DIE GASTFAMILIE

Eine Fan-Fiction-Story aus der Welt der Harry-Potter-Serie

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© 2002 by Thorsten Oberbossel

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Was bisher geschah Vorige Story.

P R O L O G

Julius Andrews wird in Hogwarts Zeuge vom Tod Cedric Diggorys und erfährt, daß der in der Welt der Zauberer gefürchtete Lord Voldemort, den Hexen und Zauberer nicht freiwillig beim Namen nennen, seine alte Macht und seinen Körper zurückgewonnen hat und nun wieder die Macht der dunklen Seite der Magie über die ganze Welt auszudehnen versuchen wird. Diese Erkenntnis erfüllt Julius mit einer gewissen Angst. Bestärkt ihn auf der anderen Seite jedoch auch darin, nun noch intensiver seine Zaubereiausbildung zu verfolgen. Zu diesem Zweck nimmt er Professeur Faucons Einladung an, im französischen Zaubererdorf Millemerveilles in der Abwehr dunkler Kräfte unterrichtet zu werden, bis das neue Schuljahr in Hogwarts beginnt.

Zusammen mit der Abordnung der französischen Schule Beauxbatons, die wegen des trimagischen Turniers in Hogwarts weilte, reist er in deren fliegender Kutsche zurück nach Frankreich. Er bestaunt die Zaubertechnik des großräumigen Gefährts, in dessen Innerem weder Kurvenflüge noch Ruckelbewegungen zu spüren sind. Dann landet er mit den anderen Turniergästen auf dem Gelände von Beauxbatons und fühlt sich gleich wie in einer Kaserne der Muggelarmee, wegen der strickten und kühlen Umgebung. Er lernt einige Lehrer der französischen Schule kennen, darunter den in seiner Arbeit aufgehenden Professeur Trifolio, der dort Kräuterkunde lehrt, sowie die kleine aber frostig wirkende Professeur Fixus, die Julius offenbart, daß sie eine der wenigen echten Gedankenleser der Zaubererwelt ist. Julius darf am Tisch des grünen Saales von Beauxbatons das Jahresabschlußfest mitfeiern, an dem auch die beiden Dusoleil-Schwestern Jeanne und Claire, sowie Virginie Delamontagne sitzen. Er bekommt mit, wie die Abteilungen der Schule geehrt und deren beste Schüler ausgezeichnet werden. Doch all die strickte Strenge und das Fehlen von Lockerheit bringen Julius davon ab, sich freiwillig für einen längeren Aufenthalt in Beauxbatons zu bewerben.

Nach dem Fest reisen sämtliche Beauxbatons-Schüler von einem großen auf dem Boden des Schulhofs gemalten ausgefüllten Kreis aus roter Farbe aus zurück in ihre Heimatorte, in dem die Lehrer, die in den betreffenden Städten wohnen, magische Lichtsphären erschaffen, die mit den Schülern verschwinden. Julius erlebt und bewundert diese für ihn neue Form magischen Reisens und landet mit den Schülern aus Millemerveilles und Professeur Faucon im französischen Zaubererdorf, wo die Familie Dusoleil lebt, die ihn bei der Ankunft herzlich begrüßt und für die Ferien beherbergen will. Mit Madame Dusoleil unterhält er sich später am Abend noch über die Ereignisse des letzten Turniertages und fragt, ob sie nicht Angst haben, daß er, der "Muggelstämmige", ja als mögliches Ziel des dunklen Lords eine Gefahr für die Dusoleils bedeute. Doch diese erklären ihm, daß er zum einen in Millemerveilles sicherer ist, als er anderswo sein kann und daß sie nicht wollen, daß er von Voldemort entweder getötet oder auf dessen Seite gezwungen wird, da sie um sein weiteres Wohl besorgt sind. Briefe von Catherine Brickston, bei der Julius' Eltern ihren Urlaub verbringen, sowie Aurora Dawn, der Hexe, die Julius in Australien traf, bevor er nach Hogwarts ging und die sehr an seiner Entwicklung interessiert ist, unterstreichen, daß Julius trotz der düsteren Bedrohung nicht im Stich gelassen wird.

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Das alte Sanderson-Haus lag vor ihnen, Julius, Lester und Malcolm. Hier wollten sie hineingehen, weil das sonst niemand mehr tat, seitdem die Sandersons vor einem Jahr weggezogen waren. Malcolm hatte gesagt, daß es hier noch eine alte Standuhr und sonstige Sachen geben sollte, die man ja mitnehmen könnte. Julius sollte als erster nachsehen, was drinnen los war.

Er ging also in das Sanderson-Haus. Dort hörte er ein wildes Summen und Brummen und folgte dem Geräusch, bis ihn ein Schwarm wütender Wespen angriff und ihn mit hunderten von Stichen zurücktrieb. Er rannte und kroch die Kellertreppe wieder hinauf, die er vorhin noch hinuntergestiegen war. Draußen warteten seine Freunde. Doch die wütenden Insekten fielen auch über sie her. Dabei brach das alte Haus in sich zusammen. Doch dann geschah noch etwas. Die Wespen wuchsen an. Zunächst waren sie nur so groß wie Streichhölzer, dann wuchsen sie auf Tennisballgröße, dann auf Apfelgröße an. Julius schrie, als eines dieser Monstertiere seinen Stachel zwischen seine Augen bohrte ... und stieß mit dem Kopf gegen den aufgespannten Baldachin eines Himmelbettes.

"Wieder dieser vermaledeite Alptraum!" Fluchte Julius flüsternd, als er den mörderischen Schrecken überwunden und sich zurechtgefunden hatte.

Dieser "vermaledeite Alptraum" verfolgte Julius seit seiner frühesten Kindheit. Seitdem er mit vier Jahren zusammen mit seinen Freunden das alte Haus der Sandersons durchstöbern wollte, wobei er wirklich von einem dort lebenden Wespenschwarm angegriffen wurde, kam die Erinnerung an diese schreckliche Sache immer wieder zu ihm, wenn er glaubte, sich sicher zu fühlen. Doch daß die Wespen wuchsen, das war nur in diesem Traum passiert. Obwohl Julius wußte, daß es nur ein Traum war, suchte er nach verbliebenen Insekten, lauschte in die Dunkelheit des Zimmers, daß nicht sein eigenes war. Als er leise Schritte hörte, die sich näherten, fuhr er erschrocken zusammen und stieß dabei den Bettvorhang an, der leise raschelnd hin- und herwogte. Wo war er denn hier?

Julius wußte einige Sekunden nicht, wo er eigentlich war. Denn das letzte Mal, als er diesen Traum geträumt hatte, war er zu Hause in London gewesen, wenige Tage vor seinem elften Geburtstag. Er Lag in einem Himmelbett. Sowas hatten sie zu Hause nicht. Sowas gab es nur in der Zaubererschule Hogwarts, die er schon seit zwei Jahren besuchte. Doch das war nicht Hogwarts, der große Schlafsaal. Denn er hörte nicht das leise Atmen und Schnarchen seiner Klassenkameraden in den Betten nebenan. Außerdem war es hier viel wärmer. Das merkte er, weil sein Pyjama total vom Schweiß durchtränkt war. Der Schweiß konnte ja nicht nur von seiner Angst herkommen!

Leise öffnete sich die Tür, und Schritte näherten sich Julius. Dieser griff nach dem Vorhang und zog ihn schnell bei Seite. Ein leiser Befehl, von einer Frauenstimme gegeben, brachte einen Leuchter an der Decke dazu, warmes gelbes Licht in das Zimmer zu strahlen. Julius sah die leicht untersetzte, aber nicht dicke Frau in einem meergrünen Morgenrock mit roten, gelben, blauen und weißen Blumen darauf, deren langes schwarzes Haar zerzaust um ihren Kopf hing. Aus großen dunkelbraunen Augen sah sie Julius prüfend ins Gesicht. Dann legte sie zärtlich ihre rechte Hand an Julius' Wange und streichelte sie.

"Du hast wohl etwas sehr schlimmes geträumt, wie, Garçon?" Fragte sie.

Julius, dem die Streicheleinheiten wider seine Einstellung, er sei schon aus diesem Alter raus, eine angenehme Beruhigung brachten, nickte nur. Dann setzte er sich richtig auf, blickte auf seine Armbanduhr, die vier Zeiger besaß, einen roten, einen schwarzen, einen goldenen und einen silbernen. Der letztere rückte jede Sekunde um ein weniges vor, während der goldene gerade über der Drei und der rote Zeiger hinter der Fünf ruhte. Der schwarze Zeiger lag hinter der Vier.

"Habe ich Sie geweckt, Madame Dusoleil?" Fragte Julius die Frau, ohne zu bedenken, daß sowohl er, als auch sie nicht Englisch sondern Französisch sprachen.

"Ich hörte dich erst stöhnen, dann einen lauten Schrei tun. Ich war gerade wach. Florymont schläft noch. Er hat immer einen sehr tiefen Schlaf. Als ich nachsehen kam, was mit dir los ist, hörte ich, wie du dich im Bett aufsetztest. Deshalb bin ich auch hereingekommen, sonst hätte ich dich ruhig weiterschlafen lassen."

"Das war ein alter Alptraum, der mich immer wieder mal besucht, wenn ich was aufregendes vor oder hinter mir habe, Madame", erwiderte Julius verlegen. "Ein paar Kumpels von mir und ich haben damals ein verlassenes Haus besucht und da .... aber das interessiert sie bestimmt nicht." Julius fiel ein, was ein "Psycho-Onkel" mal in einer Fernsehshow gesagt hatte:

"Die Träume sind das Fenster zur Seele. Wer seine Träume anderen mitteilt, offenbart sich ihm und gibt ihm Macht, ihn zu beeinflussen, zu steuern oder zu ängstigen. Viele unterschätzen diese Gewalt, die ihre Träume besitzen immer noch."

"Findest du, daß mich das nicht interessiert?" Hakte Madame Dusoleil nach. Julius nickte.

"Du hast recht, wenn du gerade deine Alpträume keinem an sich noch fremden Menschen erzählen möchtest. Mit der Angst, die jemand darin durchlebt, macht er sich vielleicht angreifbar, wenn er darüber redet. Andererseits ist Reden manchmal der einzige Weg, die Nachtdämonen loszuwerden, die einen von Zeit zu Zeit heimsuchen", sagte Madame Dusoleil mit sanfter Stimme und lächelte wieder wohlwollend.

"Das schlimme an diesem Traum ist, daß das, was darin passiert, wirklich mal passiert ist", sagte Julius, gab sich einen Ruck und verscheuchte die Reden des Psychologen aus dem Fernsehen, der vor der Gewalt der Träume gewarnt hatte. Er erzählte kurz, was damals passiert war, von der Idee, das alte Sanderson-Haus zu besuchen, vom Wespenschwarm, der Julius angegriffen hatte, sowie dem einstürzenden Haus. Tatsächlich fühlte er sich jetzt erleichtert und nicht in einer Falle. Madame Dusoleil, die ihm ruhig zugehört hatte, sagte nun:

"Das Haus stürzte ein, weil du wohl unwissentlich Magie ausgeübt hast. Angst und Wut sind die stärksten Auslöser bei ungeübten Zauberern und Hexen. Denise hat ihre Magie auch aus einem Angstanfall heraus entdeckt, als sie so alt war, wie du damals. Deshalb bist du also nun hier." Die letzten Worte hatte sie mit einem sehr erfreuten Schmunzeln gesprochen.

"Öhm, stimmt! Das war so ein Punkt, den das englische Zaubereiministerium in die Liste reingeschrieben hat", erinnerte sich Julius und brachte ein Lächeln zu Stande, das von Madame Dusoleil ebenfalls mit einem Lächeln beantwortet wurde.

"Es ist gerade vor halb sechs. Wenn du möchtest, kannst du noch zwei Stunden schlafen. Ich stehe auf jeden fall jetzt gleich richtig auf. Falls du schlafen möchtest, wecke ich dich um halb acht wieder. Du kannst aber auch aufstehen und mit mir zusammen noch ein wenig in der Küche weiterplaudern, wenn du möchtest", bot Madame Dusoleil an. Julius überlegte kurz, wie müde oder wach er war und fand, daß ihn der Traum ziemlich heftig aufgerüttelt hatte, um noch mal in einen guten Schlaf zu fallen, bevor die zwei Stunden um waren. Also sagte er, daß er jetzt schon aufstehen, sich anziehen und vielleicht einen Morgenlauf um den Teich in der Dorfmitte machen wolle. Madame Dusoleil nickte zustimmend und sagte:

"Gut, Julius. Wenn du angezogen bist, gib mir bitte den Pyjama. Der ist zu lang für hier. Ich wasche ihn und verkürze die Ärmel und Beine, damit du uns über Nacht nicht austrocknest. Das war vielleicht auch ein grund für den Traum. Die Weißheit meiner Mutter verkündet, daß Leute, die zu wenig trinken, immer böse Träume haben, wenn sie in einem warmen Land sind. Letztes Jahr warst du wohl besser vorbereitet."

"Ich hatte kurze Schlafanzüge mit, als ich bei Catherine war", erinnerte sich Julius an seine Reise nach paris in den letzten Sommerferien, von wo aus er wegen eines Briefes seines Vaters, den Catherine an das französische Zaubereiministerium weitergeleitet hatte, von Catherines Mutter, Professeur Faucon, nach Millemerveilles mitgenommen und dort von ihr versorgt und behütet wurde, bis er nach Hogwarts zurückkehrte. Ja, und jetzt war er eben wieder in Millemerveilles! Diesmal wohnte er bei der Dusoleil-Familie, die ihn im letzten Sommer kennen und offenbar mögen gelernt hatte. Professeur Faucon hatte sogar mal geäußert, daß Camille Dusoleil, die Mutter und heimliche Herrscherin der Familie, ihn vom Fleck weg adoptiert hätte, wenn er nicht nach England zurückkehren dürfte. Denn er teilte die Leidenschaften der Hexe: Kräuterkunde und Quidditch. Außerdem hatte er gezeigt, daß Musik für ihn keine unmögliche Kunst war und seine für viel Geld erlernten Tanzkünste hatten ihr übriges angerichtet, ohne es zu beabsichtigen in die Familie Dusoleil aufgenommen zu werden, wobei sowohl Madame Dusoleil, als auch ihre Tochter Claire um Julius' Wohl konkurrierten.

"Ich habe noch zwei Schlafanzüge mit, alle mit langen Ärmeln. Aber die brauche ich wohl in Hogwarts wieder, ob Bettwärmer oder nicht", sagte Julius.

"Einen kannst du mir noch geben. Du kannst dir hier in Millemerveilles noch welche kaufen. Sofern du ja heute frei hast, können wir nachher in die Zwirnstube gehen, unserer ortsansessigen Schneiderei. Ich spendiere dir die langen Schlafanzüge für Hogwarts", bot Madame Dusoleil an.

Errötend schüttelte Julius vorsichtig den Kopf und lehnte dankend ab. Er habe ja selbst Geld mit, um sich nötige Dinge zu kaufen. Madame Dusoleil habe ja schon genug um die Ohren, ihn mit durchzufüttern.

"Dann kommt es mir auf zwei Warmwollpyjamas nicht an, mein Junge", lachte die Mutter dreier Töchter und in Millemerveilles führende Kräuterhexe.

"Warmwolle? Öhm, das ist doch bestimmt teuer, sowas zu kaufen", wandte Julius ein. Madame Dusoleil lachte wieder. Dann sagte sie:

"Jeanne hat mir geschrieben, wie kalt es in Hogwarts werden konnte. Sie war froh, zwei Nachthemden aus Warmwolle mitgenommen zu haben. Maman hat eben immer recht, mußte sie einsehen."

"Doch in der Kutsche war doch immer ein warmes Klima", wunderte sich Julius, der daran dachte, daß im fliegenden Reisewagen der Beauxbatons-Abordnung viele Komfortzauber eingearbeitet waren.

"Ja, aber nur so warm, daß sie nicht frieren mußten, wenn sie wach waren. Feuer darf im Reisewagen nicht gemacht werden, nur Kerzen und Leuchter dürfen brennen", entgegnete Madame Dusoleil.

Es klopfte an die Zimmertür. Leise, aber vernehmbar. Julius schrak zusammen. Dann sagte er:

"Herein!"

In einen violetten Morgenrock gehüllt trat Jeanne, die älteste der drei Dusoleil-Töchter ins Zimmer ein. Sie sah in Haarfarbe, Hautton und Augenfarbe genauso aus, wie ihre Mutter, nur eben jünger und schlanker. "Guten Morgen, Julius! Hast du schlecht geträumt? Das ist wohl die Wärme hier. Die kennst du nicht mehr", begrüßte Jeanne Julius. Dann sah sie ihre Mutter an.

Claire hat mich gefragt, warum Julius so geschrien hat. Ich hörte dich zu ihm gehen und habe gewartet, ob du schnell wieder zurückkommst. Als du nicht wiederkamst, habe ich Claire gesagt, nachzusehen."

"Julius hat mir nur seinen Traum erzählt, weil ich wissen wollte, was ihn so aufgebracht hat. Alles in Ordnung", erläuterte Madame Dusoleil ihrer Tochter. Wie auf ein Stichwort sah Julius Claire Dusoleil, die nur wenige Tage jünger war als er, im Türrahmen auftauchen. Auch sie hatte zerzaustes Haar und sah aus, wie ihre Mutter, eben um zwanzig Jahre jünger. Sie trug einen hellroten Morgenrock mit weißen Punkten.

