KLEIN ABER NICHT NIEDLICH

Eine Fan-Fiction-Story aus der Vergangenheit der Harry-Potter-Serie

E-Mail: hpfan@thorsten-oberbossel.de
http://www.thorsten-oberbossel.de

Copyright © 2005 by Thorsten Oberbossel

P R O L O G

Das Hexenmädchen Aurora Dawn hat drei teilweise anstrengende, aber auch sehr aufregende und interessante Jahre in der britischen Zaubererschule Hogwarts hinter sich. Aurora Ist Bewohnerin des Hauses Ravenclaw, in dem hauptsächlich Leute mit großer Auffassungsgabe und Lerneifer unterkommen. Zwar sind Mitbewohner wie Bruster Wiffle und Roy Fielding nicht gerade Beispiele für Besonnenheit, doch das stört Aurora weniger als die ständigen Pöbeleien der in Slytherin untergekommenen Tonya Rattler und ihrer Nachläufer.

Aurora konnte sich sehr gut in die Quidditch-Hausmannschaft von Ravenclaw einfügen und trotz des Umstands, keinen eigenen Flugbesen benutzen zu dürfen, Ravenclaw beinahe schon zum Pokalerfolg führen.

Die Bedrohung durch den schwarzen Magier Lord Voldemort wird für Aurora erschreckend greifbar, als sie zu Weihnachten im zweiten Schuljahr mit ansehen muß, wie ihr Onkel Dustin von Voldemorts Handlangern getötet wird. Als dann noch Eltern von Mitschülern von ihm getötet werden, ist ihr klar, daß dieser Hexenmeister nur Unheil und Zerstörung bedeutet.

Unheimliche Vorkommnisse, wie die Rückkehr der verstoßenen und heimtückisch ermordeten Braut des blutigen Barons, die als Geist das alte Versprechen einzulösen erzwingen und damit mehr Macht erringen will, sowie Voldemorts Angriff auf das Zaubererdorf Hogsmeade, wo er den düsteren Drachenturm wieder aufsteigen läßt und nur durch Dumbledore und eine alte Gegenmagie besiegt werden kann, trüben Auroras Vorstellung von einer Angstfreien Zaubererwelt.

Dann sind da noch die Mitschüler, die ihre Aufmerksamkeit fordern, wie die erst im letzten Jahr eingeschulte Lissy Wright, die streberhaft und überheblich auftritt, bis ein sogenannter Heuler von ihrer respektablen Großmutter ihr die Grenze aufzeigt. Da sind die Schulsprecher Amalia und Darius, die sich verloben und nach Hogwarts auch heiraten werden. Da ist Roy Fielding, der wohl etwas mit der leicht tolpatschigen Dina Murphy angefangen hat und andere Mitschüler aus anderen Häusern.

Das Dorf Hogsmeade gefällt Aurora sehr, auch weil dort merkwürdige Wesen wie Zwerge, Kobolde und die weniger anziehenden Sabberhexen herumlaufen.

Nach dem dritten Schuljahr verbringt die Junghexe Aurora ihre Ferien wieder bei ihren Eltern in einem alten Landsitz und freut sich auf das kommende Jahr.

__________

"Kommst du Aurora? wir wollen los!" Rief Regina Dawn ihre Tochter aus ihrer leichten Geistesabwesenheit wach. Das junge Mädchen mit dem nachtschwarzen Haarschopf und den graugrünen Augen saß gerade über einer Seite ihres Buches "1000 magische Kräuter und Pilze", aus dem sie etwas über die Einteilung der schnellbeweglichen Zauberpflanzen abgeschrieben hatte. Sie hob den Kopf und rief zurück:

"Ich komme runter, Mum!"

Gekleidet in einem veilchenblauen Festkleid erwartete ihre Mutter sie am Fuße der Treppe, die von ihrem Zimmer zur geräumigen Eingangshalle hinunterführte. An und für sich konnte man nicht sehen, daß Regina und Aurora Dawn blutsverwandt waren. Denn Regina Dawn besaß rotbraunes Haar und blaue Augen. Doch Aurora hatte von ihrem Vater Hugo alle nötigen Erbanteile für Haar und Augenfarbe abbekommen, was ihrer Großmutter väterlicherseits sichtliche Freude bereitete.

"Willst du das wirklich so anlassen?" Fragte Mrs. Dawn ihre Tochter und deutete auf den knielangen dunkelgrünen Rock und die weiße Bluse.

"Sehe ich dir nicht bieder genug aus, Mum?" Fragte Aurora leicht angenervt.

"Eher zu alltäglich", meinte Regina Dawn.

"Soll ich auch 'n Kleid anziehen?" Wollte Aurora wissen und verriet durch Stimme und Körperhaltung, daß sie eher ein Nein hören wollte.

"Schlecht wäre es nicht. Aber Großonkel Tertius wartet bereits in Devon. Oma Florence war gerade im Kaminfeuer bei mir und hat es mir erzählt. Also sehen wir zu, daß wir losfliegen!"

Aurora folgte ihrer Mutter auf ihrem Besen. Der Flug ging über die Äcker der Muggel, die keine fünf Flugminuten von hier entfernt wohnten, wobei Mutter und Tochter zusahen, nicht zu nahe an einem der Bauernhöfe selbst vorbeizukommen. Sie stiegen mehr als 1000 Meter über Grund auf und rasten förmlich dahin. Die Zeit drängte schon.

Als sie dann in der Nähe der Stadt Devon von ihrer Flughöhe abstiegen und auf der Hut vor neugierigen Muggeln, leuten, die nicht wie sie zaubern oder auf Besen fliegen konnten, eine verfallen wirkende Ritterburg aus dem 13. Jahrhundert ansteuerten. Die Türme des ehemaligen Bollwerks drohten bereits, abzubrechen, und im Dach des Hauptgebäudes klafften große Löcher, die Sturmwind und ständiger Holzwurmbefall hineingefressen hatten. Doch als sie sich auf einhundert Meter der von einem Wassergraben umfaßten Festungsanlage näherten, flirrte die Luft und ließ Auroras Haare fast zu Berge stehen. Dann waren sie auf neunzig Meter heran und sahen eine majestätische Burganlage mit tadellosen Mauern und einem feuerrot in der Sonne glänzenden Dach, aus dessen Schornsteinen weißer Rauch wie eine Willkommensbotschaft in den blauen Himmel hinaufstieg. Die Türme trugen vergoldete runde Helme und wirkten wie neu gebaut, strahlend weiß im Sonnenlicht glitzernd. Hier residierte die Zaubererfamilie Meadows, von der Auroras Mutter abstammte.

"Ich gewöhne mich nie an dieses blöde Prickeln, Mum", sagte Aurora, als sie im kopfsteingepflasterten Burghof landeten und von zwei diensteifrigen Zauberern in stahlblauen Umhängen begrüßt wurden. Es waren Mrs. Dawns Vettern Archibald und Brian.

"Wir können das nicht abstellen, Aurora", sagte Archibald Meadows lächelnd. "Diese Denkmalbehörde der Muggel will unsere Burg unbedingt renovieren. Da mußten Mum und Dad eben diesen Muggel-Desinteressier-Zauber wirken. Daß der bei uns dieses elektrische Prickeln macht ist eine verträgliche Nebenwirkung."

"Ja, aber dieser Zauber wirkt doch sonst nicht so", erwähnte Aurora, die nun, wo sie drei Jahre Hogwarts hinter sich gebracht hatte etwas mehr von Zauberkunst verstand als bei ihrem letzten Besuch vor vier Jahren.

"Wir mußten ihn besonders dicht wirken lassen, um den Leuten nicht schon auf zwei Meilen einzugeben, hier wäre nichts interessantes. Nachher hätten wir noch Ärger mit dem Zaubereiministerium gekriegt, weil die Abwehr nach Devon reingereicht hätte. Deshalb mußten wir den Spatiodensis-Verstärkungszauber mit drauflegen, der den Wirkungsbereich künstlich auf einen bestimmten Raum begrenzt. Aber du bist bestimmt nicht hier, um mit uns über den Muggelabwehrschild um unsere nette kleine Hütte hier zu reden."

"Eigentlich nicht", erwiderte Aurora Dawn. Dann gingen sie in das Hauptgebäude, wo im herrlich herausgeputzten Rittersaal hunderte von freischwebenden Kerzen ein helles, warmes Licht verströmten. Ein großer, runder Holztisch war mit einer blütenweißen Decke aus irischen Leinen gedeckt und von hochlehnigen Stühlen umstellt, auf denen mit Federn ausgepolsterte rote Kissen lagen. Auf einem dieser Stühle saß ein hagerer Mann mit rotbraunem Haarkranz und blickte Aurora Dawn und ihre Mutter mit graublauen Augen durch eine Goldrandbrille an. Er lächelte. Es war Tertius Meadows, Auroras Großonkel mütterlicherseits.

"Hallo, Mädchen! Schön, daß ihr doch noch kommen konntet", begrüßte er die Ankömmlinge. Florence Greenwich, Auroras Oma, kam gerade mit hinter ihr herschwebenden Tabletts herein. Dann fanden sich noch zwölf weitere Hexen und Zauberer ein, alle nicht jünger als Auroras Mutter und nicht älter als Florence Greenwich und ihr Mann Samson.

"Es ist schön, daß ihr beiden wenigstens kommen konntet. Aber was genau ist mit Hugo?" Wollte Oma Florence wissen.

"Ach, Mum, du kennst ihn ja. Heute ist er in England, morgen in Frankreich, übermorgen wieder in Australien. Je nachdem, wo es was interessantes zu erforschen gibt", erwiderte Mrs. Dawn.

"Ja, und du hängst allein in eurem alten Haus herum, wenn Aurora nicht gerade Ferien hat", meinte Mrs. Greenwich. Großonkel Tertius sagte dazu nur:

"Florence, ich denke nicht, daß Regina sich zu allein fühlt."

"Ja, aber seitdem sie nicht mehr in Hogwarts arbeitet hat sie doch nichts mehr, um sich groß zu beschäftigen", sagte Mrs. Greenwich.

"Mutter, ich denke nicht, daß ich mit Aurora herkommen sollte, damit ich mir die alte Predigt anhören soll, daß ich entweder was ganzjährig auswärtiges machen oder mir 'ne neue Familie suchen soll", sagte Regina Dawn leicht ungehalten. Tertius Meadows nickte nur beipflichtend, während seine Schwester ihr Gesicht verzog. Jetzt würde sie bestimmt gleich wieder sagen, sie meine es doch nur gut, dachte Aurora. Doch dem war nicht so. Ihre Oma Florence nickte schwerfällig und beließ es dabei.

Die Feier zu Großonkel Tertius 75. Geburtstag war für Aurora eher langweilig als anregend. Ihre Tanten und Onkel unterhielten sich über allen möglichen Kram, den ältere Zauberer so interessierten. Ihre Mutter nahm eher aus Höflichkeit als aus Interesse an einigen Gesprächen über die Sachen im Ministerium teil. Was Aurora auffiel und worauf sie ins geheim bangte, waren irgendwelche Sachen über den Unnennbaren und sein Treiben. Das konnte denen hier doch nicht entgangen sein, daß jener, dessen Name nicht genant werden durfte, im letzten Jahr so viel Unheil angerichtet hatte. Erst als Großonkel Tertius etwas sagte, daß Ministerin Bagnold wohl jetzt doch auf Crouches Vorshlag eingegangen sei, "diese Horrorgestalten" als Wächter des Zauberergefängnisses Askaban einzustellen, meinte Aurora, gleich würden sie über die Untaten des Unnennbaren reden. Sie wußte nicht, was sie sagen würde, wenn man sie nach Ereignissen wie den Tod von Onkel Dustin oder der Sache mit dem Drachenturm befragen würde. Doch irgendwie schien jedes Wort über die Taten des bösen Zauberers verboten zu sein, ja könnte ihn selbst vielleicht herbeirufen. Dieses Gefühl allein machte Aurora Dawn sichtlich Angst. Als Großonkel Tertius das bemerkte, fragte er, was sie so ängstige.

"Ich höre euch die ganze Zeit zu", sagte Aurora sehr verhalten. "Aber irgendwie redet ihr nur von unwichtigem Zeug, nichts von Ihr-wißt-schon-wem." Alle schwiegen, sodaß Auroras letztes Wort unheimlich und leise in den Burggängen nachhallte. Alle sahen sehr betroffen zu ihr hin, schienen nicht zu wissen, was sie nun sagen sollten. Dann, nach einer unerträglich langen Zeit des Schweigens, ergriff Oma Florence das Wort.

"Kind, du hast recht. Drum herumzureden macht uns nicht sicherer vor ihm. Allerdings kannst du wohl auch verstehen, daß wir uns nicht gerne über diesen schwarzen Magier unterhalten wollen und lieber alles unwichtige vorschieben, um über irgendwas reden zu können. Dabei hast du doch ..."

Es klingelte am Tor. Das war das Zeichen, daß jemand im Hof gelandet war. Alle erschraken, auch Aurora Dawn. Hatte sie tatsächlich etwas angestoßen, was ihn oder seine Henker hergelockt hatte?

"Hallo, Mum, Onkel Tertius! Wir sind jetzt doch noch gekommen!" Rief eine Frauenstimme von draußen. Alle atmeten erleichtert auf. Das war June Priestley, Auroras Tante. Archibald und Brian gingen hinaus und holten die gerade jetzt erst eingetroffenen Verwandten in den Rittersaal.

June Priestley sah aus wie ihre Schwester und trug ein erdbeerrotes Kleid. Ihr Mann Anthony hatte sich einen smaragdgrünen Umhang mit samtbraunem Spitzhut angezogen. Philipp Priestley trug einen taubenblauen Festumhang und hatte seinen Hogwarts-Hut aufgesetzt, während seine Schwestern Agatha und Arcadia rosarote Rüschenkleidchen trugen. Das brachte Mutter und Tochter Dawn dazu, sich kurz anzusehen. Aurora las die stumme Rüge, sie hätte ja doch ein Festkleid anziehen sollen aus dem Blick ihrer Mutter. Doch was kümmerte es sie.

"Besser spät als nie", lachte Großonkel Tertius und begrüßte die noch eingetrudelte Familie.

"Wir mußten mit dem Fahrenden Ritter kommen, weil Agatha noch wegen eines Beinbruchs im St.-Mungo-Krankenhaus behandelt werden mußte", sagte Mrs. Priestley. Agatha zeigte ihr linkes Bein vor, an dem weder Gips noch Schiene zu sehen war.

"War nicht so schlimm", sagte das Mädchen. "Die Rumruckelei in diesem blöden Bus war schlimmer."

"Die war voll cool, Aggy", widersprach Philipp. "Der Typ am Lenkrad hat aber auch einen Fahrstil drauf, als wenn der gerade erst angefangen hätte."

"Ihr habt's von Ernest Prang? Der war doch vor zwei Jahren noch bei den Wespen als Treiber tätig", sagte Archibald Meadows. "Ich hörte nur, daß er jetzt den fahrenden Ritter fährt, weil er keine Lust hatte, in der Sport-und-Spiele-Abteilung am Schreibtisch zu sitzen."

"Prang, Ernie. Klar, der Typ ist sowieso etwas durch den Wind", meinte Brian Meadows.

"Aber schon toll gewesen die fahrt hierher", sagte Philipp. "Der hatte so'n alten Schaffner, Wurlitz, oder wie der heißt. Hat unsere Fahrkarten abgestempelt."

"Ach, der nette Mr. Wurlitz muß immer noch auf dieser Kiste schaffen?" Fragte Großonkel Tertius amüsiert. "Kann mich noch daran erinnern, wie der mal getönt hat, daß er bald ein Engagement im Zauberwesenbüro kriegen würde, weil der sich so gut mit Sabberhexen auskennt. Aber als sie ihm nur das Zentaurenverbindungsbüro angeboten haben ist er doch lieber Busschaffner geworden."

"Ja, so kommt es, wenn man in der Schule nicht mitkommen will", sagte Oma Florence altklug. "Aber ich denke, ihr beiden wollt nicht in so einer unterbezahlten Stellung landen."

"Hängt voll davon ab, ob mir das auch Spaß macht", meinte Philipp. Aurora meinte, daß sie ja wohl entweder Quidditchprofi oder in der Kräuterkunde was bringen wolle. Dann fragte sie noch, wielange es denn gedauert habe, Agathas Bein zu heilen.

"Die ist vom Besen runtergefallen, als wir gerade losfliegen wollten. Ich dachte, sie könnte schon alleine fliegen", meinte Mr. Priestley. "Das Theater mit June möchte ich nicht noch mal erleben."

"Dann erzähl auch nichts davon", zischte Tante June. Philipp, der sich nicht daran gebunden fühlte, meinte zu Aurora:

"Agatha wollte unbedingt alleine fliegen. An und für sich wollte Mum sie hinten drauf mitnehmen. Aber die wollte es ja so. Dann hat die beim Start ein paar schnelle Drehungen gezeigt und ist dann einfach aus drei Metern runtergekracht. Gut, daß es nur das eine Bein war. Ich denke, die Heiler haben nett kassiert."

"Philipp, nicht so frech!" MTadelte Onkel Anthony seinen Sohn. "Immerhin hätte deine Schwester sich auch den Hals brechen können."

"Hat sie aber nicht", gab Philipp trotzig zurück.

Sie unterhielten sich nun über die Familie Priestley und als June einmal mit ihren jüngsten Kindern zum Badezimmer mußte unterhielten sie sich auch über jenen, dessen Namen nicht genannt werden durfte. Aurora erzählte kurz, was sie in Hogsmeade erlebt hatte und daß sie seitdem immer eine gewisse Angst habe, überhaupt rauszugehen. Philipp erzählte nur von dem, was er in der Schule davon mitbekommen hatte, daß zwanzig Mitschüler bei der Drachenturmschlacht umgebracht worden seien und er das da erst richtig kapiert habe, wie gefährlich dieser Hexenmeister sei. Als June Priestley mit ihren Mädchen zurückkehrte, ließ sich Philipp über seine Mitschüler aus, wobei er die Sache mit dem Heuler für Lissy Wright mit großer Genugtuung nacherzählte.

"Ja, ich kenne die gute Ernestine Wright persönlich. Sie ist eine sehr auf Ordnung und Folgsamkeit bedachte Dame, die ihre Schule mit einer Mischung aus Honiggebäck und Weidenrute führt, ähnlich wie die überragende Madame Maxime in Beauxbatons oder deren Stellvertreterin Faucon", sagte Großonkel Tertius. "Ich habe mit Mrs. Wright schon einige interessante Gespräche über die Zaubererwelt und ihren Fortbestand geführt. Ich kann mir gut vorstellen, daß sie ihrer Enkelin unbedingt klarmachen mußte, daß unkameradschaftliches Verhalten nichts einbringt."

"Die hätte diesen Heuler schon vor Weihnachten rüberschicken können", meinte Philipp und erhielt ein Kopfnicken von seiner Cousine Aurora.

"Vielleicht mußte sie erst ein gewisses Maß vollaufen lassen, bevor sie zu dieser drastischen Maßnahme griff", meinte Mrs. Dawn.

So klang der Abend für Aurora doch nicht so langweilig aus wie der Nachmittag es angedroht hatte. Sicher, sie war froh, daß sie sich ihre Angst vor dem Unnennbaren von der Seele geredet hatte. Aber sie wußte auch, daß viele Leute hier nicht darüber sprechen wollten und sicherlich nicht besonders begeistert waren.

Weil es draußen schon dunkel war und die Priestleys eh den fahrenden Ritter zur Heimreise nutzen wollten, schlossen sich die Dawns den Priestleys an, als sie nach dem Abschiednehmen über die Zugbrücke gingen und sich jenseits des mit nun teerschwarz glitzerndem Wasser gefüllten Grabens aufstellten. Mr. Priestley zückte seinen Zauberstab, ließ dessen Spitze aufleuchten und winkte damit.

Knall! Mit einem lauten Schlag tauchte aus dem Nichts heraus ein knallviolettes Ungetüm mit gleißend hellen Augen von rechts kommend auf. Aurora Dawn hatte in London schon die roten Doppeldeckerbusse der Muggel gesehen. Dieser Bus hier war dreistöckig und kam wohl gerade aus dem Landeanflug. Die riesigen Räder setzten knapp vor ihr auf, und ratternd und rumpelnd kam das Vehikel zum stehen. Dann wurde die große Tür im untersten Deck geöffnet und ein etwas behäbiger, angegrauter Zauberer hangelte sich heraus und rief:

"Willkommen im fahrenden Ritter, dem Nottransport für gestrandete Hexen ... Ach Sie haben wir doch heute schon einmal gefahren, deucht mich!" Er sah Anthony Priestley, der bestätigend nickte und das Zauberstablicht wieder löschte.

"Ist nicht so einfach durch diesen Muggelwegscheuchezauber zu fahren. Aber wie dem auch sei. Die ganze Familie jetzt nach Hause?" Wollte der in seiner purpurnen Schaffneruniform steckende Zauberer wissen. Die Priestleys nickten und fügten dann hinzu, daß sie noch zwei Familienangehörige mitnehmen wollten, die in ein eigenes Haus mußten. Aurora und ihre Mutter schulterten die Flugbesen und stiegen ein. Drinnen standen Messingbetten. Für die ganz kleinen wurden die neun Sickel inklusive heiße Schokolade bezahlt, während die Dawns mit der üblichen Beförderungspauschale zufrieden waren. Aurora legte sich hin, da zu vermuten war, daß der Bus mindestens eine Stunde fahren würde. Doch kaum lag sie in jenem Bett auf dem Mitteldeck, das ihr zugewiesen worden war, setzte sich der Bus mit einem mörderischen Sprung nach vorn in Bewegung und raste wie von wilden Drachen gehetzt dahin. An Schlaf war da wohl nicht zu denken.

"Nächster Halt: Winkelgasse!" Rief der Schaffner aus.

"Oh, wie fährt oder fliegt der denn?" Stöhnte Aurora, als der Bus mit einer halsbrecherischen Bremsung vor dem tropfenden Kessel anhielt, wo gerade zwei ältere Hexen zustiegen und vier wohl auch von der ruckeligen Fahrt benommene Zauberer ausstiegen. Kaum war die Tür wieder zu, sprang der fahrende Ritter wieder nach vorne, dann raste er auf einer Autobahn dahin, scherte sich nicht um die vielen Autos. Manche wurden irgendwie zur Seite gedrängelt, als der Bus zwischen ihnen durchflutschte. Einmal schien er sich förmlich zusammenzudrücken, als er unter einem zehn Meter langen Lastwagen hindurchraste, der nicht schnell genug für den magischen Dreidecker fuhr.

"Das die Muggel davon nichts mitkriegen", meinte Aurora verwundert. Ihre Mutter im Bett nebenan meinte:

"Es gibt einige nützliche Zauber, die uns vor denen verbergen und ..."

Knall! Mit einem weiteren Gewaltsprung landete der Bus auf einer staubigen Landstraße, irgendwo in der Grafschaft Hamshire, wie Regina Dawn von einem verwittert wirkenden Schild ablesen konnte.

Vor einem Landhaus ähnlich dem der Dawns kam der Bus wieder zum stehen und ließ wohl Passagiere aussteigen. Kaum waren die draußen, krachte es wieder, und der Bus war auf einmal am Strand. Aurora erkannte die Kreidefelsen von Dover, die im Licht der Scheinwerfer gespenstisch aufleuchteten und wieder verschwanden.

