JAHRESAUFTAKT

eine Fan-Fiction-Story aus der Welt der Harry-Potter-Serie
E-Mail: hpfan@thorsten-oberbossel.de
http://www.thorsten-oberbossel.de

© 2000, 2001, 2002 by Thorsten Oberbossel

__________

Vorige Story

P R O L O G

Als der Sohn zweier Wissenschaftler kurz nach dem elften Geburtstag per Brief erfährt, daß er ein Zauberer sei und nach Hogwarts in die Schule gehen sollte, glaubten er und seine Eltern nicht, daß es stimmte. Doch als Julius Andrews zeigt, daß er Zaubertalente besitzt, lenkten seine Eltern vorübergehend ein, wenngleich sie nach wie vor nicht ganz davon überzeugt sind, daß ihr Sohn Julius in Hogwarts vernünftig ausgebildet werden könne.

Julius wird dem Haus Ravenclaw zugeteilt, wo er mit seinem Zimmergenossen Kevin und der blondgelockten Gloria Porter dieselbe Klasse besucht. Es stellt sich heraus, daß Julius ein übergroßes Grundzaubertalent besitzt, das ihm beinahe alle Anfängerzauber und sogar die etwas weiter fortgeschrittenen fast durch reines Denken daran ermöglicht. Da dies ihm peinlich ist, begeistert er sich mehr für die Fächer, wo er nicht zaubern muß, wie Kräuterkunde und Zaubertränke. Er wird wegen guter Flugfertigkeiten für die Reservemannschaft im Quidditch vorgeschlagen und lernt, daß nicht alles sonnig in der Zaubererwelt ist. Denn da ist der geflüchtete Sirius Black und seine Verfolger, die Dementoren, die einen dunklen Schatten über Hogwarts werfen.

In den Weihnachtsferien läd er Gloria Porter ins Kino ein, lernt danach ihr Elternhaus und ihre Verwandten kennen. Auch die im Sommer in Australien angetroffene Aurora Dawn nimmt sich Julius' an und zeigt ihm den Zaubergarten Hidden Groves in Australien und sieht mit ihm das Quidditchspiel zwischen den Sydney Sparks und den Canberra Kangaroos. Sydneys Sucherin gibt ihm sogar ein Bild mit Autogramm. Dann sind die Ferien auch schon wieder vorbei, und der Alltag in Hogwarts kehrt zurück.

__________

Als die Erstklässler der Ravenclaws zur ersten Stunde im neuen Jahr antraten, tuschelten sie noch über ihre Weihnachtserlebnisse. Kevin betete Julius förmlich an, weil dieser das Autogramm einer Nationalspielerin aus Australien ergattern konnte. Gloria hatte das Astronavigationsbuch gelesen, das Julius ihr geschenkt hatte, und Gilda hatte verkündet, daß sie mit ihren Eltern und ihrem Großvater die Quidditch-Weltmeisterschaft besuchen würde. Außerdem sollte eine Woche nach den Ferien das Spiel Ravenclaw gegen Slytherin stattfinden.

Professor McGonagall bahnte sich ihren Weg durch die Traube der Wartenden. Sie wirkte irgendwie angespannt, als habe sie gerade einen heftigen Streit hinter sich. Alle Gespräche endeten sofort.

Die Verwandlungsstunde war interessant, wenngleich sehr strickt und kühl abgehalten. Keiner der Ravenclaws kassierte einen Punkt, selbst als Julius es schaffte, eine Teetasse in einen Weinkelch zu verwandeln, und das im ersten Ansatz. Julius nahm es als gegeben hin, daß McGonagall seine Fähigkeit mittlerweile nicht mehr als Außergewöhnlichkeit ansah. Sie hätte ihm wohl Punkte abgezogen, wenn er nicht das erwünschte Ergebnis erzielt hätte.

Nach Verwandlung hatten sie Zauberkunst, wo sie lernten einfache Fernlenkungen zu machen. Auch Flitwick wirkte angespannt und hibbelig.

Am Nachmittag, die Ravenclaws hatten eine Doppelstunde Kräuterkunde, legte sich Kevin mit den Slytherin-Jungen an, indem er meinte, daß die Mannschaft der Ravenclaws die der Slytherins ohne Schwierigkeiten niedermachen würde. Julius, Gilda und Gloria, die gerade Professor Sprout zu einem Grünwurzgewächs gefolgt waren, hörten nur, wie die Slytherins Kevin anblafften, daß er dafür, daß er ein Ravenclaw-Eierkopf sei, ziemlich dumm daherreden würde. Fredo, der in der Nähe stand, ließ das nicht auf sich sitzen und lief zu Kevin, um ihm beizustehen. Carol Ridges, das hagere Slytherin-Mädchen, sah ihm verächtlich nach und tuschelte mit ihrer Hauskameradin Lea Drake, während Chuck Redwood wie eine Statue dastand und so tat, als würde er dem Vortrag der Lehrerin lauschen.

"... Die besonderen Eigenschaften der Grünwurz liegen darin, daß sie als Wirkungsverstärker vieler Heiltränke gegen Pflanzengifte und als wirkungsvolle Beimischung zu Heilsalben genutzt werden kann. Sie muß jedoch ständig in einem feuchten Nährboden gehalten werden und jeden zweiten Tag an den oberirdischen Trieben beschnitten werden, damit die für die Nutzung wichtigen Wirkstoffe im unterirdischen Wurzelwerk konzentriert bleiben. - Könnte man mir auch von dahinten zuhören?!" Brach Professor Sprout ihren Vortrag ab und sah sehr erzürnt zu Kevin, Fredo und Marvin hinüber, die sich gerade heftig mit vier bulligen Slytherin-Jungen zankten. Fast die Hälfte der Slytherin-Mädchen stand dabei und gaffte. Womöglich erwarteten sie eine Prügelei.

Die Streitenden reagierten nur auf die laute Anfrage, indem sie zusammenfuhren, sich kurz zu der Lehrerin umdrehten und dann wieder mit ihrer heißen Debatte fortfuhren. Julius kribbelte es in den Beinen, seinen Bettnachbarn beizuspringen. Doch er dachte daran, daß sie sich nur um die beiden Hausmannschaften stritten. Das war ihm die Sache nicht wert. Auch Chuck schien so zu denken. Er stand bei Gilda, Gloria und Julius und glotzte seine Kameraden an, die wild gestikulierten.

"Hören Sie sofort mit Ihrer Streiterei auf und konzentrieren Sie sich wieder auf den Unterricht!" Befahl die Kräuterkundelehrerin. Doch niemand hörte ihr zu. Denn jetzt hatte wohl ein Ravenclaw zuviel gesagt. Denn Brutus Pane, der stämmigste Slytherin-Erstklässler, ging wütend auf Kevin los, der ohne Federlesen die Herausforderung annahm und sich in eine wilde Balgerei einließ. Dies war das Signal, das alle Jungen von Ravenclaw in den Streit eingriffen, was zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen den Slytherins und Ravenclaws führte. Nur Julius und Chuck standen unbeeindruckt abseits und sahen zu, wie die Jungen aufeinander eindroschen und traten.

"Aufhören!!" Kreischte Professor Sprout und zog ihren Zauberstab. Krachend entlud sich ein greller Blitz über die Köpfe der Rangelnden hinweg. Das wirkte. Die Streitenden gingen auseinander und stellten sich schön weit voneinander entfernt. Professor Sprout musterte sie alle, auch Julius, Chuck und Gloria. Diese zuckten zusammen, obwohl sie überhaupt nichts getan hatten.

"Wenn Sie Wert darauf legen, überschüssige Energien loszuwerden, dann haben Sie, die in diese unrühmliche Rauferei verstrickt waren, die Gelegenheit, diese Energie abzuarbeiten, indem Sie morgen nach dem Nachmittagsunterricht in mein Büro kommen und mir dabei helfen, längst anstehende Aufräumarbeiten zu erledigen. Betrachten Sie das als angemessene Strafarbeit. Hier sind zuviele sensible Pflanzen, die durch derartige Auseinandersetzungen im Wachstum gestört werden könnten. Außerdem verbitte ich mir jede weitere Zankerei während meines Unterrichts. Damit Sie sich das merken, werden Ravenclaw und Slytherin jeweils 40 Punkte abgezogen. So, und nun hören Sie meinen Ausführungen zu und arbeiten Sie nach meinen Anweisungen, damit Sie alle am Jahresende nicht durch die Prüfungen fallen."

Offenbar hatte sich die Kräuterkundelehrerin, der die meisten Erstklässler wohl nicht die Durchsetzungskraft zutrauten, wie sieProfessor McGonagall oder Snape besaßen, den Respekt verschafft, den sie erwartete. Denn ruhig und ohne weiteren Zwischenfall arbeiteten die Erstklässler weiter im Unterricht mit. Julius bildete mit Gloria, Lea Drake und Chuck Redwood eine Vierergruppe, die eine Grünwurzpflanze beschnitt. Dabei konnte Julius ohne zu sehr aufzutrumpfen den beiden Slytherins zeigen, woran die überzähligen Triebe zu erkennen waren, so daß die Gruppe als erste mit einer Pflanze durch war. Dann ging es an zwei weitere Sträucher, und es erwies sich, daß die vier sich gut aufeinander einspielten. Lea sah zwar etwas pickiert aus, wenn sie in die Nähe von Julius kam, doch der lächelte einmal warmherzig und flachste: "Ich habe nichts gegen reinblütige Hexen." Darüber mußte Lea lachen und vergaß die Abneigung, die jedem Slytherin-Schüler anzuhängen schien.

Als die Stunden vorbei waren, bekamen Julius und Gloria noch mal je fünf Punkte für Ravenclaw und Lea und Chuck ebensoviele für Slytherin wegen schneller und gründlicher Zusammenarbeit, wodurch der Punktabzug nur noch je 30 Punkte pro Haus betrug.

Lea flüsterte Julius zu:

"Woher willst du wissen, daß ich reinblütig bin?" Dann lachte sie laut und zog sich mit Chuck zu den anderen Slytherins zurück.

"Ich glaube, da hat jemand mein künstliches Weltbild von den Slytherins heftig erschüttert", meinte Julius zu Gloria, als er allein mit ihr im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws saß.

"Lea? Die hat einen Muggelvater. Ich weiß das daher, weil sie in der Bibliothek mal mit Euryale Underhill aneinandergeraten ist und mit diesem Unwort bezeichnet wurde, mit dem dich die portraitierten Slytherins in Madame Hoochs Büro beleidigt haben."

"Hups! Ich dachte, die Slytherins wären alle reinblütige Zaubererkinder."

"Denken ist manchmal Glückssache. Ich kann mir vorstellen, daß sie nach Slytherin wollte, um ihrem Muggelvater eins auszuwischen", erzählte Gloria.

"Ich weiß nicht. In dieses Haus zu den Typen? Das wäre mir zu nervenaufreibend."

"Das ist auch gut so, daß du hier in Ravenclaw gelandet bist. Es hätte dich noch verdorben, wenn du da gelandet wärest. Deine Kräfte gehören in besonnene Hände, nicht in ehrgeizige und böswillige Hände. Lea wird, ob sie will oder nicht, Slytherin-Eigenschaften übernehmen, je länger sie dort ist. Dann bist du besser hier bei uns."

"Ich habe diesem alten Hut gesagt, daß ich nicht nach Slytherin will. Vielleicht hätte der mich dort abgeliefert", erzählte Julius noch.

"Der hätte dich dahingeschickt, wenn du dahin gehört hättest. Den sprechenden Hut kann man nicht darum bitten, ihm oder ihr ein bestimmtes Haus zuzuteilen. Meine Eltern haben mir in den Ferien erzählt, wie sie versucht haben, den sprechenden Hut zu ärgern, indem sie ihm Vorschläge zugedacht haben. Doch dann sind sie beide in Ravenclaw gelandet."

"Dieser Voldemort muß in Slytherin gewesen sein, habe ich gehört."

"Genau. Der dunkle Lord hat dort seine Schulausbildung erhalten. Doch keiner außer Dumbledore und einigen anderen Lehrern weiß heute, wie er damals hieß. Sicher ist nur, daß er sich den Namen Voldemort selbst zugelegt hat."

"War wohl auch ein Muggelgeborener", vermutete Julius.

"Auszuschließen ist das nicht. Vielleicht hatte der genauso Probleme mit seinen Eltern, wie du", ging Gloria Porter auf diesen Gedanken ein. Beide lachten.

Die Hausmannschaft betrat den Gemeinschaftsraum, Bitterkeit und Verzweiflung in den Gesichtern. Gloria und Julius fiel auf, daß Cho Chang fehlte.

"Was ist passiert?" Wollte Gloria wissen.

"Cho ist mit mir zusammengestoßen und aus zehn Metern Höhe vom Besen gefallen. Madame Pomfrey hat sie für eine Woche krankgeschrieben. Das Match können wir nur noch mit Alan Dayrose spielen", sagte der Mannschaftskapitän verknirscht und zog sich in den Schlafsaal zurück.

