FERIENTAGE IN VIENTO DEL SOL

Eine Fan-Fiction-Story aus der Welt der Harry-Potter-Serie

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P R O L O G

Das zweite Schuljahr in Beauxbatons bringt dem Zauberschüler Julius Andrews eine Menge überraschender Wendungen, einige gute, doch auch einige sehr schlimme. Seine frühere Hogwarts-Klassenkameradin Gloria Porter kommt für ein Gastschuljahr nach Beauxbatons, ohne daß er es vorher erfahren hatte. Er lernt einen Zaubertrank kennen, der einen Zauberer oder eine Hexe befähigt, mit einem vertrauten, magischen Tierwesen wie mit einem Menschen sprechen zu können und nimmt auf diese Weise Verbindung zu der Knieselin Goldschweif auf, die im Verlauf des Schuljahres vier Junge bekommt und ihn weiterhin mit einer Mitschülerin aus dem roten Saal verkuppeln will.

Als Überbleibsel von Orions Fluch, den Julius und Béatrice Latierre gerade noch austreiben konnten, erwarten mehrere im Sommer im Sonnenblumenschloß gewesene Hexen Nachwuchs, darunter auch Catherine Brickston.

Die Beziehung zu Claire droht zu zerbrechen, weil sich auch andere junge Mädchen um ihn bemühen und Claire von Angst und Eifersucht getrieben vermutet, daß er sich davon betören lassen könnte. Erst ein gemeinsamer Zauber bringt hervor, daß sie einander wirklich innig lieben und macht sie bereits mit vierzehn zu Verlobten. Doch das enthüllte Glück soll nicht lange dauern, weil durch eine Kette von ereignissen, die mit Träumen von einer verlassenen Stadt und einem alten Gemälde in Beauxbatons beginnen, Julius die Angst der magischen Brüder vom blauen Morgenstern weckt, weil sie ihn für den prophezeiten Erben der letzten den hellen Künsten verbundenen Herrscherin von Atlantis erkennen und ihn gefangenhalten wollen. Zwar kann Claires Großmutter Aurélie ihn noch in Sicherheit bringen, wird dafür jedoch dem Blutrachefluch unterworfen, der sie und ihre weiblichen Verwandten zu töten droht, darunter auch Claire. So kämpft Julius in der alten Festung der Bruderschaft gegen verschiedene Kreaturen orientalischer Magie und schafft es fast, Aurélie zu befreien, wird dabei aber fast von dem Führer der Bruderschaft mit dem Todesfluch getroffen. Aurélie wirft sich in die Bahn des unverzeihlichen Fluches und löst sich dabei in reine Energie auf, die zu einer überirdischen Erscheinung wird, in der Julius vor weiteren Angriffen geschützt ist. Doch weil Claire aus der Ferne mitbekommt, daß er in tödlicher Gefahr schwebt, gibt sie ihren Körper auf und erreicht ebenfalls jene überirdische Erscheinung. Ihr Geist kann nicht mehr in den eigenen Körper zurückkehren. Mit ihrer ebenfalls entkörperten Großmutter wird Claire zur engelgleichen Erscheinungsform Ammayamiria, die über eine übermenschlich starke Magie verfügt. Sie nimmt Julius das Versprechen ab, nicht lange um Claire zu trauern, deren nun lebloser Körper in Millemerveilles beerdigt wird.

Die Monate nach Claires körperlichem Tod stürzt sich Julius in die Schularbeiten. Nur die Weihnachtsferien bieten eine kurze Unterbrechung. In diesen werden seine Mutter und er offiziell in der großen Eauvive-Familie willkommen geheißen und feiern die Geburt der Zwillinge Esperance und Felicité Latierre nach, wobei sich deren glückliche Mutter nicht nehmen läßt, Julius einem Lebenskraftverstärkungsritual zu unterziehen, durch das sie ihm einen Teil ihrer Lebensenergie überträgt, wodurch er stärker und widerstandsfähiger wird. Nach den Ferien rangeln sich die beiden Mitschülerinnen Belisama Lagrange und Mildrid Latierre um ihn, so daß die Heilerin von Beauxbatons Julius anweist, in den Osterferien klarzustellen, mit welcher von beiden er sich neu binden möchte oder keine von beiden als Partnerin annehmen will.

Gloria und er sind erschüttert, als im Februar Glorias Großmutter Jane stirbt. Zusammen mit Julius Mutter, Professeur Faucon und Catherine Brickston nehmen sie an der Trauerfeier teil, zu der auch prominente Hexen und Zauberer aus aller Welt kommen, darunter auch Professor Albus Dumbledore, der Glorias und Julius' Schulfreundin Pina Watermelon mitbringt. Einige Tage danach erfährt Julius, daß Jane Porter nicht wirklich gestorben ist, sondern ein lebendes Abbild ihrer Selbst getötet wurde, weil Jane geahnt hat, daß in den Reihen ihrer Mitstreiter eine Verräterin umgeht. Sie offenbart Julius, daß sie vermutet, daß jene Hexe, die ihn damals vor der Abgrundstochter Hallitti gerettet hat, eine wiederverkörperte Dunkelhexe aus der Zeit Sardonias sei, womöglich Sardonia selbst oder ihre ihr erfolgreich nachahmende Nichte Anthelia. Leider darf Julius Gloria nicht erzählen, daß ihre Großmutter noch lebt. Denn diese muß verborgen bleiben, bis geklärt ist, mit wem genau sie es zu tun haben.

In den Osterferien besucht er ein profi-Quidditchspiel und läßt sich von den Latierres in ein Café in der Rue de Camouflage bringen, wo er bemerkt, daß er langsam wieder freier denken und sprechen kann. Um dem Gezänk zwischen Mildrid und Belisama endgültig ein Ende zu machen entscheidet Hippolyte Latierre, daß ihre beiden Töchter versuchen sollen, Julius über die magische Brücke der vereinenden Leichtigkeit in die Festung der Töchter der Himmelsschwester zu bringen. Martine und er schaffen es nicht, die gläserne Zauberbrücke zu überqueren. Doch als Millie ihn auf ihren Schultern auf die Brücke trägt ist es so, als würden sie darüber hinwegschweben. Julius erkennt dabei, daß er innerlich schon immer schon für Mildrid empfand und sie ihn nicht nur zum reinen Vergnügen umwerben wollte. In der Festung selbst lassen beide die letzten Hemmungen fallen und lieben sich das erste Mal in ihrem gemeinsamen Leben. Damit steht fest, daß sie von nun an ein festes Paar bilden.

Natürlich wird diese neue Beziehung und wie sie letztendlich zu Stande kam nicht von allen gerne gesehen. Professeur Faucon, die einen seit der Schulzeit gehegten Groll gegen die Latierres hegt, will haben, daß Julius' Mutter gegen diese Verbindung Einspruch erhebt. Doch diese läßt sich durch Gespräche mit Millie und ihren Eltern überzeugen, daß es keinen echten Grund gibt, das Ende der Beziehung zu erzwingen. Professeur Faucon bringt sich selbst in eine Situation, in der sie nicht mehr all zu viel ausrichten kann. Außerdem gibt es größere Probleme.

Die beinahe in Vergessenheit geratenen Insektenwesen aus der Zeit Sardonias tauchen wieder auf. In den vereinigten Staaten von Amerika werden der amtierende Zaubereiminister und sein Gegenkandidat getötet, und Julius gerät in eine Falle des russischen Schwarzmagiers Igor Bokanowski, der ihn von einer durch dunkle Kräfte erzeugten Kopie von Belle Grandchapeau entführen und in seine Burg bringen läßt, die mit von ihm erschaffenen Ungeheuern und Mehrerer Dutzend Ebenbilder seiner Selbst angefüllt ist. Bokanowski interessiert sich für die besonderen Kräfte der Ruster-Simonowsky-Zauberer, von denen es außer Julius noch einen lebenden auf der Welt gibt, der ebenfalls in die Burg verschleppt wurde. Doch Bokanowski holt sich damit ohne es zu ahnen ein Kuckucksei ins Nest. Denn sein Vorhaben wurde von jener geheimnisvollen Hexe vorhergesehen, die sich als Erbin Sardonias versteht. Sie schickt die wieder aufgetauchten Entomanthropen gegen die Burg aus, wartet, bis diese mit den Ebenbildern und Monstern richtig im Schlachtgetümmel liegen und dringt heimlich in die Burg vor. Julius gelingt die Flucht aus der unmittelbaren Gefangenschaft. Doch erst als die Wiedergekehrte den Burgherrn wohl kampfunfähig gemacht hat und mit ihm den zweiten Gefangenen, den spanischen Zauberer Orfeo Colonades befreit hat, entkommen sie der Monsterburg Bokanowskis, die kurz darauf mit lautem Knall in die Luft fliegt. Nach einer Befragung durch den russischen Zaubereiminister kann Julius nach Paris zurückkehren. Dort findet er die Einladung zu einem Quodpotspiel in Viento del Sol vor. Er fragt Millie, ob sie mitkommen möchte. Sie erhält die Erlaubnis dazu. So hofft er doch noch auf Ferientage, in denen er sich gut erholen kann.

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Es hätte so ein schöner Sonnenaufgang sein können, fand Julius, der am Morgen schon um sechs Uhr auf den Beinen war und einen Blick durch das Wohnzimmerfenster warf. Doch die allgegenwärtige Dunstglocke über der Megastadt Paris zerstreute das orangerote Licht des Tagesgestirns zu einem gräulich-roten Wabern über dem östlichen Horizont, daß es eher so aussah, als brenne in weiter Ferne eine halbe Stadt ab. Schwefelgelbe Schleier wehten durch das grau-rote Glühen und zerfaserten es noch zu einem merkwürdig bernsteinhaften Glimmen, wie hoch fliegende Irllichter, die in den Wolken Verstecken spielten. An und für sich auch eine faszinierende Erscheinung, fand Julius, der als Großstadtkind eh an dunstige Sonnenauf- und -untergänge gewöhnt war. Er dachte daran, daß er mit seiner Mutter und seiner neuen Liebe Mildrid Latierre in zwei Stunden in die Staaten reisen würde, per magischer Lichtspähre und dann noch nach Kalifornien in das Zaubererdorf Viento del Sol. Womöglich würde er da den Sonnenaufgang noch einmal zu sehen bekommen, weil die Uhrzeit in Kalifornien neun Stunden hinter der mitteleuropäischen Zeit lag. Im Moment hatten die da noch Mittwoch und Neun Uhr abends. Wenn sie von hier aus aufbrachen, dachte er weiter, würden sie um zwei Uhr nachts Ostküstenzeit ankommen und von New Orleans aus mit einem Zauberauto weiterfahren, das hoffentlich in weniger als sechs Stunden zur Westküste hinüberfahren konnte. Dann war es in Kalifornien fünf Uhr am Morgen, und er konnte den Sonnenaufgang unverschleiert genießen, hoffte er. Könnte ja auch sein, daß die Smogwolken aus Los Angeles, San Francisco und San Rafael bereits zu viel vom reinen Himmel über VDS verschmutzt hatten, und dann würde er etwas ähnliches wie dieses unförmige Wabern und Glimmen zu sehen kriegen.

Sein Pflegehelferarmband zitterte. Um diese Zeit wollte schon wer was von ihm? Er berührte den weißen Schmuckstein. Mildrid Latierres nichtstoffliches Abbild erschien aus dem Nichts heraus vor ihm.

"Ach, du bist schon auf, Monju? Schade, ich wollte dich an und für sich wachsingen", begrüßte ihn Millie warm lächelnd.

"Du kennst doch meinen Tagesrhythmus, Mamille", erwiderte Julius mit tiefer Betonung.

"Hast du deine Sachen schon klar für die Reise?" Fragte Millie grinsend.

"Ich habe die Tasche gepackt, Festumhang, Schachspiel, ein zwei Flöten, die Mundharmonika und oben drauf den Besen, falls ich da noch mal trainieren kann."

"Trainieren? Wo denn da?" Wollte Millie wissen.

"Du kannst Übungszeiten in den Stadien mieten, wenn die Profis da nicht gerade trainieren wollen", sagte Julius.

"Oh, dann hänge ich meinen Besen auch an meine Tasche dran", sagte Millie. "Aber wozu brauchst du das Schachspiel? Ich wüßte nicht, daß Oma Line mitkäme."

"Die nicht, aber meine Mutter kommt doch mit", erwiderte Julius schlagfertig. Millie nickte verhalten.

"Welchen Festumhang nimmst du denn mit, den weinroten, den du im Château anhattest?"

"Genau den. Warum? Willst du was passendes dazu anziehen?" Tat Julius völlig ahnungslos.

"Meine Haare passen gut zu deinem Umhang. Aber ich denke, ich nehme das meergrüne Kleid mit, daß ich bei Jeannes und Brunos Hochzeit anhatte. Du hattest doch auch was blaues als Festumhang."

"Ja, für nicht ganz so erhabene aber doch feierliche Anlässe oder Hochzeiten, wo ich doch eher was helles anhatte."

"Klar, den himmelblauen Umhang mit dem sonnengelben Kragen. Der würde gut zu einem himmelblauen Rüschenkleid passen, daß Maman mir zum Vierzehnten geschenkt hat. Am besten packst du den Blauen dann noch dazu. Die Tasche würde dadurch ja nicht wesentlich schwerer."

"Ach, ich denke, ich habe alles, was ich brauche", erwiderte Julius verschmitzt grinsend. Das fing ja gut an, daß Millie ihm vorschrieb, welche Klamotten er mitnehmen und anziehen sollte.

Die Wohnzimmertür ging auf und Julius Mutter trat im geblümten Morgenrock ein.

"Ich dachte, eure Pflegehelferchefin mag das nicht, wenn ihr einfach so über das Armband miteinander sprecht", wunderte sie sich und rieb sich den letzten Schlaf aus den Augen.

"Ich höre ja mit, Madame Andrews", kam Madame Rossignols Stimme aus dem Armband. Millie verzog zwar das Gesicht, nickte dann aber. Sie versuchte, Julius' Mutter anzusehen, die vielleicht noch im Bildübertragungsfenster der Armbandverbindung stand. Julius rückte etwas näher an seine Mutter heran, damit sie besser zu sehen war.

"Ich sagte Julius nur, er könnte ja den blauen Umhang einpacken, mit dem er bei Brunos und Jeannes Hochzeit war."

"Denselben kann ich nicht mehr anziehen", rückte Julius mit einer Bemerkung heraus, die, wie er hoffte, Millies Modediktat ins wanken bringen würde. Doch Millie grinste nur und erwiderte:

"Aber den gleichen hast du dir schon gekauft, weiß ich."

"Öhm, stimmt schon. Gut, ich tu den mal dazu, für den Fall, daß wir einen Tanzabend besuchen sollten, wo äußere Übereinstimmung wichtig ist", erwiderte Julius.

"Das ist nett. Ihr kommt dann zur Reisesphäre hin?" Fragte Millie.

um acht, wie mit deiner Mutter abgesprochen", sagte Julius. "Wer bringt uns eigentlich rüber?"

"Oma Line", antwortete Millie. "eigentlich wollte Maman uns selbst rüberbringen und uns bei ihrem Verbindungstypen von der dortigen Spiele-und-Sport-Abteilung abgeben, aber irgendwer hat ihr wohl erzählt, daß das für werdende Mamans ziemlich unangenehm sein soll."

"Wird wohl Catherine gewesen sein", meinte Julius. "Ihr Baby hat den Sphärenflug zur Beerdigung von Glorias Oma nicht gemocht", antwortete Julius.

"Sicher", erwiderte Millie. "Dann bis nachher."

"Bis dann denn", erwiderte Julius.

"Ihr seid doch noch nicht verheiratet", grinste Martha Andrews, als die Bild-Sprech-Verbindung beendet war. "Da legt sie schon fest, was du anziehen sollst?"

"Rein körperlich sind wir doch schon verheiratet, Mum. Hast du ja selbst so gesehen."

"Höm-öhm, wenn sie das als Legitimation sieht, dir zu sagen, was du anziehen sollst, weil ihr beiden euch schon füreinander ausgezogen habt ... Ich meine, sehe ich ein, daß sie gerne neben dir nicht unpassend aussehen möchte. Womöglich hat euer beider direkte Vorgesetzte deshalb die Besprechung erlaubt. Hmm, wir hatten uns ja darauf geeinigt, daß wir die Sache mit der Mondfestung keinem da drüben erzählen werden. Mademoiselle Mildrid Latierre ist deine neue Freundin; das soll reichen."

"Sieht Millie auch so. Allerdings frage ich mich echt, was Britt Forester und Mel Redlief sagen, wenn Millie und ich da drüben ankommen."

"Falls diese Brittany wirklich irgendwas von dir gewollt hat wird die sich damit abfinden müssen. Abgesehen davon kann es dir doch völlig gleich sein, wie dieses Mädchen denkt und was es fühlt."

"Ja, gut, Brittany hat mir geholfen, die Sache mit Paps rauszufinden, weil ich das vorher ja nicht konnte", erwiderte Julius. "Aber du hast schon recht, daß ich mir jetzt keinen Kopf drum machen soll, wie sie das mit Millie wegsteckt. Entweder kriege ich das ja sowieso mit oder gar nicht. Dann kann's mir auch egal sein", erwiderte Julius. Seine Mutter nickte verhalten, lächelte aber tiefgründig.

Nach dem Frühstück brachte Catherine die beiden Mitbewohner zum Eingang des Geschichtsmuseums hin. Dort wartete jedoch schon Ursuline Latierre zusammen mit Mildrid. Die sieben Monate alten Töchter Esperance und Felicité ruhten in flauschigweichen Tragetaschen, die die gewichtige Hexenmatriarchin problemlos auf dem Rücken ttrug.

"Wird dir das nicht zu schwer, Line?" Fragte Martha besorgt, nachdem sie einander begrüßt hatten.

"Nöh, nicht für mich", sagte Ursuline. "ich bin da in glänzender Übung. Irgendein vorwitziger Bursche aus der ferneren Verwandtschaft hat mich mal als Verschmelzung zwischen Frau, Elefantenkuh und Känguruh bezeichnet, weil ich jedes meiner Kinder solange bei mir trage, bis es selbständig krabbeln kann. Das ist mir nicht zu schwer."

"Ich dachte ja nur", meinte Martha Andrews. Julius warf ein, daß die Latierre-Kuh-Milch ja ein wahrer Krafttrunk sei und vieles leichter zu tragen mache. Ursuline lächelte ihn warm an und nickte bestätigend. Dann winkte sie den dreien zu, ihr zu folgen.

"Woher kennst du eigentlich die Formeln für New Orleans?" Fragte Julius, als Ursuline sie in den Ausgangskreis für die Reisesphäre geführt hatte.

"Mit guten Beziehungen in alle Abteilungen habe ich das längst mitgekriegt, wie ich dahinkommen kann", sagte Ursuline. "Soweit ich weiß kennt Martine die entsprechenden Formeln mittlerweile auch." Millie nickte.

"Nur daß Tine wegen ministerieller Sachen nicht kommen konnte", sagte sie.

"Nach der Kiste mit Bokanowski kein Wunder, wenn die ganzen Abteilungen umgekrempelt werden müssen", grummelte Julius.

"So, seid ihr klar?" Fragte Ursuline. Alle nickten. Dann beschwor sie die Reisesphäre herauf. Als sie eingehüllt in jene sonnenuntergangsrote Lichtblase zwischen den Dimensionen dahinglitten begannen die beiden Babys zu schreien. Ursuline sprach beruhigend auf sie ein. Doch sie wollten sich nicht beruhigen.

"Das kann ich dann Trice und Teti weiterreichen, daß nicht nur ungeborene Kinder diese Überseesphäre nicht mögen!" Rief Ursuline über das doppelte Plärren ihrer Töchter hinweg.

"Woran liegt'n das?!" Rief Millie überrascht.

"Könnte sein, daß die Geräusche für die Kleinen unheimlich sind oder wegen dieser Verschiebung was in deren Körper unordentlich wird", meinte Julius dazu. Seine Mutter nickte verhalten, während sie genauso schwerelos wie ihre Mitreisenden im Zentrum der magischen Sphäre schwebte.

Erst als die Schwerkraft sie wieder einfing und die rote Energieblase oben aufklaffte und um sie herum im Boden verschwand hörte das Zwillingsgeschrei wieder auf und ging in ein unbehagtes Gequängel über.

"So, wenn ich Hipp richtig verstanden habe soll Berty Southerland schon hier irgendwo sein", sagte Line Latierre und sah sich um. Das Tor in der runden Begrenzungsmauer öffnete sich gerade, und der Martha und Julius schon bekannte Peter Bruckner von der Einreiseüberwachung trat mit einem hochgewachsenen, aber wie Line sehr korpulentem Zauberer ein, dessen Haar da wo sein zauberstablicht widerschien rötlich erglühte.

"Ich darf Sie alle im Namen der Amerikanischen Zaubererwelt erneut auf US-amerikanischem Boden willkommen heißen", begrüßte Peter Bruckner die Ankömmlinge. Er zählte durch. Als er Line Latierre ansah, schüttelte sie den Kopf.

"Ich habe meine Enkeltochter und die Andrews' nur hergebracht, Sir", sagte sie in astreinem Londoner Englisch. Julius und seine Mutter staunten nicht schlecht. Bisher hatten sie von Line Latierre nur Französisch gehört.

"Ach, Sie sind Ursuline Latierre", sagte der raumfüllende Zauberer neben Bruckner. "Schön, Sie mal leibhaftig zu sehen."

"Wohl im wahrsten Sinne des Wortes", erwiderte Line grinsend. "Dann Sind Sie Hubert Southerland, der Enkel des Cousins meiner Mutter", erwiderte Line lächelnd.

"Yep", machte der gewichtige Zauberer. Julius schmunzelte. Also hatten die Latierres auch einen nordamerikanischen Zweig, der sich selbständig weiterentwickelt hatte.

"Dann sind wir ja richtig", sagte Line noch und trat demonstrativ zurück in den Mittelpunkt des Ausgangskreises, als Bruckner und Southerland die Ankömmlinge begrüßten.

"Je ne Parle pas Français", sagte Southerlland im heftigen amerikanischen Akzent zu Mildrid, als er sie begrüßte. Diese erwiderte zu Marthas und Julius' erstaunen im selben astreinen Londoner Englisch wie ihre Oma:

"Oh, das macht nichts, Sir. Ich habe genug Englisch gelernt, um auch Nordamerikaner und Kanadier verstehen zu können." Sie lächelte und sah dann Julius und seine Mutter an, die mit aufgeklappten Mündern dastanden. Sie zwinkerte Julius zu, der sie fragend ansah und wohl gleich wissen wollte, seit wann sie so gut Englisch könne.

"Ich habe deine Muttersprache schon seit dem neunten Lebensjahr gelernt, seitdem ich mit Maman, Papa und Tine zum zwanzigsten Hochzeitstag meiner Eltern mit ihnen durch dein Heimatland gereist bin. Polyglosse und Babel haben ja, wie du bestimmt von Claire weißt auch eine Englischlernversion deines Französischlernbuches geschrieben. Mit der konnte ich in einem Jahr gut deine Sprache."

"Öhm, wieso hast du mir das nie erzählt?" Fragte Julius doch noch.

"Tja, du hast mich nie danach gefragt", erwiderte Millie verschmitzt grinsend. Martha Andrews, die bis dahin perplex danebengestanden hatte fragte sie dann etwas verstimmt:

"Wieso hast du mir das nicht schon erzählt, als wir beide uns allein unterhielten?"

"Selbe Antwort", sagte Millie dazu nur. "Außerdem spreche ich in Frankreich mit allen, die sehr gut Französisch können nur Französisch, wie Julius' Saalkönigin auch."

"'tschuldigung, die Damen und der herr", warf Bruckner ungeduldig ein. "Verhält es sich in der Tat so, daß Sie sich in unseren Zauberergemeinden aufhalten werden, oder tragen Sie sich auch mit dem Wunsch, die nichtmagischen Ansiedlungen zu besuchen?"

"Wir haben unsere Pässe mit", sagte Martha Andrews. Millie schüttelte den Kopf. Sie hatte keinen Reisepass dabei. Bruckner knallte einen Einreisestempel in die Reisepässe, falls die Andrews' doch nicht nur in Viento del Sol bleiben wollten. Dann zog er sich zurück.

"Jack wartet mit dem Wagen außerhalb vom Weißrosenweg", sagte Hubert Southerland. "Wir können sofort hin."

Martha, Julius und Millie verabschiedeten sich von Ursuline Latierre und verließen den Ausgangskreis. Keine dreißig Sekunden später knallte es dumpf, was bedeutete, daß Millies Oma die Reisesphäre aufgerufen hatte.

"Dann ist es nicht Nötig, Ihnen den Wechselzungentrank zu geben, Ms. Mildrid?" Fragte Hubert Southerland, der in einen dunkeln Samtumhang gehüllt war.

"Nein, ist nicht nötig. Aber den Ortszeittrank hätte ich gerne. Ist ja total dunkel hier", erwiderte Millie.

"Natürlich. Den erhalten Sie alle am Ziel der Reise."

"Wieder ein Caddy wie der, mit dem meine Mutter mal nach VDS rübergekommen ist?" Fragte Julius jungenhaft interessiert.

"Hmm, das Fabrikat ist mir nicht bekannt. Könnte stimmen", sagte Southerland nur. Seine Ausdrucksweise war echt beamtenmäßig, fand nicht nur Julius.

Tatsächlich handelte es sich bei dem Fahrzeug, daß jenseits der Absperrung zwischen Weißrosenweg und dem New Orleans der Muggel wartete um denselben gelben Cadillac, mit dem die Andrews' nach dem Quodpotspiel der Windriders gegen die Slingshots abgeholt worden waren. Als ein Chauffeurszauberer in zu den Ledersitzen farblich passender Uniform mit Mütze die linke Hintertür öffnete, steckte eine junge Hexe ihren weizenblonden Schopf heraus, beugte sich nach draußen und sah die Ankömmlinge mit dunkelbraunen Augen an.

"Hallo, zusammen!" Grüßte sie. "Hätten Sie nicht mit gerechnet, daß wir sie hier abholen, Mrs. Andrews, Julius und, wie heißen Sie, junge Miss?"

"Mildrid heiße ich, Miss Brittany", erwiderte Mildrid locker klingend. "Mildrid Latierre."

"Hi, Britt, es hat ja doch noch geklappt", sagte Julius zwischen Freude und einem gewissen Unbehagen, wie er jetzt mit der Situation umgehen sollte. "Wen meinst du noch mit Wir?" Fragte er dann noch.

"Die Cottons und die Redliefs", sagte Brittany Forester, stieg aus und ließ eine fünfköpfige Familie und die beiden Cousinen von Gloria Porter aus dem Fond des Wagens klettern. Sie begrüßten einander. Als Melanie Redlief Julius umarmte fragte sie im Flüsterton:

"Ist das die Millie, von der Glo uns geschrieben hat, daß die hinter dir her ist? Sag bloß nicht, die ist? Sag bloß nicht, daß du jetzt mit der gehst?"

"Wie du willst", sagte Julius nur grinsend. Daß Mel Redlief ein wenig vergrätzt dreinschaute beeindruckte ihn nicht sonderlich. Er nahm es jedoch zur Kenntnis. Myrna stubste ihre ältere Schwester an und begrüßte Julius. Steve Cotton, der einzige Sohn der Cotton-Familie sah Millie an, die ihn kurz musterte und dann wieder auf die älteren Mädchen wie Brittany, Ginger und Sharon blickte.

"Mr. Southerland hat uns das am Abend erst erzählt, daß drei Leute rüberkommen", sagte Sharon Cotton, die Julius nun innig umarmte und dabei herausfordernd zu Millie hinüberblickte. "Schön, daß du jetzt schon rüberkommen konntest. Nach dem, was Lino so in den Westwind gesetzt hat hättest du ja fast nirgendwo mehr hingehen können."

"Ich dachte die sei in der Versenkung verschwunden, weil sie irgendwas rausgekriegt hat, was sie nicht wissen durfte", wunderte sich Julius.

"Das erzählt dir besser Miss Brittany", erwiderte Sharon. Julius sog ein süßlich herbes Duftgemisch in die Nasenflügel ein, das Sharon umwehte. Sie fragte ihn leise:

"Hast du die rotblonde Mademoiselle mitgebracht, weil deren Mutter euch die Karten in der oberen Loge klargemacht hat?"

"Nein, nicht deshalb. Das ist meine Freundin Mildrid", stellte Julius hier und jetzt klar. Sharon rümpfte die Nase, ließ von Julius ab und sah Mildrid an, die überlegen lächelnd zurückblickte. Sharon nickte verhalten und trat von Julius zurück, als habe er sie irgendwie dumm angeredet.

"Ja, Mädchen, so geht das in der Welt zu", meinte Mr. Cotton grinsend. "Drei Monate ist das jetzt her, daß wir den jungen Mann in Antoinettes schmuckem Schloß getroffen haben. Habt ihr beiden euch eingebildet, der würde sich nicht mehr umsehen, weil Claire zu früh wegging?" Sharon grlubschte ihren Vater an, während Steve Millie noch einmal eingehend begutachtete und seine älteste Schwester Ginger Sharon schadenfroh angrinste. Die Redliefs nahmen Julius' Bekundung wohl auch erst einmal nur zur Kenntnis, ohne zu zeigen, wie das bei ihnen ankam. Doch Julius war sich sicher, daß die Mädchen nicht unbedingt froh darüber waren, daß da doch eine neue Hexe in seinem Leben war. An und für sich hatte er immer gedacht, er sei zu jung, zumindest für Mel, Britt und Sharon. Doch er wußte auch, daß sein durch zwei Zeitpaktzauber gealterter Körper ihn als vollwertigen jungen Mann durchgehen ließ, und wenn die Mädchen auf Grund ihrer Hormonlage nur auf Äußerlichkeiten flogen, war er für die nicht zu jung. Was Myrna anging, so hatte er von ihr schon eine gewisse Rückmeldung gekriegt, daß sie sich durchaus was mit ihm vorstellen konnte.

"Die Damen und die Herren, wir müssen los. Im Moment ist der Verkehr auf den Fernstraßen günstig, daß wir in vier Stunden in VDS sein können", sagte Jack, der Fahrer. Die Eheleute Cotton, Martha Andrews und Hubert Southerland trieben die sechs jungen Hexen und die zwei jungen Zauberer an, durch die Hintertür in den Wagen zu klettern. Innen bot der Cadillac soviel Platz wie ein Reisebus, war aber nicht mit zwei langen Reihen gepolsterter Doppelsitze sondern mit großen Sofas ausgestattet. Julius kannte das vom letzten Sommer her, als sie von Viento Del Sol nach New Orleans zurückgereist waren. Er setzte sich zu Millie und seiner Mutter auf eines der Sofas, während sich die Redliefs, Sharon und Brittany ihnen gegenüber niederließen. Hubert Southerland saß vorne im Wagen, durch eine Glasscheibe vom hinteren Fahrgastabschnitt getrennt. Als der Cadillac anfuhr, war kein Motorengeräusch zu hören. So konnten sich die Insassen in normaler Lautstärke unterhalten, wenn sie wollten. Brittany fragte Julius, ob er sich gut erholt habe. Lino habe ja in den Westwind geschrieben, daß er und ein Spanier namens Colonades wohl von einem dunklen Magier entführt worden seien, der an den Toden von Davenport und Ironquill Schuld hatte. Ich habe die Ausgabe mit, wo das drinsteht." Sie kramte eine zusammengefaltete Zeitung aus ihrer kleinen Jutetasche mit Reißverschluß und drückte sie Julius in die Hand. Er nahm die Zeitung, faltete sie auseinander und las die Schlagzeile laut vor:

"Verschwörung gegen Zaubererwelt aufgedeckt. Zwei Muggelstämmige Zauberer aus Gewalt von russischem Dunkelmagier befreit. Tod von Norman Ironquill und Minister Barney Davenport aufgeklärt."

Julius las die Geschichte hinter den Schlagzeilen und fragte sich, woher Linda Knowles das gewußt hatte, daß die beiden Zauberer entführt worden waren. Als er las, daß es zwischen dem russischen Zauberer und einer unbekannten, aber wohl sehr mächtigen Hexe zu einer Auseinandersetzung gekommen sei, verzog er sein Gesicht vor Wut. Wer in den Ministerien, deren Chefs er von der Wiedergekehrten übergeben bekommen hatte, war denn da so ein Plappermaul gewesen und hatte es der Presse weitergereicht? Arcadi, Grandchapeau und seine Tochter Belle würden das bestimmt nicht in der Zeitung drinhaben wollen", dachte Julius. Also konnte durchaus ein Angehöriger der anderen Ministerien was ausgeplaudert haben. Zumindest stand nur drin, daß die beiden entführten Muggelstämmigen befreit werden konnten. Doch in einem anderen Artikel, eben jenen von Linda Knowles, stand ausführlich drin, was der spanische Zauberer Colonades am Mittwoch in einem Interview mit Presseleuten seiner Heimat ausgeplaudert hatte. Unter dem Titel: "Gefangen in der Monsterburg" schilderte der magische Sangeskünstler die Ereignisse aus seiner Sicht von der Entführung durch Bokanowskis ausgeschickte Abbilder spanischer Ministeriumszauberer bishin zu seiner Befreiung durch eine blonde Hexe und den jungen Zauberer Julius Andrews.

"Wie hirnamputiert kann einer sein, gleich zur Zeitung zu rennen und es für alle rauszuposaunen, was los war?" Knurrte Julius und verriet damit, daß die Geschichte wohl stimmte. Als ihm das klar wurde, ärgerte er sich über sich selbst. Doch Millie, die behutsam mitgelesen hatte legte ihm den Arm um die Schulter und sagte auf Französisch:

"Dieser Colonades wollte die Sache möglichst schnell unters Volk bringen, weil der wohl dachte, daß sonst alle einen Deckel draufknallen würden und ihn am Ende noch für verrückt halten. Nicht jeder geht der Presse freiwillig aus dem Weg."

"Dann hat Ossa Chermot vom Miroir die Story jetzt auch", knurrte Julius. "Gut, daß ich im Moment weit genug von ihr weg bin."

"Was ist?" Wollte Mel wissen. "Habt ihr's von uns?"

"Neh, von dem sogenannten Exklusivinterview hier, daß eure Lino an Land gezogen hat. Die war ja bei dem Interview selbst dabei, steht hier."

"Womöglich hat sie sich einige Meter vom Interviewort weg hingehockt und gelauscht, wie sie das gerne macht, wenn einer ihr selbst nichts erzählen will", erwiderte Brittany. Millie fragte, ob das Ministerium nicht ein Dementi gebracht habe, daß diese Sache gar nicht stattgefunden habe.

"Cartridge ist gerade einmal drei Tage im Amt, Ms. Mildrid. Offenbar war das für ihn ein gefundenes Fressen, die Sachen hier bei uns erklären zu können."

"Dann wollen wir mal hoffen, daß eure langohrige Lino nicht weiß, daß ich gerade nach VDS unterwegs bin. Hoffentlich gilt das noch, was Catherine mit ihr abgeklärt hat."

"Die Kiste mit dem Veröffentlichungsverbot? Dann hätte die die Geschichte hier nicht bringen dürfen. Neh, ich fürchte, das müßte Madame Brickston noch mal neu verhandeln. Wie geht's der eigentlich. Ihr Baby müßte ja wohl demnächst kommen", meinte Brittany.

"Im Mai", erwiderte Julius kurz angebunden. Ihn ärgerte es, daß seine Erlebnisse in Bokanowskis Burg doch durchgesickert waren, wenngleich die Sachen, die er selbst erlebt hatte mit keinem Wort erwähnt wurden. Aber Leute wie die Chermot und Linda Knowles würden jetzt erst recht darauf losgehen, seine persönlichen Erlebnisse zu erfahren. Ob das wirklich so eine gute Idee war, jetzt in Linos Jagdrevier hinüberzuwechseln, zumal die mit magischem Gehör ausgestattete Reporterhexe ausgerechnet in Viento del Sol wohnte, wie sie ihm im Sommer erzählt hatte. Andererseits war er jetzt hier und konnte nicht mehr zurück. Außerdem wollte er sich die Ferientage nicht von vorne herein verderben lassen. Er sah sich um. Seine Mutter sah ihn besorgt an, die jungen Hexen warteten wohl auf etwas, daß er noch sagen wollte, und die übrigen Erwacchsenen schienen sich nicht für die Angelegenheit zu interessieren. Julius überlegte, ob er von hier aus Catherine anmentiloquieren konnte, um ihr das mitzuteilen, falls sie das nicht schon wußte. Vielleicht sollte er auch gleich Professeur Faucon anmentiloquieren, wenn er sie erreichen konnte. Doch dann müßte er sich ihr gegenüber noch dazu äußern, daß er mit Millie in Amerika war. Als habe seine Mutter seine Gedanken gelesen sagte sie ruhig:

"Wenn von dem, was du gerade erwähnt hast irgendwas in der französischen Zaubererzeitung landet wird Catherine das sicher klären, daß du für keine Interviews zur Verfügung stehst." Sie nahm die Zeitung und las den Artikel. Natürlich wußte sie ja aus erster Hand, was geschehen war, nickte und reichte Brittany die Ausgabe zurück.

"Dann ist das echt passiert, daß du von diesem Bokanowski entführt wurdest, Julius?" Fragte Melanie Redlief.

"Ich denke, daß hat das französische Zaubereiministerium zur Geheimsache erklärt. Daher darf ich da nicht drauf antworten", sagte Julius verbittert. Millie meinte dazu, wobei sie nun wieder fließendes Englisch sprach:

"Ihr wißt doch wie das ist, wenn einer was tolles erlebt hat und meint, 'ne Menge Geld dafür rausleiern zu können. Vielleicht wollte dieser Colonades Schadensersatz von seinem Ministerium haben, den das ihm nicht rüberreichen wollte. Dann ist der zur Presse gerannt und hat für einen kleinen Sack voll Galleonen eine Geschichte verkauft, von der nur er weiß, was davon stimmt oder dreist dahergelogen ist. Wenn diese Linda Knowels dann noch meinte, die Geschichte selbst sei noch zu fad, hat die dem ganzen noch was beigemischt, damit es sich in ihrem Blatt gut anbringen läßt. In meiner Verwandtschaft ist einer, der beim Miroir Magique schafft. Der hat uns schon die tollsten Sachen erzählt, wie an und für sich langweilige Sachen zu riesengroßen Sensationen aufgeblasen werden, ohne groß lügen zu müssen."

"Ja, aber sonst stimmt doch wohl alles, Ms. Mildrid", meinte Sharon Cotton leicht angenervt über diese ungefragte Bemerkung.

"Ms. Sharon, wenn Sie mir das nicht glauben wollen, was ich sage, lassen Sie's dann!" Meinte Mildrid unbeeindruckt. Mr. Cotton warf ein, daß Julius wohl gute Gründe habe, sich über die Neugier von Ms. Knowles aufzuregen, zumal diese Dame ja selbst durch ihr Verschwinden einiges im Argen hatte. Martha sagte dazu nur, daß ihre Familie nicht gerade gute Erfahrung mit der Presse habe, insbesondere seitdem das mit Julius' Vater passiert sei und sie es voll unterstützen würde, wenn Julius sich solcher Sensationsmache entziehen wolle. Myrna nickte. Immerhin hatte sie wegen des Todes ihrer Großmutter Jane auch einiges mitbekommen, was die Presse aus der traurigen Angelegenheit gemacht hatte. Das erzählte sie auch, unterstützt von ihrer großen Schwester Mel. Brittany und Sharon nickten beipflichtend. Sharon meinte dann noch:

"Ja, aber mach dich drauf gefaßt, daß Lino jetzt hinter der Sache her ist. Wie willst du der aus dem Weg gehen, wenn wir in VDS sind?"

"Ich kann den geräuschlosen Raum zaubern, wenn's sein muß", sagte Julius lässig. "Da kommen auch ihre Wunderlauscher nicht gegen an. Könnte sogar sein, daß die ihr dann höllisch klingeln."

"Neh, den kannst du doch noch nicht können. Der ist bei uns in der sechsten drangekommen", widersprach Sharon. "Den können nur Leute, die ungesagt zaubern können."

"Was du nicht sagst, Schoko", grummelte Millie verächtlich. Julius übertönte sie schnell als er sagte, daß er eben wegen seiner Abstammung viele Zauber ungesagt hinbekäme und nette Schulkameraden hatte, die ihm den zur Vorbereitung auf einen wichtigen Vortrag beigebracht hätten. Er sah sie erstaunt tuend an und meinte: "Das hat uns Madame Eauvive doch allen erzählt, daß ich der erste nach langer Zeit bin, der wieder vollständig zaubern kann."

"Sharon meinte es wohl auch so, daß sie das verwundere, daß du so einen mächtigen Zauber schon so früh erlernt haben könntest", sagte Mr. Cotton einränkend. "Sie hat sich nur mißverständlich ausgedrückt."

"Dad, ich kann meine Sachen schon selbst sagen", knurrte Sharon. "Bin ja doch schon volljährig. Und ich meinte das schon so, daß die in Beauxbatons so'n Zauber nicht schon in der vierten Klasse können können."

"Interessante Formulierung", feixte Mildrid. Mel hörte es und meinte zu ihr:

"Nichts für ungut, Mädmeusell, aber an deiner Stelle würde ich mich nicht über Sharon auslassen. Die kann leicht ausrasten."

"Ja, Mel, wenn eine meint, über mich dummquatschen zu müssen", schnaubte Sharon, die jetzt alles andere als das zuckersüß auftretende Mädchen war, als das sie sich Julius bei der Familienzusammenführung im Eauvive-Schloß vorgestellt hatte. Mildrid erkannte, daß die Luft wohl ziemlich dick wurde und fragte, um die Situation aufzulockern:

"Stimmt denn das, daß diese Linda Knowells oder wie die sich ausspricht magische Ohren haben soll, mit denen sie einer Bettwanze beim furzen zuhören kann?" Die Cottons sahen sie etwas ungehalten an, Martha Andrews fror ihre Gesichtszüge zu einer angestrengten Gefühllosigkeit ein und die jungen Hexen und Steve lachten nur. Dann meinte Brittany grinsend:

"Ja, aus mehr als hundert Metern abstand zum Bett, wo die drin herumkriecht. Ist schon nervig, überall damit rechnen zu müssen, daß die ihre Zauberlauscher gespitzt hat. Also solltest du dich in VDS nie so äußern, daß sie meint, das in den Westwind reinbringen zu müssen. Die Ohren von der können nämlich auch aus dem Französischen übersetzen."

"Ja, wie der Wechselzungentrank, nur andauernd und aus jeder halbwegs intelligenten Lautsprache", warf Steve noch ein. "Ich halte da demnächst ein Referat drüber, was in der magischen Heilkunst so alles geht und wollte Lino dafür mal interviewen. Aber die redete sich auf Geheimhaltungsabkommen raus, weil die natürlich nicht raushängen lassen will, was die alles hören kann. Aber ich habe die mal getestet, mit einer ordinären Hundepfeife aus der Muggelwelt. Die kann kein normaler Mensch hören, wenn du richtig da reinbläst. Aber Lino hat gezuckt, als ich die mit einem Selbstspielzauber belegt hinter einem Busch versteckt habe und hat sich einmal kurz umgedreht, bevor die es geschnallt hat, daß ich ihre Ohren getestet habe."

"Und wie hat sie das hingenommen?" Fragte Julius interessiert.

"Sie hat nur gemeint, daß das ein netter Versuch gewesen sei aber sonst nicht mehr über sie rauszukriegen sein würde, falls ich ihr im Gegenzug nicht einen Termin bei meinem Vater klarmachen würde." Mr. Cotton nickte. "Das konnte ich natürlich nicht machen. Dad hätte mich glatt in eine Schmeißfliege verwandelt."

"Sie ist schon einmalig", sagte Mr. Cotton. "Deshalb werde ich auch nicht bei euch in VDS bleiben, wenn ich euch abgeliefert habe, sondern sofort nach NO zurückapparieren."

"Außerdem kann jetzt jeder ein Interview von der ablehnen", meinte Julius. "Solange die nicht allen klarmacht, wohin die verschwunden ist und wieso ist sie ja verdächtig, die könnte ja mit Bokanowski zusammengearbeitet haben oder so."

"Das ist zwar schön praktisch, aber auch gemein", meinte Ginger Cotton. Doch Millie widersprach ihr:

"Wieso, wenn die sich dünn macht und erst dann wieder aus dem Loch krabbelt, wenn der ganze Ärger rum ist kommt doch keiner drauf, daß sie nichts damit zu tun hatte."

"Ja, aber das wäre schon sehr unverschämt, ihr Mitwisserschaft oder Mitverschwörung zu unterstellen, junge Dame", warf Mr. Cotton ein. Martha Andrews nickte ihm zwar beipflichtend zu, sagte aber ansonsten nichts dazu. Julius befand, daß das Thema Lino jetzt doch gut genug ausgewalzt worden war und stellte eine Frage, die ihm schon vor der Anreise durch den Kopf gegangen war.

"Anderes Thema, Mädels und Jungs: Wie kommt das eigentlich, daß die Ravens nicht gesperrt sind? Ich habe das von Gloria nur so mitgekriegt, daß der Manager eine heftige Geldstrafe abgedrückt hat und ein Punktabzug ausgesprochen wurde. Aber im Sommer hieß das noch, die müßten die ganze Saison aus der Liga draußen bleiben."

"Tja, die Macht der Fans", erwiderte Mel und warf sich in eine überlegene Pose. "Die ganzen Raven-Fans, inklusive der Fans von den Rhythmics, haben an die Spispo und die Handelsabteilung geschrieben, daß sie streiken würden, wenn die Ravens gesperrt würden und erst wieder arbeiten gingen, wenn sie in der Liga spielten. Schüler aus Thorny, die Raven-Fans sind haben Prinzipalin Wright geschrieben, daß sie keinen einzigen Zauberspruch mehr sprechen wollten, wenn die Ravens ausgesperrt würden, aber sich sonst an die Schulregeln halten würden. Außerdem haben einige Sponsoren von den Ravens angedroht, die klitzekleine Quidditchgruppe in den Staaten zu unterstützen, wenn die Ravens ausgeschlossen würden. Es wurde sogar sehr laut darüber nachgedacht, ausländische Spitzenspieler anzuwerben, wie Paco Rayo aus Kolumbien oder Rhoda Redstone aus Australien."

"Na klar, die geht auch nach Amerika", grinste Julius, der die australische Starspielerin schon einmal getroffen hatte. Mel grinste zurück und fuhr fort:

"Außerdem wollten die Vertragspartner der Ravens alle offiziellen Aufträge des Ministeriums auf Eis legen, abgesehen vom möglichen Streik der Ravens-Fans. Da haben die in der Spispo sich darauf verständigt, daß zukünftig kein Ligaausschluß mehr ausgesprochen werden dürfe und die Ravens mit einem Stand von minus eintausend Punkten und einer Strafgebühr von zweihunderttausend Galleonen in die neue Saison starten sollten, aber in der Profi-Liga bleiben durften. Sie dürfen auch nicht bei der Serie der besten mitmachen, egal wie gut sie sich in der Saison hochspielen können. Außerdem wurde verfügt, daß die Spieler der Ravens bei Beendigung ihrer Verträge ein volles Jahr lang nicht in einer anderen Mannschaft mitspielen dürfen. die ganze Sache hat heftige Wellen im Sportteil vom Herold und dem Westwind geschlagen, weil einige meinten, daß das doch keine Strafe sei und das andere Mannschaften ermutigen würde, auch zu betrügen."

"Da ging dir einer ab, was Mel?" Stichelte Brittany ihre Klassenkameradin.

"Na, Miss Brittany, was soll Ihre Mutter denn von Ihnen denken", knurrte Mrs. Cotton.

"Ich darf das, ich bin volljährig, und hier sitzt keiner und keine, die ich noch verderben könnte", erwiderte Brittany aufsässig. Millie grinste nur. Mel meinte:

"Glaubst du denn, ein einziger Suppenhahn würde danach krähen, wenn die Windriders spielen, wenn kein echter Gegner wie die Ravens da ist? Sonst säßen wir ja auch nicht zusammen und würden nach VDS fahren."

"Die Slingshots sind gut, Mel. Die versenken deine Lieblingsmannschaft übernächste Woche garantiert, und dann kriegen die Windriders wieder den goldenen Topf. Am Samstag werdet ihr es alle erleben."

"Wo wir schon alle zusammensitzen", wandte Julius sich an Brittany, "kannst du meiner Freundin die Quodpot-Regeln noch einmal erklären?"

"Kein Thema", meinte Brittany und beschrieb für Millie die wichtigsten Spielregeln. Als sie das getan hatte, bot sie an, mit ihr und Julius noch einige Übungen zu machen, wenn sie in Viento del Sol ankämen. Millie nickte zustimmend, Julius sagte, daß er das gerne noch einmal ausprobieren wollte. Millie meinte dann verschmitzt grinsend zu ihm:

"Dann kommst du nicht mehr drum herum, mir den Dawn'schen Doppelachser vorzuführen."

"Vielleicht doch", erwiderte Julius grinsend. Brittany fragte, was er meine. Millie entgegnete, daß das ein sehr gewandtes Wendemanöver sei, besser als die sonstigen Punktwenden.

"Britt, ich denke, deine Lieblinge proben heute und Morgen noch einmal, wie die die Ravens aushebeln wollen", wandte Ginger Cotton ein.

"Ich kenne doch die meisten von denen. Die üben morgens zwischen zehn und zwölf, Ginger. Nachmittags ist das Feld frei. Mom gibt mir bestimmt die nötigen Galleonen, um allen die wollen und können zwei Übungsstunden zu zahlen."

"Wenn du meinst", erwiderte Ginger.

Sie unterhielten sich noch eine geraume Zeit über Quotpot, Quidditch, das Turnier in Beauxbatons, das Turnier in Thorntails, wie es Julius und Gloria nach der Trauerfeier für Jane Porter ergangen sei und wie es kam, daß Julius und Mildrid ein Pärchen geworden seien. Letzteres Thema handelten die beiden betroffenen nur soweit ab, daß sie erzählten, daß sie sich die Osterferien ziemlich häufig getroffen hatten und dann nach mehreren längeren Gesprächen befunden hatten, daß sie eben doch füreinander geeignet seien. Die Mondfestung mit dem was dort passiert war erwähnten sie mit keinem Wort. Myrna meinte nur:

"Glo schrieb nur, daß da noch ein Mädchen sei, daß hinter dir, Julius her sei. War die nix?"

"Habe ich nicht ausprobiert, Myrna", sagte Julius. "Das war mir zeitweilig zu viel Stress, wie sich manche Mädchen wegen mir in der Wolle hatten." Brittany grinste dazu nur, Millie nickte, wenn sie auch etwas mißmutig dreinschaute. Dann sagte sie laut und deutlich:

"Ich wußte das schon immer, daß Julius eine haben möchte, die nicht nur liest und klug daherredet. Das kann er selbst doch schon alleine. Er hat's eingesehen, daß zum echten Leben mehr dazugehört als Bücher zu wälzen und den Lehrern was vorzuzaubern, wenn die es befehlen."