"Der macht mit uns eine Rundreise", sagte Mrs. Dawn leicht mißgestimmt, als der Bus erneut mit einem großen Satz mehrere hundert Kilometer übersprang und nun durch die Berge des schottischen Hochlands dahinraste, wobei er fast eine Kuh mit langem Fell überfahren hätte, wenn diese nicht wie von einer unsichtbaren Hand geschubst aus dem Weg gesprungen wäre. Aurora blickte sich um, was das Tier machen würde. Doch als der Bus an ihm vorbei war, hüpfte sie unbeeindruckt auf ihren vorigen Standplatz zurück.

"Raumverschiebungszauber", sagte Mrs. Dawn, als Aurora sie fragte. "Du kannst ein Objekt so bezaubern ... Aber lassen wir das!"

Wieder knallte es, wieder wurden mal eben mehrere hundert Kilometer übersprungen, und der Bus raste durch Liverpool. Er kam vor einem grauen Betonhaus zum stehen. Der Schaffner kletterte heraus und sagte seinen Spruch auf. Dann stiegen zwei Passagiere ein, die Aurora kannte. Es waren Erica Fielding und ihr jüngerer Bruder Roy, Auroras Klassenkamerad.

"Huch, die Fieldings?" Fragte Aurora halblaut. "Wieso wollen die mit diesem Bus ...?" Knall! Eben noch in Liverpool und jetzt schon wieder auf einer Landstraße.

Die Fieldings enterten das Mitteldeck und gingen zu freien Betten im hinteren Teil. Dabei sah Roy Aurora Dawn und begrüßte sie.

"Hallo, Roy!" Grüßte Aurora zurück. "Wieso fahrt ihr mit diesem Bus?"

"Weil meine werte Schwester meinte, wir sollten diese Kiste nehmen, um zu den Murphys zu fahren. Mum und Dad kommen morgen mit dem Auto nach. Blöde Idee sowas!" Sagte Roy. Wieder knallte es, und er wurde mit schwung nach hinten geschleudert, wobei er quer über Mrs. Dawn fiel.

"Na, junger Mann, nicht so ungestüm", sagte Auroras Mutter und half Roy, sich wieder aufzurichten. Mit knallrotem Gesicht hastete er zu seiner Schwester.

"Das ist ja ein Seelenverkäufer vor dem Herrn!" Fluchte Roy, als er sich wieder nicht festhielt, als ein weiterer Sprung des Busses alles nach hinten rutschen ließ.

"Das darf ich deinem Vater nicht erzählen, daß dein Klassenkamerad sich förmlich auf mich hat fallen lassen", grinste Auroras Mutter. "Aber ich werde mal mit Tony reden, ob dieses Mordgerät wirklich in dieser Form empfohlen werden kann."

"Aber Philipp steht auf sowas", meinte Aurora.

Irgendwann hielt der Bus vor dem Landhaus der Dawns. Warum auch immer, das konnte er als erstes erreichen. Aurora und ihre Mutter verabschiedeten sich von den Fieldings und den Priestleys. Aurora meinte zu Roy:

"Bestell Dina einen schönen Gruß von mir!"

"Joh, mach ich!" Erwiderte Roy.

Wieder zurück im trauten Heim zählten Mutter und Tochter die blauen Flecken, die sie durch die wilde Busfahrt abbekommen hatten und schworen sich, nicht mehr so schnell mit diesem Ungetüm zu fahren.

__________

Der erste September kam und damit die Abreise von Gleis 9 / 3/4. Aurora hatte am Tag zuvor in der Winkelgasse ihre Schulbücher eingekauft und dabei Mortimer und seine drei in Hogwarts eingeschulten Schwestern Ramona, Rita und Roxanne getroffen. Sie hatten sich verabredet, ein Abteil zu besetzen. petula Woodlane, Auroras blondhaarige Schulfreundin, kam mit ihrer weißen Katze Schneeflöckchen zusammen ins Abteil. Sie bedankte sich bei Aurora für das Nagel- und Krallenpflegeset, das für Hexen wie für Katzen gleichermaßen gut geeignet war, sofern man die einzelnen Bestandteile ordentlich auseinanderhielt. Sicher, eine Katze brauchte nicht an den Krallen gestutzt zu werden. Da es aber in Hogwarts nicht immer möglich war, sich an Bäumen die Krallen zu schärfen, war es nicht unpraktisch, das von Hand zu tun.

"Schade, daß Roy und Dina hier nicht mehr reinpassen", sagte Mortimer. "Aber der hat sich mit Bruster und den Jungs aus Hufflepuff schon abgestimmt."

"Zumindest waren es recht ruhige Ferien", meinte Petula, als der Zug einige Kilometer von London entfernt war. "Außer der Sache, die in der Zeitung gestanden hat ist nichts schlimmeres passiert."

"Ja, dieser Anschlag auf die Schenke bei Newcastle. Die haben das dunkle Mal darüber gesetzt, diese Bastarde, damit alle es sehen konnten, daß die zwanzig Leute umgebracht haben", sagte Mortimer mit einer Mischung aus Angst und Wut.

Aurora Erinnerte sich. Es war zwei Tage nach Großonkel Tertius' Geburtstagsfeier passiert, daß jener, dessen Name nicht genannt werden durfte eine Zaubererkneipe bei Newcastle in Schutt und Asche hatte legen lassen. Ansonsten war nichts passiert, worüber der Tagesprophet berichtet hätte. Doch das mochte trügen, wußten die Jugendlichen hier im Abteil. Der unnennbare zog immer aus dem Hintergrund an irgendwelchen Drähten, ängstigte oder erpresste arglose Zaubererfamilien und ließ Leute bei angeblichen Unfällen sterben. Doch es war schon lange her, daß er Listen mit Drohungen in die Zeitung hatte setzen lassen. Offenbar hatten die damit aufgeschreckten Familien seine Leute besser zurückschlagen können, und er griff nun ohne jede Vorwarnung an. Das beunruhigte Aurora Dawn mehr als jeder Artikel über grausame Taten. Doch wie die meisten jungen Hexen und Zauberer schwieg sie über ihre Ängste, die sie seit dem Tod von Onkel Dustin umtrieben.

Die Fahrt wurde wie üblich mit Erzählungen über die Sommerferien gewürzt. Mortimer erzählte, daß sein Vater Regulus sich bei einer Aktion mit einem walisischen Grünling den halben Arm verbrannt hatte und froh sein konnte, daß die Heiler ihm den Arm nicht hatten abnehmen müssen.

"Die können zwar superstarke Ersatzglieder herstellen, aber zum einen kostet das einen Haufen Galleonen und sieht dann auch noch komisch aus. Dad wird wohl erst sehen, daß sein Arm weitestgehend wieder geheilt wird, bevor der wieder einen Drachen anrührt."

"Tja, Mortimer, das bringt der Job so mit sich", meinte Petula. "Dein Vater hat sich das mit den Drachen doch ausgesucht."

"Ist ja auch interessant und spannend, Petula. Aber wenn Daddy nicht aufpasst, kriegt ihn so'n Drache noch richtig zu fassen", sagte Mortimer noch.

Als sie endlich in Hogsmeade eingetroffen waren gesellte sich Miriam Swann, die hier wohnende Klassenkameradin von Aurora, Petula und Mortimer zu ihnen. Aurora, die der Anblick der klapperdürren, schwarzen Pferde mit den bleichen Augen und den lederartigen Flügeln immer noch eiskalte Schauer den Rücken hinunterrinnen ließ, beeilte sich, mit ihren Mitschülern eine der von diesen Tieren gezogenen Kutschen zu besetzen. Außer ihr und der Gryffindor Isis Waverly kannte sie niemanden, der diese Pferde, die Thestrale genannt wurden, sehen konnte. Denn sie wurden nur denjenigen sichtbar, die den Tod mit eigenen Augen hatten sehen müssen.

Als sie saßen, wollte Mortimer die Tür schon zuschlagen, als Roy und Dina wie von Hunden gehetzt angerannt kamen. Gleichzeitig fing es in dem Tragekorb, den Miriam dabei hatte, erst zu knurren und dann zu wimmern an.

"Lasst uns noch rein!" Rief Roy außer Atem und machte einen großen Satz, um die Kutsche noch zu erreichen. Mortimer half ihm. Dina Murphy kam angejagt, sich immer wieder umschauend.

"Dieses Biest ist in der Gegend. Die hat mich nach dem Aussteigen aus einem Gebüsch heraus angegrinst", meinte Roy.

"Komm rein, Dina!" Sagte Aurora und half Dina in die Kutsche. Dabei sah sie ein grünes Etwas, etwa zehn Meter über ihnen herumkreisen. Ein gelbweißes Augenpaar blinkte wie eine nahe Doppelsonne zu ihr herunter.

"Die wird richtig aufdringlich", meinte Aurora, als sie die Tür schnell zuzog und damit den dressierten Gäulen das Zeichen gab, loslaufen zu können.

"Wer?" Fragte Mortimer.

"Diese grüngesichtige Lady, die es auf Roy abgesehen hat", zischte Aurora. Roy nickte wild.

"Ich wollte mir schon Salz auf die Hände und Wangen pulvern. Aber Erica meinte, ich sei zu paranoid. Die hätte diesem Monster ruhig den Funkenstrahl entgegenschießen können oder diesen roten Schockblitz."

"Es kommt nicht gut, 'ner Sabberhexe mit Feuer zu kommen. Das mögen die doch nicht, wie du weißt. Tja, und ob Erica mit dem Schocker was gebracht hätte weiß ich auch nicht. Die können mit ihrer eigenen Magie Flüche wie von einem Spiegel zurückwerfen und ..."

"Halt mir jetzt keine Vorträge über Sachen, die ich mir im letzten Jahr doppelt und dreifach durchgelesen und gepaukt habe", raunzte Roy seinen Klassenkameraden an. "Hoffentlich haben wir in Hogwarts Ruhe vor der."

"Darauf kannst du einen lassen", sagte Mortimer. "Die Zauberbanne wehren solches Geschmeiß sicher ab, und das weiß die auch. Wundere mich nur, daß die dich nicht zu kaschen versucht hat, bevor du bei uns warst."

"Die spielt mit Roy, wie die Katze mit der Maus", wimmerte Dina. Das brachte Aurora auf etwas. Sie wandte sich Miriam zu, die gerade ihre rechte Hand in den halb geöffneten Korb steckte und das Tier, das darin saß streichelte.

"Wieso hat Feuerball erst geknurrt und dann so komisch gejammert?" Fragte sie leise.

"Weil er die böse Kreatur wohl erst wie einen vertrauensunwürdigen Zauberer wahrgenommen hat, bevor er merkte, daß da noch mehr hinter ist, das er nicht einfach verjagen oder angreifen kann. Vielleicht hat ihm dieses grüne Vieh auch irgendwie gesagt, er solle sich bloß nicht wagen, gegen es zu kämpfen. In dem Buch über Kniesel steht drin, daß selbst die nicht alles angreifen, nur weil es bösartig oder hinterhältig ist. Oger und Sabberhexen gehören wohl dazu", erklärte Miriam.

Feuerball, das war ein größer als eine normale Katze gebautes Tier mit erdbraunem Fell und fuchsroten Tupfern darauf. Sein schwanz war orangerot und am Ende zu einer Quaste geformt wie bei einem Löwen. Miriam hatte den männlichen Kniesel beim letzten Ausflug nach Hogsmeade im Zaubertiergeschäft Raurey & Growles gekauft, mit großzügiger Unterstützung von Petula und Aurora.

"Na toll, wie kann ich mich sonst gegen dieses Biest wehren?" Fragte Roy im Bezug auf die Sabberhexe, der er zweimal näher als ihm lieb war gekommen war.

"Vielleicht ziehen Silbergeschosse, wie bei Werwölfen", meinte Mortimer.

"Na klar. In der Muggelliteratur wird das ja als Allheilmittel gegen alle düsteren Geschöpfe empfohlen", entgegnete Roy. .

"Reden wir nicht mehr von dieser Kreatur!" Forderte Dina. "Ich möchte jetzt nichts mehr davon wissen. Ich will nur noch wissen, wer dieses Jahr neues zu uns kommt."

So warteten die Insassen der Kutsche, bis sie durch das von geflügelten Steinebern bewachte Tor zu den Ländereien von Hogwarts hindurch und auf dem Platz vor dem Portal des etwas düster wirkenden Schlosses angelangt waren. In aller Ruhe und üblichem Schwatzen gingen die Schüler oberhalb der ersten Klasse in die große Halle hinein, wo sie an den vier Haustischen Platz nahmen. Der Schein von 1000 frei in der Luft schwebenden Kerzen erhellte die Halle, die sich rasch mit Jungen und Mädchen in schwarzen Umhängen füllte. Am Lehrertisch, der quer zu den vier Haustischen aufgestellt war, konnte Aurora Dawn bereits die rundliche Professor Sprout neben Professor Kesselbrand sehen, der mit seiner Kollegin in eine angeregte Unterhaltung verstrickt war. Dann erschienen noch die übrigen Lehrer wie Professor Balder mit seinem fuchsroten Haarschopf, die orientalisch wirkende Zaubertranklehrerin Bitterling und der winzige Professor Flitwick. Der Schulleiter, Professor Albus Dumbledore, ließ sich noch Zeit, genau wie seine Stellvertreterin, die gestrenge Professor Minerva McGonagall. Erst als alle Schüler saßen, kam Dumbledore in einem königsblauen Umhang gekleidet durch eine Seitentür herein, die ihn direkt zum Lehrertisch führte.

"Wieso kommt der jetzt durch die Tür?" Fragte sich Aurora Dawn. Dann, so nach fünf weiteren Minuten, führte Professor McGonagall eine Schar von siebzig Jungen und Mädchen herein, die gerade elf Jahre alt sein mußten. Dies waren die Erstklässler, die gleich auf die vier Häuser von Hogwarts verteilt wurden. Professor McGonagall gebot ihnen, sich in einer langen Reihe aufzustellen und holte den dreibeinigen Schemel mit einem zerschlissenen ramponierten Zaubererhut herbei, dem sprechenden Hut von Hogwarts. Sie stellte ihn vor den vordersten der neuen Schüler und trat zurück. Wie Aurora es schon dreimal miterlebt hatte, klaffte nach kurzer Zeit ein breiter Riss über der Krempe des Hutes auf, und er begann mit piepsiger Stimme zu singen, daß die vier Gründer Godric Gryffindor, Rowena Ravenclaw, Helga Hufflepuff und Salazar Slytherin diese Schule in vier Häuser eingeteilt hatten, daß Gryffindor die mutigen und gerechten, Ravenclaw die klugen und lerneifrigen, Hufflepuff die arbeitssamen und kameradschaftlichen und Slytherin die ehrgeizigen und machtbewußten Schüler bevorzugte. Es war das übliche, selbst wenn der Hut dieses Mal wieder ein anderes Lied sang als die Jahre zuvor. Zum Schluß forderte er die neuen Schüler auf, ihn aufzusetzen, um zu erfahren, wohin sie nun gehören sollten.

Wie üblich brandete Beifall durch die Halle, als der Hut sein Lied beendete. Dann holte Professor McGonagall eine Pergamentrolle hervor und begann, die Neuen in alphabetischer Reihenfolge ihrer Nachnamen aufzurufen.

Aurora sah zu, wie ein Schüler nach dem anderen den Hut aufsetzte. Diesmal gab es eine ausgeglichene Verteilung, mußte sie erkennen. Denn fast alle vier Häuser wurden Gleichermaßen mit neuen Schülern bevölkert. Da in diesem Jahr niemand dabei war, auf den Aurora besonders hätte achten wollen, ließ sie die Auswahl bald völlig kalt. Einige Namen sagten ihr zwar von den Familien her was. Andere Namen waren ihr gänzlich unbekannt. Ihr viel nur auf, daß wohl viele Muggelstämmige dabei waren. Denn jedesmal, wenn jemand den Hut aufsetzte und nach Gryffindor oder Hufflepuff zugeteilt wurde, der oder die keine Zaubererverwandtschaft zu haben schien, machten die Leute am Slytherin-Tisch abfällige Gesten. Aurora sah Tonya Rattler, ein Mädchen mit quaderförmigem Körper und strohblondem Haar, das neben dem knochendürren Samiel Sharkey noch klobiger wirkte. Wie würde sie dieses Jahr mit ihr zurechtkommen? Etwas weiter rechts saß ein zierliches Mädchen mit dunkelblonden Ringellöckchen, dessen graue Augen eine unverhohlene Verwegenheit widerspiegelten. Das war ihre Mitschülerin Loren Tormentus, die einzige Slytherin, die sich für Muggelkunde begeistert hatte und auch zu den besten Schülern der dritten Klasse in diesem Fach gehörte. Außerdem kannte sie sich gut mit der Geschichte der dunklen Künste aus, wie Aurora während der schrecklichen Sache mit dem Drachenturm erfahren hatte. Aber was mochte man von Slytherins erwarten, deren Familien zum überwiegenden Teil den dunklen Künsten verschrieben waren?

Als die Auswahl schließlich vorbei war und Ravenclaw elf neue Mitbewohner an seinem Tisch begrüßt hatte, erschien das Festessen.

Aurora war sichtlich hungrig. So überließ sie es den anderen, sich zu unterhalten. Tatsächlich waren vier Muggelstämmige dabei, ein Mädchen aus London, namens Anne Singer, ein Junge aus Worcester in Mittelengland, mit Namen Tim Preston, eine etwas unterernährt wirkende Junghexe aus Glocester namens Phiona Carpenter und - was Roy bestimmt freuen mochte, ein Junge namens Jim Frederics aus Liverpool. So zwischen drittem Gang und Nachtisch meinte sie, Roy darauf anspitzen zu können, um festzustellen, daß Roy bereits mit dem Stadtkameraden in einer wichtigen Unterhaltung über den englischen Fußballmeister verstrickt war. Bruster, der früher nichts ausgelassen hatte, um seine Mannschaft aus Manchester dagegen verteidigen zu müssen, schien wieder in jener merkwürdigen geheimnisvollen Ruhe zu treiben, die er im letzten halben Jahr häufig ausgestrahlt hatte.

"Was soll das sein, ein Anatomkraftwerk?" Fragte Roxanne Swift, die durch ein veilchenblaues Haarband gekennzeichnet war, um die Drillinge sofort auseinanderhalten zu können, weil Tim Preston gerade was erzählt hatte, seine Eltern hätten zuerst geglaubt, seine Zauberkräfte kämen daher, daß sein Vater in solch einem Dings arbeitete.

"Ein Atomkraftwerk ist ein großer Ofen, indem die kleinsten Sachen zerbröselt werden und durch die Wärme, die dabei rauskommt große Dampfkessel anheizen kann, die Strom machen", sagte Preston. "ist aber ziemlich gefährlich, weil beim Zerbröseln der kleinen Sachen jede Menge Teilchen herumfliegen, die als Strahlung durch alles durchgehen, was nicht aus Blei oder dickem Beton gebaut ist."

"Ja, klar, deshalb haben die dich wohl für einen Mutanten gehalten, wie?" Fragte Roy Fielding leicht belustigt.

"Klar, weil ich mit neun den ganzen Wohnzimmertisch irgendwie hochgehoben habe und alles was draufstand runtergekracht ist", sagte Tim Preston nicht ohne ein gewisses Grinsen. "Dann kam aber der Kracher als dieser Brief kam und dieser Watergate uns einen erzählt hat, ich wär'n echter Zauberer und davon gäb's 'ne ganze Menge."

"Das haben meine Alten auch nicht geblickt", meinte Jim. "Waren nicht so cool drauf, als es hieß, ich solle hier hin. Mann, hatte ich einen Bammel, die ganze Kiste sei nur eine große Verarsche und meine Eltern würden für etwas blechen, was absoluter Humbug ist. Als mir diese Madame Clover gezeigt hat, daß ich echt was zusammenzaubern kann und jetzt mit dem alten Hut hier, das hat's wohl gebracht."

"Jungs, es ist schon spannend, was ihr so erlebt habt", mischte sich Geoffrey Forester, ein frischgebackener Vertrauensschüler aus der fünften Klasse ein. "Aber in den Zeiten jetzt ist das nicht sonderlich klug, jedem so heftig auf die Nase zu binden, daß man keine Zauberereltern hat. Vielleicht habt ihr's mitbekommen, daß in unserer Welt einige sehr gemeingefährliche Zauberer herumlaufen, die besonders viel gegen Muggelstämmige haben, weil die angeblich keine richtigen Zauberer sein sollen. Hier an dem Tisch könnt ihr wohl was erzählen. Aber wenn ihr euch die Leute an dem Tisch da hinten anseht", wobei er auf den Slytherin-Tisch zeigte, "versteht ihr wohl, daß die das nicht unbedingt jedesmal wissen müssen, wo ihr herkommt."

"Geoffrey, dein neues Abzeichen in Ehren", meinte Roy Fielding. "Aber die Knallschoten von Slytherin kriegen das eh raus. Die haben doch so komische Familienstammbäume, wo drinsteht, wer wie mit wem verwandt ist. Da fällt einer von uns sofort auf, wie 'ne Promenadenmischung auf 'ner Ausstellung für Rassehunde. Ja, und das ist ja deren Furz im Hirn. Die meinen, wenn sie schön untereinander bleiben und der Cousin mit der Tante und so weiter, dann gäb's echt edle Zauberer."

"Roy, du hast es selbst gemerkt, wie schnell man damit auf die Nase fällt, wenn man denen aufbindet, woher man kommt und ..." Meinte Geoffrey.

"Also wer immer dich zum Vertrauensschüler gemacht hat muß wohl sturzbesoffen oder total verblödet gewesen sein. Ein Grashalm hat mehr Rückgrat als du", meinte Bruster Wiffle. Geoffrey lief knallrot an. Nur an den sich verengenden Augen war abzulesen, daß er wütend war. Priscilla Woodlane, eine Siebtklässlerin und nun das dritte Jahr Vertrauensschülerin, mußte sich schwer beherrschen, nicht loszulachen. Geoffrey meinte:

"Damit du's mal wieder lernst, Bruster, zwanzig Punkte Abzug für Ravenclaw."

Bruster lachte.

"Da müssen wir erst abwarten, bis wir so viele Punkte reingeholt haben."

"Bruster, lass ihn doch", meinte Mortimer. Geoffrey sagte dazu nur:

"Damit ihr das alle wisst, die vielleicht mal soo ein Abzeichen tragen wollen: Professor Dumbledore wählt die Vertrauensschüler aus. Der macht sich schon Gedanken darum, wer es wert ist, diese Verantwortung zu übernehmen."

"Dann hör auf, den Slytherins nach der Schnauze zu reden!" Warf Roy Fielding ein. "Wenn du Leuten hier verbietest, zu den Eltern zu stehen, dann machst du nichts anderes als diese Gangsterbrut da hinten."

"Leute, uns jetzt gegenseitig Punkte abzujagen macht die Slytherins stark, ohne daß die einen Finger rühren müssen", sagte Alessandro Boulder, der Kapitän der Quidditchmannschaft. Offenbar reichte das aus, um den Streit um das "Recht auf Muggelstämmigkeit" zu beenden.

Nach dem Abendessen hielt Dumbledore noch eine Rede, in der er darauf hinwies, daß die Schülerinnen und Schüler nicht in den verbotenen Wald auf dem Schulgelände gehen sollten. Dann verabschiedete er die Schüler in ihre Häuser.