"Na wunderbar! Jetzt habe ich alle drei hier im Zimmer", dachte Julius etwas ungehalten darüber, daß die Mutter und die älteren Töchter sofort um ihn herumsprangen, weil er einen Alptraum, nur diesen vermaledeiten Alptraum, hatte.

"Es war nur ein Alptraum, den ich zwischendurch immer mal wieder habe, Claire", sagte Julius, noch bevor die zweitälteste Tochter Madame Dusoleils irgendwas sagen konnte.

"Sowas kann schlimmer sein, als etwas unangenehm echtes. Professeur Fixus hat einen Klassenkameraden einmal laut angefahren, weil der im Unterricht nur an einen Alptraum denken konnte. Das war nach einer Stunde bei Professeur Faucon, wo wir Irrwichte besprochen haben", plauderte Claire über etwas, daß wohl schon etwas länger herwar.

"Das war wohl die erste Stunde bei Madame Faucon", erwiderte Julius frech grinsend, weil er sich das gut vorstellen konnte, daß die strenge Lehrerin, die, wenn er das richtig mitbekommen hatte, nicht die einzige in Beauxbatons war, in der allerersten Stunde jene dunklen Wesen drannehmen mochte, die sich in dunklen Schränken oder Kästen versteckten und beim herausgelassenwerden in das verwandelten, was dem, der sie zuerst sah, die meiste Angst einjagte.

"Nein, es war die vierte Stunde, Julius. Sie mußte ja erst wissen, ob wir alle unsere Zauberstäbe richtig gebrauchen könnten, weil Irrwichte nicht so einfach zu besiegen sind", antwortete Claire. Jeanne fügte hinzu:

"Professeur Faucon ist zwar sehr streng, aber sie geht kein Risiko ein. Einer von Beauxbatons hat eine unüberwindliche Angst vor Feuer. Wenn der den Riddiculus-Zauber nicht hätte anbringen können, wäre das ganze Klassenzimmer in Flammen aufgegangen, als ein als Feuerball aufgetauchter Irrwicht auf ihn zuschwebte."

"Oh-oh, Feuerangst ist wohl wie Höhenangst etwas sehr hinderliches in einer Zaubererschule, wie?" Erwiderte Julius darauf und war froh, weder Angst vor Feuer, noch vorm Fliegen zu haben.

"Dafür kann der den Brandlöschzauber besser als jeder andere seiner Klasse", wußte Jeanne zu berichten.

"Ach, den. Der geht auch gut gegen Poltergeister", sagte Julius und grinste gehässig, weil er daran dachte, daß er Peeves, den Hogwarts heimsuchenden Poltergeist, schon häufig mit diesem Zauber eine wörtlich kalte Abfuhr erteilt hatte.

"Hat Barbara mir erzählt, daß du den gegen diesen Möchtegerndämonen benutzt hast", bestätigte Jeanne. Claire sah Julius mit noch größeren Augen an, als sie ohnehin schon besaß.

"Kinder, Julius ist nur im Pyjama und möchte gerne aufstehen. Lassen wir ihn in Ruhe seine Morgentoilette verrichten, ja!" Wies Madame Dusoleil ihre Töchter zurecht, die offenbar kein Problem damit hatten, bei einem Jungen, der eigentlich nicht zu ihrer Familie gehörte, im Zimmer zu stehen und zu plaudern. Madame Dusoleil hatte ruhig und keineswegs streng geklungen. Dennoch wirkten ihre Worte so, als habe sie einen harten Tadel ausgesprochen. Denn Jeanne und Claire nickten unterwürfig und zogen sich schnell und wortlos aus dem Gästezimmer zurück. Auch Madame Dusoleil verließ das Zimmer, nachdem sie Julius daran erinnert hatte, ihr den durchgeschwitzten Pyjama zu überlassen, wenn er angezogen war.

Julius gönnte sich noch einige Minuten zum Nachdenken und Sortieren von Eindrücken und Erinnerungen. Gestern war er nach Millemerveilles gekommen. Davor war er mit der Beauxbatons-Abordnung in deren Schule zurückgereist, einem weißen Palast in einer wohlgepflegten Grünanlage. Er hatte Professeur Fixus, die Zaubertranklehrerin getroffen, die zu seinem Unbehagen eine echte Gedankenleserin war und seinen nur gedachten Vergleich zwischen ihr und dem in Hogwarts von allen außer den Slytherins ungeliebten Professor Snape sehr wütend zurückgewiesen hatte.

Er hatte am grünen Tisch von Beauxbatons gesessen und dabei erfahren, daß er wohl wegen seiner Lust am Herumexperimentieren und der von ihm nicht gerade zu Markte getragenen Vielseitigkeit ebenfalls dort untergekommen wäre, hätte ihn ein irgendwie gemeines Schicksal genau nach Beauxbatons geführt. An diesem Tisch saßen ja auch die beiden dort zur Schule gehenden Dusoleil-Töchter, sowie die Tochter der Dorfrätin für gesellschaftliche Angelegenheiten, nämlich Virginie Delamontagne. Julius dachte noch mal an die magische Sphäre, die ihn und die Anderen aus Millemerveilles von Beauxbatons fortgetragen hatte. Er fühlte noch mal die Schwerelosigkeit, die während der magischen Reise vorherrschte und fragte sich, ob sie durch die Luft oder vielleicht zwischen den Dimensionen des Raumes und der Zeit gereist waren, wie er es aus Zukunftsromanen und Weltraumcomics kannte.

Er dachte vor allem daran, warum ihn die Beauxbatonss mitgenommen hatten. Die Dusoleils, die ihn über die Ferien beherbergen wollten, sowie Professeur Faucon, hatten Madame Maxime, die Schulleiterin von Beauxbatons, davon überzeugen können, Julius so schnell wie möglich nach Millemerveilles zu bringen, nachdem Cedric Diggory in der dritten und letzten Runde des trimagischen Turniers getötet worden war. Julius sah für einen winzigen Moment das fahle Gesicht des toten Jungen aus Hufflepuff vor sich, die Augen in stummem Entsetzen weit aufgerissen. Sofort darauf sah er das tränenübergossene Gesicht Cho Changs, seiner älteren Hauskameradin, die, wie alle Hogwarts-Schüler sich sicher waren, eine mehr als freundschaftliche Beziehung zu Cedric gepflegt hatte. Diese Bilder rechtfertigten die Angst, zumindest die Sorge von Professeur Faucon, ihrer Tochter Catherine, ohne Die Julius nach den letzten Sommerferien wohl nicht mehr nach Hogwarts zurückgekehrt wäre, sowie der Dusoleils, er könne in einer großen Gefahr schweben, von Lord Voldemort ebenso wie Cedric getötet zu werden, oder daß dieser ihn unter dem Imperius-Fluch, dem stärksten und zudem verbotenen Versklavungszauber zu seinem Werkzeug machen könne. Julius lächelte unberechtigterweise, weil er sich fragte, ob alle, die ihn nun wieder nach Millemerveilles gebracht hatten, eher Angst um ihn oder vielleicht Angst vor ihm hatten, falls er Voldemorts Erfüllungsgehilfe werden könnte. Doch diese Frage verdrängte er sofort wieder, weil er gerade sowas nicht sein wollte, ein mordender Zombie, dessen klares Bewußtsein mitbekam, wie der Körper die schlimmsten Untaten ausführte, ohne ihn daran hindern zu können.

Julius gab sich einen Ruck und suchte seine Alltagssachen zusammen, knäuelte sie zu einem Bündel zusammen und begab sich in das Gästebad, das auf dem Flur lag, auf dem auch die beiden Gästezimmer der Dusoleils lagen.

 

Ordentlich gewaschen und angekleidet ging Julius um genau sechs Uhr hinunter in den Wohnbereich des Hauses, wo die Küche und Wohn- und Esszimmer untergebracht waren. Er roch den Duft frischen Kaffees und heißer Schokolade, der sich vermischte mit dem Duft frischgebackenen Brotes. Gierig sog Julius diese verheißungsvollen Gerüche in seine Nase ein und betrat die Küche, wo Madame Dusoleil, ebenfalls ordentlich gekämmt und in einer weiten Küchenschürze, vor dem großen Ofen stand und mit ihrem Zauberstab hantierte, um Besteck und Geschirr die letzten Vorbereitungen für das Frühstück ausführen zu lassen.

"Das Brot ist in einer halben Stunde fertig. Ich lass es seine natürliche Zeit backen, wegen des Geschmacks. Gehextes Brot schmeckt immer etwas fade", begrüßte Madame Dusoleil den Gast. "Ich laufe mir noch ein wenig Hunger an, um Ihr Werk auch anständig zu würdigen", sagte Julius. Madame Dusoleil schenkte ihm ein belustigtes Lächeln dafür und wünschte ihm viel Erfolg. Sie mahnte nur an:

"Trampel aber nicht so laut durch die Gassen! Hier schlafen welche bis zehn Uhr morgens!"

"Ich werde mich daran halten", versprach Julius und verließ das Dusoleil-Haus, ging durch die weitläufige Gartenanlage mit den ordentlichen Beeten und den korrekt aufgereihten Bäumen und betrat die Straße, die aus altem Kopfsteinpflaster bestand. Erst da begann er, einen leichten Trab einzulegen und ohne große Anstrengung einen flotten Lauf zur Dorfmitte zu machen. Er kannte sich in Millemerveilles so gut aus, als wäre er nie von hier fortgegangen, nachdem er im letzten Sommer vier ganze Wochen hier gelebt hatte. Jetzt erst ermaß er, wie groß das Dorf doch war. Die Gassen mit den unterschiedlichen Häusern waren breiter als übliche Dorfgassen und wohl auch länger. Die acht Hauptstraßen, die das Dorf sternförmig durchzogen, trafen sich alle am großen Teich im Zentrum, der von vier großen und acht kleinen Bronzestatuen umstellt war. Die großen Statuen zeigten mit ihren Köpfen die Himmelsrichtungen an. Ein großer Bronzedrache zeigte mit seinem Maul nach Süden. Eine Meerjungfrau blickte nordwärts. Das Horn eines Bronzeeinhorns wies nach Westen, während ein Greif mit seinem Kopf zeigte, wo Osten zu finden war. Aus der Richtung, in die die Meerjungfrau blickte, kam gerade jemand angelaufen, als Julius die erste von mehreren Runden um den Teich eingeschlagen hatte. Julius wunderte sich, daß außer ihm schon jemand unterwegs war. Denn in der Zaubererwelt gab es selten menschliche Post- und Zeitungsboten, die früh losmarschierten, und der Müll wurde auch auf magische Weise beseitigt, was jeden Müllmann, der seinen Job als den einzig krisenfesten betrachtete, um seine Arbeit brachte.

"Hallo, Julius!" Rief die Person, die vom Norden her am Dorfteich eintraf. Julius bremste seinen Lauf, als er erkannte, wer ihn da anrief. Es war Barbara Lumière, die mit Jeanne dieselbe Klasse besuchte und Sprecherin des grünen Saales von Beauxbatons und Hüterin der Mädchenmannschaft von Millemerveilles beim Quidditch war. Sie trug einen Jogginganzug, wie ihn jeder X-belibige Muggel trug, nur mit dem Unterschied, daß der Anzug aus echtem Leinengewebe und nicht aus Kunstfaser bestand. Ihre braune Bürstenfrisur bot dem Wind wenig Widerstand, was sie zu einer guten Läuferin machte.

"Hallo, Barbara! Du bist aber früh auf", grüßte Julius zurück.

"Genau wie du. Hat Madame Dusoleil dich freiwillig vor die Tür gelassen, oder bist du heimlich fortgerannt?" Fragte Barbara.

"Ich konnte nicht mehr schlafen. Sie hat das mitbekommen und mich freiwillig vor die Tür gelassen, bis das Frühstück fertig ist", erwiderte Julius.

"Überanstreng dich nicht! Du bist nachher nämlich verplant. Jeanne, César und ich haben ausgemacht, heute zu trainieren. Wer kann, macht mit. Du hast es nämlich nötig, wieder in Form zu kommen oder zumindest deine Form zu verbessern", sagte Barbara, die locker neben Julius hertrabte und normal sprach, ohne Anstrengung in der Stimme.

"Ach neh! Ich dachte, seit Prudence nicht mehr hier ist, habe ich es nicht mehr nötig, selbst mitzufliegen. Ihr habt doch zwei Klassemannschaften. Da störe ich doch eh nur", widersprach Julius, dem es peinlich war, wieder in das Quiditchtraining der halbwüchsigen von Millemerveilles einbezogen zu werden, als gehöre er dazu.

"Der Rest unserer werten Mitschüler traut sich nicht, dich in eine Mannschaft einzubauen, weil du zu gut bist, Jungchen. Jacques ärgert sich immer noch über den Patzer, den er sich gestern geleistet hat. Dabei wolte er Professeur Faucon und vor allem mir beweisen, daß er durchaus einen Auftrag ausführen kann. Der hat sich mit einem Jungen von seinem Tisch gezankt, daß du so gut spielen könntest. Das trifft ihn natürlich hart."

"Ich habe nichts gegen deinen Bruder, Barbara. Noch hat er mir nichts getan und ich ihm auch nichts. Wenn es ihn ärgert, daß ich bei euch mitspielen durfte, ohne daß ihr mich im ersten Ansatz vom Besen geschubst habt, dann werde ich ihm den Gefallen tun und nicht mehr bei euch mitmachen", erwiderte Julius, ohne zu bedenken, daß er Barbara damit verärgert hatte. Erst als er ihr mürrisches Gesicht sah, überdachte er was er gesagt hatte, fand aber keine Worte, um sich ohne Ansehensverlust von seinen worten loszusagen.

"Wie ich gestern erst feststellte, wärest du unweigerlich einer von uns grünen. Auch habe ich gesagt, daß ich dich trotzdem anweisen kann, bestimmte Dinge zu tun, obwohl du kein Mädchen bist. Um neun Uhr geht's los. Jeanne wird dich schon zur Vernunft bringen. Gelingt ihr das nicht, ich komme eh bei euch vorbei und hole sie ab. Also hol deinen Besen aus dem Koffer und frühstücke reichlich aber nicht zuviel! Ich werde nicht zulassen, daß Typen wie mein Bruder dich dummquatschen können. Kapiert?"

"Befehl, Frau General!" Erwiderte Julius mit gespieltem Gehorsam.

"Was auch immer das sein soll, ich nehme dich beim Wort", erwiderte Barbara, die immer noch etwas ungehalten dreinschaute. Schweigend liefen sie nebeneinander her und umrundeten den Dorfteich mindestens zwanzigmal. Dann trat Julius den Rückweg an, verabschiedete sich von Barbara mit den Worten: "Bis irgendwann dann!"

Wieder zurück vor dem Haus der Dusoleils blickte er auf seine magische Armbanduhr, die ihm die Eltern von Jenna und Betty Hollingsworth geschenkt hatten und die sich auf jede offizielle Zeitzone eines Ortes einstellte, ob London, Paris oder New York. Der rote Standort-Stundenzeiger lag gerade vor der sieben, während der goldene Minutenzeiger auf der Zehn ruhte. Julius fühlte sich nun frisch für den Tag. Er hatte noch nicht einmal geschwitzt.

Madame Dusoleil ließ ihn ein, als er an die Haustür klopfte. Sie strahlte ihn an, wie die Morgensonne, die bereits rotgolden über dem Horizont stand.

"Du siehst bereits wesentlich erholter aus, als noch vor zwei Stunden", sagte sie und winkte Julius ins Haus.

"Sagen Sie mir das in fünf Stunden auch noch? Ich hatte nämlich am Dorfteich eine Begegnung mit einer jungen Demoiselle mit braunen Haaren, die mir erzählte, ich wäre heute noch fällig", antwortete Julius.

"Barbara ist auch schon unterwegs? Dann hattest du ja gute Gesellschaft. Roseanne hat mich gestern schon gefragt, ob du auch wieder Quidditch spielen würdest. Dann meinte sie, daß Barbara ihr geschrieben hat, daß du Madame Maxime durch ein gewagtes Flugmanöver in euren Schulsee hast stürzen lassen, weil sie hinter dir herflog."

"Ach du großes Loch! Ist diese Story, ähm, Geschichte, auch schon im Dorf rum?" Fragte Julius peinlich berührt, und ihm fiel schlagartig wieder ein, daß er zur Strafe für dieses tolle Flugmanöver die ganze Beauxbatons-Kutsche hatte schrubben und polieren müssen, wofür er einen vollen Tag gebraucht und sich dabei einen heftigen Muskelkater in allen wichtigen Körperteilen eingehandelt hatte.

"Lern es besser, daß ich auch das mitbekomme, über das du mir aus einer Hoffnung heraus, es würde nicht wichtig genug sein, nicht persönlich berichtest. Das gilt für deine Flugprüfung, die mich schon sehr interessiert hat, als auch für diesen Unhold Hardbrick, der sich an einem der Regenbogensträucher vergriffen hat."

"In dessen Haut möchte ich nicht stecken", grummelte Julius. "Der hat jetzt wohl die härtesten Ferien aller Zeiten vor sich. Dagegen wird Ihr Heuler ihm wie die volle Dröhnung seines Lieblingsliedes vorkommen."