"Das wußte ich auch schon", sagte Brittany. "Ich hatte nur den Eindruck, daß dein Freund doch eher für größere Mädchen schwärmt und sich auch so benimmt, als könnten die mit ihm was anfangen." Melanie Redlief kicherte albern. Millie schmunzelte und erwiderte darauf:

"Ja, hätte nicht mehr viel gefehlt, und meine große Schwester hätte das ausprobiert, ob du recht hast, Brittany. Aber ich bin froh, daß er sich doch für mich entschieden hat. Wir wissen jetzt beide, warum wir zusammensein wollen, und ich bin mir sicher, daß wir noch viel schönes zusammen erleben."

"Na ja", knurrte Myrna und verriet damit, daß ihr diese Zusammenstellung nicht sonderlich gefiel. Doch Julius und Mildrid überhörten das einfach. Sharon fragte Julius noch, ob er das Madame Eauvive so erzählen würde, wie Millie das gerade erzählt hatte. Er antwortete ganz gelassen:

"Unsere Gastgeberin von Weihnachten ist zwar nicht sonderlich begeistert von Millies Verwandtschaft, weiß ich, aber warum das so ist interessiert mich nicht. Ich mach mein eigenes Ding." Seine Mutter wandte nur ein:

"Partnerschaftliche Bindungen sind ja auch eher die Angelegenheit der direkten Verwandten, also der Eltern und Geschwister derjenigen, die sich zusammentun. Und ich habe keine Probleme mit Julius' neuer Freundin, wie ich auch keins mit seiner vorherigen hatte. Mildrid weiß, was sich mir gegenüber gehört, und nur das zählt für mich."

"Sharon wollte nur andeuten, daß sie und Julius ja zum selben Clan gehören und die große Chefin davon vielleicht was dagegen haben könnte", feixte Brittany.

"Britt, das ist echt nicht dein Ding", knurrte Sharon verärgert. Doch Brittany grinste nur.

"Verdammt, Kinder, ihr könnt ja echt lange quatschen", knurrte Mr. Cotton nun gereizt. "Überlegt mal, daß erst halb drei in der Nacht ist. Ich dachte eigentlich, ich könnte noch ein wenig Schlaf nachholen."

"Soll Jack anhalten, und du gehst vorne rein?" Fragte Marilyn Cotton.

"Neh, dann kommen die Sprungetappen durcheinander", sagte Sean Cotton. "Die Rasselbande möchte nur etwas leiser sein. Dann kann ich schlafen."

"Wir können ja melo", ertönte Brittanys Gedankenstimme in Julius' Kopf. Dieser konzentrierte sich und schickte ihr zurück, daß das unfair gegenüber seiner Mutter sei, weil die das nicht könne. Millie meinte leise zu Julius:

"Na, was wollte Ms. Brittany?"

"Sie bot mir nur an, uns auf mentiloquistischem Weg zu unterhalten", erwiderte Julius im Flüsterton.

"Ich kriege meine Eltern noch dazu, mir das vor der siebten beizubringen", knurrte Millie nur. Dann schlug sie vor, für Mr. Cotton doch einen Wandschirm hochzuziehen, hinter dem er ruhig schlafen könne.

"Ich kann sowas nicht", sagte Mrs. Cotton.

"Och, der ist einfacher als gedacht wird. Meine Oma Line kann den supergut, den schalldichten Wandschirm. Sie machen eine Zauberstabbewegung von links nach rechts knapp über dem Boden, sprechen dabei "Creato Paraventum", bis dahin wie beim üblichen Wandschirmbeschwörer. Allerdings denken Sie bei den Worten so gut es geht "Quietissimum". Das heißt wohl ganz still oder so leise wie's geht, wenn meine Oma mir das richtig erklärt hat."

"Ist mir zu kompliziert", erwiderte Marilyn Cotton. Ihr Mann kramte in seinem Umhang nach dem zauberstab.

"Ich mach schon, Marilyn", sagte er grummelig. "Und so geht das echt, Mademoiselle Latierre?"

"Bei meiner Oma geht's wie gesagt supergut. Was Julius?" Julius nickte heftig. Immerhin hatte er sie den schalldichten Wandschirm beschwören sehen können, und das damit verbundene Erlebnis würde er nicht wieder vergessen.

"Ich kriege den so hin", meinte Brittany. Doch da bewegte Mr. Cotton den Zauberstab schon so wie Millie angegeben hatte. Doch sein Wandschirm zerbröselte sofort nach der Beschwörung zu buntem Staub, der sich im hinteren Bereich des Fahrgastraumes verteilte. Brittany machte einen Schlenker mit dem zauberstab und ließ den Staub verschwinden. Dann sah sie Mr. Cotton an, der verdrossen auf seinen ausgestreckten Zauberstab blickte, als sei diser schuld an dem verpatzten Hokuspokus. Brittany wartete nicht auf eine Erlaubnis und schwang den Stab parralel zum Boden und rief: "Creato Paraventum!" Darauf erschien eine Nebelwand, die sich zu einem soliden Wandschirm materialisierte.

"Hören Sie mich noch?!" Rief Brittany. Von Jenseits des Wandschirms kam eine sehr schwach klingende Antwort: "So gut wie nicht mehr."

"Wenn Ihr Mann jetzt mit voller Lautstärke gebrüllt hat war das gerade laut genug, um gehört zu werden", meinte Brittany. "Toller Trick das", lobte sie Millie noch.

"Das gebe ich an meine Oma weiter", sagte Mildrid darauf nur. Zumindest konnten sie sich jetzt in normaler Lautstärke unterhalten. Zwischendurch schlüpfte der eine oder die andere hinter den Wandschirm, um noch etwas Schlaf zu bekommen, bis nur noch Millie, Brittany, Mel und die Andrews übrig blieben.

Sie redeten leise genug weiter über die Ereignisse der letzten Monate und wie sich Beauxbatons von Thorntails untershied, was Millie zu den Pflegehelfern getrieben hatte und ob sie mit dieser Sonderaufgabe glücklich sei. Sie redeten dann über die Lieblingsfächer und kamen dann auch zu Brittanys veganer Lebensweise, weil Millie sie fragte, warum sie eine dünne Stofftasche als Handtasche benutzte und Halbschuhe aus Bastgeflecht trug. Millie diskutierte darauf mit ihr über Sinn und Unsinn der Latierre-Kuh-Haltung. Weil dabei der Eindruck entstand, daß die übrigen noch wachen Mitreisenden nicht unbedingt in die Diskussion einbezogen werden sollten schlug Julius seiner Mutter eine Schachpartie vor, die von Melanie beobachtet wurde. Doch nach den ersten zehn Zügen, als Julius und seine Mutter gerade eine ausgeglichene Partie vor sich hatten, meinte Brittany:

"Oh, ich wollte Sie und dich nicht ausschließen, Mrs. Andrews und Julius. Es ging mir nur drum, daß ich wissen wollte, wie die Latierre-Kühe gehalten würden und ob die nicht auf Leistung hin gezüchtet würden, möglichst viel Milch und Nachwuchs zu erbringen. Ich muß ja zumindest akzeptieren, daß es in der Zaubererwelt Familien gibt, die von Nutztierhaltung leben, und die Latierre-Kühe sind ja auch sehr imposante Geschöpfe, zumindest was die Daten angeht, die ich von denen nachgelesen habe. Aber ich wollte Ms. Mildrid nur darauf hinweisen, daß es auch ohne Tiere geht."

"Das haben wir mitbekommen", meinte Melanie gelangweilt. Martha Andrews nickte nur.

"Mildrids Familie lebt halt davon, zumindest zu einem wesentlichen Teil", sagte Julius' Mutter dann noch. Millie sah Brittany herausfordernd an und fragte dann ohne jede Vorwarnung:

"Wenn Sie echt kein einziges Stückchen Fleisch zu sich nehmen wollen, Ms. Brittany, wie steht's denn dann damit?" Sie deutete auf Brittanys Körpermitte, etwas ungefähr unterhalb des Bauchnabels. Melanie blieb das Gesicht stehen, Martha sah Millie vorwurfsvoll an, doch Brittany, die erst eine Sekunde überlegt hatte, lachte laut los.

"Das ist wohl der Grund, warum jeder, dem ich mal interessiert nachgeschaut habe das Weite gesucht hat, weil er fürchtete, ich müßte ihn in eine Karotte, Salatgurke oder ähnliches Gemüse verwandeln, um ihn mit mir zusammenzubringen. Aber das mit dem Zu-sich-nehmen bezieht sich nur aufs Essen und Trinken. Zumindest schön, daß eine von eurer stocksteifen Schule noch genug Schneid hat, einem Mädchen so'ne Frage zu stellen."

"Ja, Britt, da hast du eine würdige Mitbewerberin um den Fettnäpfchenpokal", grummelte Mel, während Millie befreit lachte und Martha nicht wußte, ob sie ihrer zukünftigen Schwiegertochter jetzt einen Tadel aufhalsen sollte oder lachen durfte wie die beiden Mädchen.

"Wäre auch beim Kinderkriegen ein Problem", meinte Julius, der sich berufen fühlte, die Sache noch etwas auszureizen. Seine Mutter sah ihn nun vorwurfsvoll an. Doch Brittany lächelte sie unbekümmert an und sagte:

"Abgesehen davon, daß ich bestimmt keinen Kohlkopf im Unterleib herumkullern will, der sich erst in ein Kind verwandelt, wenn ich den irgendwie nach draußen drücke, habe ich die ersten Monate meines Lebens auch an der Mutterbrust gelegen. Erst so mit fünf Jahren habe ich dann beschlossen, daß wegen mir kein Tier mehr mißhandelt oder umgebracht werden soll. Insofern bin und bleibe ich schon eine normale Hexe, die irgendwann mal mit dem Zauberer oder Muggel - könnte ja sein wie bei den Cottons - ein paar kleine Minibritts ausbrüten wird."

"Huch, wer aus der Cotton-Familie ist aus der Muggelwelt?" Fragte Mildrid und blickte auf den Wandschirm.

"Die Mrs. Marilyn natürlich", erwiderte Brittany völlig unbekümmert, daß sowas vielleicht nicht jeder wissen sollte. Julius nickte. Also hatte Mrs. Cotton das mit dem Zauber eben nur so gesagt, weil sie nicht in die Bredullie kommen wollte, ihre Muggelweltzugehörigkeit offenbaren zu müssen. Julius hatte es bisher auch nicht gewußt, weil er die Familie im Château Florissant ja nicht befragt hatte. Er wunderte sich nur, daß sie im Weißrosenweg wohnen durfte, wo an und für sich keine Muggel wohnen durften. Weil sonst hätte seine Mutter ja damals mit ihm zusammen bei Jane und Livius Porter wohnen können, und die Schweinerei mit dem Gangster Laroche und seiner Einkerkerungsmaschine wäre nicht passiert. Aber dann hätte er wohl auch nicht die Audienz bei Marie Laveaus Geist haben und mehr über das Schicksal seines Vaters erfahren können. So vieles wäre dann nicht passiert, aber dafür hätte sein Vater dann womöglich ohne eigenen Willen noch hunderte von unschuldigen Menschen getötet.

"Wo bist du gerade?" Fragte Millie Julius behutsam.

"Ich habe mich nur daran erinnert, daß Glorias Großmutter uns damals erzählt hat, daß Muggel nicht im Weißrosenweg wohnen dürfen", sagte Julius. Melanie nickte erst. Dann knurrte sie:

"Deshalb hätte Britt euch das nicht aufs Brot schmieren sollen. Cotton wohnte da schon immer, und weil er nach Thorny in der Muggelstadt herumgezogen ist, um mal die andere Welt zu erforschen und sich da verliebt hat und Mrs. Cotton dadurch unverheiratet ein Kind von ihm empfing, gab's ein Gerangel mit den Abteilungen und der Siedlervereinigung vom Weißrosenweg. Der nette Mr. Cotton hat gedroht, seine Zaubererweltabstammung zu vergessen und mit seiner Liebe in die Muggelwelt durchzubrennen und sich ohne Zauberstab und ohne sich an die Zaubereigesetze gebunden zu fühlen zurechtzufinden. Doch seine Eltern, die hast du wohl bei der von Sharon erwähnten Familienfeier gesehen, sind nicht gerade unwichtig in der Zaubererwelt und Mr. Cotton ist der einzige Sohn von denen. Den wollten die nicht vom Besen rutschen lassen und dann noch den Skandal, daß ein Superabgänger von Thorny seine ganze Ausbildung durch den Schornstein feuert und unter Muggeln leben will und alle Sachen aus der Zaubererwelt nicht mehr sehen will. Außerdem hätten die dann ja nicht einmal ihr Enkelkind zu sehen gekriegt, denn Marilyn Cotton wollte es unbedingt kriegen, und Mr. Cotton durfte es ihr nicht ausreden, Mutterschutz, wie du wohl aus eurem Pflegehelferclub weißt. Was haben die gemacht. Sie haben Marilyn mit ein paar Spielsachen ausgestattet, die sie vor einer Begabungskommission als Squib haben durchgehen lassen, ihr und der damals noch ungeborenen Ginger gestattet, mit Sean Cotton in ein kleines Haus zu ziehen, was in der Nähe seines Elternhauses liegt und so die ganze Sache zurechtgebogen. Wenn Mr. Cotton der Sohn einer einfachen Hexe und eines gewöhnlichen Zauberers gewesen wäre, wäre das nicht gegangen. Oma Jane hat's mir nur einmal sehr vertraulich erzählt und ich habe es Brittany unter dem Siegel der Freundschaft erzählt, weil sie sich immer gewundert hat, warum Marilyn Cotton so umständlich mit den Händen Sachen bewegt hat. Deshalb will Mrs. Cotton ja nach VDS, weil sie da problemlos rumlaufen kann, ohne auf ihre Herkunft angequatscht zu werden. Brittanys Vater ist ja auch so einer."

"Wie ich auch, Ms. Melanie", knurrte Martha Andrews sichtlich gereitzt. Brittany grinste Mel an, vollführte eine Geste, die sie, Millie und Mel miteinander verband und sagte:

"Wir teilen uns den Fettnäpfchenpokal, Ms. Melanie." Melanie errötete schlagartig, während Britt abbittend zu Martha Andrews hinüberblickte und Millie die Mutter ihres mehr als festen Freundes aufmunternd ansah. Julius fragte noch:

"Ist das nicht aufgefallen, daß man ihr irgendwelche magischen Hilfsmittel zugesteckt hat, die zumindest schwache Zauberkräfte vorgegaukelt haben?"

"Die wird zum einen was auch immer so am Körper versteckt haben, daß sich keiner danach zu suchen getraut hat und zum anderen durch die bereits wirksame Zauberkraftaura ihres Kindes eine gewisse Ausstrahlung gehabt haben", sagte Brittany.

"Jedenfalls sollten wir die Sache nicht weiter bereden", meinte Julius einränkend und sagte seiner Mutter, daß sie doch wisse, daß Melanie es nicht böse gemeint habe.

"Das weiß ich, daß sie das nicht gemeint hat, Julius. Aber ich hielt es für richtig, sie daran zu erinnern, wie sie sich ausdrückt, auch wenn sie den Zaubereigesetzen nach schon volljährig ist. Du mußt sie also auch nicht verteidigen."

"Hups! Schon wieder ein Sprung! Eben waren wir doch noch auf so'ner Autoschnellstraße!" Meinte Millie. Julius hatte von einem Sprung überhaupt nichts bemerkt. Überhaupt wunderte er sich, wie ein Auto die mehrere tausend Kilometer von der Ost- zur Westküste in wenigen Stunden zurücklegen konnte, wo er beim letzten Mal keinen einzigen üblichen Transitionsturbo-Sprung gefühlt hatte.

"Tja, das können im Moment nur wir Amerikaner", meinte Brittany. "Bei kleineren Fahrzeugen ist das Springen völlig unbemerkbar geworden. Nur bei größeren bezauberten Fahrzeugen wie dem blauen Vogel haben sie noch keine Abhilfe geschaffen."

"Vielleicht verkaufen sie das Patent irgendwann ins Ausland", meinte Melanie. "Aber die Gesetze hier schreiben vor, daß derartige Neuheiten mindestens zwanzig Jahre nur in Amerika benutzt werden dürfen, bevor sie anderen zugänglich gemacht werden dürfen. Im Gegenzug lassen die nicht jede Neuerung auf den Markt hier. Ihr könntet also eure Flugbesen hier nicht verkaufen. Höchstens wenn ihr die in Kanada verhökert und die dort als Importwahre amerikanisiert werden."

"Es lebe der Protektionismus!" Bemerkte Martha Andrews sarkastisch.

"Die führende Weltwirtschaftsmacht", legte Julius noch nach.

"Das liegt an den Querälen mit der europäischen Zaubererwelt, die seit der Entdeckung immer wieder vorkamen. Die ehemaligen Kolonialmächte haben die amerikanischen Zaubereierfindungen, die zum Teil auch auf die Magie der indianischen Medizinleute zurückgehen gerne als europäische Errungenschaften ausgegeben", sagte Melanie. "Als sich dann die vereinigten Staaten gründeten wurde diese Gesetzesneuheit eingebaut, daß hier gemachte Erfindungen und Entdeckungen nicht nach Europa, Asien oder Afrika weitergereicht werden dürfen, bevor sie nicht zwanzig Jahre oder länger im Gebrauch sind. Ist schon verdreht."

"Das lernen die in den oberen Klassen in Zaubereigeschichte", feixte Brittany. Mildrid wandte ein, daß sie in Frankreich auch so manche Handelsbeschränkungen hätten, die nicht allen schmeckten. Ihre Tante Barbara hätte zum Beispiel auch gerne einige Latierre-Kühe nach England verkauft. Aber dann hätten die auch englische Zaubertiere frei einführen müssen, und längst nicht alles, was da so gezüchtet wird gehöre nach Frankreich.

"Wie die Minimuffs", meinte Julius schnippisch.

"Echt, die dürfen bei euch nicht verkauft werden?" Fragte Melanie überrascht.

"Myrna hat sich gleich drei dieser Flauschebällchen besorgt, als wir um Weihnachten herum bei Tante Dione und Onkel Plinius waren. Wahrscheinlich hat Tante Dione ihr die nervigen Quieker nur erlaubt, um sich mal in der Wunderhexenabteilung der Weasley-Zwillinge umsehen zu können. Die verhökern ja auch Kosmetika, vor allem für junge Hexen."

"Soso, Glorias Mutter betreibt also Industriespionage", feixte Julius. Dann fügte er noch hinzu: "Vielleicht wollte sie auch nur sehen, was die Zwillinge von ihr oder Konkurrenten abgekupfert haben, um die bei der ersten passenden Gelegenheit vom Markt zu drängen."

"Zumindest hat Myrna jetzt drei Minimuffs, und die werden zu Jahresende wohl noch zu sechst sein. Zwei von denen werden immer runder und nicht vom Essen."

"Könnte ich dann Bernie unterjubeln", grinste Millie und zwinkerte Julius zu. "Aber ich werde mir bestimmt keinen Krach mit Tante Babs aufladen."

"Was soll denn an diesen rosa Flauschebällchen denn so brandgefährlich sein?" Wunderte sich Melanie.

"Vielleicht geht's auch nur darum, die Massenproduktion dieser Geschöpfe zu unterbinden", meinte Brittany. "Ist ja schon ziemlich gewöhnungsbedürftig, wenn irgendwelche Tierwesen zum puren vergnügen gezüchtet und dann von irgendwem wie lebender Schmuck herumgetragen werden."

"Meine Tante würde das wohl anders begründen, warum die Minimuffs nicht in Frankreich verkauft werden. Mit Massenproduktion hat das zumindest nichts zu tun", erwiderte Millie. Martha nickte ihr zu und errötete leicht an den Ohren, bevor sie befand, sich besser beherrschen zu müssen. Brittany sah es jedoch und grinste.

"Achso, daher weht der Wind", sagte sie. "Wer böses denkt ..."

"Haben ihr auch schon hunderte von verschnupften Mädels geschrieben, die so'n lila oder rosa Flauscheball haben wollten", erwiderte Millie. "Aber ich vermute, daß sowas echt passiert ist, was Tante Babs dazu gebracht hat, den Verkauf zu verbieten."

"Die Damen, auch wenn ich jetzt den Eindruck einer gestrengen Anstandsdame machen könnte und hier zwei junge Frauen sitzen, die das Recht haben, über alles mögliche zu reden wie sie wollen, möchte ich doch darum bitten, über etwas anderes zu sprechen."

"Wie gesagt, wer böses denkt ..." flötete Brittany. Martha Andrews warf ihr zwar einen bitterbösen Blick zu, sagte dazu jedoch nichts weiteres. Sie sprachen dann noch über Hexenkosmetika, zumindest Millie, Brittany und Melanie, warum Halloween nach Mels und Brittanys Meinung das bessere Fest als Walpurgis sei und über den betrunkenen Drachen und das sonnige Gemüt. Letztere Lokalität würde ja die Herberge für die Andrews', Millie und die Cottons sein, während Melanie und Myrna bei Brittany wohnen würden.

"Und das haltet ihr durch, wenn Mel für die Ravens schwärmt?" Fragte Julius.

"Wenn nicht schmeiß ich sie euch vor die Tür", sagte Brittany und fing sich von Mel einen erzürnten Blick ein.

Die restliche Fahrt verbrachten sie immer schweigsamer. Irgendwann kuschelten sich Millie und Julius zusammen, weil seine Mutter einschlief, während Mel halbschläfrig auf dem Sofa hing und Brittany die Mitreisenden immer wieder begutachtete, sich wohl fragend, was Julius auf einmal zu so einer frei denkenden und redenden Freundin verholfen hatte. Sicher wußte sie das mit Claire und hatte über Mel auch erfahren, was Gloria darüber berichtet hatte. Vielleicht schlug sie ihrer Mutter vor, doch so eine Latierre-Kuh oder eine kleine Gruppe aus zwei Kühen und einem Bullen anzuschaffen, sowohl für das Tierprodukte verwendende Dorf als auch für den Unterricht in Thorntails. Möglich war es ja, diese Tiere durch die geniale Reisesphäre herüberzuholen. Aber diese Handelsbeschränkungen könnten da reinpfuschen.

Als der Wagen vor dem Gasthaus zum sonnigen Gemüt anhielt drückte Jack zweimal auf die Hupe, die wie lautes Gewieher eines stattlichen Mustangs klang.

"Viento del Sol!" Rief Jack, als die Trennscheibe heruntergefahren war. "Endstation! Alles aussteigen!"

"Türen schließen selbstätig!" Rief Julius, der in Millies Umarmung eingeschlafen war. Millie drückte sich noch einmal an ihn, bevor Martha Andrews aufwachte.

"Puh, jetzt habe ich gedacht, unser Tagesrhythmus würde mich wachhalten", grummelte sie. "Wie konnte ich bloß einschlafen."

"Weil du müde warst, Mum. Wir waren ja schon seit sechs Uhr unserer Zeit auf."

"Habt ihr auch geschlafen?" Fragte sie argwöhnisch glotzend, weil Julius so innig mit Millie zusammenhing.

"Ja, haben wir", meinte Julius. Mildrid sagte leise:

"In der Haltung ging das am besten."

"Oma Jane hätte euch sofort mit kaltem Wasser abgeduscht, wenn ihr euch so zusammengeknotet hättet", meinte Melanie verdrossen und rieb sich den Schlaf aus den Augen.

"Hat wer eine kalte Dusche bestellt?" Fragte Hubert Southerland nach hinten blickend.

"Immer der der fragt", meinte Brittany und hob den Zauberstab.

"Passen Sie bloß auf, Ms. Brittany. Ich bin Ministerialbeamter!" Rief Southerland. Doch da erwischte ihn schon ein dicker Wasserstrahl genau am roten Schopf. Jack räusperte sich zwar erst, mußte aber lachen. Dann flogen die beiden Hintertüren auf.

"Hat deine Oma auch erzählt, wie der Wandschirm wieder weggeht?" Fragte Mel Millie.

"Renihilis", sagte Millie völlig gelangweilt. Melanie zückte den Zauberstab, richtete ihn auf den Wandschirm, und mit einem lauten Knall verschwand dieser im Nichts.

"Hätte ich auch drauf kommen können", sagte sie noch. Die Cottons waren bereits aus dem rauminhaltsvergrößerten Cadillac heraus, während Hubert Southerland sich mit Brittany ein Abdusch-trocken-Duell lieferte, wobei sie ihn weiterhin mit kaltem Wasser bespritzte und er versuchte, mit dem Schnelltrocknungszauber dagegenzuhalten.

"Ist gut jetzt!" Schnaubte Southerland und schwenkte den Zauberstab. Das ihn anfliegende Wasser umfloss ihn nun, wurde zu einer dichten Wand und prällte Brittanys Duschangriff auf sie und alle anderen zurück, die daraufhin eilig aus dem Wagen flüchteten.

"Mädel, mich komplett durchzuweichen kriegt keiner hin", hörten sie Southerland noch triumphieren.

"Ha, da sind Sie ja alle. aha, du bist die Mildrid, du der Julius, und Sie müssen Martha Andrews sein", sagte eine Frau, wohl eine Hexe, die in Hippolytes Alter sein mochte und einen hellen Haarschopf trug und hoch und zierlich war wie eine beschnittene Tanne. "Ich bin Jacky Korbju, beziehungsweise Jacqueline Corbeau, wie sie bei Ihnen und euch in Frankreich sagen würden. meine Cousine dritten Grades Hippolyte hat euch angemeldet. ich bring euch gleich rein. - Berty, was ist. Bist du nicht ein bißchen zu alt um mit jungen Mädchen zu spielen?"

"Die hat mich nassgespritzt, Jacky", knurrte Hubert Southerland, der sich immer noch mit Britt einen Wasserzauberkampf lieferte, weil Britt mittlerweile ebenfalls einen Wasserabweisezauber um sich aufgebaut hatte.

"Vielleicht fand sie, daß du das nötig hast, Berty. Britt, ist gut jetzt! Nachher läuft der noch ein!" Lachte Jacky Corbeau.

"Och, das kann ich auch machen", sagte Brittany. Doch Berty Southerland sah sie sehr ernst an und hielt seinen Zauberstab sehr drohend auf sie gerichtet.

"mädel, einmal ist genug", knurrte er im Stil eines genervten Vaters.

"Wie heiß ich?" Fragte Brittany und machte einen Schlenker mit dem Zauberstab, worauf Berty unvermittelt unter einer großen Last strauchelte. Sein Umhang hatte sich in ein Geflecht aus Schilfgras verwandelt, das dem Dach eines alten Fachwerkhauses besser bekommen wäre als einem Zauberer.

"Das ist doch wohl nicht wahr", knurrte Southerland. Dann meinte er zu den Reisenden:

"Ihr seid bei Jacky in den besten Händen. Die Karten für die Gäste aus Europa eule ich euch nachher noch zu. Aber ob die freche Miss hier noch eine kriegt ist sehr zweifelhaft." Er versuchte, sich aus dem Geflecht herauszuarbeiten. Doch es schloß sich immer enger um seinen Körper. Er disapparierte einfach.

"War das jetzt nötig, Brittany?" Fragte Jacqueline Corbeau.

"Der wollte das so", meinte Brittany dazu nur.

"Dann sieh zu, daß du zu deiner Mutter hinkommst, bevor der den Heuler abschickt. Ich bin im Moment nicht für Lärm zu haben."

"Der regt sich schon ab, wenn er den Umhang losgeworden ist", meinte Brittany. Dann wünschte sie Martha, Julius und Mildrid einen schönen Morgen. "Ihr könnt ja nachher noch zu uns rüberkommen. Mom ist bestimmt auch an den Latierre-Kühen interessiert."

"Wie finden wir euer Haus?" Fragte Julius.

"Das kennt hier jeder", meinte Brittany. Dann sah sie Melanie an, die ihre jüngere Schwester untergehakt hielt, nickte ihr zu und disapparierte.

"Marilyn, ich nehme ihnen den Koffer gerne ab", sagte Jacky Corbeau und ging zu Marilyn Cotton hinüber, die einen großen Koffer auf Rollen hinter sich herzog. Ihr Mann fernbewegte gerade zwei Schrankkoffer hinter sich her.

"Das geht schon, Ms. Korbju", knurrte Mrs. Cotton.

"Stell dich nicht blöd an, Mom!" Sagte Sharon genervt. "Locomotor Koffer!" Der Koffer hob ab und glitt dirigiert von Sharons Zauberstab zu ihr und dann hinter ihr her. Ginger und Steve hatten ebenfalls Gepäck dabei.

"Die sehen aus als wären die auf Weltreise", bemerkte Julius, als sie außerhalb der normalen Hörweite waren.

"Verstehe ich auch nicht, wozu die soviel Gepäck haben. Ich habe ja schon halbe Kleiderschränke für zwei Wochen mitgeschleppt. Aber nicht für vier Tage", sagte Martha Andrews. Millie nickte.

"Nun, offenbar wollen die Cottons etwas länger hier bleiben. Zumindest hörte ich sowas von Charlie, dem Wird des gastlichen Hauses hier. Dann werden die Thorny-Schüler von hier aus zur Schule fliegen. Aber das betrifft mich nur zweitrangig", sagte Jacky Corbeau. Dann wandte sie sich an Mildrid. "Du siehst ja fast schon aus wie deine Mutter. Ich habe schon gedacht, dir den Wechselzungentrank geben zu müssen. Aber deine Mom schrieb mir, daß du zumindest alteuropäisches Englisch sprechen kannst."

"Danke für das Kompliment. Ich soll Sie auch schön grüßen, sagt meine Mutter", erwiderte Millie.

"Freust du dich schon auf dein Geschwisterchen?"

"Ich übe schon mit anderen Kindern, sie sauber zu halten", sagte Mildrid.

"Ich freue mich, daß du aus dem Kuddelmuddel rausgekommen bist, was da in Russland ausgebrütet wurde. Lino könnte nur meinen, dich noch befragen zu wollen. Du kennst Lino?"

"Was man so nennt", erwiderte Julius. Dann wurde Martha Andrews begrüßt. Jacky erzählte ihr, daß sie sich hier ganz unbesorgt fühlen könne und die Annehmlichkeiten des Zimmers auch ohne Zauberstab benutzen könne. Dann trat ein kleiner Zauberer mit blonden Locken aus dem Eingang des dreistöckigen Hauses.

"Guten Morgen, die Damen und der Herr. Ich heiße Charles Beam und bin Besitzer und Betreiber des Gasthauses zum sonnigen Gemüt, Hotel, Saloon und Restaurant mit Cocktailbar. Die beiden Zimmer sind bereits vorbereitet und bezahlt. Sie brauchen sich um nichts mehr zu kümmern. Bitte folgen Sie mir!"

"Wir sehen uns dann gleich beim Frühstück", flötete Jacky. Julius fragte sich, ob diese Hexe vielleicht mit der Hexenbande um die Wiedergekehrte zu tun hatte. Doch dann verjagte er den Gedanken. Längst nicht jede Hexe lief dieser übermächtigen Hexe nach, von der er nun glaubte, daß es sich um Anthelia handeln müsse.

Die beiden Zimmer, das Doppel- und das Einzelzimmer waren sehr gemütlich eingerichtet. Die Betten im Doppelzimmer standen an einer Wand hintereinander. Dann gab es ein eigenes Badezimmer, das eine Badewanne enthielt, in der vier Leute sitzen könnten und eine abschließbare Toilettenzelle. Ebenso standen noch zwei majestätische Kleiderschränke, ein Eichenholztisch mit drei hochlehnigen Stühlen und eine Spiegelkommode im Zimmer. Ein flauschigweicher, heller Teppich bedeckte den eindeutig nach Parkett klingenden Boden. Der Wirt zeigte den Gästen wie die magische Beleuchtung durch Zuruf entzündet und gelöscht wurde, daß das Wasser auf eine bestimmte Temperatur eingestellt werden konnte und das ein Fenster eine Wechselbildillusion besaß, die auf verschiedene Aussichten eingestellt werden konnte, einfach durch einen in mehrere Richtungen umlegbaren Hebel. Damit konnte durch dieses Scheinfenster ein Blick auf das Meer, den Amazonasstrom, eine Wüstenlandschaft, über offene See oder arktische Eisflächen eingestellt werden, wahlweise auch eine Waldlandschaft, Bergansicht oder der ausblick über alle Richtungen, die das Gasthaus umgaben."

"Wenn Sie draußen Sind kann es Ihnen passieren, daß sie zwischendurch den Boden wackeln fühlen können. Wir haben hier einen guten Erdbebenschutz. Wenn es wirklich einmal unangenehm wackeln sollte, legen Sie sich einfach auf das Bett, es wird dann in einer frei schwebenden Schutzsphäre geborgen, sollte mal wirklich größeres Ungemach passieren. Aber unsere Häuser hier sind schon so erdbebensicher wie möglich gebaut und bezaubert. So, die junge Dame möchte mir bitte zu Ihrem Zimmer folgen. Sie reisen ohne erwachsene Begleitung, Miss?"

"Ich habe meine Eltern zu Hause gelassen, falls Sie das meinen, Sir", sagte Mildrid. Charles Beam nickte. Mildrid folgte ihm. Sie schlossen die Tür von außen.

"Wir sollten doch noch den Ortszeittrank kriegen", meinte Martha Andrews zu ihrem Sohn. Dieser deutete auf die Kommode. "Vielleicht liegt da eine Flasche von dem Trank drin, wo in anderen Hotels eine Bibel oder der Koran zu finden ist."

"Könnte hinkommen", sagte Martha Andrews und zog die oberste Schublade auf. Tatsächlich lagen da zwei kleine Gläser und eine Flasche mit dem goldenen Uhrensymbol. in dem Fach mit den zwei kleinen Klapptüren erkannte sie nur absolute schwarze Leere. Sie schrak zurück.

"Ach du meine Güte, was ist das denn?" Fragte sie erschrocken. Doch dann beruhigte sie sich wieder. Julius hatte ihr ja schon von den Wandelraumschränken und -truhen erzählt.

"Ich werde den dumpfen Verdacht nicht los, daß die sich bei Florymont mit Zaubersachen eingedeckt haben", sagte Julius. "Allerdings fehlt hier ein Wecker."

"Guten Morgen, die Herrschaften", klang auf einmal eine freundliche, weiblich klingende Stimme aus dem Nichts. "Sie wünschen unseren Weckdienst zu benutzen?"

"Magie ist die Vorwegnahme der Technik von Morgen", grummelte Martha. Doch dann lächelte sie. Sie sagte laut und deutlich:

"Ja, wir wünschen den Weckdienst einzurichten."

"Wann möchten Sie geweckt werden?" Fragte die magische Stimme freundlich, wobei Julius nicht entging, daß sie einen leichten Oxfordakzent besaß.

"Wie spät ist es jetzt?" Wandte sich Martha an ihren Sohn, der gerade den Arm mit der Weltzeituhr hob, als die Stimme "genau fünf Uhr, dreizehn Minuten und vierundzwanzig Sekunden westamerikanischer Sommerzeit" antwortete.

"Schon unheimlich", erwiderte Martha Andrews leise. Dann sagte sie laut: "Wir möchten um sechs Uhr dreißig geweckt werden. Aber nicht heute. Wir sind schon wach."

"Gewählte Weckzeit genau um sechs Uhr und dreißig Minuten", bestätigte die Stimme. "Auf welche Weise wünschen Sie geweckt zu werden? Morgentliche Vogelstimmen Nordamerikas, Südamerikas, Afrikas, Europas, Asiens oder Australiens, einem hohen, mittelhohen oder tiefen Hahnenschrei, Klassischer Musik, populärer Tanzmusik oder einem Glockenspiel in verschiedenen bekannten Melodien?"

"Australische Vogelstimmen?" Fragte Julius.

"Wünschen Sie mit australischen Vogelstimmen geweckt zu werden?" Fragte die magische Stimme und ließ die lachend klingenden Rufe mehrerer Kookaburras einspielen, wie Julius sie von Chucky, dem Postvogel Aurora Dawns her kannte.

"Nein Danke", sagte Martha Andrews. "Klassische Musik bitte."

"Bitte nennen Sie ein klassisches Werk, mit dem Sie geweckt werden können. Wahlweise können Sie sich auch die verfügbaren Stücke vorspielen lassen."

"Aus der Peer-Gynt-Suite von Grieg, der Morgen", sagte Martha nun sehr klar und gefühlsfrei. Sofort erklang das von leisen Flöten eröffnete Stück "Der Morgen", wie Martha und Julius Andrews es kannten. "Ja, genau, das Stück", sagte sie. "Dieses Stück zum Wecken benutzen bitte!" Bestätigte Martha noch. Die Musik wurde wie in einem Tonstudio ausgeblendet. "Dieses Musikstück wird Sie nun um sechs Uhr und dreißig Minuten wecken, außer heute", bestätigte die magische Stimme die Ausführung des Auftrages.

"Deine Kinder, sofern du doch mal in die nichtmagische Welt umsiedeln solltest, werden in zwanzig Jahren auch sowas haben", meinte Martha zu ihrem Sohn. "Ich weiß, daß einer der Computermilliardäre sich bereits ein solches Haus einrichten läßt oder schon bewohnt."

"Habe ich gelesen, mit Fernabfrage, automatischer Lebensmittelbestellung und Putzrobotern", sagte Julius. Dann kam ihm eine Idee. "Welche per Sprache auswählbaren Einrichtungen gibt es hier noch?"

"Außer den von Ihnen gewählten Weckdienst können Sie noch folgende Einrichtungen per Sprache benutzen: Die Beleuchtung, wie bereits von Mr. Beam erläutert kann nach Bedarf auf eine bestimmte Helligkeit eingestellt werden und / oder die Morgen oder Abenddämmerung zu bestimmten Uhrzeiten nachahmen. Zudem können Sie die Einrichtungen des Bades und der Toilette auf Ihre ganz persönlichen Bedürfnisse einstellen, zum Beispiel die Temperatur des Badewassers, sowie die gewünschte Zeit dessen Einlaufens per Sprache auswählen, sowie die Reinigung der intimen Körperstellen vor oder nach dem Besuch der Toilette auswählen, sowie das Wechselbildfenster per Sprache auf nicht die Aussicht betreffende Gegebenheiten einstellen, beispielsweise Auszüge aus Zeitungen, Magazinen, Spielplänen oder den Nachrichtenanzeigen von Viento del Sol einstellen, den ein- und aussetzbaren Klangkerker Ihres Zimmers auswählen, wobei beim aktiven Betrieb ein Türschild "Bitte nicht stören" an der dem Flur zugewandten Seite der Tür erscheint, eine räumliche Bild- und Sprechverbindung zu anderen Bewohnern von Zimmern dieser Komfortstufe oder darüber herzustellen, sofern die es wünschen und sofern sie nicht in den Badezimmern sind, sowie wie beim von Ihnen ausgewählten Weckdienst auch eine Geräuschkulisse oder Musik zum besseren Einschlafen aussuchen. Wünschen Sie nähere Erläuterungen über die erwähnten Dienste?"

"Das treibt mir die Neidesblässe ins Gesicht", knurrte Martha. Dann meinte sie: "Hoffentlich müssen wir diese Zusatzdienste nicht bezahlen."

"Kostet das was extra, die erwähnten Dienste zu nutzen?" Fragte Julius unbekümmert laut:

"Die Benutzung der sprachlich ausführbaren Dienste und Einrichtungen ist im Preis für die Benutzung Ihres Zimmers bereits unabhängig von der Nutzungshäufigkeit enthalten."

"Da hast du deine Antwort, Mum", grinste Julius. "Wir sind in den Luxuszimmern gelandet.

"Sehe ich auch so", meinte Martha. Dann fragte sie in den Raum hinein: "Welcher Komfortstufe entspricht dieses Zimmer?"

"Das von Ihnen bewohnte Zimmer entspricht dem Luxusstandard Gold!"

"Gibt es noch einen höheren Standard?" Fragte Julius.

"Der diesem Komfortstandard nächsthöhere Standard ist Platin", erwiderte die Stimme. Julius fragte dann noch, welcher der höchste Standard sei. "Der höchste im Gasthaus zum Sonnigen Gemüt auswählbare Standard ist Drachenhorn."

"Ist das mehr als Gold?" Flüsterte Martha ihrem Sohn zu. Dieser holte zur Antwort sein Drachenbuch aus der Centinimus-Bibliothek, schlug schnell nach und las laut vor: "Für das ganze Horn eines Drachens wird dessen zehnfaches Gewicht in Gold gezahlt, da es zum einen sehr schwer ist, einen Drachen zu erlegen und zum anderen in vielen Ländern verboten ist, einheimische Drachen zu erlegen." Dann schlug er das Buch zu und meinte noch: "Also zehnmal so viel wie Gold."

"Wenn wir das den anderen erzählen ziehen wir uns deren Unmut zu, Julius. Am besten sagen wir dazu nichts."

"Ob Millie auch so'n Zimmer hat?" Fragte Julius. "Ich möchte mit Ms. Mildrid Latierre sprechen. Wo befindet sie sich?!" Rief er.

"Ms. Mildrid Ursuline Latierre, vor zwei Minuten eingetroffene Besucherin aus Paris, Frankreich, befindet sich in dem ihr zur Verfügung gestellten Zimmer mit der Nummer Einhundertfünfzig."

"Das ist ein Traum", meinte Martha. "Wie im neuen Raumschiff Enterprise."

"Ich erbitte eine Bild-Sprechverbindung mit Ms. Mildrid Ursuline Latierre!" Befahl Julius tatendurstig.

"Die Anfrage wird weitergeleitet", bestätigte die magische Stimme. Fünf Sekunden später erschien nach kurzem Flimmern mitten im Raum Millies vollständige Bildprojektion wie eine technische Holographie. Sie grinste Julius an, der ihr genau in die Augen sah.

"Zeigst du Martha gerade was Magie alles kann? Ich wurde von Maman ja schon vorgewarnt, daß vieles in den Zimmern, die sie uns beschafft hat über Sprache geht. Ihr könnt euch sogar wecken lassen und die Tabelle der Quodpotliga durchsehen. Euer Zimmer ist auch eins der Gold-Klasse?"

"Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit bestelle deiner Mutter bitte schöne Grüße und ich würde diese Verrücktheit auf ihre Schwangerschaft zurückführen", sagte Martha Andrews laut.

"Wieso, das Goldzimmer kostet doch nur zehn Galleonen pro Nacht", wunderte sich Millie. "Gut, ist etwas mehr als die zwei Galleonen, die in gewöhnlichen Zimmern ohne Komfortzaubern bezahlt werden aber doch noch erschwinglich."

"Für dich, Mädchen, die du keine bettelarmen Eltern hast", warf Martha ein, bevor sie umrechnete, was zehn Galleonen in britischen Pfund oder französischen Franc waren. Dann nickte sie. "In Paris kriegte man für umgerechnet zehn Galleonen eine Besenkammer im Ritz. Doch schon ein anderes Preis-Leistungs-Verhältnis."

"Na ja, Mum, ob du dafür nur eine Besenkammer kriegst denke ich nicht", wandte Julius ein. "Aber was können die Komfortzauber in den höheren Klassen denn dann, was noch darüber hinausgeht?"

"Speisen aus dem Nichts, räumliche Illusionen verschiedener Naturlandschaften inklusive Meeresgrund, ein Heiler auf Abruf und ein Pack- und Entpackzauber für größere Mengen mitgeführtes Gepäck", sagte Millie, über die magische Stimme hinweg, die gerade sagte:

"Informationen über die Komfortzauber in Zimmern oberhalb der Klasse Gold sind für Sie nicht verfügbar."

"Soso", grummelte Martha. "Damit man nicht doch neidisch wird."

"In Zimmern über Platin sind auch Kamine zum Flohpulvern und fünf schnelle Posteulen drin", wußte es Millie. "Oma Line hat sich den Spaß mal gegönnt, alle Klassen von Eschenholz bis Drachenhorn durchzuwohnen, als sie sich mit der amerikanischen Verwandtschaft getroffen hat."

"Wie sagte Joe, wer auf Marmorklos gehen kann kann auch ... Na ja, der Rest war nicht gerade öffentlichkeitstauglich", wandte Julius ein.

"Wolltet ihr noch was wichtigeres von mir. Ich will mich zum Frühstück frischmachen und umziehen. Habt ihr euren Ortszeittrank schon drin?"

"Oh, vor lauter Zauberei haben wir das vergessen", meinte Martha und schenkte aus der Flasche Zaubertrank in die Gläser. Julius nahm seins und prostete Millie auf Französisch zu. Als er den Trank intus hatte fühlte er sich erst etwas müde, dann wie gerade erst geweckt.

"Bis gleich, Millie", sagte er. Seine Freundin nickte und bließ ihm einen Kuß zu. Dann erlosch ihr Abbild.

"Gute Idee das mit dem Umziehen. Ich such mir ein Kleid raus, falls wir in einem bestimmten Speisesaal für höhere Wohnklassen frühstücken möchten", sagte Julius' Mutter. "Ich geh dann ins Bad."

"Okay, ich mäh mir noch die Stoppeln aus dem Portrait, Mum, wenn du mit deiner Verschönerung fertig bist."

"Das haben die in den Hyperluxuszimmern bestimmt auch im Programm, Schmink- und Pflegezauber", sagte Martha und schlüpfte ins Badezimmer. Julius packte derweil seine Wäsche in den linken der Schränke und legte seinen Schlafanzug auf das diesem gegenüberstehende Bett. Die Sachen seiner Mutter rührte er nicht an. Immerhin hatte sie sich schon ein zu ihrer Augenfarbe passendes Kleid ausgesucht.

"Ich möchte den aktuellen Stand der Quodpotliga sehen!" Forderte Julius von dem unsichtbaren Komfortzauber.

"Bitte stellen Sie den Hebel für die Aussichtssteuerung senkrecht nach oben!" Erwiderte die freundliche Frauenstimme aus dem Nichts. Julius trat an das Illusionsfenster, erkannte, daß der Hebel nach unten links gedrückt war, was das Fenster auf den Blick über einen von Brandungswellen liebkosten Sandstrand eingestellt hatte. Er drückte den Hebel senkrecht nach oben, wohl die Nullstellung, worauf die Stimme sagte: "Sie sehen nun den aktuellen Spieltag der nordamerikanischen Quotpot-Liga in einer kurzen Zusammenfassung. Wenn Sie die aktuelle Rangliste sehen möchten, sagen Sie bitte "Rangliste"!"

Julius überflog den flimmerfrei dargestellten Ablauf des letzten gespielten Tages und erkannte, daß die Ravens gegen die Cloudy Canyon Floaters mit 500 zu 200 Punkten gewonnen hatten. "Aktuelle Rangliste!" Befahl er. Sofort erschien eine Tabelle auf der Fensterscheibe, wie sie in den Sportteilen verschiedener Zeitungen zu finden war. Die Ravens lagen nur vier Plätze und 200 Punkte hinter den Windriders, wobei hier die Punktedifferenz benutzt wurde, wie er es auch von den Quidditchligen Großbritanniens und Frankreichs kannte. Damit würden die Ravens die Tabellenspitze übernehmen, wenn sie im kommenden Spiel zweihundert Punkte mehr als die Windriders erzielten.

"Das wird ein Schützenfest. Die werden wohl alle Quods verheizen, bis die Partie durch ist", dachte Julius. Dann ließ er sich den vorangegangenen Spielstand zeigen und erkannte, daß die Ravens da einen Platz weiter oben rangiert hatten.

"Klappt das mit deinen Spieltabellen?" Fragte seine Mutter durch die geschlossene Tür.

"Supergut", erwiderte Julius. "Ist wie Internet aber mit einem 1000-Hertz-Monitor."

"Gibt es da auch Kochrezepte?" Fraagte seine Mutter belustigt.

"Wenn Sie die Speisekarte für Bewohner der Zimmerklassen Bronze bis Drachenhorn studieren möchten, bitten Sie um die Speisekarte", erwiderte die Stimme.

"Du schaffst es immer wieder, ein Programm an seine Leistungsgrenzen zu bringen, Mum", sagte Julius. Dann befahl er dem unsichtbaren Zauberservice:

"Ich möchte die Rundumbetrachtung über das Haus hier benutzen."

"Bitte ziehen sie den Hebel des Illusionsfensters senkrecht nach oben!" Julius tat es. Der hebel wurde einige Zoll länger. Dann erkannte er, daß er so sah, als stehe er auf dem Dach des Hauses, bewegte den hebel etwas nach links, rechts, vor und zurück und erkannte, daß sein Ausblick sich entsprechend änderte, wobei er erkannte, daß nach rechts Osten lag, weil er punktgenau in den sich anbahnenden Sonnenaufgang hineinsteuerte. Doch diesen konnte er vom natürlichen Ostfenster auch sehen, wenn er wollte. So steuerte er mit dem Hebel den Ausblick der von ihm vermuteten magischen Kamera so, daß der Platz vor dem Gasthaus im Fenster erschien, er drückte den Hebel vorsichtig weiter in die richtung und pfiff durch die Zähne. Nun glitt der magisch ermöglichte Ausblick vom Haus fort. Er drückte den Hebel vorsichtig bis zum Anschlag in die gleiche Richtung und erkannte, daß er einen noch leeren Markt überblickte. Offenbar war die Bildwidergabe nicht entfernungsgleichförmig zur Hebelneigung, erkannte Julius, weil er den Marktplatz beim Betreten des Hauses nicht gesehen hatte und die Häuser, die dazwischen liegen mochten übersprungen wurden. Er stellte den Hebel wieder in die Nullstellung in der Mitte und lief virtuell in die andere Richtung vom Haus fort, wobei er an den Rand des Zaubergartens geriet, aber nicht hineinsehen konnte. Im Süden, so verriet ihm die Bilderschau am Fenster, lag ein großes Haus, ähnlich dem Gemeindehaus von Millemerveilles und wohl zu ähnlichem Zweck hingebaut. Daneben stand ein besonders hoher Turm, an dessen Spitze ein mehr als vier Meter durchmessendes Zifferblatt einer Turmuhr in die Landschaft blickte und ganz oben, auf dem kegelförmigen Dach, ein langer Mast über einer Sonnenuhrenscheibe stand. Nach westen endete der virtuelle Erkundungsmarsch vor einer goldenen, ovalen Mauer, auf der der sonnengelbe Schriftzug QUODPOTSTADION VIENTO DEL SOL prangte. Doch weiter ließ ihn die Aussicht nicht hineinschauen.

"Ey, Mum, mit dem Bilderfenster kannst du sehen, in welcher Richtung die Sehenswürdigkeiten liegen. Ich habe sogar das Stadion gefunden! Nur reinsehen kann ich nicht. Vielleicht können das die Drachenhorn-Gäste."

"Das kann ich mir sogar vorstellen", ertönte Marthas amüsierte Stimme aus dem Badezimmer. "Dann haben die im Zimmerpreis gleich einen Logenplatz über dem Spielfeld wie im Fernsehen."

"Tja, wenn dann noch die Geräusche mitgeliefert werden", meinte Julius dazu.

"Ich bin gleich fertig. Diones Kosmetik ist besser als meine übliche Ausrüstung", meinte Martha. Julius wunderte sich. Durfte Dione Porter Muggelfrauen ihre Kosmetikartikel verkaufen?

"Öhm, hat die dir das verkauft?" Fragte er erstaunt.

"Neh, das darf sie nicht. Aber geschenkt hat sie mir einige brauchbare Sachen. Aber Pssst! Muß nicht jede Hexe wissen, daß ich sowas für lau kriegen konnte!"