"Um was wetten wir, daß Bruce mal wieder nicht im Bild ist?" Fragte Roy Bruster.

"Eine Tüte Drubels Blaskaugummi", nahm Bruster an.

"Top, die Wette gilt!" Sagte Roy und schlug ein.

Bruce war ein gemalter Landbursche, der mit seiner braun-weiß gescheckten Kuh Maggy das große Gemälde vor dem Ravenclaw-Eingang bewachte, sofern er nicht gerade hinter seinem Rindvieh herlief oder vor anderen gemalten Zauberern und vor allem Hexen fortlief, die Maggys Ausflüge übelnahmen.

"Erstklässler bleibt bei uns!" Rief Geoffrey. Priscilla und die anderen Vertrauensschüler sicherten den Zug der Ravenclaws bis vor besagtes Bild. Doch Bruce war da. Er stand in seiner groben Kleidung vor Maggy und konnte es wohl kaum erwarten.

"Die Kaugummis kommen zu mir", sagte Bruster zu Roy. Dieser nickte schwerfällig.

"Passwort?" Fragte Bruce den ältesten Vertrauensschüler.

"Per aspera ad astra!" Sagte der Vertrauensschüler. Bruce nickte und schwang mit dem ganzen Bild zur Seite. Die Schüler traten ein. Priscilla sicherte den Schluß und kletterte als letzte in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws.

Joh, dann wollen wir mal in die Buntkarierten", meinte Bruster zu Roy. Dieser nickte und ging mit ihm und Mortimer in Richtung Jungenschlafsäle davon. Auch Aurora und ihre Klassenkameradinnen suchten den ihnen vertrauten Schlafsaal auf. Allerdings stand nun auf dem Türschild "4. Klasse". Schneeflöckchen und Feuerball durften zur nacht hinaus ins freie, was besonders dem Knieselkater sehr behagte. Als dann alle vier Viertklässlerinnen in den Betten lagen dachte Aurora Dawn daran, daß sie in zwei wochen schon Quidditch trainieren würde.

__________

Am nächsten Morgen erhielten alle Schüler ihre Stundenpläne für die Zeit bis Weihnachten. Professor Flitwick verteilte die Stundenpläne für die Ravenclaws, wobei er wie üblich bei den Erstklässlern anfing. Tim Preston fragte kurz seine aus der Zaubererwelt stammende Klassenkameradin Dorothy Walker, was man mit Geschichte der Zauberei anfangen sollte. Aurora indes sah, daß sie gleich die erste Stunde bei Sprout Kräuterkunde und dann bei Kesselbrand Pflege magischer Geschöpfe haben würden. Dafür gab es am Nachmittag Verwandlung.

"Morgen die erste Stunde Bitterling! Mist!" Sagte Roy Fielding. Immerhin hatten sie danach Muggelkunde, was Roy natürlich schon von Hause aus gut lag, wenngleich Goldbridge immer wieder betonte, die Muggelstämmigen in seiner Klasse mögen immer darauf achten, etwas so zu erklären und auch niederschreiben, daß reine Zaubererkinder und Lehrer es verstanden.

"Dienstag nachmittags Binns. Warum nicht eine Stunde Mittagsschlaf", feixte Bruster Wiffle. Professor Binns, der einzige Lehrer, der ein Geist war, pflegte seinen Unterricht immer auf eine sehr narkotisierende Weise abzuhalten, daß sich nur die ausgewiesenen Streber wach halten konnten. Die einzig aufregende Sache bei diesem Lehrer war es, rechtzeitig zum Läuten der Pausenglocke wieder hellwach zu sein.

In den Tagen darauf hatten sie auch Zauberkunst, alte Runen, beziehungsweise Arithmantik oder Wahrsagen, Verteidigung gegen die dunklen Künste und Astronomie, von weiteren Stunden Zaubertränke, Pflege magischer Geschöpfe, Kräuterkunde und Verwandlung ganz zu schweigen.

"Bin ja mal gespannt, was für biester uns der alte Kesselbrand in diesem Jahr anbringt", verkündete Roy Fielding.

"Vielleicht kommen schon Kniesel und Knarls", meinte Mortimer Swift.

"Knarls?" Fragte Roy.

"Wirst du schon mitkriegen, was das für biester sind", sagte Mortimer geheimnisvoll.

"Wie du meinst", sagte Roy Fielding.

Lissy Wright, eine überheblich auftretende Zweitklässlerin, wies die Erstklässlerin Phiona Carpenter darauf hin, sie solle vor dem Unterricht bei McGonagall ihr zerzaustes Haar in Ordnung bringen, worauf Mortimer sie ansah und mit den Lippen das Wort "Heuler" formte, wobei er sie hämisch angrinste.

Als die Eulen mit der Post in einem großen Schwarm in die große Halle einflogen sahen vor allem die Muggelstämmigen staunend zu, wie die Nachtvögel zielgenau die Schüler an den vier Tischen ansteuerten und Briefe, Päckchen und Pakete ablieferten. Aurora bekam einen Brief von ihrem Vater, der von einem Wüstenuhu zugestellt wurde, einer hier in Großbritannien fremden Eule. Sie nahm den Brief und las:

Hallo, Aurora!

Ich bin gerade hier in Syrien bei ein paar Kollegen, die Geier und andere Langstreckenvögel zu Kundschaftern ausbilden wollen. Es ist hier ziemlich heiß, und ich fühle mich in diesen arabischen Gewändern etwas merkwürdig.

Ich denke, wenn ich den Brief losschicke, ist der genau dann bei dir, wenn der erste Tag im Schuljahr losgeht. Jedenfalls bin ich gerade ziemlich gut beschäftigt hier. Vor allem muß ich irgendwie rauskriegen, wie man hier mit diesen fliegenden Teppichen umgeht. Besen sind hier nicht sonderlich populär, mußt du wissen.

Ich habe gestern eine französische Hexe namens Aurélie Odin getroffen, die für ihre Abteilung für magische Zusammenarbeit mit dem syrischen Zaubereiminister verhandelt. Mit ihr war ich in einem Wirtshaus für Zauberer bei Damaskus. Sie hat mir erzählt, daß die arabische Zaubererwelt gerade über einen dunklen Magier hinwegkommen muß, der sich der Wächter der Altzeit nannte und erst vor drei Monaten von einer geheimen Gilde besiegt werden konnte. Sie erzählte mir noch düstere Geschichten von einer Hexe Sardonia, die vor Jahrhunderten in Frankreich geherrscht haben soll und teilt meine Ansicht, daß wir wohl mit Du-weißt-schon-wem noch große Schwierigkeiten kriegen werden.

Aber ich will dich nicht mit düsterem Zeug behelligen. Ich habe nämlich einen Schulkameraden aus Gryffindor hier getroffen, der die Mysterien der orientalischen Zauberkunst erforscht. Der hat mir erzählt, daß James und Lily Potter genau am 31. Juli einen Sohn bekommen haben. Ich denke, dich interessiert das, weil du ja zwei Schuljahre mit James Potter in Hogwarts verbracht hast. Sie haben den Jungen Harry genannt. Ich denke mal, die werden sich noch weitere Kinder anschaffen. Mein früherer Schulkamerad sagte sowas, daß der Junge wohl die Augen seiner Mutter geerbt haben soll, wie auch immer die aussehen.

Ich habe mich auch an deine Mutter gewandt. Irgendwer hat mir unterstellt, sie andauernd alleine zu lassen. Nun, ich hoffe, das mit ihrer neuen Anstellung beim Ministerium klappt. Dann muß sie nicht andauernd im Haus herumsitzen.

Ich wünsche dir aus dem sonnenerhitzten Syrien einen reibungslosen Schuljahresanfang.

Ich liebe dich
                    Hugo Dawn

Bevor der Unterricht losging suchten die Mädchen noch einmal die Waschräume auf, einige, um ihr Äußeres noch aufzubessern, andere für dringende Angelegenheiten. Aurora sah Priscilla Woodlane, die Anne Singer dabei half, ihr strohblondes Haar seidigglatt zu bürsten.

"Das ist echt aufregend. Verwandlung gleich in der ersten Stunde. Ho, ich weiß nicht, ob das nicht böse ist, sowas zu lernen", sprudelte es aus Anne heraus.

"Kommt nur darauf an, was du damit anstellst", meinte priscilla amüsiert.

"Da wird's wohl nicht so heftig sein", meinte Aurora. "In der ersten Klasse kommen erst die einfachen Verwandlungen dran."

"Was einfacher aussieht als es ist", sagte Priscilla. "Aber ihr schafft das wohl auch."

"'ne Tante von mir, die arbeitet für einen Priester. Der sagt, Magie ist immer was böses", meinte Anne.

"Na klar, deshalb beten die Priester auch Rosenkränze und sprühen Weihwasser herum. Das ist natürlich kein Ritual, selbst wenn es nichts bringt", lachte Priscilla. "Lass dich nicht von Leuten einschüchtern, die von echter Magie keinen Dunst haben und noch dazu mehr Unheil angerichtet haben als echte Hexen und Zauberer. Oder stimmt es nicht, daß die sogenannte Hexenverfolgungshysterie von der katholischen Inquisition erfunden wurde?"

"Habe ich keine Ahnung von", sagte Anne.

"Häh, nicht trödeln!" Sagte Priscilla, weil Phiona offenbar nicht wußte, ob sie jetzt noch einmal auf die Toilette gehen sollte oder zum Unterricht losmarschieren sollte. Aurora verließ mit Miriam das Badezimmer und begab sich zum Kräuterkundeunterricht.

Nachdem Sprout ihnen die ganze Stunde lang mit widerlichen schwarzen Pflanzen, Bubo-tublern, die Laune verdorben hatte, marschierten die Schüler zum Klassenraum, wo Professor Kesselbrand sie bereits mit fünf großen Käfigen erwartete. In jedem Käfig saß etwas, das wie eine Kreuzung zwischen einem rotem Wollknäuel und einem großen Ei aussah. Allerdings hatten diese Geschöpfe vier Beine und zwei dünne Arme mit drei Gelenken und Händen mit je sechs Fingerchen. Köpfe besaßen die Kreaturen keine. Ihre Augen saßen auf ziehharmonikaartig ausfahrbaren Stielen, waren kohlschwarz und konnten sich unabhängig voneinander drehen. Unterhalb der Augen waren drei Schlitze, zwei senkrechte nebeneinander und darunter ein waagerechter. Diese Wesen gaben weit hallende hohe Töne ab, die ähnlich klangen wie mit feuchten Fingern angestrichene Weingläser.

"Huch, von welchem Planeten sind die denn?" Fragte Roy Fielding, als er zusammen mit Aurora und Mortimer die Klasse betrat. Professor Kesselbrand räusperte sich und gebot Ruhe, während sich drei der fünf roten Wesen auf einen wohlklingenden Akkord einstimmten, den sie zhen Sekunden lang durchhielten.

Als alle Schüler seiner Klasse saßen und die Tür geschlossen war, nahm der Lehrer eine art Schlauch in die rechte hand und schwang ihn kurz durch die Luft, daß ein leiser Heulton erklang. Sofort verstummten die Laute der roten Zaubergeschöpfe.

"Ich darf Ihnen heute mit sehr viel Stolz, wie ich zugeben muß, fünf der weltweit dreißig Exemplare der Harmonovons präsentieren, die mir mein griechischer Fachkollege Professor Arion Kalliphonos zur Verfügung gestellt hat", sagte der Professor. eines der fünf Wesen ließ einen kurzen, kontrabaßähnlichen Brummton erklingen, bevor es schwieg. "Um Ihre Frage von eben zu beantworten, Mr. Fielding. Diese Wesen stammen von diesem Planeten. Sie wurden vor dreihundert Jahren durch Zufall gezüchtet, weil man die damals schon beliebten Knuddelmuffs gerne dazu bringen wollte, schöne Töne zu summen, ja eventuell ganze Melodien in verschiedenen Oktaven nachsingen zu können, ähnlich den Singschnauzen. Allerdings gelang es nicht so leicht, die Eigenschaften beider Tierwesen zu vereinen, bis bei einem Kreuzungsvorgang die unausgebrüteten Eier von Kanarienvögeln ins Spiel gerieten. Als Resultat kamen sechs dieser Wesen heraus, wie wir sie hier vor uns sehen. Es stellte sich dann heraus, daß sie nur dort gut gedeihen, wo sie zum einen mehr als drei Exemplare zur selben Zeit sind und sich nur fortpflanzen, wenn sie wohlklingende Musik zu hören bekommen."

"Warum gibt es dann nur dreißig Stück?" Fragte Petula Woodlane.

"Tja, weil sie nur zwei Jahre alt werden, bevor sie sich zusammenfügen und zu einer großen Kugel erstarren, offenbar ein Relikt der in die Kreuzungsversuche einbezogenen Knuddelmuffs. Diese Kugeln sind faktisch tot. Allerdings hat man schon ergründet, daß sie die Eigenschaft haben, jeden, der Musik machen oder singen kann, zur Anwendung seiner Kunst zu verleiten. Mancher Musiker oder Sänger mußte schon vom Zaubereiministerium aus einem Haus geholt werden, wo ein aus fünf oder sechs Exemplaren gebildeter Kugelkörper herumlag, weil sie vor lauter Musik im Kopf und ohne Sinn und verstand singend oder spielend jeden sonstigen Antrieb verloren haben. Daher wurde beschlossen, diese Wesen nur noch in kontrollierbarer Stückzahl zu halten und sobald die Kugelform gebildet wird diese an einen Ort ohne mögliche Musik zu bringen. Deshalb gibt es zur Zeit nur sechs Lebensgruppen", erklärte Kesselbrand. Wieder begannen drei der fünf, einen Akkord zu singen. Die beiden anderen begannen darauf eine flotte Melodie zu singen, immer lauter, aber wie aus höheren Sphären klingend.

"Ein Grund, weshalb es mindestens drei Exemplare sein müssen ist wie Sie hören können die gegenseitige Stimulation mit reinen Tönen. Wenn man sie das tun läßt, während sie zusammen in einem Käfig sind, kann es zur Fortpflanzung kommen", rief Kesselbrand über den Gesang der Harmonovons hinweg. Dann schwang er wieder den Schlauch. Mit einem krächzenden Laut starb der Gesang ab, und die fünf Musikeier, wie Aurora sie heimlich nannte, schüttelten sich wie mit kaltem Wasser übergossen.

"Sie mögen es nicht, wenn jemand ihre Laute nachmacht und dazu noch mit unsauberen Tönen. Daher ist dieser Schwingschlauch das einzige Mittel, eine Gruppe von Harmonovons zum schweigen zu bringen, sobald sie sich eingesungen haben. Wie erwähnt gedeihen sie prächtig, wo von außen Musik zu ihnen vordringt. Daher werden die Harmonovons vorzugsweise unter Konzertgebäuden kultiviert, in Kellern, von denen die Muggel nichts wissen dürfen. Sie kommen jedoch nur in Griechenland, auf Zypern, Malta und Sizilien vor, eben unter kontrollierten Bedingungen."

"Ja, und was würde passieren, wenn man diese Wesen aussetzt und sich ungestört vermehren läßt?" Wollte Petula Woodlane wissen.

"Nun, dann würde es zumindest da, wo es regelmäßige Musikaufführungen gibt bald hunderte von diesen Wesen geben und auch die Kugelkörper, die jeden musischen Künstler zur dauerhaften Ausübung seiner Kunst zwingen, was auf Dauer dazu führen müßte, daß die Geheimhaltung nicht mehr aufrechterhalten bleibt", sagte Kesselbrand und hob schon wieder den Schlauch, weil eines der fünf Wesen einen mittelhohen Summton von sich gab.

"Wozu sind sie dann gut?" Wollte Cynthia Flowers dann wissen.

"Eigentlich nur dazu, von nichtmenschlichen Wesen Musik zu hören", sagte Professor Kesselbrand. "Andererseits werden sie als Kreuzungsergebnisse der Stufe 2 bezeichnet, also ohne Absicht erschaffene Wesen, an deren Verbreitung nicht zu denken ist. Sie gelten nicht als gefährlich, sind jedoch in der fünfstufigen Einteilung aller Tierwesen auf dem Niveau XXXX eingeordnet, um die strengen Kontrollrichtlinien zu rechtfertigen und sicherzustellen, daß nur registrierte Zauberer mit Populationen von ihnen arbeiten. Sie dürfen nicht im freien Handel verkauft werden, lediglich zur Anschauung im Fachunterricht oder während besonderer Vorführungen magischer Geschöpfe zur Erläuterung von Kreuzungsergebnissen. Ich habe heute die erste Stunde dieses Schuljahres mit diesen Wesen eröffnet, um Sie auf den Jahresschwerpunkt kulturbedingter Tierwesenzüchtungen einzustimmen, während dem wir uns neben den Nifflern auch mit Crubbs, Knieseln und eurasischen Feuerraben befassen werden. Letztere sind so selten, daß ich noch nicht weiß, wann ich ein Vorführexemplar erhalten kann und für wie lange."

"Ja, und diese Wesen da? Was sollen wir mit ihnen machen?" Wollte Bruster Wiffle wissen.

"Ich erläutere Ihnen nun, wie sie gefüttert werden, wie sie sich genau fortpflanzen und unter welchen Umständen diese Wesen welche Gefühlsregung zeigen oder auslösen. Also holen Sie bitte Schreibzeug heraus und notieren Sie, was ich Ihnen nun erkläre!"

Die Stunde verging, in der Aurora sich fragte, warum sie sich mit diesen roten Wesen befassen sollte, wenn diese sowieso nur in kleinen Gruppen gehalten wurden. Sie würde keinem davon in der freien Natur begegnen und wohl so schnell nirgendwo hinreisen, wo die Harmonovons gehalten wurden. Sie erfuhr jedoch, daß die erwähnten Kugelkörper, die sich aus mehr als zwei Jahre alten Wesen bildeten, ihre magische Wirkung auf musisch begabte Menschen verloren, wenn man sie in schalldichten Behältern einschloß. Daraus folgerte Roy Fielding, daß diese Wesen deshalb Leute zum Musikmachen oder Singen zwangen, um sich daran irgendwie satt zu fressen oder damit irgendwie aufzuladen. Kesselbrand räumte ein, daß dies wohl auch schon erworgen worden sei, man allerdings jeden Versuch, herauszubekommen, ob dadurch etwas neues passierte, nach vier Stunden abbrechen mußte, weil die Probanden nur noch Melodien und Noten im Kopf hatten, je länger sie mit diesen Kugelkörpern zusammen waren.

"Jetzt wissen wir zumindest, wieso einem manche Lieder nicht mehr aus dem Kopf gehen", feixte Bruster Wiffle kurz vor Stundenende.

"Das ist ein anderes Kapitel und hat eher was mit der Entwicklung von Gehirn und Geist als mit Magie zu tun", sagte Kesselbrand etwas ungehalten klingend.

""Wie alt sind denn die, die Sie uns da gerade vorführen?" Wollte Dina Murphy wissen.

"Anderthalb Jahre. Also wenn die noch ein halbes Jahr länger so weiterleben und nicht in einzelnen Käfigen bleiben, könnte die Körperverschmelzung bei denen dann einsetzen. In einzelkäfigen isolierte Wesen lebten jedoch nie länger als zweieinhalb Jahre. Es gehört also irgendwie zur Natur dieser Wesen, sich zu vereinigen. Daß es wohl kein Tod im üblichen Sinne ist, steht außer Zweifel. Allerdings wissen wir nicht, wozu die Kugelkörper dann noch dienen, außer eben die Aufführung von Musik und Gesang zu erzwingen. Merkwürdigerweise haben diese Kugeln dann die Eigenschaft, abgrundtief schlechte Sänger zu blitzsauberen Gesangsdarbietungen zu motivieren und holperig und unbeholfen spielende Musiker zu virtuosen Darbietungen zu veranlassen. Es ist so, als duldeten die Kugeln keine schlechte Musik in ihrer Nähe. Aber wozu das gut sein soll, konnte aus Gründen der humanität nicht endgültig erforscht werden." Mit diesen Worten schloß Kesselbrand den Unterricht. Die Glocke läutete, was die fünf Harmonovons dazu brachte, wild mit ihren dünnen Ärmchen zu fuchteln, als wollten sie jeden Glockenton wie einen lästigen Fliegenschwarm fortscheuchen. Die Schüler lachten und verließen den Unterrichtsraum.

"Ja, die Frage war schon richtig, wozu wir diese Singeier jetzt gesehen haben", meinte Roy. "Wahrscheinlich hat Kesselbrand nichts wirklich wichtiges vorbereiten können.

"Wieso, Roy?" Fragte Cynthia Flowers. "Ich sehe es schon als wichtig, zu wissen, was bei Kreuzungen herauskommen kann und daß solche Wesen nicht gründlich genug erforscht werden. Hat was von einer Warnung, nicht mit Magie und Lebewesen herumzuspielen, weil man nicht weiß, was dabei passieren kann."

"Ja, zu dem Thema steht doch was bei Skamander über diese Quintapeds, die angeblich mal normale Zauberer gewesen waren, bis irgendwer sie in fünfbeinige, Menschen fressende Monster verwandelt hat, die jetzt auf einer unortbaren Insel vor Schottland leben müssen."

"Leben wollen, Roy. Skamander schreibt auch, daß diese Quintapeds nicht mehr zurückverwandelt werden wollten, weil sie in ihren neuen Körpern stärker und ausdauernder geworden sind als vorher. Oder möchtest du vielleicht in ein kleines Tier oder ein Baby zurückverwandelt werden?" Fragte Petula Woodlane.

"Bestimmt nicht. Aber wenn ich vorher eine Maus gewesen wäre ... Hmm, stimmt natürlich. Wenn eine Maus zum Menschen wird will sie bestimmt keine Maus mehr werden", erkannte Roy.

Nach dem Mittagessen gab Professor McGonagall ihren Schülern die erste Stunde in Tier-zu-Tier-Verwandlung. Weil die Frage vom Morgen nach Kreuzungen und Verwandlungen von Tieren oder Menschen noch im Raum stand fragte Roy:

"Hat es schon fälle gegeben, wo Tiere, die in größere Tiere verwandelt wurden, nicht mehr zurückverwandelt werden wollten?"

"Sie meinen, Mr. Fielding, daß eine Maus, die in einen Elefanten verwandelt wird, nur deshalb nicht zurückverwandelt werden könnte, weil sie in der neuen Gestalt besser zurechtkommt?" Fragte Professor McGonagall. Roy nickte.