"Ja, es ist schon bedauerlich, zwei ignorante Muggel zu Eltern zu haben. Aber das Ministerium wird ihm schon helfen, genauso wie es dir geholfen hat", erwiderte Madame Dusoleil zuversichtlich. Julius konnte dem nicht so zustimmen. Er entgegnete:

"Mein Vater wußte nicht, daß Catherine eine Hexe ist. Er hat auch nicht damit gerechnet, ausgerechnet bei seinem Freund Bill auf eine Hexe zu treffen, die mir zeigt, wie schön es sein kann, zu zaubern, vor allem zu fliegen. Sonst hätte ich genau dasselbe Problem wie Henry."

"Es gibt noch genug Hexen und Zauberer wie Mrs. Priestley, die ihn aufnehmen können, falls es nötig ist. Ich dachte auch, daß nach der Sache, die Jeanne nur oberflächlich erwähnt hat, dieser Junge mehr Vernunft zeigen würde."

"Was hat Jeanne denn erwähnt?" Fragte Julius leicht besorgt, weil er wie sie damals vor Weihnachten Dumbledore und Madame Maxime versprechen mußte, niemandem zu sagen, wie Henry von einer Schülerin der Durmstrang-Abordnung mit dem Infanticorpore-Fluch belegt und dadurch für einige Tage zum Baby zurückverwandelt worden war.

"Sie schrieb nur, daß eine Person aus Durmstrang wohl einen Fluch auf ihn geworfen hat und der ihn wohl kuriert zu haben schien. Mehr nicht. Sie durfte nicht ins Detail gehen, weil Madame Maxime ihr das verboten hat, schrieb sie. Aber ich bin ihre Mutter. Da sie auch geschrieben hat, daß du das mitbekommen hast, habe ich das gerade erwähnt. Sonst hätte ich geschwiegen", sagte Madame Dusoleil leise. Dann begab sie sich mit Julius in das Esszimmer, wo der Tisch gedeckt und mit großen Blumenvasen dekoriert war.

"Hallo, Julius!" Begrüßte Monsieur Dusoleil den Feriengast aus England und stand von seinem Platz auf, um dem Jungen die Hand zum Gruß zu reichen. Julius erwiederte den Gruß. Dann kam Denise, die jüngste Tochter der Familie, die wohl in diesem Jahr in die Grundschule gehen würde. Sie sah Julius mit ihren großen dunkelbraunen Augen an und fragte, ob er gut geschlafen habe.

"Ging so, Denise. War mir nur etwas zu heiß. Bin die guten Temperaturen hier nicht gewöhnt", erwiderte Julius.

"Schönen guten Morgen!" Grüßte Mademoiselle Dusoleil, die Schwester von Monsieur Dusoleil und eine leidenschaftliche Schachspielerin, wie ihr Bruder. Sie trug ein hellblaues Kleid, als wolle sie zu einer wichtigen Verabredung.

"Hast du noch etwas Schlaf bekommen? Camille sagte mir, daß du nicht gut geschlafen hättest", setzte Mademoiselle Dusoleil fort. Julius erwiderte:

"Machen Sie sich keine Sorgen! Ich muß ja heute noch nichts anstrengendes machen. Da kann ich mich gut aklimatisieren."

"Alkimasitieren?" Fragte Denise verwirrt.

"Das ist ein gehobener Ausdruck für "sich an was gewöhnen", ma petite", erklärte Mademoiselle Dusoleil und wandte sich Julius zu:

"Das wird dir nicht schwerfallen, Julius. Ich habe dich vom Badezimmerfenster aus hier anlaufen sehen. Offenbar hältst du dich gut in körperlicher Form."

"Wie gesagt, ich muß ja heute nichts anstrengendes tun. Ich werde ein wenig im Dorf herumlaufen, die Sonne genießen und vielleicht die leichteren Hausaufgaben machen, Geschichte der Zauberei und Astronomie. Vielleicht gucke ich mir an, wenn die Leute hier Quidditch spielen und ... Hallo, Jeanne!"

"Hallo, Julius", grüßte Jeanne mit zuckersüßem Lächeln zurück und umarmte Julius flüchtig, wie einen Bruder. Dann setzte sie sich links von ihm an den Tisch. "Hat Barbara dir das gestern nicht gesagt? Wir aus Millemerveilles wollen heute trainieren. Barbara, César und ich haben beschlossen, daß du doch dabei bist, weil Papa und Maman dir den Besen ja nicht zum herumstehenlassen gekauft haben und Barbara ihre Reflexe an einem kreativen Jäger ausprobieren muß."

"Dann fallen aber die raus, die hier wohnen und gerne mittrainieren würden. Ich fliege euch doch nur im Weg rum. Das habe ich Barbara vorhin gesagt", entgegnete Julius verlegen.

"Ach, du hast sie getroffen? - Stimmt, sie läuft ja auch gerne morgens um den Dorfteich, wenn die Sonne noch nicht ganz aufgegangen ist. Dann verstehe ich aber nicht, wieso du meinst, heute einen ruhigen Tag zu haben", wunderte sich Jeanne und grinste lauernd.

"Wie gesagt, ich bin ja nicht in Bestform und würde euch nur dumm im Weg rumfliegen", beharrte Julius auf seinem Einwand.

"Das hätten wir dir bestimmt schon gesagt. Die Jungs sind da sehr direkt, wenn ihnen wer dumm im Weg rumfliegt. Und ich als Kapitänin der Grünen mußte sehr früh einschätzen, wen ich in einer Mannschaft mitfliegen lasse und wem ich es sage, daß er oder sie es besser bleiben lassen soll. Barbara ist da nicht anders, selbst wenn sie in der Mannschaft nur als Hüterin spielt und nichts über die Aufstellung zu befinden hat, wenn es nicht gerade um spielentscheidende Sachen geht. Oder glaubst du, daß hätten wir letztes Jahr nur wegen Virginie gemacht, damit ihre Brieffreundin und damit sie selbst nicht dumm aussehen?"

"Hmm, der Gedanke kam mir tatsächlich", beantwortete Julius diese Frage.

"Dann hättest du dich im letzten Sommer dümmer verkaufen müssen. Iss also genug, um nicht zu schlapp noch zu voll zu sein! Wenn Barbara hier vorbeikommt, kommst du mit!" Bestimmte Jeanne ganz im Tonfall einer Gruppenleiterin.

Madame Dusoleil betrat mit Claire das Esszimmer. Claire trug nun einen bordeauxroten Umhang aus einem leichten Stoff, ähnlich wie Seide. Madame Dusoleil hängte ihre Küchenschürze an einen Haken und setzte sich auf den Stuhl in der Nähe der Tür. Mit einem Wink des Zauberstabes ließ sie ein großes Backblech mit noch dampfendem Weißbrot, eine Porzellanschale mit Butter, eine große blaue Kaffee- und eine beige Kakaokanne sowie ein Gestell mit sechs Marmeladengläsern auf dem Tisch erscheinen. Julius kannte das französische Frühstück und wußte, daß Wurstsachen eher zum Mittag- und Abendessen gegessen wurden. Dann tauchte noch eine große Glasflasche mit Orangensaft und Gläser auf.

Mit einem großen Brotmesser durfte sich jeder ein Stück Brot abschneiden, dann ging die Butterschale reihum, dann suchte sich jeder eine Marmeladensorte aus. Für jedes Glas gab es einen eigenen kleinen Löffel zum Auftragen der offenbar frischen Marmeladen, die von Aprikose, Erdbeer, Heidelbeer, Himbeer bis Orange reichten. Julius wählte sich die Erdbeermarmelade als ersten Aufstrich und ließ sich von Madame Dusoleil Kakao in seine Tasse eingießen. Dann wünschte der Hausherr, Monsieur Dusoleil, einen guten Appetit und begann zu essen, als seine Frau ruhig vor ihrem Teller saß. Julius kannte die geordnete Abfolge, daß erst alle etwas vor sich sthen haben mußten, bevor gegessen werden durfte, sofern es nichts warmes oder eiskaltes war. Seine Eltern hatten ihm das schon mit fünf eingebläut.

Die nächsten zehn Minuten verstrichen ohne ein Wort. Alle aßen oder Tranken. Julius wunderte sich, daß Jeanne ebenso wie Claire, Denise und er Kakao tranken. Doch wenn sie keine Lust auf Kaffee hatte, war das ja ihr Ding. Monsieur Dusoleil nutzte eine Pause beim Essen, um sich die neuste Zeitung, den hier üblichen Miroir Magique, zu holen, den eine Posteule am frühen Morgen in den Briefkasten eingeworfen hatte. Er entfaltete die ersten Seiten und las leise. Dann sagte er:

"Es gibt einen Streit zwischen Monsieur Grandchapeau und Monsieur Füdje, oder wie er sich ausspricht, der englische Zaubereiminister. Monsieur Grandchapeau neigt der Ansicht zu, daß der tragische Ausgang des Turniers wohl doch ein Mordanschlag auf Monsieur Diggory war und kein Unfall oder ein unfairer Einsatz von Harry Potter. Füdje will das nicht glauben und besteht auf der Einhaltung des bisherigen Vorgehens. Er hält es nicht für nötig, eine internationale Konferenz einzuberufen."

"Fadsch, spricht der sich Aus, falls ich Sie berichtigen darf", erwiderte Julius. Dann sagte er noch: "Habe schon gehört, daß unser Zaubereiminister nicht glauben will, was beim Turnier wirklich passiert ist."

"Möchtest du den Artikel auch lesen, Julius?" Fragte Monsieur Dusoleil. Julius nickte und ließ sich die Zeitung geben. Schwarz-weiß war Cornelius Fudge, der englische Zaubereiminister, in seinem Nadelstreifenumhang, den spitzen Stiefeln und der Melone abfotografiert. Das Zauberfoto bewegte sich. Fudge nahm gerade wieder den runden Hut, der auf dem Schwarz-Weiß-Bild dunkelgrau bis schwarz erschien, vom Kopf und klemmte ihn sich unter den rechten Arm, wobei er eine mürrische Miene machte. Julius las den darunter abgedruckten Artikel:

 

MEINUNGSVERSCHIEDENHEIT ZWISCHEN FRANZÖSISCHEM UND BRITISCHEM ZAUBEREIMINISTERIUM


Minister Armand Grandchapeau nennt britischen Amtskollegen Cornelius Fudge unbelehrbaren Ignoranten!

Gestern Abend, so erfuhr unser Reporter im Zaubereiministerium, kam es in einer direkten Unterredung zwischen unserem Zaubereiminister Monsieur Grandchapeau und seinem britischen Amtskollegen Cornelius Fudge, der eigens wegen der letzten Ereignisse im Zusammenhang mit dem trimagischen Turnier nach Paris reiste, zu einer heftigen Auseinandersetzung. Unser Reporter vermochte deutlich herauszuhören, daß Monsieur Fudge offenkundig der Meinung ist, bei dem tragischen Todesfall eines der beiden Hogwarts-Champions (Cedric Diggory), handele es sich um einen bedauerlichen Unfall, während einer Zauberei, schließt jedoch nicht aus, daß der in unserem englischen Gegenstück als geistig instabil verrufene Harry Potter für den Tod seines Mitschülers und Konkurrenten um den Turniersieg verantwortlich sein könne. Monsieur Grandchapeau zitierte daraufhin Briefe von Madame Maxime, der Leiterin der rennomierten Beauxbatons-Akademie für französischsprachige Hexen und Zauberer. Über deren Inhalt dürfen wir laut ministerialer Anweisung keine näheren Auskünfte geben. Aber daraus hervorgehend geht Monsieur Grandchapeau von einem gezielten Mord von dritter Seite aus. Minister Grandchapeau legte nahe, eine internationale Zaubererkonferenz, zumindest aber ein Gipfeltreffen der Zaubereiminister einzuberufen, um diesen unerwarteten Vorfall zu klären. Fudge lehnte dies ab, da dies seiner Meinung nach eine unüberschaubare Panik und unnötige Organisation bedeuten würde. Minister Grandchapeau nannte seinen Amtskollegen daraufhin "Unbelehrbarer ignorant".

Sollte sich das Gerücht bewahrheiten, daß Anhänger der dunklen Seite für den Todesfall im trimagischen Turnier verantwortlich sind, so bleibt uns die Hoffnung, daß Monsieur Grandchapeau keine Sekunde zögern wird, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Für heute ist übrigens ein Treffen zwischen Minister Grandchapeau und dem bulgarischen Zaubereiminister Oblonsk geplant, aus dessen Land ja ebenfalls eine Abordnung dem trimagischen Turnier zu Hogwarts, der britischen Schule für Hexerei und Zauberei, beiwohnte.

Ossa Chermot, Miroir Magique

 

Julius blätterte weiter und fand noch einen Artikel von Ossa Chermot, den er interessiert las und dann lachte. Die Dusoleils wollten wissen, was es zu lachen gab und so las er den Artikel laut vor:

"Wo ist Rita Kimmkorn?!

Seit dem letzten Tag des trimagischen Turniers, an dem in unserer geschätzten britischen Konkurrenzzeitung Tagesprophet ein aufsehenerregender, zum großen Teil diskreditierender Artikel der für schnelle, aufwühlende und skandalträchtige Artikel berühmten Rita Kimmkorn über den vierten trimagischen Turnierteilnehmer (Harry Potter) erschien, ist Rita Kimmkorn verschwunden. Es wurde erwartet, daß sie am Folgetag über den Ausgang des Turniers berichten wird. Doch der vorhergesagte Sensationsartikel wurde nicht gebracht.

Nun stellt sich dem Miroir Magique die Frage, ob Rita Kimmkorn Informationen erheischte, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, wie Cedric Diggory zu Tode kam, zum Beispiel. Vielleicht war sie aber auch in einer wichtigeren Angelegenheit tätig, wenngleich sich mir das nicht erschließt, was wichtiger war, als das trimagische Turnier. Womöglich hat man dafür gesorgt, daß sie über den Ausgang des großen Wettkampfs Stillschweigen bewahren würde. Will sagen, die Macht, die das Turnier in die Katastrophe getrieben hat, zeichnet für das Verschwinden Rita Kimmkorns verantwortlich. Vorstellbar ist es aber auch, daß Professor Albus Dumbledore persönlich sicherstellte, daß über den Ausgang des Turniers Stillschweigen bewahrt wurde, möglicherweise in Übereinkunft mit Minister Fudge aus Großbritannien.

So stellt sich nun die Frage, wo Rita Kimmkorn sich gerade aufhält und ob sie wirklich mehr weiß, als für sie gut war?

Ossa Chermot, Miroir Magique"

"Das Weib hat unsere Delegationen lächerlich gemacht, Potter erst hochgelobt und dann mit Gewalt in Verruf gebracht", erinnerte sich Jeanne an die Artikel Rita Kimmkorns. Julius nickte. Denise fragte das unvermeidliche:

"Was heißt das, zu Tod kommen?"

"Daß der junge Mann, um den es geht, nicht mehr zu seinen Eltern nach Hause zurück konnte, Denise. Mehr mußt du im Moment nicht wissen", sagte Mademoiselle Uranie Dusoleil. Ihr Bruder schüttelte den Kopf, als nehme er diese Erklärung nicht hin. Er zog die Stirn kraus und sagte dann ganz ruhig:

"Kleines, der Junge, um den es ging, der zusammen mit Fleur Delacour und den anderen Schülern beim Turnier mitgemacht hat, ist dabei gestorben. Der böse Zauberer, vor dem wir alle Angst haben, hat ihn mit einem Totmacherzauber umgebracht."

Madame Dusoleil verzog erst das Gesicht, als Denise unvermittelt losweinte, doch dann sah sie ihren Mann an und nickte. Irgendwann, so vermutete Julius, hätten es die beiden ihrer Tochter sowieso erzählen müssen. Mademoiselle Dusoleil war nicht so begeistert davon, daß ihr Bruder seiner Tochter die schreckliche Wahrheit, von der er ja nicht sicher sein konnte, daß sie auch eine Wahrheit war, erzählte. Denise weinte immer noch, während Jeanne, Claire und Julius auf ihre Teller starrten, um nicht zu verraten, wie sie sich fühlten.

"Die haben doch immer gesagt, der kommt nicht mehr wieder", heulte Denise laut wie ein Schloßhund. Madame Dusoleil holte sich das sechsjährige Mädchen auf den Schoß und hielt es in einer zärtlichen Umarmung. Leise sprach sie auf Denise ein und beruhigte sie. Erst nach fünf Minuten und viel Zureden, beruhigte sich das Kind richtig und konnte auf seinen Platz zurückkehren.

"Ich sage es für dich, Denise und für dich auch, Julius: Hier kommt kein böser Zauberer hin, ohne daß er große Probleme bekommt und ohnmächtig umfällt. Das gilt für das Floh-Netz, sowie für das Apparieren. Auch einer, der fliegt, kann hier nicht landen, wenn er böses vorhat. Ihr seid also so sicher hier, wie man sein kann auf der Welt", sagte Monsieur Dusoleil. Julius wollte zwar glauben, daß sie relativ gut geschützt waren. Aber daß Sirius Black, der Flüchtling aus Askaban, zweimal in Hogwarts einbrechen konnte, hatte seinen Glauben an wirkliche Sicherheit erschüttert. Nach dem Frühstück, Mademoiselle Dusoleil spielte die gute Tante für Denise und ging mit ihr zum Spielen, erzählte Julius es dem Ehepaar Dusoleil, was mit Black los war. Er schloß damit, daß Black wohl einen alten Geheimgang gekannt haben muß, weil er sonst nicht an den Dementoren vorbeigekommen wäre, die Hogwarts umstellt hatten.