"Ist gesichert und verschlossen, Mum", bestätigte Julius. Dann ging die Badezimmertür auf, und seine Mutter trat wie aus dem Ei gepellt mit rosigem Gesicht und klaren Augen und weichen geschwungenen Wimpern und ordentlich gestriegelten Haaren aus dem Bad. Sie trug das blaue Rüschenkleid wie eine Prinzessin, nur daß sie keinen Schmuck dazu angelegt hatte. Julius ging ins Bad und testete den Komfort im Toilettenraum, wo kein Papier zu finden war, aber wie erwähnt Säuberungszauber mit warmem Wasser und Heißluft die entsprechenden Partien reinigten, wobei für Männer auch ein entsprechender Zielgenauigkeitszauber vorhanden war, der nichts danebengehen ließ und bei Bedarf Hände und entsprechendes säuberte, ohne ein Waschbecken zu benötigen. Dann rasierte sich Julius über der Badewanne und sagte zu der allzeit bereiten Stimme: "Bitte die Bartstoppeln entfernen!"

"Säuberung des Badezimmers beginnt in einer halben Minute. Bitte verlassen Sie hierfür das Badezimmer und verschließen die Tür von außen!" Empfahl die unsichtbare Zauberfrau.

Julius verließ das Badezimmer und machte die Tür von außen zu, wie er es geraten bekommen hatte.

"So sparen die sich Dienstmädchen oder Hauselfen", meinte er.

"Weißt du, ob da nicht gleich eines dieser Wesen reinappariert und putzt?" Fragte seine Mutter leicht bedröppelt.

"Ich ziehe die Bemerkung zurück", meinte Julius.

"Ich habe mir inzwischen mal den Weg zu den Foresters zeigen lassen. Da läuft ein kleines Weibchen durch die verkleinerten Straßen, bis es an der entsprechenden Stelle angekommen ist, wo die Adresse dann grün aufblinkt. Sage mir noch einmal, was die mit heutigen Computern wollen! Die müssen für die doch todlangweilig sein."

"Die brauchen sie für den Kontakt zur Muggelwelt, Mum. Deshalb hast du ja den Job, weil du das bei denen am besten hinkriegst", tröstete Julius seine Mutter, weil er dachte, sie würde am Sinn ihrer Arbeit zweifeln.

Genau um Sechs Uhr ertönte ein dreiton-Signal wie von drei Glöckchen geläutet. "Sehr geehrte Bewohner der Zimmer einhundert bis zweihundert! Sie haben nun die Gelegenheit, im Speisesaal auf Ihrer Wohnetage zu frühstücken. Das Frühstück wird von sechs Uhr bis zehn Uhr serviert. Wir wünschen Ihnen einen sehr guten Morgen und einen vergnüglichen sowie erfolgreichen Tag!" Verkündete die magische Stimme.

"Wetten daß das die ganzen Luxuszimmer von Gold aufwärts sind", sagte Julius.

"Ich wette nicht, Julius. Außerdem wäre mir die Wahrscheinlichkeit, daß du gewinnen könntest zu hoch, mindestens neunundneunzig Prozent. Da riskiere ich besser nichts", sagte seine Mutter, begutachtete ihn noch einmal und befand, daß sie so in höheren Gesellschaftskreisen verkehren konnten.

Auf dem Flur trafen sie Millie, die wie angekündigt im meergrünen Kleid auflief und ihre rotblonde Mähne mit einer silbernen Spange gebändigt hatte. Sie begutachtete Julius genauso gründlich wie seine Mutter und nickte. Dann tauchte noch Jacky Corbeau auf. Auch sie hatte sich umgezogen und führte ein Kleid aus schwarzer Seide aus, das Modezaren wie Dior oder Lagerfeld das Wasser im Mund hätte zusammenlaufen lassen.

"Aha, Sie haben sich auf höhere Gesellschaft eingerichtet. Ist nicht verkehrt. Ich weiß nicht, wer hier noch alles logiert, bevor das große Spiel über die Bühne geht."

"Jetzt haben wir nicht gefragt, ob die Cottons hier auch auf der Etage wohnen."

"Wenn ich richtig orientiert bin wohnen die über uns, wo die Zimmer der Bronze- und Silberklasse liegen. Oh, Verzeihung, vielleicht kennen Sie die Einteilung der Komfortklassen noch nicht."

"Die unsichtbare Dienstmagd im Zimmer hat uns schon informiert", sagte Martha Andrews. Dann meinte Jacky:

"Natürlich haben Sie die Einrichtungen schon erkundet. Okay, dann auf zum Frühstück!"

Im nicht gerade arm aber auch nicht protzig ausgestatteten Speisesaal jenseits des Zimmerlabyrinthes standen einhundert kleine Tische für ein bis drei Personen. Dort saßen bereits fünfzehn andere Gäste in unterschiedlichster Aufmachung. Eine korpulente Hexe im Pelz, der Brittany ganz bestimmt zur Raserei getrieben hätte, mampfte bereits an einem großen Pfannkuchen, den sie großzügig mit Ahornsirup bestrichen hatte. Ein Zauberer, wohl Mitte zwanzig lümmelte sich in einem rot-blauen Trainingsanzug vor dem Tisch in seinen weichen Lehnstuhl und starrte auf einen Teller mit rohem Gemüse, als wolle er diesen hypnotisieren. Julius konnte den Zauberer nur von hinten sehen. Doch Millie schien ihn zu erkennen.

"Ey, Monju", zischte sie. "Der im Trainingsanzug ist Marlon Glocester von den Ravens. Die wohnen hier."

"Wo sollten sie sonst wohnen", tat Julius unbeeindruckt. Wenn hier die Luxusklasse des Gasthauses speiste konnten die Quodpotspieler der Gastmannschaft ja problemlos auch hier reinkommen. Dann sah er noch zwei Zauberer, die in geschniegelten Umhängen mit Krawatte an einem Tisch saßen und sich leise unterhielten. Die Akustik hier war so gut, daß kein störender Nachhall zu vernehmen war und sich die Gäste in gedämpfter Lautstärke unterhalten konnten. Weitere Hexen und Zauberer in Trainingsanzügen kamen herein, durchmaßen lässig den Saal und bezogen Tische in der Nähe ihres Kameraden. Dann trat noch ein Zauberer im langen, blauen Umhang ein, der die Trainingsanzug-Fraktion kritisch bmusterte und zu ihr hinüberging.

"Das ist Mr. Hillcrest, der Manager der Ravens", sagte Millie.

"Huch, woher kennst du den denn?" Fragte Julius.

<>"Habe ich von dem Bildwechselfenster. Ich habe einfach gefragt, ob ich die wichtigsten Leute der beiden Mannschaften mal als Bild sehen kann. Ging auch", erwiderte Millie. "Sind ein paar stramme Burschen und süße Hexen dabei."

"Venus Partridge zum Beispiel", nahm Julius den Ball auf. Millie grinste.

"Da wärest du wirklich unrettbar gestört, wenn die dir nicht aufgefallen wäre, als du mit deiner Mutter hier warst", erwiderte sie amüsiert grinsend.

"Die trainieren heute und Morgen noch", sagte Jacky. Britt hat mal erzählt, du hättest dir von Venus ein Autogramm geholt, Julius."

"Ja, stimmt", bestätigte Julius.

"Also Kleidungsmäßig sind wir hier die unauffälligsten", meinte Mildrid zu martha Andrews. Diese nickte. Dann traten noch fünf weitere Zauberer in schlichten Umhängen und drei auf Hochglanz herausgeputzte Hexen ein. Diese verteilten sich an andere Tische.

"Habt ihr euch die Speisekarte schon im Zimmer angesehen?" Fragte Jacky. Alle an ihrem Tisch schüttelten die Köpfe. So verteilte sie die drei Speisekarten auf dem Tisch. Julius und Martha studierten eine zusammen. Als sie sich ein zweigängiges Frühstücksmenü mit Tee ausgesucht hatten fiel Julius auf, daß eine weitere Hexe eingetreten war. Sie trug ein taubenblaues Samtkleid und hatte ihr auf den Oberkörper herabwallendes, haselnußfarbenes Haar auf Höhe des Nackens mit einer dünnen Silberschnur zusammengebunden. Ihre grauen Augen blickten aufmerksam umher, als wollten sie selbst unwichtige Einzelheiten genauestens festhalten. Einmal traf ihr Blick den von Julius. Der ohne zu wissen warum sofort alle Gedanken aus seinem Bewußtsein vertrieb und sich damit uneinsehbar machte. Vielleicht war er durch das Training mit Professeur Faucon und Catherine so sehr auf Blickkontaktreflex getrimmt, daß er bei jedem und jeder, der oder die er nicht kannte Occlumentie benutzte. Millie merkte es wohl, daß Julius übergangslos konzentriert dasaß.

"Ist was?" Fragte sie ihn.

"Nur ein Reflex, Millie. Sachen, die mir Catherine und ihre Mutter eingebläut haben und die manchmal ohne Grund greifen."

"Achso, ich dachte schon, die Hexe im taubenblauen Kleid hätte dir was zugemelot", meinte Millie. "Als die mich ansah mußte ich an unsere Fahrt hierher denken. Frag nicht warum!"

"Mist", schnaubte Julius. "Also doch."

"Was meinst du, Julius?" Fragte seine Mutter.

"Die Lady an dem Tisch da klopft unsere Erinnerungen ab, Mum. Offenbar habe ich die noch rechtzeitig abgewehrt."

"Macht die bei ihr unbekannten gerne, mal sehen, ob sie bei denen reinschauen kann, Julius. Die hat auch schon Ermahnungen vom Ministerium dafür gekriegt. Aber der kann keiner was. Die ist zu wichtig", sagte Jacky an der Grenze zum Flüstern. Julius fragte, wer die sei.

"Daianira Hemlock, Julius. Hat vor vierzig Jahren in Thorntails Zaubertränke und Kräuterkunde unterrichtet, bis ihr die Schüler zu lästig wurden. Kennt sich auch gut mit Tierwesen aus und sitzt im Büro für magische Tierwesen. Hat auch schon hundert Bücher über Heilmagie verfaßt. Meine Kräuterkundelehrerin, Professor Verdant, hat bei der gelernt. Wenn sie lustig ist, läßt sie sich von der Bildung zur ZAG- und UTZ-Prüferin berufen, behält sich aber vor, das Ansinnen abzulehnen."

"Trotzdem darf die nicht einfach mal im Vorbeigehen wie die Elbenkönigin Galadriel in einen reingucken", knurrte Julius. Seine Mutter sagte ihm etwas beklommen, daß sie dieser Frau auch in die Augen gesehen hatte und dabei für einen Moment diese BUS-Apparatur vor sich gesehen hatte, in der sie eingesperrt worden war.

"Oha, Mum. Dann kennt die jetzt dein schlimmstes Erlebnis."

"Aha, dann bringt dir Königin Blanche also doch die Occlumentie bei", knurrte Millie. "Dann hat Tine mich doch nicht angelogen, als sie mir das Weihnachten erzählt hat."

"Wie, du lernst Okklumentik?" Fragte Jacky überrascht.

"Kein Kommentar", knurrte Julius.

"Was ja heißt", schnarrte Jacky ungehalten zurück. "Bei der ist das wohl auch angebracht. Aber wie erwähnt macht die das nur bei Leuten, die sie noch nicht kennt."

"Dann hat die echt meine Gedanken gelesen?" Erschrak Martha und rang um eine leise Stimme.

"Gelesen im Wortsinn wohl nicht, Mum. Aber mal geprüft, ob sie sieht, was dir am heftigsten zugesetzt hat. Nichtmagier können sich nicht dagegenwehren und kriegen das in der Regel auch nicht mit, wenn das einer ganz behutsam macht, sagt Professeur Faucon", flüsterte Julius seiner Mutter zu.

"Ist sowas nicht strafbar?" Fragte sie. "Catherine sagte doch sowas, daß das eine sehr verwerfliche Kunst sei."

"Strafbar nur, wenn du mit dem, was du dabei rauskriegst jemandem schadest, Mum. Wenn es keiner merkt oder Aussage gegen Aussage steht gilt im Zweifel für den Angeklagten wie in der westlichen Rechtsprechung üblich."

"Sonst müßte Fixie auch dauernd im Bau sitzen", knurrte Millie. "Ich will das auch lernen. Dann soll mir Fixie das beibringen. Die ist dafür eh noch besser geeignet als Königin Blanche."

"Dann kriege ich Ärger, Millie", zischte Julius. "Das darf außer Catherine, meiner Mutter und Professeur Faucon keiner wissen."

"Okay, dann frage ich Oma Line. Die hat 'ne ganze Menge Sachen gelernt, ob die mir das beibringen kann. Ich lass mich doch von irgendeiner fremden Hexe nicht nach außen krempeln", ereiferte sie sich, wobei sie gerade so noch unterhalb der über den Tisch hinausreichenden Lautstärke blieb.

"Ich versteh dich komplett, Millie", zischte Julius.

"Reden wir besser nicht über Daianira Hemlock", gebot Jacky Corbeau. Irgendwie hörte Julius heraus, daß ihr diese Hexe nicht geheuer war. Vielleicht hing die mit der Wiedergekehrten zusammen oder machte sonst was, was nicht allgemein beliebt war. Nein, er mußte sich das paranoide Grübeln abgewöhnen. Sonst könnte er gleich Millie als eine Nachtfraktions-Schwester ansehen, und dann wäre er total aufgeschmissen.

Vier weitere Personen traten ein. Ein Zauberer in der Montur eines Cowbooys vom breitkrempigen Hut über Lederweste bis runter zu hohen Stiefeln, ein Zauberer in einem roten Nadelstreifenumhang und einem kastanienbraunen Spitzhut auf dem schütteren, graublonden Schopf, eine augenfällig in guter Hoffnung befindliche Hexe in einem gerade noch weit genug sitzenden rosaroten Tüllkleid und eine ernst dreinschauende Hexe in signalrotem Umhang, die Julius einmal gesehen hatte, an dem Tag, wo er für Jane Porter vor dem Zwölferrat ausgesagt hatte und von einem aus der Zukunft zurückchronoportiertem Minister Pole im Toilettenraum für Herren zu einem magischen Duell gezwungen worden war. Das war Donata Archstone, wenn er den Namen richtig mitbekommen hatte. Der Cowboy grüßte stumm in den Raum und suchte sich einen Einzeltisch. Jacky Corbeau schnellte vom Stuhl hoch, als der vornehmer gewandete Zauberer mit der werdenden Hexenmutter näher herankam. Julius und seine Mutter schalteten im selben Moment und standen auch auf. Millie wollte schon fragen, wer die neuen Gäste waren, als der Neuankömmling herantrat, die Hexe hinter sich, und Donata Archstone nun in einer eindeutigen Leibwächterstellung, den Raum überblickend.

"Aha, Ms. Jacqueline. Hier hat Mr. Conners Sie also hingeschickt", grüßte der Zauberer sanft klingend. Seine Stimme führte dazu, daß nun alle an den Tischen die Köpfe umwandten und den Mann ansahen und ihm zulächelten. Da kapierte es Millie auch, daß hier nicht irgendwer hereingekommen war. Das lag wohl auch nur daran, daß sie den neuen obersten Leiter des amerikanischen Zaubereiministeriums noch nicht zu sehen bekommen hatte.

"Nun, ich erhielt die angenehme Aufgabe, ein paar Gästen aus der alten Welt zur Seite zu stehen, um mit Ihnen das Spiel am Samstag zu sehen und für ihre Unterbringung und Freizeitgestaltung zu sorgen, Minister Cartridge."

"Moment mal, einer Ihrer Gäste kommt mir bekannt vor", sagte der Zauberer, der als Minister Cartridge angesprochen wurde. Er sah Julius an und lächelte. Julius wandte wieder Occlumentie an, jedoch nun ganz bewußt und wohl nicht notwendigerweise.

"Sie sind doch der junge Mr. Andrews, der im Sommer sehr unangenehme Dinge in unserem Heimatland erlebt hat", sagte Cartridge und strahlte Julius aufmunternd an. Er wandte sich der mit ihm hereingekommenen Hexe in guter Hoffnung zu und sagte leise: "Goddy, Honey, daß ist der junge Zauberer, der mit dieser schlimmen Kreatur aneinandergeriet, die Jasper geheimhalten wollte."

"Oh, ich las von ihm im Westwind, Milton", sagte die Hexe und trat vor. Dann sah sie Jacky an:

"Hallo, Jacqueline, wissen Sie es nun genau ob oder ob nicht?"

"Ja, ich weiß es, aber ich möchte hier nicht darüber reden", sagte Jacky errötend. Dann stellte sie Julius schnell der Hexe vor, Mrs. Godiva Cartridge. Julius verbeugte sich artig und winkte seine Mutter und Mildrid heran.

"Martha, daß ist unser neuer Zaubereiminister", sagte Jacky. "Minister Cartridge, daß ist Mrs. Martha Andrews, die Mutter des jungen Zauberers hier."

"Angenehm, Sir", sagte martha Andrews.

"Sehr erfreut, Sie kennen zu lernen", erwiderte der Minister und küßte Martha die rechte Hand. Alle im Speisesaal beobachteten diese Szene. Dann stellte Jacky Mildrid Latierre vor, die sich wie eine Hofdame vor ihrem König verbeugte.

"Enchanté, Mademoiselle", begrüßte der Minister die junge Hexe. Dann fragte er sie auf Französisch, ob ihre Eltern auch mitgekommen seien. Millie erwiderte leise, daß ihre Eltern in der Heimat zu tun hätten, aber sie wohl sehr erfreut wären, daß der neue Minister von ihnen gehört habe.

"Nun, Godiva, meine Gattin liest sich durch alle Hexenzeitschriften und forscht nach anderen berühmten Hexen, die gerade Kinder unter ihren Herzen tragen", sagte der Minister. "Dabei erfuhr ich natürlich von dem Glück, daß Ihrer Frau Mutter demnächst ins Haus steht, allerdings auch daß sie nicht die einzige Ihrer Familie sei, die sich in guter Hoffnung befinde."

"Nun, meine Familie legt viel Wert auf Verbundenheit, Minister Cartridge", erwiderte Millie ruhig sprechend. "Zumindest wird meine Mutter nicht allein ein neues Kind zur Welt bringen."

"Ihre Frau Großmutter hat ja daselbst auch noch einmal zwei Töchter auf einmal geboren", wandte Godiva Cartridge auf Französisch ein. Millie nickte lächelnd. "Ich hoffe, die beiden Kinder befinden sich wohl."

"Danke der Nachfrage", erwiderte Millie. Julius und seine Mutter staunten wieder, wie fließend Millie von einer Ausdrucksweise auf eine andere umschalten konnte. Sie zog Julius ein wenig zur Seite und flüsterte ihm zu:

"Kann verstehen, daß diese Mondschwestern euch reingeholt haben. Ihr beide habt euch echt gesucht und gefunden."

"Wie meinst du das jetzt, Mum?" Wollte Julius wissen.

"Ihr könnt das beide, je nach Umgebung die entsprechende Tonlage und Ausdrucksweise benutzen. So wie Millie heute morgen gegenüber den älteren Mädchen auftrat und jetzt hat sie gelernt, sich entsprechend einzustellen, genau wie du, wenn du mit den Rabauken Lester und Malcolm unterwegs warst oder mit den Kollegen deines Vaters gesprochen hast. Womöglich muß man in beiden Welten wandeln können, um richtig erfolgreich zu leben. Diese eine Hexe da, ist die eine Leibwächterin?"

"Die höchste die der Minister sich mitbringen konnte. Mum. Das ist Donata Archstone, die wohl wieder als Leiterin der Strafverfolgungsabteilung arbeitet, seitdem das mit Bokanowski aufgeflogen ist."

"Dann hat die keinen deligiert?" Fragte seine Mutter.

"Ich könnte sie fragen, aber ob die mir antwortet weiß der Teufel."

"Den brauchen wir dann ja wohl nicht zu fragen", meinte Martha Andrews amüsiert. Millie kehrte bedächtig ausschreitend zu Julius zurück und zupfte ihm am Ärmel.

"Das Frauengespräch ist vorbei. Der Minister möchte dich gerne noch einmal sprechen, Julius." Julius nickte ihr zu und ging behutsam zu Mr. Cartridge hinüber. Nachher halste ihm Donata Archstone noch einen Fluch auf, weil er einen Stundenkilometer zu schnell gelaufen war.

"Nun, ich denke, Glückwünsche sind angebracht", sagte Julius zunächst, weil der Minister schwieg.

"Ja, Danke. Wenngleich ich die Umstände, die zu meiner Amtseinsetzung führten ungeschehen machen würde. Es war ja schon eine grausame Geschichte, was meinem Vorgänger widerfahren ist. Und gerade jetzt, wo meine Gattin kurz vor der Niederkunft steht wäre ich sehr gerne von jeder unnötigen Büroarbeit befreit. Aber des seligen Minister Davenports Mitarbeiter fielen wegen Befangenheit aus dem Rennen um die Nachfolge, weil zu befürchten stand, daß sie auf Rache an dem oder den Tätern ausgehen würden. Nun, dieser ist ja wohl aus der Welt."

"Ja, eindeutig, Sir", erwiderte Julius.

"Ich erfuhr von meinem spanischen und meinem russischen Kollegen, daß Sie, junger Mann, beinahe selbst das Opfer dieses russischen Zauberers geworden sind. Trifft dies zu?"

"Bedauerlicherweise ja, Sir. Er hat mich durch ein besonderes Simulacrum - da wo ich herkomme sagen sie auch Klon dazu - aus Frankreich entführen lassen, weil er wohl meinte, er könne von mir irgendwas herausfinden, was ihm selbst hilft. Jemand, wo ich mir nicht sicher bin, ob sie meinen Dank wirklich verdient hat, kam dazu und überwältigte ihn. Sie brachte mich und einen anderen Gefangenen nach draußen und in Sicherheit, bevor sie sich mit ihren Kampftruppen absetzte. Nur für den Fall, daß sie den Knowles-Artikel gelesen haben, der von Señor Colonades berichtet, der mit mir in diese Lage geriet."

"Nun, diesen Artikel las ich wohl und würde die Journalistin diesbezüglich gerne noch einmal befragen. Aber sie beruft sich auf den Schutz der Pressefreiheit und der zugesicherten Geheimhaltung ihrer Informanten. Vielleicht könnten Sie in einem Quid-pro-Quo-Gespräch ..." Julius schüttelte den Kopf. Er hatte sich schon zu oft zum Hampelmann für Zaubereiminister machen lassen, ob für Grandchapeau oder Pole, vielleicht auch für Arcadi.

"Soweit es mir erlaubt wird möchte ich die letzten Osterferientage gerne mit meiner Mutter und meiner Klassenkameradin Mademoiselle Latierre in Viento del Sol zubringen und das große Spiel sehen. Immerhin könnten die Viento del Sol Windriders ihre Tabellenführung gegen die Rossfield Ravens verlieren."

"Aus diesem Grund weile ich auch in VDS", erwiderte der Minister. "Meine Gattin schätzt den Frühling in Kalifornien. Außerdem erwägt sie, hier unser Kind zur Welt zu bringen. Das habe ich bereits auch den Journalisten zukommen lassen."

"Nun, dann möchte ich bei allem Respekt Ihrem Amt gegenüber dankend ablehnen, mich in Ihrem Auftrag an Ms. Knowles zu wenden und in einem gegenseitigen Interview die Dinge zu erfahren, die Sie gerne erfahren möchten. Abgesehen davon denke ich, daß Ms. Knowles von einem Jungspund wie mir nicht so leicht ausgetrickst werden kann, die Dinge auszuplaudern, die Sie Ihnen gegenüber zurückhält. Deshalb bitte ich darum, meine restlichen Ferien genießen zu dürfen. Ich habe einiges hinter mir und bin froh, daß ich noch in einem Stück und am Leben bin."

"Nun, es war ein wenig anmaßend, Ihnen ein derartiges Ansinnen zu unterbreiten, selbst für einen Minister", sagte Cartridge, der begriffen hatte, daß er mit Julius nicht umspringen konnte wie er wollte. Dann wünschte er ihm noch eine gute Erholung und wandte sich seiner Frau zu. Als die beiden auf einen Zweiertisch zusteuerten folgte ihnen Donata Archstone, bis sie fast auf Julius' Höhe war. Dann blieb sie stehen, sah ihn an und winkte ihn zu sich. Julius verschloß seinen Geist so gut er konnte und ging hinüber.

"Ja bitte, Madame", sagte er ruhig.

"Du weißt noch wer ich bin?" Fragte sie ruhig. Er nickte.

"Sie sind Donata Archstone, ddie Leiterin der Strafverfolgungsabteilung des Ministeriums für Zauberei in den vereinigten Staaten von Amerika."

"Sehr gut. Dann wirst du mir ganz sicher helfen, mehr Licht in diesen Gerüchtenebel zu bringen, der sich im Zusammenhang mit der Ermordung von Minister Cartridges Vorgänger und seines Mitbewerbers um das Amt des Ministers und dieses Bokanowski gebildet hat. Ich erfuhr aus der Zeitung, daß du angeblich selbst in die Gewalt des russischen Dunkelmagiers geraten seist und eine ominöse Hexe dich und Ms. Knowles' Interviewpartner im letzten Augenblick befreien konnte. Auf dieser Etage befindet sich ein Konferenzraum mit Klangkerkerfunktion. Wenn du ausgiebig genug gefrühstückt hast stell dich bitte dort zu einer Befragung von mir ein!"

"Zu welchem Thema?" Fragte Julius aufsässig.

"Was genau passiert ist und wieso ausgerechnet du in diese Sache verwickelt wurdest. Weiterhin wünsche ich etwas mehr über die Begegnungen mit jener Hexe zu erfahren, die dir zweimal aus arger Not geholfen haben soll."

"Ich denke, daß ich noch am leben bin liegt nur daran, daß ich jener Hexe bisher nicht in die Quere gekommen bin und die mich als genialen Köder für ihre Jagd auf ihre Widersacher benutzen konnte. Ich lege es nicht darauf an, mich mehr als nötig damit zu befassen", sagte Julius.

"Jungchen, du hast mir gerade erzählt, daß du weißt, wer ich bin und was ich mache. Denke auch daran, daß ich dir damals geholfen habe, als der Doppelgänger von Minister Pole versucht hat, dich entweder um dein Gedächtnis zu bringen oder zu töten. Insofern bist du mir etwas schuldig. Die Zaubererwelt dreht sich nach Anerkenntnis und Entgegenkommen."

"Wie gesagt kann und werde ich Ihnen nicht mehr sagen können als daß ich selbst entführt wurde und fast von Bokanowski lebendig zerlegt worden wäre. Da dieser Verbrecher jetzt sprichwörtlich aus der Welt ist ist das Kapitel für mich abgeschlossen."

"Natürlich, das von Bokanowski schon. Aber nicht das dieser fremden Hexe. Ich will sicherstellen, daß nicht ein Übel durch ein anderes ersetzt wurde. Falls du jedoch auf deiner Verweigerungshaltung beharrst kann und werde ich dich offiziell vorladen. Ob du das Spiel dann noch zu sehen bekommst ist fraglich. Außerdem könnte ich dich wegen Strafvereitelung anklagen, und das wäre deiner Ausbildung in Beauxbatons ganz gewiß sehr abträglich."

"Oh, jetzt wird gedroht", dachte Julius. Doch er wußte, daß er sich nicht darauf einlassen konnte, diese Drohung wahrwerden zu lassen. Dennoch fragte er trotzig:

"Wer sagt mir denn, daß Ihre Abteilung nicht schon längst von Freundinnen oder Bundesschwestern dieser Hexe unterwandert wird. Nachher überlegt die sich das noch mal und bringt mich oder meine Angehörigen um wie der Irre in meinem Herkunftsland."

"Dann hast du Angst vor dieser Hexe?" Fragte Donata überflüssigerweise. Denn sie mußte das doch echt erkennen.

"Ich halte Vorsicht nicht für Feigheit, Madame", sagte er.

"Ja, ich weiß, daß genug Gerüchte in Umlauf sind, daß das Ministerium von verschwörerischen Hexengilden unterwandert wird. Das ist ja der Grund, warum Davenport mich suspendiert hat, um der Öffentlichkeit gegenüber zu zeigen, daß er diese Gerüchte nicht für blanken Unsinn hält. Genützt hat ihm das bedauerlicherweise nichts."

"Falls Sie mir versprechen können, daß diese Unterredung mit Ihnen nicht den halben Tag dauert stelle ich mich zur Verfügung", knurrte Julius. Sie saß im Moment am längeren Hebel.

"Ich wußte doch, daß du vernünftig genug bist. Sagen wir um neun Uhr im kleinen Konferenzraum am Ende des südlichen Flures. Ich werde dort auf dich warten."

"Wie Sie wünschen", sagte Julius trotzig und kehrte zu seiner Mutter, Jacky und Millie zurück.

"Was wollte die denn jetzt noch von dir?" Fragte Millie und deutete auf Donata Archstone, die nun wieder ihre Leibwächterinnenstellung eingenommen hatte.

"Was wohl, die will von mir wissen, was mir genau passiert ist, weil sie rausfinden will, wer diese Hexe ist, die mir geholfen hat, nachdem die mich erst einmal schön in die Falle hat gehen lassen, damit der dicke Fisch auch unabschüttelbar anbeißt."

"Was wirst du ihr erzählen?" Fragte seine Mutter.

"Zur Not das, was ich auch Arcadi erzählt habe. Blöde Lino. Wenn die den Spanier nicht interviewt hätte, könnten wir jetzt ganz gemütlich in den Morgen rein und mit Britt, Mel und Myrna durchs Dorf ziehen."

"Du gehst da hin, legst der Tante von der Strafverfolgung auf den Tisch, was sie haben will und kommst dann nach", sagte Millie locker. Julius mußte gegen seinen Willen grinsen. Millie meinte einfach, daß das nicht so heftig werden würde.

Beim Frühstück redeten sie weiter über Quodpot, daß die Ravens trotz der 1000 aufgehalsten Minuspunkte schon wieder nah genug an der Tabellenführung waren und es schon interessant sei, daß der Zaubereiminister persönlich zuschauen wollte. Sie kümmerten sich nicht mehr darum, daß die Gäste an den anderen Tischen sie zwischendurch anblickten und dann miteinander tuschelten. Der Minister und seine Frau schienen auch eher mit ihren ganz eigenen Angelegenheiten zu tun zu haben, während der einsame Cowboy, wie Julius den auf Wildwest ausstaffierten Zauberer heimlich getauft hatte, wohl nur Augen für seine Morgenzeitung hatte. Was er in der Zaubererwelt machte konnte ihm so niemand ansehen. Vielleicht diese haselnushaarige Lady, die beim Vorbeigehen kurz in anderer Leute Erinnerungen reinspähte.

"Wann sollst du bei dieser Frau da antreten?" Fragte Mildrid Julius nach dem Frühstück, daß trotz der zwei Gedecke so satt wie ein viergängiges Mittagessen gemacht hatte. Julius antwortete, daß er um neun Uhr dort antreten sollte, blickte auf seine Weltzeituhr und stellte fest, daß er nach gültiger Ortszeit noch eine Stunde Zeit hatte.

"Acht Uhr? Dann haben wir noch ein wenig Zeit. Wir können die Besen nehmen und etwas über dieses Dorf herumfliegen", sagte Mildrid. Martha und Jacky schienen es einfach so hinzunehmen, daß Mildrid festlegte, was weiter passierte.

"Vielleicht will Mum aber auch mit ins Dorf. Auf dem Besen dürfen wir sie nicht mitnehmen", warf Julius ein.

"Wir können zu Fuß. Dann sehen wir bestimmt mehr", meinte Jacky Corbeau. Martha Andrews sah ihren Sohn an und meinte:

"Diese Frau, Archstone oder wie sie heißt, hat kein Recht, dich ohne Begleitung zu verhören. Vielleicht kannst du von hier aus Catherine erreichen. Jedenfalls will ich dabei sein, wenn diese Befragung stattfindet."

"Da hinten steht die noch. Sag ihr das, Mum!" Knurrte Julius, der zwar einsah, daß seine Mutter recht hatte, aber auf diese für ihn lästige Befragung absolut keine Lust hatte. Er wollte lieber den Vormittag ausnutzen, um sich Viento del Sol genauer anzusehen. Bisher kannte er nur den Zauberpflanzengarten, das Stadion, das Haus der Foresters und dieses Gasthaus hier. Immerhin hatte er beim virtuellen Streifzug mit Hilfe des Wechselbildfensters herausgefunden, wo welche Sehenswürdigkeiten zu finden waren.

Martha Andrews erhob sich vom bequemen Lehnstuhl und ging tatsächlich zu Mrs. Archstone hinüber. Millie und Julius sahen ihr aufmerksam nach, während Jacky Corbeau wohl überlegte, ob das jetzt so gut war oder nicht. Nach zwei Minuten kehrte Julius' Mutter zurück und sagte entschlossen:

"So, Julius, ich habe diese Dame gefragt, was ihr einfiele, dich ohne meine Anwesenheit auszufragen und ihr klargemacht, daß ich bei dieser von ihr gewünschten Vernehmung dabei sein werde. Das hat sie zwar etwas irritiert; sie konnte aber nichts dagegen einwenden, zumal ihr direkter und oberster Vorgesetzter in der Nähe war."

"Gut, was machen wir bis dahin, Mum. Ich weiß nicht wie weit dieser Uhrenturm von hier weg ist, der im Süden liegt."

"Du meinst den Mittagsturm, Julius?" Fragte Jacky. "Hätte mich auch gewundert, wenn der dir nicht aufgefallen wäre. Der wurde vor einhundertzwanzig Jahren aufgestellt, am vierten Juli und beinhaltet ein Museum für Zeitmessung und Sonnenforschung. Die Turmuhr ist dem Londoner Big Ben nachempfunden, und die Sonnenuhr auf dem Dach kann auch bei bewölktem Himmel abgelesen werden."

"Wie lang braucht man als Tourist, um sich diesen Turm komplett anzusehen?" Fragte Julius nun sichtlich interessiert.

"Die meisten, die wirklich alles genau sehen wollten kamen da vor zwei Stunden nicht raus", erwiderte Jacky dazu.

"Dann fällt das wohl erst einmal flach", erwiderte Julius enttäuscht.

"Wir können ja auch erst einmal so rumlaufen und sehen, was wo ist", wandte Millie ein. "Ich habe diesen Marktplatz gesehen. Den könnte ich mir mal angucken."

"Der ist auch sehr beliebt, weil da nicht nur Lebensmittel, sondern auch Zaubertrankzutaten aus ganz Amerika, nicht nur der vereinigten Staaten, verkauft werden. Vorsicht ist nur bei den Händlern geboten, die dir angeblich nützliche Artefakte anbieten, die vor bösen Kreaturen, Krankheiten oder Unfällen schützen oder dir ewige Schönheit und Glück in der Liebe bringen sollen. Leider ist Leichtgläubigkeit ein ständiges Phänomen in der magischen Welt", erläuterte Jacky.

"Oh, falle ich da auf?" Fragte Martha Andrews.

"Nur, wenn sie im noblen Kleid über den Markt gehen. Dann ziehen Sie alle fliegenden Händler an wie der Honig die Bienen", erwiderte Jacky.

"Gut, dann bleiben wir besser erst beim ersten Erkundungsgang, bevor diese Vernehmung läuft."

"Monju, macht's dir was aus, wenn ich mit Ms. Corbeau schon einmal auf den Markt gehe?" Fragte Millie.

"Nein, das macht mir nichts aus, wenn du dir kein mit dem Auraveneris-Fluch belegtes Amulett oder dergleichen andrehen läßt."

"Du bist echt nett, Julius", erwiderte Millie und zwickte ihn keck in die Wange. "Als wenn ich mir diesen Liebeskoller-Fluch aufhalsen lassen will. Fleur Delacour mal vier oder fünf oder was?"

"So wirkt der", erwiderte Julius.

"Es ist echt erstaunlich was bei euch in Beauxbatons schon in der vierten Klasse unterrichtet wird", wunderte sich Jacky. Dann klärte sie mit Millie, wann sie beide auf den Markt gehen wollten. Sie verabschiedete sich bei Julius und Martha, um sich alltagsmäßig umzuziehen.

Mutter und Sohn Andrews gingen die nächste halbe Stunde einmal um den großen Platz herum, auf dem das Gasthaus stand und doch nicht so weit vom Marktgetümmel fort war. Unterwegs kam ihnen eine athletisch gebaute Frau mit langen, blonden Haaren entgegengelaufen, die Julius sofort erkannte, wie sie auch ihn erkannte.

"Morgen zusammen!" Rief sie lächelnd. "Ich hörte schon von Britt, daß ihr uns am Samstag zusehen wollt."

"Guten Morgen, Ms. Partridge", wünschte Martha Andrews. Julius sah die berühmte Eintopferin der Viento del Sol Windriders erfreut an und fragte:

"Trainieren Sie nachher noch, Ms. Partridge?"

"Venus, Julius. - Öhm, wir machen nachher noch eine Einheit. Mein Vater will natürlich haben, daß wir bei dem Spiel gegen die Mogelbande nicht den ersten Platz verjubeln. Weiß der Donnervogel, wie die sich trotz des Minuspunktekontos wieder so hoch spielen konnten."

"Viel Glück dann für Samstag. Vielleicht sieht man sich ja zwischendurch noch mal", meinte Julius.

"Du kannst mit deiner Mutter doch nachher rüberkommen und zugucken. Ich kann euch eine Zutrittserlaubnis hinterlegen lassen. Hier kennt ja jeder jeden", bot Venus Partridge an.

"Wir sind nicht alleine hier, Ms. Part..., ähm, Ms. Venus", sagte Julius. "Eine Freundin von mir aus Beauxbatons ist noch mit. Die wäre sonst allein, und das will ich nicht."

"Du meinst die rotblonde Mademoiselle, von der Britt mir schon erzählt hat? Wenn die nicht gerade zu den Ravens hält wie Britts Schulfreundin Melanie kann die auch mit rüberkommen."

"Wir haben noch eine Verabredung", sagte Martha Andrews. Julius fügte hinzu:

"Können wir nicht aufschieben. Aber danke für das Angebot."

"Morgen machen wir auch noch eine Einheit", vertröstete Venus Partridge den Jungen auf den nächsten Tag. Dann blickte sie auf ihr rechtes Handgelenk, nickte und preschte wieder los.

"Wir sind erst drei Stunden hier, und schon weiß jeder hier, daß wir zu dritt angekommen sind", wunderte sich Martha Andrews.

"Brittany kennt Venus Partridge und wird wohl, wenn sie die nicht wegen irgendwas in die Ehrenrunde schicken, nach dem laufenden Jahr mit ihr zusammen für die Windriders spielen", sagte Julius. "Womöglich weiß nur sie, daß Millie mit ist, von Mr. Beam abgesehen."

"Na, da würde ich nicht drauf wetten", erwiderte seine Mutter verhalten grinsend.

"Du wettest doch eh nicht", konterte Julius. Seine Mutter lachte nun.

Millie kam ihnen mit Jacky entgegen, als sie sich vom Markt abwandten und langsam wieder zum Gasthaus zurückschlenderten. Sie trug nun ein Kostüm aus Rock und Bluse und hatte die Silberspange weggelassen. Sie begrüßten sich noch einmal, plauderten über die kleinen Häuser und die klare Luft hier und genossen ein wenig die gerade über dem Horizont stehende Sonne. Dann zog Millie weiter, um sich den Markt anzusehen.

"Auf dann, Julius. Hoffen wir, daß diese Inquisitorin uns nicht den ganzen Urlaubstag vereitelt", seufzte Martha Andrews.

Punkt neun Uhr trafen sie im kleinen Konferenzraum ein, wo Donata Archstone bereits wartete. Als die Tür geschlossen war klickte es einmal. Julius vermutete, daß die Strafverfolgungshexe die Tür verriegelt hatte und setzte schon an, dagegen zu protestieren, als Donata Archstone sagte:

"Die Tür ist nur von außen nicht zu öffnen, damit der Klangkerker nicht unterbrochen wird. Meine Mitarbeiter, die zum Schutz des Ministers und seiner Frau in VDS stationiert sind haben mir gemeldet, daß eine gewisse Linda Knowles sich in der Nähe des Gasthauses herumtreibt. Womöglich lauert sie auf sensationelle Einzelheiten. Vielleicht habe ich vorhin den Eindruck erweckt, unerbittlich oder garstig zu sein, Julius. Falls dem so war möchte ich mich entschuldigen, auch bei Ihnen, Mrs. Andrews, daß ich Sie als Erziehungsberechtigte nicht um die notwendige Erlaubnis für diese Befragung gebeten habe. Allerdings werden Sie beide verstehen, daß ich als vor kurzem erst von einem schweren Rückschlag heimgesuchte Sicherheitsbeamtin alle potentiellen Gefahrenquellen kennen und gegebenenfalls beseitigen möchte, im Rahmen der mir übergeordneten Gesetze versteht sich. Da ich davon ausgehe, daß dir, Julius, daran gelegen ist, das friedliche Miteinander in der magischen Welt zu erhalten und Ihnen Mrs. Andrews verständlich ist, daß wir, die für die Sicherheit in der Zaubererwelt verantwortlich sind alle verfügbaren Mittel optimal ausnutzen möchten, gehe ich davon aus, daß die Befragung nicht länger als eine bis anderthalb Stunden beanspruchen wird. Allerdings bitte ich darum, daß du mir auf jede Frage eine wahrheitsgemäße und vollständige Antwort gibst, en Detail, wie sie es in deiner Wahlheimat sagen." Julius nickte zögerlich, dann eindeutig. "Gut, beginnen wir!" Eröffnete Mrs. Archstone die Befragung, deren Verlauf von einer Flotte-Schreibe-Feder mitgeschrieben wurde.

Julius antwortete so kurz wie möglich und so vollständig wie verlangt auf jede Frage, wo, wann, wie und wodurch er von Bokanowski entführt wurde, was er in dessen Versteck gesehen, gehört und erlebt hatte, mußte wie damals bei Ossa Chermot eine Beschreibung der strohblonden Hexe ablegen und berichten, was er von den Entomanthropen mitbekommen hatte, ob er mitbekommen konnte, wie die Fremde sich mit diesen Wesen verständigte und ob sie irgendwas erzählt hatte, wie und warum sie die Burg vernichten wollte. Julius erwähnte auch, daß die Fremde, die ihm schon das zweite Mal das Leben gerettet hatte, wohl eine versierte Heilerin war, weil sie Colonades' körperliche und seelische Verletzungen nach der fehlgeschlagenen Apparation kuriert hatte. Zum Schluß wurde er gefragt:

"Was weißt du darüber, daß sich jemand als Erbin Sardonias ausgibt, Julius?"

"Ich weiß das, was allgemein darüber in der Zeitung erwähnt wurde und weil ich die Entomanthropen gesehen habe", entgegnete Julius, diesmal doch wesentliche Sachen verschweigend. Er dankte innerlich Catherine und Professeur Faucon, daß sie ihm die Occlumentie so beharrlich eingebläut hatten. Immerhin hielt er seinen Geist sorgsam verschlossen.

"Nun, könnte es nicht sein, daß nach deiner ersten Begegnung mit dieser Unbekannten einige auf die Idee kamen, dir ihre Schlußfolgerungen oder Hypothesen zu erläutern, woher diese Unbekannte kam und warum sie sich als Erbin Sardonias bezeichnet?"

"Professeur Faucon, meine Saallehrerin, hat mir lediglich nahegelegt, dieser Hexe nicht allzu dankbar gegenüber zu sein, da diese wohl nur ihre Ziele verfolge und ich dabei eher Pech als Glück hatte, ihr helfen zu können. Spätestens nach der Sache, über die wir grade sprechen weiß ich, daß sie recht hatte. Diese Hexe hat mich wohl nur gerettet, weil ich ihr ohne es zu wollen geholfen habe, ihre Feinde zu erledigen. Sie sagte mir selbst, daß ich nicht ihr Feind sei und sie daher keinen Grund habe, mich auch noch zu töten, was aber für mich heißt, daß sie mir in dem Moment gefährlich wird, wenn ich was tue oder sage, was sie mir zur Feindin macht. Deshalb wollte ich eigentlich nicht weiter darüber reden", erwiderte Julius.

"Wer unterwies dich in der Okklumentik und warum?" Fragte Mrs. Archstone und verriet damit, daß sie wohl versucht hatte, Julius' geistige Abschottung zu überwinden, zumindest aber angetestet hatte, ob sie auch so an in ihm verborgene Informationen herankäme.

"Nach der Begegnung mit Hallitti erhielt ich Sonderunterricht in Beauxbatons, um gegen weitere Begegnungen mit in den Geist eindringenden Wesen besser geschützt zu sein."

"Hat der französische Zaubereiminister diesen Sonderunterricht veranlaßt oder deine magische Fürsorgerin. Oder ergriff einer deiner Lehrer die Initiative?"

"Der Sonderunterricht wurde mir nicht vom Minister Grandchapeau empfohlen oder angeordnet", erwiderte Julius. Sicher konnte sich Mrs. Archstone denken, wer ihm Unterricht gegeben hatte und warum. Martha Andrews wich den Blicken der Strafverfolgungshexe aus. Julius hatte ihr ja erzählt, wie ein Legilimentor den Kontakt zu einem fremden Bewußtsein herstellen konnte. Julius wandte ein, daß sich Mrs. Archstone gegen die Anstandsregeln verging, wenn sie sich legilimentisch Informationen beschaffte.

"Das ist wohl richtig", erwiderte Donata Archstone mißmutig und fragte: "Hat Ihnen Professeur Faucon die Okklumentik beigebracht?"

"Ja, hat sie", erwiderte Julius nun angenervt.

"Geschah dies auf Betreiben Ihrer Magischen Fürsorgerin Catherine Brickston?" Wollte Donata noch wissen.

"Unter anderem", antwortete Julius angespannt. Dann sagte die Strafverfolgungsleiterin:

"In Ordnung, damit erkläre ich die Vernehmung für beendet. Ich gehe nicht davon aus, dich erneut befragen zu müssen, solange keine neuen Fakten enthüllt werden, die eine erneute Befragung erfordern. Sie und du können jetzt den Raum verlassen. Vielen Dank für die Zusammenarbeit!"

"Ich wünsche noch einen angenehmen Tag", sagte Julius. Seine Mutter schloß sich dem an. Dann erhoben sie sich von den gepolsterten Stühlen am kleinen Konferenztisch, an dem zehn Mann mit Schreibzeug Platz finden konnten und verließen den Raum unangefochten. Die Tür war wirklich nicht beidseitig verriegelt. Auf der anderen Seite der Tür erwartete sie jedoch eine zierliche Hexe mit rotbraunem Haar, kaffeebraun getönter Haut und schwarzen Kulleraugen. Julius lächelte und sagte:

"Mir wurde untersagt, über alles, was mir passiert ist der Presse gegenüber zu berichten, Ms. Knowles. Ich hoffe, ich verderbe Ihnen nicht den ganzen Tag damit."

"Das ist ärgerlich, aber falls es stimmt nicht deine Schuld", erwiderte Linda Knowles zuckersüß. "Aber womöglich können wir über deine Meinung zu Bokanowskis Schaffen sprechen. Immerhin gewährte dieser unrühmliche Zauberer dir ja einen Einblick in seine Arbeit."

"Er hat lebende Abbilder seiner selbst gemacht und mit mir nicht bekannten dunklen Methoden gefährliche Monster erschaffen. Mehr habe ich nicht mitbekommen", erwiderte Julius darauf nur. "Wenn Sie mehr von ihm wissen wollen interviewen Sie doch einen aus Russland, der über ihn Bescheid weiß oder fragen Sie seine Feinde. Soviel ich weiß ist Lord Voldemort der Presse gegenüber sehr Auskunftsfreudig, wenn er dadurch mehr Terror in der Welt verbreiten kann." Zu seiner inneren Befriedigung sah er, wie die Reporterhexe zunächst zusammenzuckte und sich unter dem Namen Voldemort wie ein von einem Schlag getroffenes Tier duckte. Hinter ihm tauchte Donata Archstone aus dem Konferenzraum auf und räusperte sich.

"Mir war klar, daß Ihre berufliche Neugier Sie nicht ruhen lassen und unverzüglich anlocken würde, wenn das Objekt Ihrer Neugier in einen auch für Ihr Gehör undurchdringlichen Raum eintritt. Was der junge Mann Ihnen gesagt hat entspricht meiner dringenden Empfehlung. Wenn Sie was für Ihren Vorgesetzten ergattern möchten stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, Linda."

"Ich fürchte, seit unserer Begegnung vor dem Platz von Cludy Canyon, wo der selige Mr. Ironquill eine Wahlkampfrede halten wollte hat sich an Ihrer Einstellung zur Presse nicht viel geändert, Ms. Archstone. Oder irre ich mich da?"

"Da Sie die Wichtel auf das Dach gescheucht haben, weil Sie ohne es abzuklären ein Interview im Ausland geführt haben, sehe ich es wohl als notwendig an, die Lücken Ihrer Informationen mit den brauchbaren Fakten aufzufüllen. Falls Sie möchten, können wir beide uns hier und jetzt unterhalten. Sie dürfen sogar mitschreiben."

"Sie würden mir ein größeres Entgegenkommen beweisen, wenn Sie dem jungen Mann hier gestatten, die Ihnen berichteten Erlebnisse in einem Interview für meine Zeitung erneut zu berichten, aus erster Hand also."

"Ich lasse mich auf keinen Handel ein, Linda. Wenn Sie Fakten wünschen, kommen Sie an mir nicht mehr vorbei. Der Junge hat die Weisung, keine Interviews zu geben, Ihnen nicht und sonst auch keinem in Amerika."

"Das ist ein Eingriff in die Pressefreiheit, Ms. Archstone. Möchten Sie, daß ich mich bei Ihrem neuen Vorgesetzten beschwere?"

"Wie Sie zweifelsohne wissen hält dieser sich zur Zeit ebenfalls in diesem Hause auf. Vielleicht gewährt er Ihnen ja einige Minuten seiner Freizeit."

"Komm, Julius", flüsterte Martha Andrews. Julius nickte und folgte seiner Mutter so schnell es ging zu ihrem Zimmer. Mit dem einfach aussehenden Schlüssel sperrten sie die Tür auf, traten ein und schlossen von innen wieder ab.

"Klangkerker aufbauen!" Befahl Julius keine Sekunde danach.

"Der Klangkerker ist nun errichtet. Er wird durch das Öffnen der Zimmertür oder eines der Fenster wieder abgebaut", meldete die weibliche Zauberstimme den Vollzug des Befehls. Zu sehen war nichts. Offenbar handelte es sich um einen dauerhaften Klangkerker, der nur durch einen Unterbrechungszauber inaktiv gehalten wurde. Auf der anderen Seite der Tür klapperte es leise.

"Das Schild hängt wohl jetzt an der Tür", meinte Martha Andrews.

"Meinetwegen", knurrte Julius.

"Das war geschickt, diese Hexe abzuwimmeln. Aber ob Professeur Faucon das gerne hört, daß du das mit dem Unterricht verraten hast?" Meinte Martha Andrews.

"Zum einen, Mum, ist diese Donata Archstone die hier mächtigste Ministeriumshexe unterhalb des Ministers, vielleicht sogar mächtiger als er selbst, weil sie die Sicherheitsabteilungen unter sich hat. Da konnte ich schlecht verheimlichen, von wem ich die Occlumentie gelernt habe, weil ich ja im Gegenzug meinen Geist so gut es ging zugemacht habe, damit die nicht alles mitkriegt."

"Wieso, wenn du ihr die volle Wahrheit erzählt hast", meinte seine Mutter.