"Alan? Der saß doch beim letzten Mal auf der Reservebank", meinte Julius.

"Genau. Aber wen sonst sollen wir nehmen? Hoffentlich kommt er noch gut in Fahrt, bevor das Match losgeht", erwiderte Roger Davis.

Als sich herumgesprochen hatte, daß Ravenclaw ohne die starke Sucherin Cho Chang das Spiel gegen Slytherin bestreiten mußte, machte sich Unbehagen im Haus breit. Hinzu kam noch, daß Fredo, Kevin, Eric und Marvin diese Strafarbeit aufgebrummt bekommen hatten. Kevin blaffte Julius am Abend noch an:

"Wieso hast du dich nicht mit uns zusammen gegen die Slytherins gestellt. Du kannst doch angeblich kämpfen."

"Heh! Das erste, was ich bei dieser Art des Kampfsports gelernt habe war, daß ich nur kämpfen soll, wenn es eine echte Notlage gibt, aus der ich nur so herauskomme. Was hätte es uns gebracht, weiter mit den Slytherins zu raufen? Ich bin kein Feigling. Aber ich halte Streitlust nicht für Mut", entgegnete Julius verärgert.

"Aber du hast dich schön aus der Reichweite gehalten. Jetzt dürfen wir diese vermaledeiten Gewächshäuser aufräumen und uns mit den anderen Slytherins zusammen herumkommandieren lassen, wenn wir nicht von der Schule fliegen sollen", wandte Fredo ein.

"Komm, Fredo. Nur wegen einer Quidditchpartie den Rauswurf zu riskieren wäre ziemlich dumm, oder nicht?"

"Ja, und jetzt, wo es herum ist, daß Cho nicht spielen kann, dürfen wir uns von den überheblichen Kerlen aus Slytherin noch mehr Unverschämtheiten anhören", gab Marvin zu bedenken.

"Hunde die bellen beißen nicht", sagte Julius kühl. "Die wissen zwar, daß wir unsere Stammsucherin nicht aufstellen können, aber nicht, wie unser Ersatzsucher spielt. Vielleicht zieht er seine Eingebildetheit Malfoy richtig schön vom Besen und holt den Schnatz", sagte Julius noch.

"Worauf wettest du, Julius?"

"Sieg für Ravenclaw durch Schnatzfang", sagte Julius.

"OK. Dann wette ich auf Sieg für Ravenclaw durch Punkteüberschuß, egal wer den Schnatz kriegt", sagte Kevin.

Am nächsten Nachmittag trollten sich vier der Ravenclaw-Jungen aus dem Kerker, wo sie Zaubertränke hatten. Snape sah ihnen mit grimmigem Blick nach. Dann grinste er böswillig. Julius, der nicht in die Kolonne der Strafarbeiter eintrat, wurde noch mal zurückgerufen, als er mit den Mädchen seines Hauses und den Hufflepuffs zusammen den Kerker verlassen wollte.

"Mir ist zu Ohren gekommen, daß Sie versucht haben, den Erstklässlern meines Hauses Nachhilfeunterricht zu erteilen, als Sie Kräuterkunde hatten. Stimmt das?"

"Nicht direkt. Ich habe lediglich mit Mr. Redwood und Ms. Drake sehr gut zusammengearbeitet."

"Die Schüler meines Hauses brauchen keinen Nachhilfelehrer. Für diese Anmaßung ziehe ich Ravenclaw 10 Punkte ab. Und jetzt gehen Sie!"

Julius sagte nichts und zeigte auch im Gesicht keine Regung, die Snape hätte triumphieren lassen können. Er ging lächelnd aus dem Kerker und holte Gloria und die Hollingsworths ein, die gerade in das Erdgeschoß hinaufgestiegen waren.

"Gloria, der Kerl hat mir in Stellvertretung aller anderen Ravenclaws die zehn Punkte wieder abgezogen, die uns Professor Sprout gestern für die tolle Teamarbeit gegeben hat. Er meinte, ich solle seine Leute nicht unterrichten."

"Hätte mich auch gewundert, wenn Snape uns diese Punkte hätte einstreichen lassen, ohne seine Lieblinge zu bevorzugen", meinte Gloria ruhig.

"Der Typ muß total durch den Wind sein", wandte Leon Turner von den Hufflepuffs ein.

"Sag das lieber nicht zu laut. Nachehr kriegst du noch eine Strafe wegen Beleidigung eines Lehrers und 100 Punkte Abzug aufgebrummt", meinte Betty Hollingsworth.

"Toller Jahresauftakt. Kann nur noch besser werden", warf Julius ein. Dann lachte er.

"Du hast eine Ruhe weg. Wenn Mr. Snape mir Punkte für gute Arbeit wieder weggenommen hätte, hätte ich mich tierisch aufgeregt", warf Marco Taylor ein, ein stämmiger Hufflepuff-Junge mit maisblonder Igelfrisur.

"Und hättest ihm damit Genugtuung gegeben. Der Typ ist doch froh, wenn er Leute drangsalieren kann. Der ärgert sich jetzt mehr über mich, weil ich nicht wütend wurde und ihn auch noch angelächelt habe, als ich mich über ihn ärgern kann", sagte Julius ruhig. Gloria und Gilda Fletcher nickten zustimmend.

"Der wird dir eines Tages noch Strafarbeiten aufhalsen, nur um zu gucken, ob er dich nicht doch klein kriegt", unkte Pina Watermelon und verschwand. Gloria verzog sich mit Gilda in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws, währen die Hollingsworths und Julius noch in die Bibliothek wollten. Julius hatte sich ein Buch über Pflanzengifte mitgenommen, daß sein Vater ihm zu lesen angewiesen hatte. Er wolte es mit Nachschlagewerken der magischen Giftpflanzen vergleichen und so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

In der Bibliothek trafen sie Chuck Redwood, der sich gerade mit Madame Pince herumstritt, weil er ein Buch aus der verbotenen Abteilung haben wollte, das er angeblich für seine Zauberkunststudien brauchte.

"Dieses Buch über die Elementarkräfte der keltischen Druiden ist nicht für Schüler unter der sechsten Klasse zugelassen. Daher steht es auch im verbotenen Bereich", sagte Madame Pince gerade. Julius zog sich mit den beiden Hollingsworth-Schwestern an einen kleinen Tisch zurück. Er hatte sein Muggelgiftkundebuch aufgeschlagen und las gerade einen Abschnitt über Curare, das Pfeilgift südamerikanischer Ureinwohner, als Chuck meinte:

"Meine Eltern haben mir eine Liste mit unbedingt zu lesenden Büchern zugeschickt. Professor Flitwick hat zwar gesagt, daß ich das Buch jetzt noch nicht brauche, aber ..."

"Dann kriegst du's auch nicht. Nachher steckst du noch das Schloß in Brand oder läßt eine Windhose entstehen. Schluß! Ich habe noch anderes zu tun, als mich mit ehrgeizigen Jungen herumzuzanken."

Chuck fluchte und verließ knurrend die Bibliothek. Die hagere Bibliothekarin mit dem Kneifer und dem ständig einsatzbereiten Staubwedel räumte einige zurückgegebene Bücher an ihre Plätze zurück und sah dann zum Tisch hinüber, an dem Julius gerade den beiden Geschwistern aus dem Buch vorlas, leise zwar, aber gut zu verstehen. Madame Pince kam herüber und warf einen neugierigen Blick auf die aufgeschlagene Buchseite.

"Ich kann mich nicht daran erinnern, dieses Buch in dieser Bibliothek aufzubewahren. Ist es dein Buch, Junge?"

"Ja, ist es", erwiderte Julius ruhig und klappte das Buch zu, um der Bibliothekarin den Umschlag zu zeigen.

"Hmm, Muggelbücher liest du hier. Wenn du wirklich gute Giftpflanzenbücher lesen willst, solltest du dich an die Erweiterung des Standardbuches über tausend magische Pflanzen und Kräuter halten, das ihr sowieso lesen müßt. Es gibt da eine Sammlung von Veröffentlichungen, die von Professor Latrodectus Atropos herausgegeben wurde. Die ist für Erst- bis Drittklässler die Einstiegsliteratur. Allerdings solltest du dich mit den Professoren Sprout und Snape darüber abstimmen, was du genau brauchst, weil die Sammlung hundert Bände mit Artikeln umfaßt."

"Tut mir Leid, Madame Pince, aber mein Vater ist Chemiker, das ist sowas wie ein rein mathematisch vorgehender Alchemist. Er will haben, daß ich mich über die allgemein verfügbaren Giftpflanzen kundig halte."

"Hat er vor, dich mit diesem Zeug, Curare, zu vergiften?" Wollte die Hüterin der Schulbücherei wissen.

"Das zwar nicht. Aber in unserer Verwandtschaft existiert ein Pharmakologe, also ein Gelehrter zu Heil- und Giftpflanzen. Wenn ich dem mit magischen Heil- und Giftpflanzen komme, lacht der mich entweder aus oder hält mich für irrsinnig. Außerdem ist es sehr interessant, ein Muggelbbuch mit Zaubererliteratur zu vergleichen, um die unterschiedlichen Herangehensweisen zu lernen", sagte Julius.

"Soso. Ich wollte dir auch nicht einreden, was du lesen sollst. Es wundert mich nur, daß jemand derartig unvollkommene Literatur so ernstnimmt."

"Kein Kommentar", lachte Julius. Dann schlug er das Buch wieder auf und las weiter. Madame Pince sah ihm dabei zu, bis sie unvermittelt herumschwang und leise wie eine sich anschleichende Katze zur verbotenen Abteilung eilte, wo sie einen wohlbekannten Jungen mit rotbraunem Haar erwischte, der gerade zwischen den meterhohen Regalen verschwinden wollte.

"Moment! So nicht. Ich habe dir doch gesagt, daß du in dieser Abteilung nichts zu suchen hast, wenn deine Lehrer dir keinen schriftlichen Auftrag dazu gegeben haben. Hast du einen, ja oder nein?"

"Vergessen Sie's", schnaubte Chuck Redwood und eilte aus der Bibliothek.

"Soweit kommt es noch, daß hier jeder in die verbotene Abteilung geht, wenn ich gerade anderswo zu tun habe", zeterte Madame Pince leise und staubte Buchreihen ab, die an der Grenze zwischen frei zugänglicher und verbotener Abteilung standen.

"Wie hat die das jetzt gemerkt, wo der Typ war?" Wandte sich Betty flüsternd an Julius. Dieser zog die Stirn kraus und flüsterte zurück:

"Entweder hat die seinen Schatten gesehen, oder die hat eine Alarmanlage in der verbotenen Abteilung. Vielleicht steht zwischen der erlaubten und verbotenen Sektion eine magische Schranke, wo zwar jeder durchlaufen kann, die aber der Büchertante zeigt, daß da jemand an die verbotenen Bücher will. In der Muggelwelt gibt es sowas auch. Da geht ein Strahl aus Licht von einer Wand zu einem Lichtempfangsgerät auf der gegenüberliegenden Seite. Geht wer durch den Lichtstrahl, löst er damit was aus. Klospülungen, Warngeräte oder Sprengkörper."

"Geht das mit diesem Ekelstrom?" Wollte Jenna wissen.

"Elektrisch, ja. Ist sehr praktisch."

"Es gibt einen Zauber, der Magiefelder sichtbar machen soll", flüsterte Betty. "Flitwick hat es uns erzählt. Damit können verfluchte Räume erkannt werden oder auch verfluchte Gegenstände entdeckt werden."

"Und wie geht der?" Wollte Julius wissen.

"Hat Flitwick nicht verraten. Außerdem soll der nur von starken Zauberern und Hexen geschafft werden", flüsterte Jenna.

"Damit wir nicht sehen können, wo die Barrieren sind", vermutete Julius im Flüsterton.

Hermine Granger kam in die Bibliothek, mit einer langen Pergamentrolle und ihrer großen Umhängetasche am Arm.

"Ich brauche folgende Bücher, Madame Pince", begrüßte sie die Bibliothekarin und ratterte die Liste von ihrer Pergamentrolle herunter. Die Hüterin der Bücher in Hogwarts nickte bei jedem Buch und eilte in die Durchgänge zwischen den hohen Regalen, um die benötigten Werke zu suchen.

"Wau, die braucht ja schon eine eigene Bibliothek", staunte Betty Hollingsworth. Julius lachte fast zu laut, als er Titel wie "Einstieg in die Maschienen der Muggel" und "Zaubereiersatz Elektrizität" hörte.

"Die kommt doch selbst aus einer Muggelfamilie und muß sowas lesen? Wäre genauso, als wenn ein Englischlehrer ein Buch über die englische Sprache von einem Franzosen lesen würde."

"Was gibt's da zu lachen?" Empörte sich Hermine Granger. "Muggelkunde ist eine ernstzunehmende Wissenschaft der Zaubererwelt, um das Mißverhältnis zwischen Zauberern und Muggeln zu beseitigen. Es gäbe weniger Probleme mit Zauberern, die in der Muggelwelt leben, wenn die alle diese Bücher lesen würden."