"Solche Geheimzugänge hat Millemerveilles nicht. Wie gesagt, wer wirklich böses vorhat, leidet unter einem starken Zauber, der die Sinne verdrängt. Den zu brechen hat noch niemand geschafft. Je böser ein Magier ist, desto stärker wirkt der Zauber auf ihn oder sie. Ich gehöre mit Blanche und einigen anderen zu denen, die wissen, wo und wie die entsprechenden Kraftquellen aufgerufen wurden", beruhigte ihn Monsieur Dusoleil noch mal. Julius kam eine Idee:

"Achso, die Haßschleife. Ein Energiefeld, daß jedem, der starken Haß spürt oder jemanden angreifen will, höllische Schmerzen bereitet, weil die Haßenergie auf den Hassenden zurückgeworfen und hundertfach verstärkt wird. Das steht in einer Geschichte aus der Zukunft, Scorpio Taurus im Reich des Friedensgottes."

"Interessant, was die Muggel sich ausdenken", entgegnete Monsieur Dusoleil. Doch Julius' Vermutung bestätigen wollte er nicht. Offenbar war er zur Geheimhaltung verpflichtet. Julius akzeptierte das, weil seine Eltern ja auch mit wichtigen Firmengeheimnissen leben mußten, die sie nicht einmal ihm erzählen durften.

"Am besten machst du deinen Besen fertig. Wenn Barbara hier ankommt, geht's los", erinnerte Jeanne ihn mit energischem Gesicht daran, daß er in wenigen Stunden Quidditch trainieren sollte.

"Dann schaue ich mir noch an, was meine Lehrer mir für Hausaufgaben aufgehalst haben", sagte Julius, der nicht weiter dagegensprechen wollte, daß er ohne gefragt zu werden eingeplant worden war.

Im Gästezimmer mit der Waldlandschaftstapete sortierte Julius die Pergamentrollen nach Schwierigkeit. Er würde erst die leichten Sachen machen. Dazu gehörte das Lesen und aufschreiben von Berichten über die Hexenjagd im Mittelalter für Binns, sowie die Aufzählung der hellsten Doppelsterne für Sinistra. Falls ihm Zeit und Ruhe blieb, konnte er die Aufgaben für Snape, der Schrumpflösungen und Gegenlösungen abverlangte, sowie den Aufsatz über Schwierigkeiten und Gefahren schnell ausgeführter Verwandlungszauber für McGonagall schreiben, wenn nicht gerade Schach oder Quidditch trainiert wurde. Bei Kräuterkunde war er sich sicher, daß Professor Sprout davon ausging, daß er Hilfe von Madame Dusoleil bekam. Denn sie hatte unter den allgemeinen Aufgabenteil in dem die Zuordnung magischer Heil- und Giftpflanzen Europas und Asiens gefragt wurde geschrieben:

"Mr. Andrews, da mir mitgeteilt wurde, daß Sie in den Ferien wieder in Millemerveilles sein werden und dort bei meiner geschätzten Fachkollegin Camille Dusoleil wohnen, bitten Sie sie darum, Ihnen die südeuropäischen Feuerhemmpilze, sowie die grünen Stickwurzstauden zu erläutern. Darüber möchte ich gerne zwei Pergamentrollen von Ihnen haben, falls es Ihre Zeit zuläßt. Diese Rollen sind nur für den unwahrscheinlichen Fall, daß Sie Zusatzpunkte erwerben möchten und nicht verbindlich."

"Will sagen, daß ich das nicht machen muß, wenn ich das nicht will", dachte Julius. Andererseits sah er das Gesicht der rundlichen Kräuterkundelehrerin schon vor sich, das ihn enttäuscht anblickte, weil er sich nicht mehr so bereitwillig für ihr Fach engagierte.

Julius hatte alle anstehenden Aufgaben säuberlich sortiert und die wichtigsten Bücher dazu auf einem Einlagebrett des geräumigen Kleiderschranks aufgebaut. Er ließ die Schranktür wieder zugleiten, worauf sich die magische Waldlandschaftstapete vor den Schrank schob und diesen verbarg. Nun sah er nur noch fliegende Vögel, hörte deren Rufe und das Rascheln im gemalten Unterholz herumstreichender Kleintiere. Eine Hornisse surrte ansatzlos von links nach rechts durch die Tapete, so täuschend echt, daß Julius erschrocken zusammenfuhr und eine Sekunde brauchte, um sich wieder zu entspannen.

Er nahm den Sauberwisch 10 aus dem Hogwarts-Koffer und betätigte sich daran mit dem Pflegeset, daß er von den Porters zum 12. Geburtstag bekommen hatte. Der Besen selbst war die neueste Version der Sauberwischreihe, einer zwar nicht ultrastarken, aber hochgeschwindigkeitstauglichen und preiswerten Rennbesenmarke. Julius begutachtete den schlanken Stiel und die geradlinig geschnittenen und stabil und stromlinienförmig gebundenen Reisigbündel am Ende, bog dann mit einer kleinen Zange abstehende Reisigzweige zurecht, prüfte die Bindung der Zweige, fand nichts daran auszusetzen und putzte den Stiel, bevor er ihn polierte. Um halb neun war er damit fertig. Er wußte nur nicht, welchen Umhang er nun anziehen sollte. Im letzten Jahr hatte er von Madame Faucon leihweise Umhänge bekommen, darunter die waldmeistergrüne Spielerkleidung der Jungenmannschaft von Millemerveilles. Er hatte zwar einen grünen Umhang, der war aber eher ein Straßenumhang. Als richtigen Spielerumhang hatte er nur den blauen Umhang von Aurora Dawn, in dem sie selbst einmal für die Ravenclaw-Hausmannschaft gespielt hatte, in der Julius zur Zeit als Reservespieler eingesetzt war. Er zog eben diesen Umhang über seinen Jogginganzug, stieg in halbhohe Turnschuhe und nahm den Besen unter den Arm. Ohne Hast verließ er das Zimmer und ging die Treppe hinunter zum Wohnraum.

"Hast du keinen grünen Umhang, wie die anderen Jungen? Letztes Jahr hattest du doch einen", wunderte sich Camille Dusoleil, die gerade in einen festen moosgrünen Arbeitsumhang einen großen Tragesack an einen etwas dickeren und am Ende breiteren Besen festband. Offenbar wollte sie ihrem Beruf nachgehen, dachte Julius.

"Der Umhang gehörte Madame Faucon. Mein grüner Umhang stimmt farblich nicht ganz und ist zudem nicht für schnelle Flugmanöver geeignet, weil er sich zu sehr aufspannen oder gar reißen könnte."

"Das war mal Auroras Spielerumhang, wie? Sie hat mir geschrieben, daß sie ihn einem Würdigen weitergeben wolle, falls sie vor ihrem siebenundzwanzigsten Lebensjahr kein eigenes Kind hat. Fühl dich geehrt und verpflichtet!" Erwiderte Madame Dusoleil.

Jeanne und Claire kamen die Treppe herunter, die das Haus durchzog und die vier Stockwerke miteinander verband. Jeanne trug ihren violetten Spielerumhang und den Ganymed 8, ihren Rennbesen, unter dem rechten Arm, wie Julius. Claire trug eine rubinrote Bluse und einen knielangen, ziegelroten Rock mit schwarzen Querstreifen.

"Er kann, wenn man ihm gut zuredet", grüßte Jeanne Julius grinsend. Madame Dusoleil sah ihre älteren Töchter an und fragte:

"Willst du auch zum Quidditchfeld, Claire?"

"Natürlich. Caro, Sandrine und Elisa kommen doch auch. Elisa bringt Dorian mit", erwiderte Claire lächelnd. Dann sah sie Julius an und fragte mit zuckersüßer Stimme: "Nimmst du mich auf deinen Besen mit, Julius?"

"Jeanne fliegt doch auch hin", erwiderte Julius so beiläufig wie möglich klingend. Jeanne sah Julius an und sagte:

"Ich muß als Kapitänin eher am Spielfeld sein, um den Platz zu begutachten. Wenn ich wen mitnehme, muß ich langsamer fliegen. Du kannst meine Schwester ruhig mitnehmen."

Julius wußte genau, daß Jeanne eine Ausrede gebrauchte. Denn sowohl Madame Dusoleil, als auch Catherine Brickston hatten mit ihm schon mörderische Geschwindigkeiten auf dem Besen hingelegt, und er hatte Madame Dusoleil einmal über ihrem Garten herumgeflogen, damit sie mitbekam, ob er für Transportflüge taugte. Doch Julius nahm Jeannes Bemerkung hin und sagte:

"O.K., dann fliegen wir beide zusammen. Dann kann ich aber nicht so schnell fliegen, Mademoiselle. Ich habe noch nicht genug Übung darin und will uns beide nicht in den Boden rammen, nur weil ich eine Neigung des Besens nicht richtig ausgependelt habe."

Claire schenkte Julius ein sehr herzliches Lächeln dafür, daß diesem einen heißkalten Schauer über den Rücken jagte. Julius wunderte sich über diese Regung. Er hatte nie über seine Vorstellungen von festen Freundschaften zwischen Jungen und Mädchen nachgedacht, weil er sich entweder dafür für zu jung hielt oder ihm andere Dinge wichtiger waren. Daß er jedoch so heftig reagierte, wenn ihn ein Mädchen wie Claire oder auch Pina so anstrahlte, mußte er wohl nun hinnehmen und sich damit irgendwie beschäftigen, wenn Zeit dazu war. Doch die Zeit war im Moment nicht dafür geeignet, denn gerade klopfte jemand an die Haustür, und ein Chor aus drei Mädchen- und einer Jungenstimme johlte:

"Hallo, Leute!"

"Auf geht's, Monsieur und Mademoiselle", stellte Jeanne fest. Dann umarmte sie kurz ihre Mutter. Claire tat dies auch. Julius, der es nur bei einem "Bis heute Mittag dann" belassen wollte, fand sich zwei Sekunden später in der engen Umarmung von Madame Dusoleil. Sie küßte ihm flüchtig die rechte und die Linke Wange und hauchte ihm zu:

"Ich weiß, daß du Claire nicht in Gefahr bringst. Überschätz dich aber bitte nicht beim Spiel selbst! Wenn ich nicht selbst noch zum Spielfeld komme, kommt ihr so um ein Uhr herum zum Mittagessen wieder. Du brauchst dich aber nicht abzuhetzen. Ich stelle keine Uhr ein oder hänge dir was an, wegen der paar Minuten. Salu!"

"Bis heute Mittag, Madame Dusoleil", wünschte Julius und verließ mit Jeanne und Claire das Haus.

Draußen warteten Barbara Lumière, Virginie Delamontagne, Seraphine Lagrange und César Rocher in ihren jeweiligen Spielumhängen, César in Waldmeistergrün, die Mädchen in Violett, wie Jeanne. Neben Seraphine stand ein jüngeres Mädchen, ungefähr dreizehn Jahre alt. Sie besaß ebenso kastanienbraunes Haar wie Seraphine und ähnliche Gesichtszüge. Julius kannte sie vom letzten Sommerball. Das war Elisa Lagrange, die mit ihrem Freund Dorian Dimanche den dritten Preis im Tanzwettbewerb gewonnen und zusammen mit Claires Eltern, Claire und ihm, Julius, auf der Bühne des Festplatzes geehrt worden war.

"Hallo, Julius. Seraphine sagte schon, daß du wohl nicht widerstehen könntest, mitzuspielen, wenn wir dich lassen", begrüßte Elisa Julius. Sie trug weder Spielerumhang noch Besen. Sie war in ein rosa Kleid gehüllt, ähnlich dem, daß Betty und Jenna Hollingsworths an Julius letztem Geburtstag getragen hatten.

"Ich wollte ja eigentlich noch zwei Wochen warten, bis das Schachturnier vorbei ist, aber jemand hat mir empfohlen, jetzt schon mal zu trainieren. Ich hoffe, ich störe keinen", erwiderte Julius und blickte in die Runde.

"Ich habe ihm die Weisung erteilt, sein Können zu prüfen", warf Barbara ein und stellte sich dabei in eine überlegene Pose. Jeanne und Claire lachten nur.

"Dann wollen wir mal", entschied Jeanne. Sie schwang sich auf ihren Besen und startete wie in einem schnellen Fahrstuhl, mit waagerechtem Besen. Dann schwirrte sie los, Richtung Quidditchfeld. César sagte noch zu Julius:

"Bruno hat das mit Madame Maxime gehört. Der hat sich fast totgelacht. Er will deinen Wronsky-Bluff sehen, wenn du dich wieder gut auf dem Besen halten kannst. Vielleicht darfst du dann sogar suchen."

"Nein Danke! Ich spiele lieber den Quaffel und tauche unter den Klatschern durch. Aber das muß ich alles erst wieder reinkriegen. Ich habe lange nicht mehr gespielt", sagte Julius und brachte seinen Sauberwisch 10 in Aufstiegsposition. Er schwang sich auf und bedeutete mit einer freien Hand, daß Claire sich hinter ihn setzen möge. Claire raffte etwas ihren Rock, schwang gelenkig das linke Bein über den schräg nach oben weisenden Besenstiel und ließ sich hinter Julius nieder. Sofort umklammerte sie fest aber nicht krampfartig die Hüften des Hogwarts-Schülers.

"Darfst du das denn?" Fragte Elisa Lagrange verunsichert, daß Claire einfach hinter Julius auf den Besen geklettert war, als sei das ohne weiteres Erlaubt.

"Nöh, aber du mußt es ja keinem weitersagen", erwiderte Julius gehässig grinsend. Seraphine lachte schallend und winkte ihrer Schwester, sich hinter sie auf ihren Ganymed 8 zu setzen. Virginie startete wie Jeanne durch. Ebenso hob César ab, dessen füllige Gestalt offenbar kein Problem für den Besen bedeutete. Julius nickte Claire, mit ihm zusammen die Beine durchzustrecken, um sich abzustoßen. Dann ging es los.

Virginie ließ sich hinter den Rest der Junghexen und -zauberer zurückfallen, ebenso Barbara. Julius wußte nicht, ob er sich nun überwacht oder bestaunt fühlen sollte. Er flog sanfte Bögen, nach links und rechts ausgreifend, wobei er in einer flachen Steigung den Besen mit Claire nach oben brachte. Virginie kam längsseits und hielt das ruhige Tempo mit, daß Julius angeschlagen hatte.

"Du verlernst das nicht so einfach, wenn du das lange geübt hast", sagte sie zu Julius. Dieser erwiderte:

"Sicher ist sicher, Virginie. Ich möchte nichts überstürzen."

"Versuch uns einfach zu folgen", sagte Barbara und übernahm die Führung. Dabei trieb sie ihren Besen zu einer höheren Geschwindigkeit an. Julius wollte erst einwenden, daß ihm das vielleicht schon zu schnell war, doch Claire, die mit sowas gerechnet hatte, wisperte:

"Das kennen wir beide schon. Ich halte mich gut fest und kann deine Verlagerungen gut mitmachen. Lass dich nicht abhängen!"

Julius trieb den Sauberwisch an, erst etwas verhalten, dann sicher und zielstrebig. Barbara ließ Julius mehrmals aufschließen, bevor sie sich wieder absetzte und Julius damit wortlos zu einer Steigerung der Geschwindigkeit verleitete. Nach einigen Minuten Flug sah Julius das Quidditchfeld mit den sechs 20 Meter hohen Torstangen, mit je einem glänzenden Ring an der Spitze. Julius ließ sich vorsichtig nach vorne sinken, wodurch der Sauberwisch eine sanfte Neigung bekam. Er pendelte die Lage des Besens in nicht einmal einer Sekunde so aus, daß er in einer flachen Abstiegskurve bei abnehmender Geschwindigkeit auf den Vorplatz des Quidditchfeldes zuflog. Virginie Delamontagne, die Julius in großzügigem Abstand gefolgt war, schwirrte nun an ihm vorbei und flog in einem steilen Winkel auf den Vorplatz zu. Dort wollte Julius ebenfalls landen.

Kurz vor der Landung bemerkte Julius, daß er für eine Punktlandung ohne scharfe Bremsung zu schnell war und flog noch eine große Kreisbahn, bevor er ohne harten Ruck seine und Claires Beine auf dem Vorplatz zu Boden brachte und den Besen so hielt, daß seine Mitfliegerin mühelos absteigen konnte.

"Mademoiselle Dusoleil, wir sind am Millemerveilles Quidditchfeld angelangt. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug", verkündete Julius. Claire ordnete ihren Rock, als sie vom Besen geglitten war und erwiderte:

"Du hast nichts verlernt, seitdem du Ostern bei uns warst. Viel Spaß beim Spiel!"

Madame Eleonore Delamontagne, die Dorfrätin für gesellschaftliche Angelegenheiten und Mutter Virginies, trat auf den Vorplatz. Sie trug einen enzianblauen Seidenumhang über einem blütenweißen Kleid und hatte ihr strohblondes Haar zu einem langen Zopf geflochten, der von vier sonnengelben Bändern zusammengehalten wurde. Neben ihr tauchte Elisa Lagrange auf und deutete verstohlen auf Julius.

"Die wird mich doch nicht verpetzen, daß ich dich auf dem Besen mitgenommen habe", wunderte sich Julius zu Claire sprechend. Diese grinste gemein.

"Wahrscheinlich hat es ihr keiner erzählt."