"Ich habe ihr nur die Sachen erzählt, die sie unmittelbar gefragt hat, Mum. Ich werde hier keine Vermutungen von irgendwem weiterreichen. Sicher haben mir Catherine und Professeur Faucon was erzählt, was sie vermuten. Aber das sind eben ihre Vermutungen und keine genauen Tatsachen."

"Ja, aber genau die wollte diese Hexe aus dir rausholen", erwiderte Martha Andrews erregt. "Jetzt denkt sie, du hättest irgendwas wichtiges zurückgehalten und dich durch deinen von meiner Seite her durch aus berechtigten Gedankenabschirmzauber dagegen gewehrt, daß sie es einfach so aus deinem Geist herausfischt. Ich habe das mit Catherine mal ausprobiert, wie sich das anfühlt. Deshalb habe ich es heute morgen wohl auch erkannt, daß diese Lady Daianira mich abgetastet hat."

"Wie bitte?!" Entfuhr es Julius. "Wie hast du die Frau von heute Morgen genannt?"

"Lady Daianira. Okay, ich weiß, daß es nur wenige echte adelige Damen unter den Hexen gibt. Ich habe die so genannt, weil sie sehr erhaben auf mich wirkte und nachdem, was Ms. Corbeau über sie erzählt hat denke, daß sie sich was auf ihre Leistungen einbilden kann."

"Außer Lady Genevra, die ich bei den Sterlings kennenlernte und ihrer Tochter Alexa höre ich die Bezeichnung Lady sonst nur im Zusammenhang mit mächtigen Hexen, die einen Orden führen, wie eben den von der schweigsamen Schwesternschaft. Dieser Voldemort nennt sich ja auch Lord, obwohl er keiner ist und mit seinem Benehmen auch keiner werden wird. Deshalb ist mir die Frage jetzt so rausgesprudelt."

"Oh, das wußte ich jetzt nicht. Dann hätte ich dieser Hexe ja womöglich unrecht getan."

"Nicht unbedingt, Mum. Falls sie zu den schweigsamen Schwestern gehört und da die gemäßigte Linie oder gar den obersten Vorsitz führt ist die Anrede Lady schon ehrenvoll. Bei denen von der sogenannten Nachtfraktion bedeutet Lady dann einfach "Meine Führerin". Wahrscheinlich bin ich durch die Begegnung mit dieser Hexe, die die Entomanthropen aus der Versenkung geweckt hat etwas paranoid geworden."

"Wem sagst du das, Julius. Ich versteh das doch genau, wie sich das anfühlt, benutzt zu werden. Nun, aber im Moment können wir nicht so weit gehen, dieser Daianira zu unterstellen, der böswilligen Gruppe dieser wohl sonst sehr ehrbaren Hexenschwestern voranzustehen, zumal das doch wohl irgendwem aufgefallen wäre."

"'tschuldigung, Mum, aber da kann ich nur sagen, daß du da keine Ahnung hast, was die alles machen können, ohne daß es auffällt. Ich kriege doch auch nicht alles mit, was so läuft, und wie du mitgekriegt hast war das ganze Ministerium hier total überrumpelt. Wenn Bokanowskis Hydrawandler, der hier den Minister übernommen hat nicht aufgeflogen wäre, wodurch auch immer, dann könnte dieser Bokanowski jetzt mehrere Dutzend Zaubereiministerien kontrollieren. Ich hatte doch die ganzen Behälter in der Hand, wo die eingeschrumpften Originale eingesperrt waren oder werden sollten. Der wollte den russischen Zaubereiminister genauso einsacken wie Belle und ihren Vater. Nur weil der so abgedreht war, den Barden Colonades und mich zu kindnappen hat der Blödmann sich überhaupt so verhoben."

"Alles klar, Julius, du mußt dich mir gegenüber nicht noch extra rechtfertigen. Wir müssen uns allerdings fragen, wie wir nun mit dieser Linda Knowles umgehen sollen. Wenn die wirklich Ohren wie die bionische Frau Jaime Sommers hat kann die uns aus einem Kilometer oder so belauschen. Das ist dann wirklich kein Urlaub mehr, sich überall ausspioniert zu fühlen oder nur in Räumen wie diesem hier zu hocken, wenn wir uns über persönliche Sachen unterhalten möchten."

"Dann bleibt nur, daß wir dieses Frauenzimmer auf eine andere Spur bringen oder uns eben über alle möglichen Belanglosigkeiten unterhalten oder einen Code ausmachen, in dem wir wichtige Sachen weitergeben."

"Das ist genau das was ich sage, das Gefangenenproblem: Wie tausche ich mit einem anderen Informationen aus, wenn wir ständig unter Überwachung stehen?"

"Wenn ich wüßte, ob es einen Zauber gibt, mit dem man die Lauscher in der Umgebung nicht mithören läßt, was wir uns sagen", knurrte Julius. "Der geräuschlose Raum ist zwar supertoll, schluckt aber eben alle Geräusche. Melo kann und darf ich nicht mit dir machen, weil deine nichtmagische Herkunft das natürlich erschwert und vom Gesetz her verboten ist und du mir auch keine Antworten senden kannst."

"In der nichtmagischen Welt gibt es die Kurzmitteilungen über Mobiltelefone. Wäre das nicht auch was für die Zaubererwelt?"

"Hmm, Moment, ich las mal was von einem Fernschreibezauber. Du schreibst an einem Ort was auf, und eine mit dem Schreibgerät verbundene Feder schreibt weit davon weg dasselbe auf ein Stück Pergament oder Papier. Florymont hat auf dieser Grundlage ja auch ein magisches Faxgerät gebaut, allerdings immer zwei aufeinander abgestimmte Geräte. Das mit den Kurzmitteilungen wäre schon genial. Aber ich habe eine bessere Idee, Mum: Wir reden nur noch über Quodpot, Schach, Zauberpflanzen, Zaubertiere, Mode, Gesundheit, Familie und Wetter."

"Natürlich, vor allem wenn wir mit den Cottons oder Brittany zusammen sind", erwiderte seine Mutter. Dann meinte sie:

"Ich denke auch an dich und Millie. Das wäre doch echt fies, wenn euch wer, den es nichts angeht beim Turteln zuhört oder?"

"Vielleicht findet sie es ja anregend, Mum. Sag ihr das besser nicht. Sonst kommt die noch auf die Idee, in Linos Nähe Sex haben zu wollen!"

"Unterstellst du deiner Partnerin derartigen Exhibitionismus?" Fragte Martha verstört.

"Neh, tu ich nicht. Ich wollte nur sagen, daß Millie mit dem Krempel vielleicht besser fertig wird als wir."

"Wie kommst du darauf?" Fragte seine Mutter.

"Sie ist in einer großen Familie aufgewachsen, die nicht gerade unwichtig ist. In Beauxbatons ist es wie in einem Dorf. Von dem was da passiert kannst du nicht viel geheimhalten. Könnte sein, daß Millie mit dieser Lage besser umgehen kann als wir."

"Dein Vater war auch nicht unwichtig. Allerdings, natürlich hat seine Firma auch keinen großen Trubel um ihn veranstaltet, das hat sein Bruder im Grunde alles auf sich gezogen."

"Der liebe Onkel Claude", schnaubte Julius. "Vielleicht sollten wir Millie fragen, wie wir mit dieser Sache am besten klarkommen, falls die gestrenge Ms. Archstone es nicht so hinbiegt, daß Lino absolut nichts von dem in ihre Zeitung bringen darf, was sie von uns mitkriegt. Ich denke da zum Beispiel daran, daß ja keiner mitgekriegt hat, wie sie verschwunden ist und wo sie geblieben ist, woher sie auf einmal zurückkam und so weiter. Könnte mir vorstellen, daß Ms. Archstone genau das jetzt von ihr wissen will. Und die ist erwachsen. Die kann sich nicht hinter Aufsichtspersonen verstecken."

"Du meinst, weil wir nichts anderes machen können sollten wir so tun, als sei alles ganz wie sonst?" Fragte Martha Andrews.

"Ist wohl die einzige Möglichkeit, nicht im Verfolgungswahn hängenzubleiben oder uns was abzubrechen, um einen Geheimcode hinzubiegen. Denn Französisch sprechen bringt bei Lino auch nichts, wenn deren Ohren alle Fremdsprachen für sie verständlich machen."

"Nun gut, Julius. Ich muß zugeben, daß du dich in dieser Welt besser zu bewegen gelernt hast als ich, die ich ja jede Neuerung erst einmal verarbeiten muß. Also was machen wir jetzt?"

"Wir kucken uns den Markt an und vielleicht treffen wir Millie da ja auch noch", sagte Julius."

"Gut, dann zieh ich mich mal um", sagte seine Mutter. Bleibt dieser Klangkerker an, wenn ich die Badezimmertür aufmache?"

"Die Stimme hat gesagt, daß der erst aufgehoben wird, wenn die Zimmertür oder ein Fenster aufgemacht wird."

"Dann gehe ich jetzt mal rüber", sagte Martha Andrews, holte Alltagskleidung von sich aus ihrem Schrank und ging hinüber ins Badezimmer. Julius holte ebenfalls einen anderen Umhang aus dem Schrank, zog sich um und spielte noch ein wenig mit dem Wechselbildfenster. Als seine Mutter ins eigentliche Zimmer zurückkehrte benutzte er auch noch einmal das Bad. Dann verließen sie das Gasthaus.

Unterwegs empfing Julius eine Gedankenbotschaft von Brittany, sie habe Millie getroffen und sei mit ihr zum Quodpot-Stadion unterwegs. Er schickte zurück, daß sie dann auch hinkämen und fragte, was mit Mel und Myrna sei.

"Venus will Mel nicht dahaben, obwohl die den Ravens ja nichts verraten könnte. Deshalb habe ich den beiden nur gesagt, ich wollte euch suchen, weil ihr nicht sofort zu uns rübergekommen seid. Was war denn los?"

"Erst Archstone und dann Lino", schickte Julius zurück, während seine Mutter und er auf den Marktplatz zuschlenderten.

"Hat Lino ihr Interview gekriegt?" Wollte Brittany wissen.

"Nöh, die werte Ms. Archstone hat's ihr verboten", erwiderte Julius.

"Dann kommt mal rüber. Ist ja nicht weit. Die Windriders sind ja noch nicht auf den Besen", kam Brittanys Antwort. Julius sagte seiner Mutter, es ginge zum Stadion. So beeilten sie sich ein wenig, bis sie die hohe ovale Mauer erreichten, die das Quodpotfeld umringte. Sie kamen anstandslos durch die hohe Schwingtür. Ein Zauberer im Pförtnerhäuschen winkte sie einfach durch, ohne Eintrittsgeld oder sowas zu verlangen.

"Juhu, Martha, Julius! Hier oben sind wir!" Rief Mildrid aus der zweithöchsten Zuschauerreihe. Sie saß dort mit Brittany, Ginger, Sharon und Steve. Links von sich hatte sie zwei Plätze freigehalten.

"Dann wollen wir doch mal sehen", meinte Martha Andrews und bestieg die mit himmelblauen Läufern bedeckte Steintreppe zu den Sitzreihen.

"Hi, Julius! Hat diese Wetterhexe Archstone dich nicht einsperren können. Hätte mich auch gewundert", meinte Mildrid.

"Sie hat schon überlegt, ob sie mich in Schutzhaft nehmen müsse", konterte Julius den Scherz seiner Freundin. Brittany, die neben Millie saß fragte:

"Wo ist denn Ms. Corbeau?"

"Der ging es nicht gut. Die hat auf dem Markt auf einmal einen Würganfall gekriegt und einem Fischhändler voll in den Stand gekübelt. Das war ihr natürlich total peinlich. Die muß das jetzt klären, wieviel die ganze versaute Ware kostet. Ich habe sie gefragt, ob sie das regelmäßig habe. Da meinte sie, daß beträfe mich nicht. Aber die ist so rot geworden wie mein Spielerumhang", meinte Millie. "Könnte sein, daß die auch wen neues drin hat."

"Mildrid, bitte nicht so ordinär", meinte Martha Andrews.

"Ordinär heißt gewöhnlich, gewöhnlich heißt für alle verständlich. Nichts für ungut, Martha, aber ich sehe darin nichts abartiges", erwiderte Millie. Offenbar schien Julius' Mutter zu überlegen, ob sie sich in Millie nicht doch getäuscht hatte, was die rechte Wahl für ihren Sohn anging. Doch dieser sagte in diesem Moment:

"Ach das meinte die Ministergattin, ob Jacky es nun wisse, ob oder ob nicht. Offenbar haben die den gleichen Heiler besucht, und Jacky wollte das nicht ausposaunen, daß die auch was Kleines kriegt."

"Nur weil sie dem alten Finn den Fang vom letzten Sommer vollgekübelt hat?" Fragte Brittany amüsiert. "Hätte ich schon längst mal machen sollen, wenn ich bei dem vorbeigehe. Da ist mir auch ohne Baby im Bauch zum würgen."

"Fisch ist ja auch nurAas", feixte Sharon an Brittanys Adresse.

"Das Zeug was der verkauft garantiert. Da kann mir auch keiner was von Jagdbeute oder notwendiger Auslese was erzählen", erwiderte Brittany.

"Na gut, Jacky muß jetzt also eine Lohre Fisch kaufen, den sie nicht haben wollte. Kommt die dann auch rüber?"

"So wie die aussah ist ihr das peinlich, daß ich das mitgekriegt habe", meinte Millie schadenfroh grinsend. Brittany sah es Martha an, daß sie da nicht mehr gerne zuhören wollte. So fragte sie:

"Was war mit Lino, Julius?"

"Die hat die Ohren gespitzt, aber nix gehört, weil wir in einem Klangkerker gesessen haben", sagte Julius, während Martha sich in den weichen Sitz zurücklehnte.

"Wahrscheinlich wird die von der Archstone rundgemacht, wo die eigentlich abgeblieben ist, als Davenport ermordet wurde."

"Das kapiere ich bis heute nicht, wie die aus einem abgesicherten Ministeriumsgebäude rausgekommen ist", meinte Sharon. "Flüche und versuchte Apparierzauber werden sofort gemeldet, auch Verwandlungen werden aufgespürt."

"Überall?" Fragte Julius.

"Höhm, in allen sicherheitsrelevanten Räumen und den Gängen, wo das übliche Publikum durchlaufen kann, also auch den öffentlichen Toilettenräumen", sagte Sharon. Julius nickte. Das wußte er tatsächlich auch.

"Ja, aber die mitarbeiterklos werden nicht überwacht, weiß ich von Mom", sagte Brittany. Ihre Freundin - Sharon, du kennst die ja noch - hat mal erzählt, daß in den Mitarbeitertoilettenräumen keine Spürzauber angebracht sind, wegen der Privatsphäre der Mitarbeiter."

"Dann könnte die aus dem ersten Mitarbeiterklo rausdisappariert sein?" Fragte Julius.

"Disapparieren geht nur in der Lobby oder bei einem Notfall, wenn alle Sperren unterbrochen werden", meinte Sharon.

"Die Klos im Ministerium haben keine Fenster, nur Abluftschächte, die vergittert sind. Die könnte sich rausgenebelt haben."

"Rausgenebelt?" Fragte Martha Andrews. Dann fiel ihr ein, daß sie über Lino nicht an ungeschützten Orten sprechen wollte. Doch Julius grinste sie an und sagte ihr leise:

"Wenn wir wissen, wie die sich abgesetzt hat, können wir die uns vom Leib halten, Mum."

"Stimmt", erwiderte seine Mutter. Dann wollte sie noch einmal wissen, was Julius mit "Rausnebeln" meinte. Millie grinste. Brittany stand aufund baute sich vor Martha Andrews auf, feuchtete ihren linken Zeigefinger an und prüfte die Windrichtung und -stärke. Dann hob sie ihren Zauberstab, vollführte einige schnelle Gesten gegen sich und löste sich zu Marthas erstem Schrecken in weißen Dunst auf, der jedoch nicht verflog, sondern eine etwa zwei Meter hohe Nebelsäule bildete, die knapp über dem Boden schwebte.

"Das meint Ihr Sohn damit", kam Brittanys Stimme wie rückwärts abgespielter Widerhall geisterhaft aus dem nebel. Millie beugte sich an Julius vorbei, blies ihre Backen auf und pustete kräftig in die Nebelsäule, das sie an einer Stelle kräftig eingedellt wurde.

"Eh, was soll denn das, Mildrid", knurrte Britts Nebelformstimme zurück. "Ich wollte keinen eingedellten Bauch haben." Dann stieg sie einige Zentimeter nach oben, geriet dabei in den Wind und drohte sich zu verflüchtigen. Doch sie sank schnell wieder nach unten und verfestigte sich wieder.

"Das kannst du vergessen, Britt. Die Abluftschächte sind besonders auf diesen Zauber abgestimmt", sagte Sharon.

"Ist ja unheimlich, das vorgeführt zu bekommen", sagte Martha. "Lernt ihr das auch in der Schule?" fragte sie noch.

"Am Anfang der siebten, bevor die Mensch-zu-Objekt-Selbstverwandlungen drankommen", sagte Brittany.

"Wenn Lino sich nicht rausgenebelt hat wie ein Vampir aus den Muggelgeschichten, dann bleibt nur der Weg durch die Kanäle", schlußfolgerte Julius. Seine Mutter sah ihn an und fragte mit bleichem Gesicht, ob er sich das vorstellen könne, daß jemand sich in etwas kleines verwandele und dann durch einen Abfluß verschwände, eine Küchenschabe zum Beispiel.

"Das ginge", meinte Sharon. Britt setzte dem jedoch einen drauf und sagte:

"Widerlich wie genial wäre es allerdings, sich durch das Klo abzusetzen, als magischer Wasserschwall. Kann ich Ihnen auch vorführen, Mrs. Andrews."

"Wie bitte?!" Rief Martha. "Also das ist mir doch sehr stark übertrieben."

"Ja, aber dennoch drin, Mum", erwiderte Julius darauf nur. "Die einzige Gefahr war da nur, den Zusammenhalt zu verlieren. Ich habe es bei den Montferres im Fortgeschrittenenkurs gesehen, daß die sich in große Wasserpfützen oder -säulen auflösen können. Dann bräuchte die nur einen verzögerten Auslösezauber auf die Spülung zu legen und Wusch!"

"Julius, komm, das ist doch widersinnig."

"Uä, wer sowas macht hat wohl dann keine andere Wahl", meinte Millie, die sonst so leicht nichts anwiderte.

"Okay, sie ist durch den Kanal raus, in der Abwassersenke. Ewig in der veränderten Form bleiben geht nicht. Also muß sie sich zurückverwandeln", sagte Julius. "Vielleicht kann jemand aus dem Abwasserkanal raus disapparieren. Dann hat die sich irgendwo versteckt, gewartet und sich hallihallo zurückgemeldet, als der Spuk vorbei war. Was stand denn über ihr so überraschendes Auftauchen im Westwind, Britt?"

"Das sie sich ein paar Tage im Grünen versteckt hatte, um das große Beben abzuwarten", sagte Brittany und warf sich wieder neben Mildrid in den Sitz.

"Ist wie bei der magielosen Zauberkunst, Mum. Wer den Trick kennt, langweilt sich."

"Also so richtig kaufe ich euch diese Aktion nicht ab. Ich will mir echt nicht vorstellen, daß sich jemand in Wasser auflösen und selbst in den Abfluß spült, nur um irgendwem zu entwischen."

"Wenn der jemand ziemlich böse ist die beste Lösung", meinte Julius und kicherte, weil ihm jetzt erst klar wurde, was für ein Wortspiel er mit "Beste Lösung" getrieben hatte. Dan fiel ihm etwas ein, was alles erklärte, wieso Lino derartig drastisch in der Versenkung verschwunden war. Er dachte an das, was Bokanowski ihm erzählt und was er selbst gesehen hatte. Diese Parasiten, die wie glibberige Seesterne ausgesehen hatten, mochten sich am Körper eines Opfers festsaugen und es dann kontrollieren. Womöglich gaben sie dabei für Menschen unhörbare Geräusche ab. Die hatte Linda Knowles dann gehört und sich ihren Teil gedacht, als sie den Klon von Davenport interviewt hatte. Laut sagte er: "Na ja, Mum, ob es echt so gelaufen ist wissen wir ja nicht."

"Aber schon heftig, worauf jemand so kommen kann", meinte Mildrid dazu. Dann blickte sie nach oben, wo Sharon Silverbell gerade auf dem Besen übers Feld sauste. Dann tauchte Venus Partridge auf, flog einmal über die Tribüne, winkte den wenigen Zuschauern zu, die sich hier im Stadion verteilt hatten und gesellte sich zu ihrer Kameradin. Dann begann das Training. Alle Spieler, Stammspieler und Reservisten, fegten über das Feld und spielten sich den Übungsquod zu. Immer und immer wieder versuchte Venus Partridge, den blauen Ball im gegnerischen, frei in zwanzig Meter Höhe schwebenden Pot einzuwerfen. einer der Stadionbetreuer machte den Schiedsrichter.

"Also wenn die wirft und danebentrifft kriegt die Gegenmannschaft zehn Punkte dazu?" Fragte Millie.

"Genau", meinte Brittany. "Deshalb wird immer gekuckt, den Quod bis vor den Pot zu bringen und gezielt einzutopfen. Aber das geht eben nicht immer."

"Das Spiel ist auf dauernde Ballführung ausgelegt, Millie", sagte Julius. "Weil ja das spannende an der Sache ist, daß der jederzeit peng machen kann."

"Habe ich schon kapiert, Julius", schnarrte Mildrid. Dann schaffte es Venus Partridge, ihren Gegenspieler auszutanzen und den Quod einzutopfen.

"Wenn die es schaffen, den Quod nicht zu verheizen bekommen wir heute Nachmittag eine große Ehre", meinte Brittany zu Julius und Mildrid. "Dann dürfen wir den vielleicht zum Training benutzen."

"Bei dem rabiaten Spiel weiß ich aber nicht, ob ich dich das spielen lasse, Julius. Quidditch ist ja schon brandgefährlich", sagte Martha Andrews.

"Die ist einfach nicht zu packen", meinte Britt, als Venus Partridge in einer schnellen Zickzackbewegung ihren Gegenspieler verlud und wieder eintopfte. Mit einer dreistimmigen Fanfare wie zuvor wurde der gelungene Punktgewinn untermalt.

"Ich denke mal, daß die Leute von den Ravens die schon gut genug kennen", meinte Julius.

"Echt?" Fragte Brittany verächtlich. "Die holen sich nicht die Tabellenführung zurück, nicht gegen die Windriders. Falls du was anderes glaubst kann ich dich ja mit Mel zusammentun."

"Jamais, Mademoiselle!" Entfuhr es Mildrid. "Ganz bestimmt nicht. abgesehen davon haben wir in Beaux dieses Jahr schon die abgedrehtesten Siege zu sehen gekriegt."

"Ja, aber hier geht's nicht um so'n dusseligen Schnatz, der einem in der ersten Minute schon in den Ärmel reinrutscht", erwiderte Sharon. "Hier wird auf Tempo und Manövrierfähigkeit gesetzt und auf das Glück, einen heißen Quod dem Gegner in die Hände zu werfen, bevor der explodiert."

Pong! Der Quod war gegen den Pot geprallt, weil Venus beim Eintopfen angerempelt wurde.

"Oh, der leuchtet schon", feixte Sharon. "Also, Britt vergiss das mit der großen Ehre, den von Venus gestreichelten Quod in den eigenen Händen zu ... Vergiss was ich sagte!"

Gerade tunkte besagte Venus Partridge den bereits violett glühenden Ball in den Topf ein, aus dem kleine Dampfbläschen stiegen.

"Das ist doch voll getürkt, Britt. Tut mir leid das dir so zu sagen", maulte Sharon. "Die wird doch nicht richtig gefordert, deine Venus."

"So, meinst du?" Schnarrte Brittany. "Die hat die Murmel doch nur einlegen können, weil ihr Vorblockerkamerad den Rückhalter abgelenkt hat, als sie den Rückpraller gebaut hat und ihr Eintopferkollege ihr das violette Bällchen zurückgepasst hat", knurrte sie noch.

"Schon ein ziemlicher Überhang", meinte Millie zu Julius. "Die anderen kommen gar nicht mal richtig ran an den Pot."

"Die sollten die Spieler anders aufteilen, daß von der A-Mannschaft welche in der B-Mannschaft sind. Hast schon recht, das wird dann langweilig, wenn alle Asse auf einer Seite sind."

"Was gibt's da?" Fragte Brittany. Julius straffte sich und fragte sie, ob hier die A- gegen die B-Mannschaft spielte.

"Das wäre ja schwachsinnig, Julius. Dann hättest du die Stammspieler ja alle auf einer Seite und könntest die nicht echt vordern. Neh, die Abwehr von der A-Mannschaft muß die Angreifer von der A-Mannschaft vom Pot fernhalten."

"Was genauso unsinnig ist", meinte Millie unbeeindruckt. "Die Angreifer kennen die Abwehrleute doch und stellen sich drauf ein."

"Ach ja, und wie soll das dann besser gehen?!" Schnaubte Brittany.

"Wenn du aus beiden Mannschaften in allen wichtigen Positionen welche einsetzt", sagte Julius, während Millie sich straffte, um eine Antwort zu geben. Sie nickte dann nur. "Das heißt, du machst eine Mischung aus A und B, sowohl im Angriff wie in der Abwehr oder läßt durchrotieren, also die Spieler auf anderen Positionen auflaufen, den linken nach rechts und einen Vorblocker zu den Vorgebern. Das müssen die doch eh können, wenn welche aus der Mannschaft rausgeknallt werden."

"Das machen die natürlich auch, aber nicht vor so wichtigen Spielen. Da geht's um das Einspielen von Mannschaften, wenn keiner verletzt ist. Könnte ja durchaus passieren, daß die einen ganzen Tag spielen müssen, bis der letzte Quod übrig ist. Im Moment haben wir hier hundert Quods auf Lager. Könnte also lange dauern."

"Also ausprobieren will ich das jedenfalls schon mal", meinte Millie. Brittany sah sie lauernd an und meinte:

"Damit du rauskriegst, daß das Spiel hier nicht getürkt ist, oder?"

"Vielleicht auch das", sagte Mildrid lächelnd.

"Also, ich weiß nicht, ob deine Eltern dir das erlauben würden, Mildrid", meinte Martha Andrews und deutete auf die Rangelei über dem Feld. "Wenn das bei denen zum erlaubten Spiel gehört ..." Sie erstarrte, weil Venus gerade mit großer Wucht in den gegnerischen Rückhalter hineinrasselte, der fast vom Besen kippte.

"Ich habe das mit meinen Eltern schon geklärt. Sie haben mir eine schriftliche Erlaubnis mitgegeben, Martha, daß ich im Rahmen von Übungsspielen bei maximal sieben Spielern pro Mannschaft mitmachen darf", erwiderte Millie.

"Kennt deine Mutter das Spiel?" Fragte Martha.

"Sie hat's schon mal gesehen und auch selbst ausprobiert, bevor Martine unterwegs war", sagte Mildrid ganz gelassen. "Sie sagt nur, daß Quidditch eleganter sei und es da doch eher auf das Spiel mit den Bällen ankäme als auf Körpertreffer."

"Eleganter? Du meinst langweiliger", warf Brittany ein. Sharon nickte ihr beipflichtend zu.

"Erstens hat meine Mutter das gesagt und ich nicht. Zweitens habe ich gerade mit Julius und seiner Mutter gesprochen", erwiderte Millie nun leicht ungehalten.

"Julius, bist du echt sicher, mit der gut dran zu sein?" Mentiloquierte Brittany Julius zu.

"Beim Quidditch allemal", schickte Julius zurück und legte nach: "Außerdem ist es unfair, wo sie dabei ist."

"Über sie zu reden ja", kam es von Brittany zurück. Millie ahnte schon, daß Julius mal wieder schweigend ins Gespräch vertieft war, sah sich um und befand, daß Brittany wohl diejenige war, die stumm mit ihm plauderte. Als die unhörbare Unterredung vorbei war flüsterte sie ihm zu:

"Ging's um mich?" Julius nickte sacht. Warum sollte er Millie beschwindeln, wenn es so offensichtlich war? "Also entweder bringt mir Maman das auch bei oder Oma Line oder Tante Trice. Da kann Fixie sagen was sie will. In Beaux geht das ja eh nicht." Laut meinte sie zu Brittany:

"Hast du ihn gefragt, ob du nicht mit mir tauschen möchtest, Brittany. Dann müßtest du aber Latierre-Kuhmilch trinken, um stark genug für ihn zu werden."

"Wie kommst du denn drauf, ich hätte ihm sowas angeboten, ey?" Erwiderte Brittany verschnupft.

"Weil du es ja sonst auch laut hättest sagen können, wenn es nicht für bestimmte Leute unhörbar bleiben sollte", sagte Mildrid. "Ich habe keine Probleme mit dir. Wenn du keine mit mir haben willst wäre das auch sehr schön."

"Spinn nicht rum", knurrte Brittany. Dann mentiloquierte sie Julius:

"Mußte das jetzt echt sein?"

"Die Frage habe ich mir auch gestellt, als du mich angemelot hast", erwiderte Julius auf unhörbare Weise.

"Mädchen benehmt euch nicht wie rauflustige Gossenkinder!" Fühlte sich Martha berufen, einzuschreiten.

"Das ist schon erledigt, Mrs. Andrews", sagte Brittany vergrätzt. Millie meinte nur:

"Ich habe nur gefragt, ob Ms. Forester was gegen mich hat, daß sie mir das nicht offen sagen kann. Da dem wohl nicht so ist, ist die Sache für mich auch erledigt."

"Oh, kuckt mal, wer da gerade reinkommt, Mädels!" Er deutete auf den Eingang, wo gerade jene Daianira Hemlock hereinkam, gefolgt von Linda Knowles, die so behutsam hinter der älteren Hexe herging, als würde sie bei Berührung ihres Schattens zu Asche verbrennen. Julius fragte sich, ob es so einen Zauber gab, der das ermöglichte.

"Da ist ja Lino", flötete Brittany und pfiff kräftig auf den Fingern. Millie grinste nur und ahmte sie gekonnt nach, daß Julius fast das rechte Ohr vom Kopf fiel und er schmerzerfüllt Luft einsog.

"Also in Beauxbatons lernt man sowas aber wohl nicht", wandte Martha Andrews ein.

"Joh, das lernst du nur im echten Leben", meinte Julius und pfiff seinerseits kräftig auf den Fingern, aber so, daß der Lärm nicht in Millies linkes Ohr allein eindrang.

"Kuck mal, Lady Daianira ist fast über ihr Kleid gefallen", spottete Sharon Cotton, die bedauerte, wohl nicht auch auf den Fingern pfeifen zu können.

"Sharon, mit der sollte sich keiner der bei Verstand ist anlegen", raunte Brittany.

"Ist die so gemein?" Fragte Sharon?"

"Sagen wir es so, sie hat es irgendwie hingekriegt, daß keiner ihr ans Bein pinkelt", erwiderte Brittany. Millie grinste Martha an, die Brittany tadelnd ansah.

"Die wohnt auch im sonnigen Gemüt", sagte Julius. "Sag jetzt bloß nicht, die hat was mit dem Massenmörder aus England zu schaffen."

"Mit dem bestimmt nicht", stieß Brittany aus und mentiloquierte: "Sag das bloß nicht, wenn die dich hören kann. Denk das nicht mal. Verdy hat bei der noch gelernt und sich irgendwann mal gefragt, ob die nicht auch was von dunklen Künsten versteht, weil sie selbst die Zaubertränke aus den finstersten Rezepturen auswendig kennt. Eins weiß ich von Mom aber sicher: Die haßt euren unnennbaren Killer."

"Unseren? Den könnt ihr gerne haben und kompostieren", schickte Julius zurück. Dann wandte er sich leise an Millie, der er kurz zuflüsterte, daß Brittany ihm nur mitgeteilt habe, wie stark die Hexe sei. Millie nickte verhalten.

Linda Knowles entfernte sich von Daianira Hemlock und eilte auf die Tribüne hinauf. Offenbar wollte sie zu Julius. Martha sah sie warnend an. Doch sie lächelte süß wie eine Schokoladenpuppe und erstieg die letzten Stufen zu der Reihe, wo Julius und seine Begleiterinnen saßen.

"Ich konnte es nicht überhören, daß ihr mich begrüßt habt, die Damen und der Herr", flötete sie. "Es ist sehr bedauerlich, daß mir die gute Ms. Archstone verboten hat, dich zu befragen, Julius. Allerdings fürchte ich, daß sie dir damit einen Bärendienst erwiesen hat, sollte sich herausstellen, daß jemand befindet, dich wegen dem, was du weißt aus der Welt zu schaffen und du vorher keine Gelegenheit hattest, denen, die es angeht ausführlich zu berichten."

"Ms. Knowles, das habe ich doch schon längst", erwiderte Julius völlig gelassen. "Also zieht die Nummer nicht bei mir. Erfüllten Tag noch, Ma'am!""

"Wo der junge Mann recht hat, hat er recht, erklang eine energische, wenngleich im Moment sehr getragen betonte Frauenstimme. Es war Daianira Hemlock, die wohl so gut wie geräuschlos hinter Linda appariert war.

"Oh, Ms. Hemlock, möchten Sie doch mit mir über das sprechen, was mein Kolege über die Zeit vor dreißig Jahren geschrieben hat?" Schaltete Linda sofort um.

"Ich sagte Ihnen vorhin, daß ich mich nicht dazu äußern werde, was Ihr Kollege in die Zeitung geschmiert hat. Mir geht es nur darum, daß Sie Ihre unerhörten Lauscher nicht in meine privaten Angelegenheiten reinhängen sollen. Also entfernen Sie sich auf der Stelle!"

"Oh, ich fürchte, Sie dürfen hier kein Hausrecht ausüben, Ma'am", erwiderte Lino locker klingend.

"Das mag sein. Aber daa hinten kommen drei Herren, die es dürfen", erwiderte die Hexe, die Julius von Bewegung und Stimmlage her so alt wie Professeur Faucon einschätzte und deutete auf drei Zauberer, die im Geschwindschritt heraufkamen.

"Jungs, das könnt ihr nicht bringen, mich jetzt vor die Tür zu setzen, wo ich über die letzten Vorbereitungen unserer Windriders vor dem Schicksalsspiel schreiben möchte", sagte Lino immer noch so, als habe sie alles unter Kontrolle. Dabei strahlte sie die drei an wie ein Honigkuchenpferd. Doch die drei zauberer rückten näher, richteten ihre Zauberstäbe auf sie und schwenkten diese zeitgleich. Mit einem leisen Knistern und einem Knall wie freiwilliges Apparieren verschwand Linda Knowles.

"Hat Ms. Knowles Sie behelligt, Madam Hemlock?" Fragte einer der drei.

"Sagen wir es so, ihre ennervierende Aufdringlichkeit fiel mir lästig", erwiderte Daianira Hemlock. Dann sah sie die Andrews', Millie, Brittany und Sharon an. Millie schloß die Augen, Julius wandte seine Geistesabschottung an, Martha wich dem suchenden Blick der grauen Augen gekonnt aus, und Britt und Sharon erstarrten vor Ehrfurcht oder auch eher Furcht.

"Ich habe Sie heute morgen im Frühstückssaal des Gasthauses gesehen und mich gefragt, woher ich den Jungen Mann kenne", sagte Daianira Hemlock ruhig. Sie blickte Julius nun genau an, der so gut es ging alle Gedanken zurückdränggte, um bloß keinen greifbaren Fetzen Erinnerung und Gefühl zu offenbaren. Dann sagte die Hexe: "Dann fiel es mir ein, als mir dieses überneugierige Mädchen nicht mehr nachstellte und stattdessen zu Ihnen heraufkam. Du bist Julius Andrews, der Zauberschüler, der im letzten Sommer wegen Poles unverantwortlicher Politik seinen Vater verlor und beinahe selbst ein grausames Schicksal erfahren hätte. Freut mich, dich einmal aus der Nähe zu sehen. Ich bin Daianira Hemlock, eine ehemalige Lehrerin in Thorntails. Und Sie, gnädige Frau, sind sicherlich seine Mutter."

"Das ist korrekt", erwiderte Martha Andrews kalt. Dann fiel Daianira Hemlocks Blick auf Mildrid, die jedoch immer noch auf der Hut war, ihr nicht in die Augen zu sehen. "Du siehst wie eine Tochter aus dem großen Clan der Latierres aus. Freut mich daß ich eine aus einem der mächtigsten Stämme der alten Welt einmal zu sehen bekomme. Wie heißt du?"

"Mildrid Ursuline Latierre", erwiderte Millie kühl.

"Nun, da wir nun einander vorgestellt sind, wünsche ich Ihnen und euch noch eine schöne Zeit in dieser friedlichen Gemeinde", sagte Daianira Hemlock und ging davon.

"Hui, die geht daher wie eine Königin", meinte Millie. Dann flüsterte sie zu Julius:

"Ich weiß nicht warum, aber die Frau ist gefährlich."

"Das hat Captain Kirk auch über den Supercomputer M5 gesagt", raunte Julius. "Aber wieso hast du der dann gesagt, wer du bist?"

"Weil ich das komische Gefühl hatte, die würde es irgendwie aus mir rausholen. Mein Name an sich kann ja nicht viel anrichten."

"Da bin ich mir zwar nicht so sicher, aber denke im Moment auch eher, daß diese Frau nur die Form wahren wollte, nachdem Lino uns auf die Pelle gerückt ist."

"Was ist denn ein M5-Computer?" Fragte Millie leise zurück. Julius erzählte ihr dann in wenigen Sätzen die Geschichte aus der Zukunft, wo versucht wurde, einem eigenständig denkenden Rechengehirn die Führung eines ganzen Raumschiffes zu überlassen und das in einer Katastrophe zu enden drohte.

"Das wäre, wenn man einem Golem Befehlsgewalt über Menschen gebe", meinte sie nur.

"Sowas in der Richtung", erwiderte Julius. Dann sah er, wie Daianira sich weit genug von ihnen fort in einen Sitz zurücklehnte und Strickzeug hervorkramte.

Um sich von dem kurzen Auftritt Daianira Hemlocks abzulenken verfolgten die Zuschauer wieder die Trainingseinheit, wobei Venus Partridge den Übungsquod wieder im violetten Zustand übernahm. Doch diesmal schaffte sie es nicht, ihn einzutopfen. Sie wurde so massiv abgeblockt, daß sie den Ball ihrem Eintopferkollegen zuspielte, der jedoch sofort umringt und angerempelt wurde, daß er keine andere Möglichkeit fand als den Ball zu den Vorgebern zurückzulegen, die das Angriffsspiel noch einmal aufbauen sollten, während der Quod die Farbe von Dunkelviolett nach hellgrün wechselte.

"Tja, Britt, jetzt geht der gleich doch los", feixte Sharon fies grinsend an Britts Adresse.

"Dann nehmen wir eben den, den sie ganz zum Schluß einwirft. Sind ja noch zwanzig da", knurrte Britt, als Venus den nun immer heller glühenden Quod zugepasst bekam, was ihn noch heißer machte. Britt rief noch, sie solle den durchlaufen lassen, als sie ihn schon in den behandschuhten Händen hielt und Peng! in eine Wolke aus blauen Funken eingehüllt wurde und mit weit ausgebreiteten Armen in eine ungleichmäßige Kurve geworfen wurde.

"Mist, jetzt hat sie sich rausknallen lassen, ich glaub's nicht!" Keifte Brittany. "Mit 'nem Übungsquod!"

"Tja, keiner ist vollkommen", streute Sharon noch eine Ladung Salz in Britts seelische Wunde. Gemäß den Quodpot-Regeln durfte ein Spieler, dem der Quod in den Händen explodiert war, nicht mehr am Spiel teilnehmen, im zweifelsfall die von ihm eingenommene Position nicht von einem anderen ausgefüllt werden. Einer der Vorgeber aus Venus' Mannschaft rückte nun nach vorne. Dadurch wurde zwar seine Position frei, brachte seiner Mannschaft aber den zweiten Eintopfer, der an vorderster Front spielen konnte. Die Übung lief noch eine ganze Stunde weiter, während Sharon immer wieder stichelte, daß Brittany jetzt doch keinen von Venus gespielten Übungsquod mehr anfassen konnte und Millie sich fragte, ob die beiden Thorntails-Mädchen wirklich schon als erwachsene Frauen oder nicht doch jünger als sie selbst gesehen werden wollten. Venus hielt sich zwar unten am Spielfeldrand auf, bereit, bei einem Straftausch nach einem Foul ins Spiel zurückzudürfen, bekam aber nicht die Gelegenheit, weil sich alle gerade so an die ruppigen Regeln hielten. Als dann der zweite Übungsquod verheizt war landeten alle Spieler, klatschten sich gegenseitig ab, auch Venus und eilten dann zu den Umkleiden und Duschen.

"Das war es dann, Britt Baby", flötete Sharon. "Ich freue mich schon auf den Samstag."

"Na klar, du spekulierst drauf, daß die Windriders und Ravens sich total plattmachen und dann deine Bugbears den goldenen Topf kriegen, wie Mels kleine Schwester."

"Aber immer doch", erwiderte Sharon. Dann fragte sie die Andrews' und Millie:

"Können wir zusammen zum Gasthaus zurück? Mom meint, wir hätten auch das Mittagessen im Preis drin."

"Ach, und ich dachte, du kämst mit deinen Geschwistern zu uns rüber. Mom hat extra für deine Mom und euch eine halbe Sau eingekauft und verwurstet", erwiderte Brittany leicht angewidert. "Mein Vater ißt heute bei seinen Eltern. Der wollte mal Urlaub von der zaubererwelt haben."

"Ich kann Mom nicht mit Melo erreichen."

"Dann apparierst du halt auf den Platz, gehst rein und fragst sie!" wandte Brittany ein.

"Ich weiß doch nicht, wo die hin ist", knurrte Sharon.

"Die hängt bestimmt im Zaubergarten rum", meinte Steve. "Sharon, kannst du mich da mal hinapparieren, oder Ginger?"

"Dann komm mal her", sagte Ginger Cotton, griff den Arm ihres zwei Jahre jüngeren Bruders und disapparierte einfach.

"Ich weiß nicht, ob wir vollpension haben. Ich weiß ja nicht, wo Jacky Corbeau hin ist", meinte Julius zu seiner Mutter.

"Hast du dir ihre Stimme denn gut genug eingeprägt, um sie telepathisch zu erreichen?"

"Mal sehen, Mum", sagte Julius, konzentrierte sich, während Britt mit Sharon darum zankte, ob es nun besser sei, zu ihr zu kommen oder in das Gasthaus zu gehen. Er rief sich einige von Jackys gesagten Sätzen ins Bewußtsein zurück, bevor er diszipliniert alle fünf Aufbaustufen des Mentiloquismus abarbeitete und dann "Ms. Corbeau, wo sind Sie bitte?" dachte. Er hörte einen leisen Nachhall. Also hatte er sie erreicht. Noch einmal dachte er sich durch alle vier ersten Stufen und schickte dann mit der Vorstellung, sie frage: "Ms. Corbeau, wo sind Sie bitte?" eine zweite Botschaft in das Raum-Zeit-Gefüge hinaus. Vier Sekunden später kam eine Antwort bei ihm an, leise zwar aber gut verständlich.

"Bin vor dem Gasthaus. Wo seid ihr?"

"Noch im Stadion", schickte er zurück, diesmal sehr sicher, sie laut genug angesprochen zu haben.

"Und jetzt wollt ihr wissen, ob ihr hier mittagessen sollt oder nicht. In eurem Zimmerpreis ist Vollpension drin. Ihr könnt also zum Mittagessen herkommen, müßt es aber nicht zwangsläufig." Julius gab diese Information an seine Begleiterinnen weiter.

"Dann möchten wir im Gasthaus essen, weil Millies Mutter wohl den Preis bezahlt hat", sagte sie. Millie meinte dazu:

"Sie hat mir nicht gesagt, wir müßten immer nur im Gasthaus essen. Aber wenn du meinst, Martha."

"Ja, dann kommt", sagte Martha Andrews.

"Wir können euch mal eben hinapparieren", meinte Brittany. "Ist doch kein Akt."

"Meine Mutter darf nicht so reisen, Brittany", melote Julius.

"Sieht doch keiner", erhielt er von ihr zurück. Er deutete auf die leeren Ränge, bis er Daianira Hemlock und zwei der Sicherheitszauberer sah.

"Außer der und denen da", schickte er an Brittanys Adresse. Sie sah ihn an und sagte laut:

"Gut, dann wünsche ich euch einen guten Appetit. Ich hörte ja, daß ihr in der Goldklasse wohnt. Da werden die euch wohl Wild und edlen Seefisch anbieten."

"Mußt du alleine essen, wenn andere Fleischsachen essen?" Fragte Mildrid vorsichtig.

"Neh, alleine nicht. Ich ärgere mich nur, wenn jemand 'ne Menge Fleisch zubereitet, das dann keiner essen will. Bei mir gibt's heute Braten aus drei verschiedenen Nußsorten in pikanter Kräutertunke, Kartoffelecken an Gemüse der Saison und zum Nachtisch tropischen Obstsalat mit Mangos, Bananen, Ananas, Maracuya und noch anderen Leckereien.

"Klingt nicht uninteressant", meinte Mildrid. Julius nickte.

"Tja, dann hättet ihr jetzt zu uns mit rüberkommen müssen", meinte Brittany. Sie nickte Martha Andrews zu. Diese winkte jedoch ab.

"Ich möchte, so altbacken das klingt, kein bereits bezahltes Geld vergeuden, Ms. Forester", sagte sie. Brittany nickte ihr zustimmend zu. Dann gingen sie zum Gasthaus zum sonnigen Gemüt zurück, wo sie am Eingang lasen:

"Heute abend im hauseigenen Saloon die Schwestern des Schicksals aus Großbritannien, nur ein Auftritt. Eintrittspreis vier Galleonen, Kinder unter zehn zwei Galleonen, Zauberschüler zwei Galleonen und vier sickel. Übernachtungsgäste unseres Hauses zahlen nur eine Galleone.""

Julius pfiff leise durch die Zähne und zeigte seiner Mutter und Millie das Schild.

"Kannst du mal sehen, Monju, daß es schon richtig war, dir zu sagen, daß du noch einen guten Umhang einpacken möchtest", erwiderte seine Freundin grinsend.

"Kennst du die Musiker, die hier auftreten sollen?" Fragte Martha ihren Sohn.

"Jau, Mum. Die waren beim Weihnachtsball da, als in Hogwarts das trimagische Turnier lief. Das war, wo Jeanne mich als Begleiter eingeladen hat, weil ich da ja noch kein Viertklässler war. Die können alles von schmuselangsam bis hammerschnell."

"Populäre Musik oder klassische Tanzmusik?"

"Das darfst du mich nicht fragen, Mum. Wir haben auf deren Musik voll durcheinandergetanzt. Nur die es in Beauxbatons in der Schule hatten und jemand, für den du mal mitgegessen hast haben versucht, klassisch zu tanzen. Allerdings habe ich Barbara, die damals noch ihren Mädchennamen hatte, den Rock'n Roll gezeigt. Der ging nämlich auch auf ein Stück von denen. Spielen können die, und gut klingen tut es auch."

"Dann gehen wir doch da hin, Leute", sagte Millie und warf Julius einen auffordernden Blick zu, dessen Ohren schon vor Aufregung gerötet waren.

"Na ja, ob das für meine Tanzausbildung das richtige ist. Außerdem weiß ich nicht, ob die dafür einen Bekleidungskodex haben", sagte Martha, die wohl versuchte, es sich selbst auszureden, jedoch schon kurz vor der Kapitulation stand.

"Dann sag der süßen Gemüsefee Brittany daß wir heute abend was vorhaben!" Schnurrte Millie. Julius grinste sie an.

"Vielleicht will die ja auch hinkommen", meinte Julius. Da erschien Sharon durch die Tür und winkte ihnen. Als sie sah, wo die beiden hinsahen strahlte sie über ihr dunkelbraunes Gesicht.

"Britt kommt da auch hin, Mildrid und Julius. Ich habe Mom breitgeschlagen, da auch hinzugehen."

"Ui, hoffentlich nicht so breit, daß du noch zwei Zimmer mehr anmieten mußtest", scherzte Julius. Sharon sah ihn zwar erst perplex an, mußte dann aber lachen.

"Nehy, die ist noch so wie sonst. Kommt ihr dann auch hin?"

"Womöglich ist es besser, im Trubel mitzufeiern als von ihm um den Schlaf gebracht zu werden", meinte Martha Andrews. "Wir gehen dahin, wenn ich weiß, ob ich mit meiner Festgarderobe da nicht dumm auffalle."

"Ich kann dir was leihen, Martha. Ich habe genug mitgenommen", sagte Mildrid.

"Danke für das Angebot, aber ich möchte mich nicht künstlich auf zu jung zurechtmachen."

"Festgarderobe, steht da nix besonderes. Festumhänge, Kleider oder eben so Landburschenklamotten wie die von dem Schlapphutträger der uns heute Morgen die Tür aufgehalten hat."

"Der Cowboy?" Fragte Julius spontan und beschrieb den, den er meinte.

"Stimmt, in den Klamotten lief der rum. Aber ich muß zurück. Mom und meine Geschwister sind schon in unserem Bronze- und Silber-Esssaal."

"man sieht sich", grüßte Millie hinterher.

An der Rezeption fragte Martha nach dem Bekleidungskodex:

"Falls Sie es aushalten können Sie auch unbekleidet hinkommen", meinte die Hexe hinter dem Tresen. "Ansonsten dürfen Sie sich festlich ankleiden, wonach Ihnen ist."

"Danke für die Auskunft. Dann drei Eintrittskarten bitte!"

"Soll das auf die Rechnung geschrieben oder gleich bezahlt werden?" Fragte die Empfangshexe.

"Ich bezahle das gleich", sagte Martha und holte einen kleinen Lederbeutel aus ihrer Handtasche, dem sie mehrere Goldstücke entnahm. Sie legte drei Galleonen hin, nachdem sie mit einer Handbewegung von sich auf Julius und Millie gedeutet hatte. Die Hexe hinter dem Tresen nickte bestätigend, warf die Münzen durch einen schmalen Schlitz, wo sie weit unten klimpernd aufschlugen. Dann holte sie drei kleine Pergamentstücke mit silberner Umrandung hervor und gab den Gästen je eins. Danach gingen sie zu den Zimmern. Julius forderte noch einmal den Klangkerker an, für den Fall, daß seine Mutter mit ihm die Erlebnisse im Stadion besprechen wollte.

"Nichts für ungut, Julius, aber ich muß mich mit Millies Temperament und Lockerheit noch sehr gut anfreunden, fürchte ich. Abgesehen davon scheint sie mir zu schnell Entscheidungen über andere hinweg zu treffen."

"Nur wenn sie sicher ist, daß ihr keiner widerspricht, Mum. Sonst würde sie schon fragen. Ich meine, Claire hat es damals als lästig empfunden, wie Millie ist. Aber in gewisser Weise hat sie auch schon gerne vorbestimmt, was sie und ich machen sollten. Und was die Ausdrucksweise angeht hast du selbst heute morgen gesagt, daß sie sich immer der Umgebung anpasst, was mir persönlich sehr gut gefällt. In einer Kolonne von Mädels kommt vornehmes Gerede meistens blöd an und Jungs halten einen dann noch für überheblich. Ich hab's selbst oft genug mitgekriegt, daß ich mit der von euch gelernten Ausdrucksweise anecken kann, siehe Kevin Malone bei meinem letzten Geburtstag."