"Nun, Wendel und Unittamo, die beiden führenden Mentoren der Verwandlungslehre diskutierten diese Frage vor vier Jahren auf einem Kongress der transfigurativen Techniken in Millemerveilles, Frankreich, zusammen mit uns Fachlehrern von Beauxbatons, Greifennest, Durmstrang, Fuentemilagro und Hogwarts. Wir kamen überein, daß es keine rein willentliche Rückverwandlungssperre geben kann, da eine Verwandlung primär, also in erster Linie, nur die körperlichen Eigenschaften beträfe. Allerdings müsse bei Mensch-zu-Mensch-Verwandlungen bedacht werden, daß die vom Menschen unterdrückten Instinkte sich im Verhältnis zur Dauer der Verwandlung auf den neuen Körper einstellen und daher eine geistige Hemmung gegen den alten Körper ergeben. Sie wissen vielleicht, daß es auch Flüche gibt, die eine vollständige Körperumwandlung verursachen können. Einige davon wirken auch auf die geistige Verfassung des betroffenen Menschen ein. Aber wenn sie ein Tier in einen Menschen verwandeln, so wird es trotz der menschlichen Körperform keinen menschlichen Geist entwickeln und daher nicht darauf beharren, Mensch zu bleiben. Ja, Experimente, die in dieser Richtung gemacht wurden, um den zentralen Unterschied zwischen Tier und Mensch zu ergründen zeigten, daß sich die aus niederen Tieren zu Menschen verwandelten Versuchswesen mit ihrem Dasein nicht anfreunden konnten. Madame Unittamo hat dies in ihrer leider sehr verspielten Art als inverses Froschkönigssyndrom bezeichnet. Die Muggelstämmigen unter Ihnen haben wohl dieses deutsche Märchen vorgelesen bekommen, demnach ein Prinz sich den Unmut einer bösen Hexe zuzog und von dieser zum Frosch verwandelt wurde. Er konnte sein Dasein nur beenden, wenn es ihm gelang, eine Frau, in diesem Falle eine Prinzessin, dazu zu bewegen, ihn wie einen geliebten Partner zu behandeln und zu küssen. Madame Unittamo meint also, daß ein Frosch, der zum Prinzen "Verwunschen" wurde, liebendgerne wieder ein Frosch werden will, weil ihm diese Natur eben am vertrautesten ist. Falls Sie auf die Sache mit den Quintapeds anspielen, bei denen Zauberer zu gefährlichen Monstern verwunschen wurden, so haben wir hier einen Sonderfall, weil die betroffenen Zauberer bereits sehr gewalttätig und größenwahnsinnig waren. Ihnen kam die Verwandlung also sehr zu Pass, und sie wollten nicht, daß man sie wieder rückgängig machte. Ich hoffe, ich habe damit alle aufgekommenen Fragen der Vivo-ad-Vivo-Verwandlungsmoral beantwortet. Falls nicht, findet sich bestimmt im Laufe dieses Schuljahres eine weitere Gelegenheit, das Thema zu diskutieren. In dem Zusammenhang erinnere ich Sie gerne an unsere kurze Diskussion zu den Animagus-Gesetzen, die wir im vergangenen Schuljahr führten. Ich gehe davon aus, daß diese Diskussion den meisten von Ihnen noch in guter Erinnerung verblieben ist." Alle nickten. "Gut. Dann werden wir jetzt mit den grundlegenden Sprüchen der Vivo-ad-Vivo-Verwandlung fortfahren", sagte Professor McGonagall mit strenger Stimme und schrieb Zauberformeln und Zauberstabbewegungstechniken an die Tafel.

Als die Stunde vorbei war gingen die Viertklässler aus Ravenclaw in einen der Parks auf dem Schloßgelände. Aurora unterhielt sich mit Dina, Petula und Roy über die Hausaufgaben für Professor Sprout, die wissen wollte, wo Bubo-Tubler vorkamen, wie man sie kultivieren mußte und in welcher Zusammensetzung der von diesen Pflanzen gewinnbare Saft, der Eiter, mit Wasser und anderen Flüssigkeiten gemischt werden mußte, um eine wirksame Aknekur zu ergeben. Mortimer unterhielt sich mit seinen drei Schwestern, die im Park Pyro-Pingpong spielten, ein kniffliges Spiel, bei dem man kleine Feuerbälle aus dem Zauberstab schießen und sich von Mitspielern zurückschlagen lassen mußte. Bruster Wiffle strolchte einmal an Auroras kleiner Gruppe vorbei, jedoch ohne ein Wort zu sagen.

"Hast du eine Ahnung, was mit Bruster los ist?" flüsterte Aurora Roy zu, als Bruster weit genug fort war.

"Nicht die Bohne", meinte Roy. "Seit Weihnachten letztes Jahr ist der richtig geheimnisvoll geworden. Das macht der sogar so gut, daß er sich nicht einmal verfolgen läßt. Ich habe das mal probiert. Doch als er um eine Ecke bog, und ich ihm nach bin, bin ich in irgendwas klebrigem hängen geblieben. Das hat gerade solange gehalten, bis Bruster zu weit weg war, um zu sehen, wo er hinwollte. Mir schwant, der hat irgendwas und will nicht, daß jeder das mitkriegt. Als ich ihn mal offen danach gefragt habe meinte er nur, er sei es nun leid, daß halb Hogwarts wisse, was er so mache und er halt gelernt habe, sich vor zu viel Neugier zu schützen."

"Das macht doch erst recht neugierig", meinte Aurora.

"Eigentlich schon, Aurora. Aber wenn ich ihn wieder und wieder fragte, gab er mir immer diese Antwort. Ja, und verfolgen konnte ich ihn nicht. Was immer der macht, wer länger als fünf Sekunden hinter ihm herläuft, ohne daß er das will, bleibt irgendwo am Boden hängen, bis er ganz weg ist. Kann mich nicht entsinnen, daß Bitterling oder Balder uns sowas beigebracht haben."

"Ich auch nicht", sagte Aurora Dawn. "Hast du ihn mal gefragt? Weil sowas macht doch echt neugierig."

"Damit er weiß, daß ich ihm mal hinterhergelaufen bin? Wäre ich ja schön blöd", meinte Roy.

"Hast recht. Wenn der meint ... solange er nichts böses tut", sagte Dina.

"Das glaube ich echt nicht", meinte Roy. "Für wen sollte das denn sein? Für Lord Du-weißt-schon-wen?"

"Mach keine blöden Witze darüber", knurrte Dina. Aurora meinte dazu nur:

"Das glaube ich auch nicht. Irgendwie ist ihm hier wohl zu viel Stress, und alle meinen, über jeden anderen was wissen zu müssen. Wir sind ja da nicht besser drauf."

"Warum fragst du dann so'n Unsinn, wenn du dich sowieso dafür schämst?" Knurrte Roy. Dina meinte dazu nur, daß man sich wohl mal fragen dürfe, was mit den Schulkameraden so los sei.

Weil sie darauf keine Antworten mehr fanden kehrten die drei Viertklässler wieder zu den Hausaufgaben zurück, bis sie alles besprochen hatten, was für Sprout wichtig sein mochte. Sie kehrten ins Schloß zurück, wo sie zu Abend aßen und ihre Freizeit im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws zubrachten, bis sie müde genug waren, den Tag zu beenden.

__________

Die nächsten Tage waren dafür, daß das Schuljahr gerade erst angefangen hatte ziemlich heftig. Professor Bitterling ließ die Schüler einen komplizierten Trank brauen, der einen ganzen Tag lang keinen Hunger aufkommen ließ, ohne dem Körper zu wenig Nahrung zukommen zu lassen. Außer Aurora und Dina schaffte diesen Trank keiner aus Ravenclaw oder Hufflepuff. Nur Melinda Bunton bekam einen einigermaßen brauchbaren Trank hin, wenngleich die Wirkung wohl nur eine Stunde vorhalten würde und man danach aufpassen mußte, nicht alles essbare im Umkreis hinunterzuschlingen, wie sich Professor Bitterling ausdrückte.

Bei Balder, der Verteidigung gegen die dunklen Künste lehrte, wurde die erste Stunde zu einem heftigen Wiederholungsakt aller mittelschweren Flüche, die sie im letzten Jahr zu kontern gelernt hatten. Das beförderte Dina und Roy in den Krankenflügel. Bruster hielt sich zusammen mit Aurora und Miriam sehr wacker und konnte sämtliche Flüche parieren. Das erstaunte Balder. Er fragte ihn:

"Hast du in den Ferien nur Flüche abzuwehren geübt oder hattest du auch was nichtschulisches zu tun?"

"Nachdem dieser irre Hexer meine Eltern versucht hat umzunieten, Sir, denke ich, daß ich mich so heftig wie's geht wehren können soll", antwortete Bruster Wiffle darauf. Sein Cousin Mortimer, der mit wild herumschlänkernden Armen hin und herwankte konnte Bruster nur neidvoll anblicken. Sprechen konnte er nicht, weil der Fluch Balders jede kontrollierte Regung vereitelte.

"Auf jeden Fall bekommen Ms. Dawn und Mr. Wiffle für ihre Standhaftigkeit und Reaktionsschnelle je zehn Punkte für Ravenclaw mit auf den Weg", sagte Professor Balder und schickte seine Schüler, sofern sie noch eigenständig laufen konnten, hinaus.

In Muggelkunde eröffnete Professor Goldbridge seinen Schülern, daß sie in diesem Jahr mehr über die vielfältigen Maschinen der Muggel und vor allem die Verkehrsmittel lernen würden. Zu Beginn der Stunde ließ er ein kleines Modellflugzeug durch den Raum fliegen, dessen Propeller durch einen eingearbeiteten Permarevolvus-Zauber in Schwung gehalten wurde und von Goldbridge durch ihm bekannte Fernlenkzauber und Kraftregulierzauber der Maschine ihre Flugfähigkeit verlieh.

"Was ich jetzt mit Magie vollbringe, alle zusammen, müssen die Angehörigen der nichtmagischen Welt durch komplizierte, ja teilweise gefährliche Mechanismen vollbringen, die noch dazu für die Natur schädliche Stoffe verbrauchen, um genug Kraft zu entfalten, um ein wahrhaftiges Fluggerät, einen Aeroplan oder auch ein Flugzeug, nach vorne und zum Flug zu treiben. Dieses und andere Magieersatzapparaturen werden Sie in diesem Jahr von mir erläutert bekommen und darüber auch eigene Aufsätze verfassen. Leider hat uns Direktor Dumbledore auch in diesem Jahr die Erlaubnis nicht erteilen können, einen Ausflug in das London der Nichtmagier zu machen, um die Gerätschaften und die dafür benötigten Vorrichtungen und Bauwerke durch eigenen Augenschein zu studieren. So bleibt mir eben nur die Vorführung im Modell und anhand von Zeichnungen und Bildern."

"Schade", meinte Roy dazu nur. "Immerhin könnte man da viel mehr erklären als durch die Bilder hier."

"Nun, einige Errungenschaften der nichtmagischen Welt haben wir ja übernehmen können, sofern sie weder elektrischen Strom noch jenen Kraftstoff benötigen, den sie Benzin oder Diesel nennen", sagte Balder und sprach vom Hogwarts-Express und dem fahrenden Ritter. Er erklärte auch, daß es in Institutionen wie Gringotts oder dem Zaubereiministerium Automobile gebe und daß zwischen den Kontinenten, sofern niemand fliegen wolle oder das kürzlich verbesserte Flohpulver-Netzwerkverbindungsnetz nutzen wolle, Schiffe führen, die zwar wie Segelschiffe aussähen, aber auch über einen eigenen magischen Antrieb verfügten. Dann erzählte er noch was über den magischen Rundfunk, welche Probleme es gab, ihn vor 40 Jahren einzuführen und daß man damit wie bei den Muggeln schnell und hautnah die neusten Nachrichten erfahren könne. Er führte zum Vergleich ein Zauberradio und ein uraltes Vakuumröhrenradio der Muggel vor, wobei vorführen hieß, daß er die Kästen öffnete und das Innenleben zeigte, was bei dem Zauberradio sieben Kristalle und ein silbernes Schwungrad mit magischen Symbolen war und beim Muggelradio eben eine Unzahl von Kabeln, Glasröhren und Spulen. Roy grinste darüber nur und meinte:

"Nichts für Ungut, Professor Goldbridge. Aber diese Dinger stehen bei uns entweder nur noch auf dem Dachboden oder im Museum. Mein Opa hat noch so'n klobigen Kasten, weil er meint, die Transistorradios seien zu empfindlich und nicht lange haltbar. Falls Sie es möchten, kann ich Ihnen und den anderen hier mal ein Transistorradio zeigen."

"Wie Sie meinen, Mr. Fielding", sagte der Professor, nachdem er erst merkwürdig dreingeschaut hatte. Dann straffte er sich zu einer erhabenen Haltung und verkündete: "Dann gehe ich davon aus, daß Sie, Mr. Fielding, uns bis in zwei Wochen einen zwei Pergamentrollen umfassenden Aufsatz über die Entwicklung der Rundfunkgeräte verfertigen und uns mit für die aus reinen Zaubererfamilien stammenden Mitschüler und natürlich auch für mich verständlichen Worten erklären können, wie dieses Ihrer Meinung nach veralterte Gerät funktioniert und worin Vor- und Nachteile neuerer Rundfunkapparate liegen."

Roy zuckte zwar die Achseln, nickte dann aber. Was hatte er auch anderes erwarten sollen?

Nach der Stunde verabschiedeten sie sich von ihren Mitschülern aus anderen Häusern. Eunice Armstrong wisperte Aurora zu:

"Bin mal gespannt, wie Roy das hinkriegt, ohne wie vor einem Kindergarten reden zu müssen."

Aurora grinste darüber nur. Da war sie auch gespannt drauf. Dann sah sie hinüber zu Loren, die sich von Roy verabschiedete und dabei schadenfroh grinste, um dann ihrer Wege zu gehen.

"Slytherins", knurrte Dina Murphy, als Roy zu ihr und Aurora herüberkam.

"Die hat nur gemeint, wenn ich schon den Streber raushängen lasse und Goldbridges altes Radio blödrede, hätte ich nichts anderes verdient als einen Sonderaufsatz. Na ja, den sitze ich auf einer Arschbacke ab", sagte Roy überzeugt. Dina funkelte ihn an und meinte, er solle doch nicht so derbe Ausdrücke benutzen. Doch Roy grinste darüber nur verächtlich.

So verging die erste Woche, in der sich alle fragten, ob sie vorher wirklich Ferien gehabt hatten. Denn allen war wieder nach Urlaub zu Mute, egal aus welcher Klasse oder welchem Schulhaus.

Weil es noch schön warm draußen war, verbrachten Schüler über der zweiten Klasse ihre Abendstunden oft noch draußen. In den Parks von Hogwarts konnten sich alle Schüler problemlos verteilen, wenn sie alleine spazierengehen oder an den aufgestellten Tischen bei Kerzenlicht ihre Hausaufgaben machen wollten. So saß Aurora Dawn zusammen mit Miriam und Petula über den Hausaufgaben für Kesselbrand, deer eine Abhandlung über die Harmonovons haben wollte, bevor er mit anderen Kreuzungen weitermachen wollte.

"Ist schon interessant, was Zaubertierzüchter so für merkwürdige Dinger hervorbringen", meinte Petula, als sie mit Aurora abgeklärt hatte wie es zu den rotpelzigen Musikeiern gekommen war.

"Ja, denke ich auch", bestätigte Aurora Dawn und sah einer Motte zu, die um die weißgelbe Kerzenflamme herumschwirrte. "Es ist schon aufregend, was so alles ..." Ihr blieb die Sprache weg. Ein langgezogenes, bedrohlich klingendes Geheul kam vom Rand des verbotenen Waldes her. Ein hohes Ahuuuuuu wie aus drei Kehlen.

"Was ist das? Ein Werwolf?" Fragte Miriam ängstlich.

"Bestimmt nicht", sagte Petula und wies zum Himmel, wo der Mond seine Bahn zog. Zur Zeit war er nicht voll zu sehen.

"Die werden nur bei Vollmond zu Wölfen", wußte Aurora. "Außerdem glaube ich nicht, daß die im verbotenen Wald so viele haben und ..."

"Ahuuuuuu!" Wieder klang ein dreistimmiger Klageruf, oder war es gar ein Ruf nach Rudelmitgliedern, durch den lauen Septemberabend.

"Also, unheimlich ist das schon", meinte Petula. "irgendwie klingt das jetzt näher als vorher." Dann klang kurzes Gebell wie von einem kleinen Hund durch die Nacht.

"Ach, nur ein Hund", meinte Miriam. "Vielleicht auch mehrere. Wunder mich nur, daß sie heulen, wo der Mond nicht voll ist."

"Klingt noch ziemlich klein", meinte Aurora. Dann klang das Gebell mehrstimmig herüber, gefolgt von einem Schreckensschrei eines Mädchens.

"Ach du meine Güte, was ist jetzt los?" Erschrak Petula.

"Wir sollten besser machen, daß wir reingehen", meinte Aurora, der die Sache nicht geheuer war.

"Ich will erst wissen, was das ist", sagte Petula und stand auf. Aurora löschte mit "Extingio!" Die Kerze, was keine Hundertstelsekunde dauerte. Sie entzündete das Zauberstablicht. Ihre Klassenkameradinnen taten es ihr gleich. Sie nahmen ihre Hausaufgaben und steckten sie fort. Die erloschene Kerze blieb auf dem Tisch zurück.

Sie schlichen leise durch den Park. Sie lauschten auf jedes Geräusch, was irgendwo erklang. Tatsächlich konnten sie Stimmen und wildes Knurren hören, weit entfernt, weil sie auf der dem verbotenen Wald abgewandten Seite des Schulgeländes waren. Konnte es angehen, daß etwas aus dem Wald gekommen war. Dann hörten sie wieder einen kurzen Aufschrei und eine wütende Stimme.

"Verschwinde, du Monster! Hau ab!"

"Das war Bernhard Hawkins", meinte Aurora Dawn.

"Ja, und das Mädchen ist seine Schwester Rebecca", meinte Petula. "Von was für einem Monster haben die's?"

"Hört sich nicht gerade harmlos an", meinte Miriam. Aurora, übermäßig neugierig, beschleunigte ihre Schritte und hielt schnurstracks auf den Ursprungsort der Stimmen und der tierhaften Knurrlaute zu. Miriam meinte, sie solle doch umkehren und lieber mit ihr und Petula ins Schloß zurückgehen. Doch Aurora wollte es wissen. Mit ausgestrecktem Zauberstab ihren Weg erleuchtend eilte sie aus dem Park hinüber zum großen Wiesenstück, an das der verbotene Wald grenzte, dessen Bäume wie die tiefschwarzen Schatten einer Armee von Riesen aufragten. Im Mondlicht silbriggrau glitzernd lag die große Wiese vor Aurora. Sie sah die Holzhütte, in der ihres Wissens nach der riesenhafte Hagrid, der Wildhüter von Hogwarts, seine Unterkunft hatte. Ein senkrechtes orangerotes Lichtrechteck verriet ihr, daß die Tür offenstehen mußte. Das Licht aus der Hütte bildete einen rötlich-grünen Hof vor der Hütte aus. Dann sah Aurora Bernhard und Rebecca Hawkins, die versuchten, etwas dunkles von der Größe eines Königspudels abzuschütteln. Dann verdunkelte sich das Lichtrechteck. Aurora sah den mächtigen Schatten eines riesenhaften Mannes, der gerade in gebückter Haltung durch die Tür herausschlüpfte, bevor das Licht von drinnen wieder ungehindert nach außen fluten konnte.

"Nehmen Sie dieses Biest hier von uns weg!" Schrillte Rebecca und hieb nach dem Etwas, das laut knurrend hinter ihr herlief und sie wohl am Umhang festhielt. Dann sah Aurora deutlicher, was es war.

"Das ist ja ein Dreikopfhund", fiel es ihr ein. Tatsächlich hatte ein Tier mit in der Nacht schwarzem Fell die Hawkins-Zwillinge mit zwei Mäulern am Umhangsaum zu fassen bekommen und zerrte daran. Ein drittes Maul schnappte immer wieder nach den Händen, die das ganze Tier zu treffen versuchten.

"Der tut doch nichts. Der will nur spielen!" Rief Hagrid, der nun in seiner vollen Größe von zwei erwachsenen Männern und fünffacher Breite vor seiner Hütte stand und keine Anstalten machte, einzugreifen. Aurora lief auf die Hawkinsgeschwister zu und sah in die bernsteingelben Augen des Tieres, in denen etwas wie Gier aber auch Spieltrieb aufleuchtete.

"Mann, Kerl, schaff uns dieses Monster weg, oder wir brennen ihm eins über!" Fluchte Bernhard und versuchte, nach seinem Zauberstab zu langen.

"Öii, nicht so!" Brüllte Hagrid. "Fluffy ist sehr leicht böse, wenn man ihm weh tut."

"Ach neh", meinte Rebecca. Sie fischte nun auch nach ihrem Zauberstab. Da griff sie das dritte Maul beim rechten Arm und hielt ihn fest, wobei das merkwürdige Tier mit hoher Stimme knurrte.

"Jetzt reicht's", fauchte Bernhard und griff nach seinem Zauberstab. Da ließ ihn das eine Maul los, das seinen Umhang gehalten hatte und schnappte ansatzlos seinen Zauberstabarm.

"Das glaube ich wohl nicht", fluchte Bernhard und holte mit einem Fuß aus, um dem Tier eine zu treten.

"Sirennitus!" Rief Aurora Dawn. Aus ihrem Zauberstab entfuhr ein schmerzhafter Pfeifton, der jedem, den er direkt traf, das Gehör beeinträchtigen konnte. Sie richtete den Stab kurz auf den dunklen Dreikopfhund, der mit einem dreistimmigen Jaulen von seinen beiden Opfern abließ und wie ein Blitz davonrannte.

"Hau, war das fies", maulte Rebecca. "Gut, daß Aurora nicht auf unsere Köpfe gezielt hat." In der Ferne klang das leise Gebell des Hundes.

"Mädchen, das war jetzt sehr böse von dir", knurrte Hagrid. "Das hat dem Kleinen jetzt sehr weh getan und ganz bestimmt auch Angst gemacht."

"Der Kleine?!" Rief Bernhard zurück und besah sich seinen Arm. Offenbar hatte das dreiköpfige Tier ihn heftiger gepackt als vertretbar war. "Das Biest hat mir richtig in den Arm gebissen."

"Der ist doch noch ein Welpe", entgegnete Hagrid. "Der will doch nur spielen."

"Mit meinem Arm!" Blaffte Bernhard. Auch Rebecca begutachtete ihren Arm, während Aurora herankam und Hagrid ansah.

"Dürfen Sie so ein Tier überhaupt halten?" Fragte sie aufgeregt. "Die werden doch elefantengroß."

"Wie? Das Biest wird noch größer?" Zeterte Rebecca.

"Geht dich das was an, Mädchen?!" Donnerte Hagrid mit gerade so im Zaum gehaltener Wut.

"Denke ich schon, wenn Sie so'n Vieh hier abends frei herumlaufen lassen", versetzte Aurora trotzig. Ihr war es egal, wie klein sie im Vergleich zu Hagrid war, der ihr mit einer Hand um den Kopf fassen konnte oder sie mit einem Schlag bis zum Schloß zurückfeuern könnte oder was auch immer. Sie ärgerte sich über diesen Koloss, daß der ein ausgewiesenes Ungeheuer hier frei herumlaufen ließ.

"Wie soll er denn sonst lernen, stubenrein zu werden und was er essen darf und was nicht?" Polterte Hagrid. Bernhard stand nun vor ihm und zeigte ihm seinen angebissenen Arm. Blut tränkte den Ärmel, der halbmondförmig eingeschnitten worden war.

"Das ist kein Spielhund, Sie überaufgeblasener Volltrottel. Der wollte Becky und mir die Arme abbeißen, nur weil wir ihm unsere Sandwiches nicht lassen wollten. Erst gehe ich zur Pomfrey und dann zu McGonagall, Vielleicht auch zu Dumbledore. Das Vieh kommt hier weg, Sie Walross.!""