Madame Delamontagne schritt majestätisch wie eine Königin auf Julius zu und begrüßte ihn freundlich aber förmlich. Dann sagte sie:

"Mademoiselle Lagrange, Elisa meldete Bedenken an, Madame Dusoleil könnte Sie zu widerrechtlichen Flugmanövern angestiftet haben, Monsieur Andrews. Ich konnte ihr versichern, daß Sie durchaus berechtigt sind, eine weitere Person der Zaubererwelt auf Ihrem Besen zu befördern. Ich habe Ihren Anflug beobachtet und bin zufrieden, daß Sie nicht übermütig waren. Mademoiselle Claire kann mit mir zur Ehrenloge hinaufsteigen, während Sie trainieren."

Julius nickte und winkte Claire zum Abschied. Dann begab er sich mit den mittlerweile vollzähligen Mannschaften der Jungen und Mädchen auf den Platz. Er stellte fest, daß in Jeder Mannschaft vier Mann mehr waren, als die vorgeschriebenen sieben Spieler. Julius dachte, daß zwischendurch wohl gewechselt wurde. Der Hogwarts-Schüler sah erleichtert, daß einige der überzähligen Mitspieler nur ein Jahr älter als er waren. Dann kam Bruno, der Mannschaftskapitän der "grünen Sieben", der Jungenmannschaft von Millemerveilles und begrüßte Julius.

Hallo, Julius. Jeanne hat schon erwähnt, daß sie ihre Schwester nicht mitnehmen wollte und du sie mitbringen mußtest. Wir machen gleich folgendes: Erst fliegen wir uns alle nacheinander ein, zehn Minuten lang. Dann werden einzelne Spielzüge kurz aufgefrischt, da kommst du hoffentlich gut rein. Dann um zehn legen wir los und spielen. Bleibst du auf deiner Position?"

"Wenn ich darf", erwiederte Julius.

"Wenn du dich da besser fühlst", erwiderte Bruno. Dann wandte er sich anderen Jungen zu, die in der Mannschaft spielten.

Julius Andrews stellte sich zu denen, die ungefähr in seinem Alter waren. Er erkannte einige, die beim Abschiedsfest in Beauxbatons am kirschroten Tisch gesessen hatten. Diese erkannten auch ihn, wohl weil er ja der Extrapassagier der Kutsche gewesen war und wegen der ganzen Ereignisse in Millemerveilles in den vergangenen Sommerferien. Er sah zu, wie Jeanne ihre Mädchenmannschaft mit wenigen Handbewegungen dirigierte und wartete auf das Zeichen, das die Übungsrunden ankündigen sollte, von denen Bruno gesprochen hatte.

Außer den Jungen und Mädchen, die Quidditch spielen wollten erschienen noch weitere Kinder und deren Eltern. Julius sah, wie sich Claire neben einige Schulkameradinnen aus Beauxbatons relativ weit oben auf der Zuschauertribüne zusammen mit anderen Hexen und Zauberern setzte. Außerdem sah er Madame Delamontagne, die alleine auf dem höchsten Rang saß. Offenbar hatte es Claire nicht lange ausgehalten, mit der Dorfrätin alleine dort oben zu sitzen.

"Na, junger Mann? Wieder auf Erholungsurlaub in unserer schönen Siedlung?" Sprach Julius eine ältere Frau von hinten an. Julius schaffte es, nicht zusammenzufahren und sich langsam umzudrehen. Er sah eine Hexe in einem rosa Umhang, das eher der Tracht einer Krankenschwester glich als einem Hexenkostüm. Julius erkannte die Frau, die über ihrer linken Schulter eine große weiße Tasche mit der roten Äskulap-Schlange trug, dem Zeichen der Ärzte und Heilkundler in der Magierwelt, so wie der nichtmagischen Welt. Es war Madame Hera Matine, die in Millemerveilles als Geburtshelferin und Heilerin arbeitete.

"Wenn man mich läßt, Madame Matine. Ich fürchte nur, jeder, den ich kenne, verlangt mir alles ab, was ich in seinem Sinn machen kann."

"Oh, du erinnerst dich noch an meinen Namen. Das ehrt mich. Natürlich weiß ich ja auch noch, wer du bist, Julius Andrüs", antwortete Madame Matine.

"Andrews", berichtigte Julius vorsichtig. Madame Matine nickte. Dann sagte sie: "Ich bin eine der vorschriftsmäßig anwesenden Heilkundlerinnen hier. Versuche, mich nicht nötig zu haben, mein Junge!"

"Da habe ich ein sehr großes Interesse dran", erwiderte Julius schnell. Dann rief jemand:

"Monsieur Castello ist da, Leute! Los geht's!"

Ein altehrwürdiger Zauberer mit graublondem Haar und einem ebenso gefärbten Bart, welcher unter dem Kinn zu einem langen Zopf geflochten war, landete gerade mit seinem Besen, einem Ganymed 9, wie Julius staunte und winkte die bereitstehenden Spieler in die Mitte des Spielfeldes. Monsieur Castello, so hieß der Zauberer, war früher ein profi-Quidditchspieler gewesen und übte bei den Spielen der Dorfjugend die Funktion des Schiedsrichters aus.

"Messieurs und Mesdemoiselles, ich freue mich, daß Sie alle wieder wohlbehalten zu Hause angekommen sind und nach dem Jahr der Entbehrung Ihre Talente wiedererwecken möchten. Ich begrüße auch den englischen Monsieur, welcher uns letztes Jahr schon beehrt hat. Ich hoffe, Jeder und jede von Ihnen wird sich innerhalb der wieder engeren Leistungsgrenzen bewegen, denn ein Jahr Trainingsausfall kann unliebsame Einbußen im Spielvermögen bewirken. Wir fangen daher erst mit einfachen Einzelflugübungen an. Wenn sich jeder und jede wieder einigermaßen zurechtgefunden hat, beginnt das Übungsspiel. Auf Wunsch der Kapitäne werden die Spiele auf 20 Minuten begrenzt, falls der goldene Schnatz nicht vorher gefangen wird. Dadurch werden alle Reservespieler in der Lage sein, sich Spielpraxis zu verschaffen. Damit es kein heilloses durcheinander in der Luft gibt, teile ich drei Flugebenen auf. Die ersten fliegen in zehn Metern Höhe, die zweiten in fünfzehn und die dritten in zwanzig Metern, auf der Höhe der Torringe. Die altgedienten Spieler fliegen am höchsten, die neueren weiter unten. Es geht nur darum, Flugmanöver zu üben, um die Bewegungsabläufe und unbewußten Bewegungsänderungen neu zu erfahren oder wiederzuentdecken. Also los. Die ältesten zuerst!"

Wie der Fluglotse eines Muggel-Flughafens wies Monsieur Castello die Gruppen auf die entsprechenden Flughöhen. Julius wollte sich weiter unten eingruppieren, doch der zopfbärtige Zauberer schüttelte den Kopf.

"Selbst wenn Sie lange nicht mehr geflogen sind, sind Sie doch zu gut, um bei den Einsteigern mitzufliegen, Monsieur. Begeben Sie sich zu den Spielern auf die zweite Flughöhe!"

Julius gehorchte wortlos und stieg auf die ungefähre Höhe von 15 Metern auf. Dort probierte er die einfachen Flugmanöver, wie Richtungsänderungen, Bremsen und Beschleunigen, Seitenrollen und Loopings. Dann wagte er sich an die besseren Flugmanöver, wie Spiralen, Achten und Schrauben. Schließlich testete er noch den Rosselini-Raketenaufstieg, ein riskantes aber wirksames Steigflugmanöver, bei dem der Flugbesen beinahe senkrecht nach oben stieg. Julius ließ sich fast auf die 20-Meter-Höhe hochschnellen, bevor er durch eine schnelle Abwärtsspirale auf die zugewiesene Flughöhe zurückfiel. Er freute sich sichtlich, die erlernten Fähigkeiten nicht noch mal völlig neu üben zu müssen. Nach fünf Minuten jonglierte er ein- und freihändig einen unsichtbaren Ball, der nur in seiner Vorstellung existierte, sprang über unsichtbare Hürden oder raste mit flach auf dem Besenstiel liegendem Oberkörper mehrmals von Tor zu Tor. Virginie, die auf seiner Flughöhe übte, forderte ihn einmal zu einem Fangspiel heraus, ließ sich jagen oder jagte Julius. Julius schaffte es bald, die Junghexe auf ihrem Ganymed 8 gut auf Trab zu halten.

Einige Minuten flog Julius ruhig. Dann winkte ihm Jeanne zu, zu ihr aufzusteigen. Julius tat dies und wurde sofort von Jeanne und Barbara umschwärmt.

"Versuche, uns abzuhängen!" Befahl Barbara. Julius sah sich nach Monsieur Castello um, der über dem ganzen Feld flog, aber nicht die Absicht hatte, einzugreifen. Unvermittelt raste Jeanne auf ihn zu und zwang ihn, ihr auszuweichen.

Mädchen, das wird mir ...", setzte Julius an, als Barbara ihn fast vom Besen schubste.

Julius schwitzte unter seinem Spielerumhang. Er dachte eigentlich, daß er in Ruhe üben könne. Doch die Mädchen hatten ihn in die Falle gelockt und wollten ihn nun vorführen. Es blieben nur zwei Möglichkeiten: Flucht, aber vor all den Leuten war das peinlich. Oder er ging zum Gegenangriff über, was gefährlich werden konnte. Er rief:

"Du bist genauso wie deine Maman, Jeanne! Du möchtest dich nicht mit einem Wort abfinden, wenn du glaubst, daß mehr drin ist, als gesagt wird!"

"Da hast du ganz recht", antwortete Jeanne und trieb Julius fast gegen einen Torring. Julius wendete und raste mit einem Manöver aus der Springfeld-Technik haarscharf über Jeanne hinweg, duckte sich unter Barbara durch, die Bruno abzuschütteln versuchte und ging im Steilflug auf die 15-Meter-Höhe nieder. Jeanne setzte ihm nach. Im Sturzflug war der Ganymed besser,weil er waagerecht absinken konnte. Unvermittelt war Jeanne neben Julius und legte die Besenspitze auf die Spitze des Sauberwischs, was an und für sich ein Foul im Quidditch war, da Julius nun kein schnelles Manöver mehr fliegen konnte. So Blieb dem Hogwarts-Schüler nur die Seitwärtsrolle, die ihn für eine Sekunde im Kopfstand fliegen ließ, bevor er es schaffte, Jeannes Besenstiel von seinem Besenstiel fortzubekommen. Monsieur Castello flog zu ihnen und gebot Einhalt.

"Mademoiselle Dusoleil! Verängstigen Sie den Jungen nicht! Wenn er Ihr Können nicht würdigen möchte, lassen Sie ihn in Ruhe. Hier wird niemand zu Überleistungen gezwungen. Schlimm genug, daß Ihr Fluglehrer solch ein scharfer Hund ist, da müssen Sie das nicht noch nachmachen."

"Dann hätten Sie uns doch früher stoppen können", erwiderte Jeanne ganz selbstsicher.

"Weil ich davon ausgehe, daß sowohl Sie als auch Monsieur Andrews die Leistungsgrenzen einhält."

"Schon gut, Monsieur Castello", erwiderte Jeanne. Sie nickte Julius zu, er könne auf der zweithöchsten Flugebene weiterüben und kehrte auf ihre Ebene zurück.

Nach weiteren zehn Minuten endete die Übungsstunde. Die Spieler landeten alle auf dem Feld und formierten sich. Bruno stellte die erste Mannschaft auf. Julius durfte in der ersten Runde mitspielen.

Als die Kapitäne sich begrüßt hatten, wie es die Quidditchregel verlangte, wurde durch den Wurf eines Knutstücks ermittelt, wer auf welcher Spielfeldseite seinen Torraum hatte. So kam es, daß die Jungen, die den Fall der Münze falsch geschätzt hatten, gegen die Morgensonne spielen mußten. Dann ging das Spiel los!

Julius fügte sich schnell in das Mannschaftsgefüge ein und schaffte es, den roten Quaffel zweimal vor das gegnerische Tor zu bekommen. Dabei mußte er zwar beiden Klatschern ausweichen, hielt den Angriff aber aufrecht, bis Barbara, die als Hüterin spielte, den Ball fing und weit zurück ins Feld abschlug. Julius hielt sich meistens hinten auf und spielte den Vorstopper, wie es im Fußball genannt wurde. Doch manchmal schaffte er es, den roten Spielball durch die gegnerischen Angriffsreihen zu bugsieren und dann endlich einen Angriff zu vollenden, indem er so tat, als wolle er den Quaffel mit der rechten Hand ins Tor drehen, den Ball jedoch so andrehte, daß er gegen den rechten Torring prallte. Barbara warf sich so, daß sie den zurückprallenden Ball aufnehmen könnte. Doch der Ball tippte auf dem Torring, stieg einige Meter nach oben, wo Julius ihn kurz anschubste und in einer sanften Drehbewegung durch den linken Torring beförderte.

"Das ist der Punkt, wo die Reflektionsgesetze nicht immer stimmen", sagte Julius zu Barbara, die ja dort gewartet hatte, wo der Ball eigentlich hätte hinprallen müssen. Sie nickte und grinste breit, obwohl ihre Mannschaft gerade null zu zehn in Rückstand geraten war.

"Deshalb wollte ich dich gegen mich haben. Du spielst nicht nur Kraft, sondern Technik und Vorausberechnung aus. Und jetzt mach, daß du auf deine Seite zurückkommst!" Gab Barbara Julius noch mit auf den Weg.

Wusch! Ein Klatscher schwirrte knapp an Julius' linkem Arm vorbei, als er sich gerade nach hinten orientierte, um einen Gegenangriff abzuwehren oder einen neuen Angriff aufzubauen. Die nun wieder geweckten Reflexe halfen Julius, sich schnell aus der Gefahrenzone zu retten und über eine schnelle Dreierstaffette einen Direktschuß auf das Tor zu versuchen. Barbara fing den Gewaltschuß ab und warf auf Jeanne, die sofort auf das gegnerische Tor zufegte. Julius sah, wie Bruno sich ihr entgegenwarf, wie die Treiber beide Klatscher gegen Jeanne trieben, doch blieb ganz ruhig. Tatsächlich hatte Jeanne den Angriff nur vorgetäuscht. Denn als sie sich aus der Flugbahn beider Klatscher herausrettete, kam der Quaffel unvermittelt über Seraphine in den Torraum der grünen Sieben. Julius sah, wie César den Ball locker von sich abprallen ließ, nahm den Quaffel sofort auf und trieb seinen Besen zu einer wilden Spirale durch die gegnerischen Jäger an. Dabei sah er gerade noch das goldene Etwas, das seinen Weg kreuzte und das Mädchen im violetten Umhang, das diesem Gegenstand nachjagte. Er warf den Quaffel so, daß die Sucherin ihm ausweichen mußte und so den Schnatz, dem sie folgte, ziehen lassen mußte. Janine Dupont, die Sucherin der Blumentöchter von Millemerveilles, fluchte kurz und wandte sich Julius zu. Dieser rief noch:

"Achtung, Klatscher!"

Janine Dupont schaffte es gerade noch, unter dem schwarzen Ball hindurchzuschlüpfen. Der gemeine schwarze Ball schwirrte auf Julius zu, der für eine Viertelsekunde nicht daran dachte, auszuweichen. Dann spürte er, wie ihn der Luftzug des Balles an der rechten Wange berührte. Er hatte es unbewußt geschafft, sich geradeso zur seite zu werfen.

"Hui! Das war aber gerade noch danebengegangen", rief Janine Dupont Julius zu. Dann pfiff Schiedsrichter Castello. Der Sucher der grünen Sieben hatte den Schnatz gefangen und damit das Spiel 160 zu 0 für die Jungen entschieden.

"Unverschämtheit! Du hast mir den Fang vermasselt!" Fluchte Janine Dupont und raste auf Julius los, der nicht wußte, ob die Junghexe nun wütend auf ihn war. Er ging in einen Sturzflug über und rettete sich so vor der vermeintlichen Wut der Hexe.

"Nun die neuen Spieler!" Rief Monsieur Castello. Julius atmete erleichtert auf. Dieses kurze Spiel hatte ihn viel Kraft gekostet. Seine Kondition war wohl auffrischungsbedürftiger, als er sich eingestehen wollte. Er trollte sich mit seinem Besen, weil er wußte, daß er nicht mehr spielen mußte, da auf der Seite der Jungen drei weitere Jäger bereitstanden, von denen jeder nach und nach eingesetzt wurde. Julius ging zur Zuschauertribüne. Dort kam ihm Madame Matine mit einem großen Becher mit dampfendem Inhalt entgegen und hielt ihn sanft auf.

"Du hast dich fast verausgabt, wie? Die beiden Damen haben's zu wild mit dir getrieben. Komm, trink das! Das ist nur Kräutertee ohne magische Essenzen."

Julius nahm den Trinkbecher, der sich handwarm anfühlte. Doch die Flüssigkeit darin dampfte unverkennbar wie Tee, der gerade vom Ofen genommen wurde. Julius erinnerte sich an den Aequicalorus-Zauber, den er auf Flitwicks Anweisung hin im Unterricht hatte ausprobieren müssen. Damit konnten Gefäße so bezaubert werden, daß sie keine Wärme oder Kälte hinein oder hinausließen, wie eine Thermoskanne, nur wesentlich besser, weil die Wärme in einem geschlossenen Gefäß für unbestimmte Zeit eingesperrt werden konnte und nicht langsam verflog.