"Schön und gut, Julius. Ich habe ja auch gesagt, daß ich mich mit Millies Art sehr gut anfreunden müsse. Ich weiß ja, daß sie durchaus kultiviert sein kann, wenn sie will also nicht verdorben ist. Aber vielleicht solltest du bei einer sich bietenden Gelegenheit mit ihr darüber sprechen, ob sie mich als eure erwachsene Begleitperson vollwertig akzeptiert oder mich nur als kleineres Übel ansieht, wenn sie dafür mit dir zusammensein kann."

"Echt, den Eindruck hast du, Mum. Ich denke, Millie nimmt dich schon ganz für voll. Sogesehen ist sie dir ja zu Dank verpflichtet, daß du mich zur Welt gebracht hast."

"Sagst du das jetzt oder hat sie entsprechendes geäußert?"

"Ich dachte, daß hätte sie dir schon so mitgeteilt", wunderte sich Julius.

"Womöglich kommt das noch und ich muß die nötige Geduld aufbringen", sagte seine Mutter leicht verlegen. "Immerhin haben mich ihre Eltern, ihre Schwester und die anderen aus der Familie ja nie als blöde Muggelfrau hingestellt, und Ursuline muß ich ja heute noch danken, daß sie mir geholfen hat, diese vermaledeite Platzangst losgeworden zu sein."

"Ich weiß auch nicht, ob du mit Martine besser klargekommen wärest", sagte Julius. Er hatte seiner Mutter ja erzählt, wie das mit der Brücke der vereinenden Leichtigkeit abgelaufen war. Sie nickte und sagte:

"Mir ging und geht es darum, daß du so wenig Sorgen wie möglich im Leben hast. Was ich dir abnehmen kann, ohne dich bevormunden zu müssen, werde ich nehmen. Den großen Rest mußt du selbständig bewältigen."

"Danke, Mum!" Sagte Julius. Dann gingen sie in den Speisesaal, wo bereits die Gäste vom Morgen schon saßen. Bei dem Cowboy saß nun noch eine zerbrechlich wirkende Hexe, die Martha Andrews' Alter haben mochte, auch etwas älter sein konnte. Sie trug ebenfalls Rock und Bluse wie Martha Andrews und Mildrid.

"Die Dame im Pelz heißt übrigens Phoebe Gildfork", flüsterte Millie Julius zu, als er die in dichten Fellen speisende Hexe wiedersah. "Brittany kennt die echt schon. Hat sich erst drüber ausgelassen, wie überdreht die ist aber sich nicht wundert, daß die hier auch wohnt. Die ist die Mutter vom Kapitän der Ravens."

Jacky Corbeau, die leicht geknickt neben ihnen saß, sah wo Julius und Millie hinsahen und sagte so leise es ging:

"Das ist der Geldbeutel der Ravens, Julius. Wenn die Ravens ein Auswärtsspiel haben spendiert sie der Mannschaft die Unterkunft und das Essen. Ihr Mann ist leitender Angestellter bei den Bronco-Werken."

"Wie geht es Ihnen eigentlich, Jacky?" Fragte Julius vorsichtig.

"Möchte ich nicht hier im Speisesaal besprechen, egal wie leise es ist", erwiderte Jacqueline Corbeau.

"Akzeptiert", sagte Julius. Vielleicht war Jacky wirklich schwanger, vielleicht aber auch nur sehr erschöpft oder gestresst.

"Wir haben zwei Übungsstunden frei, bevor die Ravens hier noch einmal vorturnen wollen", melote Brittany. "Könnt ihr zwischen drei und fünf?"

"Wenn Millie auch darf können wir", schickte Julius zurück. Dann informierte er Mildrid, die ihren Besen holte und auf Vordermann brachte. Sie fragten Julius' Mutter, was sie in der Zeit machen wollte. Sie beschloß, mit Jacky und Marilyn Cotton einen gemütlichen Bummel durch das Dorf zu machen und sich so weit wie möglich vom Stadion entfernt zu halten. So flogen Julius und Millie zusammen mit Sharon und Steve hinüber zum Stadion. Ginger hatte eine alte Schulfreundin getroffen und wollte mit ihr den Nachmittag verbringen, zumal sie sich eh nichts aus Quodpot machte und nur wegen ihrer Mutter und den Geschwistern dafür mitgekommen war.

Am Stadion bekamen alle die Schutzkleidung und Handschuhe aus der abgeworfenen Haut eines Wüstenwollwurms, die sich sofort den Körperformen der Träger anpasste. Die Handschuhe ermöglichten es den Fingern, ihr gewohntes Tastempfinden beizubehalten, nur daß sie sich nicht an einem heißer werdenden Übungsquod verbrennen konnten.

"Du bist auch Jägerin in Beauxbatons, Mildrid?" Fragte Brittany. Millie nickte heftig. "Okay, Melanie und Myrna, ihr kommt zu mir rüber, Sharon wollte euch beide in der Mannschaft haben, Mildrid und Julius", teilte Brittany die Mannschaften ein. Steve sollte später eingewechselt werden, wo, daß war jetzt noch nicht abgemacht.

Nach einigen Übungsflügen über das Feld begann das Training mit dem blauen Übungsquod. Anders als Julius es im vergangenen Sommer erlebt hatte gingen Brittany, Mel und Myrna gleich mit aller erlaubten Härte in die Partie. Sie rempelten Millie an, die auf ihrem neuen Besen, einem Ganymed 10 wie der von Julius, wendig und schnell war und den Bronco-Besen vom Typ Centennial gut davonziehen konnte. Brittany spielte Rückhalterin vor dem frei in der Luft schwebenden Pot auf ihrer Seite, Melanie war Blockerin und Vorblockerin in einem, Myrna sollte eintopfen. Auf der Anderen Seite hütete Sharon den Pot, während Julius erst auf der vereinten Blocker-Vorblocker-Position spielte und Millie die Angreifer-Position besetzte. So kam es vor, daß Millie von den Redlief-Schwestern häufig doppelt abgeblockt wurde und Julius vorrückte, um sie zu entlasten und bei der Gelegenheit Brittany im Potraum zu ärgern, in dem er so tat, als werfe er aus der Ferne. Millie war hart im Nehmen, erkannte Julius, als Myrna sie von oben her aus der Flugbahn drückte. Sie rollte sich unter ihr weg, prellte sie gleichstark aus der Bahn und preschte vor, verlud Mel, die fast mit ihrer Schwester zusammenstieß und griff den Pot direkt an. Doch an Brittany scheiterte sie kläglich, weil diese sich wie eine brütende Henne über den Pot schwang und Millie mit einer rabiat scheinenden Prellbewegung zu einer unfreiwilligen Pirouette trieb und Millie beide Hände an den Besenstiel bringen mußte, um nicht abgeworfen zu werden. Dadurch bekam Britt den Quod und warf ihn so weit ins Feld hinein, daß Myrna in Richtung Sharon und Julius weiterfliegen konnte und dabei den blauen Ball annahm. Sie zielte, wechselte den Quod von einem Arm zum anderen, während sie näher an den Pot kam. Sharon wollte dieselbe Zuhaltetaktik wie ihre Klassenkameradin benutzen und sich über den Pot hocken. Julius warf sich mit seinem Besen gegen Myrna, konnte sie einmal abdrängen. Doch der Quod blieb bei ihr. Sie rangelte mit ihm, verkeilte beide Besenstiele einmal, bis Melanie, die sich an Millie vorbeigeworfen hatte aufrückte und ihrer Schwester half und Julius blockierte. Als Millie herankam war Myrna mit dem Quod schon wieder zu Sharon unterwegs, täuschte einen Wurf an, der Sharon glauben machte, sie würde jetzt blind werfen und verfehlen, was ihrer Mannschaft zehn Fehlwurfpunkte bringen würde. So gab sie den Pot frei. Platsch! Der Ball versank im magisch immer gleichkalt bleibendem Eiswasser, was eine traurige Erfolgsfanfare hervorrief. Denn Sharon war auf der Gastgeberseite des Spielfeldes.

"Zwanzig Sekunden Unterbrechung!" Rief der Stadionbetreuer, der am Morgen noch die Übungseinheit der Windrider-Spieler geleitet hatte.

"Die hat mich doch glatt verladen", schnaubte Sharon. "Millie, du mußt mehr Bums einbringen, um die Glucke vom Nest zu schubsen. Aufspießen kannst du sie nicht. Der Anzug federt Frontalstöße mit dem Besen ab. Also schmeiß sie aus der Bahn, wenn sie unbedingt als Deckel auf dem Pot kleben will."

"kann ich auf Julius' Position?" Fragte Millie Sharon.

"Wieso, fühlst du dich da vorne nicht wohl?" Wollte Sharon wissen. Millie näherte sich ihr auf Flüsterweite und wisperte ihr etwas ins Ohr. Sharon guckte erst verdutzt, dachte nach und nickte dann. Sie winkte Julius zu sich. Millie grinste.

"Okay, deine Freundin hat mir was von einer schnellen Doppelachsenwende erzählt, wobei du ohne zu bremsen auf Punkt die Richtung ändern kannst. Du gehst nach vorne!"

"Sieht ihr ähnlich", erwiderte Julius im Flüsterton. Dann rief der Stadionbetreuer:

"In fünf Sekunden geht's weiter!"

"In zehn Sekunden holen wir uns den nächsten Punkt!" Rief Brittany.

"wir kriegen die ersten elf!" Rief Sharon zurück. Dann war die Unterbrechung vorbei. Beide Pots hingen wieder über dem Feld, der Quod war heruntergekühlt und konnte nun wieder benutzt werden. Julius übernahm nun Vorgeber und Eintopfer und wurde sofort von Myrna heftig angerempelt, daß er alle Sterne der Galaxis zu sehen meinte. Doch der Ganymed blieb stabil auf Höhe, und als er wieder bei Sinnen war sah er, wie Millie Myrna den Quod auf gleiche Weise wieder abjagte, zu Julius abwarf und sich zu Sharon zurückzog. Mel preschte vor, wollte Julius schräg von der Seite anrempeln, damit er den Quod fallen lassen mußte. Doch Julius klemmte sich den Ball fest unter den linken Arm und vollführte aus einer in vielen Übungen verinnerlichten folge antrainierter Reflexbewegungen eine schnelle Drehung um zwei Achsen gleichzeitig, wobei er im rechten Winkel zur Flugbahn nach links ausbrach, so daß Mel ins Leere hineinstieß und trotz des überlegenen Besens eine halbe Sekunde brauchte, um auf Julius' Flugbahn einzuschwenken.

"Mel, lass dir das nicht gefallen!" Rief Brittany vom Pot her. Doch da war Julius schon bei ihr. Sie spannte sich an und bot sich für einen Zusammenstoß an. Doch Julius doppelachserte nach rechts weg, was Britt dazu brachte, vorzustoßen, wodurch der Pot nun von Julius aus schräg links unten frei anvisierbar war. Er zirkelte, bevor Brittany den Rückwärtsgang richtig eingelegt hatte hinter ihr herum und ließ den Quod aus knapp zwei Metern höhe ins eiskalte Abkühlwasser fallen. Diesmal erscholl die triumphale Dreiklangfanfare

"Zwanzig Sekunden Unterbrechung!" Rief der Stadionbetreuer, bevor er nicht mehr an sich halten konnte und loslachte. Der Pot sauste wie auf einer unsichtbaren Plattform senkrecht nach unten, blieb jedoch knapp über dem orange glühenden Kreis, aus dem er zu Beginn des Spiels emporgestiegen war.

"Ich sollte vielleicht nach vorne gehen", knurrte Brittany. "Rückhalter ist ja so nicht meine Stammposition. Aber Mel und Myrna sind für das Spiel nicht so fit wie Sharon und ich."

"Bis zum nächsten Pot", grüßte Julius und kehrte im Flug zu seinen Kameradinnen zurück. Millie umarmte ihn, als er wie sie für ein paar Sekunden vom Besen stieg.

"Du wirst nicht dran vorbeikommen, den mir auch beizubringen", schnurrte sie ihm ins rechte Ohr.

"Erst wenn unsere Saalkönigin den Pokal im Büro stehen hat", schnurrte Julius zurück.

"Du meinst, wenn der Pokal eh schon bei Fixie im Büro steht, Monju."

"Wer hat dir dieses Manöver beigebracht?" Staunte Sharon und pflückte Julius aus Millies Armen, um ihn selbst innig zu umklammern.

"Eine Hexe namens Aurora Dawn aus Australien, die selbst mal in Hogwarts für ihre Hausmannschaft gespielt hat", sagte Julius.

"Moment, die Aurora Dawn, die den kleinen Hexengarten geschrieben hat?" Fragte Sharon erstaunt. Julius nickte. "Ja, ich hörte mal, daß sie eine gute Quidditchspielerin war und in Hogwarts wohl auch durchgedrückt hat, daß die Schüler ab der zweiten Klasse ihre eigenen Besen benutzen dürfen." Julius nickte erneut.

"Hey, Shary, hast du dir so gedacht, daß du auf deinem Pot einschlafen kannst, wie?!" Rief Brittany über das ganze Feld hinweg. Sharon lachte und rief zurück:

"Ja, Britt, ist ganz gemütlich!"

"Das Wasser ist zu kalt, Sharon. Deshalb werden wir es bei dir wieder ordentlich anheizen!" Antwortete Brittany.

"Och, dir ist es zu kalt?! Klar, wenn du wie 'ne Mutterhenne auf dem Pot hockst! Aber keine Angst, dir wird nicht zu kalt!" Erwiderte Sharon. Dann trieb sie Julius und Millie an, die Besen zu besteigen, saß auf ihrem eigenen Bronco Centennial auf und flog zum Pot hinauf, der noch auf seiner festen, unverrückbaren Position schwebte, gehalten durch eine magische Kraftsäule, die nur auf ihn einwirkte, andere feste Körper jedoch nicht beeinflußte. Sie rief Brittany noch zu: "Mein Pot bleibt jetzt hier oben, bis die Partie rum ist!"

"Den versenken wir gleich!" Rief Brittany zurück. Dann zählte der Schiedsrichter die letzten Sekunden bis zum nächsten Durchgang herunter, warf den wieder abgekühlten Übungsquod weit nach oben und blieb auf Ballhöhe, wobei er jedoch darauf achtete, nicht in wild manövrierende Spieler hineinzurasseln. Die von Julius nun ungehemmt benutzte Dawn'sche Doppelachsentechnik trieb ihm jedoch den Schweiß aus allen poren, weil er innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden mußte, wohin er genau abbiegen mußte. Als Mel und Myrna ihn von vorne in die Zange nehmen wollten, schaffte er ohne groß abzubremsen eine 180-Grad-Wende und lotste die beiden Schwestern eine kurze Strecke hinter sich her, bis Millie ihm half, das Kräfteverhältnis auszugleichen. Da die Centennials nicht so überragend waren wie die Millennium-Besen erkannten Millie und Julius, daß sie die beiden Redlief-Schwestern nach belieben in gewünschte Flugbahnen umleiten und sich absetzen konnten. So foppten die beiden Beauxbatons-Schüler die beiden aus Thorntails und hielten den blauen Ball eine geraume weile in der Mitte des Spielfeldes. Brittany und Sharon rückten gefährlich weit von ihren Pots nach vorne, weil die vier Feldspieler keine Anstalten mehr zu machen schienen, in einen der gegnerischen Poträume vorzustoßen. Sicher, Mel versuchte Myrna einmal den Quod so zuzuspielen, daß sie locker an Sharon vorbeisausen und eintopfen könnte, wäre Julius nicht mit der Doppelachsentechnik erst nach oben und dann wie ein herabstoßender Greifvogel vor Myrna in ihre Flugbahn gestürzt. Sie bremste erschrocken und bot sich damit für Millie an, die nun auf ihrer Höhe war und sie in eine schnelle Pirouette schubste, wobei Julius den Quod ergattern und wieder zum gegnerischen Potraum vorstoßen konnte. Er sah nun, daß der Übungsquod violett glühte, was hieß, daß er eigentlich rotglühend war, das helle Blau dies jedoch verfremdete. Er fühlte das sachte Kribbeln in den behandschuhten Fingern. Der Quod wurde heißer.

"Die Murmel muß rein!" Rief Sharon zu Julius. Brittany rief ihm entgegen:

"Ja, auf der anderen Seite!"

Mel war hinter ihm, wollte ihm den Ball abnehmen. Doch er tanzte sie konventionell aus, legte einen Rossellini-Raketenaufstieg bis knapp an die erlaubte Maximalhöhe von fünfzig Metern zurück, flog immer weitere Spiralen, weil Melanie ihm immer noch nachsetzte und Myrna, die nun ihrerseits versuchte, sich den Quod zu holen. Millie zog sich auf Sharons Höhe zurück, die an der Grenze des Potraums hin und her flog wie ein Vogel in einem großen Käfig.

"Julius, leg's nicht drauf an!" Rief Mel. "Geh nicht drauf aus, daß du hier einen von uns rausknallen kannst! Dann bist du nämlich selber raus."

"Gute Idee das, Mel!" Rief Julius zurück und warf den Quod ungestüm nach oben, sprang ihm entgegen und fing ihn mit einer Hand auf, boxte ihn hoch. legte die freie Hand an den Besen und fing den Quod mit der anderen Hand so heftig auf, daß er davonsprang, gegen Mels durch die magische Kapuze geschützten Kopf prallte und dann auf seiner Besenspitze abtropfte. Er stieß nach, während Myrna versuchte, ihn anzurempeln, um ihm den nun grün glimmenden Ball wegzunehmen. Tatsächlich bekam sie den nun gut aufgeheizten Ball zu fassen und wirbelte herum, daß Julius sich reflexartig ducken mußte, um den wie mit mehreren Peitschenschnüren knallenden Besenschweif nicht ins Gesicht zu kriegen und preschte zum gegnerischen Potraum los, genau in Millie rein, die den Ball mit einem Anprall an Myrnas Schulter zurückeroberte und mit einem hammerharten Boxhieb ins Feld zurückdrosch, bloß um ihn nicht länger als nötig zu halten. Mel verlegte dem Ball die Bahn, erwischte ihn und suchte Myrna, die jedoch gerade von Julius erreicht wurde. Sie beschloß, aufs Geratewohl zu werfen, weil Sharon gerade nicht in Potnähe war. Diese erkannte fast zu spät, daß der Ball zielgenau einschlagen würde, sprang auf ihrem Bronco Millennium gerade noch vor dem Pot in die Flugbahn, stoppte den punktgenauen Zielanflug mit beiden Händen und faustete die daraufhin hellblau glühende Kugel so heftig ins Feld zurück, daß sie fast bei Brittany ankam, die mit geballten Fäusten in Stellung war, um die nun doch bedenklich heiße Murmel aus dem Potraum zu bugsieren und vielleicht einen der Gegenspieler damit aus dem Spiel zu befördern, wenn der Ball unrettbar erhitzt explodieren sollte. Julius stieß vor, während Myrna und Melanie sich in zwei verschiedene Richtungen absetzten, um bloß nicht noch mit der Kugel in Berührung zu kommen. Der Ball war ihnen wortwörtlich zu heiß.

"Ich hatte dich gewarnt!" Rief Mel Julius nach, der mit der kurz vor dem Zerplatzen glühenden Kugel auf Brittany zuhielt, über sie hinwegsprang und das erhitzte Spielgerät dann aus fünf Metern Höhe so hinabfallen ließ, daß es den Pot treffen mußte. Brittany setzte zurück, warf sich über den Pot.

"Britt, lass den rein!" Rief Melanie. Doch da fing Brittany den Ball auf. Peng! In einem grellblauen Funkenregen detonierte der Übungsquod. Die Druckwelle warf Brittanys Arme zur Seite und prellte sie aus dem Potraum. Sie vollführte eine langsame Drehung um die Hochachse, während ein blechbläsernes Quak-Quak-Quak erscholl, das wie schadenfrohes Lachen klang.

"Britt, verdammt!" Schrie Melanie wütend. Brittany schien von der Falle, die Julius ihr gestellt hatte noch zu geschockt zu sein. Sie trudelte mit ihrem sonst so schnellen Besen weiter abwärts, bis sie begriff, daß für sie das Spiel vorbei war. Da sie drei gegen drei gespielt hatten war sie ordentlich aus dem Spiel raus, rausgeknallt, wie es im Quodpot-Jargon hieß.

"Steve, du kommst zu uns, wenn der neue Quod im Spiel ist!" Rief Melanie zur Zuschauertribüne herüber. Jetzt erst sah Julius, daß dort außer Steve Cotton noch andere Leute saßen, nämlich vier Spieler der Ravens, ihre spendable, bepelzte Gönnerin zusammen mit einem Zauberer, der in einem bunten Seidenumhang neben ihr hockte, sowie Venus Partridge und die dunkelhaarige Sharon Silverbell, die beide amüsiert kicherten.

"Eine Minute bis zum nächsten Quod!" Rief der Schiedsrichter, bevor er wieder laut lachen mußte und landete.

"Das ist das erste Mal im Leben, daß mich jemand rausgeknallt hat", knurrte Brittany verärgert. Julius blickte sie mit einem Kleiner-braver-Junge-Gesicht an, jedoch darauf gefaßt, daß sie ihm gleich eine runterhauen könnte. Millie lachte laut, als sie neben ihm landete.

"Gut, daß du den noch wegeworfen hast, Julius", sagte Sharon. "Ich dachte schon, dich knallt es raus."

"Dachte ich zuerst auch", meinte Julius. "Deshalb wollte ich den Ball schon fast so wegwerfen, damit er weit genug weg peng macht."

"Das geht aber auch noch mit Übungsquods", knurrte Brittany und sah Melanie strafend an, die verdutzt zurückblickte und fragte, was sie denn dafür könne.

"Du und Myrna hättet nicht wegfliegen dürfen, als die Murmel weißblau wurde. Ihr hättet ihn blocken sollen, damit er den Quod entweder abwirft oder selbst rausgeknallt wird", erwiderte Brittany zornig. Mel wollte sich zurückziehen. Doch Brittany rief ihr zu, daß sie nun in den Potraum gehen sollte. Sie nickte. Dann ging die aus dem Spiel geworfene Thorntails-Schülerin zu Julius hinüber, der sich anspannte. Doch als sie ihre Arme öffnete und ihn sacht umfing, entspannte er sich wieder. Sie küßte ihn auf jede Wange und hauchte ihm zu:

"Du bist ein schlauer Schlawiner, Julius Andrews. Aber du hast sehr viel riskiert. Mit 'nem richtigen Quod hättest du dich selbst rausgeknallt. Wolltest wohl kucken, wie lange der sich noch führen läßt, wie?"

"Ich wollte den eintopfen, weil ich mir dachte, daß du den ganz bestimmt nicht mehr anfaßt", erwiderte Julius. "Dann hätten wir elf statt nur zehn Punkte gekriegt."

"Glaubst du daß Mel den Pot besser bewacht?" fragte Millie Brittany.

"Das werdet ihr erleben", sagte diese. Dann ließ sie Julius los. Millie begutachtete ihren Besen. Das Reisigwerk war ein wenig zerzaust. Das konnte die Manövrierfähigkeit beeinträchtigen.

Foggerty, der Eintopfer der Ravens, eilte herab, zusammen mit seiner baldigen Gegenspielerin Venus Partridge. Foggerty beglückwünschte Julius zu diesem gelungenen Manöver. Venus nahm ihn in die Arme und gab ihm ebenfalls zwei Wangenküsse. Dann hauchte sie:

"Das habe ich vor fünf Jahren einmal geschafft, einen Rückhalter so rauszuknallen, aber ganz unbeabsichtigt. Danach haben wir die Partie mit fünfhundert Punkten Vorsprung gewonnen. Gratuliere!"

Noch dreißig Sekunden bis zum nächsten Quod!" Verkündete der Schiedsrichter.

Als der neue Ball im Spiel war zeigte sich, daß Steve im Quodpot wohl meistens nur zugesehen hatte. Denn Millie kontrollierte ihn mühelos, während Julius die beiden Redlief-Schwestern immer wieder mit der Dawn'schen Doppelachse verlud. Mel, die nicht wie Brittany über dem Pot blieb, konnte es nur ein von vier Malen verhindern, daß Julius eintopfte, sobald er Myrna abgeschüttelt hatte, während Millie mit Steve Fangen spielte. So blieb der Quod nach dem Einwurf meistens auf der Seite, wo Mel und ihre Schwester spielten. Steve fluchte einmal wie ein Londoner Taxifahrer, dem die Vorfahrt genommen wurde. Als Julius dann zum zehnten Mal den Ball im Eiswasser auf Mels Seite des spielfeldes versenkte hieb er wütend nach Mildrids Gesicht. Da der Pot noch nicht versunken war, galt der Durchgang noch nicht als beendet, und die von Steve begangene Regelwidrigkeit brachte Mels Mannschaft einen Zehn-Punkte-Abzug und Steve den Platzverweis ein.

"In dreißig Sekunden geht's weiter!" Rief der Schiedsrichter, nachdem er Steve mit einer entschlossenen Handbewegung vom Feld geschickt hatte. Da auf Sharons Seite keiner herausgeknallt worden war, blieb es bei der Mannschaftsaufstellung.

"Schön gespielt, Julius. Ich möchte jetzt mal nach vorne, bevor ich echt über dem Pot einschlafe", sagte Sharon und knuddelte Julius kurz.

Wenn die nun alleine weiterspielenden Redlief-Schwestern geglaubt hatten, durch die Umstellung hätten sie gleiche Chancen, irrten sie sich. Denn Millie, die zwischen Julius und Sharon die Vorblocker-Position besetzte, war eine höchst bewegliche Zwischenstation für präzise Weitwürfe. Wenn Myrna, die es allein mit Sharon aufnehmen mußte, durch hartes Wenden und sprinten den Quod mal bekam und lospreschte, war bei Millie der Vorstoß schon zu ende. Entweder passte die dann auf Julius, der dann auf sie oder die blitzartig zurückgekehrte Sharon abspielte oder bediente Sharon von sich aus, die dann nach ein zwei Wedelbewegungen in die verschiedensten Richtungen des Raums Melanie ausmanövrierte und den Quod sicher eintopfte.

"Das ist unfair, daß Sharon den Millie hat!" Protestierte Myrna einmal, als der Punkteabstand zu Sharons Mannschaft die 500 knackte.

"Den Millie?" Fragte Millie überrascht. Julius rief ihr zu, daß damit der Besen gemeint sei, den Sharon und Brittany hätten, was alle zum lachen brachte. Doch Mel meinte:

"Wir kriegen ja keinen, weil wir ja nicht in der Mannschaft sind, Myrna. Das hat Dad uns doch klar erzählt."

"Ihr seid eben nur Cheerleader", feixte Sharon.

"Wie war das, Schoko-Sharon?" Stießen die Redliefs wütend aus.

"Was stimmt stimmt", beharrte Sharon auf ihrer Meinung.

Venus Partridge sprach mit dem Schiedsrichter. Dieser schüttelte erst den Kopf, sah sie dann bedauernd an, schüttelte wieder den Kopf, blickte sich suchend um, als suche er jemanden, der ihm helfen könne und straffte sich dann. Dann nickte er verhalten. Venus nickte zurück und ging lächelnd zum Spielfeldrand, wo Brittany darauf hoffte, doch noch einmal ins Spiel zurückkehren zu können, falls Millie oder Sharon sich zu einem Foul hinreißen ließen.

Sie sprach mit der Siebtklässlerin und aussichtsreichen zukünftigen Mannschaftskameradin, die sie erst erstaunt anblickte. Julius konnte nicht hören, was da besprochen wurde. Auch rief der Schiedsrichter nun zum nächsten Durchgang auf. Sharon bblieb auf der Eintopferposition. Julius schwirrte eher um warm zu bleiben als aus spieltechnischen Gründen im Potraum herum, dabei aber genau auf das Geschehen im Mittelfeld achtend. Als Millie einen Weitwurf riskierte und Mel, die meinte, der Ball ginge eh daneben, den Pot freigab, spritzte Wasser aus dem bauchigen Kessel heraus, und der blaue Ball war versunken.

"War nicht ganz ungefährlich!" Rief Julius. "Ein halbes Grad mehr Neigungswinkel, und der Ball wäre drunter durchgesaust."

"Ein schnöder Punkt!" Rief Myrna über das Feld.

"Dreißig Sekunden bis zum nächsten Durchgang!" Rief der Schiedsrichter. Julius hatte inzwischen genug Erfahrungen im Übungsquodpot, daß er die Unterbrechungslänge mit der Länge des vorangegangenen Durchgangs in Beziehung setzen konnte. Er fragte sich, ob die Unterbrechung mehr als zwei Minuten gedauert hätte, wenn Britt den heißen Quod nicht abgefangen und sich damit aus der Partie gefeuert hätte. Er landete und sah Brittany und Venus von den Umkleideräumen herüberkommen. Britt trug nun ihre gewohnte Alltagskleidung, während Venus den gelben Wollwurmkapuzenumhang und die passenden Handschuhe trug. Sie lächelte in die Runde und übernahm Brittanys Besen.

"Ms. Partridge hat sich bereiterklärt, Ms. Melanie und Ms. Myrna Redlief zu unterstützen", sagte der Schiedsrichter.

"Soll ich wieder nach vorne?" Fragte Julius Sharon, die leicht verstimmt dreinschaute.

"Die wird ihre Stammposition spielen, wenn Mel die nicht zum Rückhalter macht", sagte sie. "Mit dem Doppelachser kannst du deren Millie besser auskontern als ich. Du hast ja heute morgen gesehen, wie sie angreift. Du bleibst hinten und hältst uns den Pot leer."

"Die hat das Spiel doch besser drauf als ich", entgegnete Julius. "Gut, dann holen Mel und Myrna eben den Vorsprung wieder auf."

"Mit der Einstellung spielst du doch nicht ehrlich oder?" Wunderte sich Sharon. Millie trat zu Julius, zog ihn an sich und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuß, der zehn Sekunden dauerte. Es war, als hauche sie ihm neues Leben ein, wie ein Rettungsschwimmer einem zu ertrinken drohenden Menschen. Er genoß diese leidenschaftliche warme, süße Nähe und sog begierig ihren Duft in die Nase, während seine und Millies Lippen aneinander festgeschweißt schienen. Als sie ihm dann mit einem kurzen Knuddeln bedeutete, daß es genug sei und sie sich behutsam voneinander lösten, hauchte sie ihm zu:

"Du machst das. Die soll sich nichts drauf einbilden, daß die in der Profi-Liga spielt und du nicht tiefstapeln. Ich weiß von Tine und Caro, daß du das früher sehr gerne gemacht hast. Also viel Glück, monju!"

Brittany, die diese Demonstration inniger Verbundenheit mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck beobachtet hatte, trat vom Spielfeldrand zurück, während Sharon Millie erst verdutzt und dann mit einem warmen Lächeln ansah.

Als der Quod abgekühlt aus dem Pot geholt worden war zeigte sich, daß Venus erst einmal sehen wollte, wie sie manövrieren mußte, um den Ganymed 10 von Julius auszuspielen. Milie und Sharon blockierten jedoch die freie Wurfbahn zwischen den Redliefs und der Profi-Spilerin, die Julius auf Aurora Dawns Alter schätzte. Die beiden Mädchen wußten, daß sie den Stern der Windriders nur in Schach halten konnten, wenn sie diesem den Quod nicht zufallen ließen. Doch einmal überzog Sharon ihren Besen, als Mel nach links herumschwenkte, so daß diese freie Bahn zu Myrna bekam, die sich unter Millie durchduckte, den Quod warf und Venus Partridge ihn mit der linken Hand annahm. Diese rief dann Julius zu:

"Dann tanzen wir mal, Julius!"

Sie griff an, und Julius versuchte, sie abzudrängen, sie daran zu hindern, einzutopfen, ihr den Quod mit regelgerechtem Körpereinsatz abzujagen. Doch wie er befürchtet hatte hielt die Profi-Spielerin den Ball sicher, wechselte auch ständig den Arm. Er verdankte es eher seinen Karate- und Quidditchreflexen, daß er ein schnelles Eintopfen mehr als zehn Sekunden lang vereitelte. Doch dann landete die blaue Murmel im kalten Wasser und knabberte elf Punkte vom Vorsprung der bisher so überlegenen Mannschaft ab. Julius fühlte sich wie in einem Backofen, so heftig hatte ihn dieser Durchgang aufgeheizt. Als sie zur Unterbrechung landeten kam Sharon zu ihm und sagte:

"Du hast die zehn Sekunden lang gehabt. Millie wäre fast da gewesen. Wenn du die beim nächsten Durchgang mehr aus dem Potraum drücken kannst ist die kein Problem mehr."

"Hui, das Mädel ist heiß und schnell wie ein Feuerball", keuchte Julius. "Dabei hat sie wohl noch nicht alles gebracht was sie drauf hat."

"Kann sein, deshalb werden wir die jetzt erst richtig wachmachen. Aber deine Kondition ist schon toll. Schwermachertraining, nicht wahr."

"Genau", schnaufte Julius. Dann bekam er wieder genug Luft und kühlte etwas herunter.

"Noch zehn Sekunden bis zum nächsten Durchgang!" Rief der Schiedsrichter.

Der folgende Spielabschnitt war jedoch nach nur zehn Sekunden schon wieder vorbei, weil Mel Venus direkt bediente und diese in einem schnellen Manöver links von Julius den Potraum erreichte. Er warf sich zwar mit der Doppelachse nach Links und erkannte erst als es hinter ihm platschte, daß die blonde Profi-Spielerin ihn voll verladen hatte. Denn sie hatte absichtlich einen Wurf von schräg Links aus angetäuscht, in dem Sekundenbruchteil, wo Julius in die Flugbahn hineinsprang den Wurfarm gewechselt und aus einer federnden Oberkörperneigung heraus den Ball eingetopft.

"Oha, ich fürchte, ich muß über dem Pot hocken wie Britt, bevor die nahe genug für einen direkten Angriff ist", meinte Julius zu Sharon und Millie.

"Ich habe mir den Trick angesehen. Deine Doppelachse war gut, nur eine Winzigkeit zu früh. Weil dann hätte sie werfen müssen, um den Ball gezielt unterzubringen", sagte Millie. "So kann ich die drei Ringe von eurer Monica putzen, wenn wir klarmachen, wem der Beauxbatons-Quidditchpokal gehört", meinte sie dann noch überlegen, wobei sie Französisch sprach. Das brachte Julius auf eine Idee. Er sah Sharon an und meinte:

"Hey, am besten rufen wir uns unsere Spielzüge auf Französisch zu, sofern mir die Walküre Zeit läßt, das Spiel am Laufen zu halten."

"Geniale Idee. Das können Mel, Myrna und Venus nicht", meinte Millie grinsend.

"Venus kann schon französisch", meinte Sharon. "Ihre Mutter kommt aus Quibec, Kanada."

"Dann machen wir das so, daß jede Richtungsangabe in echt die im Uhrzeigersinn nächste ist, also oben heißt rechts, rechts bedeutet unten und so weiter. Vorne ist dann einfach hinten", meinte Julius.

"Könnt ihr spanisch?" Fragte Sharon. Millie nickte verhalten, während Julius den Kopf schüttelte.

"Mein Spanisch ist unterste Touristenklasse", sagte er noch. Mildrid meinte, daß sie froh sei, sich beim Einkaufen nicht zu vertun. Dann strich sie ihm über die Wange und hauchte ihm zu, daß er sich schon sehr gut gehalten habe und beim nächsten Durchgang den Pot nicht vollbekäme.

Als der folgende Durchgang wieder so kurz wie der vorangegangene zu werden drohte pflanzte sich Julius wirklich über dem Pot auf, so daß Venus keinen Wurf anbringen konnte, ohne danebenzutreffen, was für sie wohl sehr peinlich wäre. So rückte die blonde Spielerin zwar vor, als sie den Quod hatte, wurde aber von Julius erwartet, der sich mit beiden Händen hinter sich am Besenstiel vorwarf und fühlte, wie sich ihr Besenstiel zwischen seinem rechten Bein und seinem Besen schob, bis sie beide sich auf beiden Besen gegenübersaßen. Venus sah perplex zu Julius, der auf den Quod hieb, um ihn ihr abzujagen. Der Ball rutschte unter Venus' Arm hindurch und trudelte ins Spielfeld zurück, wo Millie ihn erwischte und ihn mit beiden Armen umklammert hielt, während sie in einem schnellen Sturzflug unter Myrna hindurchtauchte.

"Sieht aber jetzt reichlich verboten aus", meinte Venus nun grinsend. "Nachher fallen wir beide von den Besen. heb dein rechtes Bein an, damit ich wieder freikomme!" Verlangte sie. Julius gehorchte, und Venus Partridge zog in einer Rückwärtsbewegung den Besenstiel frei. Dann warf sie sich herum und jagte fast bis zum hinteren Punkt ihrer zugeteilten Spielfeldzone. Doch Sharon topfte gerade den Ball ein.

"Also, man soll nicht sagen, daß Übungseinheiten nicht lustig werden könnten!" Rief der Schiedsrichter. "Das war ja schon eine richtige Besenhochzeit."

"Unter dem Begriff stell ich mir dann doch was anderes vor", knurrte Julius. Sharon und Millie hieben ihm jungenhaft auf die schultern, bevor sie ihn beide zugleich umarmten.

"Das wird morgen in der Zeitung stehen, daß ein nicht mehr so ganz blutiger Anfänger die berühmte Venus Partridge aufgegabelt hat", lachte Sharon. Millie setzte dem einen drauf und sagte:

"Wenn du deinen Besen losgelassen hättest hätte die dich auf dem Besen gehabt. Die kann froh sein, daß du an deinem Ganni hängst. Sonst müßte ich die noch zum Duell fordern."

"Ihr seid also echt zusammen", erkannte Sharon nun etwas verhalten. "Ich dachte mit vierzehn dürften Hexen noch keine Jungs auf den Besen heben."

"Davon hat ja auch keiner was gesagt", erwiderte Mildrid überlegen lächelnd. Das verblüffte Sharon. Doch sie sagte nichts dazu.

Es folgten drei Durchgänge, bei denen die vorderen Spiler aus Sharons Mannschaft den Quod früh genug bekamen, um ihn nicht zu Venus Partridge durchzulassen, auch wenn diese versuchte, den Ball zu ergattern, was ihr zeigte, daß Millie wirklich hart im nehmen war und Sharon ihren Besen gerade noch rechtzeitig aus der zugeteilten Zone von Venus herausrettete, wo sie nur noch gegen Myrna antreten und Mel ausmanövrieren mußte. Dann kam eine Serie schneller Eintopfer, einem Durchgang, der mit einem Fehlwurf für Sharon endete und einem Weitwurferfolg für Millie. Danach brachte Julius seine professionelle Gegenspielerin durch seine Doppelachsentechnik dazu, einen Antäuscher in einen ungelenken Wurf umzuwandeln, der knapp über den Pot hinwegzischte.

"Mich zu einem Fehlwurf verleiten!" Rief Venus. "Ist mir zuletzt vor drei Jahren passiert."

So ging es hin und her, und die Spieler badeten bald im eigenen Schweiß, sofern sie nicht über eine überragende Kondition verfügten wie Venus, Millie und Julius. Es endete damit, daß Venus nicht mehr ins Spiel kam, weil Millie Myrna immer den Quod wegschnappte und auf Sharon abwarf, die bereits an der Potraumgrenze lauerte und auf keinen Widerstand mehr traf und eintopfte. Julius und Venus flogen einander gegenüber, schienen sich immer mehr zu langweilen. Als der einhundertste Durchgang vorbei war, liefen Mel und Myrna auf wackeligen Beinen zum Schiedsrichter, zogen ihre Handschuhe aus und warfen sie vor ihm hin. Er nickte und machte eine beide entlassende Handbewegung.

"Die jungen Damen Melanie und Myrna Redlief haben durch Abstreifen der Handschuhe ihren Ausschluß aus der laufenden Partie erbeten. Gemäß der Regel für erschöpfte Spieler und der Endstandbestimmungsregel, dernach bei Ausscheiden des Rückhalters und aller Blocker die Partie beendet ist, erkläre ich hiermit die Übungspartie für beendet."

"Herzlichen Glückwunsch!" Gratulierte Venus erst der Kapitänin Sharon Cotton, bevor sie Millie umarmte, die den Glückwunsch lächelnd entgegennahm und umarmte dann Julius als erste, bevor zwei weitere Armpaare ihn umschlangen, so daß er glaubte, von einem warmblütigen Kraken umklammert zu werden. als männlicher Kern einer Traube aus drei Hexen fühlte er sich nun wieder in einem heißer werdenden Backofen. Mel und Myrna trollten sich derweil total abgekämpft vom Platz. Brittany kam nun auch herüber und vergrößerte die Hexentraube auf vier. Julius, der mit dem Gesicht in Mildrids Oberkörper gedrückt wurde ließ sich das solange gefallen, bis er nicht mehr richtig atmen konnte. Mildrid merkte das zwar, machte aber keine Anstalten, lockerzulassen. Sie drehte ihren Körper ein wenig, das Julius es schaffte, sein Kinn auf ihre Schulter zu legen und hing wie festgebacken im Zentrum der vier Hexen.

"Mädels, wenn uns so jemand sieht kriege ich Ärger mit 'ner Menge Anstandshexen", scherzte er, als Mildrid ihre Wange an seine schmiegte und Venus ihre feste Oberweite auf seine linke Schulter legte, während Brittany versuchte, ihm einen Wangenkuß zu geben und Sharon ihn einfach nur knuddelte.

"Mit wem denn?" Fragte Millie herausfordernd. "Königin Blanche kann das eh nicht ab, wenn dich nur ein Mädchen lieb umarmt, wenn die nicht in ihrem Saal wohnt, die dicke Delamontagne soll sich um ihre eigenen Sachen scheren, deine Mutter ist heftigeres gewöhnt und Catherine trägt genug für sich selbst, als daß sie sich künstlich aufregen möchte", hauchte sie ihm noch in ihrer Muttersprache zu.

"Deine Mutter könnte Probleme machen", schnurrte Julius, als Venus Partridge endlich von ihm abließ.

"Die würde dir zur Strafe Fütter- und Wickeldienst bei Miriam aufhalsen, wenn du was anstellst, was sie nicht haben kann", erwiderte Mildrid.

"Hast du was an dir, daß die drei an dir kleben?" Fragte Steve Cotton und sah seine Schwester an.

"Ich weiß auch nicht", meinte Julius. "Muß an den Umhängen liegen. Könnten aus der selben Haut sein, und die pappt jetzt zusammen und ... mmmpf!" Millie hatte ihm ihr Gesicht zugewandt und wieder leidenschaftlichen Lippenkontakt mit ihm hergestellt. Das brachte Brittany und Sharon dazu, von ihm abzulassen und sich zurückzuziehen. Millie grinste ihn an und hob ihn locker vom Boden. Er fühlte, wie es in ihm kribbelte, etwas ansprang, daß auf bestimmte Reize gewartet hatte, sich zu melden. Millie ließ von Julius ab und tätschelte ihm Kopf und Rücken, während er ihr sacht durch das Haar fuhr, das nach dem Absetzen der Kapuze wild zerzaust und schweißnaß war. Verspielt ordnete er ihre Haare, daß sie einigermaßen gekämmt über ihren Oberkörper herabhingen.

"Schön hast du das gemacht, Monju", hauchte Millie, deren Lippen von dem langen Kuß feucht und gerötet waren. "Jetzt hat es auch die letzte süße Biene hier kapiert, wo du hingehörst, Monju."

"Hui, ist mir heiß", konnte Julius nur sagen. "Aber ich fühle mich nicht so kaputt wie ich gedacht habe."

"Omas Geschenk, Monju. Außerdem hast du wie ich den Schwermacher benutzt. Glorias Cousinchen sind dafür platt wie Knuts."

"Ob die heute zum Tanzen kommen?"

"Nur wenn die vorher was richtiges essen. Vielleicht kommen sie eh nicht."

"Ich stell mich erst einmal unter einen Wasserfall", sagte Julius.

"Das mache ich auch, Monju", erwiderte Millie. Dann ließ auch sie von Julius ab, der zu den Umkleiden mit Duschgelegenheit hinübergehen wollte. Doch Foggerty vertrat ihm den Weg und hieb ihm mit beiden nervigen Pranken auf die Schultern.

"Danke, daß du mir ein paar tolle Tricks gezeigt hast. Aber diese Punktwende kriege ich bis übermorgen nicht hin. Wir üben gleich noch. Willst du mir die zeigen?"

"Nix gib'ts", schnarrte Venus und zog Julius an sich, als wolle sie ihn wie ein kleines Kind vor bösen Leuten schützen. "Wenn der hier wem was beibringt, dann nur einem oder einer von uns, Foggerty. Geh du lieber zu deinen Mogelfreunden zurück und besinn dich auf anständiges Spielen."

"Am Samstag seid ihr fällig, Venus. Die Flügel der Ravens sind wieder ganz, nachdem Conners sie gestutzt hat. Den goldenen Pot küsse ich am Jahresende."

"Mach dich ab und putz deinen Besen, damit du zumindest beim Training glänzt!" Fauchte Venus. Foggerty sah zur Tribüne Hoch. Julius tat es ihm gleich und erbleichte, weil er neben denen, die da vorher schon gesessen hatten noch Lino und die haselnußhaarige Hexe Hemlock erkannte. Lino hatte sogar einen Bilderknecht mit, der gerade abdrückte, als Julius ihm goldrichtig ins Objektiv blickte.

"Ich geh besser da rauf und klopf ihm den Film aus dem Umhang", knurrte Julius. Venus, die ihn immer noch an sich gezogen hielt meinte:

"Würde ich an deiner Stelle nicht tun, weil Lino dann erst recht über dich herzieht. Lieber ein paar anständige Fotos und eine schnöde Klatschgeschichte."

"Ich bin doch kein Superstar oder Politiker", knurrte Julius. "Ich habe doch ein Recht am eigenen Bild."

"Wie gesagt, lass die ihren Kakao aufschütten und sage denen, die sich davon angeniest fühlen, daß du es ihr eh nicht hast ausreden können, ohne irgendwelchen zusätzlichen Staub aufzuwirbeln. Ich kenne die. Lass ihr was zu fressen liegen, damit sie dich nicht anknabbert!"

"Ich weiß nicht. Meine Mutter könnte das sehr ärgerlich finden, wenn die ... Lassen wir das!"

"Soll ich mit der reden, Julius, um zu sehen, ob es was bringt?" Fragte Venus Partridge auf Linda Knowles deutend.

"Weiß nicht, ist die Wahrscheinlichkeit dafür groß genug?" Fragte Julius zurück.

"Fünfzig zu fünfzig vielleicht, wenn du sie nicht vorher schon geärgert hast. Dann weniger."

"Dann lassen wir's, die hat sich wegen mir heute schon eine Abfuhr gefangen", seufzte Julius. Er bat Venus, ihn wieder loszulassen, als die nächste rote Qualmwolke aus der Kamera des Pressefotografen quoll.

"Ms. Knowles, wenn Sie jetzt genug haben, kann ich Ihnen gerne noch etwas zum kommenden Spiel sagen", sagte Venus mit normaler Lautstärke der Tribüne zugewand. Lino nickte bestätigend. Da konnte Julius endlich abziehen.

Als er geduscht und umgekleidet zurückkehrte sah er nur noch die Hexe im Pelz, Steve Cotton und die Raven-Spieler, die sich für die Trainingseinheit fertigmachten.

"Alle, die nicht geladen wurden raus hier", knurrte ein bulliger Zauberer, der wohl als Spionageabwehrbeauftragter fungierte. Julius suchte die Mädchen und Frauen, die mit ihm hiergewesen waren.

"Deine rotblonde Flamme ist mit meiner Schwester und Britt noch in den Umkleiden. Wir müssen jetzt hier raus, bevor der Bullemann uns da unterm Arm klemmt und rausschmeißt", sagte Steve zu Julius."

"Hat der denn hier Hausrecht?" Fragte Julius.

"Solange die Ravens üben haben deren Sicherheitszauberer hier Hausrecht", erwiderte Steve. Dann marschierte er los, dem Ausgang zu. Draußen standen Lino und Venus Partridge, die der Reporterhexe ein Stehgreifinterview über ihre Hoffnungen zum Spiel von Übermorgen gab. Dann sah Linda ihn an und lächelte ihr wohl als Waffe einzustufendes, zuckersüßes Lächeln. Ihre zu ihrem Arsenal gehörenden Kulleraugen waren auch wieder im Einsatz.

"Ah, Julius. Wirst du heute abend auch deinen Landsleuten zuhören?" Fragte sie mit einer niedlichen Kleinmädchenbetonung.

"Wenn Sie dahinkommen werden Sie sehen, ob ja oder nein", äffte Julius ihren Tonfall nach. Sie zuckte mit keiner Wimper. Ihr zuckersüßes Lächeln wurde vielmehr zu einem breiten Grinsen. Dann sagte er noch: "Da ich minderjährig bin, und somit meines Wissens nach vor öffentlicher Zurschaustellung geschützt bin versteht es sich von selbst, daß Ihr Fotograf nur die Aufnahmen von mir verwendet, die keinen Anstoß erregen können. Ich hoffe, ich habe Sie richtig eingeschätzt, daß Sie sich nicht auf das Niveau einer billigen Sensationsreporterin herablassen. Vielen Dank!"

"Die junge Mademoiselle, Mildrid Latierre, ist deine feste Freundin?" Fragte Lino ungerührt. "Andernfalls könnte es sein, daß ihre Familie Anstoß nehmen könnte, weil sie dich so innig geküßt hat."

"Ihre Mutter hat ihr erlaubt, mich zu küssen und von mir geküßt zu werden, Ms. Knowles. Ansonsten kein weiterer Kommentar."

"Nun, schön. Dann sehen wir uns womöglich demnächst noch ein oder zweimal", entgegnete Linda Knowles. Der Fotograf knipste noch ein Gruppenbild mit ihr, Venus und Julius, bevor dieser seinen Besen bestieg und einige Hundert Meter weiterflog. Dort melote er Britt, daß er wegen Lino schon einmal etwas vom Stadion weggeflogen sei.

"Wir sind fertig, Julius. Wo bist du genau?"

"Ungefähr zweihundert Meter südsüdöstlich. Ich sehe gerade auf den Uhrenturm.Genau rechts von mir steht ein Haus wie ein Pfannkuchen, flach und rund. Könnte auch ein UFO sein wegen des silbernen Daches."

"Ach wo Peggy wohnt. Dann geh mal bis zu dem grasgrünen Zaun, wo der rote Elefant auf der Wiese steht. Ich komme mit deiner Süßen dann auch hin!"

"Geht klar", mentiloquierte Julius zurück und suchte den bezeichneten Ort auf. Als er gerade ankam ploppte es, und Britt erschien mit der an ihrem linken Arm hängenden Millie aus dem Nichts heraus.

"Melo ist klasse", sagte Millie nur, als sie sich wieder trafen. "Was war wegen dieser Lino. Hat die uns beim Liebhaben abgeschossen?"

"Ja, genau, zwischen die Augen", erwiderte Julius.

"Sei froh, daß in Beaux im Moment keine aus den Staaten rumläuft. Könnte nur passieren, daß deine frühere Hogwarts-Kameradin Post von ihren Cousinen kriegt, wenn wir morgen die erste Seite füllen sollten. Maman wird das wohl schön finden, daß wir uns auch anderswo verstehen, besonders wenn 'ne Menge netter Hexen um dich herumlaufen."