"Hey, hey nur nicht frech werden", schnaubte Hagrid und baute sich bedrohlich vor Bernhard auf. Aurora sah einen Schatten aus der Ferne heranfliegen und erkannte den Hund wieder, der in einer art unbeholfenem Galopp zurückkehrte.

"Berny hat recht, Sie Ungetüm. Ich gehe sofort los und kläre das auch", sagte Rebecca und lief aus dem Stand davon, um dem Riesen keine Gelegenheit zu bieten, sie zu packen. Damit lockte sie jedoch das dreiköpfige Hundetier hinter sich her, dessen Jagd- und Spieltrieb erwacht waren.

"Rufen Sie Ihr Kuscheltier zurück, bevor ich ihm was schlimmeres antun muß!" Drohte Aurora Dawn und zielte mit ihrem Zauberstab auf den hinter Becky Hawkins herjagenden Hund her.

"Fluffy, bei Fuß!" Rief Hagrid mit einer Ohren zerfetzenden Lautstärke. Aurora fühlte jeden Laut seines Rufes im Bauch nachschwingen. Doch der Hund war gerade in Reichweite an Rebecca heran.

"Stupor!" Rief Aurora. Diesen Zauber hatte sie im Duelltraining im letzten Jahr eingeübt. Ein scharlachroter Blitz fegte aus ihrem Zauberstab und traf das Hinterteil des Hundes. Dieser sprang nach oben wie von einem Trampolin gefedert und fiel voll auf die getroffene Körperstelle. Rebecca lief jetzt noch schneller weiter. Fluffy Versuchte, sich aufzurichten. Eigentlich hätte der Hund jetzt betäubt am Boden liegen müssen, wunderte sich Aurora. Doch der Hund war nicht betäubt. Er stemmte sich sehr mühsam auf alle vier Pfoten und drehte sich um. Dann wankte er wie betrunken zurück. Seine Hinterläufe knickten dabei immer wieder ein, und er landete einmal platt auf den zwei äußeren Nasen. Doch irgendwie schaffte es Fluffy, wieder auf die Beine zu kommen und seinen Weg zu seinem Herren zu finden.

"War das nötig?" Wollte Hagrid wissen, als sein magischer Hund es endlich schaffte, ohne einzuknicken zu laufen. Langsam fiel wohl die Unbeholfenheit von ihm ab. Doch behutsam tapste das dunkelfellige Geschöpf auf seinen großen Herren zu.

"Ich kuck mir das nicht an, wenn dieses Vieh wen anfällt", sagte Aurora sichtlich erzürnt. Bernhard sah sie dankbar an. Immerhin hatte sie den Hund davon abgebracht, seine Schwester wieder zu packen. Hagrid, der offenbar nicht wußte, was er jetzt machen sollte, weil die Sorge um sein Spieltier und die Wut auf die Viertklässler miteinander kämpften, stand neben Fluffy und ließ seine mülleimerdeckelgroßen Hände über das struppige Fell gleiten, als müsse er versäumte Streicheleinheiten nachholen. Fluffy winselte mit allen drei Köpfen. Dann beruhigte er sich wohl und begann, erst steif, dann immer munterer mit dem Schwanz zu wedeln, der auf Aurora den Eindruck eines Endproduktes aus Tannenzapfen und Haarbürste machte. Sie flüsterte Bernhard zu:

"Komm, wir gehen zu Madame Pomfrey. Dein Arm muß unbedingt behandelt werden."

"Klar!" Knurrte Bernhard und eilte mit Aurora fort, ohne Hagrid ein weiteres Wort zu gönnen.

"Echt unheimlich, daß der Schocker nicht voll gewirkt hat", sagte Aurora, während sie mit Bernhard zum Schloß hinauflief. Vor dem Eingang warteten Petula und Miriam, die Aurora besorgt ansahen und dann erleichtert nickten.

"Wir dachten schon, was immer es ist hätte dich zerrupft", meinte Miriam zu Aurora.

"Dieser Hagrid ist wohl total blöd oder bekloppt, Miriam. Der hat sich einen jungen Hadesianerhund zugelegt. Der hat die Hawkins-Geschwister fast zerfleddert."

"Echt?" Fragte Petula. Dann sah sie Bernhards Arm. "Oh, glaube ich dir. Rebecca Hawkins ist hier vor einer Minute vorbeigerannt als wäre ein mordsgefährliches Monster hinter ihr her. Sie hat uns nicht einmal gesehen."

"Ich hoffe, die ist bei der Pomfrey. Der hat dieses Biest auch in den Arm gebissen. "Der will doch nur spielen", hat dieser aufgequollene Kerl gesagt. Nur spielen! Nicht dieser Köter", entgegnete Bernhard sichtlich verärgert.

"Ich geh mit ihm zu Madame Pomfrey, Petula und Miriam", sagte Aurora entschlossen. Die beiden sagten jedoch, daß sie mitkommen wollten. Sie wollten wissen, was genau passiert sei. So begaben sich die drei Ravenclaw-Mädchen und der Gryffindor-Junge auf den Weg zum Krankenflügel. Unterwegs lief ihnen Tonya Rattler mit dem klapperdürren Samiel Sharkey über den Weg. Die eher quadratisch wirkende Slytherin-Viertklässlerin besah sich den Tross und meinte mit hämischem Grinsen:

"Ach, hat sich der kleine Berny was getan, daß ihn gleich drei Hilfskrankenschwestern zu Tante Poppy bringen müssen. Oh, dein Arm ist ja angeknabbert worden. War's 'n Werwolf? Dann müssen wir uns vor dir in Acht nehmen."

"Kein Problem, wenn ich dir gleich in deinen Bauch beiße hast du's hinter dir", fauchte Bernhard Hawkins, der merkte, daß sein Arm immer heftiger schmerzte.

"Tu es nicht, Bernhard. Du bekämst den schlechten Geschmack nicht mehr aus dem Mund", gab Aurora Gehässig zur Antwort.

"Du fängst dir gleich eine ein, Dawn, wenn du unbedingt Prügel haben willst", zischte Tonya. Samiel ließ seine Muskeln spielen, zumindest das, was bei gutgenährten Männern Muskeln hätten sein müssen.

"Wo sie recht hat, Rattler", meinte Miriam. "Dich würde bestimmt kein Werwolf beißen. Selbst die wissen, was genießbar ist und was nicht."

"Ach, die auch noch. Wieder 'ne große Fresse, nachdem deine Familie bald von ihm plattgemacht worden wäre", tönte Tonya. Doch Petula meinte:

"Das du noch lebend rumläufst liegt doch nur daran, daß die Drachen dich auch nicht fressen wollten, nicht mal gut durchgebraten." Dann ging sie einfach an Tonya vorbei, die ansetzte, Petula zu packen. Doch Aurora und Miriam hielten ihre Zauberstäbe hoch. Darauf wollte sich die klobige Viertklässlerin nicht einlassen und schob mit Sharkey ab.

Danach war der Weg zum Krankenflügel frei. Als sie dort ankamen, hörten sie schon, daß Rebecca Hawkins außer Atem erzählte, was ihr passiert war. Als sie eintraten sah Aurora die Schulkrankenschwester, die Beckys Arm begutachtete und besorgt die Fleischwunde besah, die der dreiköpfige Hund verursacht hatte.

"Oha, das sieht nicht schön aus, Becky. Hat dieses Tier dich sonst noch wo gebissen?"

"Es hat mir fast den Umhang zerfleddert", sagte Becky Hawkins und zeigte ihren bereits sichtlich ramponierten Umhangsaum vor.

"Gut, dann behandele ich deinen Arm. Ach, dein Bruder ist auch schon hier", sagte Madame Pomfrey. Sie bedeutete den beiden Geschwistern, in ihren Behandlungsraum zu kommen und ließ die Ravenclaw-Mädchen im Wartezimmer Platz nehmen. Sie hörten zu, wie Bernhard und Rebecca erzählten, was passiert war.

"Also, wir wollten noch gemütlich spazierengehen und noch ein paar Hühnchensandwiches essen, die unsere Eltern uns geschickt haben. Da hörten wir dieses Heulen", sagte Bernhard. "Wir dachten an Werwölfe, die es ja im verbotenen Wald geben soll. Aber dieses Geheul kam eher von der Hütte, wo dieser Hagrid haust. Dann kläffte ein Hund oder mehrere. Zumindest glaubten wir das zuerst. Dann kam dieser dreiköpfige Köter angesprungen, schnüffelte an uns und fing dann an, an unseren Umhängen herumzuzerren. Wir liefen weg. Doch das Biest ließ uns nicht los. Ich habe versucht, ihm eins auf eine Nase zu geben. Doch dabei hätte mich fast eins von seinen Mäulern in die Hand gekriegt. Als wir dann noch bei dieser Hütte ankamen, kam dieser Hagrid raus und hat nur blöd gemeint, daß dieses Vieh nur spielen will. Als Becky und ich dann versucht haben, das Vieh mit einem zauber zu verjagen, hat es uns noch in die Arme gebissen. Als wenn es gewußt hat, was wir mit den Zauberstäben machen wollen."

"Wahrscheinlich wollte der Hund eure Sandwichees fressen. Hadesianerhunde sind sehr vernarrt in Geflügel", sagte Madame Pomfrey. Besonders die Welpen sind ausgesprochene Hühnerdiebe. - Aber das gehört jetzt nicht hier her. Wie seid ihr denn dann von diesem Tier fortgekommen? Deine Schwester meinte, jemand hätte einen Pfeifton gezaubert."

"Ja, stimmt. Aurora Dawn hat den Wichtelschreckzauber benutzt, den Ohrenpieper. Das hat diesen Köter ganz flott verjagt", erwiderte Bernhard Hawkins begeistert.

"Dann werde ich gleich noch eure Ohren untersuchen, ob die gelitten haben", sagte Madame Pomfrey.

Die Schulkrankenschwester rief irgendwie nach Professor McGonagall. Diese antwortete wie aus einem Brunnenschacht. Eine Minute später trat sie in ihrem smaragdgrünen Umhang in das Wartezimmer ein. Sie bedachte die drei Mädchen mit einer einfachen Grußgeste, nahm den respektvollen Gegengruß entgegen und ging in das Behandlungszimmer. Madame Pomfrey steckte ihren Kopf heraus und bat Aurora Dawn, zu ihnen hinüberzukommen. Petula und Miriam sollten warten oder in ihr Haus zurückgehen. Sie warteten.

"Im Behandlungszimmer konnte Aurora sehen, daß Bernhards und Rebeccas Verletzungen bereits behandelt waren. Es war wohl nicht nötig, sie zu bandagieren. Madame Pomfrey hatte sie wohl vollständig heilen können. Aurora durfte, nein, sollte nun berichten, wie sie die Angelegenheit miterlebt hatte. Schließlich wurde sie gefragt, woher sie diesen Hund kannte.

"Also, im zweiten Schuljahr, da ist mein Onkel Dustin von Leuten von Sie-wissen-schon-wen umgebracht worden", erzählte Aurora mit einer gewissen Wehmut in der Stimme. Doch dann fuhr sie gefaßt sprechend fort: "Meine Familie und ich sind dann in dieses Zufluchtshotel gezogen, wo wir einige Tage gewohnt haben. Dieses Hotel wurde unter anderem von diesen übergroßen Hunden bewacht, die keinen hereinließen, der keine Erlaubnis hatte. Später habe ich von meinen Eltern gehört, daß man diese Tiere Hadesianerhunde nennt, warum auch immer. Ich habe den Hund von Hagrid nur als solchen erkannt, weil der drei Köpfe und diesen geschuppten Bürstenschwanz hat."

"Also stimmt es doch, daß Hagrid einen Welpen angeschafft hat", fauchte Professor McGonagall wie eine gereizte Katze. "Ich ging davon aus, Professor Dumbledore mache einen seiner üblichen Scherze, als er mir das erzählt hat. Offenbar stimmt es doch."

"Wie alt ist denn dieses Vieh, wenn die ausgewachsenen so groß wie'n Elefant werden?" Wollte Bernhard wissen.

"Kann ich nicht sagen", meinte Aurora.

"Die Welpen werden so groß wie Mittelschnauzer geboren. Eine Hadesianerhündin kann bis zu zehn Welpen werfen, die sie auf der Seite liegend säugen kann, dies über einen Zeitraum von vier Monaten. Wenn die Welpen dann die Größe von Riesenschnauzern oder Königspudeln haben, lernen sie, selbständig zu jagen. Die Mutter duldet sie jedoch nur noch einen Monat, bevor sie sie davonjagt. Manchmal sterben die Welpen dabei. Deshalb sind von einem Wurf meistens nur noch zwei Junge übrig, die eigenständig weiterwachsen", erläuterte Madame Pomfrey. "Sie ernähren sich dann von Vögeln und Nagetieren, je älter und größer sie sind von mehreren pro Tag oder Stunde. Mit fünf Jahren werden sie fruchtbar, mit zehn Jahren sind sie ausgewachsen. Sie leben dann noch vierzig Jahre, sofern sie nicht durch ihresgleichen oder noch gefährlichere Tiere wie Drachen oder Acromantulas getötet werden. Denn sonst haben diese Tiere keine natürlichen Feinde mehr."

"Wie, das Vieh wächst noch zehn Jahre lang, bis es so groß ist wie ein Elefant?" Erschrak Becky Hawkins.

"So ist es", fauchte Professor McGonagall.

"Und woher kommt der Name?" Wollte Aurora wissen, die Madame Pomfrey sehr interessiert zugehört hatte.

"Von einem griechischen Zauberer namens Hadesion Minos. Das war ein nicht gerade gut beleumundeter Zauberer, der keine Achtung vor dem Leben hatte und für seinen Muggelkönig gefährliche Monster gezüchtet hat, darunter den Urminotaurus, von dem auch die Muggel was gehört haben. Seine Versuche mit Hirtenhunden führten zu einer neuen Rasse, die drei Köpfe besitzt und mehr Kraft und Ausdauer als die üblichen Hunde aufweist. Allerdings wuchs jede Generation auf das Doppelte der Elterngeneration an, bis die heute noch geläufige Endform erreicht wurde. Sie gelten in Griechenland als beliebte Wächter, wie auch Sphinxen und Greife. Allerdings werden sie auf der Skala für die Einteilung magischer Tierwesen auf Stufe XXXX geführt, weil sie nur von ausgebildeten Zauberern gebändigt werden können. Eigentlich sind sie nur auf ministerielle Übereinkunft ins Ausland ausführbar. Aber es soll skrupellose Händler geben, die heimlich Welpen beschaffen und an tollkühne Zeitgenossen verkaufen, die meinen, mit einem derartigen Tier umgehen zu können."

Diese Information genügte Aurora Dawn. Ja, nun wußte sie auch, wie die Jungen dieser gefährlichen Bestien aussahen. Doch das eigentliche Problem bestand ja noch. Was sollte mit Fluffy passieren?

"Sie sagen also, dieser Hund sei zur Zeit so groß wie ein Königspudel?" Fragte Professor McGonagall Aurora Dawn.

"Könnte auch schon die Größe eines Labradors sein, Professor. So genau kenne ich mich mit Hunden nicht aus", erwiderte Aurora.

"Das bedeutet, daß das Tier dann wohl schon älter als fünf Monate ist. Es muß unbedingt geklärt werden, wo Hagrid es herhat und was er damit vorhat", sagte Professor McGonagall. Madame Pomfrey erwiderte:

"Das ist völlig unwichtig. Wenn ein solches Tier auf dem Gelände von Hogwarts herumläuft, muß es entweder im verbotenen Wald ausgesetzt werden, wo es hoffentlich bleibt, gefangengehalten werden oder schlicht weg vom Gelände heruntergeschafft werden. Es kann jetzt schon gut zubeißen, selbst im Spiel. Irgendwann wird es nicht mehr wissen, wie stark es uns gegenüber ist oder diese Erfahrung ausnutzen und sich nicht mehr kontrollieren lassen. Ich möchte mit Professor Dumbledore darüber sprechen."

"Das werden wir beide zusammen mit Hagrid tun", sagte Professor McGonagall. Dann sah sie die Schüler an und meinte: "Am besten gehen Sie nun in Ihre Häuser zurück. Ich möchte sie vorerst bitten, Ihren Mitschülern nicht von diesem Vorkommnis zu berichten. Nachher bricht noch eine Panik aus."

"Gilt das auch für Tonya Raattler?" Fragte Bernhard Hawkins. "Die hat uns nämlich auf dem Weg hierher dumme Fragen gestellt."

"Oh, dann sollte sich Professor Dumbledore morgen entschieden haben, wie mit dem Hund zu verfahren ist", knurrte Professor McGonagall. Aurora nickte ihr zu und verließ mit ihren Klassenkameraden den Krankenflügel.

Im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws erzählten sich die Drittklässler, was passiert war. Mortimer meinte, er habe das Heulen gehört aber nicht gewußt, daß es von Hagrids Hütte herkam. Dina fragte, wie gefährlich so ein Hund sei. Aurora erwiderte darauf nur, daß er für Menschen, die er nicht als Herren akzeptiere tödlich sei. Roy meinte dazu nur:

"Wenn so'n Köter hier frei rumläuft und immer größer wird werde ich nach Weihnachten nicht mehr zurückkommen, Leute. Denkt ihr, ich hätte Lust, mich von so einem Vieh fressen zu lassen?"

"Wußte nicht, daß du so'n Angsthase bist", stichelte Bruster Wiffle. "Aurora hat dieses Biest mit dem Schocker und dem Ohrenpieper gut auf Abstand gehalten. Dann können wir uns das Monster auch gut vom Leib halten."

"Ja, aber der Schockzauber hat nicht richtig gewirkt", sagte Aurora. Bruster lachte.

"Du hast im letzten Jahr zwei ältere Schüler damit umgehauen, Aurora. Vielleicht hast du das Vieh nur nicht richtig getroffen."

"Ich habe ihm den Schocker voll in den Hintern gejagt", knurrte Aurora. "Der hätte umfallen und liegenbleiben müssen."

"Hmm, vielleicht hat es nicht gewirkt, weil das Biest drei Schädel hat. Wahrscheinlich haut der Schocker nur einköpfige Wesen um", vermutete Bruster. Mortimer grübelte und meinte dann:

"Zum Teil hast du recht, Bruster. Dieses Tierwesen kann jetzt schon das dreifache wegstecken was einen gewöhnlichen Hund umschmeißt oder unsereinen aus den Latschen haut. Aber stell dir mal vor, der Hadesianerhund wird zehnmal so groß wie er jetzt ist. Dann kann der nur noch wie ein Drache mit acht Schockern zugleich umgelegt werden. Deshalb werden diese Biester wohl auch als Wachhunde gehalten, weil man die nicht so einfach austricksen kann."

"Na toll", knurrte Roy. "Da sagst du manchesteraner Maulheld noch, ich sei ein Angsthase. Ich denke eben nur weiter als bis zum nächsten Heimspiel."

"Ach, an was denn dann, an den UEFA-Pokal?"

"Nur kein Neid, weil wir den wohl auch noch kriegen", meinte Roy. Aurora und Dina hörten demonstrativ weg. Fußball - und worum sollte es den beiden Streithanseln gerade mal wieder sonst gehen? - war für Aurora ein langweiliges Spiel, um das sie sich bestimmt nicht zanken würde. Sie stellte fest, daß es schon ziemlich spät war und verabschiedete sich zur Nacht. Dina, Petula und Miriam folgten ihr in den Trakt für Mädchen und in den Schlafsaal, wo sie sich hinlegten und bald einschliefen.

__________

Am nächsten Morgen war es durch die halbe Schule, daß Hagrid wohl eine dreiköpfige Bestie angeschafft hatte. Außer den Hufflepuffs hatten es alle Säle mitbekommen, was den Hawkins-Geschwistern passiert war, wenngleich Fluffy nach einigen umherfliegenden Gerüchten bereits so groß wie ein Pony war und seine Zähne ein tödliches Gift enthielten, sodaß Bernhard fast den rechten Arm verloren hätte. Aurora schmunzelte. Offenbar brauchten Jungs das, daß sie als Helden aus gefährlichen Sachen herausgekommen waren. Vom Slytherin-Tisch klang einmal blödes Gebell herüber, als die Hawkins-Geschwister sich hinsetzten. Samiel Sharkey rief mit künstlich angerauhter Stimme:

"Oh, ich bin der böse Monsterhund und fresse euch auf."

"Na klar", grunzte Roy. "So wie der aussieht hat der auch lange nix mehr zwischen die Knabberleisten bekommen."

"Die sind auch sowas von doof", meckerte Dina Murphy.

Nach einigen Minuten erhob sich Professor Dumbledore von seinem vergoldeten Lehnstuhl am Lehrertisch und baute sich in seiner ganzen erhabenen Größe vor der Schülerschaft auf.

"Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler. Ich weiß, Sie alle machen sich nun Sorgen, weil es gestern abend zu einem unliebsamen Zwischenfall auf unserem Schulgelände kam. Dabei wurden zwei Schüler aus Gryffindor von einem exotischen Zaubertier bedrängt und bei ihrer Gegenwehr verletzt. Ich habe mich gestern abend noch von Professor McGonagall und Schulkrankenschwester Madame Pomfrey unterrichten lassen und bin in den späten Abendstunden noch zu unserem Wildhüter geeilt, um die Sache mit ihm zu regeln. Das Tier, das im Moment noch ein Jungtier im Wachstum ist, wird nicht mehr ohne direkte Aufsicht von Wildhüter Hagrid auf dem Gelände herumlaufen und bei Erreichen einer Schulterhöhe von über einem Meter in einem besonderen, für seine Bedürfnisse und Kräfte mehr als ausreichend vorbereitetem Gebäude untergebracht. Wildhüter Hagrid sicherte mir zu, daß ihm nichts daran liege, daß Sie und ihr hier durch unbedachte Reaktionen von diesem Tier verletzt werdet. Allerdings, so erzählte er mir auch, habe er dieses Tierwesen deshalb erworben, um sicherzustellen, daß keine unliebsamen Kreaturen aus dem verbotenen Wald herauskommen oder die wichtigsten Geheimnisse unserer Schule von unbefugten Zauberern und Hexen gestohlen werden können. Ein Wachhund sei schon angebracht. Ich hielt ihm entgegen, daß ein Wachhund, der die zu schützenden Personen auch nur im Spiel verletzt hier nichts zu suchen hat. Allerdings habe ich höchstpersönlich, zusammen mit Professor Kesselbrand, eine Unterbringung für dieses Geschöpf ausgearbeitet. Es wird also niemanden mehr behelligen."

"Ach ja?" Wagte es Samiel Sharkey, was dagegenzusagen.

"Nun, Samiel. Ich denke, die Schulräte von Hogwarts werden mir im großen und ganzen zustimmen, wenn meine Eulenpost, die ich heute morgen an sie abschickte, bei ihnen eintrifft. Glaubt mir alle, daß ich ebenfalls nicht will, daß euch hier irgendwas zustößt. Ihr seid des Lernens wegen hier und nicht um Angst vor gefährlichen Kreaturen haben zu müssen", erwiderte Dumbledore völlig gefaßt, während Professor McGonagall Sharkey durch ihre quadratischen Brillengläser anfunkelte.

"Das glaube ich ihm glatt", meinte Roy. Als Dumbledore noch einmal beteuerte, daß das Tier nicht mehr ohne Halt auf dem Schloßgelände herumstromern würde, ebbte das Raunen der Schüler einstweilen ab.