Vorsichtig nippte Julius an dem kochendheißen Gebräu, trank vorsichtig, als der Dampf sich langsam verflüchtigte. Er sah wohl wie Madame Matine mit ihrem Zauberstab Bewegungen um und über ihn ausführte, doch störte er sich nicht daran, weil er keine Leuchterscheinungen sah. Er merkte erst, daß etwas an ihm passiert war, als er den Trinkbecher zurückreichte und der durchgeschwitzte Jogginganzug so trocken war, als habe er ihn gerade erst angezogen.

"Auch in der Wärme kannst du frieren, wenn du kletschnaß bist, junger Mann", sagte Madame Matine und wandte sich den übrigen Spielern und Spielerinnen zu, die nun ihre Kunst gezeigt hatten. Darunter war auch Virginie. Julius sah, wie Madame Matine und ihre Kollegin Tee und Trocknungszauber an die übrigen Spieler weitergaben, bevor Virginie sagte:

"Maman möchte, daß du zu ihr hochsteigst."

"Fühlt sie sich einsam in der Ehrenloge?" Fragte Julius frech.

"Vielleicht", erwiderte Virginie und ließ Julius stehen.

Der Hogwarts-Schüler stieg die Treppen zu den Sitzreihen hinauf. Unterwegs winkte ihm Claire, die zwischen Elisa Lagrange und der brünetten Caro Renard saß. Julius ging kurz zu ihr hinüber.

"Setz dich doch zu uns, bis die dich wieder spielen lassen", schlug Claire vor, als Julius in Rufweite war. Die anderen Mädchen nickten.

"Würde ich gerne, Mädels. Aber Madame Delamontagne hat nach mir verlangt."

"Oho, was kann sie von dir wollen?" Flötete Caro, während Claire ein sehr enttäuschtes Gesicht machte.

"Da ich für gewisse gesellschaftliche Sachen noch zu jung, beziehungsweise viel zu jung für Madame Delamontagne bin, kann es nur was mit irgendwelchen schwarz-weißen Quadraten zu tun haben, auf denen schwarze und weiße Figuren herumgeschoben werden", sagte Julius. Die Mädchen kicherten darüber. Elisa erwiderte:

"Dann geh mal zu ihr, du Held!"

Claire sagte keinen Ton mehr. Julius ging zurück zur Haupttreppe und stieg zur obersten Sitzreihe hinauf, wo Madame Delamontagne immer noch alleine saß. Er ging mit strammen Schritten zu ihr hin und verkündete:

"Jungzauberer zweiter Klasse Julius Andrews meldet sich wie Befohlen, Madame Dorfrätin."

Madame Delamontagne schüttelte mißbilligend den Kopf mit dem strohblonden Zopf und sah Julius sehr streng an. Die künstliche stramme Haltung fiel so rasch von Julius ab, als sei er ein mit Überdruck aufgepumpter Gummireifen, aus dem die Luft abgelassen wurde.

"Unterlass bitte diesen Unsinn, Julius! Setz dich zu mir! Ich möchte die Zeit, die dir deine Spielerkameraden lassen, nutzen, um mit dir zu reden. - Und es hat nichts mit dem Schachturnier zu tun."

Julius setzte sich neben die Dorfrätin und wartete, daß sie erzählte, worum es ihr ging.

"Dir ist bekannt, daß Madame Faucon, die Eheleute Dusoleil und ich bewirkt haben, daß du die Ferien hier zubringst? - Gut, das ist in Ordnung. Was denkst du, ist der Grund dafür, daß wir es für so wichtig hielten, dich schnellstmöglich nach Millemerveilles zu holen, auch gegen den Wunsch deiner Eltern?"

"Wegen des dunklen Lords", erwiderte Julius nach zwei Sekunden Bedenkzeit. Madame Delamontagne machte zwar ein ernstes, aber nicht verärgertes oder verängstigtes Gesicht. Offenbar hatte sie diese Antwort erwartet, weil sie stimmte.

"Unter anderem. Es ist uns, also Madame Faucon und mir ja bekannt, daß deine Zaubergaben selten hoch ausgeprägt sind. Dazu kommt noch, daß du aus einer Muggelfamilie stammst. Beides macht dich zu einem potentiellen Ziel für den dunklen Lord und seine Gefolgschaft. Hinzu kommt noch, daß deine Eltern, im besonderen dein Vater, deine Zaubereiausbildung nicht nur mißbilligen, sondern auch zu verhindern trachten. Ich hörte zwar von deiner Mutter, daß sie sich nun damit zurechtfindet, daß du in Hogwarts lernst, aber sie ist ja nicht allein, die über dich befinden muß. Es ist wichtig, daß du weißt, wohin dein Weg führt. Der Unnennbare könnte versuchen, dich zu töten oder zu unterwerfen. Es ist ein natürliches Bedürfnis aller ihm nicht zugetanen Zauberer und Hexen, jeden Versuch seiner Gefolgschaft, Nachwuchs zu werben, zu vereiteln. Oder legst du Wert darauf, auf die dunkle Seite zu wechseln?"

"Dann wäre ich ja schön dumm, wenn ich Ihnen sowas erzählen würde", erwiderte Julius etwas aufsessig, weil ihm der gestrenge Ton der Dorfrätin nicht paßte und er aus ihren Worten raushörte: "Was du machst, bestimmen wir, und deine Eltern haben nichts mehr zu melden."

"Das ist richtig. Aber deine Reaktion, nicht das gesagte, hat mir verraten, was du willst. Du hast auch Angst vor ihm und davor, was er anstellen kann, obwohl du längst noch nicht alles weißt, wozu er fähig ist. Ich habe es gerade in deinen Augen gesehen, als du nachgedacht hast, was du auf meine Eingangsfrage antwortest. Nun gut! Das ist also geklärt. Dann erzähl mir bitte mit eigenen Worten, wie du deine Situation in der Welt der Zauberer oder der Welt der Muggel bewerten würdest. Lass dir Zeit! Ich werde dich nicht unterbrechen.

Julius überlegte kurz, was er auf diese Anweisung antworten solte. Ihm war zwar klar, daß die Dorfrätin hören wollte, daß er froh war, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, aber sie würde jede Form von Heuchelei erkennen, das wußte er auch.

"Also am Anfang, als ich den ersten Brief von Hogwarts bekommen habe, habe ich wie meine Eltern geglaubt, daß mich da jemand verschaukelt. Ich habe früher immer mit Freunden Geschichten nachgespielt, in denen Zauberer und Zauberwesen vorkamen. Aber das waren nur Geschichten, nichts echtes. Das wußten wir schon seitdem wir sechs Jahre alt waren. Mein Vater hält überhaupt nichts von Sachen, die nicht echt sind, die nicht von Wissenschaftlern erklärt und nachgebaut werden können. Deshalb waren wir nicht gerade begeistert als der Brief kam. Vor allem, als immer mehr Briefe kamen, weil wir nicht geantwortet haben ...", begann Julius die ganze Geschichte zu erzählen, wie er erfahren hatte, daß er nun in Hogwarts lernen sollte.

Julius achtete nicht auf das, was auf dem Quidditchfeld passierte. Die Beifalls- und Überraschungsäußerungen der Zuschauer hörte er sogut wie nicht. Er erzählte einfach drauf los, wobei er zwischen förmlicher und einfacher Sprache wechselte, wie er gerade gestimmt war. Er berichtete von seinen Eindrücken, als er dem Dementor begegnet war, der auf der Suche nach Sirius Black den Hogwarts-Express durchsucht hatte, wie er ausgewählt wurde, nach Ravenclaw zu ziehen und was er von den Schülern dieses Hauses gehört hatte. Er ging kurz auf die Entdeckung seiner Ruster-Simonowsky-Befähigung ein, die seine Zauberkraft um ein vielfaches stärker ausprägte, als es bei Jungen seines Alters normal sei. Er erzählte von seinem ersten Schuljahr in Hogwarts, die Probleme und die angenehmen Seiten. Er ließ jedoch den Angriff von Brutus Pane auf ihn weg.

"Ja, und dann schickten meine Eltern mich zu Catherine und ihrer Familie nach Paris, weil sie wohl wollten, daß ich nicht zur Quidditch-Weltmeisterschaft fuhr. Sie wußten ja nicht, daß Catherine eine Hexe ist. Als das dann mit dem Brief passierte, den Sie wohl kennen, kam ich ja her und blieb hier", setzte Julius seinen Bericht fort, ohne sich einmal zu versprechen.

Er berichtete von seinem zweiten Jahr und dem neuen Schüler Henry Hardbrick, der wohl vollkommen gegen seine Ausbildung war, wie er das trimagische Turnier und die Randberichte dazu fand und wie er den letzten Turniertag erlebt hatte. Er schloß mit den Worten:

"... deshalb habe ich sofort gesagt, daß ich herkommen und von Madame Faucon Nachhilfe in der Abwehr dunkler Kräfte haben kann. Hoffentlich komme ich zu meinen Ferien."

"Das wirst du sicherlich. Danke, daß du meinen Wissenstand mit deinen Eindrücken erwietert hast", erwiderte Madame Delamontagne. Julius wunderte sich, daß sie keine weiteren Fragen an ihn hatte.

Virginie kam die Tribüne hinauf und suchte Julius.

"Die wollen in der nächsten Runde, daß du mitspielst, Julius. Ich hoffe, das geht."

"Er hat mit mir alles besprochen, was ich mit ihm besprechen wollte", sagte Madame Delamontagne. Dann fügte sie noch hinzu: "Ich hoffe, übermorgen nachmittag die Gelegenheit zu bekommen, deine Schachkünste vor dem Turnier zu erleben. Ich habe Mademoiselle Dusoleil eine Partie zugesagt. Wenn es deine Zeit zuläßt, würdest du gegen mich antreten?"

"Wenn ich Zeit habe, Madame. Ich weiß nicht, was Madame Faucon alles mit uns vorhat. Vielleicht gibt sie uns auch Hausaufgaben auf, hinzu denen, die mir die Lehrer in Hogwarts schon aufgegeben haben" sagte Julius.

"Dann komm! Wir gehen wieder aufs Spielfeld!" Entschied Virginie. Ihre Mutter nickte zustimmend. Julius folgte der Fünfzehnjährigen wieder hinunter auf das Spielfeld. Dort landeten gerade die beiden Mannschaften. Ein Junge, der als Jäger gespielt hatte, fiel fast vom Besen, als er absteigen wollte. So heftig mußte ihn das Spiel gefordert haben. Madame Matine behandelte ein Mädchen, daß wohl in der vierten Klasse von Beauxbatons war, weil sie einen Klatscher gegen das linke Bein bekommen hatte. Julius wunderte sich, daß er das alles nicht mitbekommen hatte. Doch Madame Delamontagnes Blick hatte ihn dazu gezwungen, sich nur auf das zu konzentrieren, was er ihr erzählte.

"Es wird Zeit, daß du wieder mitspielst, Julius. Wir haben gerade 40 zu 200 Punkten verloren", sagte Bruno und wischte sich den Schweiß aus dem vor Anstrengung rotem Gesicht.

Julius bestieg seinen Besen, als Monsieur Castello die Spieler dazu aufforderte. Dann ging es los.

Julius hatte keine Zeit, noch länger über alles nachzudenken, was Madame Delamontagne von ihm wissen wollte. Denn sofort kam einer der Klatscher geflogen und drohte, ihn vom Besen zu fegen. Julius reagierte ohne Nachdenken und warf alles über Bord, was in den letzten Minuten gewesen war. Er Spielte sofort richtig mit. Er ließ sich anspielen, griff an, gab den Quaffel weiter oder hielt sich bereit, falls ein anderer Angriff versucht werden sollte. Dabei scheiterte er mehrmals an Barbara Lumière, die wieselflink vor den drei Torringen herumwirbelte und Den Schußwinkel so veränderte, daß Julius es oft vorzog, den Ball zurückzulegen, auf Bruno, der dann meinte, ein direkter Wurf aufs Tor brächte mehr ein. Doch die Hüterin pflückte den Quaffel wie beiläufig aus der Luft und warf ihn einer Jägerin aus ihrem Team zu. Diese kam jedoch nicht dazu, Jeanne oder Seraphine, die gerade mitspielte, so anzuspielen, daß sie den Torraum der Jungen ansteuern konnte. Julius fing ihr den Quaffel weg und schaffte es in einer Mischung aus Tiefflug und Schraubsalto, den großen roten Ball durch den linken Torring zu bringen, weil Barbara gerade einem Klatscher ausweichen mußte.

So verlief das Spiel über die gesamten zwanzig Minuten, die angesetzt waren. Als die Spieler dann landeten, ohne daß einer der beiden Sucher den Schnatz gefangen hatte, waren sie ziemlich matt. Monsieur Castello grinste und fragte:

"War es keinem von euch möglich, den Schnatz zu bekommen?" Als die Antwort "nein" lautete, öffnete er seine linke Faust, und ein goldener, walnußgroßer Ball mit vier silbernen Flügeln schwirrte wie eine aufgeregte Hummel davon.

"Ach, dann habe ich den gar nicht erst losgelassen", grinste der ältere Zauberer. Janine Dupont, die Sucherin der Mädchenmannschaft, sah ihn verärgert an. Auch der Sucher der Jungen wußte nicht, was er sagen sollte.

"Das ist gegen die Regeln", warf Bruno ein. "Wenn wir richtig spielen, muß der Schnatz im Spiel sein."

"Junger Mann, Sie und Ihre Kollegin haben diesen Tag als reines Training angemeldet. Bei einem Training kann der, der es überwacht, entscheiden, was schwerpunktmäßig geübt werden soll. Ich befand, daß sowohl der Sucher der grünen Sieben, als auch die Sucherin der Blumentöchter sehr gut in Form seien und wollte ein reines Jäger- und Treiberspiel sehen. Die erzielten Tore können Sie meinetwegen für ungültig erklären, wenn Ihnen danach ist", erwiderte Monsieur Castello ruhig aber unerschütterlich.

Bruno grummelte, mußte jedoch einsehen, daß der Übungsleiter tatsächlich befinden konnte, welche Bälle im Spiel waren. Jeanne lächelte nur und sagte:

"Sei froh, daß der Schnatz nicht im Spiel war, Bruno. Denn dann hätten wir euch fertiggemacht."

"Hättet, aber habt nicht", erwiderte Bruno. Dann sagte er: "Wenn Jeanne nichts dagegen hat, spielen wir noch mal und zwar korrekt, mit allen Bällen und gültigen Toren."

Jeanne nickte zustimmend.

Bruno teilte die Mannschaft ein. Er nahm einen der jüngeren Spieler als Treiber. Julius wollte schon zur Tribüne zurück, als er sagte: "Dich möchte ich als Vorstoßjäger und Anspielpartner haben. Deine Wenden sind superschnell. Man könnte glauben, du hättest im letzten Schuljahr nur Quidditch gespielt."

Julius war einverstanden. Damit alle es sahen, ließ Monsieur Castello den Schnatz über dem Spielfeld fliegen, ließ die beiden wilden Klatscher los und pfiff, wobei er den Quaffel freigab.

__________

Caroline Renard wandte sich an Claire Dusoleil, mit der sie zusammen in der fünften Reihe der Tribüne saß.

"Und der stammt wirklich von Muggeln ab, Claire. Das ist ja phantastisch, wie der fliegen kann."

"Virginie hat das Jeanne erzählt und die hat uns das erzählt, Caro. Außerdem habe ich mitbekommen, daß seine Eltern nicht wollen, daß er zaubern und fliegen lernt. Die wollen keinen Zauberer in der Familie", erwiderte Claire.

"wieso war der dann letzten Sommer hier?" Fragte Elisa Lagrange, Seraphines jüngere Schwester, die neben Dorian Dimanche saß.

"Weil er bei Catherine war und die mit Babette zur Quidditch-Weltmeisterschaft wollte und keine Karte mehr bekam. Deshalb hat er bei Madame Faucon gewohnt. Die wollte nicht, daß Julius in der Muggelwelt vergaß, was er alles gelernt hat", antwortete Claire.

"Catherine, du meinst Madame Faucons Tochter? Dann kann ich die Alte verstehen, daß sie Julius zu sich geholt hat. Madame Brickston, wie sie wohl heißt, hat einen ziemlich ignoranten Muggel geheiratet. Maman hat ihn mal mit ihr in Paris getroffen, wie sie ihm die Rue de Camouflage gezeigt hat. Der hat doch alles als Unsinn und unnatürlichen Unrat bezeichnet", sagte Dorian.

"Estelle hat doch gegen ihn Schach gespielt. Sie sagt, daß er sich gut auf das konzentriert, was er gerade macht", warf Caroline ein. Claire und Elisa nickten. Dann sagte Caro noch:

"Aber tanzen kann er immer noch am besten von allem, was ich gesehen habe."

"Das will ich hoffen", warf Claire ein.

"Wieso du? Hast du ihm ein Halsband umgelegt, wo dein Name draufsteht", flachste Caro und strich ihr brünettes Haar zurecht. Elisa grinste auch.

"Was meinst du, Caro?" Fragte Claire etwas ungehalten klingend.

"Weil Caro gerne mit ihm den Sommerball gewinnen möchte", gab Elisa zur Antwort. Caro grinste nur gehässig.

"Ich habe ihm nicht verboten, mit einem anderen Mädchen zu tanzen. Aber ich denke, du versuchst lieber, mit Egidius oder Jacques den Ball zu gewinnen", sagte Claire und setzte nach: "Dein Stil paßt nicht mit seinem zusammen."