"Achso. Aber die Geheimhaltungsgesetze verhindern doch, daß sich Zauberer und Muggel verstehen können."

"Das haben wir in den ersten zwei Stunden durchgenommen", meinte Hermine Granger genervt. "Die Notwendigkeit der Geheimhaltung der magischen Zivilisation gegenüber der Muggelwelt. Das würde ich gerade dir sehr dringend anempfehlen, bevor du dich noch mehr ereiferst."

"Ich werde mich hüten. Ich habe doch schon genug Probleme mit meiner buckligen Verwandtschaft, weil ich denen nicht beibringen darf, was mit mir los ist", wandte Julius ein. "Außerdem hat mir meine Klassenkameradin Gloria schon erzählt, daß es da irgendwann Ärger gegeben hat, weswegen Zauberer und Hexen mit Muggeln keinen direkten Kontakt halten dürfen, wenn sie nicht riskieren wollen, daß es zu größeren Schwierigkeiten kommt", erwiderte Julius und lachte wieder. Hermine meinte nur:

"Blödian! Ich dachte, Ravenclaws hätten da mehr Einfühlungsvermögen."

"Muß mir entgangen sein", grinste Julius. Betty und Jenna lachten auch. Dann kehrte Ruhe ein.

Julius lieh sich zum Vergleich mit seinem Giftpflanzenbuch noch ein Werk über tropische Zauberkräuter aus und studierte mit Betty und Jenna diverse Gewächse. Dann meinte er:

"Oha! Aus der südamerikanischen Schnappblütenblume kann man ein heftiges Kontaktgift machen. Wetten, daß Snape uns das mal austesten läßt?"

"Gibt es da kein Gegenmittel?" Wollte Betty wissen.

"Doch. Das Gift der Königskobra, angesetzt mit sieben Beinen einer Tarantel und dem Pulver eines Bernsteins, in einen Sud aus diversen Heilpflanzen, macht getrunken immun gegen das Gift oder kehrt die tödliche Wirkung um, wenn es innerhalb von einer Viertelstunde aus einem kleinen Becher getrunken wird."

"Will sagen, wenn das Opfer einer Vergiftung nicht in einer Viertelstunde den Gegentrank schluckt, stirbt es?" Wollte Betty wissen.

"Ja", gab Julius kühl zurück.

Als Julius in den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum zurückkehrte, saßen die Mädchen der ersten Klasse gerade um einen Tisch herum und unterhielten sich angeregt über die Zaubertrankstunde bei Snape. Die Jungen der ersten Klasse waren noch nicht da.

"Hallo, Gloria. Sind die vier Jungs noch nicht da?" Wandte er sich an die blondgelockte Tochter eines Gringotts-Mitarbeiters.

"Nein, Julius. Die sind bis jetzt noch nicht wieder aufgetaucht. Ich fürchte, der Name wird demnächst als unerwünschtes Wort in deinem Schlafsaal behandelt. Wie war es mit den Hollingsworths?"

"Wie soll das schon gewesen sein? Wir haben mein Giftpflanzenbuch durchstöbert, dann kam Madame Pince und meinte, mir irgendwelche Artikel zu magischen Giftpflanzen anempfehlen zu müssen, und schließlich hätte ich mit Hermine Granger fast Krach gekriegt, weil ich es lustig fand, daß sie Bücher über Muggel liest, die so komische Titel haben."

"Na klar!" Meinte Gilda Fletcher. "Für dich ist das natürlich lustig. Aber denkst du nicht, daß andere meinen, daß es sehr ernst ist?"

"Wenn du oder Gloria das Zeug lesen, hätte ich auch nicht so gelacht. Aber daß die Hermine Granger sowas lernt, wo sie doch selbst eine Muggelgeborene ist, war richtig komisch, fand ich", antwortete Julius grinsend.

"Apropos Muggelbücher, Julius: Du wolltest mir das Buch über Computer geben, in dem ich etwas mehr über diese Rechenmaschinen erfahre", erinnerte Gloria ihren Klassenkameraden an ein Versprechen, das er ihr einmal gegeben hatte. Julius nickte, zog den Zauberstab und wedelte damit in Richtung Schlafsaal für Jungen. Er schloß die Augen, stellte sich das gesuchte Buch vor und rief:

"Accio Computerbuch von Clayton und Powell!"

Eine Sekunde später schwirrte das gewünschte Buch durch den Eingang zu den Jungenschlafsälen und sauste knapp an Penelope Clearwaters Lockenpracht vorbei zu Julius, auf dessen Schoß es mit lautem Klatschen landete.

"Wau!" staunte Gilda Fletcher. Die Vertrauensschülerin der Ravenclaws sah Julius etwas mißmutig an und fragte:

"Wer hat dir diesen Zauber beigebracht?"

"Professor McGonagall!" Erwiderte Julius ruhig. "Sie hat doch vor den Ferien meinen Chemiebaukasten hier hereingezaubert."

"Zehn Punkte Abzug für Ravenclaw wegen Fahrlässigkeit beim Zaubern, Julius. Du hättest mir das Ding fast an den Kopf knallen lassen", erwiderte Penelope Clearwater.

"Die Tür war frei. Daß du da hingetreten bist, konnte ich nicht vorhersehen", meinte Julius. Penelope Clearwater sah ihn nur betreten an und sagte:

"Immerhin hast du nicht die Bücher der Verfasser selbst hergeholt. Aber du siehst ein, daß ich mit Flitwick darüber reden muß, daß du den Zauber kannst." Dann ging sie durch das Portraitloch und verschwand.

"Den lernen wir erst in der vierten Klasse", meinte Evilyn Dewdrop, eine Drittklässlerin, die sich bis dahin hinter einem Kräuterkundebuch versteckt hatte.

Am Abend kehrten die Jungen von der Strafarbeit zurück, mit erdverkrusteten Umhängen und nach Drachendung stinkend. Julius war so klug, sich solange zurückzuziehen, bis die vier sich gereinigt hatten. Dann ging auch er in den Schlafsaal und legte sich ins Bett, wie die müden Bettnachbarn. Keiner verlor ein Wort über das, was sie hatten tun müssen.

Das Quidditchmatch zwischen Ravenclaw und Slytherin war spannend, wenngleich auch unfair. Die Slytherins spielten nach der Devise "Mit Kraft zum Sieg", während Ravenclaw durch Kombinationen und Flugtechnik glänzte. So gelang es den Ravenclaws in fünf Minuten 50 Punkte zu erzielen, während die Slytherins gerade ein Tor schossen. Dann jedoch wurde das Spiel immer gefährlicher.

Lee Jordan kommentierte, wie sich die Jäger der Slytherins mit Brachialgewalt den Jägern Ravenclaws in den Weg warfen und sie fast von den Besen stießen, während Draco Malfoy, der den Sucher bei Slytherin machte, Alan Dayrose immer und immer wieder um den Kopf herumschwirrte, um ihn am suchen zu hindern. Dafür bekam Ravenclaw einmal einen Strafwurf zugesprochen, den Roger Davis, der Kapitän, höchst selbst verwandelte. Dann ging es schlag auf Schlag. Die Ravenclaws landeten durch geschickte Manöver vier Treffer hintereinander, während die Slytherins wie Rammböcke ihre Wege zum Tor der Ravenclaws suchten und drei Tore erzielten.

Als die Ravenclaws 90 zu 60 führten, kam es zu einem Unfall. Alan Dayrose prallte mit einem Ravenclaw-Jäger zusammen, weil dieser sich vor einem gezielten Klatscherangriff in Sicherheit zu bringen versuchte. Dabei verlor Dayrose die Gewalt über den Besen und rutschte ab. Malfoy lachte laut, wenngleich das nicht auf den Zuschauerrängen zu hören war. Professor Flitwick war aufgesprungen und ließ Dayrose kurz vor dem Boden verzögern, so daß er noch weich landete. Doch der Besen war fortgeflogen und krachend gegen einen Torring geprallt und dabei zerbrochen.

"Ersatzbesen!" Rief Kevin Malone laut. Doch Madame Hooch ließ weiterspielen. Der Sucher war nun aus dem Rennen.

Ravenclaw schoß zwar schnell hintereinander zehn Tore, doch dann holte Draco Malfoy den Schnatz und freute sich wie ein kleines Kind, daß einen großen Wunsch erfüllt bekommen hatte. Slytherin gewann 230 zu 210 punkte.

In zwei Wochen geht's gegen die Hufflepuffs. Wenn die sich so einmachen lassen, wie von uns, kriegt Slytherin noch den Pokal", vermutete Fredo Gillers. Er dachte offenbar noch an die Strafarbeit bei Professor Sprout.

Snape war guter Dinge, nachdem Ravenclaw gegen Slytherin verloren hatte. Dies äußerte sich darin, daß er mal davon absah, irgendwem der Hufflepuffs oder Ravenclaws Punkte wegzunehmen. Er ließ sich lediglich gerne darüber aus, daß die Mannschaft von Ravenclaw keinen Kampfgeist besaß und meinte, immer mit Tricks und Täuscherei vorgehen zu müssen. Weil auf diese Provokation keiner einging, beließ er es dabei, hönisch zu grinsen, wenn er an den Kesseln der Ravenclaw-Erstklässler vorbeiging.

"Der hat das gerade nötig", schimpfte Kevin, als er mit Julius und den anderen Erstklässlern im Schlafsaal angekommen war, wo sie noch über die nächste Zauberkunststunde sprechen wollten.

"Wieso, Kevin? Hast du Snape schon einmal auf einem Besen gesehen?" Wollte Fredo wissen.

"Das nicht. Aber ich glaube nicht, daß der Typ sich bei einem echten Match auf einem Besen halten kann. Aber den kriegen wir nächstes Jahr. Dann wird Cho wieder spielen, und wir bauen eine bessere Truppe zusammen", tönte Kevin, als wäre er der Kapitän der Hausmannschaft.

"Hört hört!" Erwiderte Julius.

"Ihr glaubt doch nicht, daß die Hufflepuffs diesen Brechern gewachsen sind, selbst wenn Cedric den Schnatz kriegt."

"Wir werden sehen", erwiderte Julius Andrews.

Sie sahen es zwei Wochen später, als die Hufflepuffs von Slytherin derartig niedergemacht wurden, daß die meisten Spieler es als Wohltat empfanden, als Malfoy den Schnatz holte, wobei er Cedric Diggory fast aus der Bahn geschubst hätte. Slytherin führte mit 200 Punkten Vorsprung die Tabelle der Hausmannschaften an. Nun kam es auf Gryffindor an.

Als Julius mit Gloria einmal einen Auftrag der Vertrauensschüler von Ravenclaw ausführen und Professor Flitwick etwas ausrichten sollten, sahen sie in seinem Büro etwas höchst interessantes.

Auf einer großen weichen Unterlage lagen die einzelnen Bestandteile eines auf Hochglanz polierten Flugbesens, dessen Reisigbündel stromlinienförmig ausgerichtet waren. Flitwick saß davor und hantierte mit seinem Zauberstab und einem magischen Sichtglas. Er fuhr fast zusammen, als die beiden Schüler hinter ihm auftauchten.

"Entschuldigen Sie, Professor Flitwick, aber Mr. Crossley bittet uns im Namen der Vertrauensschüler, Ihnen zu bestellen, daß für die Siebtklässler die Endprüfungsvorbereitungen bekanntgegeben wurden. Sie möchten bitte nachher die Unterlagen abzeichnen, damit die Schüler wissen, welche Vorbereitungsmappen sie noch mal durchsehen sollen."

"Natürlich. Ich werde dies erledigen, wenn ich hier fertig bin. Ich habe noch zu tun, Kinder. Sagen Sie den Vertrauensschülern bitte, daß Sie ihr Anliegen überbracht haben!"

"Wau! Ist das ein Feuerblitz-Besen? Ich habe kurz vor Neujahr ein Quidditchspiel besucht, bei dem diese Besen eingesetzt wurden. Die Dinger gehen ab ..."

"Jaja, das ist ein Feuerblitz. Ich muß ihn untersuchen, ob versteckte Flüche vorhanden sind, bevor er zugelassen werden kann. Aber bitte behalten Sie diese Neuigkeit einstweilen für sich. Es betrifft niemanden außer denen, die mit dem Besen zu tun haben", mahnte Flitwick an.

"In Ordnung. Wir sagen nichts."

Gloria und Julius gingen wieder zurück zum Ravenclaw-Eingang. Gloria flüsterte:

"Also doch. Ich habe aus einem Gespräch von Padma aus der dritten Klasse und Amanda Hillcrest herausgehört, daß Harry Potter angeblich so einen Besen zu Weihnachten geschenkt bekommen haben soll. McGonagall hat ihn eingezogen, weil kein Hinweis auf den Absender dabei war. Sie haben Angst, Black könnte den Besen an Harry geschickt haben."