"Mein Daddy sagt, wenn es einen Gefahrenherd gibt, soll man ihn beseitigen und nicht so tun, als könnte man gut damit auskommen", sagte Roy. Miriam meinte dazu nur:

"Ach, sagt er sowas. Dann müßte er dich doch als mögliche Gefahr für seinen guten Ruf längst aus dem Weg geschafft haben."

"Eh, Miriam, muß das denn jetzt sein", zischte Aurora Dawn. Roy meinte dazu nur:

"Hätte mich jetzt auch sehr gewundert, wenn du nicht so'n Spruch bringst, Miriam. Du hältst dich wohl für besonders cool, was?"

"Wieso, nach Muggelverständnis darf es keine Zauberer geben oder wenn dann doch, dann sind die für sie so gefährlich wie Sprengstoff und müssen beseitigt werden", erwiderte Miriam, die sich nicht darum scherte, ob sie Roy damit verletzte oder nicht.

"Miriam, du wirst da nichts dran ändern, daß ich hier bin und meine Eltern in mir keine Gefahr sehen sondern nur was, das nicht jeder wissen muß. Ansonsten wärst du nicht besser als Tonya Rattler." Bums! Das saß, erkannte Aurora, als Miriam erst irritiert und dann betreten dreinschaute. Mit einem Mädchen wie Tonya Rattler wollte sie nun wirklich nichts gemeinsam haben.

Nach dem Frühstück verlief der Tag im üblichen Rahmen. Als Aurora Dawn alleine in die Bibliothek ging, um sich ein Buch über Zaubertiere zu leihen, um vielleicht noch mehr über den Hadesianerhund zu erfahren, fand sie Bernhard Hawkins an einem Tisch über ein dickes Buch gebeugt, das gerade auf einer Seite aufgeschlagen war, auf der das Bild eines dreiköpfigen Hundes zu sehen war.

"Hallo, Bernhard", flüsterte Aurora. Der Gryffindor-Junge zuckte kurz zusammen und richtete sich dann auf.

"Hups, Aurora? Irgendwie war ich wohl total abgeglitten. Wolltest du das Buch hier auch ausleihen?"

"Eigentlich schon. Ich denke nur, es gibt wohl noch zwei Exemplare."

"Das andere hat meine Schwester sich mitgenommen, um mit Isis und den anderen Mädels drüber zu reden."

"Hast du schon alles gelesen, was es dazu gibt?" Flüsterte Aurora Dawn und beugte sich sacht über Bernhard, sodaß ihr langes Haar über ihre und seine Schultern strich.

"Öhm, noch nicht ganz. Bin gerade erst beim üblichen Wachstum dieser Biester durch. Ist schon gruselig, was die fressen, wenn die drei Jahre alt sind. In Griechenland haben sie häufig junge Rinder, die von den Leuten gefangen werden, die solche Hunde halten. Irgendwann nimmt er es sogar mit Bergtrollen auf. Du weißt ja noch, was Balder uns über die erzählt hat."

"Oh, dann sind die wirklich stark", wisperte Aurora und beugte sich noch weiter, um die winzige Schrift zu entziffern, in der der Text zum Hadesianerhund geschrieben stand. Bernhard schien jedoch nicht besonders entspannt zu sein, als die Junghexe aus Ravenclaw mit ihrem Oberkörper fast auf seiner linken Schulter lag. Sie merkte es erst, als sie ihn tatsächlich berührte und schrak verlegen dreinschauend zurück.

"Oh, das wollte ich jetzt nicht", beteuerte sie leise, während Bernhard nicht wußte, welches Gesicht er machen sollte. Irgendwie hing es zwischen Verlegenheit und einer merkwürdigen Erregung fest. Dann entspannte er sich und meinte:

"Habe ich auch nicht so empfunden. Wenn du möchtest, kannst du dich zu mir setzen, und wir lesen das Zeug über diesen Fluffy zusammen."

"Du kannst dir ruhig zeit lassen", sagte Aurora leise. Doch dann ging sie darauf ein. Sie ging um den Tisch herum und setzte sich Bernhard gegenüber. Mit Petula und Miriam hatte sie schon häufiger Texte über Kopf gelesen. Das sparte einiges an Erklärungen oder weiteren Büchern. So konnte Aurora ohne Probleme mitlesen, was Bernhard gerade las. Seite für Seite bekam sie mehr über die Hadesianerhunde mit, wie sie vor dreitausend Jahren bereits bekannt waren, daß die Muggel der damaligen Zeit sie für die Wächter der Unterwelt gehalten hatten und sich Schauergeschichten über dieses Tier erzählten. Es stand auch darin, daß sie gegen gängige Schockzauber immun waren. Mit ihren drei Köpfen konnten sie sehr rasch zuschnappen und drei Leute in einer Sekunde töten. Als sie das Kapitel beendeten und zum Thema "Hydra" kamen, fragte Bernhard, ob er das Buch nun zuklappen durfte. Aurora nickte zustimmend. Bernhard brachte das Buch zurück und kam zu Aurora zurück. Leise unterhielten sie sich über das was gestern passiert war. Bernhard meinte zum guten Schluß:

"Ich habe dir noch gar nicht Danke gesagt, weil du Becky und mich vor diesem Vieh gerettet hast. Becky meinte, das sei schon angebracht."

"Ach, und du meinst es nicht?" Fragte Aurora amüsiert. Das machte Bernhard erröten. Er schluckte wohl und erwiderte dann:

"Hmm, natürlich ist das angebracht. Was habe ich da für einen Unsinn geredet. Danke, Aurora!"

"Gern geschehen", sagte Aurora. Zusammen verließen sie die Bibliothek und gingen in ihre Häuser davon. Aurora hatte den Eindruck, gerade etwas merkwürdiges erlebt zu haben. Sicher, sie hatte schon häufiger mit Mortimer, Roy und Bruster in der Bibliothek gesessen und über Bücher geredet. Aber das eben war irgendwie neu für sie. Wie sie Bernhard angesehen hatte, als sie sich ihm gegenüber hingesetzt hatte, als würde er sie zum ersten Mal richtig sehen. Auch sie hatte ihn anders angesehen als früher. Ja, und wieso hatte er sich so merkwürdig angespannt gefühlt, als sie sich über ihn beugte, um kurz zu lesen, was er gerade las. Auf jeden Fall war das etwas, worüber sie noch einmal nachdenken wollte.

Als sie durch den Eingang zum Gemeinschaftsraum der Ravenclaws geklettert war, erwartete sie bereits Alessandro Boulder.

"Nächste Woche samstag haben wir das Quidditchfeld gebucht. Wir wollen schon früher anfangen, weil die Gryffindors und Hufflepuffs auch schon früher anfangen wollen. Bist du soweit in Ordnung?"

"Aber immer doch", sagte Aurora. Alessandro nickte erfreut.

__________

Die nächsten Wochen gingen ins Land, in denen neben den Schularbeiten auch das Quidditchtraining lief. Die Ravenclaws hatten extra mehrere Leute angeheuert, die darauf achten sollten, daß keine Spione der Gryffindors und Slytherins aufs Feld kamen und zusahen, wie die Ravenclaws ihr Mannschaftsspiel und ihre Manövrierfähigkeit aufeinander abstimmten. Denn dieses Jahr wollten Alessandro und sein Team den Pokal holen. Außerdem mußten sie Ronin McDougall als neuen Jäger eingliedern. Aurora feilte an ihrer Doppelachsentechnik, mit der sie innerhalb einer Sekunde eine halbe Drehung und Höhenänderung hinbekam.

An Fluffy, den dreiköpfigen Hund, dachte sie erst wieder, als es auf Halloween zuging und die Schüler ab der dritten Klasse sich auf einen Ausflug nach Hogsmeade freuten. Aurora überlegte, wo sie dort hingehen wollte. Denn die meisten Läden kannte sie nun schon gut, wie Dervish & Banges, Zonkos Zauberscherzartikelladen, Raurey & Growles, das Geschäft für kleinere Zaubertiere oder den Besenknecht, der immer merkwürdige Kleidungsstücke verkaufte, wie das sich selbst auf die Augenfarbe seiner Trägerin abstimmende Kleid, das Petula beim letzten Ausflug gerne gekauft hätte, aber von dem Preis von dreißig Galleonen wirksam abgeschreckt worden war. Aurora hatte dazu dann gemeint, das sei sowieso überzogener Unsinn. Schließlich änderte sich die Augenfarbe einer Frau ja nicht ständig, daß das Kleid sich dementsprechend umfärben müsse. Ihr fiel noch die heulende Hütte ein, jenes am wildesten verspukte Gebäude auf einer Anhöhe außerhalb Hogsmeades. Was war daran, daß dort wüste Gespenster umgingen? Sollte sie sich dieses Gebäude mal ansehen? Dann aber nur von außen!

Am Freitag vor dem Ausflug war das übliche Duelliertraining angesetzt, für das Aurora sich im letzten Jahr schon eingetragen hatte. Neben Aurora und Bruster waren in diesem Jahr auch Eunice Armstrong und die Hawkins-Geschwister diesem Club beigetreten. Dann waren da noch so unliebsame Zeitgenossen wie Tonya Rattler und Samiel Sharkey mit von der Partie. So kam es, daß Professor Bitterling und Professor Balder, die den Club leiteten, Aurora und Tonya als Übungsduellanten zuteilten. Das war natürlich für Tonya ein gefundenes Fressen, der Ravenclaw-Neunmalklugen eine Lektion in Sachen dunkler Künste zu verpassen. So wartete sie es nicht ganz ab, daß sie sich voreinander verbeugten, sondern stieß gleich mit einem Fluch vor, den Aurora nicht kannte.

"Confundiridius!" Rief Tonya. Aurora rief schnell: "Protego!" Wich aber im gleichen Moment nach rechts aus. Der regenbogenfarbige Lichtstrahl aus Tonyas Zauberstab sirrte knapp an Aurora vorbei und bog sich schillernd um die unsichtbare Abschirmung, die Aurora noch aufgerufen hatte. Dann krachte es, und Strahl und Abschirmung verpufften in einer rot-grün-blauen Entladung.

"Feiges Aas, Dawn! Ich dachte, du könntest alles abwehren", spottete Tonya. Doch Aurora griff bereits mit "Deterrestris" an. Tonya hatte offenbar vergessen, wie man diesen Fluch abwehrte und sauste wie von einem Seil gezogen nach oben. Aurora sah sich vor, ob Tonya mit ihrem Zauberstab noch was machte und entging so einem Schockzauber.

"Runde zu Ende!" Bestimmte Professor Balder, als Tonya von der Decke her mehrere Flüche abgeschickt hatte, die Aurora teilweise mit Gegenflüchen, teilweise durch schnelles Ausweichen abwehrte. Tonya wurde wieder auf festen Boden gestellt. Sie sah wütend aus. Bevor Balder was sagen konnte, griff sie Aurora mit einer schnellen Zauberstabbewegung an. Balder riss seinen eigenen Zauberstab hoch. Zwischen Aurora und Tonya wölbte sich ein silberner Schild, an dem ein giftgrüner Blitz aus Tonyas Zauberstab mit lautem Pong zerplatzte.

"Die Runde war vorbei, Ms. Rattler!" Rief Balder. "Sie durften nicht mehr angreifen."

"Ach ja! Dann ist das doch kein echtes Duelltraining. Da gilt das Duell erst als beendet, wenn einer nicht mehr zaubern kann", knurrte Tonya und funkelte den Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste an. Dieser straffte sich und sagte mit sehr gefährlicher Stimme:

"Ms. Rattler, zwingen Sie mich nicht dazu, Ihnen zu beweisen, wie schnell Sie selbst zu irgendwas unfähig gezaubert werden können. Machen Sie sich bewußt, daß ich weiß, aus welchem Stall Sie kommen und ich nicht der einzige bin, der daraus die richtigen Schlüsse zieht."

"Eh, mein Familienleben hat Sie nix anzugehen, Herr Lehrer!" Schnaubte Tonya, die wohl gegen die Eingeschüchtertheit ankämpfen mußte.

"O doch, das tut es, junge Dame. Mich geht es immer noch was an, wer woher kommt und welchen Hintergrund es gibt. Nur weil ich zur Zeit Lehrer hier bin, wohlgemerkt, zur Zeit, geht es mich immer noch was an, was in der restlichen Zaubererwelt vor sich geht. Zwanzig Punkte Abzug für Slytherin wegen Unbeherrschtheit und noch mal zwanzig wegen Respektlosigkeit einem Lehrer gegenüber, Ms. Rattler."

"Professor Bitterling, das ist ungerecht. Ich wollte lediglich das Duell ordentlich zu Ende bringen!" Rief Tonya.

"Ms. Rattler, versuchen Sie es ja nicht, sich noch hinter mir zu verstecken, weil Sie immer noch nicht gelernt haben, sich an bestehende Regeln zu halten!" Erwiderte Professor Bitterling, die gerade das zu Ende gegangene Duell zwischen Lissy Wright und Cora Crauford, einer Hufflepuff-Drittklässlerin, beaufsichtigt hatte. Lissy hatte gewonnen und strahlte über ihr ganzes Gesicht.

"Die Übungsrunde ist vorbei. Offenbar sollten Sie beide sich erst einmal abkühlen", sagte Professor Balder und trieb Tonya und Aurora auseinander.

"Glaub nicht, daß wir schon fertig sind, Dawn!" Fauchte Tonya noch. Aurora nickte bestätigend.

"Ich habe vor dir bestimmt keine Angst, Rattler!" Rief sie noch.

Balder stellte Aurora mit Rebecca Hawkins zusammen und verfolgte genau, wie sich die beiden Mädchen duellierten. Das bewahrte Aurora Dawn davor, einen Fluch aus dem Hinterhalt abzukriegen, der wie aus Versehen verkehrt gezielt von Tonya und Stella Windward herüberkam. Balder wirkte einen bläulichen Schutzwallzauber, der den Fluch krachend zerbersten ließ. Aurora sah sich rasch um und erblickte Tonya, die ihren Zauberstab gerade eben aus ihrer Richtung zurückzog. Professor Bitterling schritt sofort ein und verdonnerte Tonya zu einer Strafarbeit, die sie morgen antreten sollte und zu weiteren zwanzig Punkten Abzug für Slytherin, womit Tonya im Alleingang sechzig Punkte für ihr Haus verspielt hatte.

"Hat die immer noch was gegen dich?" Fragte Rebecca Hawkins Aurora.

"Das hat noch nicht aufgehört. Sie kann's nicht ab, daß ich mir ihre dummen Sprüche nicht bieten lasse und mich von ihrem Geschwätz nicht mehr einschüchtern lasse. Ich weiß nicht, wo die herkommt, was Balder damit meinte. Kann sein, daß deren Leute was mit ihm, dem Unnennbaren zu schaffen haben. Aber dann wäre sie wirklich seltendämlich, daß alle mitkriegen zu lassen. Es gibt ja auch bei den Slytherins Leute, die nicht auf ihn stehen, habe ich gehört."

"Na klar, die, deren Mütter oder Tanten einer bestimmten Schwesternschaft angehören. Die halten Du-weißt-schon-wen doch für einen Emporkömmling. Andere, die ihn für einen Mischblüter halten, halten sich nur zurück, weil er ziemlich heftig an Macht gewonnen hat und würden den am liebsten in den tiefsten Sumpf werfen, wenn sie könnten", erwiderte Becky Hawkins.

"Was für eine Schwesternschaft?" Fragte Aurora neugierig.

"Ach, vor weiß-nicht-vielen Jahrhunderten haben sich Hexen zu so'ner Gemeinschaft zusammengefunden, die an und für sich will, daß die Hexen die Welt beherrschen, egal ob Slytherins oder Gryffindors. Das hat sich dann aber mit der Zeit abgemildert, daß sie einfach nur wollen, daß Hexen hohe Stellungen in der Zaubererwelt innehaben können. Ich weiß nix genaues darüber, eben nur das es sie geben soll und wohl auch Nachkommen hat, die in Hogwarts herumlaufen."

"Moment, ich hörte doch davon", grummelte Aurora. Dann meinte sie schnell: "Kann möglich sein, daß Tonya wohl meint, in den Laden einsteigen zu können. Aber dann müßte sie sich das Getue um Du-weißt-schon-wen abgewöhnen."

"Denke ich auch", sagte Becky Hawkins.

"Mädchen, über Sachen, die ihr nicht kennt oder nur unzureichend was gehört habt, solltet ihr nicht reden", meinte Professor Balder leicht verstimmt. So verbargen Aurora und Rebecca ihre Neugier einstweilen und führten eine weitere Übungsrunde durch, die Aurora durch einen schnellen Vorstoß mit dem Langgliederigkeitsfluch gewann, weil Rebecca dreimal solange Arme und Beine bekam und wie eine vierbeinige Spinne auf dem Boden herumlief, weil ihre überlangen Körperglieder sich nicht mehr gescheit bewegen ließen. Balder wirkte mehrere Gegenflüche, um Rebeccas Körper wieder zu normalisieren. Danach war die Übungseinheit beendet. Becky fragte Aurora, ob sie noch etwas über diesen Hund gehört hatte, seitdem sie mit Bernhard in der Bibliothek gesessen hatte. Sie schüttelte den Kopf. Jetzt war das bald einen Monat her, daß Fluffy die Hawkins-Geschwister angegriffen hatte. Hagrid hatte ja behauptet, das Tier habe nur spielen wollen. Außer Hagrid, den hier alle für sonderbar hielten, nicht nur weil er überlebensgroß war, glaubte das wohl keiner.

"Ich hoffe nur, daß das Biest gut verschlossen gehalten wird", sagte Becky. "Wenn ich morgen mit Isis und Eunice nach Hogsmeade gehe will ich diesen Monsterköter nicht wieder am Umhang hängen haben. Ich habe ja fast gedacht, der Arm wäre mir abgebrannt, so weh tat das."

"Oh, was macht Bernhard, wenn du mit deinen Klassenkameradinnen unterwegs bist?" Fragte Aurora, obwohl sie wußte, daß sie das eigentlich nichts anging.

"Weiß ich nicht. Der wird wohl entweder mit den Jungs aus unserem Haus in die Schmiede von diesem Forin gehen oder sich die heulende Hütte ansehen. Bist du morgen wieder mit Petula und der rotblonden Kratzbürste unterwegs?"

"Wenn du Miriam meinst, mag sein. Vielleicht kuck ich mich aber mal anderswo um. In Hogsmeade soll's ja einen kleinen Zaubergarten geben. Sprout hatte mal sowas erwähnt. Mal sehen, ob die da Sachen haben, die wir hier nicht haben."

"Die peitschende Weide haben die da bestimmt nicht", sagte Becky lächelnd. "Die wurde hier in Hogwarts hingepflanzt, weil Dumbledore das irgendwie bestimmt hat. Einige von den älteren haben mal behauptet, die wäre hingesetzt worden, weil sie etwas bewachen sollte. Aber was das ist, hat keiner je mitgekriegt."

"Ich werde sehen, was die in Hogsmeade haben", sagte Aurora. "Vielleicht sieht man sich ja da."

"Joh, warum nicht. Mittags sind wir wohl in den drei Besen", sagte Becky Hawkins. Aurora nickte. Dann verabschiedete sie sich von der Übungsduellantin und verließ mit den anderen den großen Übungsraum.

In der Nacht hörte sie das dreistimmige Heulen wieder. Fluffy, der Hadesianerhund, schien wieder etwas zu haben. Das Geheul klang laut und ein winziges tiefer als vor einem Monat noch. Bestimmt war das Tierwesen um einiges gewachsen. Hoffentlich konnte dieser Hagrid es bändigen. Denn wenn es kein einzelner Schockzauber mehr umwerfen konnte, könnte es gefährlich werden. Dann bellte Fluffy auch noch mit allen drei Köpfen, und Aurora vermeinte, einen wütenden, schrillen Schrei zu hören, dessen Ausgangspunkt sich in Windeseile entfernte.

"Was war denn das?" Fragte Petula schlaftrunken. Offenbar hatte der Lärm draußen sie aufgeweckt.

"Das war Fluffy, Hagrids Schoßhund", erwiderte Aurora leise.

"Neh, dieser Schrei. Klang sehr böse, als wenn ein aufgescheuchter Hippogreif seine Wut rausschreien wollte", meinte Petula.

"Weiß ich auch nicht. Könnte ein Tier aus dem verbotenen Wald gewesen sein. Vielleicht ist es doch gut, daß dieser Hund da ist", meinte Aurora. Dann lauschten sie in die Nacht hinaus. Doch es blieb still, zumindest für Menschenohren. Feuerball, Miriams Kniesel, turnte gerade wieder zum offenen Fenster hinaus, um in der Nacht nach Futter zu suchen. Dann wurde es endgültig ruhig, und die Mädchen schliefen ein.

__________

Der Samstag begann mit einem kurzen aber heftigen Regenschauer. In der großen Halle saßen die älteren Schülerinnen und Schüler an den Tischen und starrten mit einer Mischung aus Bangen und Enttäuschung an die verzauberte Decke, die einen bleigrauen Himmel zeigte, von dem silbrig glänzende Vorhhänge aus Wassertropfen herabhingen. Aurora fragte sich, ob sie wirklich bei einem solchen Wetter nach Hogsmeade gehen wollte. Doch als das Frühstück vorbei war, klarte der Himmel völlig auf, und der große goldene Feuerball der Sonne schickte seine hellen Strahlen durch die Halle, brachte alles zum widerscheinen und glitzern. Dumbledore, der wohl auch überlegt hatte, ob er bei einem starken Regen Leute nach Hogsmeade lassen wollte, erhob sich und verkündete, daß sie nun wohl schönes Wetter für den Ausflug nach Hogsmeade haben würden.

Als Aurora mit Petula und Miriam aus der Schule heraus war und die von geflügelten Steinebern bewachten Tore passiert hatten, sahen sie Roy und Dina, die in einem Pulk von Fünftklässlern zum Dorf hinuntergingen. Aurora konnte Alessandro Boulder zusammen mit Tipa Silverspoon sehen, einem zierlichen Mädchen mit hellblonder Lockenpracht. Die Art, wie die beiden zusammen gingen und sich immer wieder Blicke zuwarfen ließ sie daran denken, ob Alessandro vielleicht verliebt war. Sie dachte jedoch nicht weiter daran. Ihr ging es eher um die Frage, was da zwischen ihr und Bernhard passiert war. Denn seit der Sache mit Fluffy, wo sie beide sich in der Bibliothek getroffen hatten, hatte sie immer wieder überlegt, was mit ihnen beiden losgewesen war. Doch zusammen mit ihren Freundinnen konnte sie nicht gründlich genug darüber nachdenken. Doch einfach davonschleichen und hoffen, daß Petula und Miriam ihr nicht nachliefen ging auch nicht. Also ging sie zunächst bis nach Hogsmeade mit den beiden zusammen.

Das Dorf machte einen Eindruck wie frisch gewaschen. Das mochte am Regen heute morgen liegen oder einfach nur daran, daß die Häuser seit dem Angriff der Drachen neu gestrichen worden waren. Jedenfalls herrschte hier das übliche Gewusel von Zauberern aus allen Teilen Großbritanniens. Aurora sah auch Kobolde, die in Gruppen zwischen fünf und zwanzig Exemplaren die gepflasterten Straßen bevölkerten und entdeckte einen der Zwerge, die in Forins Schmiede arbeiteten, wie er gerade einen großen Leiterwagen mit fünf großen Fässern hinter sich herzog.