"Eh kuck mal, da kommt deine Maman", sagte Caro aus Verlegenheit. Dann meinte sie noch:

"Ich fürchte, wenn Barbara ihren Bruder nicht dauernd auffordert, tanzt der auch dieses Jahr keinen Schritt freiwillig." Claire sah Julius spielen und gegen ihre Schwester den Quaffel erwischen. Jeanne flog Julius zwar nach, verhinderte jedoch nicht, daß er sich mit dem Ball in den Torraum warf, wo Barbara auf ihn wartete. Julius ließ den Ball auf seinem Besen auftippen, gegen seinen Kopf prallen, wodurch der Ball nach oben geprellt wurde und warf sich herum. Barbara stieg nach oben, um den Quaffel sicher aufzunehmen, doch da kam Brunos rechte Faust und bugsierte den Ball direkt durch den mittleren Ring. Das alles ging so schnell, daß Claire vor Staunen der Mund offenstand.

"Hat Babsie nicht gesehen, daß Bruno über dem Torraum flog. Ach, das tut mir aber leid", flötete Dorian Dimanche und lachte.

"Nenn die bloß nicht Babsie", sagte Elisa. "Die ist stolz auf ihren Namen."

"Dann eben Barbie", sagte Dorian frech und grinste weiter. Caro wandte sich Claire zu und fragte leise:

"Hat er dir schon verraten, auf welchen Typ Mädchen er steht?"

"Wieso willst du das wissen?" Fragte Claire alarmiert.

"Weil ich denke, daß er bestimmt eine Freundin sucht, wenn er noch keine hat."

"Ach, du meinst, er sei Freiwild, nur weil dein Tanzpartner vom letzten Jahr sich mit Sylvia Jare zusammengetan hat?"

"Dieses Küken hat ihm den Kopf verdreht. Man könnte meinen, die hätte Veela-Blut in den Adern, wie Fleur", zischte Caro gereizt.

"Ach ja, Fleur hat Julius sehr gut gefallen", setzte Claire nach. Caro verzog das Gesicht in einer Mischung aus Unglauben und Verärgerung. Dann sagte sie:

"Wie vielen anderen Jungs auch. Außerdem wollte er ihr nicht nachlaufen. Meine Maman hat das doch auch gesehen, wie er letztes Jahr hinter ihr hergetrottet ist. Jetzt weiß er zumindest, worauf er sich gefaßt machen muß."

"Wovon habt ihr's?" wollte Elisa wissen.

"Das Julius auf Fleur Delacour reingefallen ist", erwiderte Caro. Dorian sagte nur:

"Daran sieht man's, daß er aus einer Muggelfamilie stammt. Die kennen keine Veela."

"Das hat doch nichts damit zu tun. Julius wußte halt nicht, daß er schon auf Fleur so reagiert. Die war das ganze Schuljahr in Hogwarts. Aber ich habe nicht gehört, daß er von ihr immer noch so schwärmt, wie es ausgesehen hat. Ich denke eher, der hat schon eine Freundin in Hogwarts."

"Soso", trällerte Caro. "Dann hast du ihn ja doch schon gefragt."

"Das ist doch gar nicht nötig. Ich habe letztes Jahr drei Mädchen gesehen, die durchaus gut mit ihm auskamen."

"Wo?" Wollten Caro und Elisa wissen.

"Bei seiner Geburtstagsfeier", erwiderte Claire stolz, daß sie etwas wußte, was die beiden anderen Mädchen nicht wußten.

"Ach die Lange mit den blonden Locken und das Zwillingspaar mit den braunen Haaren? Die haben doch im Chapeau du Magicien gewohnt, zusammen mit ihren Eltern", sagte Caro ruhig. Claire nickte. Immerhin arbeitete Caros Schwester, die bereits mit Beauxbatons fertig war, als Serviererin und Stubenmädchen in der Dorfschenke von Millemerveilles.

"Richtig", bestätigte Claire. "Gloria hieß die Blonde, Betty und Jenna die beiden Zwillingsschwestern.

"Stimmt das, daß Julius Andrews Aurora Dawn kennt, die den kleinen Hexengarten geschrieben hat?" Fragte Dorian und bewies damit, daß er nicht auf dem Stand der Dinge war, fand Claire.

"Die war letzten Sommer hier, als er hier war und Ostern hat sie ihn aus England mitgebracht und sich mit uns das Spiel der Mercurios gegen die australischen Profis aus Sydney angesehen. Das stand doch in der Zeitung", gab Claire Dusoleil belustigt zur Antwort. Caro nickte und lachte.

"Du vergisst, daß unser Freund erst in Beauxbatons Lesen gelernt hat, Claire. Das konnte doch wirklich jeder im Land lesen."

"Wenn du kein Mädchen wärest würde ich dir jetzt eine reinhauen, Caroline Renard", knurrte Dorian.

Caro, Elisa und Claire lachten schallend. Dann sagte Caro:

"Wenn du ein Mädchen wärst, würdest du mir wohl die Haare ausreißen, wie?"

Madame Dusoleil schritt in einem apfelgrünen Umhang die Stufen der Tribüne hinauf, nickte Claire kurz zu und ging zu Madame Delamontagne. Dann tauchte noch Madame Faucon, die in Millemerveilles lebende Lehrerin für Verwandlung und Verteidigung gegen die dunklen Künste auf. Sie schien appariert, also auf magische Weise an diesem Ort erschienen zu sein, denn die vier Beauxbatons-Schüler hatten sie nicht anfliegen oder zu Fuß ankommen gesehen.

"Was will die denn hier?" Fragte Dorian verunsichert und deutete kurz auf Madame Faucon.

"Dasselbe wie wir, du Gnomenhirn. Die will sich das Spiel ansehen", erwiderte Caro abfällig.

Die vier Beauxbatons-Schüler sahen zu, wie sich die Lehrerin, die einen blaßblauen Umhang trug, ähnlich der Beauxbatons-Schuluniform, nur daß der Umhang aus Satin bestand und mit Rüschen verziert war, zu Madame Delamontagne und Madame Dusoleil hinaufstieg und sich neben die beiden niederließ.

"Wupp! Da hätte es Barbie fast vom Besen gehauen", bemerkte Dorian, als er wieder dem Spiel zusah und gerade mitbekam, daß die Hüterin der Mädchenmannschaft fast einen Klatscher an die rechte Brust bekommen hätte und nur durch eine schnelle Seitenrolle dem Zusammenstoß ausweichen konnte.

"Tor!" Rief Claire, als Julius den Quaffel an Jeanne vorbeidrehte und ihn durch den rechten Torring lenkte.

"Oh, daß wird dein Schwesterchen aber ärgern", flachste Caro Claire zugewandt. Diese grinste.

"Die kriegt doch nur, was sie haben wollte. Die hat Julius heute morgen doch förmlich angewiesen, mitzuspielen", erwiderte Claire.

"Gut, daß ich auf einem Besen nicht so überragend bin. Sonst hätte mich Boreas schon zwangsverpflichtet", meinte Dorian.

Claire erinnerte sich. Dorian war Bewohner des roten Saales. Boreas Leauvite war der Quidditchkapitän der Roten und war dafür berüchtigt, jeden, der nur halbwegs talentiert war, mit Nachdruck zum Mitspielen anzuhalten, bis entweder herauskam, daß der betreffende Schüler nichts taugte oder der unter dem Druck zusammenbrach. Das lag daran, daß die Roten bis auf die Grünen, zu denen Jeanne, Barbara und Claire gehörten, alle Mannschaften besiegten, gegen die sie im Schulturnier antreten mußten. Bei fünfzehn über das Schuljahr verteilten Spielen war das eine große Kraftanstrengung, und alle Mannschaften, so wußte Claire, waren nur dann durchgehend stark, wenn sie auf allen Positionen mindestens einen Reservespieler aufbieten konnten.

"Vielleicht kommt dein Gastbruder ja doch ganz zu uns und zieht einen hellen Umhang an. Jeanne würde sich freuen", meinte Caro und fügte hinzu: "In diesem kohlschwarzen Umhang sah er ja aus, wie ein Schüler der dunklen Seite. Béatrice hat gefragt, ob Hogwarts schon vom Unnennbaren unterwandert wäre."

"Bea redet viel, wenn der Tag lang ist, Caro. Die in Hogwarts laufen alle in schwarzen Umhängen herum. Die sind aber nicht von der dunklen Seite beherrscht. Die Durmstrangs, hat Jeanne geschrieben, laufen in blutroten Umhängen herum. Deren Schulleiter war früher einer von ihm, dem Unnennbaren und floh bei der dritten Runde", sagte Claire leicht ungehalten.

"Ist ja gut, Claire. Die Alte hätte ihn bestimmt nicht zu sich geholt, wenn er zu ihm gehört oder sie hätte ihn eingesperrt gehalten", sagte Caro und machte das Gesicht eines Kindes, das weiß, daß es was böses gesagt hat und nun möchte, daß man ihm nicht mehr böse ist.

__________

"Ach, kommst du auch mal raus, Blanche?" Begrüßte Madame Dusoleil Professeur Faucon frech.

"Camille, du weißt genau, daß ich derartige Unflätigkeiten nicht mag. Bring mich nicht dazu, dich wie ein ungehöriges Kind abzustrafen!" Drohte die Hexenlehrerin. Dann sagte sie noch:

"Ich habe mir schon gedacht, daß du Julius mit Jeanne zum Quidditchfeld läßt. Catherine hat mir eine Eule geschickt, daß seine Eltern bei ihr angekommen sind. Ich hörte, daß Madame Andrews dir sogar geschrieben hat. Hat sie berichtet, wie es ihr in Hogwarts erging?"

"Nein, hat sie nicht, Blanche. Sie hat sich nur noch mal entschuldigt, weil Monsieur Andrews mir zu Ostern meine Posteule mit Farbe besudelt hat. Sie hat nur geschrieben, daß sie mir dankt, daß Ich Julius über die Ferien aufnehme."

"Monsieur Andrews weiß nichts davon, daß dein Schützling hier ist?" Wollte Madame Faucon wissen.

"Es interessiert ihn nicht", gab Madame Dusoleil zur Antwort, jedes Wort wie einen Speer in den Raum schleudernd. Ihr Gesicht verlor für einige Sekunden die freundliche Ausstrahlung und verzerrte sich zu einer wütenden Grimasse. Dann fing sie sich wieder und gab wörtlich wieder, was Julius' Vater zu Ostern geschrieben hatte. Dann sagte sie noch:

"Ich gehe davon aus, daß Monsieur Andrews Angst vor uns hat, die ihn zu dieser Unflätigkeit anregt."

"Madame Andrews war in Hogwarts. Sie hat sich demonstrieren lassen, wie weit ihr Sohn bereits zaubern kann. Meine Kollegin Professor McGonagall berichtete mir davon", entgegnete Madame Faucon, die sich sichtlich um eine gefühlsfreie Miene bemühte, aber nicht ganz die Wut verstecken konnte, die in ihr brodelte.

"Ich wundere mich, daß Julius sich so unbefangen in unsere Welt eingelebt hat", griff Madame Delamontagne in die Unterhaltung ein. "Ich habe mir vorhin von ihm seine bisherigen Erlebnisse erzählen lassen, etwas, was ich letztes Jahr schon hätte tun sollen. Aber das Schachturnier, sowie die plötzliche Umstellung von altgewohntem haben mich davon absehen lassen, ihn weiter unter Druck zu setzen. Er erzählte mir, daß er sich immer schon für Geschichten außerhalb der Wirklichkeit begeistert hat, aber trotzdem genau wußte, was Wirklichkeit war und was Erfindung. Die Einsicht, nicht in den gewohnten Bahnen weiterzuleben, kam ihm wohl durch einen Besuch bei Aurora Dawn in Australien."

"Stimmt", erwiderten Madame Dusoleil und Madame Faucon gleichzeitig.

"Er erzählte mir auch, daß er in Hogwarts dazu angehalten wurde, Muggelwissenschaftsbücher zusätzlich zu seinen dortigen Schulaufgaben zu lesen, weil seine Eltern wollten, daß er auf dem Stand vergleichbarer Schüler in Muggelschulen bleibe. Die Lehrer mußten das wohl toleriert haben, ja sogar unterstützt haben, bis er hier in Frankreich eintraf, wo er, wie er vermutete, wegen Mademoiselle Dawns Einladung zur Quidditch-Weltmeisterschaft bleiben sollte, damit sie ihn nicht doch mitnehmen würde. Dann trug sich die leidige Affäre um den Brief seines Vaters an deine Tochter zu, und seitdem, so sagt er selbst, sei die Beziehung zu seinem Vater gestört. Er erwähnte auch das Treffen mit meiner Eulenschachpartnerin Lady Genevra von Hidewoods und den vorerst letzten gewaltsamen Versuch, ihn aus der Zaubererwelt herauszuhalten. Ich habe ihm keine Zwischenfragen gestellt, weil ich wollte, daß er mir das erzählte, von dem er glaubte, daß es für mich wichtig sei. Was ich erfahren habe, genügte mir vollkommen. Zumindest ahne ich nun, worauf seine Selbstunterdrückung beruht."

"Wenn ich mir ansehe, wie respektlos er gegen Jeanne spielt, ist er darüber wohl nun hinweg", warf Camille Dusoleil mit schelmischem Grinsen ein.

"Da liegt das Problem, Camille. Wir wollen, daß er sich als einer von uns fühlt. Damit steht er unter einem gewissen Druck. Andererseits wirst du nicht abstreiten, daß er nicht von seinem früheren Leben lassen will. Das willst du ja auch nicht", stellte Madame Delamontagne fest. Camille Dusoleil nickte.

"Hat er dir auch erzählt, wie er Ossa Chermots Zeitungsartikel über ihn empfand?" Wollte die Chefin der Zaubergärten von Millemerveilles wissen.

"Selbstverständlich. Er erklärte mir auch, ohne meine Aufforderung, daß er gehalten sei, sich so unauffällig wie möglich der Presse gegenüber zu betragen, am besten jede Stellungnahme abzulehnen", erwiderte Madame Delamontagne.

"Also das mit der Muggelliteratur hätten wir ihm in Beauxbatons nicht durchgehen lassen. Unsere Anforderungen erlauben keine eigenmächtigen Sonderprojekte, selbst wenn sie von den Eltern gefordert werden", sagte Professeur Faucon nur, was ihre Gesprächspartnerinnen längst wußten. "Claire und Virginie haben euch bestimmt von Claude Muller geschrieben, der im roten Saal unterkam und es sich dort innerhalb einer Woche mit seinen Klassenkameraden verscherzte, weil er ihnen zu beweisen versuchte, daß nichts magisches existierte. Boragine war und ist nicht besonders begeistert. Immerhin hat er es dann doch noch geschafft das Klassenziel im unteren Durchschnitt zu erreichen, nachdem wir den Gebrauch muggelwissenschaftlicher Werke verboten und ihn daran erinnerten, daß er bei uns das lernt, was wir für richtig halten."

"Nachdem, was Jeanne geschrieben hat, gab es in Hogwarts dieses Jahr einen ebenso schlimmen Fall eines Muggelstämmigen, der es sogar wagte, sich an einer von mir der Schule zur Betreuung durch interessierte Schüler gestifteten Pflanze zu vergreifen, aus purer Angst, er würde von seinen Eltern und Verwandten geächtet", sagte Madame Dusoleil.

"Reden wir von Monsieur Andrews, Julius! Wir drei haben schließlich bewirkt, daß er nun hier ist und sollten in gemeinsamer Anstrengung dafür sorgen, daß er einerseits das Gefühl bekommt, seine Leistungen in unserer Welt würden sich lohnen, ohne überheblich zu werden, aber andererseits klarzustellen, daß in unserer Welt gewisse Regeln gelten. Im letzteren Punkt bin ich erfreut zu wissen, daß er unsere Gesetze gelesen hat", sagte Madame Delamontagne. Madame Dusoleil und Madame Faucon nickten.

"Mir wäre es lieb, wenn wir es irgendwie hinbekämen, daß seine Familie ihn so akzeptiert, wie er ist, um den Druck von ihm zu nehmen. Ich mag ihn sehr, aber deshalb werde ich nichts tun, um ihn von seinen Eltern wegzulotsen", sagte Madame Dusoleil klar und deutlich.

"Catherine hat die beiden zu sich geholt, da sie wohl nicht von sich aus darauf kämen, in Gefahr zu sein, wenn der Wahnsinnige der Meinung ist, daß sie für ihn zur Bedrohung werden könnten. Ich warte ab, was Catherine mir schreibt", bekräftigte Madame Faucon.

"Ich werde seiner Mutter regelmäßig schreiben, wie es ihm hier ergeht, da sie noch Kontakt mit mir halten möchte", erklärte Madame Dusoleil und zuckte zusammen, als Julius fast mit Jeanne zusammenprallte, weil er einem ihm geltenden Klatscher ausweichen mußte.

"Er hat seine frühere Form schnell wiedergefunden", stellte Madame Delamontagne kühl fest. "Hoffentlich kennt er seine Grenzen."

"Jeanne hat ihn provoziert. Sie sah den Klatscher doch auch", bemerkte Madame Faucon.