"Deshalb will Flitwick nicht, daß wir das herumerzählen. Und wenn es wirklich der Massenmörder war. Woher hat der soviel Geld? So ein Besen ist doch ein Formel-I-Rennwagen unter den Flugbesen."

"Ein was?"

"Ein sehr schnelles Auto, das wir Muggel für Wettrennen brauchen."

"Julius, willst du mich wieder ärgern?"

"Nöh", entgegnete Julius Andrews und lachte.

"Also so ein Besen wird heute nur bei internationalen Quidditch-Turnieren oder Spielen reicher Mannschaften eingesetzt. Wenn jemand Harry einen neuen Besen schenkt, der nicht sabotiert wurde, dann muß der Jemand sehr viel für Harry übrig haben", meinte Julius.

Wenige Tage später kam alles heraus. Der Feuerblitz war wirklich frei von Flüchen oder sonstigen Schäden und gehörte Harry Potter. Beim Frühstück, kurz vor dem Spiel Gryffindor gegen Ravenclaw, präsentierten die Gryffindors das Wunderding. Cho Chang, die wieder fit war, ging mit ihren Mannschaftskameraden hinüber zum Gryffindor-Tisch. Julius, Gloria und Kevin folgten ihnen in respektvollem Abstand. Auch Penelope Clearwater besah sich den Besen und wurde von Percy Weasley lachend dazu ermahnt, keine Sabotage zu begehen.

"Der hat ein Vermögen gekostet", staunte Kevin, der sich nicht traute, näher an den Tisch zu gehen, auf dem der Wunderbesen lag.

"Da verblassen alle bisherigen Besen. Ich fürchte, wir alle können uns warm anziehen."

"Junges Gemüse, weg da", knurrte Draco Malfoy und schubste die beiden zur Seite, um selbst den Feuerblitz zu betrachten.

"Komm, der Typ spielt sich gleich wieder auf, weil er meint, selbst gegen so einen Besen anstinken zu können", zischte Julius und zog Kevin und Gloria zurück.

".. Schade, daß er nicht gleich mit Fallschirm geliefert wird ..." hörten sie den überheblichen Slytherin-Jungen noch sagen, bevor sie zu weit vom Tisch entfernt waren, um noch mehr zu hören.

"Ach, der Kerl geht mir langsam derartig auf den Senkel mit seiner Überheblichkeit. Dabei hat der noch nicht bei einem Spiel gegen Dementoren ankämpfen müssen", meinte Gloria.

"Nimm ihn als das was er ist, Gloria: Er ist Papas Sohn. Mehr ist von dem im Moment nicht zu erwarten. Aber wenn der bei der nächsten Saison unseren Sucher derartig rüpelhaft auszupunkten versucht, wie bei den Hufflepuffs, hol ich den vom Besen, bevor der gelandet ist. Bis dahin kriege ich den Accio-Zauber noch besser hin und zieh ihm den Besen unterm Hintern weg", meinte Julius.

"Wenn Sie dich nicht als Sucher einstellen", sagte Gloria.

"Erinner mich nicht dran, daß wir nach dem Gryffindor-Spiel selbst trainieren sollen", meinte Julius. "Ich habe zwar Muggeleltern, aber dafür schon zuviele Bekannte in der Zaubererwelt, die alle Quidditch gespielt haben. Die wollen, daß ich auch dieses Spiel lerne."

"Und, als was willst du spielen?" Fragte Cho Chang, die den letzten Satz mitbekommen hatte, als sie von der Feuerblitz-Besichtigung zurückkam.

"Jäger ist eigentlich ein toller Posten. Man kann kombinieren und mit Einzelaktionen arbeiten. Die Treiber müssen den Klatschern nachjagen, und der Sucher hängt über allem und sieht zu, wo der Schnatz herumsaust. Das ist wohl der schwerste Job, den dieser Sport bietet."

"Das kann man wohl sagen. Aber was willst du spielen, Kevin. Ich hörte, ihr seid beide im Nachwuchsangebot." Wollte Cho noch wissen.

"Jäger natürlich. Mein Vater war auch einer und hat mindestens 500 Tore geschossen, im Alleingang."

"Da war er wohl auch ganz allein auf dem Feld, wie?" Kam es von Fredo Gillers.

"Höi! Keine Unverschämtheiten, wenn ich bitten darf", erwiderte Kevin gereizt.

Das Match zwischen den Gryffindors und Ravenclaws war äußerst Spannend, fand Julius. Cho Chang konnte zwar nicht so schnell fliegen, wie Harry Potter auf dem Feuerblitz, doch sie schaffte es einige Male, ihn vom Schnatz fernzuhalten. Lee Jordan erging sich in Lobliedern über den Feuerblitz, weswegen Professor McGonagall ihm fast das Megaphon weggenommen hätte. Dann geschah es.

Drei schwarze vermummte Gestalten traten auf das Spielfeld und sahen nach oben, gerade als Harry Potter einen kleinen glitzernden Punkt im Sturzflug ansteuerte.

"Dementoren, schon wieder!" Schimpfte Kevin. Gloria sah auf ihre rechte Hand, an der sie ihren Stimmungsfarbring trug. Dieser glühte noch weiß, was ihre volle gespannte Freude anzeigte. Julius sah es auch und zog die Stirn kraus.

"Die sind nicht echt!" Rief Gloria in dem Moment aus, als Harry Potter seinen Zauberstab unter dem scharlachroten Spielerumhang hervorzog und eine Zauberformel rief.

Erstaunen und Schrecken erfüllten alle Zuschauer, als aus dem Zauberstab ein mächtiges silbernes Ding heraus auf die drei auf dem Spielfeld stehenden Gestalten stürzte. Es sah ausähnlich sein wie das wie ein Hirsch, der aus silberweißem Licht bestand. Das magische Gebilde fiel über die drei vermummten Gestalten her, umkreiste sie mehrmals und erlosch dann. Die drei großen Gestalten purzelten zu Boden, wobei ihre Umhänge von ihnen abfielen und vier Hogwarts-Schüler freigab, die jedoch durch den Schreck und die verrutschten Umhänge so ineinander verknäuelt wurden, daß sie nicht sofort wieder aufstehen konnten. Kevin rief noch:

"Potter hat den Schnatzz!" Gryffindors johlten, sobald Madame Hoochs Pfeife ertönt war.

"Malfoy und Genossen!" Schimpfte Julius, als er die vier am Boden liegenden Figuren erkannte. "Buuuuuuh!"

"Woher wußtest du, daß das keine echten Dementoren sind, Gloria?" Fragte er, als Professor McGonagall mit wutentbranntem Blick auf die vier zusteuerte.

"Erinnerst du dich nicht mehr daran, wie der Ring beim Spiel Gryffindor gegen Hufflepuff die Farbe verändert hat, kurz bevor die Dementoren auf das Spielfeld kamen? Ich vermute, der Ring ist so empfindlich, daß er schon einen Stimmungsabfall zeigt, wenn du selbst noch glaubst, gut drauf zu sein. Deshalb war ich mir sicher, daß das keine echten Dementoren sein konnten", sagte Gloria Porter.

"Natürlich. Aber was war das, was Potter da aus seinem Zauberstab herausgeschossen hat. Das muß ähnlich sein, wie das, was Dumbledore beim Spiel Gryffindor gegen Hufflepuff gezaubert hat."

"Nicht ähnlich, sondern eindeutig das gleiche. Wahrscheinlich eine Art Dementorenabwehr. Hat wohl deshalb so heftig gewirkt, weil es keine richtigen Dementoren waren und Potter sich konzentrieren konnte, ohne beeinflußt zu sein."

"Das will ich wissen", verkündete Julius, sprang auf und rannte durch die Ränge zu den Spielern, die gerade von ihren Hauskameraden umjubelt wurden. Dabei traf er auf die Professoren Lupin und McGonagall. Letztere sah so aus, als würde sie bei der ersten dummen Frage explodieren, so wütend schaute sie drein.

"Entschuldigen Sie, Professor Lupin! Was ist das für ein Zauber, mit dem Potter die getürkten Dementoren umgeworfen hat?"

"Das hat Sie nicht zu interessieren, Andrews. Das geht nur Potter was an", schnauzte ihn Professor McGonagall an und fuchtelte mit ihren Händen vor seinem Gesicht herum, als wolle sie ihn wie ein lästiges Insekt verscheuchen.

"Den Zauber kannst du noch nicht lernen, Julius. Er ist sehr schwierig", sagte Professor Lupin. Dann wandte er sich den Gryffindor-Spielern zu, während die Lehrerin für Verwandlung Julius am Arm griff und fortzog.

"Ich weiß, was in Ihnen vorgeht. Sie meinen, diesen Abwehrzauber schon jetzt lernen und anwenden zu können. Aber verrennen Sie sich nicht in einer Illusion. Dementoren zum Rückzug zu zwingen kommt einer Kampfansage gleich und sollte nur im Notfall betrieben werden. Und jetzt kehren Sie umgehend zu Ihren Kameraden zurück, wenn Sie nicht auch den Gryffindors gratulieren wollen. Aber hüten Sie sich davor, Harry Potter zu fragen, was er getan hat. Das muß niemand wissen, wie er es getan hat."

"Das hat doch jeder gesehen. Er nahm den Zauberstab, sprach eine Formel und Wusch!" Erwiderte Julius. Die Verwandlungslehrerin sah ihn sehr streng an, als wolle sie ihn mit ihrem Blick zu Stein verwandeln. Daraufhin trollte sich der Sohn nichtmagischer Eltern und kehrte zu seinen Kameraden zurück.

"Padma meinte, daß Harry Potter in den letzten Wochen bei Lupin Einzelunterricht in Dementorenabwehr gekriegt hat", begrüßte ihn Gloria. Julius nickte.

"Die McGonagall hat mich weggescheucht. Ich fürchte, wie der Zauber geht steht nur in Büchern aus der verbotenen Sektion."

"Davon darfst du ausgehen. Aber wieso Harry Potter den Zauber lernen konnte, verstehe ich nicht", erwiderte Gloria.

"Ist doch logisch, Gloria. Harry muß irgendwie noch heftiger auf diese Monster reagieren als wir es schon tun. Deshalb hat Lupin ihm den Zauber beigebracht, damit er den Biestern einheizen kann, bevor es ihn wieder vom Besen haut. Hat ja auch voll gewirkt."

"Natürlich", sagte Gloria.

"Vielleicht ist das silberne Lichtwesen ein Antidementor, der mit echten so reagiert, daß sie sich gegenseitig zerstreuen", vermutete Julius, der an Zukunftsromane über Energiewesen und Antimaterie dachte.

"Eher etwas, was die Dementoren vertreibt oder auf Abstand hält. Wenn es ein Zauber ist, der Dementoren bei voller Wirkung auflöst, müßte irgendeine Form von Energie freiwerden", argumentierte Gloria. Julius nickte. Dann sah er sie verwundert an und fragte:

"Wie kommst du darauf, daß dabei Energie freigesetzt werden muß?"

"Ich habe auch Phantasien der Muggel gelesen und weiß, was Materie und Antimaterie sind, beziehungsweise, was passiert, wenn beides miteinander reagiert."

"Ja, genau", stimmte Julius zu.

Die Ravenclaws hatten zwar keinen Grund zu feiern, da sie nun keine Aussicht mehr hatten, den Pokal zu kriegen. Dennoch freuten sie sich über diese spannende Quidditchpartie. Julius unterhielt sich mit Cho Chang und den anderen Mitgliedern der Hausmannschaft, während Gloria in seinem Computerbuch über die Grundeigenschaften elektronischer Rechner las und ab und an ein erstauntes "Aja" von sich gab.

"Ich hätte fast den Halt verloren, als dieses große Lichtgebilde an mir vorbeistürzte", meinte Cho Chang. "Potter muß einen mächtigen Abwehrzauber gelernt haben."

"Ich habe einen Hirsch erkannt. Wieso ausgerechnet so ein Tier?" Wunderte sich Julius.

"Weiß ich nicht. Ich kenne den Zauber nicht. Vielleicht ist es so eine art Schutzgeist, der heraufbeschworen werden kann. Muggel sagen dafür wohl Schutzengel oder Schutzpatron."

"Totemtier nennen es die Indianer. Das muß es sein", sagte Julius.

"Aber wir brauchen diesen Zauber nicht zu können. Wir sind hier in Sicherheit vor den Dementoren. Von uns wollen sie nichts."

"Das wollen wir hoffen", erwiderte Julius.

"Ich hörte, ihr trainiert ab Montag kurz vor den Gryffindors Quidditch?" Fragte Cho Chang.

"Ja, dann muß ich Farbe bekennen", sagte Julius. "Ich habe mit Kevin schon überlegt, wie wir zusammenspielen können."

"Madame Hooch teilt keine Leute für das Nachwuchstraining ein, wenn sie nicht sicher ist, daß sie dafür geeignet sind. Wenn du überlegst, daß du aus hundert Leuten sieben Stammspieler und sieben Nachwuchsspieler aussuchen sollst, ist es nicht einfach. Die, die ausgesucht werden, müssen schon was gezeigt haben."