"Offenbar haben die Zwerge wieder einen gehörigen Durst", meinte Petula. Aurora sah etwas wie ein Wesen mit großen Ohren und einer bleistiftartigen Nase, das mit tennisballgroßen Augen umherblickte. Es war wesentlich kleiner als ein Mensch, ja etwas kleiner sogar als ein Kobold und schien auf der Hut zu sein, nicht angesprochen zu werden. Es trug eine Art Kopfkissenbezug als Kleidung.

"Ein Hauself", meinte Miriam, als Aurora ihr dieses Wesen zeigte. Natürlich kannte Aurora Hauselfen, wenngleich sie selten welche gesehen hatte. Ihre Eltern hatten sich keinen zugelegt, wohl auch, weil ihre Mutter die Hausarbeit lieber selbst erledigte.

"Der soll wohl hier einkaufen", meinte Aurora Dawn. Als zwei grimmig dreinschauende Kobolde dem Hauselfen den Weg vertraten, schien das Wesen sichtlich erschrocken zu sein. Einer der Kobolde zeigte auf den Hauselfen, der zurückwich und wohl einen schnellen Fluchtweg suchte. Die Kobolde grinsten breit und setzten dem Geschöpf nach, das unvermittelt verschwand.

"Grassnack!" Schrillte es von einem der Kobolde durch die ganze Straße.

"Was soll'n das heißen?" Fragte Aurora.

"Ich kann kein Koboldkack sprechen", meinte Miriam. "Hörte sich aber sehr gemein an."

"Die Kobolde sehen Hauselfen als noch weiter unter ihnen als die Zauberer es schon tun. Für die ist ein Wesen mit großer Magie, das ohne Lohn für Zauberer arbeitet wertlos."

"Schade, daß wir außer den düsteren Zauberwesen keine echten Zauberwesen im Unterricht drannehmen", stellte Aurora fest. Miriam nickte. Wenn sie hier waren und andere menschenähnliche Wesen zu sehen bekamen, dachten sie immer wieder daran, wie wenig sie über diese Wesen wußten.

Sie trafen den Hauselfen im Honigtopf, wo er gerade einen Pergamentzettel auf den Ladentisch legte. Die Eigentümerin des Ladens nahm den Zettel und las ihn durch. Dann lächelte sie und meinte:

"Ich gehe davon aus, daß ich deinem Meister alles geben kann, was hier draufsteht."

"Ich hoffe doch, daß alles hier ist. Dobby muß alles mitbringen, haben seine Meister ihm gesagt."

"Ja, ich denke schon, daß wir alles vorrätig haben. Einiges davon kauft ja nicht jeder", sagte die Ladenbesitzerin und gab den Zettel an einen Mann, dessen Haar bereits merklich auf dem Rückzug war.

"Hui, da hat aber einer was zu feiern, wie", meinte der Mann der Ladenbesitzerin fröhlich und verließ den Laden durch eine Kellertür.

"Hallo, Mädchen! Was kann ich für euch tun?" Wandte sich die Ladenbesitzerin an Aurora, Petula und Miriam. Miriam nickte und bestellte eine große Tüte Fruchtschaumschnecken, die extra aus Frankreich eingeführt wurden, sowie Berty Botts Bohnen in jeder Geschmacksrichtung. Petula holte sich verschiedene Kekse mit Zauberwirkung wie extralautes Knuspern oder Flüssigkakaofüllung, die aber nicht verspritzt wurde, wenn man einen Keks anbiss. Aurora holte sich von den Pfefferkobolden, Brausedrops und Schokofröschen eine große Menge. Als die drei bezahlten kam der Ladenbesitzer mit drei großen Kartons und zwei Tüten aus dem Keller und setzte sie vor dem Hauselfen ab, der bereits hinter dem kleinsten Karton verschwand.

"Es ist alles da gewesen. Hast Glück gehabt", sagte der Mann, der von der Schlepperei sichtlich ins Schwitzen geraten war.

"Da ging die Ladentür auf und Loren Tormentus trat ein. Als sie den Hauselfen sah schien sie kurz zu überlegen. Dann grinste sie breit und deutete auf die Kartons.

"Soll der das alles schleppen?" Fragte sie Aurora ganz leise. Diese nickte nur. Loren grinste verhalten. Der Hauself fuhr herum und sah Loren an. Diese blickte ihn überlegen in die Tennisballaugen. Der Hauself hielt das keine zwei Sekunden aus und wandte sich wieder um.

"So, das sind dann fünfzehn Galleonen, sieben Sickel und zwölf Knuts. Ich habe den Betrag hier aufgeschrieben. Dein Meister möchte dich mit dem Geld zurückschicken, wenn du alles abgeliefert hast. Oder soll ich dir jemanden mitgeben, der dir beim tragen hilft?"

"Nein, nein! Dobby muß das alles alleine tragen, Sir. Dobby macht das alles alleine." Bei diesen Worten hoben sich die Kartons, stapelten sich vor dem Hauself aufeinander, der kleinste zu oberst. Dann hängte sich der Hauself die Tüten an die dünnen Ärmchen, umfaßte den untersten Karton, ließ den Stapel von Zauberhand ansteigen und hielt sich daran fest, bis er mit lautem Knall mit allem, was er sich aufgeladen hatte verschwand.

"Der Typ glaubt echt, der kriegt seine Mäuse für den Krempel", grinste Loren und schob Petula einfach bei Seite, um für sich eine große Tüte verschiedener Süßigkeiten zusammenzukaufen.

"Eh, mehr Rücksicht schadet dir ganz bestimmt nicht, Loren", knurrte Petula. Loren drehte sich um und tat so, als würde sie Petula jetzt das erste Mal sehen.

"Hups, habe ich nicht mitgekriegt, daß du da rumstehst. Ich war zu heftig auf Dobby eingependelt. 'tschuldigung."

"Als wenn du noch nie 'nen Hauselfen gesehen hättest", knurrte Petula. Loren meinte dazu nur:

"Den noch nicht. Den lassen die, für die der schafft so selten raus", antwortete Loren.

"Nicht zanken, Mädchen. Hier, junge Dame! Deine Sachen!" Sagte die Frau hinter dem Ladentisch und übergab Loren die große Tüte. Diese zahlte den fälligen Preis dafür und verließ den Laden. Aurora und ihre Freundinnen warteten noch einige Sekunden, bevor sie ebenfalls auf die Straße zurückkehrten.

"Überhebliches Slytherin-Geschöpf", knurrte Petula, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß Loren nicht in Hörweite war.

"Die werden so geboren", meinte Miriam. "Das solltest du doch mittlerweile wissen. Außerdem kennt die die Leute wohl, die diesen Dobby losgeschickt haben. War schon ziemlich schwer, was der sich da aufgeladen hat."

"Er hörte sich so an, als würden die den verprügeln, wenn er auch nur ein Bonbon zu wenig abliefert", bemerkte Aurora Dawn leicht unbehagt.

"Da könntest du recht haben, Aurora. Ich denke mal, die werden erst nachzählen, ob der auch alles angebracht hat, was die ihm aufgeschrieben haben. Wer frißt denn soviel Süßkram?"

"Geht uns das was an, Miriam?" Fragte Petula zurück.

"Wenn ich den Laden hier übernehmen wollte schon", erwiderte Miriam und deutete auf die Eingangstür vom Honigtopf.

"Meine Mum hat mir mal erzählt, daß sie kurz vor und einige Monate nach meiner Geburt viel Süßkram gegessen hat, bis sie merkte, daß sie dadurch nicht schlanker wurde", erzählte Aurora leicht kichernd.

"Soso, Aurora. So sah deine Mum aber nicht mehr aus, als wir hier eingeschult wurden", meinte Miriam erheitert. Aurora nickte. Immerhin war das ja auch schon über dreizehn Jahre her.

Beim Besenknecht trafen sie Eunice und ihre zwei Schulfreundinnen aus Gryffindor, wie sie gerade Warmwollepullover bewunderten, die selbst am Südpol niemanden frieren ließen, wie es das große Schild über der Auslage verhieß. Eunice suchte die dazu passenden Handschuhe, während Rebecca sich wohl für einen roten Rock aus Warmwolle begeisterte. Daneben gab es auch Decken und Kissenbezüge aus diesem hochwertigen Produkt, das aus der Wolle von Unicornis Polaris, dem Nordpoleinhorn, gewonnen wurde, wie Aurora Dawn aus einem Zaubernutztierbuch wußte.

Es krachte wie ein Pistolenschuß, und Dobby stand im Raum und blickte sich um.

"Huch, der schon wieder?" Meinte Aurora und zeigte auf den Hauselfen. Eunice, die gerade ein Paar passende Handschuhe gefunden hatte sah den Elfen an und verzog das Gesicht. Als das Wesen dann auch noch herüberkam und die Auslage mit den Decken und Kissenüberzügen ansteuerte, rang sie sichtbar darum, nichts zu sagen. Erst als der Elf dann mit vier Decken und Kissenbezügen weitertrippelte flüsterte sie Aurora zu:

"Ich weiß, für wen dieser arme Wicht da schuften muß. Die haben vor einiger Zeit einen Kronprinzen gekriegt. Der soll's natürlich im Winter nicht kalt haben. Auch wenn dieser Knirps andauernd die Kamine voll heizen muß. Meine Eltern haben dieses Pack einmal getroffen. Einmal und nie wieder, sagte Daddy dann."

"Wer soll denn das sein?" Fragte Aurora Dawn.

"Malfoy heißen die. Der Mann stammt aus der alten Sippschaft der Malfois, die schon mit den Normannen nach England rüberkamen. Die Frau kommt aus einem anderen reinblütigen Haus, von dem wir wohl einen schon gesehen haben. Wobei ich nicht weiß, was für 'ne Krankheit der hatte, daß er ein Gryffindor wurde und kein Slytherin wie seine abgedrehte Verwandtschaft. Du kennst doch noch Sirius Black?"

"Aber sicher doch", sagte Aurora, der Eunices unterdrückte Wut unheimlich war. Mochte es sein, daß diese Malfoys mit Du-weißt-schon-wem hielten? Aber eine solche Frage stellte sie besser nicht in einem Laden, wo niemand wußte, wer zuhörte.

Eunice und Aurora beobachteten den Hauselfen, wie er in eine Abteilung hineinging, in der bezauberte Windeln auslagen, und wie der kleine Wicht mit einem großen Stapel davon in den Hauptgang zurückkehrte, um zur Kasse zu gehen. Becky Hawkins trat neben Aurora und flüsterte ihr zu, sie möchte Mittags bei den drei Besen sein. Sie nickte nur.

"Immerhin hat der Elf gleich gezahlt", meinte Aurora schnell, als Dobby mehrere Goldstücke auf den Ladentisch gelegt hatte und wartete, bis er Wechselgeld zurückbekommen hatte. Dann verschwand er.

"Ich dachte, die hätten Verwandtschaft, um den Babykram zu besorgen", meinte Eunice zu Becky. "Schicken die ihren Hauselfen rum, um was zu besorgen."

"Die können das, deshalb machen die das, Eunice", erwiderte Becky Hawkins. Dann zogen die Gryffindor-Mädchen mit ihren Einkäufen zur Kasse ab.

Für Aurora gab es hier im Moment nichts, was sie haben wollte. So stöberte sie nur durch die Abteilungen und grinste über die Preise, die manche Sachen kosteten. So verstrich eine geraume Zeit, bis Aurora einfiel, daß sie sich ja noch die Zaubergärten ansehen wollte. Sie sagte ihren Freundinnen, die gerade in der Abteilung für schicke Festumhänge für junge Frauen herumstromerten, daß den Zaubergarten von Hogsmeade ansehen wolle und verließ den Besenknecht.

Unterwegs sah sie sich mehrmals um, ob Petula und Miriam hinter ihr herkamen. Doch sie war allein unterwegs, von den ganzen Schülern und Erwachsenen abgesehen, die die Dorfstraßen bevölkerten. Sie folgte den Wegweisern zu dem großen Gelände, wo mehrere Gewächshäuser standen und Parks mit verschiedenen Bäumen angelegt waren. Sie fand ein Kassenhäuschen, wo sie für die Gewächshäuser den Eintrittspreis von zwölf Sickeln bezahlte und dann bis zum Mittag durch die verschiedenen Gartenanlagen ging, jede Pflanze genau begutachtend. Tatsächlich gab es hier keine peitschenden Weiden. Aber in den Gewächshäusern gab es Fleisch fressende Pflanzen, wie die Springschnapper, die Teufelsschlinge oder den Würgblattbusch. Aurora zückte zwischenzeitlich Pergament und Schreibzeug und notierte sich die auf den Schildern nachlesbaren Eigenschaften der Pflanzen. Dann wurde es auch schon Mittag.

Aurora verließ den magischen Garten und suchte sich einen schnellen Weg über die allgemeinen Straßen zu den drei Besen. Zwar hatte ihr Miriam auch erzählt, daß es kleinere Gassen gab, durch die man Abkürzungen nehmen konnte. Doch diese Gassen waren für die Bewohner, die sich an Tagen wie diesen nicht dabei sehen lassen wollten, wie sie in ihre Häuser gingen. Hogsmeade genoss einen fragwürdigen Ruf, für wirklich alle Zauberwesen frei zugänglich zu sein. Daher hielten sich die Einheimischen sehr gerne damit bedeckt, wie sie wohnten, um nicht irgendwelchen Kobolden, Zwergen oder Sabberhexen zu zeigen, wo ihre Eingänge lagen.

Sie traf bei den drei Besen ein, wo Bernhard Hawkins gerade wie zufällig um die Ecke kam, kurz in den Pub hineinblickte und dann die Straße entlang weiterging, wobei er Aurora wie zufällig ansah. Diese folgte dem Jungen ohne ein Wort, einfach so. Sie gingen aus dem Dorf hinaus zur Heulenden Hütte hoch. Auf der Anhöhe, wo das windschiefe Gebäude stand verhielt Bernhard. Aurora trat näher auf ihn zu und blieb auch stehen. Sie standen erst einige Minuten einander gegenüber. Dann meinte Bernhard:

"Ich habe gehofft, du könntest dich von deinen zwei Mädels loseisen. Ich wollte an und für sich mit den Jungs aus meinem Haus noch zur Schmiede von Forin. Aber vorher wollte ich dir noch einmal sagen, wie nett es von dir war, mir gegen dieses Vieh zu helfen. Die Jungs aus meiner Klasse wissen das nicht, daß du diesen Köter verjagt hast. Die würden mich auslachen, wenn ich denen das erzähle."

"Kann ich mir vorstellen", meinte Aurora kühl. Was sollte das jetzt?

"Nun, vielleicht ist das Albern. Aber ich meine, das war schon mutig von dir, dieses Tier anzugreifen. Dabei wußtest du ja auch nicht, wie gefährlich das werden kann."

"Ja, das ist richtig", sagte Aurora, die sich immer noch fragte, was Bernhard von ihr wollte.

"Ich halte das irgendwie für korrekt, daß du das mit diesem Fluffy nicht umsonst gemacht hast. Denn außer im Unterricht haben wir ja nix miteinander zu tun."

"Ich möchte dafür nichts haben", meinte Aurora, die sich merkwürdig fühlte und das im Moment nicht so recht einordnen konnte. Einerseits wußte sie nicht, was Bernahrd wollte. Andererseits war sie froh, ihn alleine zu sprechen. Sollte sie ihn jetzt fragen, warum er sie damals so merkwürdig angesehen hatte? Nein, das war vielleicht verkehrt.

"Ich habe mir gedacht, ich könnte dir was schönes kaufen oder basteln. Vielleicht hast du ja einen besonderen Wunsch."

"Bernhard, ich denke, das muß echt nicht sein, daß du mir jetzt irgendwas besorgst, weil ich dieses Tier von dir abgehalten habe", erwiderte Aurora. Sie fragte sich, ob Bernhard sie beleidigen wollte oder nicht wußte, was er jetzt eigentlich sagen sollte. So ergriff sie das Wort.

"Bernhard, ich möchte nicht, daß du meinst, du müßtest alles bezahlen oder abarbeiten, was jemand für dich tut. Ich habe diesen Fluffy weggescheucht, weil ich nicht wußte, was dieses Tier machen wollte. Das hätte ich für fast jeden anderen auch gemacht. Dafür möchte ich nichts haben. Mir reicht das völlig, daß ich dir und deiner Schwester geholfen habe."

"Nun, öhm, ich dachte, ich müßte mich irgendwie revanchieren."

Aurora grinste amüsiert. Doch sie verkniff es sich, zu sagen, er solle sie beim Spiel Ravenclaw gegen Gryffindor nicht mit dem Klatscher beharken. Doch das würde sie nicht lange geheimhalten können und irgendwie auch schwach finden, jemandem aus der gegnerischen Mannschaft sowas abzuverlangen. Sie sagte deshalb:

"Du mußt dich nicht dafür revanchieren, was ich an diesem Abend gemacht habe. Ich fand, ich mußte das machen und fertig."

"Öhm, ja, hast recht", sagte Bernhard unbeholfen klingend. Das irritierte Aurora. Dann meinte er noch: "Ich wollte mich halt bedanken, weil du uns dieses Vieh vom Hals geschafft hast. Öhm, wie wäre es, wenn wir heute Nachmittag einen Tee zusammen trinken?"

"Du, deine Schwester und ich?" Fragte Aurora keck.

"Öhm, nur du und ich. Ich kenne da so'n Laden, wo man ganz gemütlich zusammensitzen und Tee trinken kann."

"Puddyfoots Teestube?" Preschte Aurora vor.

"Die nicht. Da hängen mir zu viele ältere Schüler rum", meinte Bernhard leicht verlegen. "Ich meine Gerlindas Gartenhäuschen. Die haben eine beheizbare Terrasse und genial viele Teesorten und Gebäck."

"Davon habe ich auch schon gehört. Aber die sind nicht gerade billig da", erwiderte Aurora Dawn, die sich mit sich selber stritt, ob sie das jetzt annehmen oder schlicht ablehnen sollte. Doch die Neugier in ihr siegte und sie nickte dann zustimmend. "Nur unter der Bedingung, daß du nicht meinst, mir alles vorlegen zu müssen", stellte Aurora klar. Nachher meinte noch irgendwer, sie würde sich von anderen Jungs aushalten lassen. Bernhard grummelte zwar ein wenig, nickte aber dann.

Zusammen gingen sie ins Dorf zurück, wo sie sich einige hundert Meter vor den drei Besen trennten und wie weit hintereinander in das Lokal gingen, wo Aurora Petula und Miriam wiederfand. Sie unterhielt sich mit ihnen über den Zaubergarten. So gegen nachmittags meinte sie noch, sie würde sich noch einmal mit einigen Leuten dort treffen, um sich über einige Zierpflanzen zu unterhalten. Sie schmückte es so aus, daß Petula und Miriam schnell meinten, daß sie wohl zur heulenden Hütte gehen würden, um sich dort umzusehen. Sie hätten sich mit Eunice und Rebecca aus Gryffindor dazu verabredet. So hatte Aurora Dawn zwei Stunden, in denen sie sich mit den Angestellten vom Zaubergarten unterhalten hatte, die ihr gerne erklärten, welche Zierpflanzen sie sich zulegen konnte oder was Sprout wohl in den nächsten Stunden abfragen würde. Dann schaffte sie es, in aller Ruhe bis vier Uhr vor Gerlindas Gartenlokal zu einzutreffen, wo sie sich mit Bernhard auf die erwähnte Terrasse sezte, die gerade von nur zwanzig anderen Hexen und Zauberern bevölkert wurde. Madame Gerlinda war eine kleine, zierliche Rothaarige mit graugrünen Augen. Zuerst dachte Aurora, die Mutter oder Großmutter von Lily Evans, die jetzt Potter hieß zu sehen. Doch ihr fiel ein, daß Lily ja eine Muggelgeborene war, deren Eltern nichts mit der Zaubererwelt zu tun hatten. Sie bestellten Früchtetee und Bisquits. Die Hexe nickte und lächelte kurz.

Während sie saßen und ihren Tee und das Gebäck genossen unterhielten sich Aurora und Bernhard über die Wochen nach dem Vorfall vor Hagrids Hütte. Aurora fand langsam mehr Interesse daran, was in Gryffindor vorging und beantwortete auch Fragen, die nicht zu persönlich waren, auch nach der Sache mit Lissy Wright und dem Heuler ihrer Großmutter.

"Meine Mum hat 'nen reichen Onkel - ich weiß, das ist jetzt irgendwie abgegriffen, aber trotztdem wahr - der sein Glück in Amerika gemacht hat. Der hängt da jetzt in Viento del Sol herum, das ist ein Zaubererdorf wie das hier, allerdings in den Bergen Südkaliforniens. Der hat sich damals die Nichte dieser Professor Wright angelacht. Meine Fresse, was hat der uns nicht alles über die erzählt, was die von ihm wissen wollte und so weiter. Tja, und jetzt hat er selbst zwei Söhne in Thorntails. Ich habe meine Cousins mal getroffen. Bißchen abgehoben sind die drauf. Aber wenn die von Professor Wright sprechen, dann kommt das immer so rüber, als wäre die eine gemütliche Oma, die aber sauer werden kann, wenn man nicht macht, was sie einem sagt. Mein Onkel nannte sie einen schlummernden Vulkan, was immer das sein soll."

"Ein Feuerberg ist das", meinte Aurora. Dann fragte sie Bernhard noch, warum er seinen Jungs nicht erzählen könne, daß sie ihm geholfen hatte.

"Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst. Aber in Gryffindor gilt es als Schwäche, sich von 'nem Mädchen helfen zu lassen."

Aurora mußte kurz lachen. Doch dann erkannte sie, daß Bernhard es ernst meinte. Jungs halt!

"Achso, und deshalb hat deine Schwester das auch keinem erzählt?" Fragte sie leise.

"Außer Madame Pomfrey und der McGonagall weiß das keiner. Ich habe erzählt, daß wir halt so von diesem Hund weggekommen sind. Könnte nur sein, daß dieser Hagrid ... Ach neh, der hätte das ja dann schon längst rumerzählt. Den nimmt doch hier auch keiner so echt für voll."

"Ja, und deshalb hast du dich geschämt und gemeint, du müßtest mir das irgendwie bezahlen?" Fragte Aurora leise.

"Ja, ich wußte ja nicht, wie ich das sonst machen sollte. Weil so gut kenne ich dich ja doch nicht. Das mit den Häusern ist ja doch irgendwie doof, wenn man in einer Klasse ist und trotzdem verteilt wohnt."

"Ach, in anderen Schulen gab es mal Jungen- und Mädchenhäuser, die schön weit auseinanderlagen", wußte Aurora von ihrer Oma Regan, deren Freundinnen aus anderen Ländern ihr von deren Schulzeit erzählt hatten.

"Achso, so meine ich das nicht. Ich meine einfach, daß wir ja auch in einem großen Haus leben könnten. Hmm, aber so gesehen ist das schon gut, daß die blöden Slytherins in ihrem Kerker hängen. Da gehören die schließlich auch hin."

"Damit hast du recht", stimmte Aurora zu.

