem Start am 1. Juli 2005 besuchten 5148 Internetnutzer diese Seite.