"Oder reiche Eltern haben, die seiner oder ihrer Mannschaft tolle Besen kaufen können", spielte Julius darauf an, daß die Slytherins alle mit hochwertigen Nimbus 2001 ausgestattet waren, während die übrigen Mannschaften mit Sauberwischs herumflogen und nur die Sucher eigene Besen flogen.

"Viel Geld bringt es nicht immer. Das hat sich doch schon gezeigt. Da du Draco Malfoy meinst, weißt du ja auch, daß er nur den Schnatz kriegte, weil Alan vom Besen fiel und Cedric von den Kraftprotzen der Slytherins geblockt wurde. Aber du kannst dir doch auch einen guten Besen aussuchen, wenn du ins zweite Jahr kommst. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, arbeitet dein Vater in leitender Position in einer Muggelfabrik."

"Was man so leitende Position nennt. Er ist zwar Abteilungsleiter auf hoher Ebene, läßt sich aber immer noch von seinem obersten Chef anweisen und von seinen Mitarbeitern zu unmöglichen Zeiten anrufen. Aber woher weißt du das?"

"Wir sind eine Familie, Julius. Sicher ist es für die meisten Leute aus höheren Klassen nicht wichtig, was die jüngeren tun oder sind. Aber erstens hast du hier die erste Woche diese vielen Punkte geholt, und zweitens spricht sich vieles herum", sagte Cho Chang.

"Da will ich lieber nicht wissen, was so alles gesagt wird. Sonst darf ich hier nicht mehr herein, ohne nach Leuten Ausschau zu halten, die mich nach meinen Eltern fragen", sagte Julius etwas betreten.

"Kann nicht passieren, wenn du dich weiterhin so gut hältst."

"Haha, guter Witz. Seit jener ersten Woche sind genug Wochen vergangen, wo ich einer unter vielen war und froh darüber bin, daß man mich in Ruhe lernen läßt."

"Dann mach weiter so. Vielleicht sieht man sich ja auf dem Quidditchfeld", verabschiedete sich Cho Chang und ging zu ihren Klassenkameraden herüber, die auch mit ihr reden wollten.

"Und ich kriege doch noch raus, wie dieser Schutzpatron gezaubert werden muß", dachte Julius trotzig und ging ebenfalls zu seinen leuten hinüber. Kevin und Fredo spielten gerade mit Glorias Schachspiel. Fredo, der die weißen Figuren führte, ging gerade hoffnungslos unter. Die weiße Königin hockte geschlagen am Spielfeldrand und schmollte, während der letzte weiße Springer mit seinem schwarzen Gegenstück einen kurzen, aber heftigen Waffengang austrug. Dabei hob der schwarze Ritter seinen weißen Gegner aus dem Sattel und trieb ihn mit der Lanze vom Feld, das reiterlose Pferd hinterher scheuchend.

"Sag nichts, Julius! Sag bloß nichts!" Gab Fredo mit drohendem Unterton von sich, als Julius mit kurzem Blick die Situation seiner Figuren überflog. Doch Julius brauchte nichts zu sagen. Denn gerade schloß sich ein Ring um den Weißen König, und einer der schwarzen Türme johlte: "Schachmatt!"

"Dieses Spiel ist nichts für mich", stöhnte Fredo und stand von seinem Platz auf, während sich die Figuren alle in ihrem kleinen Häuschen sammelten.

"Wollen wir noch eine Partie spielen, julius?" Fragte Kevin, der wohl gerade in sehr guter Stimmung war.

"Ja, aber nur, wenn ich die Weißen nehmen kann. Sonst kann Gloria ihr Spiel wieder für Monate weglegen."

"Angeber!" Versetzte Kevin und öffnete das Türchen, aus dem die schwarzen Figuren kommen sollten. Julius klappte das Türchen der weißen Figuren auf. Die schwarzen Figuren eilten wie mit Flügeln auf das Feld. Als sie sahen, gegen wen sie geführt werden sollten, verzog der schwarze König kurz das Gesicht. Die Weißen traten wie begossene Pudel aus ihrem Verschlag und wankten auf das Feld. Als die weiße Königin erkannte, wer sie führen sollte, strahlte sie über das kleine Gesicht und dirigierte eilfertig die Figuren ihrer Farbe auf die entsprechenden Positionen.

Eine Stunde später hatte Julius einen überragenden Sieg über Kevin errungen und den weißen Figuren dadurch wieder etwas mehr Zuversicht vermittelt.

"Wie war das mit dem Hausturnier? Sollten wir nicht mal bei den Hauslehrern eine Anfrage einreichen, ob die nicht Leute aus ihren Häusern ansprechen können?" Fragte Gloria, die leise hinter Julius getreten war.

"Ja, sicher. Aber durch das Zeug mit den Dementoren und Sirius Black sind die alle so angespannt", sagte Julius. "Ich dachte eigentlich, daß die den bereits gekriegt hätten."

"Der ist zu gut. Der hat Askaban verlassen können, bestimmt nicht, um sich schnell wieder einfangen zu lassen", tönte Kevin Malone.

Als die Ravenclaws abends in die Schlafsäle gingen, hörte man noch das Johlen und den Jubel aus dem Gryffindor-Turm herüberschallen. Um elf Uhr herum wurde es ruhiger. Offenbar hatte die Hauslehrerin dem Treiben ein Ende bereitet. Julius dachte daran, daß er in zwei Tagen ein erstes Trainingsspiel spielen mußte. Er fühlte sich genauso angespannt wie bei seinem ersten Fußballspiel in der Grundschulmannschaft.

Mitten in der Nacht wachte Julius auf, weil er etwas ungewöhnliches gehört hatte. Er dachte zunächst an einen Traum, bis Kevin mit verschlafener Stimme fragte: "War das 'n Schrei?"

"Hast du den auch gehört?" Antwortete Julius ebenfalls schlaftrunken.

"Ja, hab ich. Wo war das. Hoffentlich hat nicht Black wieder ..."

"Hoffentlich nicht", unterbrach Julius seinen Bettnachbarn. Sie lauschten, doch es blieb ruhig.

Am nächsten Morgen sahen sie, wie die Gryffindors angsterfüllt in den großen Saal kamen. Und bald war es herum, daß Sirius Black in den Schlafsaal der Gryffindor-Drittklässler eingedrungen war und den Bettvorhang von Ron Weasley zerschnitten hatte. Dann kam es heraus, daß der Verbrecher deshalb in den Gryffindor-Turm hineingelangen konnte, weil er einen Zettel mit dem gültigen Passwort gefunden hatte. Sir Cadogan, der derzeitige Türwächter der Gryffindors, hatte Black anstandslos eingelassen.

"Welcher Idiot läßt ein wichtiges Passwort auf einem Zettel herumliegen?" Fragte Julius, der daran dachte, wie pingelig seine Eltern ihm beigebracht hatten, das Computerdaten geschützt werden mußten, um nicht in falsche Hände zu fallen.

"Das werden wir wohl bald wissen", sagte Dustin McMillan. "Wenn den Verwandten dieses Schülers bekannt wird, daß er oder sie derartig fahrlässig gehandelt hat, setzt es rote Briefumschläge."

Und genau das blühte dem Drittklässler Neville Longbottom einige Tage später. Eine Schleiereule ließ einen scharlachroten Umschlag vor ihn auf den Tisch fallen. Alles erstarte in Schweigen. Neville nahm den Umschlag und rannte damit aus dem Saal, verfolgt vom gehässigen Lachen der Slytherins.

"O o! Der arme Bursche", gab Kevin einen mitleidsvollen Kommentar von sich, als draußen im Schloß die wütende Stimme einer älteren Frau wüste Beschimpfungen ausstieß, mit einer selbst hier im großen Saal noch ohrenbetäubenden Lautstärke.

"Ja, das passiert, wenn man Mist macht", bemerkte Dustin nur.

"Bin ich froh, daß meine Eltern sowas nicht verschicken können", brachte Julius erleichtert heraus.

"Hau, dem müssen ja die Ohren abfallen. Wer ist denn die alte Hexe, die ihm den geschickt hat?" Wollte Fredo wissen.

"Neville lebt bei seiner Großmutter. Kann sein, daß die den Heuler gebraut hat", meinte Kevin.

"Ich frage mich immer noch, wie Black ins Schloß kommen und sich wieder verflüchtigen konnte. Hermine Granger hat doch damals behauptet, man könne hier nicht hineinteleportieren."

"Was meinst du?" Wollte Penelope wissen.

"Apparieren meint er. Muggel sagen Teleportieren dazu", wußte Gloria zu erklären.

"Ja, stimmt. Man kann hier nicht einfach hereinapparieren. Aber ich habe da was läuten hören, daß es noch versteckte Geheimgänge gibt, die aus dem Schloß herausführen."

"Das Gerücht ist doch alt. Filch kennt doch alle Geheimgänge und hat die bestimmt schon verbarrikadiert, Penelope. Das kannst du also vergessen", warf Dustin ein. Penelope Clearwater sah ihn tadelnd an und meinte:

"Was soll denn das jetzt, Dustin? Es kann immer noch Geheimgänge geben, die Filch nicht kennt."

"Wohin führen die Geheimgänge?" Wollte Julius wissen.

"Einige führen direkt nach Hogsmeade, heißt es. Aber da dürften einige Dementoren auf der Lauer liegen. Andere führen irgendwo anders hin. Filch hat die alle sichern lassen."

"Ich habe davon erfahren, daß Zauberer, die apparieren tatsächlich ins Nichts verschwinden. Sonst würde ich behaupten, da muß irgendwo eine geheime Transporterstation stehen", versuchte Julius, noch mal auf das für ihn faszinierende Thema zeitloser Ortswechsel einzugehen.

"Richtig. Um zu apparieren, beziehungsweise zu disapparieren muß man einen starken Willen und große Grundkräfte besitzen. Man muß Prüfungen ablegen, um sich auf diese Weise fortzubewegen", wußte Gloria.

"Stimmt, dein Vater hat mir sowas gesagt, Gloria", erinnerte sich Julius.

"Damit du nicht deine Beine irgendwo herumliegen läßt", spottete Dustin McMillan und erntete ein gehässiges Lachen bei Kevin und den anderen Ravenclaw-Jungen aus der ersten Klasse.

"Das ist nicht komisch", fauchte Terrence Crossley. "Es sind schon heftige Pannen bei Apparitionen passiert, von Aufspaltungen bis hin zu Körperveränderungen. Die unzähligen Fälle, wo jemand sich schlicht verschätzt hat und an einem falschen Ort herauskam nicht mitgerechnet."

"Aber wiederkommen tun die alle. Oder hat man schon Zauberer oder Hexen auf nimmerwiedersehen verschwinden sehen?" Wollte Julius wissen. Ihn reizte es, irgendwann selbst diese Kunst zu erlernen.

"Ankommen tun sie alle. Doch manche würden sich wünschen, nie angekommen zu sein, wenn sie sich eben total verkalkulieren. Wir lernen das in der siebten Klasse und müssen nach dem Abschluß die entscheidenden Prüfungen bestehen, wenn wir die Lizenz zum apparieren haben wollen", erklärte Terrence.

"Den Teleporterführerschein sozusagen", vermmutete Julius.

"Richtig", sagte Gloria und lachte.

Kaum war der Nachmittagsunterricht vorbei, hieß es für Julius und Kevin antreten zur ersten Quidditch-Trainingsstunde. Madame Hooch wartete bereits am Quidditchfeld, zusammen mit Flitwick und Cho Chang, sowie Kapitän Roger Davis. Zusätzlich zu den beiden Erstklässlern waren noch Prudence Whitesand aus der vierten und Wesley Smart aus der zweiten Klasse dabei. Alan Dayrose, der gegen die Slytherins den Sucher gespielt hatte, war auch wieder dabei. Er hatte sich einen neuen Besen geben lassen, einen Sauberwisch 7, wie die anderen ihn auch hatten.

"So, Leute. Ihr seid heute hier angetreten, um zu zeigen, ob ihr bald schon in die engere Mannschaftsaufstellung kommt. Alan, du hast ja schon richtig gespielt. Sage den anderen bitte, wie sich das anfühlt!" Begann Madame Hooch.

Alan berichtete etwas verschüchtert davon, wie er zuerst nur in der Ersatzmannschaft trainiert hatte, bis er vor einem Jahr zum erstenmal spielen durfte. Als Julius fragte, ob er sich in der Rolle des Ersatzspielers wohlfühle, antwortete Alan:

"Es geht mir ja nur darum, daß die Mannschaft und damit das Haus gut spielt. Cho ist unsere beste Sucherin. Wenn wir mit ihr den Pokal kriegen können, ist das für mich genauso gut, wie selbst am Spiel teilgenommen zu haben."