"Könnte nur passieren, daß Professeur Faucon von einer amerikanischen Kollegin Post kriegt und ihre Empörung darüber bekundet", unkte Julius.

"Meiner Mutter ist das trollpopelegal und die anderen kümmern sich nur um uns aus Thorny", meinte Britt. "Aber wenn ich das von Mel richtig gehört habe hast du Prinzipalin Wright getroffen. Hmm, die könnte anfragen, ob das mit den strengen Sitten in Beauxbatons nur ein Gerücht sei", meinte Brittany.

Auf den Besen flogen sie nun zum Haus der Foresters, wo sie von der Tierwesenexpertin mit Kaffee und Kuchen bewirtet wurden und über die Partie sprachen. Professor Forester beruhigte Julius, daß Lino schon gewisse Anstandsgrenzen einhielt, als Brittany ihr erzählte, was nach dem Spiel gewesen sei. Die Redliefs waren immer noch geschafft von der Partie. Dennoch sagten sie am Schluß des Nachmittags, daß sie am Abend ebenfalls zum Tanzkonzert der schicksalsschwestern kommen würden.

Als Julius und Millie sich von brittany verabschiedeten und auf ihren Besen nebeneinander über Viento del Sol flogen, gönnten sie es sich, Hand in Hand zu fliegen.

"Du hast den blauen Festumhang eingepackt, Monju?" Fragte sie ihn.

"Ja, habe ich", antwortete er lächelnd.

"Gut, dann ziehst du den nachher an, nicht wahr?"

"Wenn du lieb Bitte bitte sagst werde ich das wohl tun", erwiderte er.

"Als wenn ich nicht heute schon ganz lieb zu dir gewesen wäre, Monju", schnurrte sie und drückte seine Hand fester. Er grinste sie lausbübisch an. Sie schenkte ihm ein sehr warmes Lächeln dafür.

Kurz bevor sie landeten ließen sie einander los. Als sie dann mit geschulterten Besen in das Haus eintraten fragte Julius, ob seine Mutter schon zurücksei.

"Ihre Mutter ist noch nicht wieder zurück, Mr. Andrews", sagte die Hexe am Empfang.

"Hat sie den Zimmerschlüssel hiergelassen?" Fragte Julius.

"Nein, den hat sie mitgenommen, junger Sir."

"Mist, dann komm ich nicht in unser Zimmer. Oder kann ich einen Ersatzschlüssel haben?"

"Der Ersatzschlüssel ist nur für das Dienstpersonal, um im Notfall öffnen zu können, junger Sir, Bedauere. Sie können sich ja im Saloon aufhalten, bis Ihre Mutter wieder zurückkehrt", schlug die Hexe vor. Julius nickte. Millie ging mit ihm Richtung Treppenhaus. Dann fragte sie in ihrer Muttersprache:

"Was willst du allein in dem Saloon, wo da vielleicht noch keiner ist, Monnju? Ich habe meinen Zimmerschlüssel mit. Wir können ja noch etwas für uns sein und Musik hören."

"Warum nicht", erwiderte Julius, den die Vorstellung allein und unbeaufsichtigt mit Mildrid zusammenzusein und eine Tür unaufhexbar hinter sich zuschließen zu können einen anregenden Schauer über den Rücken laufen ließ. Millie schien ähnlich zu empfinden, ja eine günstige Gelegenheit zu wittern. Denn sie blickte ihm vielsagend in die Augen, so daß er glaubte, in ihren rehbraunen Augen wie in zwei warmen Tropenseen zu baden. So gingen sie durch das Treppenhaus hinauf, betraten leise und ohne ein Wort zu sprechen den Flur. Millie schloß die Zimmertür mit ihrem Schlüssel auf, öffnete die Tür und winkte Julius hindurch. Dann schloß sie von innen ab, ließ den Schlüssel stecken und befahl: "Klangkerker aufbauen! Schild weglassen! Privatsphäre an! Langsame Musik mit gedämpfter Lautstärke abspielen!" Sie wählte dann noch ihre Lieblingsstücke aus, verlangte eine Zufallswidergabe und stellte das Wechselbildfenster auf Strandansicht ein.

"Warum hast du das Schild weggelassen, Mamille?" Fragte Julius, als leise Streicherklänge in den Raum einschwebten.

"Damit jeder Troll von draußen mitkriegt, daß wir für uns sind, auch wenn's keiner hört?" Fragte Millie. Julius begriff die Logik dahinter. Was nützte ein Klangkerker, wenn ein Schild "Bitte nicht stören" verriet, daß zwei junge Liebenden hinter der Tür zusammensaßen? Sie holte ihren Besen heraus und begann ihn zu ordnen, wobei sie Julius mit einem begehrenden Blick ansah, daß dieser meinte, jeder Handgriff, jedes sachte streichen über den Besen berühre seinen Körper. Er nahm seinen Besen und bedauerte, daß er sein Besenpflegeset zu Hause gelassen hatte. Doch Millie nickte ihm zu, nahm ihm ganz sachte den Besen aus den Händen, legte ihn auf ihren Schoß und ließ ihm die Pflege angedeien, die er dem Aussehen nach benötigte. Als sie dann beide Besen sorgfältig von den Spuren der letzten Beanspruchung befreit und beide mit sanften, fließenden Bewegungen mit Hochglanzpolitur gewienert hatte und sie sachte übereinander an der Wand gegenüber dem Bett hinlegte meinte Julius, einen großen Schluck Glühwein direkt in die Blutbahn gespritzt zu bekommen. Nie hätte er es für möglich gehalten, daß eine simple Besenpflege ihn derartig anregen konnte. Hätte ihm das einer erzählt, dann hätte er ihn entweder ausgelacht oder als Spinner bezeichnet. Aber es durchpulste ihn so anregend, daß er meinte, auf einem schwankenden Schiff im heißen Tropenwind dahinzusegeln, und die leise gegen den illusionären Sandstrand anbrandenden Wellen fügten sich sehr schön in diesen wohligen Zustand ein.

"Schade, daß man das Meeresrauschen nicht hört", sagte Julius so leise, daß Mildrid es fast nicht hörte. Sie lächelte ihn an und befahl: "Musik beenden! Dem Wechselbildfenster entsprechende Geräusche bitte!"

"Sofort wurde die Musik wie im Radio ausgeblendet und sanft das rhythmische Rauschen einer sanften Brandung eingespielt, beziehungsweise in den Raum gezaubert. Eine Möwe schrie wie in weiter Ferne.

"Das hat unser Zimmerkomfortzauber nicht erzählt", staunte Julius.

"Ihr habt wohl nicht gefragt", säuselte Mildrid und kam wie schwebend zu ihm herüber und ließ sich sachte neben ihn auf das breite Bett sinken.

"Haben die hier Anstandszauber drin?" Fragte Julius etwas besorgt, die schöne Stimmung könnte durch etwas wie einen Jungfrauenalarm zerstört werden. Dabei mußte er grinsen, wenn er sich vorstellte, daß dieser Alarm ja schon deshalb nicht mehr funktionieren würde, weil die Grundvoraussetzung schon längst verschwunden war.

"Raphaelle sagte nichts davon, als ich sie gestern abend noch befragte. Die war nämlich auch schon hier, konnte sich mit Michel ein Goldklassezimmer leisten. Das war vor neunzehn Jahren, Julius. Die haben hier euer Halloween gefeiert und ihren Honigmond wiederholt, weil der so schön gewesen war." Julius empfand einen noch stärkeren Schauer der Begierde, wenn er sich vorstellte, daß in einem Zimmer wie diesem Raphaelle Montferre mit ihrem Mann Sabine und Sandra auf den Weg ins Leben gebracht hatte. Millie hatte wohl genau auf diese Wirkung abgezielt, denn sie kuschelte sich ganz eng an ihn. Es dauerte nicht lange, da begannen sie, einander die bereits erforschten Regionen ihrer Körper wiederzuentdecken und mit dem bereits vorhandenen Wissen bessere Erkenntnisse zu gewinnen. Nach dieser höchst glückselig verlaufenden, abenteuerlichen Forschungsreise zu zweit lagen sie nebeneinander, fanden einen gemeinsamen Atemrhythmus und hielten einander warm. Julius hatte kein schlechtes Gewissen. Millie sowieso nicht. Seine Mutter war nicht dagewesen, also mußte er sich die Zeit irgendwie vertreiben.

"Hast du was von dem blauen Zeug mit. Ich meine, ist ziemlich früh das zu fragen", wandte sich Julius an die junge Hexe, mit der er bereits mehr geteilt hatte als nur einen zärtlichen Blick.

"Lang mal nach rechts unters Bett. Da ist meine kleine Begleiterin für die selbstbewußte Hexe!" Hol das geriffelte Fläschchen raus!" Säuselte sie. Julius bekam das bezeichnete Gefäß zu fassen, holte es hervor und benutzte es nach Millies leisen Anweisungen, um ihr und sich eine zu frühe Neuordnung des Lebens zu ersparen. Er sah auf seine Uhr und stellte fest, daß es eine halbe Minute vor halb acht war. Er erschrak, weil er sich dachte, daß seine Mutter vielleicht schon wieder da war und ihn suchte.

"Ach, hast du angst, ich hätte keine Zeit mehr, mich fertig zu machen?" Fragte Millie.

"Könnte nur sein, daß meine Mutter mich sucht."

"Dann hätte sie schon angeklopft, Monju. Vielleicht ahnt sie ja, daß wir beide nicht blöd rumsitzen wollten", erwiderte Mildrid und lächelte.

"Ich kann ja nicht ins Zimmer rüber, wenn sie noch nicht da ist."

"Dann gehe ich jetzt ins Bad und mach mich fertig für den Abend. Ich beende gleich die Privatsphäre, dann kannst du versuchen, martha zu erreichen. Wenn sie im Zimmer ist sagst du ihr, du wärest mit mir zusammengewesen und hättes dir mit mir die tollen Landschaftsbilder angesehen. Wäre ja noch nicht einmal gelogen."

"Wie du meinst, Mamille", erwiderte Julius. Als er wieder öffentlichkeitstauglich war befahl Mildrid, die Privatsphäre zu beenden, was hieß, daß ab jetzt alle Kontaktanfragen wieder durchgelassen wurden und der Aufenthaltsort von ihnen angesagt werden durfte. Er fragte, wo sich Martha Andrews aufhalte.

"Mrs. Martha Andrews aus Paris, Frankreich, ist vor zehn Minuten eingetroffen. Zurzeit hält sie sich jedoch nicht in den Räumlichkeiten der Komfortklasse Gold bis Drachenhorn auf."

"Mamille, Mum ist wohl im Saloon und wundert sich, wo wir sind!" Rief Julius.

"Dann melo Sharon an, die soll ihnen sagen, du wärest bei mir und ich würde dich gleich rüberschicken", erwiderte Mildrid, die wohl gerade vor dem Badezimmerspiegel stand. Julius versuchte es. Immerhin konnte er Sharons Stimme ja jetzt gut aus der Erinnerung abrufen. Sharon meldete sich fünf Sekunden später.

"Deine und meine Mutter sitzen auf der Veranda hinter dem Haus. Sie wollten die wilde Mademoiselle und dich nicht im Saloon oder wo ihr immer wart stören."

"Dann geh ich da mal hin", mentiloquierte Julius zurück und sagte es Millie weiter. Sie tauchte in Unterzeug und mit noch nassem Haar aus dem Badezimmer auf, schloß ihm die Tür auf, gab ihm im Hinausgehen einen Kuß auf die rechte Wange und sperrte hinter ihm wieder zu. Er fand seine Mutter und Marilyn Cotton auf einer weitläufigen Veranda, die von hohen Schirmblattbüschen umfriedet wurde.

"Wart ihr nicht im Saloon?" Fragte Martha Andrews. Julius sagte ihr, was Millie zu sagen vorgeschlagen hatte. Sie nickte und lächelte tiefgründig. Dann ging sie mit ihm hinauf zu ihrem gemeinsamen Zimmer.

"Ich hoffe, ihr beide wart zumindest vorsichtig", sagte sie, als sie den Klangkerker angefordert hatte. Julius verzog kurz das gesicht und sah sie dann beruhigend an.

"Ich könnte dir sowas zwar immer noch verbieten. aber dann würde ich gar nichts mehr davon mitkriegen, ob es dir gut geht oder nicht. Was Millie angeht haben ihre Eltern sie ja wohl nicht unausgerüstet ziehen lassen, weiß ich von Hippolyte. Ich hoffe nur, ihr meint nicht, eine große Schau daraus machen und das breitwalzen zu müssen. Dann könnt ihr euch in den höchsten Himmel lieben. So, und ich mach mich jetzt auch festtauglich."

Als Martha für den Abend angekleidet und frisiert war und Julius noch einmal mit seinem magischen Rasierer über die bereits wieder hervorlugenden Stoppeln gefahren war und den himmelblauen Umhang mit dem sonnengelben Kragen angezogen hatte, den er nach seiner Blitzalterung mit Catherine neu gekauft hatte gingen sie zu Millie hinüber, die bereits hinter der Tür gelauert hatte. Denn kaum standen sie vor dem Zimmer 150, tauchte dessen Bewohnerin ordentlich frisiert und mit dezenter Kosmetik aufpoliert im himmelblauen Tanzkleid auf, daß dem Umhang von Julius so ähnlich sah, als hätte derselbe Schneider absichtlich für ein junges Paar Nadel und Faden bemüht.

"Oh, da hast du aber ein schönes Kleid gefunden, Martha", brachte Millie ein Kompliment an. "Danke für das Lob, Mildrid", sagte Martha tiefgründig lächelnd. "Ich hörte, eure Partie sei früher vorbeigewesen."

"Das ist richtig, Martha", sagte Mildrid. "Wir haben gewonnen. Zusammen können wir gut spielen, Julius und ich."

"Sofern mein Sohn dadurch nicht in unnötige Schwierigkeiten kommt jederzeit", sagte Martha Andrews vielsagend dreinschauend. Millie verstand diese versteckte Andeutung und erwiderte:

"Ich habe dir ja versprochen, daß ich mit Julius nichts anstelle, was ihn ohne das er das ausdrücklich will in Schwierigkeiten bringt."

"Nun dann", sagte Julius' Mutter dazu nur noch und schlug vor, nun in den Saloon hinunterzugehen.

Der Saloon war wirklich einem alten Westernsaloon nachempfunden mit allem Schnickschnack, der auch in Muggelweltlokalen dieser Art anzutreffen war. Ein komplettes Sattelzeug, ein Satz Hufeisen und ein Lasso schmückten die holzgetäfelten Wände. An der Decke hingen mehrere Kristallsphären unter Schirmen, die Cowboyhüten glichen und bildeten das einzig magische Beiwerk. Eichentische mit materialgleichen Stühlen waren im Rechteck die Wände Entlang aufgebaut worden. Die Mitte des großen Saales war freigeräumt und blitzblank geputzt. Außer der Tür innerhalb des Hauses gab es noch eine Klapptür nach draußen. An drei der vier Wände waren auf halber Raumhöhe Fenster angebracht, und an der der Klapptür nach draußen gegenüberliegenden Wand war eine kleine Bühne aufgebaut worden, auf der bereits wild aussehende Musikerinnen und sogar vereinzelte Musiker ihre Instrumente stimmten, vordringlich Schlagzeug, Gitarren, ein Bass und mehrere Fiedeln. Also wollten die hier wohl landestypische Sachen spielen, dachte Julius bei sich.

Charlie Beam in Cowboyaufmachung ging herum und sammelte die Eintrittskarten ein.

"Fesch, Ladies! Das erhebt diesen Abend ja höher als ich eigentlich gedacht habe", sagte er Martha und Millie zugewandt. Dann traten die Cottons ein, Marilyn in Rock und Bluse, Ginger und Sharon in bequemen Hosenanzügen und Steve ebenfalls in Cowboymontur vom Hut bis zu den Stiefeln.

"Du hast den Coltgürtel weggelassen?" Fragte Julius, als Steve seinen Umhang beglubschte.

"Muggelwaffen auch wenn sie ungeladen sind kommen hier nicht gut", sagte Steve. "Aber wieso hast du einen Umhang an. Das is'n Westernsaloon hier."

"Ich habe was von 'nem Tanzabend gelesen", sagte Julius lächelnd.

"Oder wollte deine Flamme, daß du farblich zu der paßt?" Fragte Steve.

"Wenn Tessa hier wäre hättest du bestimmt auch einen schnieken Umhang angezogen, Stevy", meinte Sharon schnippisch und beglückwünschte Mildrid und Julius zu den schönen Sachen und lobte Martha für das Kleid.

"Erzähl mir mal was neues, Schwesterherz", knurrte Steve. Dann suchte und fand er ein paar Schulfreunde aus Thorntails, die mit ihm zusammen ein hübsches Cowboy-Quartett bildeten.

"Die wußten das also gestern schon", wunderte sich Julius.

Weitere Gäste trafen durch die beiden Zugangstüren ein. Viele von ihnen hatten sich doch auf eine Zaubererparty eingestellt. Die Hexen trugen berüschte Umhänge oder Kleider wie Martha Andrews, die Zauberer mehr oder weniger aufwändige Festumhänge wie Julius. Dann erschienen alle Rossfield Ravens in einheitlichen Festumhängen. Einige der Gäste buhten, als sie eintraten. Doch Charles Beam sprang auf die Bühne und rief in den Saal hinein:

"Leute, ich weiß, am Samstag wollen die unserer Mannschaft die Tabellenführung wegnehmen. Aber erstens sollen die das dann sportlich versuchen. Zweitens sollten wir so sportlich sein und sie bis dahin auch als unsere Gäste ehren. Meine Frau, meine Nichte und ich freuen uns auf jeden Fall, die munteren Spielerinnen und wackeren Spieler der Rossfield Ravens hier in Viento del Sol begrüßen und sie mit unserer ganzen Gastfreundlichkeit ehren zu können."

"Als die Hexe, die am Morgen und Mittag noch im Pelz zu sehen war in einem zinoberroten Traum von Kleid hereintrat, für das gewiß mehrere tausend Seidenraupen ihr Leben hatten opfern müssen, hob jemand an, sie direkt auszubuhen. Sie hob ihre rechte, mit goldenen Brillantringen geschmückte Hand und winkte mit tiefgefrorenem Lächeln, mit dem sie wohl alle unwesentlichen Dinge abhandelte, wenn sie nicht offen zeigen wollte, wie sie drauf war. Der Zauberer, der mittags noch bei ihr gewesen war, trat im weinroten Seidenumhang ein, der mit einem Fuchspelzstehkragen verziert war.

"Da habe ich mir doch den richtigen Umhang gegriffen", sagte Julius zu Millie, die überlegen lächelte.

Durch die Klapptür die direkt nach draußen führte betraten die Windriders in unterschiedlicher Kleidung den Raum. Venus Partridge, die allen voranging, hatte ihren stämmigen wie wohlgerundeten Körper in mitternachtsblauen Tüll gepackt und ihr hellblondes Haar auf Stirnhöhe mit einem zarten Goldband durchwirkt, es aber nach unten hin ungebändigt belassen. Sharon Silverbell, die zweite attraktive Hexe aus der hiesigen Quodpot-Mannschaft, trug ein blattgrünes Kleid mit weitem Schoß. Julius fühlte sich ein wenig an Camille Dusoleil erinnert.

Mit einem großen Schwung von Leuten traten die Foresters und die Redliefs ein. Mrs. Forester trug einen blütenweißen Festumhang, während ihr Mann einen saphirblauen Umhang trug. Brittany hatte sich einen Hosenanzug aus dunkelblauen Leinen angezogen und ihr Haar zu einem Pferdeschwanz geflochten. Die Redliefs trugen Festumhänge, wie Julius sie beim Weihnachtsball in Hogwarts gesehen hatte, Mel in Rot, Myrna in Grün.

Irgendwann waren sämtliche Tische und die Bartheke gerammelt voll mit Hexen und Zauberern besetzt. Charles Beam, eine Hexe, die er als seine Frau Kelly vorstellte und die Hexe vom Empfang, seine Nichte Prunella, stellten sich noch einmal kurz vor und erklärten, daß die Bar für alle die Eintritt bezahlt hatten kostenlose Getränke anbiete, aber auch das für nicht hier übernachtende Gäste bestehende Speisezimmer geöffnet sei. Damit stand für Julius fest, daß einige Hauselfen wohl hier tätig waren. Charlie bezog Posten hinter der Bar, während seine Frau in den Speisesaal hinüberging und Prunella wohl weiterhin am Empfang arbeitete. Dann stellte Charlie die Musiker des Abends vor, die Schicksalsschwestern. Als diese gerade loslegen wollten, ging die von innen her zum Saloon führende Tür noch einmal auf, und eine Familie, Vater Mutter und ein halbwüchsiger Junge mit rotblonden Haaren, aber nicht dem Latierre-Clan zugehörig, traten ein. Sie trugen alle Festumhänge. Julius bekam Augen groß wie Suchscheinwerfer, als er den Jungen erkannte. Dieser sah ihn auch und staunte nicht schlechter.

"Hui, was mmachst denn du hier?" fragten beide gleichzeitig und lachten dann. "Hi, Julius. Ich habe das von Gloria gehört, daß du jetzt schon erwachsener aussiehst", sagte der rotblonde Junge mit unüberhörbar irischem Akzent.

"Hi, Kevin. Wußte gar nicht, daß deine Familie und du auch hier wohnt."

"Wir sind nur für diesen Abend hier, weil Mum eine von den Schwestern des Schicksals kennt und uns was gönnen wollte. Hi, Mrs. Andrews! Wie geht's Ihnen?"

"Danke der Nachfrage, Mr. Malone."

"Ich dachte, du wärest über Ostern in Hogwarts geblieben", wunderte sich Julius.

"Diesmal nicht, Julius. Wegen Gilda und 'ner Kiste, über die ich heute nicht reden will. Aber, wer ist denn das Mädel, das Mums Haartracht hat?"

"Du hast natürlich recht, Kevin", sagte Julius und schenkte ihm und Millie einen abbittenden Blick. Dann stellte er die beiden einander vor, wobei er Kevin verriet, daß Millie seine feste Freundin sei.

"Kevin Malone, ach du warst das mit dem Sumpf und dem Feuerwerk in Millemerveilles. Meine Klassenkameradin Caroline hat mir die ganze Geschichte erzählt."

"Yep, ich war das. Du kannst aber gut englisch. Wechselzungentrank?" Wollte Kevin wissen.

"Nöh, Sprachlernbuch", sagte Millie. Kevin zog Julius bei Seite, als die Schicksalsschwestern gerade die ersten Takte anspielen wollten.

"Bist aber schnell über Claire weggekommen wie?" Meinte Kevin.

"Für Millie und mich nicht schnell genug. Aber ich weiß, daß Claire genau das wollte, daß ich möglichst schnell wieder Anschluß finde", sagte Julius, als Millie von hinten herankam und die Hand hob, um sie ihm auf die Schulter zu legen.

"Voulez-vous danser, Monsieur?" Fragte sie ihn, ob er tanzen wolle.

"Oui, avec Plaisir, Mademoiselle", bekundete er, daß er mit Vergnügen tanzen wolle.

"Was will sie?" Fragte Kevin.

"Tanzen, Kevin. Dafür sind wir ja hier", erwiderte Julius lässig. Gleichzeitig stürmten andere junge ungebundene Damen auf die unbewacht herumstehenden Herren zu und fragten, ob sie tanzen wollten. Einige Herren baten welche von den Damen, die nicht ungestüm losgeprescht waren und keine männliche Begleitung mithatten. Kevins Eltern lächelten und gingen auf die Tanzfläche, während Kevin von Myrna Redlief gefragt wurde, ob er auch tanzen wolle. Mel, Sharon Cotton und Britt sahen Millie und Julius nach, dann zogen sie los, sich Partner für den Eröffnungstanz zu suchen. Ob es ein Rauminhaltsvergrößerungszauber oder etwas ähnliches war, obwohl über drei Viertel aller Gäste sich auf der Tanzfläche versammelt hatten, schien sie nur zur Hälfte gefüllt zu sein. Dann ging die Musik endlich richtig los und zu einem mittelschnellen Stück tanzten sich die Paare ein. Millie wäre dabei fast von der gewichtigen Dame im zinoberroten Seidenkleid angerempelt worden. Doch dieser fiel es nicht weiter auf, weil sie darum bemüht war, mit ihrem Mann einen ausladenden Tanz hinzulegen.

"Das ist der erste offizielle Tanz für uns, Monju", sprach Millie gerade laut genug, um die Musik zu übertönen, ohne von den anderen Paaren verstanden zu werden.

"Hast recht, Millie", erwiderte Julius. Dann warf er sich mit seiner Freundin richtig in die schwungvollen Bewegungen hinein. Er fühlte, daß der ganz private Tanz, den sie vorhin in ihrem Zimmer zwischen den Linnen getanzt hatten ihm zwar gut in die Arme und Beine gegangen war, er sich aber doch noch fließend bewegen konnte. Womöglich würde er erst morgen Muskelkater haben.

Vier Tänze lang blieben er und Millie auf dem Parkett. Dann klatschte Brittany ihn ab. Millie ging zu Steve Cotton, der es wohl leid war, mit seiner größeren Schwester Sharon zu tanzen. Gerade spielten sie ein flottes Stück, zu dem, wie Julius sich nun sehr angenehm erinnerte, er mit Barbara damals in Hogwarts Rock'n Roll getanzt hatte. Mit Brittany wurde dieser Tanz eher eine Mischung aus Foxtrott und Discofox, weil Brittany auf diese Art von Musik keinen richtigen Tanz wußte.

"Diese dekadente Pomeranze. bläst sich hier auf wie die Königin von Viento del Sol", knurrte Brittany, die sich nicht ganz unbeabsichtigt in Julius' Arme warf und sich an ihn klammerte.

"Die hätte Millie fast umgeworfen, wenn Millie nicht so stabil und standfest wäre", knurrte Julius.

"Was habt ihr denn noch angestellt, als ihr uns verlassen habt?" Fragte Brittany.

"Musik gehört und uns die Illusionsbilder im Bildwechselfenster angesehen", sagte Julius.

"Ich wollte dir und deiner Freundin noch zwei Scheiben von dem Nußbraten und etwas von der Kräutertunke mitgebracht haben. Aber Mom meinte, daß die das hier nicht gerne sähen, wenn jemand von draußen was zu Essen mit reinbringt. Mom wird deine Mom einladen, daß ihr morgen mittag zu uns kommt. Ich habe für morgen Gemüseauflauf für mich. Mom will wohl grillen."

"Wenn Millie möchte", sagte Julius. "Wenn meine Mutter nicht wieder im Haus hier essen will. Sie ist da etwas pingelig, weil wir die tollen Zimmer haben und das Essen da ja im Preis drin ist, weißt du?"

"Das kriegen wir schon hin. Ich denke deine zukünftige Schwiegermutter, sofern du Mildrids Temperament nicht doch irgendwann nicht mehr aushältst, hätte euch schon gesagt, ob ihr nur hier essen sollt. außerdem hat die ja mit Southerland und der jungen Ms. Jacqueline gekungelt, daß ihr hier standesgemäß unterkommt. Da hat die wohl nicht alles alleine bezahlt."

"Sagt meine Mum zwar auch, daß hier geklüngelt wurde. Aber sie findet eben, daß ... Lassen wir's!" Erwiderte Julius.

"Ich denke, meine Mom klärt das schon. Im Grunde haben wir euch ja auch eingeladen und nicht die Mom deiner Freundin. Sei mir nicht böse, Julius, aber offenbar hat die euch nur die Zimmer gesponsert, damit ihr ihre Tochter mitnehmt", sagte Brittany frei heraus. Julius blieb zwar im ersten Moment das Gesicht stehen. Doch dann nickte er erst sacht und erwiderte anschließend:

"Ich habe Mildrid gefragt, ob sie Lust hätte, mitzukommen, wenn wir rauskriegen, wie wir rüberkommen. Ihre Mutter hat sich dann bereiterklärt, uns den Weg hierher freizumachen und hat dann, ohne daß wir sie hätten bitten müssen, Zimmer besorgt und Karten."

"Ja, ich weiß, ihr hängt in der Ministerloge bei Conners, Southerland und unserem neuen Minister mit seiner Frau, während wir, also die Cottons, Mel, Myrna und ich mit meinen Eltern vier Reihen weiter unten sitzen. Auch nicht schlecht, aber nicht so erhaben wie ihr. Bevor du jetzt begründest, ich sei ja nur neidisch, nur so viel: Ich habe nichts gegen Millie, wenngleich ich mich schon gefragt habe, ob das mit Claire und dir wirklich so tief ging wie Mels Cousine uns das erzählt hat, kurz bevor du mit Mrs. Porter von dieser abgedrehten Gerichtsverhandlung zurückgekommen bist."

"Das Claire tot ist heißt nicht, daß ich mich auch tot stellen muß, Brittany", sagte Julius ruhig. Immerhin heuchelte Brittany nicht Anteilnahme oder Rücksicht oder dergleichen. "Außerdem redest du jetzt wie eine daher, die sich was ausgerechnet hat und zweimal abgeblitzt ist", schickte er nun etwas ab, von dem er sicher war, daß Britt es nicht gut verdauen mochte.

"Ach hat dir Mel oder Gloria sowas erzählt?" Fragte Brittany, die den Gegenstoß doch besser weggesteckt hatte als Julius dachte. "Immerhin haben wir zwei rausgekriegt, was mit deinem Dad wirklich passiert ist. Nur insofern interessiere ich mich so stark für dich, Julius. Ich hätte weder dir noch mir irgendwas vorgemacht, daß wir zwei was miteinander anfangen sollten, wo wir räumlich so weit auseinanderliegen und zwischen uns doch schon zwei Welten liegen. Aber eine gute Freundin im Sinne von Ansprechpartnerin und Helferin, die kann und möchte ich für dich noch sein, falls du nicht meinst, ich würde dich nicht blöd anmachen oder sowas."

"Du hast ja in einigen Punkten recht, wo ich das einfach als selbstverständlich hingenommen habe, wie es lief. Aber das mit Claire und mir ging schon sehr tief, Britt, und ich habe einige Monate gebraucht, um aus dem Loch wieder rauszukommen, in das ihr Tod mich runtergezogen hat. Daß ich da überhaupt wieder rauskam verdanke ich Millie und ihrer Familie, weil die mir gezeigt haben, daß Trauer und Leid denen, die betrauert werden nicht viel bringt, ja die Leute entehrt, die gestorben sind. Ich hörte mal was von einem Tag der Toten, der nach Halloween in Mexiko gefeiert wird. Das läuft da doch eher Karnevalsmäßig ab, wurde mir auch gesagt. Claire wollte bestimmt, daß ich mir eine feste Partnerin suche, die mit mir klarkommt und mir auch was gibt, was Bücher alleine nicht hergeben. Millie ist da eine supergute Wahl, habe ich spät erkannt aber noch früh genug."

"Findet sie das auch, daß du eine supergute Wahl bist?" Feuerte Britt eine weitere Breitseite ab. Julius dachte an einen lateinischen Begriff, den Advocatus Diaboli, des Teufels Anwalt, jemand, der gezielt gegen anscheinend so klare Sachen argumentierte. Britt trat gerade als Teufelsanwältin auf. Er überlegte kurz, mit welchem einfachen Satz er all das erschlagen konnte, was Millie ihm rübergebracht hatte, daß sie ihn wirklich wollte. Das er und sie schon zweimal Sex gehabt hatten war bestimmt kein Argument, zumal es Brittany nichts anging. Die Sache mit den angeblichen sieben Kindern war ein Scherz, wußte er, wußte Millie. Also was war es? Tja, der Teufel hatte sich eine gute Anwältin ausgesucht! Dann fiel ihm die Antwort ein, die das alles erschlug:

"Millie und ich ergänzen uns und haben einige gemeinsame und viele verschiedene Interessen, was sie, soweit sie mir das gesagt hat, so an mir interessiert gemacht hat. Sie will Aufregung aber auch Sicherheit, abwechslung und doch was, was sich nicht ständig verändert. Außerdem hat sie sich schon seit meiner Einschulung für mich interessiert, was Claire sofort gemerkt hat und sie manchmal heftig eifersüchtig gemacht hat. So richtig klar wurde mir das auch erst, als sie nach Claires Tod nicht gleich angelaufen kam und mich zu umgarnen versucht hat, sondern ganz ruhig abgewartet hat, bis ich anfing, aus dem Trauerloch wieder nach oben zu klettern und andere Mädels meinten, jetzt hinter mir herlaufen zu müssen."

"Das ihr euch gut ergänzt und sie das auch toll findet habe ich mitbekommen, Julius. Die Frage war nur, ob sie gezielt zu dir hinwollte oder dich nur genommen hat, weil sich ihr nichts besseres geboten hat."

"Ich weiß, daß ich nicht der erste Freund von ihr war. Aber mein Vorgänger hat es nicht länger als ein halbes Jahr mit ihr ausgehalten, sagte sie. Das wird noch interessant, wenn ich dem wieder über den Weg laufe." Julius wußte bisher nicht, wen genau Millie vor ihm zum Freund hatte. Aber was echtes war das nicht gewesen, weil dieser Freund sich ihm gegenüber dann bestimmt schon längst verraten hätte.

"Also du liebst Mildrid und sie liebt dich. Könntest du diese Aussage machen?"

"Das Wort Liebe wird häufig verhunzt und für ganz banale Sachen benutzt, Brittany. Aber wenn du meinst, daß wir eine gute Beziehung haben, wo ich mich auf sie und sie sich auf mich verlassen kann, dann sage ich ja." Er hätte ja jetzt auch keine andere Wahl mehr, wo die Mondtöchter sie und ihn zusammengeführt hatten. Aber das, den schlagendsten Beweis für die Echtheit der Bindung, wollte er Brittany nicht erzählen.

"So, der Tanz ist rum. Steve sieht ziemlich ramponiert aus. Deine Freundin hat ihn wohl heftig rumgewirbelt", meinte Brittany mit feistem Lächeln. Dann drückte sie Julius an sich und mentiloquierte ihm: "Ich wollte weder dir noch ihr wehtun, nur abklopfen, ob alles für dich in Ordnung ist. amüsier dich noch gut." Laut bedankte sie sich für den Tanz und ging hinüber zur Bar, um sich was zu trinken zu holen. Auch Steve ging dorthin. Er sah wirklich ziemlich erschöpft aus. Millie hingegen wirkte immer noch wie frisch aus dem Ei gepellt und strahlte Julius an. Er ging zu ihr hinüber.

"Ich dachte der Bursche hielte was aus. ich Habe mit dem diesen Rockrolltanz ausprobiert, den du den Montferres, Tine und mir beim Osterfest beschrieben hast. Aber der hält nicht gut durch. Wundert mich echt, daß der mit der quirligen Sharon verwandt ist."

"Rock'n Roll ist ja auch ein ziemlich wilder Tanz. Aber wenn noch mal ein Stück kommt, wo wir den drauf tanzen können versuche ich den mit dir."

"Das ist ja keine Frage, daß du das aushältst. Schwermacher und Oma Lines Lebensgeschenk haben dich ja doch belastbarer gemacht, wie wir ja heute beim Quodpot mitgekriegt haben. Hast du mit der Gemüsefee über mich gesprochen?" Julius verzog das Gesicht. Sie grinste ihn an. Er bejahte es und gab ihr eine kurze Schilderung dessen, was sie während des Tanzes besprochen hatten und hoffte, daß Lino mit ihren Zauberohren nicht zu nahe dabeigestanden hatte.

"Soso, Brittany Forester möchte dir helfen, in der Welt zurechtzukommen. Dann sollten Tine, die Montferres, Tante Trice und die Dusoleils ihr schreiben, sie möchte sich hinten in der Schlange anstellen oder mit denen einen Club gründen. Aber immerhin war sie ehrlich, daß sie das komisch fand, daß du nach Claire schon früh genug wieder zu leben angefangen hast. Aber Tante Camille, Onkel Florymont und ihre Kinder haben das mit uns doch gleich hingenommen", sagte sie noch. Dann meinte sie: "Gehen wir auch an die Bar. Die Streicher streichen gerade was langsames an. Das können wir nachher immer noch tanzen."

An der Bar stupste Steve ihn an, als Millie mit Brittany ganz ruhig sprach.

"Ey, die Braut ist ja unhaltbar stark. Wie geht denn das, Mann?"

"Muh, Mann. Die hat als Kind viel frische Latierre-Kuhmilch zu trinken gekriegt. Sei froh, daß sie nur die verdünnte Mischung für Stadtkinder kriegte. In Beauxbatons laufen jetzt eine Tante und zwei Cousinen von ihr rum, die nehmen dich mit einer Hand und pfeffern dich drei Meter weg, wenn sie wütend sind. Dann hat Millie noch einen Schwermacher, also einen magischen Kristall, der beim Tragen eine immer größere Belastung auf den Körper auflädt, daß du mit der Zeit immer mehr Kraft aufbringen mußt, um einfache Bewegungen zu machen. Ich habe auch so'n Teil bekommen."

"Das ist doch Schiebung. Dann dürfte die und ihre ganze Verwandtschaft, die diese Riesenkuhmilch in sich einfüllt an keinen Wettkämpfen teilnehmen."

"Das ist kein Doping, Steve, sondern Kraftfutter", sagte Julius dazu. Steve kannte den Begriff Doping bestimmt, wenn seine Mutter Muggel war. Er nickte nur und sagte:

"Dann solltest du deinen Schwermacher gut benutzen, bevor die meint, du gehörtest in ihr Bett. Will nicht wissen, wie platt du dann bist."

"Das ist dein gutes Recht, daß du das nicht wissen willst", entgegnete Julius kalt und trocken wie gefrorenes Kohlendioxyd. Denn so brauchte er dem Jungen, der da wie nach einem halben Marathonlauf um Luft ringend vor ihm an der Bar hing nicht aufzutischen, daß er trotzdem er mit Millie mehr als eine Stunde zeit sinnlich vertrieben hatte noch wach und munter genug für einen Tanzabend war.

Nachdem er sich wie Brittany einen großen Becher Zitronensaft einverleibt hatte und sogar zwei ungekochte Möhren verputzt hatte, genau wie Mildrid und Brittany, sah er mal nach, was seine Mutter so anstellte. Sie saß zusammen mit Marilyn und Mrs. Forester an einem kleinen Tisch und schien in ein Gespräch für erwachsene Frauen vertieft zu sein, bei dem er nicht stören wollte. Ob seine Mutter tanzen ging oder nicht war ja ihre Sache. Als er am Rand der Tanzfläche stand und Millie schon fragen wollte, ob sie mit ihm weitertanzen wollte kam Venus Partridge herüber, verfolgt von einigen jüngeren Zauberern, die sie wohl gerne auf die Tanzfläche holen wollten. Doch sie steuerte Julius an und lächelte. Dann sah sie fragend zu Millie hinüber, die aufmunternd zurücklächelte.

"Darf ich bitten?" Fragte Venus Julius. Dieser stutzte erst, gewährte ihr aber dann den Tanz. Millie sah herausfordernd einen der wohl gerade mit Thorntails fertigen Zauberer an. Doch dieser schüttelte ablehnend den Kopf und trollte sich mit seinen Kumpels.

"Ich hoffe, diese Typen nehmen mir das nicht übel, daß Sie mich zum Tanzen eingeladen haben, Venus", sagte Julius, als er mit der hochgewachsenen Blondine aus der Windrider-Mannschaft einen flotten Cha-Cha-Cha aufs Parkett legte.

"Ach, erst einmal können die eh nicht tanzen, sondern wollten mich nur abschleppen um dann dumm anzugeben. Für sowas bin ich zu alt. Zweitens wollte ich denen zeigen, daß ich meinen eigenen Kopf habe. Drittens habe ich von Britt gehört, daß du eine umfassende Tanzausbildung hattest, was ich ja sehen konnte, als du mit deiner Freundin getanzt hast. Meine Eltern haben mich auch ziemlich gut getrietzt, richtig tanzen zu können. Da wollte ich mal mit einem aufs Parkett, der das auch anständig gelernt hat. Schade, daß es kein tangotaugiches Lied ist."

"Ach, das geht auch mit dem Tanz", sagte Julius und erhöhte das Temperament, bis Venus und er fast springend über die Tanzfläche hin wirbelten. Sie unterhielten sich dabei so gut wie gar nicht, um die Atemluft einzuteilen. Erst nach dem letzten Takt meinte Venus Partridge:

"Das war sehr fordernd, Julius. Danke für diesen Tanz. Wenn wir uns heute nicht noch einmal sehen dann am Samstag halt."

"Joh, danke für den flotten Tanz, Venus!" Sagte Julius.

Seine Mutter saß immer noch in eine erregte Unterhaltung mit Marilyn Cotton und Mrs. Forester vertieft am Tisch. Julius entfernte sich wieder und suchte Millie, die an einem Zweiertisch saß, ihn sah und sofort zu sich winkte.

"Stevy hat den Jungs wohl erzählt, ich sei eine Art Überweib, das alle plattmacht. Zumindest wollte keiner von denen mit mir tanzen, und die Nachläufer von Venus Partridge haben sich in eine dunkle Ecke verzogen. Wieso zieht sich Steve Landjungenklamotten an, wenn der eigentlich nicht viel von Körpertraining hält?"

"Ich weiß nicht, warum. Weil das hier zum Kostüm gehört vielleicht?"

"Jedenfalls habe ich euch beiden zugesehen. Wenn ein entsprechender Tanz kommt können wir ja noch mal."

"Du hättest Foggerty ansprechen können, sozusagen als Revanche, weil seine Gegenspielerin mich abgeschleppt hat", scherzte Julius.

"Na, kuck dir mal an, mit wem der tanzt, Monju", erwiderte Millie und mußte grinsen. Julius sah sich um und erkannte Foggerty, der sich redlich abmühte, die ziemlich gewichtige Mrs. Gildfork in ihrem sündteuren Seidenkleid einigermaßen ansehnlich über die Tanzfläche zu führen.

"Da sahst du mit Oma Line viermal besser aus. Wohl auch weil Oma Line selbst mit zwei Brötchen im Ofen noch gelenkig wie eine Kunstturnerin geblieben ist", spottete Millie, während Julius ein schwer wegzubekommenes Dauergrinsen im Gesicht hatte.

"Hat der die schon vorher auf die Tanzfläche geführt?" kicherte er. Millie nickte schadenfroh grinsend.

"Vielleicht steht das in seinem Vertrag, daß er die Frau Hauptsponsorin auf Fingerschnippen zu unterhalten hat, solange sie das will."

"'ne männliche Wonnefee, Julius. Wäre ein starkes Stück." Julius legte die Finger auf die Lippen und flüsterte dann:

"Psst, wenn Lino das hört, Mamille."

"Hier nicht, wenn sie nicht selbst im Raum ist. Der Saloon ist ein Dauerklangkerker, wenn die Türen und Fenster zu sind, hat Brittany mir verraten, allein schon um die Gäste oben drüber nicht zu stören."

"Unseren berühmtesten Mitgast habe ich hier nicht gesehen. Ist dem wohl zu gewöhnlich", meinte Julius.

"Ich denke, wenn du Minister Cartridge meinst, der hat wohl im Moment genug mit seinem Amt und seiner Familie um die Ohren als sich auf einer reinen Volksbelustigungsveranstaltung sehen zu lassen. Grandchapeau tanzt ja auch nicht auf allen Hochzeiten in Frankreich."

"Hast natürlich recht, Millie", sagte Julius.

So saßen sie noch eine Weile, beobachteten und kommentierten die tanzenden Paare und machten Pläne für den nächsten Tag. Julius wollte sich den Uhrenturm ansehen. Millie wollte sich noch eingehender mit Professor Forester unterhalten, weil sie den Eindruck gewonnen hatte, daß sie ihr noch interessante Sachen zu erzählen hatte. Nachmittags wollten sie beide dann in den Zauberpflanzengarten, sofern Julius' Mutter nicht auch etwas unternehmen wollte, wo sie ihn dabeihaben wollte.

Sie bekamen noch die Gelegenheit zu mehreren schnellen Tänzen. Auch konnte Julius mit Sharon Cotton und den Redliefs tanzen. Dann bauten sie sogar mal eine Gruppe, wo Sharon ihren Bruder und dessen Kumpels hinzuholte und so eine große Formation bildeten. Auch konnte Julius einmal mit seiner Mutter tanzen, die bereits einiges von den hier ausgeschenkten Cocktails getrunken hatte.

Ganz zum Schluß tanzte er noch einmal mit Brittany Forester, während Millie mit Kevin Malone tanzte. Dann war es zwölf Uhr Mitternacht, und die Schicksalsschwestern spielten zum Ausklang jenes schottische Lied, mit dem in den englischsprachigen Ländern häufig aus dem alten ins neue Jahr hinübergefeiert wurde und wo Julius alle Strophen mitsingen konnte. Dann war der Abend zu Ende, zumindest was Musik und Tanz anging. Die Gäste saßen nun noch so zusammen und schwatzten. Julius ließ sich von Kevin noch einmal erzählen, was in Hogwarts losgewesen war.

"Den Ron Weasley hätte es ja fast erwischt, Julius. Ich weiß nicht ob Pina euch das mal geschrieben hat. Aber der hat irgendwas getrunken, wo ein ziemlich übles Gift drin gewesen ist. Harry Potter hat ihn wohl gerade noch gerettet", sagte Kevin. Julius hörte es sich mit versteinerter Mine an. Dann meinte er:

"Dann wäre es der zweite Schlag, den jemand aus dem Hinterhalt geführt hat. Sollte das Gift denn wirklich Ron Weasley erwischen oder wen anderen?"

"Das Zeug hat er wohl bei Slughorn getrunken. Könnte sein, daß man den umlegen wollte", meinte Kevin. "Aber sicher ist sich da keiner. Gilda hat nur mitgekriegt, das Romilda Vane, die ja mit Fredos Glenda in Gryffindor wohnt, einen heftigen Anpfiff von der McGonagall gekriegt hat, weil sie angeblich Pralinen mit Liebestrank an Harry und Ron abgegeben hat. Ich dachte nie, daß die sowas nötig hat."

"Liebestrank für Harry Potter. Warum wollte die den auf diese Weise kriegen?" Fragte Julius.

"War wohl wegen Sluggys Weihnachtsparty, weil der da nur ausgesuchte Leute und von denen eingeladene Begleiter haben wollte. Könnte sein, daß Rommy mit Harry Potter da hinwollte, weil Sluggy den natürlich auf seine Liste wichtiger Leute gesetzt hat. Vielleicht nicht so schlecht, daß du nicht mehr in Hogwarts bist, Julius. Der schleimt sich bei Leuten ein, die mal was werden könnten oder wichtige Verwandte haben. Slytherin halt. Deshalb gibt der ja auch Zaubertränke. Aber darin ist der echt um Meilen besser als Snape."

"Was ja absolut kein Kunststück ist", erwiderte Julius knochentrocken und beschrieb Millie die erwähnten Personen, die er von seiner Schulzeit her noch kannte.

"Soll ich Gloria was von dir ausrichten, wenn ich wieder nach Beauxbatons gehe?" Fragte Julius als Kevins Eltern anstalten machten, ihren Sohn mitzunehmen.

"Nur, daß ich hoffe, daß es ihr da gut geht. Julius. Grüß aber mal die dicke Trulla mit dem Zopf, die mir diese netten Ringe angelegt hat. Ich hörte, die hätte sich noch mal auffüllen lassen. Ist der Braten schon draußen?"

"Kevin!" Zischte seine Mutter. Julius nickte nur, sagte aber nichts weiter.

Als die Malones fortgegangen waren suchte Julius seine Mutter. Die besaß für Julius ungewohnt ziemliche Schlagseite und konnte nur noch aus kleinen, glasigen Augen in die Welt blicken.

"Mum, wie viele Finger halte ich gerade hoch?" Fragte Julius eher aus Scherz als aus ernster Besorgnis und hielt ihr drei Finger der rechten Hand vors Gesicht.

"Komm Jujus, muschdoch nich sein", lallte sie zur Antwort. Julius vermutete, daß sie sechs Finger an einer Hand gesehen hatte oder zwei rechte Hände und der Rest ihres logischen Verstandes daraus schloß, daß sie nicht mehr klar sehen konnte. Als sie aufstand, kippte sie fast um. Mrs. Forester wirkte zwar angeheitert, war aber noch fähig genug, sich unfallfrei zu erheben, während Marilyn noch ärger in den Seilen hing.

"Mädels, habt ihr ein Wettrinken veranstaltet?" Fragte Millie respektlos.

"Das nicht. Aber die haben hier so leckere Cocktails. Froschkönig, Hexenglück, Zaubertränen und noch einiges andere", meinte Mrs. Forester. "Ich fürchte, in einige Sachen haben die Rauschverstärker eingefüllt, die auf Squibs oder Muggel ziemlich heftig wirken."

"Oha, dann sollten wir besser einen Heiler holen, um meine Mutter und Mrs. Cotton wieder klarzukriegen", meinte Julius. Zwar könnte er gewöhnlichen Alkohol mit seinem Breitbandgegengift abbauen, aber gegen magische Finessen mochte Auroras Lebensversicherungselixier nicht helfen.

"Also wenn wir wegen sowas einen Heiler herrufen wird's teuer", meinte Marilyn Cotton. "Will ich nich."

"Mum, soll ich wen rufen, der dir das Zeug wieder austreibt, bevor du ganz wegbleibst?"

"Jujuschgeht schon", holperten einige Worte aus ihrem eine deutliche Fahne verströmenden Mund.

"Wir bringen sie erst einmal hoch. Julius", sagte Millie. Wenn das nicht so einfach weggeht können wir immer noch wen kommen lassen."

"Ich kann Tilia kontaktfeuern. Die könnte eben rüberkommen. Die kennt die meisten Rezepturen der hier gemischten Sorgentöter", meinte Professor Forester. "Oder ich sage Hygia in Thorntails bescheid. Im Moment ist da ja keiner. Die sind ja diesmal alle in die Osterferien gefahren."

"Die freut sich bestimmt, einer Touristin, die sich mit den Cocktails vertan hat ein Heilmittel zusammenrühren zu müssen", meinte Julius. Er kannte Hygia Merryweather, die Schulkrankenschwester von Thorntails. Sie war auf seinen Notrufzauber hin erschienen, als ihn die Wiedergekehrte und ihre Hexentruppe nach der Vernichtung Hallittis mit seinem zum Säugling zurückverzauberten Vater in der Mojavewüste zurückgelassen hatten.

"Vielleich doch nichscho schlecht", quälte sich Martha einige Worte zwischen Vernunft und Vollrausch aus dem Mund.

"Okay, wir tragen dich hoch, Martha", sagte Millie. "Keine Widerrede."

"Ich glaube, ich muß gleich ..."

"Accio Eimer!" Rief Brittanys Mutter und deutete auf die Bar. Laut schabend rutschten sechs große Eimer auf dem Boden entlang, hüpften in die Luft und kollidierten auf dem Weg zu ihr andauernd. Drei blieben dabei mit der Öffnung nach unten zurück. Einer rollte aus der Bahn und landete unter einem der Tische und einer schlug Purzelbäume, bis er bei ihr ankam, während der sechste sich wie ein Kreisel knapp über dem Boden drehte, bis die Hexe ihren Zauberstab wieder senkte.