Sie sprachen noch weiter über ihre Verwandten, wenngleich Aurora den Tod ihres Onkels Dustin verschwieg, solange sie nicht wußte, ob Bernhard das wirklich was anging. Andererseits war es ja durch die Presse gegangen, daß ihr Onkel Dustin Vorletztes Weihnachten getötet worden war. So sprach sie eine halbe Stunde später kurz darüber, welche Angst sie immer noch hatte, daß der Unnennbare sie oder ihre Familie angreifen würde. Bernhard sagte ihr darauf hin:

"Becky und ich freuen uns jeden Tag, wenn wir abends in unsere Schlafsäle gehen und wissen, daß unsere Eltern noch leben. Einige aus unserem Bekanntenkreis sind von seiner Bande umgebracht worden, entweder weil sie ihm was verhagelt haben oder weil sie einfach im Weg rumstanden."

"Ja, ist schon grausam, daß er einfach Leute umbringt. Ich habe auch schon gehört, daß er Muggel gejagt und gequält hat", sagte Aurora Dawn.

So unterhielten sie sich einige Minuten über ihre persönlichen Ängste. Aurora hatte dabei das Gefühl, eine dicke Mauer zwischen ihnen würde Stein für Stein zerbröckeln. Um die düstere Stimmung wieder aufzulockern sprachen sie bald über Quidditch. Aurora verriet nicht, wie ihre Flugtechnik ging. Allerdings diskutierte sie mit Bernhard, welche Chancen die Gryffindors gegen die Slytherins haben würden.

"Dieses Jahr sind die Slytherins fällig. Noch mal lassen wir uns von denen nicht das Spiel kaputtmachen", sagte Bernhard überzeugt.

"Das hoffe ich. Letztes Jahr war es schön spannend, gegen euch um den Pokal zu spielen. Mal sehen, ob wir den nicht dieses Jahr kriegen", sagte Aurora.

"Ich glaube nicht, das Winchester das zuläßt. Wir müssen nur auf Heatherbloom aufpassen, daß der nicht wieder vom Besen gehauen wird. Kann euer Kapitän nicht vorsichtiger spielen?"

"Sonst noch was?" Erwiderte Aurora Dawn. Bernhard lachte. Sie lachte auch.

Irgendwann nach vier Tassen Tee und acht Gebäckstücken zahlten beide die gesalzene Rechnung. Doch beide hatten den Eindruck, daß es die Sache wert gewesen war. Als sie das verschwiegene Gartenlokal verließen bemerkte Aurora zwei gelbweiße Lichter in der Zierhecke. Doch es konnte auch eine Sinnestäuschung gewesen sein. Außerdem, was sollte sich eine dieser grüngesichtigen Sabberhexen in den Büschen herumdrücken, wo sie hier in Hogsmeade doch unbehelligt herumschweben konnten?

Wieder auf der Hauptstraße verabschiedete sich Bernhard von Aurora und bedankte sich für den schönen Nachmittag. Sie bedankte sich auch und ging mit einer Mischung aus Aufregung, einer gewissen Irritiertheit und dem Gefühl, heute was besonderes erlebt zu haben zurück zum Schloß, wo sie mit Petula und Miriam zusammentraf.

Beim Abendessen erzählte Roy, daß er mit Dina in Madame Puddyfoots Teestube gesessen habe. Einmal hätte er seine widerliche Verehrerin mit den schwarzblauen Struwelhaaren gesehen, die von draußen reingeglotzt habe. Doch Madame Puddyfoot habe wohl was gegen grüngesichtige Besucherinnen. Sie kam nämlich nicht herein.

"Können wir der nicht ein paar Silberkugeln in den Leib jagen?" Knurrte Roy zum Schluß. "Sonst schreibe ich Mum und Dad, die sollen die Erlaubnis für Hogsmeade zurücknehmen, weil da gefährliche Monster frei herumlaufen."

"Ach, das hast du denen noch nicht erzählt?" Gab Bruster zurück. "Hätte ich sofort gemacht, wenn mir so'ne grüne Schwester an die Wäsche gegangen wäre."

"Haha, du Blödmann. Denkst du, ich schmier's meinen Alten auf's Brot, was da für Gestalten in Hogsmeade herumkreuchen und -fleuchen. Die würden mich dann sofort von der ganzen Schule hier runternehmen."

"Roy, natürlich wissen Mum und Dad, welche Kreaturen in Hogsmeade herumlaufen", schnarrte Roys Schwester, die zehn Plätze weiter links auf der anderen Längsseite des Ravenclaw-Tisches saß. "Ich habe es Mum und Dad nur nicht erzählt, daß dir diese liebeskranke Sabberhexe nachsteigt."

"Ach, und wieso nicht, große Schwester?!" Rief Roy verärgert zurück.

Erica warf einen tadelnden Blick auf ihren Bruder und antwortete: "Weil ich genau das nicht will, daß du wegen Mums Überbesorgtheit und Dads Mißtrauen gegen Hogwarts von hier heruntergenommen wirst, wo du endlich Tritt gefaßt hast."

"Oh, wie aufmerksam von dir", gab Roy verbittert dreinschauend und klingend zurück.

"Eh, Roy, mach deinen Geschwisterstreit bitte im Gemeinschaftsraum aus", mischte sich Mortimer ein. Ihm war nicht danach, sich Ericas und Roys Geplänkel anzutun. Seine eigenen drei Schwestern hatten bis dahin genau zugehört, was die älteren über Hogsmeade erzählt hatten. Mortimer hatte den Drillingen sogar Sachen aus dem Honigtopf mitgebracht.

"Aber noch mal zurück zu deiner fliegenden Freundin, Roy. Die kannst du auch mit Bleikugeln killen. Allerdings nur, wenn die dir nicht vorher diese Erstarrungsgeste gezeigt hat oder dir die Knarre mit 'nem Feuerstrahl aus der Hand brutzelt", meinte Bruster.

"Das ich dich nicht gleich mal verbrutzel, du Hohlkopf", schnaubte Roy. Priscilla Woodlane, die gleich neben Erica saß, hatte das wohl gehört und schüttelte sehr energisch den Kopf.

"Willst du unsere guten Punkte wirklich verjubeln, Roy? Glaube ich nicht. Also entschuldigst du dich bei Bruster für diese dumme Drohung!"

"Am dreißigsten Februar", erwiderte Roy trotzig.

"Gut, wie du willst. Zehn Punkte Abzug für Ravenclaw wegen böswilliger Bemerkungen gegen einen Mitschüler. Beherrsch dich gefälligst etwas mehr!"

"Genau, Roy. Wegen dir rutschen wir wieder unten rein", knurrte Mortimer.

"Also das mit dem Salz haut zumindest noch hin", sagte Roy. "Auf jeden Fall kommt die mir nicht mehr zu nahe, diese Schreckgestalt."

Bruster wurde gefragt, was er so in Hogsmeade gemacht hatte. Er erzählte, daß er sich da mit verschiedenen Leuten getroffen habe, aber nirgendwo länger als nötig geblieben sei. Mehr wollte er nicht erzählen.

Der Abend klang im Gemeinschaftsraum mit einer kurzen Schachpartie zwischen Aurora und Miriam aus. Aurora fragte sich wieder, warum sie sich auf dieses Spiel einließ. Denn Miriam konnte sie in zehn Zügen mattsetzen. Vielleicht war Aurora aber mit ihren Gedanken ganz woanders. Zumindest empfand sie es so, als sie in ihrem Bett lag und hörte, wie Petula Schneeflöckchen und Feuerball in die Nacht hinausließ. Aurora dachte daran, wie gestern abend Fluffy erst geheult und dann gebellt hatte. Was hatte da wohl so schrill geschrien? Dann dachte sie an Berny Hawkins, mit dem sie einen langen Nachmittag verbracht hatte. Wieso wurde sie das Gefühl nicht los, daß dieser harmlose Nachmittag was ganz besonderes gewesen war? Konnte es wirklich angehen, daß sie sich für Bernhard Hawkins zu interessieren begonnen hatte und er sich für sie? Ihre Mutter hatte es ihr schon ein paarmal erklärt, daß sie bald damit rechnen mochte, Jungen nicht mehr nur als anders zu sehen sondern vor allem als interessant und vielleicht begehrenswert zu empfinden. Aber sie selbst glaubte das nicht, daß es jetzt schon sowas sein konnte. Zumindest galt das nicht für sie.

__________

Die Halloweenfeier war wieder ein Spektakel der Geister. Die in Hogwarts wohnenden Gespenster führten eine Gruselparty auf, die manchen neuen Schülern doch das Blut in den Adern gefrieren ließ. Als dann nach der Feier die Erstklässlerin Anne sich bei Priscilla Woodlane erkundigte, ob es nicht schrecklich sei, andauernd herumspuken zu müssen, meinte diese:

"Also von der Ewigkeit, die die Geister hier oder anderswo zubringen müssen abgesehen ist es wohl in vielen Fällen nicht so gruselig wie heute an Halloween. Aber mehr kann ich nicht dazu sagen, weil ich eben kein Geist bin und die Geister das Thema auch als sehr private Angelegenheit sehen."

"Ist schon gut", sagte Anne. "War auf jeden Fall 'ne tolle Party."

Nach Halloween gingen die Wochen ins Land, in denen die Quidditchmannschaften für ihre ersten Spiele trainierten. Aurora traf Bernhard Hawkins noch einmal in der Bibliothek, einen Tag vor dem Gryffindor-Slytherin-Spiel und wünschte ihm Glück bei dem Spiel.

Tatsächlich schafften die Gryffindors es, in einem halsbrecherischen Spiel mit 250 zu 210 Punkten den ersten Tabellenplatz der laufenden Saison zu erobern. Zwar gab es nach dem Spiel eine Rangelei zwischen Gryffindor-Anhängern und denen aus Slytherin, doch Aurora konnte an dem Spiel der Gryffindors nichts unfaires finden. Die Rangelei zwischen den gegnerischen Fans führte dazu, daß Gryffindor und Slytherin ganze einhundert Punkte einbüßten.

Eine Woche vor dem Spiel Ravenclaw gegen Hufflepuff konnte Aurora, die zusammen mit Miriam Swann in der Bibliothek saß, eine kurze Unterhaltung zwischen Tonya Rattler und einer anderen Slytherin belauschen.

"Also, wir kriegen dieses Jahr den Pokal", sagte Tonya. "Wenn ich mir vorstelle, wie schwach die Ravenclaw-Leute und die aus Hufflepuff sind. Mein Onkel Astarot hat gesagt, daß die Zeit bald reif ist, wo der wahre Zaubererstatus wieder hergestellt wird."

"Ja, das ist wohl bald wahr, Tonya. Aber das solltest du hier nicht so laut sagen", zischte ihre Kameradin. Doch Tonya tönte:

"Weißt du, das macht mir jetzt auch nichts mehr aus. In drei Monaten hat er es geschafft, und dann kann hier endlich der Dreck ausgekehrt werden. Mein Onkel meinte schon, daß mit den Hopfkirchs wäre glatter gelaufen als ..."

"Bist du denn des Wahnsinns?" Zischte Tonyas Kameradin und schien sie wohl aus der Bibliothek hinauszuziehen.

"Hast du das jetzt auch gehört?" Flüsterte Miriam Aurora aufgeregt zu.

"Natürlich", flüsterte Aurora zurück. Sie war genauso bleich wie Miriam. Dann meinte Miriam:

"Also hat deren Bande doch was mit ihm zu tun. Was machen wir jetzt damit?"

"Wir können nichts machen, Miriam. Tonya würde es jederzeit abstreiten. Außerdem wissen wir ja nicht, welchen Onkel sie meint. So blöd es ist: Wir müssen das von eben als dummes Geschwätz ansehen. Ich würde auch am liebsten zu Dumbledore rennen und ihm das erzählen. Aber nachher legen Tonya und ihre Bande es so aus, daß sie testen wollten, wer so blöd ist, gleich zum Direktor zu laufen. Uns fehlen Beweise dafür. Sonst sind wir wirklich die blöden."

"Ja, aber wenn's stimmt kennt Tonya ja den Mörder von Amalias Eltern", flüsterte Miriam.

"Bestimmt nicht nur von denen", meinte Aurora verbittert dreinschauend. "Aber dafür kann man sie leider nicht von der Schule werfen. Außerdem denke ich, daß die Auroren es mittlerweile auch wissen, wer das Verbrechen an den Hopfkirchs begangen hat."

"Ach ja? Woher denn? Die laufen doch alle maskiert herum", schnaubte Miriam. "Würde mich nicht wundern, wenn Tonyas Onkel auch einige von uns hier auf dem Gewissen hat und auch welche aus Hogsmeade."

"Tja, Miriam. Ich weiß, was du denkst. Vielleicht hat Tonyas Onkel auch meinen Onkel Dustin umgebracht. Ich würde das auch gerne anzeigen. Aber Tonya redet häufig dummes Zeug daher. Nachher hat die's wirklich darauf angelegt, daß Leute wie wir mithören und losrennen und sie sich dann tierisch amüsiert, daß sie uns Eierköpfe wie einen aufgescheuchten Hühnerschwarm durch die Gegend jagen kann. Willst du ihr diese Genugtuung geben?"

"Das nicht. Aber man könnte sie zumindest verhören, ob sie wirklich jemanden kennt, der mit Du-weißt-schon-wem zusammenhängt", erwiderte Miriam.

"Das geht nur, wenn wirklich was gefunden wird, um sie einzukassieren. Im Moment haben wir aber nur diese eine wirklich dreiste Äußerung. So bescheuert das ist, wir müssen abwarten, ob sie sich anderswo noch heftiger verplappert und dann das noch mit anführen, was sie heute gesagt hat. Aber sie würde so oder so genug Zeugen beibringen, die sagen, daß sie bestimmt nicht sowas unsinniges gesagt hat. Also müssen wir warten, Miriam."

"Wie du meinst, Aurora. Ich hoffe nur, daß wir das nicht bereuen."

"Bestimmt nicht, weil Tonya was gesagt hat, was so klingt, als hätte sie einen Onkel bei den Todessern. Da müßtest du mehrere Slytherins einsperren", sagte Aurora. Miriam sah dies ein. So mußten die beiden Mädchen das gehörte verschweigen, um nicht selbst wie die letzten Idiotinnen dazustehen.

Am Abend vor dem Quidditchspiel gab es wieder ein Duelltraining. Diesmal ließ Balder Aurora gegen Lissy Wright antreten. Aurora sah es nicht ein, sich zurückzunehmen, nur weil Lissy zwei Klassen unter ihr war und schaffte in drei Übungsrunden drei überragende Siege. Einmal konnte sie Lissy mit dem Schockzauber außer Gefecht setzen. Beim zweiten Mal konnte sie Lissy durch den Entwaffnungszauber davon abhalten, ihr einen Fluch aufzuhalsen. Beim dritten Mal zwang sie Lissy zu einem unkontrollierten Tanz. Lissy meinte nach dem Duelltraining, man hätte sie offenbar mit einer zu heftigen Gegnerin zusammengestellt. Professor Balder meinte dazu nur:

"Sie haben sich doch durch die letzten Übungsstunden so gut empfohlen, Ms. Wright. Sie machten auf mich den Eindruck, mit höherklassigen Duellpartnern gut mithalten zu können."

"Das war Absicht", knurrte Lissy.

"Sie haben sich nicht dagegen entschieden", meinte Balder und mußte leicht grinsen.

"Vergessen Sie's!" Schnaubte Lissy und verließ das Übungsfeld.

"Sowas nennt man wohl eine Entzauberung", meinte Aurora zu Bruster, der gerade siegreich gegen Samiel Sharkey bestanden hatte.

"Wie, hast du der kleinen Prinzessin die Krone zerdeppert?" Fragte er. Sie nickte.

__________

Wie im letzten Jahr war die Partie zwischen Ravenclaw und Hufflepuff kein Problem für die Mannschaft Auroras. zwanzig Minuten lang tobte sich Ravenclaw vor dem Torraum Hufflepuffs aus, wobei Aurora mit ihren Doppelachsenmanövern sieben der dreizehn Tore selbst erzielen konnte und von den sechs weiteren drei vorlegte. Als dann Karin Meridies den Schnatz fing empfanden die Hufflepuffs es eher als Erlösung als als endgültiges Aus. Mit nun 280 Punkten überholten die Ravenclaws Gryffindor um dreißig Punkte. Im Schutze der Ravenclaw-Anhänger wurde die siegreiche Mannschaft ins Schloß zurückbegleitet.

"Na, die haben wir voll beharkt", freute sich Mortimer. "Ich hatte ja überhaupt nix zu tun."

"Das wird gegen die Slytherins ganz anders", warnte Alessandro den Hüter der Ravenclaws vor. "Wenn wir nicht aufpassen machen die das mit uns, was wir heute mit den Hufflepuffs gemacht haben. Also sollten wir uns nicht zu früh freuen."

"Mag sein, Alessandro. Aber heute will ich nicht darüber nachdenken müssen", sagte Mortimer.

Der ganze Tag war in Ravenclaw eine einzige Party. Alle ließen das siegreiche Team hochleben. Vor allem Aurora und Ronin, die als Jäger gut zusammengespielt hatten, wurden für die große Leistung gelobt.

__________

Weitere Wochen vergingen. Der Winter kündigte sich mit kalten Nächten und Rauhreif auf den Zinnen und Fenstersimsen an. Vor Weihnachten gab es noch einmal einen Ausflug nach Hogsmeade. Doch diesmal blieb Roy mit Dina im Schloß. Bruster meinte schon, daß Roy wohl Angst vor der gewissen Dame mit den schwarzblauen Struwelhaaren habe. Doch Roy sagte dazu nur:

"Du kannst die gerne haben, wenn sie dir über den Weg fliegt. Im Moment bist du ja noch frei verfügbar."

Bruster schien über diesen Konter heftig erschüttert zu sein. Zumindest meinte Aurora das an seinem Gesicht abzulesen. Doch einen Moment später sagte Bruster:

"Selbst wenn dieses Weib die einzige wäre, die was von mir wollte, würde ich immer noch eine Andere nehmen. Also bleib schön hier in der warmen Stube!"

"Aber immer doch", gab Roy grinsend zurück. Als Bruster mit Aurora, Petula, Miriam und Mortimer hinausging grinste Roy in sich hinein. Offenbar hatte er Brusters perfekte Geheimhaltung etwas erschüttern können.

Als die Ausflügler nach einem Tag in klirrender Kälte und leichtem Schneefall ins Schloß zurückkehrten verteilten sie jede Menge Weihnachtssüßigkeiten an die jüngeren Schüler. Aurora hatte für die muggelstämmigen Mädchen der ersten Klasse bunte Weihnachtskugeln mit warmer Kokusnuß-Kakaofüllung mitgebracht.

"Ui, das ist ja richtig warm. Wie geht sowas?!" Wollte Phiona Carpenter wissen.

"Da gibt es einen Zauber, mit dem mann Sachen immer warm halten kann, solange sie in einer festen Umhüllung sind", sagte Aurora. Anne Singer fragte, ob sie ihren Eltern sowas geben dürfte. Aurora meinte, daß Süßwaren wohl nicht zu den nicht an Muggel auszuliefernden Artefakten gehörten. Doch sicher sei sie da nicht.

"Aber irgendwie genial", meinte Phiona und holte sich noch eine Kugel aus dem kleinen Korb, den Aurora ihr gegeben hatte.

"Echt, diese Lautläuteglocken sind ja auch heiß", meinte Tim Preston und schwang ein kleines Silberglöckchen, das jedoch wie eine kleine Kirchenglocke bimmelte.

"Die schmeißen die gerade im hohen Bogen raus", meinte Lissy Wright. "Dieser Weihnachtsschmuck geht eben nur drei Wochen im Jahr. Wer da in der Letzten Woche was sucht, kriegt es entweder gar nicht oder zum Spottpreis."

"Wenn's nicht gerade 'n Weihnachtsbaum ist", meinte Roy dazu nur und ließ eine selbstleuchtende Weihnachtspyramide erstrahlen. Bruster nickte.

"Da kann Dad auch Lieder von singen. Mum hat ihn schon bedauert, daß er noch die Weihnachtsbäume bei den Leuten in der Stadt kaufen muß. Dabei haben wir in der Verwandtschaft genug Leute, die kleine Tannen züchten, die sie vor Weihnachten mit Schwellzaubern turmhoch aufblasen können."

"Ja, nur das hat dann wohl nix mehr von Weihnachten", meinte Roy.

"Du bist doch mal ganz still. Oder feiert ihr dieses Jahr mal ausnahmsweise zu Hause?" Entgegnete Bruster.

"Nur kein Neid, weil wir dieses Jahr nach New York fahren", meinte Roy. Bruster meinte nur, er sei ein Angeber. Darauf erwiderte Roy, daß er nur die Wahrheit gesagt habe. Seine Eltern hatten eine Ostküstenkreuzfahrt geschenkt bekommen, die sie mit Erica und Roy unternehmen würden.

"Das war wohl'n Eigentor, Bruster", meinte Jim Frederics und versuchte, Phiona eine der Kokus-Kakao-Kugeln zu stiebitzen. Doch Aurora bekam das mit und sagte nur:

"Na, tut man das?" Mit dem Blick des ertappten Sünders ging Jim wieder auf Abstand.

"Der könnte doch einfach fragen", meinte Phiona. Doch Jim fragte nicht.

In den letzten Tagen vor den Ferien erfüllte Weihnachtsmusik Ravenclaws Gemeinschaftsraum. Bruce trug jetzt immer ein dickes Pelzkostüm, während seine Maggy mit silbernen und goldenen Glöckchen geschmückt war, was der Kuh wohl nicht sonderlich gefiel. Aber wem würde es auch gefallen, wenn bei jedem Schritt oder der kleinsten Bewegung ein vielstimmiges Geklingel zu hören war?

Als dann bei starkem Schneefall die über die Ferien heimfahrenden Schüler im kleinen Bahnhof von Hogsmeade den Hogwarts-Express bestiegen, dachte Aurora an Fluffy, den dreiköpfigen Hund. Was würde Hagrid mit ihm machen, wenn er auch nur doppelt so groß wie vor drei Monaten sein würde. Sie erinnerte sich noch an Hagrids Worte, daß der Hund doch klein sei. Sie dachte an Bernhard Hawkins, der gerade mit seiner Schwester in einem der hinteren Wagen verschwand. Irgendwie war es schon merkwürdig, wie sie zusammengesessen hatten, nur weil dieser merkwürdige Hund ihn im Spiel den Umhang und einen Arm angeritzt hatte. Tja, wegen dieses Hundes hatte sie mit Bernhard, den sie außerhalb des Unterrichts nie so recht beachtet hatte, einen langen Nachmittag bei Tee und Gebäck verbracht. War das schon was ernstes? Oder war es einfach nur wegen dieses kleinen aber nicht niedlichen Hundes? Sie wußte es nicht. Auch als der Express in Kings Cross einlief wußte sie nicht, was sie von dieser Sache halten sollte. Sie würde sich mit ihren Eltern darüber unterhalten müssen.

Mr. und Mrs. Dawn standen bereits auf dem Bahnsteig. Auch waren wohl viele Ministeriumszauberer da, die aufpaßten, daß es nicht zu einem neuen Überfall der Todesser kommen konnte. Vom tropfenden Kessel aus reisten die Dawns mit Flohpulver zurück in ihr Landhaus, das wie ein Eispalast mit Puderzuckerkrone in einer blütenweißen Winterlandschaft lag.

ENDE

Nächste Story | Verzeichnis aller Stories | Zur Harry-Potter-Seite | Zu meinen Hobbies | Zurück zur Startseite

Seit ihrem Start am 1.März 2005 besuchten 6551 Internetnutzer diese Seite.