Julius dachte an Interviews mit Fußballspielern, die ähnliches sagten, wenn Reporter sie fragten, ob sie nicht mehr in der Mannschaft tun wollten, als nur auf der Ersatzbank zu hocken.

Dann ging es aber richtig los. Die jungen Hexen und Zauberer kleideten sich in blaue Umhänge und traten mit geschulterten Besen auf das Spielfeld. Julius sah auf den Boden und dachte an die Dementoren, die beim ersten Spiel das Feld gestürmt hatten. Hoffentlich erwischten sie Sirius Black bald.

"Besteigt die Besen!" Befahl Madame Hooch, die eine große Kiste öffnete. Dann kam der Befehl: "Los!"

Die Nachwuchskandidaten hoben ab. Julius ließ sich fast hinten überfallen und trieb den Besen fast senkrecht nach oben. Das Fluggerät vibrierte ein wenig, machte aber das Manöver ohne Schlingerbewegung mit. 25 Meter über dem Feld brachte sich Julius in die Waagerechte und versuchte, Tempo zu machen. Das gleiche tat Kevin. Prudence Whitesand hatte sich nicht so waghalsig in die Höhe schießen lassen und flog in einer Aufwärtsspirale nach oben.

"Achtung, ein Klatscher!" Rief Roger Davis von unten. Julius spürte ihn wohl instinktiv anfliegen. Er warf sich nach vorne und legte dabei eine leichte Linkskurve hin. Knisternd zitterte das Reisig des Besenschweifs. Schwirrend raste der schwarze Ball an Julius vorbei und nahm Prudence aufs Korn, die gerade versuchte, eine Wende hinzulegen.

"Prue, weg da!" Brüllte Cho Chang. Die junge Hexe mit den dunkelbraunen Zöpfen ließ sich seitlich überrollen, als der Klatscher auf sie zuschoß. Julius trieb seinen Besen an und jagte den Klatscher, auch wenn das nicht so einfach ging.

"Tauch nach unten, Prudence! Ich versuche, dem Biest eine andere Richtung zu geben!" Rief er und fegte über das ältere Mädchen hinweg, das ohne zögern den Ratschlag befolgte und sich im Sturzflug aus der direkten Reichweite des Klatschers rettete. Julius schwang herum, und der schwarze Ball kehrte um.

"Du Wahnsinniger!" Schimpfte Kevin, als er sah, wie Julius sich vom Klatscher jagen ließ. Der Ball war natürlich etwas schneller als der Besen aus den Schulbeständen. Julius hatte keine Chance, dem Aufprall zu entgehen, wenn er nicht schnell ein sehr riskantes Ausweichmanöver flog.

Unvermittelt warf er sich nach vorne, gerade als der Klatscher seinen Hinterkopf zu treffen drohte. Im senkrechten Sturzflug ging es fast bis auf den Boden, bevor Julius den Besen mit einer schnellen Bewegung wieder in die Waagerechte riß. Das Fluggerät zitterte bedenklich. Offenbar war es für solche mörderischen Manöver nicht mehr zu gebrauchen. Kevin, der nun zehn Meter über Julius flog, war vom Klatscher aufs Korn genommen worden. Der Bettnachbar des Muggelgeborenen ließ sich nicht auf eine Verfolgungsjagd ein und versuchte, dem Klatscher durch das Raketenaufstiegs-Manöver zu entgehen. Der Klatscher folgte jedoch in einer wilden Spirale, die immer enger wurde.

"Das gibt es doch nicht", dachte Julius, der knapp über dem Boden auf eine der Torstangen zuraste.

"Achtung, die Torstangen!" Warnte roger den talentierten Flieger. Julius hatte bereits reagiert und sich mit einer schnellen Wende in die entgegengesetzte Richtung gedreht. Es knackte bedenklich im Reisig.

"Mit dem Besen kann man bald nur noch Laub aufsammeln", meinte er, als er an Madame Hooch vorbei nach oben stieg, um Kevin zu suchen.

"Konnte ich wissen, daß du ihn derartig malträtierst. Fordere dir und deinem Besen nicht gleich die heftigsten Flugbewegungen ab!" Sagte Madame Hooch und folgte Julius ohne Probleme. Sie hielt einen der Schläger in der Hand, mit denen die Klatscher abgewehrt werden konnten. Damit hieb sie den schwarzen Ball fort, als sie beide auf Kevins Flughöhe angekommen waren. Der Ball flog wieder auf Prudence zu. Julius setzte schon an, wieder hinter dem Klatscher herzufliegen, doch Madame Hooch meinte:

"Du hast deinen Besen schon fast zerlegt. Ich mach das jetzt."

Wie eine Rakete schoß die Fluglehrerin auf Prudence zu und konnte den Klatscher noch abschlagen. Dann setzte sie dem Ball nach und trieb ihn zurück auf den Boden, wo sie ihn zu seinem Bruder in die Kiste zurückverfrachtete.

"Jetzt können wir mal ein bißchen formieren", meinte Kevin, dem der Schweiß noch auf der Stirn perlte.

"Okay, Kevin! Versuchen wir doch die Tricks, über die wir geredet haben!" Stimmte Julius zu und flog los. Kevin postierte sich mal hinter, mal vor, mal über und unter ihm. Julius flog mal quer zu Kevins Flugrichtung, mal ließ er sich von vorne oder hinten queren. Prudence, die sich wieder frei bewegen konnte, ließ sich ohne große Diskussion in die Formationsbildung einbinden. Julius testete aus, wie gut er mit der linken oder rechten Hand alleine steuern konnte oder freihändig flog.

"Wirf doch mal einer den Quaffel rüber!" Brüllte Kevin nach unten, wo Madame Hooch gerade an der Kiste hantierte.

"Wie heißt das Zauberwort?" Fragte sie nach oben. Julius rief:

"Accio Quaffel!" Alle lachten.

"Das war wohl das verkehrte", meinte die Fluglehrerin. Julius dachte, ihr das Gegenteil beweisen zu müssen und zog seinen Zauberstab unter dem Pulli hervor, den er unter dem Umhang trug. Wie Harry Potter hatte er den Stab nicht in der Umkleidekabine zurücklassen wollen.

"Accio Quaffel!" Sprach er, allerdings leise. Dabei stellte er sich den großen roten Ball vor. Doch statt daß der Ball auf ihn zuflog, zitterte der Zauberstab in seiner Hand und versetzte ihm einen elektrischen Schlag, beziehungsweise etwas, das sich so anfühlte. Julius verlor fast den Zauberstab und den Halt. Er konnte gerade noch eine schnelle Landeanflugshaltung einnehmen und den Zauberstab wieder im Ärmel verschwinden lassen, da kam der Boden schon auf ihn zu. Mit schnellen Bremsbewegungen schaffte es der Junge, den Besen so zu verzögern, daß er landete.

"Das war nichts, Junge. Ich habe nie gedacht, das mal einem Erstklässler erzählen zu müssen. Aber die Quidditchbälle sind gegen die meisten Fernlenkungszauber geschützt. Da muß schon jemand wirkliche Telekinese beherrschen, um sie zu steuern. Wer es versucht, einen Accio-Zauber oder sonst was entsprechendes zu machen, kriegt ärger mit seinem Zauberstab. Zeig mir mal deine Zauberhand!" Sprach Madame Hooch auf Julius ein, dem die Aufregung über das fast verpatzte Landemanöver noch im Gesicht stand.

Julius streckte die Hand aus und sah die leichten Verbrennungen, die exakt so verliefen, wie der Zauberstab in seiner Hand gelegen hatte.

"Du gehst gleich zu Madame Pomfrey und läßt dir das wieder wegmachen!" Bestimmte die Fluglehrerin. "Nicht jeder Zauber läßt sich überall anwenden. Daß du das jetzt schon lernst, ist interessant."

"Wäre ja auch langweilig, wenn Zauberer die Spielbälle beeinflussen könnten", meinte Julius, dem der Unsinn seiner Tat jetzt so recht klargeworden war.

"Richtig. Dann könnten wir ja gleich Fußball spielen", grinste Madame Hooch. Dann rief sie zu Kevin hoch:

"Kommt für fünf Minuten runter. Euer Kamerad muß sich erst einmal die Spuren einer Unbedachtheit wegmachen lassen!"

"Der hat doch nicht in echt ..." Meinte Kevin, ließ den Satz unbeendet, weil ihm wohl klar wurde, daß Julius tatsächlich gezaubert hatte.

"Kriege ich Punkte abgezogen, weil ich versucht habe, den Ball zu beeinflussen?" Fragte Julius etwas unvorsichtig.

"Das ist gefährlich, eine Lehrerin darauf zu bringen, Punkte abzuziehen. Aber wieso sollte ich dir Punkte dafür abziehen, daß du eine wichtige Lektion gelernt hast. Du hast keinem geschadet und nicht gezielt eine Regel gebrochen. Denn es ist nicht verboten, den Quaffel mit einem Beschwörungszauber zu beeinflussen, weil es eben nicht geht", erwiderte Madame Hooch und grinste gehässig. Julius lief schnell in den Krankenflügel. Madame Pomfrey sah ihn durch die offene Tür und fragte:

"Was hast du dir eingehandelt?"

"Nur eine Art Magierückstoß. Ich habe versucht, ... Lassen wir das", sagte Julius und zeigte die verwundete Hand.

"Ach, hat der junge Mann versucht, einen Quidditchball fernzulenken? Du bist nicht der erste, der sich dabei die Finger verbrannt hat. Aber du bist der erste, der in der ersten Klasse schon solchen Schabernack versucht. Komm rein und lass dir die Sofortheiltinktur auftragen. Danach kannst du aber nicht so schnell wieder Fliegen, weil der Arm etwas abgeschlafft wird. Aber das kennst du ja schon."

"Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Flaschenaufschrift oder mißtrauen Sie ihrem Hexendoktor oder ihrer Schulkrankenschwester!" Gab Julius gehässig einen Zusatztext zu Arzneiwerbespots zum besten.

"Frecher Bengel. Man könnte ja glauben, deine Muggeleltern wären Ärzte."

"Viel hat nicht gefehlt. Mein Vater kann nur kein Blut sehen. Deshalb wurde er Chemiker", sagte Julius abfällig. Madame Pomfrey rieb ihm die Sofortheiltinktur auf die verbrannten Stellen und sagte:

"Du hast sehr gutes Heilfleisch. Die anderen Schüler, die versucht haben, Quidditchbälle zu verzaubern, hatten richtige tiefe Wunden. So, und jetzt geh' zurück zu deinen Kameraden!"

Julius eilte zurück auf das Spielfeld und traf dort Madame Hooch und Professor Flitwick. Flitwick grinste breit, als er Julius sah.

"Ich frage mich, wann Sie meinen Unterricht übernehmen wollen, Mr. Andrews. Ms. Clearwater hat mir berichtet, daß Sie von meiner Kollegin den Accio-Zauber abgeschaut haben. Vielleicht hätten Sie vor der ersten Trainingsstunde die technischen Details der Spielgeräte studieren sollen."

"Was soll's, Professor Flitwick. Jetzt weiß ich es auch ohne lesen."

"Kannst du wieder, du Zirkusclown?" Fragte Kevin aus 5 Metern Höhe, wo er sich mit Prudence und Alan ein Jagdspiel lieferte.

"Pflaumenaugust! Wenn ich gleich wieder da oben bin, mach ich dich fix und alle."

"Cho hat einige Suchübungen mit Alan gemacht. Alan hat immer verloren", meinte Roger Davis.

"Na klar, mit einem Komet 2/60 gegen einen alten Sauberwisch ist das ja keine Kunst", erwiderte Kevin Malone und tauchte gerade unter Prudence und Alan durch, die ihn in die Zange nehmen wollten.

"Eh, mach die beiden nicht kaputt, du irischer Dudelsack!" Lamentierte Julius, als Alan und Prudence fast aufeinandergeprallt waren.

"Nicht mosern, mitspielen. Dafür wirst du schließlich bezahlt", versetzte Kevin.

Julius ließ sich das nicht zweimal sagen und bestieg wieder den Besen. Mit einem schnellen Aufstiegsmanöver durchbrach er die Formation aus Kevin, Prudence und Alan. Dann kam noch Wesley Smart dazu, der Mühe hatte, seinen alten Sauberwisch 5 zu bändigen.

"Mann, wann kaufen die für den Trainingsflug endlich funktionierende Besen ein?" Schimpfte er, als sein Besen plötzlich durchsackte und gerade soeben noch vor dem totalen Absturz bewahrt werden konnte.

"Du kannst ja nach Slytherin umsiedeln", ärgerte Kevin den älteren Schüler.

"Das nimmst du sofort zurück. Ich nach Slytherin. Dafür bist du schon zulange hier, um das ungestraft sagen zu dürfen", empörte sich Wesley und jagte Kevin. Julius grinste und hielt sich neben Prudence, die mit ihrem Sauberwisch 7 keine Schwierigkeiten hatte.