"Ui, ich glaube, ich sollte Hygia auch nach mir sehen lassen", sagte sie und bugsierte den halbwegs erfolgreich hergeholten Eimer vor Martha, die das Angebot prompt nutzte, um schon mal einen Teil der zu sich genommenen Getränke von sich zu schleudern. Charlie kam herüber, besah sich die Situation und meinte:

"Oha, das hätte ich wohl sagen sollen, daß manche Drinks für nichtmagische Menschen viermal so heftig reinknallen."

"Ist das denn nur Alkohol?" Fragte Julius.

"Neh, da sind noch ein paar Sachen bei, die erst im Körper richtig wirken."

"Sowas bieten Sie hier einfach so an?" Wunderte sich Millie.

"Nur für Volljährige, junge Dame", knurrte Charlie und ließ den Inhalt des Eimers verschwinden.

"Tja, Charlie, dann kontaktfeuer mal Heilerin Merryweather in Thorntails!" meinte Mrs. Forester. "Die hat die kürzeste Anreise."

"Chloe und Morty sind doch bestimmt noch auf. Die kann ich auch holen", sagte Charles Beam.

"Die würden dich glatt anzeigen, weil du gepanschte Getränke an Muggelfrauen verkaufst, Charles. Dann wird das nichts mit der großen Siegesparty am Samstag."

"Okay, dann hol ich die Merryweather, wenn die mich nicht anzeigt", knurrte der Wirt verdrossen.

"Wir bringen meine Mutter schon mal aufs Zimmer. Zimmer 149", sagte Julius. Der Wirt nickte energisch. Mildrid und Julius halfen seiner Mutter, den Weg zur Tür einigermaßen auf eigenen Füßen zurückzulegen. Einen der auf dem Weg liegengebliebenen Eimer nahmen sie mit. Offenbar hatte Beam damit gerechnet, daß mancher Gast sich übernahm und dann den Rückwärtsgang im Magen einlegte.

Die Treppe hinauf trugen Millie und er seine Mutter auf den Schultern, brachten sie vor die Zimmertür, wo Julius den Schlüssel suchte und aufschloß. Als sie seine Mutter im Zimmer hatten kam bereits Heilerin Merryweather. Mit dem Ventervacuus-Zauber entleerte sie mal eben Marthas Magen, fragte sie dann, was sie genau getrunken hatte, schnalzte mit der Zunge und kramte aus ihrer Ausrüstungstasche einige Ingredientien hervor, baute ein kochtopfartiges Gerät auf, auf das sie einen Kessel mit Wasser setzte. Unter dem Kessel loderte ein Feuer auf. Dann rührte die Heilerin einige Ingredientien zusammen, prüfte das Ergebnis und schöpfte einen großen Trinkbecher voll davon ab, dessen Inhalt sie mit Julius' Hilfe verabreichte.

"So, das neutralisiert die Rauschverstärker. Unverantwortlich sowas. Aber Professor Forester bat mich, kein großes Aufsehen darum zu machen. Das was jetzt noch in ihrem Blut ist ist reiner Alkohol, den sie so auskurieren kann, falls ich ihr nicht noch ein Desalkoholikum geben soll." Julius bat darum, daß der restliche Alkohol noch abgebaut werden sollte und sah zu, wie es seiner Mutter sofort besser ging, als sie den letzten Trank noch zu sich genommen hatte.

"So, die Dame. Normalerweise mache ich sowas nur bei Jugendlichen, die es nicht besser wissen und es nur einmal ausprobieren wollten. Halten Sie sich besser von Hexenglück und Zaubertränen fern. Wer keine eigene Magie oder unweckbare Zauberkräfte im Körper hat wird von denen rasch zu Boden geworfen. Gute Nacht noch!"

"Danke schön, Madame Merryweather", sagte Julius. Seine Mutter nickte nur. Ihr war das wohl sehr peinlich. Die Heilerin verabschiedete sich und ging.

"Dann ist wohl jetzt Schlafenszeit angesagt", meinte Martha, als sie wieder klar sprechen konnte. Millie nickte und wünschte ihr und Julius eine angenehme Nacht. Als die Tür hinter ihr ins schloß fiel und Julius sie von innen abschloß meinte Martha:

"Das müssen wir denen in Paris oder Beauxbatons nicht erzählen, Julius. Mann, wie vernagelt muß ich gewesen sein."

"Das konntest du nicht wissen, Mum", meinte Julius dazu. Dann wünschte er seiner Mutter, die sich nun wieder uneingeschränkt bewegen konnte eine gute Nacht. Der Weckdienst würde morgen um halb sieben anspringen. Bis dahin wollte er genug Schlaf bekommen und seine Mutter bestimmt auch.

__________

Wie am Vortag vom Komfortzauber des Zimmers gewünscht weckte sie das leise beginnende Stück über den Morgen aus der Peer-Gynt-Suite des norwegischen Komponisten Grieg. Keine Zeitansage erklang, bis das Musikstück vollständig abgespielt worden war. Julius fragte sich, mit welchen Mitteln die Zaubererwelt Musik und Töne aufzeichnete. Es gab Fotoapparate, warum sollte es da nicht etwas wie Tonbänder oder Schallplatten geben, wie er sie als kleiner Junge noch selbst besessen hatte, bevor er immer mehr auf CDs umgestiegen war. Erst als der letzte Ton des Stückes verhallt war, erklang die magische Frauenstimme und verkündete:

"Guten Morgen, die Herrschaften. Wir hoffen, sie hatten eine angenehme Nachtruhe."

"Ja, hatten wir", sagte Julius locker, obwohl er nicht damit rechnete, daß die Stimme darauf antwortete. Tatsächlich blieb die weiblich klingende Stimme aus dem Nichts stumm. Offenbar erwartete die hier eingewirkte Magie direkte Anweisungen. Martha fragte in den Raum hinein, ob sie die neuesten Nachrichten lesen könne, weil das mit dem Fenster so ähnlich war wie Fernsehen zu Hause.

Wenn Sie die Schlagzeilen der führenden Zeitungen zu lesen wünschen, stellen sie den Hebel für die Wechselbildauswahl senkrecht nach oben und verlangen Sie bitte die Schlagzeilen!" Erwiderte die Stimme. Julius zeigte seiner Mutter, wie es ging und forderte die Schlagzeilen an. Als er in einem roten Fenster mit der Überschrift "Stimme des Westwinds" die fingerlangen Buchstaben las knurrte er ein wenig.

STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDE HÜLLT SICH IN SCHWEIGEN ÜBER MORD AN MINISTER DAVENPORT

LEITERIN DER STRAFVERFOLGUNGSABTEILUNG VERBIETET WICHTIGEN ZEUGEN ÖFFENTLICHE AUSSAGEN ZU HINTERHÄLTIGEM ANSCHLAG

NEUER ZAUBEREIMINISTER KÜNDIGT SICHERHEITSKONFERENZ IM MAI AN

ZAUBEREISCHATZMEISTER DIME STREITET MIT CHEFKOBOLD VON GRINGOTTS NEW YORK ÜBER GEWINNBETEILIGUNGEN BEI MAGISCHEN HÄNDLERN UND DIENSTLEISTERN

LEITER DES LAVEAU-INSTITUTES FORDERT GENERELLES EINFUHRVERBOT FÜR PERUANISCHES TOTALVERDUNKELUNGSPULVER

MUGGEL AUS DETROIT GEWINNT DURCH VERHEXTEN SILBERDOLLAR GROßE SUMMEN IN LAS VEGAS

WILDE WORTGEFECHTE ZWISCHEN SPANISCHEM UND RUSSISCHEM ZAUBEREIMINISTER

GROßBRITANNIENS ZAUBEREIMINISTERIUM ERLEIDET RÜCKSCHLAG BEI BEKÄMPFUNG DESSEN DER NICHT BEIM NAMEN GENANNT WERDEN DARF

MUTMAßLICHES OPFER RUSSISCHEN SCHWARZMAGIERS SUCHT MIT MUTTER UND GUTER BEKANNTEN ERHOLUNG IN VIENTO DEL SOL

WINDRIDER-KAPITÄNIN VENUS PARTRIDGE ÄUßERT SIEGESEGEWIßHEIT VOR SPIEL GEGEN ROSSFIELD RAVENS

NEUE ERFINDUNG REVOLUTIONIERT VERSTÄNDIGUNG ZWISCHEN HEXEN, ZAUBERERN UND INTELLIGENTEN TIERWESEN ODER UNUMKEHRBAR DURCH FLÜCHE VERWANDELTE MITGESCHÖPFE

"Hat diese Linda Knowles was über uns geschrieben?" Wollte Martha Andrews wissen und betrachtete die Schlagzeilen. Julius nickte verhalten und bat um den sich auf die Schlagzeile mit ihm und seiner Mutter beziehenden Artikel.

"Artikel aus den Zeitungen können nur zu einem Viertel widergegeben werden, da eine Übereinkunft mit den Druckereien die vollständige Widergabe über Wechselbildfenster verbietet."

"Internet-Zeitungen kennen die noch nicht, Mum. Du wirst angefüttert und mußt dir die gedruckte Zeitung kaufen, um alles zu lesen", erwiderte Julius auf die Ansage der magischen Stimme. Seine Mutter nickte. Dann sagte sie:

"Ich möchte eine gedruckte Ausgabe der Stimme des Westwinds erwerben."

"Die Anfrage wird weitergeleitet. Eine vollständige Ausgabe der von Ihnen erbetenen Zeitung wird Ihnen gegen Zahlung von zehn Knuts sofort zugestellt", erwiderte die körperlose Frauenstimme. Darauf klopfte es an eines der Fenster. Julius öffnete, und eine Waldohreule flog herein. Im Schnabel trug sie eine Zeitung, am rechten Bein einen Lederbeutel.

"Hui, das ging schnell", sagte seine Mutter. Julius kramte zehn Bronzemünzen aus seinem Geldbeutel, warf diese in den Beutel am Bein der Eule, die dafür die Zeitung auf den Tisch fallen ließ und mit schnellen Flügelschlägen zum offenen Fenster hinausflog.

"Ich dachte schon, die Zeitung würde uns irgendwie in den Raum gezaubert", sagte Julius' Mutter.

"Das passiert wohl bei denen von den Drachenhornzimmern. Da werden die gängigen Zeitungen wohl am Morgen so bereitgelegt. Ist dann wohl im Zimmerpreis mit drin."

"Ja, stimmt, kann ich mir gut vorstellen", erwiderte seine Mutter lächelnd. Dann las sie mit Julius zusammen, was über ihn geschrieben worden war. Auf der Ersten Seite war ein energisch dreinschauendes Foto von Donata Archstone. Als Julius den ihn selbst betreffenden Artikel las, sah er drei Schwarzweißfotos, eines, wo er gerade gegen Venus Partridge spielte, eines, wo ihn Venus, Brittany, Sharon und Millie gleichzeitig umarmten und das Bild, wo er geradewegs in die Kamera blickte. Entweder hatte der Fotograf kein Bild vom langen Kuß zwischen ihm und Millie aufgenommen oder es tatsächlich aus Anstandsgründen nicht für die Zeitung hergegeben. Als er aber las:

"Obwohl Ms. Linda Knowles, unsere Reporterin vor Ort, keinerlei nähere Angaben erhalten konnte, daß der junge Zauberer, der im letzten Sommer zwischen die Fronten einer magischen Auseinandersetzung geriet und dabei um zwei Jahre alterte neuerliches Opfer eines schwarzmagischen Übergriffes wurde, ist zu bewundern, daß sich der junge Zauberer, der nun bald zwei Jahre in der französischen Beauxbatons-Akademie zur Schule geht, seine Freude am Leben nicht verloren hat, ja für Sport, neue Kenntnisse und die ersten Erfahrungen mit den Dingen der Liebe begeistert ist und sich nicht vom Schmerz durchlittener Gräuel entmutigen läßt. Zur Hoffnung Anlaß gibt auch, daß er in der Tochter einer den Sinnenfreuden und Gefühle zugetanen Familie Latierre die Hexe seines Herzens gefunden hat. Zu diesem glücklichen Umstand befragt sagte er frei heraus: "

Ihre Mutter hat ihr erlaubt, mich zu küssen und von mir geküßt zu werden.""

"Moment, Julius, hast du das echt so gesagt?" Fragte Martha Andrews argwöhnisch. Julius nickte leicht verdrossen und erzählte ihr, warum er diese Bemerkung rausgelassen hatte und natürlich schon damit gerechnet hatte, daß sie wortwörtlich abgedruckt wurde. Sie nickte zurück und meinte:

"Zumindest ist diese Dame so anständig gewesen, das Bild, wo ihr beide euch allein umarmt habt nicht zu veröffentlichen. Da sie ja herausbekommen hat, wessen Tochter Millie ist, könnte sie auch eine gewisse Hemmung empfinden, sich mit ihrer Familie anzulegen. Immerhin ist Mildrid ja auch noch nicht volljährig."

"Das ist bei den Paparazzi der Muggel doch egal", knurrte Julius. "Die schießen Lady Dianas Kinder doch bei allem ab, was unter freiem Himmel läuft."

"Selbst das ist nicht gern gesehen. Und bei dir und Millie verhält es sich so, daß ihr nicht unmittelbar im öffentlichen Zeitgeschehen mitwirkt oder dies in absehbarer Zeit tut. Mag sein, daß, sollte es zwischen dir und ihr tatsächlich die Liebe eures Lebens sein - was ich euch beiden von Herzen gönne - könnten die später einmal, falls du und / oder sie es in der Zaubererwelt zu was bringen solltet, dieses Foto ausgraben und nachträglich bringen mit der Schlagzeile, daß das große Glück damals schon die ersten Blüten trug. Papier ist geduldig, Julius, und Fotopapier macht da keine Ausnahme. Wenn ich mir diese Luxuszaubereien im Zimmer ansehe könnte ich sogar denken, daß die Zaubererwelt in fünf bis zehn Jahren standardmäßig mit derartigen Spielereien lebt, wie wir uns ja schon auf intelligente Häuser einrichten, in denen Zentralcomputer unser alltägliches Leben vereinfachen sollen."

"Hast recht, Mum. Im Moment hat sich Lino wohl selbst an die Leine gelegt. Aber das heißt nicht, daß das immer so bleiben muß."

"Was ist denn das für eine Erfindung, die da gemacht wurde?" Fragte Martha Andrews. Julius gab ihr den allgemeinen Teil zu lesen, während er sich den Sportteil nahm und ein langes Interview mit Venus Partridge las, dem ein Interview mit dem Kapitän und der Managerin der Ravens entgegengestellt war. Auch wurde ein Bild von Mrs. Gildfork gezeigt, was Julius zu der biestigen Bemerkung veranlaßte, daß die entweder aus einiger Entfernung oder mit einem Weitwinkelobjektiv aufgenommen worden sein mußte. Die korpulente Hexe präsentierte sich in überlegener Pose und lächelte das kühle Lächeln, mit dem sie gestern die Fans der Windriders abgewettert hatte. Sie hatte der Zeitung sogar etwas erzählt, staunte er, nämlich daß die Rossfield Ravens, wenn sie den goldenen Topf gewonnen haben würden, eine eigene Quodpot-Akademie für ausländische Interessenten an diesem Sport eröffnen würden. Er grinste. Als er dann noch von Conners, dem Leiter der Abteilung für magische Spiele und Sport las, daß dieser den wenigen Quidditch-Mannschaften in den USA größere Geldmittel verschaffen wollte, um einen vereinten Kader für die in einem Jahr in Millemerveilles, Frankreich, stattfindende Weltmeisterschaft aufzubieten, der über die ersten zwei Runden hinauskommen möge, erinnerte er sich daran, wie europäischer Fußball seine Zeit gebraucht hatte, um von einem kläglichen Randsport zu einem Sport zu werden, mit dem auch eine Weltmeisterschaft in den Staaten betrieben werden konnte, nickte er.

"Oh, dieses Ding ist sehr interessant, Julius", sagte Martha. "Cogison heißt es und soll konzentrierte Gedanken in hörbare Sprache umwandeln, sofern das dieses Gerät tragende Geschöpf unsere Sprache verstehen kann. Dann hättest du mit Goldschweif nicht diesen Verbindungstrank austauschen müssen."

"Gib mir den Artikel mal bitte, Mum", sagte Julius und durfte dann lesen, daß die Dexter-Geschwister, die er in New Orleans schon besucht hatte, diesen Gedankensprecher oder das Cogison gebaut hatten, um zu testen, ob durch Fluch oder Verwandlung verunstaltete Zauberer und Hexen noch mit ihrer Umwelt in Verbindung bleiben konnten. Dies, so wurde Ruby Dexter zitiert, dessen stolz dreinschauendes Gesicht aus einem Foto herausstrahlte, könne auch unumkehrbar von Körperverwandlungsflüchen betroffene Mithexen und -zauberer befähigen, mit allen in ihrer Umwelt weitersprechen zu können und so eine gewisse Lebensqualität zurückzugewinnen. Daß mit diesem Gerät, das in einer abgedruckten Modellansicht wie ein Halsband mit einem blasebalgähnlichen Anhängsel aussah, auch intelligente Tierwesen befähigt wurden, ihre Gefühle und Bedürfnisse mitzuteilen, sei ein unbeabsichtigter aber höchst willkommener Nebeneffekt, so Ruby Dexter. Voraussetzung sei jedoch, daß der Benutzer dieses magischen Gegenstandes bereits an Sprache gewöhnt sei, sie mindestens zu verstehen gelernt haben mußte. Außerdem sei das Cogison nur für Wesen mit vorhandenen magischen Eigenschaften geeignet und könne nicht auf gewöhnliche Tiere angewendet werden. Er dämpfte die Erwartung junger Eltern, mit Hilfe dieses Gerätes wesentlich früher mit ihrem Nachwuchs sprechen zu können. Dann kam noch der Hammer, daß das Cogison entweder von einem Heiler verschrieben werden müsse oder von Privatleuten nur ab 1000 Galleonen plus einem Größenzuschlag pro Stück gekauft werden konnte. Julius dachte an seinen Vater. Hätte der durch die Befreiung aus dem Bann Hallittis nicht sein Gedächtnis verloren, hätte er mit Hilfe dieses Gerätes mit allen sprechen können, bevor die Motorischen Fähigkeiten seiner Zunge und der Stimme sich wieder weit genug entwickelt hätten, daß er mit eigener Stimme etwas hätte sagen können. Er stellte sich gerade Demie vor, die eine megagroße Version dieses Gerätes am Hals trug. Würde sie was denken können, daß in hörbare Worte umgewandelt werden konnte? Seitdem er mit Goldschweif in der Bilderwelt war und seitdem er mit ihr den Interfidelis-Trank eingenommen hatte, hörte er sie ja mit einer menschlich klingenden Stimme sprechen, aber nur er. An und für sich konnte Barbara Latierre das ja dann auch mit Demie oder ihrer Nichte Temmie tun, ohne Cogison. Aber für Infanticorpore-Opfer, die nicht mehr zurückverwandelt werden konnten, würde dieses Gerät sicherlich eine große Erleichterung bieten. Da er selbst einmal zur Probe unter diesem Fluch gestanden hatte wußte er, wie unangenehm es jemandem sein mochte, wie ein X-belibiger Säugling nach Milch oder frischen Windeln schreien zu müssen, weil die Zunge und der Stimmapparat zurückentwickelt waren. Weil er zu sehr in Gedanken abschweifte fragte ihn seine Mutter, was los sei. Er erzählte ihr, was er sich im Bezug auf Kniesel oder andere Zaubertiere vorstellen konnte. Dann legten sie fest, wer zuerst ins Bad gehen sollte.

Eine Stunde später ertönte ein melodisches Glockenzeichen, und die Zauberstimme meldete, daß Mildrid Latierre sie zu sprechen wünschte. Julius genehmigte den Kontakt, und Millies räumliches Abbild erschien mitten im Zimmer. Millie hatte ihr rotblondes Haar seidenweich frisiert. Sie begrüßte die Andrews' und fragte, was sie am Morgen unternehmen wollten. Julius erzählte ihr, daß er sich den Uhrenturm genauer ansehen wollte. Millie überlegte kurz und fragte dann, ob sie mitkommen dürfe. Julius sagte lächelnd zu. Seine Mutter wollte in der Zeit mit marilyn Cotton durch den Zaubergarten. Den, so sagte Julius, wollte er eigentlich mit ihr zusammen am Nachmittag besuchen, weil sie am Sonntag ja schon wieder so früh los müßten, um die Sachen für Beauxbatons einzuräumen und rechtzeitig zum Ausgangskreis zu kommen. So einigten sie sich darauf, daß Millie und Julius sich zuerst allein den Turm ansahen und dann zur Mittagszeit in der Nähe des Gartens aßen.

Beim Frühstück saß die Besetzung vom Vortag schon an den Tischen. Der Minister las gerade Zeitung, während Donata Archstone wieder als Leibwächterin die ganze Szene überblickte. Daianira Hemlock schien mit der Pelz tragenden Phoebe Gildfork Krach zu haben. Denn beide Hexen warfen sich zwischenzeitlich finstere Blicke zu. Doch das ging Julius' nichts an, und so nahm er es nur zur Kenntnis. Der einsame Cowboy von gestern hatte sich wieder an seinen Einzeltisch gesetzt, und die restlichen Gäste der Komfortklassen Gold bis Drachenhorn waren genauso leise in ihre Morgenunterhaltung vertieft wie die Andrews' und Millie.

"Lino hat unser Bild nicht gebracht?" Wollte Millie wissen. Julius schüttelte den Kopf. "Dann will die keinen Ärger mit meiner Verwandtschaft haben. Kriegt ja morgen genug Futter, wenn wir oben sitzen."

Jacqueline Corbeau kam verspätet und entschuldigte sich bei ihren Gästen. Julius fragte sie, ob es ihr gut ginge. Sie sagte, sie habe sich da auf etwas eingelassen, was so heftig sei, daß sie erst einmal damit fertig werden müsse. Dies habe jedoch nichts mit den Andrews' und Mildrid zu tun. Martha warf Millie einen zur Vorsicht gemahnenden Blick zu, als diese ansetzte, die junge Hexe auszufragen.

Nach dem Frühstück zogen die Gäste ihrer Wege. Julius flog mit Mildrid auf den Besen zum Uhrenturm, während Sharon mit ihren Geschwistern zu Brittany hinüberflog und Marilyn und Martha sich in den zwei langen Einkaufsstraßen des Zaubererdorfes umsehen wollten.

Der Turm war aus unmittelbarer Nähe imposant, mindestens hundert Meter hoch. Doch Julius mußte an den Traum von der geheimnisvollen Stadt denken, von der er nun wußte, daß es nicht einfach nur ein Traum gewesen war. Dort hatte er einen Turm gesehen, der mehr als einen Kilometer zum kuppelartigen Gewölbe emporragte und aus übereinander gestapelten Leibern mehrerer hundert Meter langer Schlangen zu bestehen schien. Dagegen und gegen die Wolkenkratzer der modernen Großstädte oder des Eiffelturms in Paris, machte sich der Uhrenturm wieder bescheiden aus. Dennoch faszinierte es ihn, in diesem am Fuß etwa vierzig Meter messenden Gebäude herumzuklettern. Es tickte, tackte, schnurrte, klickte, klackte und rasselte aus allen Richtungen, als er mit Millie die weit ausladende Rampe hinaufwandelte, die an Stelle einer Wendeltreppe den Fuß mit der Spitze des Turmes verband. Uhren aus allen Zeiten und Kunstrichtungen standen zur Ansicht. Keiner verlangte Geld von ihnen für dieses Museum der Zeitmessung. Julius meinte beim Anblick eines langsam leerlaufenden Wasserkruges zu Millie:

"Daher kommt der Ausspruch, daß die Zeit abläuft, Millie. Wenn ich das richtig lese haben die alten Griechen solche Wasseruhren in ihren Gerichten oder bei öffentlichen Debatten benutzt, um die Redezeit gerecht einzuteilen."

"Soso, Julius, die Griechen", grinste Millie. "Dabei habe ich von Onkel Otto gehört, das mit so einer Wasseruhr auch das ganze Jahr gemessen werden konnte. Haben die hier auch magische Uhren?"

"Weiß ich nicht, Millie", erwiderte Julius. Sie gingen an großen Kerzen vorbei, die als einfache Zeitschaltuhren fungierten. Wenn sie heruntergebrannt waren, löste sich ein an sie festgebundener Faden, der über eine Umlenkrolle mit einem Gewicht an der Decke verbunden war. Erlosch die Kerze, fiel das Gewicht herunter und schlug einen Bronzegong an. Alles ohne Magie.

"Hui, diese Turmuhr ist ja schon groß", meinte Millie, als sie in einer Art Gitterkäfig in den laut tickenden und ratternden Eingeweiden der mächtigen Turmuhr herumkletterten. Julius hatte vorsorglich herumhängende Ohrenschützer mitgenommen und beachtete die Zeit auf seiner eigenen Armbanduhr, als sie zwischen den metergroßen Zahnrädern standen und das Uhrwerk stetig weiterlaufen sehen konnten. Drei große Glocken hingen über ihnen. Die Größte schlug wohl jede volle Stunde. Als sie es bis zum oberen Ausstieg des Besucherdurchgangs geschafft hatten, sah Julius, daß die Uhr wie bei Big Ben vier große Zifferblätter besaß, eines für jede Haupthimmelsrichtung. Immer noch mit aufgesetzten Ohrenschützern erklommen sie die Spitze des Turmes, wo ein mächtiger Obelisk den Schattengeber einer Sonnenuhr bildete. Julius las auf einem kleinen Schild, während einige Meter unter ihnen die große Uhr halb zehn schlug, daß diese Sonnenuhr auch bei Bewölkung abzulesen war und sogar die Nachtstunden anzeigte. Da die Plattform zwanzig Meter durchmaß war es sogar möglich, die Zeit auf die Minute genau abzulesen. Als die Uhr unter ihnen ihren Läutedienst erfüllt hatte, nahm Julius die Ohrenschützer ab. Er verglich die Sonnenuhr mit seinem Armbandchronometer.

"Was wäre jetzt, wenn die Sonne nachginge, Monju?" Fragte Millie.

"Interessante Frage, Mamille. Dann müßte der örtliche Uhrmacher entweder die Plattform mit den Ziffern verstellen oder wen losschicken, um die Erde etwas weiter zu drehen."

"Ach deshalb bebt es hier in Kalifornien manchmal, weil jemand an der Erde dreht", trieb Millie den Scherz weiter. Julius nickte.

Sie lehnten sich eine Weile an den an seinem Fuß zwei Meter dicken Obelisken, der Julius an den in Paris und die sogenannte Cleopatra-Nadel in London erinnerte. Sie genossen die Aussicht über Viento del Sol. Vom Rand der Sonnenuhr aus konnten sie wie bei vielen Aussichtspunkten aus nachverfolgen, was sie gerade betrachten konnten. Als Julius den magischen Garten sah dachte er daran, daß von dort aus jene kurze Reise begonnen hatte, die ihm klargemacht hatte, was mit seinem Vater passiert war. Er wanderte an der von einer fingerdicken, hüfthohen Glaswand begrenzten Plattform entlang und suchte die beiden Einkaufsstraßen, die sich wie die Schenkel eines großen Vs genau auf dem Platz trafen, wo das Gasthaus stand. Als die Uhr unter ihnen dröhnend zehn Uhr schlug beschlossen die beiden, wieder hinabzusteigen. Sie kletterten durch die Luke in die begehbaren Eingeweide der viergesichtigen Turmuhr zurück. Am unteren Ende des laut tickenden und ratternden Mechanismusses hängten sie die geliehenen Ohrenschützer wieder zurück und stiegen die Wendelrampe hinunter, wieder vorbei an allen nichtmagischen Zeitmessern, die hier ausgestellt waren. Als sie nach etwa fünf Minuten den Turm verließen und ihre Besen bestiegen, empfing Julius eine Melo-Botschaft von Brittany Forester.

"Meine Mutter besteht darauf, daß ihr heute Mittag zu uns essen kommt, Julius. Außerdem ist Professor Verdant mit ihrem Sohn da. Sie will deiner Mutter und deiner Freundin nachher den Garten erklären."

"Okay, wir kommen", schickte Julius zurück, bevor er Millie die Gedankenbotschaft übersetzte.

Auf der Suche nach Martha Andrews gingen Julius und Millie erst die Morgentaustraße ab, die östliche der beiden Einkaufsstraßen. Hier gab es einen Blumenladen, einen Laden für magische Textilien, ein Schmuckgeschäft und einen Laden für Quodpot, der einen Tag vor dem so wichtigen Spiel Windrider-Fan-Artikel verkaufte, darunter eine im Maßstab eins zu zwanzig nachgebildete Venus Partridge mit ihrem Besen und einem maßstabbgetreuen Quod. Millie sah auf das Preisschild und zückte ihren mit glitzernden Kunstperlen verzierten Kaninchenfellgeldbeutel.

"Ist das der Standardpreis, ein Sonderangebot oder der Druck wegen der Nachfrage?" Wollte Julius von dem Verkäufer wissen, der ihn natürlich erkannte.

"Das ist heute noch das Standardangebot", meinte dieser. "Wenn du morgen kommst, muß ich das doppelte nehmen, weil dann jeder unsere Venus haben will."

"Morgen zehn Galleonen?" Fragte Julius. Millie zählte dem Verkäufer gerade fünf Goldstücke auf den Tisch. Dann legte sie noch eine Sickel dazu und meinte: "Packen Sie uns das Püppchen mit Besen und Quod kratz- und Bruchsicher ein!" Julius sah Millie an und wunderte sich. Sie sah ihn an und säuselte:

"Die kriegst du von mir, weil wir gestern gegen die so gut gespielt haben." Der Verkäufer verpackte den Artikel. Wenn jemand sie mit einem Zauberstab berührte und "Venus voran!" Rief konnte sie sich sogar bewegen und mit ihrem Besen eine Minute lang herumfliegen und den winzigen Quod jonglieren.

"Möchten die Mademoiselle und der junge Sir nicht auch ein paar Umhänge unserer Helden haben?" Fragte der Verkäufer. Julius melote die Frage an Britt weiter, die sofort erwiderte:

"In einen meiner Umhänge passt Millie locker rein. Wirf Larry nicht zu viel Geld in den Rachen!" So verneinte er die Frage.

Sie wanderten weiter die Straße entlang zu einer magischen Menagerie, aus der es quiekte, knurrte, plapperte, krächzte und schnatterte. Zwischendurch hörte Julius auch ein Maunzen wie von neugeborenen Kätzchen oder Knieselkindern heraus. Millie und er betraten ohne sich irgendwie absprechen zu müssen den weitläufigen, von hohen Fenster gut lichtdurchfluteten Laden und rochen die Ausdünstungen verschiedener Vögel, Nagetiere und Kleinraubtiere. Sofort sah Julius einen Knieselkater, silbergrau mit winzigen weißen Punkten über den Körper verteilt, die ihn wie mit feinstem Sternenstaub eingepudert wirken ließen und mondlichtfarbenen Augen, der auf einem hohen Regal herumstolzierte, den Schweif mit der schneeweißen Quaste kerzengerade aufgerichtet. Eine Hexe in einem rot-braun-grünen Kittel saß hinter der Theke und unterhielt sich mit einem zwölfjährigen Mädchen, das einen faustgroßen Frosch in einem Eimer mithatte, der glucksende Geräusche von sich gab.

"... manchmal können die schon besitzergreifend werden, wenn sie zu lange von ihren Artgenossen getrennt sind", sagte die Hexe gerade. Das Mädchen wirkte etwas verstimmt als es sagte:

"Der will mich immer küssen, und Mom sagt, der frißt dicke Schmeißfliegen und zieht die Kakerlaken aus dem Abfluß."

"Ja, das machen die manchmal", erwiderte die Hexe lachend. Wie aufs Stichwort schleuderte der Frosch im Eimer seine lange, klebrige Zunge heraus, die bis zu zwei Metern lang zu werden schien und ließ sie knapp am Gesicht des Mädchens vorbeipeitschen. Ein verstimmtes Gurgeln erklang aus der aufgeblähten Kehle des Amphibienwesens.

"Ich gebe dir Aloe-Vera-Konzentrat. Wenn er nicht ruhegibt, streu ihm das auf die Zunge. Das Zeug ist so bitter, daß er erst einmal davon abläßt."

"Das ist 'ne Sie", knurrte das Mädchen angewiedert. Julius und Millie grinsten. Sie hörten im Vorbeigehen weiter zu, daß der Onkel des Mädchens ihr den Frosch geschenkt hatte, als dieser noch eine Kaulquappe gewesen war und daß diese Tiere aus Ecuador eingeführt würden, eine magische Kreuzung aus verschiedenen anderen Fröschen. Millie deutete auf einen Käfig voller rosa und violetter Fellkügelchen, die quiekten und piepsten.

"Willst du einen. Fällt deiner Tante bestimmt nicht auf, wenn du den mitnimmst", sagte Julius. Millie grinste.

"Den kann ich in Beaux nicht rumzeigen, ohne das die Maxime den gleich einzieht, Monju", erwiderte Millie und stupste zärtlich mit dem Zeigefinger einen der Minimuffs an. Auf einmal plumpste etwas herunter, und Julius hatte den silber-weißen Kniesel auf der linken Schulter. Die Hexe hinter der Theke sah es wohl und rief:

"Hey, Stäubchen, hast du jemanden gefunden?!" Julius wandte sich um und lächelte.

"Ich kann gut mit Knieseln", sagte er. Das Mädchen an der Theke verschloss gerade den Eimer mit dem Frosch und sah ihn an.

"Stimmt, das ist der Julius Andrews. Tante Lorena hat mir erzählt, daß er da, wo er lernt mit einem Kniesel gut klarkommt."

"Männchen oder Weibchen?" Wollte die Hexe mit einem Lächeln wissen. Julius erzählte nur, daß es ein selbstbewußtes Muttertier sei. So erfuhr er, das der Kniesel auf seiner Schulter Sternenstaub hieß und aus einer Linie nur silbern und weißer Kniesel hervorgegangen war und gerade erst fünf Jahre alt sei. Für zwei Galleonen statt dreier bekam er einen besonders großen, innen mit weichem Fell und unbeschmutzbarem Zellstoff ausgelegten Tragekorb, den er bei Bedarf bezaubern konnte, hinter ihm herzufliegen, falls er sich eines der Knieselkinder erbitten konnte. Er grinste nur und meinte, daß das Muttertier was dagegenhaben würde, wenn er statt ihr eines der Kinder mitnehmen würde. Andererseits wußte er ja, daß er nach Beauxbatons wohl mit Goldschweif zusammen die Schule verlassen würde, falls Madame Maxime nicht befand, ihm die Knieselkönigin vorher schon zu überlassen, wenn ihre Kronprinzessin alt genug für eigene Kinder war. Der Kniesel Sternenstaub ließ sich erst nach mehrminütigem Kraulen und Zureden bewegen, Julius nicht hinauszubegleiten.

Im Schmuckladen wollte sich Julius für die Venus-Partridge-Puppe revanchieren. Doch der Schmuck unter drei Galleonen wirkte so lieblos und kitschig, und die wirklich erhabenen Sachen kosteten zwanzig Galleonen und mehr. Die Verkäuferin, die Millie beriet, die verschiedene Ketten anprobierte, erzählte belustigt, daß sie vor einem halben Jahr noch singende Verlobungsringe geführt hätten. Doch die hätten andauernd über den wackeren Bräutigam und die Schönheit der Braut gesungen und sich nicht dabei unterbrechen lassen. Da diese Prunkstücke zweitausend Galleonen das Stück gekostet hatten wollte bald keiner mehr diese nervtötenden Ringe haben. Verschiedene Herzen mit paarweisen Silberketten erregten Millies Aufmerksamkeit. Die Verkäuferin nickte und erklärte, daß es sich um Zuneigungsschmuck handelte. Die Herzen bestanden aus zwei übereinanderliegenden Hälften, die sich erst voneinander lösten, wenn zwei magisch begabte Menschen sie mit den Fingern berührten. Hingen sie sich die beiden Hälften um den Hals und ließen sich einen Verbindungszauber darauf wirken, konnte der eine Partner an einem regelmäßigen Pulsieren und wohliger Wärme erkennen, wenn es dem anderen Partner gut ginge. Je näher sie waren, desto stärker wurde das Pulsieren. Julius wollte erst "Mädchenzeugs" sagen, als Millie ihn ansah und auf ein rubinrotes Herz deutete, das völlig still auf dem Samtkissen neben einem silbernen und einem dreimal so großen Goldherzen lag, in dessen Oberfläche ein lächelndes Gesicht eingraviert war. Die Verkäuferin meinte dazu:

"Ja, das ist das Herz für junge Liebe. Das silberne ist für betuchtere Verlobte und das goldene ist eines der nobelsten Hochzeitsgeschenke, die es gibt. Unter dem Gesicht erscheint dann jedes vollendete Jahr am Hochzeitstag die neue Zahl, wie viele Jahre die Eheleute schon zusammen sind und liegt trotzdem, daß es aus 18-karätigem Gold ist federleicht an, solange die durch es verbundenen sich treu sind."

"Und wenn die Treue weggeht?" Fragte Julius herausfordernd.

"Wird die Hälfte des Partners, der untreu wurde so schwer, als habe er sich einen Felsen umgehangen oder er kann seine Herzhälfte nicht mehr hochheben. Die andere Hälfte wird dann eiskalt, und die Anzahl der Ehejahre verwischt, sofern die Partner sich nicht wieder vertragen und mindestens ein halbes Jahr lang wieder treu zueinander werden."

"Das wäre was für meine Schwester gewesen", meinte Millie auf Französisch. Dann schnurrte sie: "Wie wär's, Monju? Sollen wir uns das rote da mitnehmen?"

"Millie, da steht kein Preis dran. Frag erst mal, wie teuer das ist!" Seufzte Julius. Als Millie frei heraus fragte erfuhren sie, daß diese relativ günstige Version schon einhundert Galleonen kostete, aber, so die Hexe lächelnd, eine wahre Liebe millionenmal mehr wert sei.

"Ich habe nur noch zwanzig Galleonen, Millie. Mum bringt mich um, wenn ich von ihr Geld verlange."

"Meine Mutter bringt mich nicht um", sagte Millie kategorisch. Dann nahm Sie Julius beiseite und meinte:

"Wenn du es möchtest, kaufe ich uns eins und lass uns hier gleich damit abstimmen. Falls du meinst, der Mann müßte den Schmuck bezahlen, überlege dir das, ob du mir das nicht zum Geburtstag schenken möchtest oder nicht. Aber ich muß nicht unbedingt sowas haben, solange ich weiß, daß wir auch so gut zusammenpassen."

Julius nickte und fragte, ob es hier auch eine Filiale von Gringotts gäbe. Er bat Millie sich noch etwas umzusehen und verließ den Laden, eilte einige Häuser weiter zu einem kleinen weißen Bau, der überhaupt nichts mit der sonst so protzigen Fassade eines Gringotts-Gebäudes zu tun hatte und fragte einen der vier Kobolde dort, ob er auch eine Geldauszahlungsanweisung tätigen konnte. Er konnte. So unterschrieb er nach Vorlage seines Verliesschlüssels eine Abhebungserlaubnis, bekam im Gegenzug eine Auszahlungserlaubnis wie einen Scheck und kehrte zurück. Millie hatte derweil Myrna Redlief getroffen, die sich hier noch eine Gliederkette besorgen wollte. Julius gab der Verkäuferin die säuberlich zusammengefaltete Auszahlungsanweisung. Diese meinte, daß das für ein rotes Herz zu viel sei. Er flüsterte ihr zu, daß sie ihm dann noch eine silberne Haarspange mit Regenwasserabweisezauber dabeitun sollte. Diese wollte er jedoch nicht gleich mitnehmen, sondern sich zuschicken lassen. Er gab seine Adresse weiter und rief dann Millie zu sich. Dieser flüsterte er zu, daß er es sich überlegt habe und noch genug Geld dafür hätte. So berührten sie eines der rubinroten Herzen, das sofort vibrierte und weich und warm wurde wie ein lebendiges Kaninchen. Die beiden aufeinanderliegenden Hälften lösten sich. Die Verkäuferin befestigte die beiden wie Brötchenhälften geteilten Herzen an je einer Kette und hängte sie den beiden um. Dann berührte sie die beiden Hälften mit dem Zauberstab und gebot, daß Millie und Julius die jeweils andere Hälfte für eine halbe Minute in der Hand halten sollten. Als diese Zeit vorbei war, pulsierten die beiden magischen Schmuckstücke im gleichen Takt und wurden noch etwas wärmer. Millie umarmte Julius erst einmal nur. Dieser fragte sich, ob seine Hormone ihn nicht doch um den Verstand gebracht hatten, einhundert Galleonen für Schmuck ausgegeben zu haben. Doch wenn es stimmte, daß diese Herzen zeigten, ob es den Partnern gut ging, warum nicht? Immerhin hätte Millie so nicht erst von Heilerin Rossignol erfahren müssen, daß er aus Bokanowskis Burg wieder heraus war.

Sorgfältig unter der Kleidung verborgen fühlten sich die beiden daumengroßen Herzen wie winzige, echte Blutumwälzungsmuskeln außerhalb des Körpers an.

"Ob lino sowas hören kann?" Fragte Julius im Flüsterton.

"Müßten wir testen", meinte Millie.

Den weiteren Versuchungen, Hände voller Galleonen auszugeben widerstanden die beiden erfolgreich, bis sie Martha Andrews trafen, die in der Abendlichtstraße im Westen an den Modegeschäften, der Parfümerie und diversen Cafés vorbeiflanierte. Sie erzählten ihr, daß sie bei den Foresters eingeladen wären. Als Julius seiner Mutter eingestand, für Millie und sich was gekauft zu haben verzog sie das Gesicht und fragte vorsichtig ob er noch ganz bei Sinnen sei. Doch dann mußte sie lächeln. Ihr Sohn wurde vom Jungen zum Mann, und ihrem Mann Richard hatte sie immer sehr freudig gedankt, wenn er ihr ein Paar Ohrringe, ein neues Kleid oder diverse Ringe geschenkt hatte. Als sie dann noch erfuhr, daß die beiden dadurch immer nachprüfen konnten, wie es ihnen ging mußte sie sogar zugeben, daß es schon sehr beruhigend war, wenn da jemand wußte, ob es ihrem Sohn gut ging.

Mittags saßen sie bei den Foresters, wo sie das Mädchen mit dem Frosch wiedertrafen, das Brittany nun als ihre kleine Cousine Luella vorstellte. Julius aß erst das für Fleischesser taugliche Essen von Mrs. Forester, probierte dann aber auch von dem Gemüseauflauf, den Brittany für sich selbst zubereitet hatte. Sie sprachen über die verschiedenen Zaubertiere. Julius warf ein, schon einmal von dem orientalischen Felsenvogel gehört zu haben, verschwieg dabei den Umstand, daß er den legendären Riesenvogel, der auch Vogel Roch genannt wurde, sogar schon leibhaftig gesehen hatte.

"Der Felsenvogel ist eine Altweltverzweigung des Brontopteros occidentalis, des Donnervogels, der in den Rocky Mountains und den Anden beheimatet ist. Sie haben wohl einen gemeinsamen Vorfahren, den wir Archornis astralis nennen und der sich wohl aus den Urdrachen, den Pyrostomata patriarchica genauso als eigene Tierordnung herausgebildet hat wie die Ordinärvögel sich aus den prähistorischen Reptilien entwickelten. Allerdings bin ich keine Expertin für Paläomagizoologie. Mir sind die gegenwärtigen Tiere wesentlich geläufiger", sagte die Fachlehrerin für magische Tierwesen.

Da ihre Kollegin Silvana Verdant auch mit am Tisch saß, glitt das Gespräch zeitweilig in eine Fachdiskussion über Zauberpflanzen ab. Doch dann sprachen sie noch über Kniesel, Latierre-Kühe und Abraxaspferde. Nach dem Essen erzählte Luella noch etwas über Buffy, das große Froschweibchen, das zwischendurch versuchte, die Zunge durch den gläsernen Eimerdeckel herauszuzwengen.

"Mein Bruder James hat dir mit diesem Tier was ganz anhängliches geschenkt", knurrte die Gastgeberin. "Das mit der Küsserei bedeutet, daß dieses Froschweibchen laichen will und dazu mindestens vier männliche Artgenossen haben will. Wenn sie aus ihrem Zyklus heraus ist, wird sie nirgendwo mmehr allein sein wollen, sogar nicht in deinem Bett."

"Ii, Tante Lolo. Die hat doch ihr Bett", quängelte Luella. Die Gäste am Tisch lachten darüber. Julius warf ein, daß der Frosch wohl eine verzauberte Prinzessin sei. Das brachte Mrs. Forester erst zum schmunzeln. Dann sagte sie:

"Deshalb heißt diese magische Züchtung auch Rana regalis aequatorialis, äquatorialer Königsfrosch. Es gibt sogar noch die Art Rana imperialis aequatorialis, die doppelt so groß wie nordamerikanische Ochsenfrösche werden können und sogar Feldhasen und Ratten erbeuten können. Als Haustiere sind sie weniger geeignet, weil sie sehr laut sind und mit einem Sprung mehr als sieben Meter aus dem Stand überwinden können."

"Super", knurrte Luella. "Jetzt muß ich Buffy vier Männer suchen, damit die nicht zu mir ins Bett springt."

"Lass sie hier! Ich gebe sie James, damit er sie mit den entsprechenden Artgenossen zusammenbringt. Wenn sie einmal abgelaicht hat wird ihre anhänglichkeit für zwei Jahre wieder zurückgehen", sagte Mrs. Forester. Luella nickte.

Zusammen mit den Foresters und Luella besuchten die Andrews', Millie und die Cottons den Zaubergarten und ließen sich von Professor Verdant die besonderen Pflanzen erklären. Der Spendebaum, den Brittany Julius im letzten Sommer gezeigt hatte, begann gerade erst zu blühen und würde seinem Namen im Moment keine Ehre machen können.

Gegen Abend saßen die Andrews' und Millie wieder im Speisesaal des Gasthauses zum sonnigen Gemüt. Sie beschlossen, den Abend locker ausklingen zu lassen. Einmal blickte die Hexe namens Daianira Hemlock zu ihnen herüber, argwöhnisch beäugt von Mrs. Gildfork und bedachte sie mit einem fragenden Blick. Martha nickte und winkte ihr zu. Sie kam herüber. Julius fragte sich, was das jetzt sollte und verschloß seinen Geist.

"Ich möchte Ihnen bestimmt nicht zur Last fallen, die Damen und der junge Herr", begann sie. "Ich werde morgen der Partie genauso beiwohnen wie sie. Ich erfuhr, Ihnen sei es ebenfalls vergönnt, in der obersten Loge zu sitzen. Ich möchte mich davor gerne für meine Neugierde entschuldigen, die ich gestern morgen an den Tag legte."

"Sie meinen, daß Sie einfach so versucht haben, in unsere Köpfe hineinzusehen?" Fragte Martha Andrews kampfeslustig. Millie nickte ihr anerkennend zu.

"Ich erfuhr, daß Sie dies bemerkt haben. Ich möchte Ihnen als einzigen Entschuldigungsgrund für diese Derbheit meinerseits vorbringen, daß ich sehr unangenehme Erfahrungen gemacht habe und mich seither gerne absichere, nicht erneut in Schwierigkeiten zu geraten. Ich kann mir bei der Stellung die ich innehabe leider kein grenzenloses Vertrauen oder die den Anstandsregeln angemessene Zurückhaltung mehr erlauben", sagte Daianira Hemlock.

"Das kann jeder behaupten", erwiderte Martha Andrews verhalten. Irgendwie dachte sie, daß diese Hexe es ihr übel nehmen würde, wenn sie sie einfach anfuhr. Madam Hemlock sah sie abbittend an, sagte dann aber:

"Nachdem, was ich aus den Zeitungen des letzten Jahres entnehmen durfte würden Sie ebenso darauf achten, wer in Ihrer Umgebung gutartig ist oder nicht. Ich trachte nicht danach, Sie anzugreifen, verwahre mich nur dagegen, mich leichtfertig angreifbar zu machen."

"Ma'am", setzte Julius an, während Millie die Tischnachbarin sehr genau im Auge behielt, "Jemanden zu legilimentieren ist so, als wenn jemand an ihnen vorbeiginge und ihnen ohne Ihren ausdrücklichen Wunsch unter den Rock langen würde, um zu fühlen, ob Sie für ihn empfänglich sind oder dort etwas versteckt haben, um ihn zu töten. Ich denke, Sie verstehen mich."

"Deshalb wollte ich mich ja entschuldigen", erwiderte Daianira Hemlock unbeeindruckt. "Der Vergleich trifft schon ungefähr zu, und du hast allen Grund, ungehalten zu sein. Ich möchte vor dem morgigen Tag ausloten, ob wir die Zeit, die die Partie dauert ohne Argwohn in derselben Loge sitzen können." Mrs. Gildfork starrte herüber und rümpfte die Nase, weil die Tischnachbarn, die so taten, als hätten sie Ahnung von angemessener Garderobe und könnten sich keine wirklich erlesenen Kleider leisten mit Daianira Hemlock sprachen. Martha meinte zu der Hexe:

"Nun, daß Sie sich unter dem Deckmantel des Eigenschutzes etwas herausnahmen bedeutet noch keine Kriegserklärung. Allerdings möchten wir dann quid pro quo wissen, was Sie dazu treibt, jeden Ihnen fremden derartig auszuforschen. Falls Sie uns diesen Gefallen erweisen möchten, bin ich bereit, Ihre Entschuldigung anzunehmen. Inwieweit Mademoiselle Latierre und mein Sohn dies tun werden kann ich nicht bestimmen."

"Nun, Sie haben recht. Zumindest dürfen Sie im Gegenzug dessen, was ich durch meine Neugier über Sie erfahren konnte einiges von dem erfahren, was den Rand meiner Privatsphäre berührt, sofern ich mich damit mehr ausliefere, als Sie sich mir ausgeliefert fühlen mußten."

So vergingen zwei Stunden, in denen Daianira Hemlock berichtete, daß sie nach ihrer Zeit als Lehrerin in Thorntails lange für das Ministerium gearbeitet habe und dabei auch mit hiesigen Schwarzmagiern über Kreuz geraten sei, da diese höchst schädliche Zaubertränke brauten und sie nach Gegenmitteln suchte. Sie berichtete, daß ein Neffe von ihr entführt und unter den Imperius-Fluch genommen worden sei und versucht habe, sie umzubringen. Seither habe sie die Legilimentik erlernt und wende sie immer dann an, wenn sie mit neuen Personen oder solchen, denen sie nach dem ersten Augenschein nicht trauen könne zu tun habe. Julius, der sich der Lady ja gestern schon als guter Okklumentor offenbart hatte zitierte ohne Namen zu nennen Professeur Faucons Meinung zu diesem Thema und wandte ein, daß die meisten Dunkelmagier ebenso Okklumentik, beziehungsweise Occlumentie erlernt hätten.