"Kleine Jungen spielen gern. Große noch viel lieber", strahlte sie Julius an, als die beiden anderen Jungen, die Nachwuchstraining machten, in einer wilden Verfolgungsjagd an ihnen vorbeirasten.

"Heh, ihr sollt richtig spielen und nicht dumme Scherze machen!" Tadelte Madame Hooch die beiden. Sie flog auf, wie eine wilde Hummel, wobei sie den roten Ball zu Prudence und Julius hinüberschleuderte. "Macht schon mal einige Übungen damit!" Kommandierte sie im Vorbeiflug und jagte den beiden sich im wilden Verfolgungsflug befindlichen Jungen nach, um sie zur Ordnung zu rufen.

Mühelos paßten sich Julius, Prudence und Alan den Quaffel zu, während Cho zwischen ihnen durchsauste und einem nur in ihrer Vorstellung existierenden Schnatz nachjagte.

"Wieso trainiert die eigentlich mit uns? Die hat doch die Stammauswahl", meinte Julius.

"Ganz einfach. Die Stammauswahl muß immer die Spielzüge durchprobieren, mit denen sie Tore schießen will. Für schnelle Flüge durch manövrierende Spieler haben die keine Zeit. Deshalb fliegt Cho mal bei uns mit. Außerdem ist die Saison für uns doch schon gelaufen. Die anderen trainieren nicht mehr so intensiv."

"Ich weiß, Prudence. Die Slytherins und Gryffindors haben das Feld für den Rest der Woche gebucht. Wir dürfen nur einen Nachmittag trainieren. Hepp!" Beim Letzten Satz hatte er den roten Ball bereitgelegt und dann mit hoher Geschwindigkeit zu Prudence hinübergepaßt. Dabei schoß er Cho Chang an, die gerade wieder zwischen ihnen durchtauchen wollte. Die Sucherin der Stammauswahl der Ravenclaws trudelte, dann fing sie sich wieder und kam zurück.

"Hast du was gegen mich, Mr. Julius Andrews? Erst fragst du, wieso ich bei euch mitspiele, dann versuchst du noch, mich vom Besen zu schießen."

"War zu schwer, mit dem großen Ball vorbeizuschießen", versetzte Julius frech. Dann sagte er noch:

"Ich habe nichts gegen dich. Ich fühl mich nur nicht so wohl, wenn ich von echten Stars beobachtet werde."

"Tiefstapler. Du fliegst mir fast davon. Wenn Harry Potter dir seinen Feuerblitz ausleihen würde, würdest du mich nicht einmal im Windschatten dulden."

"Nur weil ich vielleicht fliegen kann, kann ich noch lange keine so tollen Besen fliegen. Im Vergleich zu diesen Sonntagsausrittbesen hier ist der Feuerblitz ein hochgezüchtetes Rennpferd."

"Sollen wir mal kurz tauschen? Dein Bettnachbar scheint es gerade darauf anzulegen, sich mit Madame Hooch zu bekriegen."

"Ich glaube nicht, daß ich deinen Besen besser beherrsche", sagte Julius.

"Das will ich erleben. Geh runter!" Verlangte Cho und ließ sich absinken. Julius zögerte ein wenig. Prudence meinte:

"Mann, mach das. Vielleicht hast du heute die letzte Chance, mal auf einem besseren Besen zu fliegen, als auf diesen alten Gerippen hier."

Julius landete schnell. Cho übergab ihm ihren Besen und nahm den Sauberwisch von Julius. Der Sohn von Muggeleltern sagte noch:

"Der Sauberwisch ist schon störanfällig. Ich hhätte bei dem Raketenaufstieg eben fast den Schweif verloren."

"OK. Ich kenne die alten Besen. Ich habe mein erstes Spiel auf dieser Krücke bestritten. Versuch mal, wie gut du über das Feld kommst. Aber laß dich auf keinen Streit mit Kevin Malone ein. Der scheint sich was auf seine Flugkunst einzubilden."

"Okay!" Antwortete Julius. Dann stieß er sich ab und schnellte wie ein Pfeil nach oben. Der Komet war einem Feuerblitz oder einem Nimbus 2001 nicht gewachsen, aber eine wesentlich bessere Flugmaschine als der Sauberwisch 7. Julius hatte erst Angst, die leichteste Bewegung könnte ihn aus der Bahn werfen. Doch dann hatte er sich an den Besen gewöhnt und flog spielerisch über das Feld hinweg, Cho hinter sich lassend.

"Oha! Wie hast du denn den alten Feger aufgemotzt?" Fragte Kevin, als Julius mal soeben an ihm vorbeizischte, dabei ansatzlos einen Looping schlug und dann im Hui unter Wesley Smart durchraste.

"Wau!" Machte Wesley. Dann sagte er: "Hups! Das ist der Komet von Cho Chang. Die Sucherin hat dem Grünschnabel ihren Wunderfeger geliehen. Schiebung!"

Julius grinste, während er im Geschwindflug über das Feld zurückflog und auf der Höhe der Torringe den Raketenaufstieg versuchte. Dabei hätte es ihn fast hinten überfallen lassen, wenn seine Karate-Reflexe ihm nicht geholfen hätten, sich noch schnell in eine sichere Haltung zu retten. Julius stieg höher und höher, bis er die Ländereien von Hogwarts überblicken und eine Linie aus schwarzen Punkten um den Wald und den großen See erkennen konnte. Das waren die Dementoren, die darauf warteten, Sirius Black zu erwischen. Julius fröstelte es. Aber dieses Gefühl kam von ihm selbst. Er dachte daran, daß die unheimlichen Wesen jeden beobachteten, den sie sehen konnten. Er beschloß, wieder auf die übliche Spielhöhe zurückzusinken und drehte eine das Feld umspannende Abwärtsspirale, bis er auf der Höhe der seinem Aufstiegspunkt gegenüberliegenden Torringe in die Waagerechte ging.

"Ms. Chang freut sich, daß du ihren Besen noch in einem Stück zurückbringst, Julius Andrews. Deine Kameraden trainieren nicht mehr. Sie haben sich darin verstiegen, miteinander Fangen zu spielen. Lande und gib Cho den Besen zurück!" Sagte Madame Hooch etwas genervt, weil ihr Nachwuchstraining wohl nicht so abgelaufen war, wie sie es erwartet hatte.

Julius brachte den geliehenen Komet-Besen zu seiner Besitzerin zurück und bedankte sich dafür, mal so richtig fliegen zu dürfen.

"Für ein Muggelkind fliegst du durch die Gegend, als wärest du mit Flugbesen groß geworden", machte Cho noch ein Kompliment.

"Ich weiß nicht, wieso ich das kann. Ich weiß nur, daß mir das unheimlich Spaß macht."

"Jetzt ist es gut da oben! Wenn ihr euch nur ärgern wollt, dann landet. Das Feld wird für richtige Trainingsstunden gebraucht!" Rief Madame Hooch, die versuchte, Kevin und Wesley zur Vernunft zu bringen. Prudence landete mit Alan zusammen neben Julius und fragte:

"Und deine Eltern haben dir nie den Besenflug beigebracht?"

"Wie sollten sie? Sie sind Muggel. Mein Vater ist nicht davon begeistert, daß ich einen Hexenbesen fliegen lerne. Ich höre es schon, wie er sagt, daß ich gefälligst anständige Fahrzeuge und anständigen Sport lernen soll."

"Das heißt, du könntest in den Ferien noch nicht einmal üben?" Wollte Alan wissen.

"Wo und womit. Ich habe keinen eigenen Besen, und in unserer Wohnsiedlung wäre die Hölle los, wenn ich da mit einem solchen herumschwirren würde."

"Dann mußt du dir die Frage stellen, wie wichtig das für dich ist, Quidditch zu können. Dann kannst du dich entscheiden, ob du in den Osterferien hierbleiben sollst oder nach Hause fährst." Sagte Cho. "Das wäre ein Unding, wenn du deine Fähigkeiten nicht richtig ausbildest."

"Meine Eltern lamentieren, wenn ich nicht richtig mit einem Computer umgehen kann. Das ist eine Rechenmaschine der Muggel, mit der man auch Wissen speichern und bei Anfrage abrufen kann."

"Schon was von gehört", gab Prudence gelangweilt von sich. "Hugo Delphi, der Typ aus meiner Klasse, trauert der Zeit nach, in der er am Computer sitzen konnte."

"Ach, das ist der Junge, der immer in der Bibliothek sitzt und die Arithmantiksachen liest. Ich dachte, der wäre ein Zauberergeborener."

"Ja, fast. Seine Mutter ist eine Hexe, während sein Vater einer dieser Computerprogrammierer ist", sagte Prudence und zeigte ein gemeines Grinsen. "Er mag es nicht, daß sein Sohn nicht wie er ist, sondern nach der Pfeife seiner mütterlichen Verwandtschaft tanzt."

"Ich denke aber, daß es einfacher ist, sich mit der Zauberei abzufinden, wenn einer in der Familie schon Zauberer oder Hexe ist. In meiner Familie gibt's keinen lebenden Zauberer", seuftzte Julius.

"Das wissen wir schon. Diese weißen Maschinenbriefe, die du kriegst, sind ja hausweit bekannt. Aber langsam sollten sie es doch eingesehen haben, oder?"

"Von was träumst du nachts, Cho?" Fragte Julius etwas respektlos. Cho erwiderte nichts darauf.

"Seid ihr fertig, oder wollt ihr eure Besen noch richtig kaputtfliegen", tönten die rothaarigen Weasley-Zwillinge, die mit der restlichen Hausmannschaft der Gryffindors auf das Spielfeld kamen.

"Na sicher, das gehört sich doch so, wenn für eine Mannschaft die Saison schon vorbei ist", konterte Julius. "Morgen machen die Hufflepuffs ihre Besen kaputt."

"Wenn ihr nicht mehr trainiert, laßt uns jetzt aufs Feld. Wir müssen noch für's Finale arbeiten", meinte Oliver Wood, der Kapitän der Gryffindors.

"Ich habe den Pokal gestern im Pokalzimmer gesehen, Oliver. Der lohnt sich nicht", brachte Alan hervor. Er erzielte genau die Wirkung, die er beabsichtigt hatte. Denn Wood zeterte, was Alan denn einfallen könne, den wichtigsten Pokal, der neben dem Hauspokal vergeben würde, so abschätzig zu betrachten. Und Julius setzte noch einen drauf und meinte:

"Meine Hauskameraden trainieren nur noch Jagen spielen. Daran kann man doch sehen, wie unwichtig Quidditch ist."

"Das kann doch nicht wahr sein. Das kannst du nicht ernst meinen", tobte Oliver Wood. Cho zog Julius bei Seite und flüsterte:

"Mach ihn nicht krank. Für Wood ist Quidditch das Leben. Wenn du jetzt noch gesagt hättest, daß du Quidditch für einen langweiligen Sport hältst, wäre der Kerl glatt in Ohnmacht gefallen."

Kevin und Wesley landeten wieder und zogen sich vom Spielfeld zurück. In den Umkleidekabinen zogen sie sich wieder ihre normalen Umhänge an und trafen sich mit Madame Hooch zu einer Nachbesprechung. Dabei gingen Julius, Kevin und Wesley davon aus, daß nichts besonderes dabei herumkommen würde.

"So, an die Neueinsteiger! Wie habt ihr die allererste Quidditchstunde empfunden?" Wollte Madame Hooch wissen. Julius meldete sich und durfte sprechen. Er erzählte:

"Also, den meisten hier ist ja bekannt, daß ich vorher nie was von Quidditch gehört hatte und gedacht habe, daß es doch sehr eintönig sein würdde. Doch wenn man Spiele in Reinkultur zu sehen kriegt, ändert sich schon einiges, habe ich erkannt. Und heute habe ich echt gedacht, mit diesem Spiel was anfangen zu können, als Spieler."

"Also mich hätte es mehr interessiert, wenn wir wirklich eine vollständige Mannschaft gehabt hätten. Wir haben ja nur mit sechs Leuten spielen können, von denen zwei als Sucher trainiert haben", sagte Kevin.

"Ja, und dann habt ihr zwei euch eure eigene Schau zusammengestellt", tadelte Madame Hooch, wobei sie Wesley und Kevin ansah. Dann fragte sie Prudence, Alan und Wesley, wie sie die Trainingseinheit mit zwei neuen empfanden. Prudence räumte ein, daß Kevin ein guter Jäger sein würde, aber ein wenig disziplinlos spiele. Julius hingegen habe sich zumindest in das Team eingliedern wollen, auch wenn er auf Grund seiner Herkunft noch gewisse Scheuklappen tragen würde. Wesley sagte, daß er kein Problem damit hätte, mit Kevin und Julius in einer Mannschaft zu spielen, aber von Kevin immer noch keine Entschuldigung wegen dieser Vermessenheit, er solle nach Slytherin wechseln, zu hören bekommen hätte. Alan konnte sich nicht grundsätzlich äußern. Er fand es nur gut, mal auf einer anderen Position spielen zu dürfen, was ihm vielleicht später einen Stammplatz in der Hausmannschaft einbringen konnte, wenn einer der Jäger nach diesem Jahr die Schule verließ. Schließlich sprach noch Cho Chang, die Stammspielerin, die nur mittrainiert hatte, weil die anderen Stammspieler nach dem letzten Spiel zu geknickt waren, um noch für etwas zu trainieren, was erst in der nächsten Saison weitergehen würde. Sie sprach weiter:

"Ich fand es aber höchst interessant, wie sich zwei Erstklässler so schnell in ein Mannschaftsspiel einfügen konnten. Mir imponierte es, wie Julius mit dem Klatscher gespielt hatte. Das war zwar etwas leichtsinnig, aber durchaus ein guter Ansatz für eine Karriere als Jäger oder Treiber. Außerdem muß ich davon ausgehen, daß er durch ein großes Grundtalent im Fliegen Anspruch auf einen Stammplatz erheben könnte, wenn die bislang routinierten Spieler ausfallen sollten oder die Schule verlassen. Einige von euch haben ja mitbekommen, daß ich ihm mal zur Probe meinen Rennbesen ausgeborgt habe. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß ich so schnell so gründlich mit ihm klargekommen bin, wie der Junge hier. Ich glaube auch nicht, daß der vor unserer Schule keinen Besen bestiegen hat. Irgendwer muß ihm zumindest das Gefühl vermittelt haben, wie es geht."

"Dieser Punkt wurde bereits geklärt, Cho. Er hat kurz vor der Einschulung bei einer Hexe, die früher selbst für Ravenclaw gespielt hat, Einführungsstunden gehabt, ganz aus Interesse. Allerdings muß da schon eine gewisse Grundbegabung gewesen sein. Da stimme ich dir zu, Cho", erläuterte Madame Hooch. Dann sagte sie noch:

"Wir treffen uns nächste woche wieder hier. Diesmal will ich aber eine ordentliche Mannschaftsübung sehen. Das gilt vor allem für die Herren Smart und Malone. Ich weiß nicht, ob Cho nächstesmal wieder dabei ist. Aber Alan wird wohl mittrainieren, oder?"

"Aber sicher", stimmte Alan Dayrose sofort zu.

Schließlich sagte Madame Hooch noch:

"Für die guten Einstiegsleistungen gebe ich Julius und Kevin 5 Punkte für Ravenclaw, muß jedoch sowohl Kevin als auch Wesley 10 Punkte wegen fortgesetzter Disziplinlosigkeit abziehen. Mehr ist nicht zu sagen." Mit diesen Worten waren die Nachwuchsspieler entlassen.

"Die spinnt doch, die Alte. Die kann uns doch nicht 20 Punkte abziehen, nur weil dieser irische Grünschnabel mich nach Slytherin schicken wollte", lamentierte Wesley.

Julius ging in die Eulerei, wo er sich einen Steinkauz ausborgte und ihm eine Nachricht für Aurora Dawn mitgab. Sie lautete:

Sehr geehrte Ms. Dawn,

ich habe heute meine erste Trainingsstunde im Quidditch erhalten und fühlte mich sehr gut dabei. Kevin, ein Klassenkamerad von mir und ich haben beschlossen, zumindest im Training als Zweierteam auf der Position der Jäger zu spielen. Eine Stammspielerin, die für Ravenclaw die Sucherin macht, lieh mir ihren Rennbesen, einen Komet 2/60. Ich dachte erst, mit einer derartigen Steigerung nicht klarzukommen. Aber irgendwie ging es schnell. Ich denke, daß ich versuchen werde, mich für die Stammauswahl zu empfehlen. Aber versprechen kann ich nichts, weil ich ja in den Ferien nicht trainieren kann.

Ich dachte, das interessiert Sie, Ms. Dawn.

mit freundlichen Grüßen

Julius Andrews

Dann schickte er noch eine Eule an seine Eltern, die einen kurzen Brief beförderte, in dem Julius schrieb, daß Madame Hooch ihn für einen möglichen Einsatz in der Stammauswahl des Hauses Ravenclaw vorsah.

Die beiden Briefe schickte er zeitgleich los, bevor er in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zurückkehrte, wo ihn noch einiges an Arbeit erwartete. Es galt, Hausaufgaben für Snape und Flitwick zu schreiben und danach noch in einem Buch über chemische Analyseverfahren zu lesen. Gloria, die sich einen Stapel Bücher aus der Bibliothek geholt hatte, ließ sich neben ihm nieder und las, während Julius die Pergamentrollen vollschrieb.

So vergingen zwei Stunden. Es wurde dunkler. Zeit für das Dinner.

"Du hast ausgesehen, als hättest du mit was gekämpft, nicht auf dem Quidditchfeld, sondern in dir selbst", bemerkte Gloria Porter.

"Es ging nur darum, ob ich den Aufsatz über die Wirkungsänderungen durch längeres Sieden kürzer schreiben konnte, wenn ich beschrieb, daß es möglich ist, die genaue Wirkung durch eine Verfärbung des Dampfes zu erkennen. Doch dann habe ich genau nach Vorgabe geschrieben. Snape würde mir sowieso nie die volle Punktzahl geben. Dafür lohnt sich keine Schwerstarbeit."

"Das war es nicht alleine. Immerhin hattest du den Aufsatz über die Fernwirkung von mechanischen Zaubern ja auch noch zu schreiben, und da gibt es keine andere Auslegung. Aber wenn du mir nicht erzählen willst, was dich gerade umtreibt, entschuldige meine Neugier!"

"Ich habe ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, über Ostern hierzubleiben. Für das Training wäre das besser. Aber ich habe mich doch dafür entschieden, nach Hause zu fahren. Da kann ich zwar nicht Quidditch trainieren, aber dafür die Sachen weitermachen, die ich vor Hogwarts gelernt habe."

"Sicher ist es über die Ferien langweilig hier. Und jetzt, wo sicher ist, daß dieser Black immer noch in der Gegend ist, sollten möglichst alle nach Hause fahren. Aber das mit dem Training solltest du überlegen. Es ist nicht einfach zwischen zwei Welten zu balancieren."

"Kann möglich sein. Aber solange ich nicht alles alleine entscheiden kann, muß ich eben aus beiden Welten das beste herausholen", erwiderte Julius. Dann fragte er: "Aber das heißt, daß du auch heimfährst?"

"Sicher. Wir kriegen über Ostern immer interessanten Besuch. Meine Verwandten aus Amerika kommen immer zu Ostern, weil Weihnachten für die zu stressig ist, um eine Reise nach Europa zu machen. Feiert ihr denn groß?"

"Nicht so groß wie Weihnachten. Seitdem ich nicht mehr an einen echten Osterhasen glaube, wird Ostern nur zu einem Tag, an dem wir irgendwohin zum essen fahren und Paps sein Mobiltelefon zu Hause läßt."

"Wir können uns ja eine Eule zuschicken, wenn wir Zeit haben, uns mal wieder zu treffen", schlug Gloria vor.

"Ja, können wir machen", stimmte Julius zu.

Die letzten Wochen vor den Osterferien waren sehr arbeitsintensiv. Erwähnenswert ist nur, daß Julius mit Kevin zusammen ein gutes Trainingsteam abgab und Madame Hooch die Vermutung geäußert hatte, die beiden sollten als Treiber spielen, da sie schwierige Manöver fliegen konnten. Doch Julius hatte sich von Aurora Dawn zu sehr auf Jäger einstimmen lassen, um daran zu denken, immer mit einem Schläger hinter den Klatschern herzujagen.

Aurora Dawn schrieb Julius einen Brief, in dem stand:

Hallo Julius!

Ich freue mich, daß du so gute Fortschritte in allem machst und würde es sehr nett finden, wenn du mir auch weiterhin von deinen Trainingsstunden schreibst.

Ich fürchte zwar, daß du im Sommer einrosten könntest, weil in eurer Gegend natürlich kein Flugtraining möglich ist, aber sehe da eine gewisse Chance, zumindest teilweise deine Fähigkeiten wach zu halten. Ich werde nachprüfen, ob meine Vermutung zutrifft und dir schreiben, ob ich recht oder unrecht hatte.

In den Osterferien hast du sicherlich schon alle termine verplant, wie ich dich kenne. Daher werden wir uns wohl erst in eurem Sommer wiedersehen können.

mit freundlichen Grüßen

Aurora Dawn

Von seinen Eltern kam zwei Tage später ein Brief an, in dem er erfuhr, daß sein Vater über Ostern zu einer Tagung nach Basel reisen mußte. Er würde sich jedoch nicht langweilen, da Mutters Studienfreund Joe Brickston mit seiner Familie zu Besuch kommen würde.

Julius stöhnte kurz. Er kannte Joe Brickston. Der Studienfreund von seiner Mutter war Computerspezialist und meinte, anderen sein Wissen und seine Begeisterung eintreiben zu müssen. Seine Frau, die er in einem Praktikumsjahr in Paris kennengelernt hatte, war nett und humorvoll. Am schlimmsten jedoch war die Tochter der Beiden, die immer herumkrakehlte und alles, was sie in die Finger bekam, mitnahm.

Am Ende der Woche vor den Ferien bekamen alle wieder die Zettel, daß niemand zu Hause zaubern durfte. Julius fragte sich, ob auch Besenfliegen darunter fiel. Doch laut wollte er diese Frage nicht stellen, als der Hauslehrer der Ravenclaws mitteilte, wann sie zum Bahnhof gebracht würden.

Julius setzte sich mit Gloria, den Hollingsworths und Gilda Fletcher in ein Abteil. Kevin und Fredo hatten sich mit den anderen Hufflepuff-Erstklässlern in ein Abteil verzogen. Offenbar wurden da eifrige Pläne geschmiedet, wie die Ferien zu gestalten waren.

Die Fahrt im Hogwarts-Express verlief normal. Keiner störte die Kinder bei ihrer Diskussion über die letzten Stunden . Gloria und Julius unterhielten sich zu dem noch über einen Artikel in der Hexenwoche, einer Illustrierten der Zaubererwelt. Julius war sehr interessiert daran, wie sich Hexen und Zauberer anzogen, wenn sie nicht gerade arbeiteten oder zur Schule gingen. Er lachte über einen Artikel über die Besenballerina Angelique Liberté.

"Was ist so lustig an einer überheblichen Idiotin, die sich was darauf einbildet, daß sie ihren Mirage-Besen wie ein freischwebendes Turngerät beherrscht?" Wollte Gilda wissen.

"Nur, daß die behauptet, schon frei neben ihrem Besen hergeflogen zu sein. Und guck mal, was für Sachen die trägt. Sieht aus, als hätte jemand versucht, Kasperl und seine Großmutter zu einer Figur zusammen zu bauen." Er spielte damit auf die pinkfarbene Ballrobe und die rubinrote Mütze mit der Silberschelle an, die die zierliche Hexe auf dem Photo trug. Über Julius' Spott schien sie nicht besonders erfreut zu sein. Denn sie schüttelte ganz energisch den Kopf und sah ihn ergrimmt in die Augen. Julius achtete nicht darauf. Er las noch den Rest des Artikels.

"Angelique Liberté war die jüngste Absolventin von Beauxbatons, der Akademie für Zauberei und Hexerei in Frankreich, die ein Kulturstipendium der Societé des arts Magiques erworben hat. Sie liebt neben ihrem alljährlichen Hexenball zur Walpurgisnacht noch klassische Gitarrenmusik, spielt Piano mit und ohne Zauberkraft und besitzt eine Segelyacht an der Küste von Monaco."

"Naja, muß es ja auch geben", bemerkte Julius dazu nur. Dann ließ er sich von Gloria zeigen, wo die neusten Trends junger Hexen und Zauberer aufgelistet waren.

Als der Hogwarts-Express im Bahnhof Kings Cross einlief, standen Glorias Eltern schon bereit, genauso wie ein älterer Herr, der gewisse Ähnlichkeiten mit Gilda besaß.

"Ah, Großpapa holt mich heute mal ab", freute sich Gilda und eilte vor den Andern aus dem Abteil.

Nachdem Julius die magische Barriere durchschritten hatte, konnte er seine Eltern sehen, die ihn abholten. Julius fing den Blick von Gloria und ihrer Mutter auf und nickte, als sie ihn fragend angesehen hatten.

"Sieh zu, daß du dein Wissen über Computer auf den neusten Stand bringst. Wenn Joe Brickston zu Besuch kommt, will er bestimmt wissen, wie weit du bist!" Sprach Richard Andrews.

Schweigend ging es im Bentley nach Hause, wo Julius die wenigen Tage wieder ein Muggel sein sollte, wenn nichts dazwischen kam, was ihm überdeutlich zeigte, daß er wirklich in eine andere Welt hineinwuchs.

ENDE

Nächste Story | Verzeichnis aller Stories | Zur Harry-Potter-Seite | Zu meinen Hobbies | Zurück zur Startseite

Seit ihrem Start am 21. Mai 2002 besuchten 8934 Internetnutzer diese Seite.