"Natürlich ist mir dies bewußt", erwiderte Daianira Hemlock und fuhr fort, daß sie daran, ob jemand was verberge, ohne daß sie ihn oder sie überprüfte erkenne, wenn jemand grundsätzlich etwas zu verbergen habe. Dann meinte sie noch, daß Julius bestimmt diese Kunst erlernt habe, um sich weiteren Angriffen der sogenannten Abgrundstöchter zu widersetzen, aber auch gegen Leute wie den britischen Dunkelmagier bestehen wolle. Julius sagte dazu nur, daß er selbst es nicht darauf anlegte, diesem Zauberer über den Weg zu laufen. Diggorys Tod hatte allen in Hogwarts ja gezeigt, wie leicht der einfach jemanden umbrachte, der nur mal eben in seinem Weg herumlief. Zum Schluß meinte Daianira Hemlock noch:

"Nun, ich hoffe, was auch immer dir in den letzten Tagen angeblich oder tatsächlich widerfahren ist wird sich nicht wiederholen. Bis morgen früh dann." Sie verbeugte sich noch einmal vor den Andrews' und Millie. Dann ging sie an ihren Tisch zurück. Die im Moment im Nutriapelz gewandete Mrs. Gildfork blickte noch einmal herüber. Doch sie traute sich nicht, auch noch herüberzukommen oder befand, daß die Gäste einige Tische weiter es nicht wert waren. An ihrem Gesichtsausdruck konnte Julius es ihr nicht so einfach ablesen.

"Wie kam diese Lady jetzt darauf, sich für Ihre telepathische Unverschämtheit entschuldigen zu müssen?" Fragte Martha ihren Sohn, als sie zu dritt im geräumigen Doppelzimmer saßen und leise Musik von Johann Sebastian Bach hörten.

"Ganz einfach, Mum, sie hat gestern abgeklopft, wer wir sind und dabei mitgekriegt, daß wir diejenigen sind, die letztes Jahr die Probleme mit Hallitti hatten. Weil ich zugemacht habe ist ihr natürlich klar geworden, daß ich von irgendwem gelernt habe, keinen bei mir reinschauen zu lassen, zumindest so gut wie es geht dagegenzuhalten. Ich hoffe, ich muß niemals gegen einen Superlegilimentor antreten, wie der unnennbare Lord einer sein soll", sagte Julius. "Allerdings weiß ich nicht, ob diese Hexe, die mir in Bokanowskis Monsterlabor geholfen hat nicht genauso stark ist wie der Irre. Immerhin konnte ich gegen den irren Iwan die Schotten dichthalten."

"Ich hab's dir gestern gesagt, Monju und sag's gerne noch mal. Ich halte diese Madame Hemlock für gefährlich. Könnte echt sein, daß die den ganzen Krempel, den sie uns quid pro quo, wie du es meintest Martha, deshalb erzählt hat, um uns zu zeigen, wie stark sie wirklich ist, welche Leute sie gegen sich aufgebracht hat oder wer ihr besser aus dem Weg bleiben sollte."

"Den Gedanken hatte ich auch, daß die eine Konkurrentin von der ist, die mich gerettet hat, Millie", erwiderte Julius. "Aber zum einen wüßte ich dann nicht, ob die eine gutartige ist, wie Professeur Faucon und Catherine oder eine von denen, die selbst meinen, alle Welt hätte nach Sardonias Pfeife zu tanzen gehabt."

"Königin Blanche und gutartig?" Wunderte sich Millie. "Die hätte dich am liebsten irgendwo eingesperrt, damit du ja nichts mehr mit mir zu schaffen hast oder dich gar mit Tine oder Tante Trice zusammentun könntest", erwiderte Millie verächtlich. Martha räusperte sich und sagte:

"Millie, ich weiß nicht, was deine Oma Ursuline Professeur Faucon getan hat. Ich weiß nur, daß Professeur Faucon möchte, daß es Julius und mir so gut wie möglich ergeht."

"Solange ihr tut, was sie für richtig hält, Martha. Nichts für ungut. Aber was immer die mit Oma Line erlebt hat, Oma Line allein ist da bestimmt nicht schuld dran, daß die heute noch so rumfaucht, wenn's um meine Familie geht."

"Reden wir nicht mehr davon, Kinder. Deinen Eindruck, daß dieser Daianira Hemlock etwas gefährliches eigen ist, kann ich irgendwie nachempfinden", sagte Martha Andrews Millie zugewandt. "Ich gebe dir auch recht, Mildrid, daß sie uns die weniger sensiblen Details aus ihrem Leben deshalb erzählt hat, um uns darüber zu orientieren, daß sie mit uns sehr leicht fertig werden könnte, sollten wir ihr feindlich begegnen. Bei Kriegerstämmen zeichnen Narben siegreiche Krieger aus. Warum sollte eine Geschichte nicht dieselbe Funktion erfüllen."

"Mum, wenn die Linos Bericht vom letzten Sommer gelesen hat und vielleicht Beziehungen zu Leuten hat, die auch rausgekriegt haben, was mir diesen Dienstag passiert ist, könnte die glauben, daß ich irgendwie mit dieser Hexe in Rosarot Verbindung halte. Ich würde das ja glauben, wenn Bokanowski es nicht darauf angelegt hätte, Ruster-Simonowsky-Zauberer zu fangen und das irgendwie klar war, daß er mich dabei auch noch kassieren würde."

"Nun, sie sagte uns, daß wir morgen lange mit ihr in der Ehrenloge sitzen würden. Wir sollten deshalb nicht länger darüber reden, um nicht viel zu viele greifbare Gedanken zu produzieren", beendete Martha die Diskussion. Dann schickte sie Millie auf ihr Zimmer zurück und ging schlafen. Julius legte sich auch hin. Er fühlte das wohlige Pulsieren des roten Herzanhängers auf seiner Brust. Da mußte er sich jetzt genauso dran gewöhnen wie an die Tatsache, daß er und Millie zusammen waren. Er dachte einen Moment lang darüber nach, unter der Bettdecke noch etwas zu lesen. Doch dann schlief auch er ein.

__________

Nach dem Frühstück ging es erst einmal zu Brittany, die Millie und Julius mit den "richtigen" Fan-Umhängen ausstattete. Melanie Redlief hatte sich das Rossfield-Ravens-Kostüm angezogen, daß sie im letzten Sommer schon einmal getragen hatte.

"Viel Spaß in der Ehrenloge!" Wünschte Brittany keinesfalls ironisch gemeint. Julius bedankte sich artig und ging mit seiner Mutter und Millie hinter Jacky Corbeau her, die die Karten für die oberste Loge vorzeigte und die Gäste hinaufführte, bis sie in der wie ein aufgesetztes Häuschen wirkenden Loge aus weißem Edelholz ankamen. Julius war jetzt das zweite Mal hier im Quodpot-Stadion von Viento del Sol. Doch in der Ehrenloge zu sitzen gab doch noch einiges mehr her. Außer ihm, seiner Mutter und seiner Freundin trafen noch die Angehörigen der Spieler ein, sowie die Funktionäre der beiden Mannschaften, einige Hexen und Zauberer, die wohl dem Dorfrat von VDS angehörten, sowie Daianira Hemlock, die von Mrs. Gildfork mißmutig beäugt wurde. Sie schlenderte im tulpenroten Satinkleid an den Andrews' und Millie vorbei, lächelte ihnen zu und nahm am anderen Ende der Loge in einem der hochlehnigen Sessel platz.

Nach einem Liedzu Ehren der amerikanischen Zaubererwelt stellte der Stadionsprecher die beiden Mannschaften vor. Wie zu erwarten war wurden die Spieler der Heimmannschaft mit tosendem Applaus empfangen, während die mitgereisten Raven-Fans die einzigen waren, die ihrer Mannschaft zujubelten. Wahrscheinlich jubelte Mel mit diesen mit.

"Der erste Quod des Tages ist oben und schon sind gleich vier von den Rossfield Ravens um ihn herum. Michelsen von den Ravens kann den Quod erobern, ist schon unterwegs zum Pot der Lokalmatadoren von den Windriders ... und bleibt in der sehr schnell verdichteten Dreiergruppe der Vorblocker hängen, muß umdrehen, kommt nicht richtig weg, weil er nun von allen Windriders gleichzeitig attackiert wird. Er gibt auf Foggerty ab, der die Hoffnung der Gäste in der ersten Minute erfüllen will. Foggerty fliegt auf den Pot zu, läßt den Quod immer von Arm zu Arm springen! Doch Terence Perkinson sitzt auf dem Pot fest, macht Foggerty das direkte Eintopfen streitig, kann den Ball, der bestimmt schon gut vorgeglüht ist mit einer Faust ins Feld zurücktreiben. Doch die Ravens haben sich in der Hälfte der Windrider festgebissen und bekommen dden Quod wieder unter kontrolle. Schnelles Staffettenspiel erneut zu Foggerty. Der ist jedoch blockiert und muß wieder zurücklegen. Das riecht nach einem Rausknaller, Ladies und Gentlemen. Blackburry kann den Quod für die Windriders ergattern, taucht unter der gegen sie anbrandenden Welle aller Vorblocker durch und ist fast schon am Ende ihrer Spielzone. Sie wirft ab! Weitwurf?!" Der Quod flog weiter auf den Pot zu, doch etwas zu weit links. Da erwischte Venus Partridge den Ball, wedelte nach rechts um den Rückhalter herum und versenkte den Quod. Das alles hatte keine zwei Sekunden gedauert. Julius ließ sich das entscheidende Manöver in zwanzigfacher Verlangsamung zeigen, während auf der Anzeigetafel erst der Spielstand 10 : 0 und eine halbe Minute später eine Serie von Werbeanzeigen gezeigt wurde.

"Diese idiotischen Stümper!" Fluchte Phoebe Gildfork, nur für die Besucher der Ehrenloge hörbar. Das Stadion erbebte unter dem Jubel der heimischen Fans.

"Rab, rab, rab! Die Ravens heben ab!" Skandierten die ungefähr zweitausend Fans der Ravens laut, um sich und ihre Mannschaft wieder aufzubauen.

Während der Unterbrechung traf noch der Minister mit seiner Frau und zwei Mitarbeitern ein, dem Leiter der Spiele-und-Sportabteilung Conners und Southerland, der die Andrews' und Millie herübergebracht hatte.

"Ja, die Reisewindeln sind wohl doch für die Gäste", eröffnete der Stadionsprecher den zweiten Durchgang und bezog sich auf die letzte Werbeenspielung auf der Tafel. "Denn schon haben Partridge und Silverbell den Quod sicher und werfen sich damit selbst in den gegnerischen Potraum ..." Doch die Windriders schafften keinen zweiten Torerfolg, weil die Ravens sie wild beharkten, immer wieder anrempelten. Doch dabei schaffte es keine Mannschaft, über die Mittellinie hinauszukommen. Die taktischen Flugmanöver verpufften unter der brutal wirkenden Körperbetontheit des Spiels. Millie meinte einmal zu Julius, daß so eine Rauferei jedes gute Spiel kaputtmachen würde.

"Ich denke, wir bleiben doch bei Quidditch", sagte sie dann noch. Der Durchgang endete damit, daß Foggerty den Quod zum gegnerischen Pot hinüberwarf und der Rückhalter ihn am Pot abfing, der dann mit lautem Knall und hellblauem Funkenregen zerplatzte.

"Nur eine Zehntelsekunde", knurrte ein Zauberer hinter Julius, wohl der Vater des Rückhalters.

"Perkinson ist das erste Rausknallopfer dieser Partie, Ladies and Gentlemen. Damit kommen die Ravens bis auf einen Punkt an die Windriders heran", kommentierte der Stadionsprecher über die lauten Buhrufe und die traurig klingende Fanfare hinweg, die bezeichnete, daß ein heimischer Spieler rausgeknallt wurde.

"Wir waren echt zu zart mit Britt und den anderen", meinte Julius zu Millie.

"Sagen wir's so, Julius, daß wir doch eher auf Technik als auf Kraft gespielt haben", erwiderte seine Freundin. Dann grinste sie und deutete auf die Anzeigetafel. "Kuck mal, es gibt sogar Lebendfutter für Kniesel."

Julius las den Weerbetext, der aus wild wuselnden Mäusen zusammengefügt wurde, die dann von einem überlebensgroßen Kniesel gejagt und wie bei einem Packman-Spiel die Punkte eingesammelt und gefressen wurden.

"Aber nur für solche, die nicht aus dem Haus dürfen", sagte Julius. "Immerhin werden die Mäuse alle sterilisiert. Sonst würde der Umsatz ja glatt zusammenbrechen."

"Das die es wagen, sowas anzupreisen, wo Kinder zuschauen", knurrte es links hinten von Julius. Er wandte sich um und sah eine Hexe, die wie eine ältere Ausgabe von Sharon Silverbell aussah.

"Der Bronco Parsec, demnächst zum Probefliegen!" schrieb ein aus einer gleißendblauen Neonröhre und Besen zusammengekreuzter Irwisch mit flammenden roten Buchstaben über die Tafel. Darunter stand, daß der Parsec mit angebauter RIV-Tasche geliefert wurde und zum Aufpreis auch ein Kälte- und Luftmangelabwehrender Ganzkörperschutzanzug mitgeliefert würde. Julius staunte, als er las, daß dieser Wunderbesen im Sprint die Schallmauer durchbrechen konnte und einen Kurzstreckentransitionsturbo besaß, der ihn zeitlos fünf Kilometer überspringen lassen konnte und neben der durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 700 Stundenkilometern für fünf Stunden die Gesamtreichweite auf 8000 Kilometer vergrößerte.

"Das erzähle ich Céline und Laurentine, daß der Warp-Besen jetzt bald rauskommt", grinste Julius.

"Das ist ein Angeberbesen, Julius. Mit dem kannst du auf einem Quidditchfeld nichts anstellen. Und ich denke mal, der wird für alle sportarten verboten. Aber ich erzähl das Maman, wenn wir wieder da sind."

"Maximaltragegewicht 120 Kilogramm!" Rief Julius und blickte sich um, wer diesen Hyperbesen dann erst gar nicht einmal in die Hand nehmen mußte. Natürlich blieb sein Blick an Phoebe Gildfork hängen. Die hatte es wohl gehört, wandte sich um und funkelte Julius an.

"Hüte dich bloß vor irgendwelchen Unverschämtheiten, Bursche!" Knurrte sie. Julius erwiderte diesen Tadel mit einem überlegenen Grinsen. Er hatte Slytherins gemaltes Ich, dessen Monster, Hallitti und Bokanowski und seinen Monsterstall überlebt. Was wollte die vollschlanke Frau dann von ihm, wenn sie die Tiere für ihre Pelze nicht selbst erlegte?

"Du bist die Mildrid Latierre, deren Mutter bei euch in Frankreich die Spispo führt?" Wandte sich Mr. Conners an Mildrid, nachdem er Minister Cartridge einen kurzen Blick zugeworfen hatte. Die angesprochene nickte bestätigend.

"Dann sage deiner Mutter bitte einen netten Gruß von mir, Mr. Conners und daß wir den Bronco Parsec bereits als unzulässiges Spielgerät für alle Besenflugsportarten eingetragen haben. Der ist eher für besonders begüterte Fernreisende mit individuellen Ansprüchen."

"Bitte was?" Fragte Millie, die trotz ihrer überraschend guten Englischkenntnisse mit dieser Aussage nicht so recht klarzukommen schien.

"Er meint, daß dieser Parsec-Flitzer das ist, was bei Muggeln ein Privatjet ist, ein kleines Luftstrahlflugzeug für wenige Leute, die das Geld haben, sich sowas zu leisten und keine Lust haben, mit dem gewöhnlichen Volk zu fliegen oder Angst vor Ärger haben müssen", übersetzte Julius.

"Wie teuer wird der denn?" Fragte Millie, während bereits drei weitere Werbeanzeigen über die Tafel huschten.

"Da wir von der Spispo uns gerechtfertigt geweigert haben, diesen Besen als Spielgerät anzuerkennen und wohl auch die IOMSS ihn ächten wird, hat Bronco den geschätzten Kaufpreis zur vertraulichen Angelegenheit zwischen sich und ihren Kunden erklärt."

"Eine Festtonne in Gold?" Fragte Julius herausfordernd. "Wäre was für eine gewisse Familie, deren Kronprinz gerade in Hogwarts ist. Aber aus Askaban können ja keine Überweisungen abgeschickt werden", feixte Julius. Millie sah Mrs. Gildfork an.

"Die Dame dort ist doch bei denen von Bronco. Wieso haben die die Traglast dann nicht auf deren Standardgewicht eingestellt?" Fragte sie auf Englisch.

"Was für den Burschen links neben dir gilt ist auch für dich verbindlich, freches Mädchen", knurrte Mrs. Gildfork, während Conners und einige andere lachten, vor allem auch Windrider-Spielerfamilien, die der überheblichen Pelzhexe diese Frechheit gönnten. Minister Cartridge wandte sich um und sagte:

"Die Frage ist durchaus berechtigt, wieso sich jemand einen derartig exklusiven Langstreckenbesen zulegen soll, wenn die Beladungsobergrenze so niedrig ist. So könnte ich meine Gattin schlecht an einen Ort für eine ruhige und sichere Niederkunft bringen, wenn ich mit ihr am anderen Ende der Welt bin und nicht mehr apparieren kann."

"Das ist ja nur die erste Auflage, Minister Cartridge", erwiderte Mrs. Gildfork nun etwas zurückhaltender dreinschauend. "Sollte sich dieser Besen gut verkaufen, wird die Maximalbeladungsgrenze ganz gewiß anzuheben sein."

"Wenn der Besen Parsec heißt und einen Kälte und Luftmangel abwehrenden Ganzkörperschutz mitliefert, hätten die den wohl eher Suborbital nennen sollen. Parsec ist für mich doch schon was mit Flügen zu anderen Sternen", sagte Julius.

"Immer noch unverschämt, Bursche? Meine Firma hätte ihn ja gerne Stratorex oder Suborbital genannt. Aber eine andere Firma hat sich diese Markennamen bereits von Lemonbroker schützen lassen, wofür auch immer", knurrte die bepelzte Dame.

"Das kann ich Ihnen sagen", wandte Minister Cartridge ruhig ein. "So werden die globalen Luftschiffe heißen, die die Firma Magomotion in Konkurrenz zum fliegenden Holländer der Europäer und Commonwealth-Staaten einsätzen möchte."

"Diese Firma baut die Luftschiffe, die die Anreise nach Thorntails gewährleistet und betreibt die Buslinie Blauer Vogel", sagte Jacky Corbeau, die etwas bleicher aussah als gestern morgen. Millie und Julius nickten. Also war die Muggeldevise, möglichst schnell möglichst viel möglichst weit zu transportieren doch schon in der Zaubererwelt angekommen. Julius konnte sich eine Flotte getarnter Zeppeline vorstellen, die doppelt so schnell wie die Concorde und dabei ohne verräterischen Überschallknall über die Ozeane dahinbrausten und damit das Flohnetz entlasteten.

Der nächste Durchgang brachte den Windriders einen satten Vorsprung, weil einer der Ravens Venus Partridge mit der Hand das Rechte Bein vom Besen reißen wollte und dafür vom Feld mußte, was den Ravens die zehn erspielten Punkte wieder abzog und die Gefoulte dann auch noch blitzsauber von oben eintopfte. Da nun auch der rausgeknallte Rückhalter der Windriders wieder im Spiel war, konnten die Gastgeber ohne die Bürde der Unterzahl weiterspielen. Die nächsten beiden Durchgänge bauten die Windriders den Vorsprung aus, wobei sie einmal mit den Ravens je fünf Glückspunkte bekamen, weil der Quod vom schnellen und wuchtigen herumgeschleudert werden sehr rasch an die Explosionsschwelle gespielt und gerade noch rechtzeitig von Sharon Silverbell abgeworfen wurde, bevor der Ball tatsächlich detonierte. Doch die drei folgenden Durchgänge bestimmten die Ravens, die über eine art wild schwingender Kette den Ball so schnell über mehrere Stationen spielten, daß der Quod schon beim nächsten Spieler war, bevor der ihn zuletzt führende angegriffen werden konnte. Venus kam schon gar nicht an die Kugel heran. Doch dann drehten die Windriders den Spieß wieder um. Einmal versuchte Foggerty, den Rückhalter der Ravens durch dieselbe Falle rauszuwerfen, die Julius Brittany gestellt hatte. Er hieb den Quod zwischen seinen Fäusten, während sein Eintopferkollege und seine Vorgeber ihn abschirmten, sauste nach oben, knapp unter die Flughöhenbegrenzung, was durch ein hektisches Ping-Ping-Ping angemahnt wurde. Doch als er den Quod im Stil eines Jagdbombers nach unten abwarf und dachte, der würde beim Abfangen explodieren, köpfte Perkinson die Kugel wie ein Profi-Fußballer ins Feld zurück, wo ein Vorgeber den Ball abfing .... Peng! Johlendes Gelächter und tosender Applaus aus den Reihen der Windrider-Fans quittierte das zum Bumerang gewordene Manöver Foggertys. Da Vorgeber nicht durch hinter ihnen spilende Mannschaftskameraden ersetzt werden durften klaffte nun eine Lücke in der Aufstellung der Ravens, und die Windriders bekamen zehn Rausknallpunkte auf ihr Punktekonto draufgepackt.

"Der Trick geht nur bei Übungsquods!" Rief Julius leicht schadenfroh.

"Ui, kuck dir mal an wie dieser Foggerty von seinen Leuten umschwärmt wird", feixte Millie.

"Klar, der hat gerade etwas wie'n Eigentor geschossen", bemerkte Julius dazu.

Die Unterbrechung dauerte nun zehn Minuten, in denen in den unteren Reihen Leute mit Imbiswagen herumliefen und in der Ehrenloge fünf Hauselfen ein Buffet betreuten.

Die vier nächsten Durchgänge waren ein offener Schlagabtausch mit schnellen Abschlüssen. Martha Andrews meinte in der dieser Serie folgenden Unterbrechung:

"Wenn die jetzt so weiterspielen besteht das Spiel aus mehr Pausen als aus Durchgängen."

"Das freut die Sponsoren!" Rief Julius gänzlich beabsichtigt und grinste Mrs. Gildfork an. Doch die gemeinte Hexe erwiderte nichts. Offenbar wollte sie dem Jungen nicht noch irgendeine Angriffsfläche bieten.

In einer zwanzigminütigen Unterbrechung gingen Julius und Millie hinunter zur Pausenzone, wo sich auch die gewöhnlichen Zuschauer die Beine vertraten oder größere Ernährungsangelegenheiten erledigten oder die öffentlichen Bedürfnisräume aufsuchten.

"Na, wird das Spiel erst im letzten Quod entschieden?" Fragte Julius Brittany.

"Wenn die Windrieders vorne bleiben freue ich mich drauf", erwiderte Brittany. Mel meinte:

"Foggerty hat zu offensichtlich geheizt. Der hätte besser auf Eintopfen gespielt als auf Rausknallen. Aber trotzdem kriegen die Ravens euren Wolkenreiterverein noch ein, Britt."

"Ja, in zwei Jahren vielleicht", erwiderte Brittany. Dann winkte sie einer jungen Frau zu, die mit einem Baby in den Armen aus der rosaroten Damentoilette herauskam.

"Hi, Pegg! Läuft schön das Spiel, wie?" Fragte Brittany. Die junge Frau kam näher heran und begrüßte Brittany. Dabei konnte Julius sehen, daß das Baby kleine Wattepfropfen in den Ohren hatte. Offenbar war es dem Kind zu laut. dem Bunten Strampelanzug nach mit den Rosa Kugelhäschen darauf war es wohl ein kleines Mädchen.

"Die anderen mit denen ich in der Reihe sitze meinen, die Ravens holen sich das Spiel. Die sind zu sehr auf Körpertreffer aus", sagte die Hexe, die rotblondes Haar ähnlich wie Mildrid besaß, aber strahlendblaue Augen besaß wie das Baby.

"Das ist Peggy Swann, deren Haus du vorgestern als Treffpunkt angesteuert hast, Julius", stellte Brittany Peggy vor und machte diese mit Mildrid und Julius bekannt.

"Wo sitzt ihr denn?" Fragte Peggy, deren weiter Windriders-Umhang ihre Figur sehr stark verhüllte.

"Da oben bei den feinen Leuten, Pegg, bei dem neuen Minister, seiner Frau, Conners und Southerland von der Spispo und noch so'n paar Leuten, wie der Goldkugel Gildfork und Moms ehemaliger Kräuterkundelehrerin Daianira Hemlock, wieso die so'n Platz auch immer ... Na ja, mit der richtigen Menge Galleonen geht das ja."

"Lad..., Madam Hemlock sitzt bei euch oben? Wußte nicht, daß die sich dieses Spiel auch ansieht", zischte Peggy und verfiel in eine konzentrierte Haltung. Julius kannte das vom Mentiloquieren. Dann sagte sie für alle Hörbar.

"Die ist wohl wegen Phoebe Gildfork da, um sie zu ärgern, weil die pummelige Phoebe sie damals in Thorntails immer wieder blöd angemacht hat und trotz Strafen und drohendem Rauswurf nicht von der hohen Wolke runterklettern wollte, auf die ihre Eltern sie schon gesetzt haben, als sie wohl noch nicht allein aufs Klo konnte", grummelte Peggy. Wie ist die gerade aufgelegt?"

"Die ist ganz ruhig", sagte Julius und blickte sich um. In der obersten Loge saßen nur der Minister und seine Frau. Wo waren die anderen? Er blickte sich um und entdeckte Daianira Hemlock im Gespräch mit Silvana Verdant. Sie unterhielten sich wohl über alte Zeiten, weil beide sehr angeregt und freudig miteinander sprachen.

"Wie viele Quods meint ihr, müssen wir noch warten, bis die Windriders gewinnen?" Fragte Peggy, die Julius' Blick gefolgt war und sich dabei mit dem Baby umgedreht hatte. Brittany grinste und sagte:

"Wenn ich Venus richtig verstanden habe sind noch über fünfzig Quods spielbar. Also kann das noch bis zum Abend laufen, wenn nicht sogar bis morgen früh."

"Gut, daß ich ihr eine Reisewindel angezogen habe", grummelte Peggy und tätschelte das Baby, daß jedoch anstatt sich dabei wohlzufühlen das runde Gesicht verzog, als würde es geschlagen.

"Wie heißt sie denn?" Fragte Julius Neugierig.

"Wie meine Mutter, Larissa", erwiderte Peggy etwas unterkühlt, als hätte Julius die Frage nicht stellen dürfen und sie nur geantwortet, um die Sache abzuhaken. Er sah sie befremdet an, Millie ebenso. Brittany meinte zu Julius:

"Peggys Mutter ist vor einem Jahr tödlich verunglückt, in ein Feld von Springschnappern reingeraten." Peggy sah die Thorntails-Siebtklässlerin kritisch an und nickte dann. Dann meinte sie zu Millie:

"Da deine Familie ja ziemlich viele Kinder hat war das für dich wohl komisch, daß ich die Frage deines Kameraden nicht so freudig beantwortet habe, wie es einer jungen Mutter eigentlich über die Lippen gehen könnte."

"Ey, aus dem Weg da!" Riefen vier Jungen, die vom Aussehen her sechzehn Jahre alt sein mochten. Offenbar waren sie hinter irgendwem oder irgendwas her. Alle traten bei Seite. Einer der Jungen glotzte Peggy an und meinte:

"Na, Momma Peggy. Ganz allein in der Welt mit einem Hosenscheißer. Der Kerl, der den dir angedreht hat ist wohl immer noch auf der Flucht, wie?" Spottete einer der Jungen. Peggy sah ihn ruhig an und erwiderte:

"Wenn ich rauskriege, daß du es bist zahlst du alles nach, Myron." Die Jungen lachten und liefen weiter.

"Das ist eine Bande aus Redhawk, rauflustig aber ansonsten harmlos", meinte Brittany. "Die haben noch nicht mal gemerkt, daß ich hier auch noch stehe."

"Wieso, hätten die dann über dich hergezogen?" Fragte Julius

"Na klar, weil ich wegen der veganen Lebensweise bei den meisten Thornys komisch rüberkomme", sagte Brittany. "Aber die wissen auch, daß sie dann immer die passende Antwort kriegen."

"Ich möchte wieder zu meinem Platz zurück, Britt. Larissa wird mir beim Stehen doch etwas schwer."

"Du fütterst sie wohl zu gut", meinte Brittany frech.

"Wart's ab, wenn du mal sowas hast, Brittany!" Erwiderte Peggy, verabschiedete sich von den dreien und ging davon. Julius nutzte die Unterbrechung, um sich vorsorglich von überschüssigem Wasser zu erleichtern und kehrte dann mit Millie zur Ehrenloge zurück.

Das Spiel ging mit den Unterbrechungen zusammen bis in den späten Nachmittag hinein. Von den Windriders wurden zwei Vorgeber und Sharon Silverbell rausgeknallt. Die Ravens hingegen schafften es immer wieder, den Quod knapp vor der Explosion abzuwerfen oder topften noch rechttzeitig ein. Die von den Ravens angepeilten zweihundert Punkte Vorsprung stellten sich nicht ein, obwohl die Gäste eine lange Zeit drauf und dran waren, zumindest die Hälfte davon zu erzielen. Doch dann schmolz der Vorsprung wieder, und die Windriders gewannen die Oberhand. Erst als es drei Uhr am Nachmittag war erwischte es auf Seiten der Windriders den Rückhalter. Eine Stunde später fehlten den Ravens zwei der drei Blocker. Schließlich, als die Turmuhr in der Ferne fünf Uhr schlug, wurde der Rückhalter der Ravens von Venus Partridge rausgeknallt, die den Quod eigentlich unter ihm hindurch in den Pot legen wollte. Weil der letzte Blocker der Ravens Venus mit einem Faustschlag in den Magen, der durch die Schutzausrüstung zumindest abgefedert wurde, regelwidrig angegriffen wurde, durfte dieser mit seinem rausgeknallten Schlußmann das Feld räumen, womit die Partie unvorhergesehen früh beendet wurde. Die Windriders hatten mit einem Punktevorsprung von einhundert ihre Tabellenführung verteidigt und ausgebaut.

"Bei allem Respekt vor den Spielern und dem Spaß, den wir am Donnerstag hatten", begann Millie, "Aber Quidditch ist und bleibt das bessere Spiel. Da geht es besser ab und geht doch mehr auf Flug- und Spieltechnik ein."

"Du hast gerade ein Spiel gesehen", knurrte die runde Hexe im Pelz. "Da hast du bestimmt keine Ahnung von echter Größe."

"Ach ja, und warum steht dann in der Zeitung, daß die Ravens eine Förderung der Quidditch-Nationalmannschaft betreiben wollen?" Fragte Mildrid.

"Weil die Dame nicht damit rechnete, daß ihre Mannschaft dieses Jahr noch einmal die Tabellenführung übernehmen könnte", sagte Daianira Hemlock knochentrocken. Das brachte ihr wieder eine unschöne Unterredung mit Mrs. Gildfork ein, der die Zuschauer aus der Ehrenloge nicht folgen wollten. Julius fragte seine Mutter, ob sie noch einmal im Gasthaus zu Abend essen sollten. Sie sagte, daß sie lieber bei den Foresters mitfeiern wollte, weil Mel und Myrna auch dort sein würden. So gingen die Andrews', die Cottons und Millie hinüber zu den Foresters. Sie unterhielten sich noch einmal über das Spiel und Millies Schlußbemerkung, die Mrs. Gildfork erwartungsgemäß in den falschen Hals bekommen hätte.

Gegen sieben Uhr abends tauchte Venus Partridge mit den weiblichen Mannschaftskameraden bei Brittany auf und ließ sich feiern. Einmal sagte die hochgewachsene Blondine, die insgesamt zwanzigmal erfolgreich eingetopft hatte:

"Also, wenn ihr nächstes Jahr wiederkommt, könnt ihr Brittany wohl auch spielen sehen. Ich habe mit unserem Manager gesprochen. Wenn die dich aus Thorny ehrenvoll verabschieden liegt der Vertrag für dich auf dem Tisch, Britt."

"Bis dahin habt ihr den goldenen Topf sicher", erwiderte Brittany zuversichtlich.

"Das werden wir", sagte Sharon Silverbell dazu.

Bis halb neun feierten sie noch. Dann meinte Martha Andrews, daß sie am nächsten Morgen früh aufbrechen müßten, um nach mitteleuropäischer Ortszeit, wo es bereits Sonntag halb sechs am Morgen war, noch früh genug einzutreffen um sich auf die Abreise nach Beauxbatons vorzubereiten. Millies Großmutter mütterlicherseits wollte sie um zehn Uhr Ostküstenzeit im Ausgangskreis abholen und mit der Überseesphäre zurückbringen. Dann würde es in Frankreich vier Uhr nachmittags sein. Millie und Julius hätten dann noch zwei Stunden, den Ortszeitanpassungstrank zu nehmen, ihre Schulsachen zu packen und sich von ihren Lieben zu verabschieden, bevor es mit der Inlandsreisesphäre nach Beauxbatons zurückging. An und für sich eine knappe Angelegenheit, selbst wenn Magie im Spiel war. So verabschiedeten sie sich bereits eine halbe Stunde später von den Foresters, Venus und den anderen Quodpot-Spilern und den Redliefs, die Julius noch schöne Grüße für Gloria mitgaben.

Um zehn Uhr zogen sich die Andrews' und Millie zur Nachtruhe zurück, nachdem sie Mr. Beam noch für den hervorragenden Service gedankt hatten. Sie forderten einen Weckdienst mit Bachs Toccata in D-Moll an, um um drei Uhr auch wirklich wach zu werden. Julius gab die Weckzeit auch an Millie weiter, die sich zur Nacht verabschiedete und die Bild-Sprech-Verbindung beendete. Dann legten sich Mutter und Sohn schlafen.

__________

Wie gewünscht rüttelte eine dröhnende Orgel, die eine Molltonleiter von oben herunterglitt die beiden Gäste von Zimmer 149 auf. Um diese Zeit gab es wohl noch kein Frühstück. Aber das machte nichts, weil sie im Auto gewiss noch etwas zum Frühstück bekommen würden. Sie wuschen sich und zogen ihre Alltagssachen an. Wehmütig betrachtete Julius die jumbogroße Badewanne. Er hatte sie nicht ausprobiert.

Leise überquerten sie den Flur, wo Millie bereits sauber und gestriegelt vor der Tür wartete.

"Seit wann bist du auf?" Fragte Julius leise.

"Seit drei wie ihr. Konnte mich sogar noch einmal in der Badewanne versenken."

"Mist, die haben Mum und ich nie ausprobiert", meinte Julius.

"Ich habe jeden Morgen gebadet", wisperte Millie zuckersüß lächelnd. "Ist schon was schönes, ganz untertauchen zu können, wie da wo Miriam jetzt noch wohnt."

Martha Andrews sah sie leicht verlegen an. Dann meinte sie leise:

"Dann geben wir unsere Schlüssel jetzt ab. "Hast du alles aus deinem Zimmer raus?"

"Alles hier drin", sagte Millie und strich über ihre Tasche, an der ihr Besen hing. Auch Julius prüfte kurz nach, ob er alles mitgenommen hatte. Dann stiegen sie zum Erdgeschoss hinunter, wo Charlie Beams Frau an der Rezeption saß.

"Ah, die Frühaufsteher sind tatsächlich schon da", grüßte sie locker. Martha sagte:

"Wir müssen. Um kurz nach vier werden wir schon abgeholt. Hoffentlich kommen wir wirklich so schnell nach New Orleans."

"Ohne zu apparieren, Ma'am? Das wird lustig", sagte Mrs. Beam. Dann quittierte sie die Rückgabe der Schlüssel, nahm von Martha, Millie und Julius noch je eine Galleone Trinkgeld für sie selbst, ihren Mann und ihre Nichte entgegen und bedankte sich für die Ehre, bei ihnen als Gäste gewohnt zu haben.

Als sie das Gasthaus verließen empfing sie eine sternenklare Frühlingsnacht und eine wohltuende Stille. Noch nicht einmal die sonst so früh wachen Singvögel hatten den Schlaf abgeschüttelt. Julius blickte in den Himmel und suchte die bekanntesten Sternbilder. Dann meinte er zu Millie:

"Da sind alle wichtigen Sternbilder. Der große Wagen, der große Hund und die Cassiopeia, das Himmels-W."

"Also, daß Paralax uns das nicht glauben wollte kapiere ich ja", wisperte Millie. "Aber daß ihr in Hogwarts auch diesen Unsinn gelernt habt ist schon fies. Das ist kein W, sondern ein M, wie Martine", hauchte sie und vollführte eine halbe Drehung um die Cassiopeia andersherum zu sehen. "Und wie Mildrid", säuselte sie beinahe stimmlos. Julius grinste. Das hatte er jetzt davon, daß er sein astronomisches Wissen angebracht hatte. Er mußte grinsen, als er die Bezeichnete Konstellation nun ebenfalls anders herum betrachtete. Martha Andrews stand ruhig dabei und sagte kein Wort.

Jacky Corbeau trat noch aus dem Gasthaus und gesellte sich zu den abreisebereiten Gästen aus der alten Welt. Eine Minute später konnten sie einen winzigen Lichtpunkt erkennen, der sich genau auf dem Horizont heranschob. Dann zog sich der Lichtpunkt auseinander, teilte sich in zwei getrennte, immer weiter auseinanderwandernde Punkte. Ein leises brummen erklang aus der Richtung. Dann mischte sich noch immer lauter werdendes Knirschen von Reifen auf Kies dazu, während die winzigen Lichtpunkte zu hellen Leuchtfingern von Autoscheinwerfern wurden, die sich immer näher herantasteten und dabei anwuchsen, bis die vom eigenen Licht indirekt angeleuchtete Kühlerhaube des Cadillacs zwischen den Fernlichtern zu erkennen war und der große Wagen heranglitt.

"So, dann wollen wir mal", sagte Jacky. Sie öffnete die rechte Hintertür, während Julius halblaut "Yo, Taxi!" rief. Die rechte Seitenscheibe glitt herunter, von Hand, elektrisch oder durch Zauberei konnte Julius nicht bestimmen. Der Fahrer steckte den Kopf heraus und grinste.

"Yo, wo woll'nse denn hin?" Fragte er im derben New-York-Taxifahrerakzent.

"Paris, Frankreich", meinte Julius, während seine Mutter ihn energisch anstupste und in den rauminhaltsvergrößerten Fond trieb. Jacky kletterte nach Millie herein und schloß so leise es ging die Tür.

"Über'n Paziffick oder'n Atlantick?" Trieb der Fahrer das mit Julius begonnene Spiel weiter.

"Wir fahren über den Atlantik. Der Pazifik ist um diese Jahreszeit im schlechten Zustand, zu viele Baustellen, vor allem bei Australien."

"Okay, denne mal ab die Luzi", knurrte der Fahrer und gab den vielen Pferden unter der wuchtigen Kühlerhaube die Sporen, indem er kräftig auf das Gaspedal trat.

"Wenn ihr wollt könnt ihr die vier Stunden verschlafen", schlug Jacky vor, als Martha hinter vorgehaltener Hand gähnte. Sie nickte und streckte sich auf eines der Sofas. Julius melote noch etwas mit Jacky und fragte sie, ob das mit Ihnen jetzt eine große Belastung für sie gewesen war. Sie schickte zurück:

"Den Eindruck hattet ihr, weil ich zwischendurch ziemliche Probleme hatte, wie? Aber keine Sorge, mit euch hatte das nichts zu tun. Ich habe mich auf etwas eingelassen, was nicht jeder mitkriegen sollte, weil das in der Zaubererwelt nicht so gern gesehen ist, wenngleich es natürlich geht. Da es das in der Welt deiner Mutter auch gibt, hoffe ich, daß du das nicht für abgedreht hältst. Ich wollte gerne ein Kind haben, ohne gleich irgendwen heiraten zu müssen. Ich habe mir dann von einem, der sich für unwiderstehlich hielt, eine Probe seiner Keimflüssigkeit genommen und sie verlangsamt. Dann habe ich gewartet, bis ich in der richtigen Verfassung war und mir das Zeug selbst dahingetan, wo es wirken sollte. Danach habe ich, um ganz sicher zu sein, einen Trank geschluckt, der Fortuna-Matris-Trank heißt. Beides hat funktioniert, zu gut."

"Wie viele Babys?" Schickte Julius zurück, der ahnte, worauf dieses Experiment hinausgelaufen war.

"Vier stück auf einmal. So viele wollte ich doch nicht auf einen Rutsch", melote Jacky. Millie, die dem unhörbaren Dialog nur an Julius' Miene zusehen konnte fragte leise:

"Und, kriegt Ms. Corbeau jetzt ein Kind oder nicht?" Jacky sah Millie an und meinte:

"Ja, ich bin im zweiten Monat, Mademoiselle Latierre. Sage deiner Mutter, sie bekäme demnächst noch eine Eule von mir."

"Na, herzlichen Glückwunsch", erwiderte Millie ehrlich begeistert. Dann meinte sie:

"Vielleicht kommen wir wieder, wenn das Baby aus dem gröbsten raus ist."

"Ich weiß nicht, wo ich damit wohnen soll. Ich bin nicht verheiratet und will den Vater nicht zu etwas zwingen, was er nicht will", sagte Jacqueline.

"Soso", erwiderte Millie verhalten grinsend. "Na dann kriegen wir das ja mit, wenn du weißt, wo du mit dem Kind unterkommst."

"Bestimmt", erwiderte Jacky. Dann gedankensprach sie noch zu Julius:

"Ich hoffe, daß mit Millie und dir ist wirklich was schönes und dauerndes. Die Latierres sind ja sehr verlässlich und sehr familienbewußt."

"Das ist richtig", mentiloquierte Julius zurück. Dann fühlte er, wie auch er noch nicht alle Müdigkeit abgeschüttelt hatte und legte sich hin.

Kurz vor dem Weißrosenweg wurden sie geweckt. Julius' Armbanduhr war bereits auf die hier gültige Ortszeit umgesprungen. Sie hatten eine Stunde länger gebraucht als geplant. So war es schon elf Uhr in New Orleans, fünf Uhr nachmittags in Paris. Sie hatten also nur eine Stunde Zeit, um die Schulsachen geordnet zusammenzupacken.

Am Ausgangskreis saß Ursuline Latierre und unterhielt sich mit Southerland, der gestern noch das Quodpot-Spiel verfolgt hatte. Sie sprachen Französisch.

"Habt ihr die Cottons nicht mitgebracht?" Fragte Ursuline ihre Bekannten und die Enkeltochter.

"Die wollen erst am Nachmittag dieser Zeit hier ankommen. Sie sind wohl gerade erst losgefahren", sagte Jacky Corbeau. Dann verabschiedete sie sich von den Andrews' und Millie. Der Einreisezauberer Peter Bruckner knallte noch einen Ausreisestempel in die Pässe und meinte:

"Für die paar Tage war VDS wohl doch groß genug, um noch nicht alles zu sehen, was? Gute Heimreise!"

"Hast du Tante Esperance und Tante Felicité bei Maman gelassen?" Fragte Millie ihre Oma.

"Ja, war mir lieber. Die wartet sowieso am Ausgangskreis auf euch. Catherine hat deinen Koffer schon fix und fertig, Julius. Deine Bücher hast du ja eh immer mit, und die Tasche und den Besen hattest du ja auch mit, wie ich sehe."

Julius tat erschrocken. Dann sagte er:

"Oh, ich fürchte, ich habe das Schachspiel im Zimmer liegen lassen." Ursuline sah ihn bedauernd an, als habe er einen großen Verlust erlitten.

"Wir haben da doch kein Schach gespielt. Du hast es seitdem wir hingefahren sind nicht wieder rausgeholt", meinte Martha und fügte hinzu: "Du Schwindler!" Ursuline Latierre atmete erleichtert aus und grinste dann.

"Ich hätte dir garantiert ein anderes Spiel besorgt, bevor wir beide im Sommer wieder gegeneinander spielen, mon Cher." Sie wartete, bis sie nicht mehr lachen mußte und beschwor die Reisesphäre. Innerhalb von dreißig Sekunden ging es über den Atlantik, vielleicht aber auch zwischen den Dimensionen von Raum und Zeit von New Orleans zurück nach Paris, wo Catherine Brickston zusammen mit Babette, Hippolyte Latierre zusammen mit Albericus und Martine wartete. Julius prüfte nach, ob auch alle Sachen im Koffer waren. Catherine betrachtete das rote Herz, das er um den Hals trug und berührte es vorsichtig.

"Klar, daß ihr sowas nicht liegen lassen konntet. War dir das nicht zu teuer?" Fragte seine magische Fürsorgerin.

"Ging noch so. War eines von den preisgünstigeren", erwiderte Julius. Dann berichtete er von seinem Ausflug, während Millie ihrer Familie von dem Ausflug erzählte. Natürlich ließen beide dabei aus, daß sie eine gewisse Zeit ohne erwachsene Aufsicht zugebracht hatten. Catherine kannte sogar Daianira Hemlock.

"Sie hat noch in Thorntails unterrichtet, als Maman in Beauxbatons anfing. Aber irgendwie kamen sie beide nie richtig miteinander klar. Maman fürchtete sogar, sie könnte eine heimliche Sardonianerin sein. Aber das hast du nicht von mir!"

"Von wem denn dann?" Fragte Julius leise. "Deine Mutter will mich nach den Ferien prüfen, ob meine Occlumentie funktioniert."

"Hast recht, Julius. Ist ja auch nur eine Vermutung gewesen."

Knapp eine Stunde später trafen die übrigen Beauxbatons-Schüler ein, die in Paris lebten. Hercules Moulin war seltsamerweise nicht unter ihnen. Céline meinte zu Julius:

"Hercules ist seit einer Woche in Callais bei den Lagranges und ... Huch, was ist das denn?" Sie deutete auf das rote Herz. Martine hatte vorgeschlagen, daß Millie und er ihr verbindendes Schmuckstück offen tragen sollten, damit sie gleich und für alle, die es irgendwie betraf klarstellen konnten, daß sie zusammen gingen. Sie habe mit Edmond auch keine lange Vorrede und Eingewöhnungszeit für ihre und seine Mitschüler verstreichen lassen. Als Julius ihr erklärte, was los war und Céline es begriff, verzog sich ihr Gesicht sichtlich, und die sonstige Blässe wich einer Zornesröte. Damit hatte Julius gerechnet und so sagte er sofort:

"Wenn du jetzt denkst, ich würde Claire verraten, Céline, dann denke es ruhig. Ich weiß, daß ich Claire nicht verraten habe, weil sie wollte, daß ich mich jemandem anvertraue."

"Du kannst doch nicht allen Ernstes mit dieser ... Hat die dir einen verpanschten Liebestrank untergejubelt?!" Rief sie. Alle Mitschüler stellten ihre Unterhaltungen ein. Millie sah Céline an und giftete zurück:

"Schließ nicht von dir auf andere, weil du sowas nötig hättest, Céline!"

"Millie, bitte keinen Zank!" Warf Julius ein und sah Céline an, die ihre rechte Hand erhoben hatte. Doch ihre Schwester, die Cythera auf dem Rücken trug, hieb ihr die zum Zuschlagen bereite Hand wieder herunter.

"Hast du dir gedacht, Julius würde mit Belisama oder ´eurer bisherigen Verweigerin zusammenkommen, Céline? Belisama ist doch mit Moulin bei ihren Eltern untergekrochen, so daß der gleich von denen herüberkommt. Wen von denen hätte er sich also sonst suchen sollen."

"Die Duisenbergs oder eine von den Violetten, meinetwegen auch wen anderen aus eurem Stall, vielleicht sogar dich, Connie. Aber mit der roten Vogelscheuche ..."

"Vorsichtig, Mademoiselle!" Sprang Hippolyte Latierre ein. "Sie benehmen sich geradezu so, als wären Sie eifersüchtig auf meine Tochter."

"Ich auf die?" Schnarrte Céline. Alle anderen hatten es jetzt begriffen und die roten Herzanhänger an Millies und Julius' Hals gesehen. Einige aus dem roten Saal winkten Millie stumme Glückwünsche zu oder warfen fragende Blicke zwischen ihr und Julius hin und her.

"Die hat dich doch nur umgurrt, weil sie will, daß wir den Pokal an die verlieren", knurrte Céline und blickte die Leute aus dem grünen Saal an, die sich um den Ausgangskreis versammelten. Die Roten winkten zurück. Millie trat vor, hielt sich jedoch außerhalb von Célines Reichweite.

"Mädel, man sollte echt nicht glauben, daß du schon einen Freund hast. Ich könnte glatt meinen, du hättest einen nötig."

"Was du nötig hast wage ich nicht mal zu denken", schnarrte Céline. Für Julius war hier schon klar, es würden neben den Schulsachen noch anstrengende Wochen in Beauxbatons sein, bis Céline sich daran gewöhnt haben könnte, daß Julius und Millie zusammen waren. Doch hatte er sich schon daran gewöhnt? Sicher, sie hatten die magische Garantie, daß sie beide zusammengehörten. Aber die oberste Mondnonne der versteckten Festung hatte auch gesagt, daß sie nicht unbedingt nur eine Ja-und-Amen-Partnerschaft haben würden. Hätte er denn auch sowas haben wollen? Die Beziehung mit Claire war doch gerade dadurch so vielversprechend gewesen, weil sie sich nicht immer einig waren und auch mal miteinander käbbelten. Millie, so wußte er, wollte wohl auch keinen Jasager und Pantoffelhelden haben. Wie hatte sie ihm einmal keck vor den Kopf geknallt: "Wütend bist du richtig anziehend." Das war, als alle auf Céline herumgehackt hatten, als rauskam, daß ihre Schwester unerlaubt schwanger war. Jetzt war Cythera fast ein Jahr auf der Welt, der sichtbare Anlaß dafür, daß Millie ihn wütend sehen durfte. Sie wollte bestimmt keinen Partner, der immer einsteckte und sich abduckte oder alles tat, nur um keinen Ärger zu haben. Daß sie selbst keine willfährige Hexe war, wußte er ja auch sehr gut. Doch wenn es nicht nur darauf ankam, wie Millie und er sich verstanden ...

"Letztes Schuljahr hat eure Jeanne gegen unseren Bruno gespielt", griff Martine in die hitzige Debatte ein. "Ihr Grünen habt den Pokal trotzdem gekriegt, obwohl alle Wichtel es von sämtlichen Bäumen und Dächern gezwitschert haben, daß die beiden ineinander verliebt sind. Also warum soll meine Schwester bloß keinen von euch so mögen wie Bruno Jeanne mag?"

"Dich fragt doch wirklich niemand, Martine. Wie du unseren Saalsprecher eingewickelt hast versteht heute immer noch kein vernünftig denkender Mensch", schnaubte Céline. "Aber er hat sich ja noch rechtzeitig abgesetzt, bevor er sich dir gegenüber verpflichtet hätte. Julius, lass die rote Sabberhexe laufen! Die findet schon einen, der sie nimmt."

"Na, Céline, das verbitte ich mir", mischte sich nun Célines Mutter ein. "Du kannst nicht über die Mädchen aus dem Roten Saal herziehen und dann wie die daherfluchen und unverschämt werden."

"Maman, das kann doch nicht sein, daß dieses Biest jemanden wie Julius dazu bringen kann, mit der zu gehen. Das kapiere ich nicht", zeterte Céline.

"Dafür gehst du ja auch zur Schule, um zu lernen, etwas zu begreifen", warf Monsieur Dornier ein, der fragend zu Martha Andrews hinüberblickte, die jedoch abwehrend den Kopf schüttelte. Dann kam Professeur Paximus, der für die pariser Gruppe der Schüler zuständig war und trieb alle in den Kreis. Sie riefen ihren Verwandten noch einen Abschiedsgruß zu, dann formte sich die Reisesphäre und hob sie hinüber nach Beauxbatons.

ENDE

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