"Der werde ich nachher noch was erzählen", knurrte Madame Dusoleil. Doch dann verwarf sie diese Absicht wieder, weil sie erkannte, daß das einen falschen Eindruck machen mußte, nämlich den, Julius überzubehüten. Aber sie würde beide noch mal ins Gebet nehmen, um sie daran zu erinnern, daß sie nicht wollte, daß einem von beiden was zustieß.

"Jeanne wird glauben, du wolltest Julius in Watte packen, und Julius wird glauben, du erkennst seine Leistung nicht an", erwiderte Madame Faucon. Dann sagte sie: "Du solltest sie lediglich darauf hinweisen, daß Quidditch kein Spaziergang ist, sondern ein gefährlicher Sport. Wenn es an Jeanne liegt, daß dein Schützling sich so sehr engagiert, entziehe ihr für eine Weile den Besen!" Schlug Madame Faucon noch vor.

"Gute Idee", stimmte Madame Dusoleil zu.

"Hast du Julius eigentlich ein Verbindungsarmband angelegt?" Wollte Madame Faucon wissen. Madame Dusoleil schüttelte entschieden den Kopf und antwortete:

"Du hattest letztes Jahr wohl deine Gründe, Julius derartig zu überwachen, Blanche. Ich finde jedoch, daß er nur lernt, verantwortungsvoll und eigenständig zu werden, wenn er eine gewisse Freiheit behält, nämlich die, nicht überall sofort aufgespürt zu werden. Sollte sich erweisen, daß er diese Freiheit mißbraucht, werde ich schon geeignete Maßnahmen ergreifen, Blanche. Du hast mir ja zugesichert, meine Vorstellungen von seiner Betreuung zu respektieren."

"Was ich auch tue, Camille. Ich weiß zwar, daß du manches sehr tolerant hinnimmst, wo ich frühzeitig Einhalt geboten hätte, doch Claires und Jeannes Entwicklung in Beauxbatons beweisen mir, daß deine Art, Kinder zu erziehen, außerhalb von Beauxbatons keinen Schaden an ihren Charakteren anrichtet."

Die Zuschauer jubelten unvermittelt, weil der Sucher der grünen Sieben den Schnatz gefangen hatte. Wieder verdankte er das einem wie zufällig in Janines Flugbahn gepaßten Quaffel von Julius Andrews.

Janine schimpfte wie ein Rohrspatz, als sie landete. Julius ging sofort auf Abstand zu ihr.

"Das ist heute schon das zweite Mal, daß er Janine den Schnatzfang vereitelt hat", bemerkte Madame Delamontagne, während Barbara und Virginie die Kameradin beruhigten und die Jungen Julius kräftig auf die Schultern klopften, was, wie Camille Dusoleil mit Bewunderung zur Kenntnis nahm, den an sich kleineren Jungen nicht niederdrückte, wie heftig die Klopfer auch waren.

"Das war es dann wohl. Ich sammel meine Zöglinge nun ein und fliege nach Hause. Also Jeanne, Claire und Julius möchten morgen früh um neun bei dir sein, Blanche?" Erkundigte sich Camille Dusoleil.

"So ist es, Camille", erwiderte die Verwandlungs-und Verteidigungslehrerin entschieden.

"Dann einen schönen Tag noch!" Wünschte Madame Delamontagne den beiden Nachbarinnen. Madame Faucon nickte, stand auf und disapparierte. Nur ein sich verflüchtigender Luftwirbel blieb dort zurück, wo sie gerade noch gestanden hatte.

"In Ordnung, Eleonore. Ich hoffe, du hast Julius nicht zu sehr irritiert", sagte Madame Dusoleil noch zum Abschied. Dann holte sie ihren Einkaufsbesen der Granit-Serie unter dem Sitz hervor und stieg die Treppen hinunter.

__________

"Du hast mich schon wieder abgeblockt, Monsieur Andrews aus England. Das war ein klares Sucherfoul", zeterte Janine Dupont. Ihr kleiner Körper schien in den letzten Sekunden um zwanzig Zentimeter gewachsen zu sein, fand Julius. Virginie sprach auf die Kameradin ein:

"Sucherfouls werden von einem gegnerischen Spieler direkt am Sucher begangen. Wenn der Quaffel gespielt wird, oder ein Klatscher geschlagen wird, ist das kein Foul, wenn der Sucher in die Flugbahn gerät."

"Der wußte genau, daß ich den Schnatz fangen wollte. Warum spielt er dann nicht sucher, häh?" Zeterte Janine weiter.

"Weil er als Jäger effitienter ist, Mäuschen", mischte sich César Rocher ein und grinste über sein rosiges Mondgesicht. "Immerhin habt ihr zehn Tore weniger geschafft als wir, weil er vorne schon dichtgemacht hat."

"Mops!" Schimpfte Janine Dupont. Jeanne gab ein tadelndes "Nana, Janine", zurück.

"Das nächstemal spielt der Sucher oder in unserer Mannschaft", verlangte Janine.

"Nicht, solange ich mit eigenem Wasser meinen Namen in den Schnee schreiben kann", gab Julius zurück. Die Jungen gröhlten vor Lachen, während die Mädchen leicht erröteten. Nur Barbara grinste.

"Hier gibt es keinen Schnee, du Frechdachs", gab Jeanne zurück und kämpfte gegen ein Grinsen an.

"Janine kann mir ja eines ihrer Haare leihen, damit ich damit einen Vielsaft-Trank ansetzen kann. Dann wäre das für eine Stunde möglich, ihre Position zu besetzen", sagte Julius leichtfertig. Alle sahen ihn an und klappten die Münder auf. Dann meinte Jeanne:

"Das solltest du besser nicht sagen, wenn Madame Faucon oder Maman in Hörweite sind. Der Vielsaft-Trank ....", begann Jeanne, doch Julius führte ihren Satz zu ende:

"... ist durch die Gesetze der körperverändernden Zaubertränke gemäß Abschnitt 403 wegen seiner kriminellen Anwendbarkeit und gemäß Abschnitt 404 wegen seiner Gefährlichkeit als verbotener Trank der Kategorie 7 eingestuft und darf lediglich auf Anweisung ministerialer Beamter gebraut und nur nach eindeutiger Absprache seines Verwendungszweckes verwendet werden."

"Mampf! Gibt es bei euch in Hogwarts noch alle Gesetzbücher. Oder hast du die alle gefressen?" Kommentierte César Julius' Zitat.

"Immerhin weiß er, was er gerade von sich gegeben hat und auch, daß er das nicht laut wiederholen sollte", stellte Jeanne fest. Barbara trat zu Julius hin:

"Ich weiß, daß Zaubertränke dein Lieblingsfach nach Kräuterkunde ist, trotz dieses obskuren Professors Snape. Gut daß du nicht nur damit herumexperimentierst, sondern auch weißt, wie gefährlich oder verwerflich sie sein können. Professeur Fixus legt da nämlich wert drauf, daß wir nicht nur brauen, sondern auch abwägen können, welche Folgen ein Trank haben kann."

"Hallo, Janine", grüßte ein stämmiger Bursche von wohl sechzehn Jahren die Sucherin der Blumentöchter und nahm sie in die Arme. Sie verlor für einen Moment ihre Wut und lächelte den Jungen an. Dann verschwand sie mit ihm, ohne weiteres Wort.

"Maman ist gerade unterwegs zu uns", stellte Jeanne fest und deutete die Tribüne hinauf, wo eine Hexe in apfelgrünem Umhang gerade in die Reihe hineinging, in der Claire und andere Mädchen aus Millemerveilles saßen.

"Du magst dich zwar noch frisch genug fühlen, allein nach Hause zu fliegen. Aber Claire kannst du wohl nicht nach Hause bringen", stellte Jeanne unumstößlich fest. Julius nickte. Er konnte zwar noch auf den Beinen stehen, aber mit einer zusätzlichen Last auf dem Besen könnte er Probleme kriegen.

"Und wer fliegt deine Schwester dann heim?" Fragte Julius.

"Entweder ich oder Maman", vermutete Jeanne.

Julius beobachtete, wie Claire mit ihrer Mutter stritt, dann offenbar kleinlaut nachgab. Dann saß sie hinter ihrer Mutter auf deren Besen auf und flog davon.

"Dann wollen wir auch", sagte Jeanne und saß auf ihrem Ganymed 8 auf. Julius schwang sich auf seinen Sauberwisch 10 und stieg auf. Virginie und Barbara winkten ihm nach. Die Jungen johlten noch mal, weil durch ihn ein Sieg der grünen Sieben mit 230 Punkten Vorsprung erreicht worden war.

Julius flog vor Jeanne her und hielt sich gut. Erst als er auf der Landewiese des Dusoleil-Hauses niederging, knickten ihm die Beine ein und er mußte schnell die Arme ausstrecken, um sein Gleichgewicht zu halten. Der Besen klapperte unter ihm auf die Wiese. Jeanne umfing ihn mit einem Arm und half ihm, ohne zu stolpern von seinem Besen wegzukommen.

"Was ist mit ihm?" Fragte Claire besorgt. Ihre Mutter, die wohl dasselbe fragen wollte, sah Julius besorgt an. Dann kam sie zu ihm und legte ihren rechten Arm um seinen Brustkorb, um ihn aufrecht zu halten.

"Junge, das hat mich aber wohl ausgepowert", sagte Julius auf englisch.

"Wie bitte?" Fragte Madame Dusoleil verunsichert. Julius entschuldigte sich für diese Bemerkung und übersetzte den Satz ins Französische.

"Ich stimme dir wohl zu. Du hast dich in der Luft zwar sehr gut gehalten, aber die schnellen Manöver, Körperhaltungsänderungen und die Konzentration haben dich ausgezehrt. Am besten trinkst du erst einmal etwas, bevor du etwas essen kannst", stellte Madame Dusoleil fest.

"Hui! Irgendwann habe ich mal gehört, daß es schaurig und schön zugleich ist, wenn man erst dann merkt, daß man die Grenzen überschritten hat, wenn die Aktion vorbei ist", sagte Julius.

Madame Dusoleil holte mit dem Aufrufezauber einen hochlehnigen Gartenstuhl her, auf den sie Julius mit sanftem Druck hinsetzte. Dann ging sie ins Haus, um dort etwas trinkbares zu holen. Claire stand neben Julius und sah ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Besorgnis an.

"Warum hast du nicht gesagt, daß du nicht mehr spielen kannst? Ein Klatscher hätte dich so vom Besen pflücken können", tadelte Claire Julius. Dieser erwiderte:

"Hat er aber nicht, Mummy. Bruno wollte, daß ich spiele, ich habe gespielt, wir haben gewonnen. Jetzt weiß ich, wo ich noch dran arbeiten muß."

"Das kommt nur davon, weil du und Barbara ihn unbedingt heute schon voll einsetzen wolltet", wandte sich Claire an ihre große Schwester. Dann sagte sie zu Julius:

"Typisch Jungs! Ihr müßt immer erst mit dem Kopf unterm Arm vom Platz gehen, bevor ihr einseht, daß ihr euch übernommen habt. Und ich dachte, du würdest dich nicht so reinhängen."

"Mademoiselle Claire Dusoleil", begann Jeanne aufgebracht, "Wir, Barbara, César, Bruno und ich, haben Julius nicht mit Gewalt dazu gedrängt, zu spielen. Wir waren und sind nur der Meinung, daß er seine Talente nicht mit dem Besen im Schrank lassen soll. Er hätte Bruno sagen können, daß er nicht mehr will, nachdem die letzte Übungsrunde lief. Er wollte das, und es ist ihm nichts passiert. Also zeter jetzt nicht herum, wie eine Glucke, der man die Eier unterm Hintern wegschnappt."

"Jeanne, Claire, benehmt euch gefälligst!" Fuhr Madame Dusoleil wie ein scharfes Beil dazwischen. Dann trat sie in den Garten und gab Julius einen großen Becher mit einem würzig duftenden Tee.

"Den Becher trinkst du bitte ganz leer, langsam! Du hast genug Zeit. Die Kräutermischung ist ein einfacher Heiltrank, belebend, aber nicht überstimulierend. Er hilft deinem Körper, die verbrauchte Energie zurückzubekommen. Aber das geht nur, wenn du langsam davon trinkst."

"Danke, Madame!" Erwiderte Julius und nippte an der warmen Flüssigkeit im Becher. Wie angewiesen nahm er kleine Schlucke, wie ein Singvogel, der aus einem Wassernapf trinkt. Tatsächlich strömte bald neue Kraft in seinen Körper und vertrieb das Gefühl von Mattheit allmählich.

"Wem wolltest du denn durch deine Selbstüberschätzung imponieren?" Fragte Claire unvermittelt. Julius, der sich schon wesentlich besser fühlte, erwiderte:

"Janine Dupont."

"Die wird mich erst einmal nicht mehr ansehen, weil ich ihn eingesetzt habe", erwiderte Jeanne auf diese freche Bemerkung und kicherte. Claire kniff Julius in den linken Arm und sagte:

"Wie du gesehen hast, würdigt Janine deine Leistungen nicht und hat auch schon einen, der sich für sie zum Idioten machen kann, wenn sie es will. Mir war das peinlich, daß Maman mich vor Caro und Elisa anhielt, mit ihr zurückzufliegen."

"Aha, Schwesterlein", flötete Jeanne, die offenbar Oberwasser gewonnen zu haben glaubte. "Du hast angegeben, daß Julius dich auch wieder heimfliegt. Ja, dann bist du jetzt bei deinen Freundinnen unten durch, wie?"

"Blablabla! Die ziehen mich nur damit auf, daß ich mir vielleicht was vorgemacht habe."

"Oh, dann habe ich meinen Marktwert gerade auf Null gesenkt?" Fragte Julius, der sich vorstellte, daß die drei Mädchen sich um ihn gekabbelt haben könnten.

"Wie, was?" Fragte Claire. Jeanne räusperte sich. Dann grinste sie.

"Hier vielleicht. Aber in Hogwarts bestimmt nicht. Da wissen sie, was sie an und von dir haben, nicht wahr, Monsieur Julius?"

"Hängt davon ab, was verlangt wird. Also Quidditch ist wohl im Moment nicht so hoch im Kurs. Über andere Sachen bin ich noch nicht gut genug orientiert, um das irgendwie einzuschätzen."

"Jeanne, du bist ekelhaft. Ich glaube nicht, daß Maman wolte, daß du ihn derartig in Gefahr bringst", wetterte Claire. Jeanne sah ihre Schwester sehr streng an und antwortete:

"Meine liebe Schwester, zum einen lasse ich mir von dir nicht so unverschämt kommen, zum zweiten ist es wie gesagt kein Zwang gewesen, daß Julius heute auf Höchstniveau spielt. Er hätte sich zurücknehmen können, wenn er das gewollt hätte. Drittens bist du nicht dafür zuständig, zu entscheiden, was Maman will und tut. Wir vier, Barbara, Bruno, César und ich, können wesentlich besser einschätzen, wozu wir jemanden auffordern können und ..."

"Das haben wir gerade gesehen", schnitt Claire ihrer Schwester das Wort ab. Julius, der sich wieder gut genug fühlte, aufzustehen, wartete, bis die beiden Schwestern sich so sehr in ihre Zankerei verstiegen, daß sie nicht mitbekamen, wie er aufstand und mit dem leeren Becher ins Haus ging.

Noch drinnen war das nun in hohe Tonlagen ausgleitende Zetern Claires und die lauthalsen Versuche Jeannes, sie zu übertönen, zu hören. In der Küche trat Julius an Madame Dusoleil heran, die eine blaßrosa Schürze trug, eine Abweichung von ihrer Vorliebe für grüne Kleidung. Er reichte ihr den leeren Becher und stöhnte kurz auf, nicht vor Erschöpfung oder Schmerz, sondern weil ihm gerade was eingefallen war.

"Geht es dir noch nicht wieder gut?" Fragte Madame Dusoleil, die mißbilligend auf die überlauten Wortwechsel ihrer älteren Töchter horchte. Julius schüttelte schnell den Kopf und erwiderte:

"Der Entmattungstee war genau richtig, Madame. Ich erinnere mich, in Auroras Büchern darüber gelesen zu haben. Aber mir fiel gerade ein, daß ich gegen zwei der wichtigsten Karateregeln verstoßen habe, mich nie zu überschätzen und die eigene Selbstbeherrschung in jeder Situation zu behalten. Gegen beides habe ich heute verstoßen."

"Die Mädchen haben dich herausgefordert. Florymont hat schon dümmeres gemacht, bevor er mich traf und Vernunft lernte. Die Jungen erkennen dich jetzt zumindest an, und das, so weiß ich von meinem Bruder und von meinem Mann, ist ein Grund für Jungen deines Alters, bekannte Grenzen zu vergessen. Ich habe dir heute morgen gesagt, daß du dich nicht überschätzen und nicht übernehmen solltest, mir war aber da schon klar, daß Bruno und César dich testen würden, ob du noch bei ihnen mitspielen sollst. Außerdem kenne ich auch die Mademoiselle Lumière. Ich habe sie genau beobachtet, wenn du gegen sie ein Tor erzwungen hast. Du bist der kleine Bruder, der Jacques nicht sein will für sie, weil du ihre Leidenschaften für Sport und Schach teilst. Du hast auch mit ihr beim Weihnachtsball getanzt, weiß ich. Das alles lehnt Jacques voll ab. Er will nur seine Zaubertränke brauen und hofft, sich die mysteriöse Professeur Fixus damit gnädig zu stimmen. Du hast Professeur Fixus getroffen, hat Blanche mir erzählt."

"Unheimliche Frau. Ich sollte es nicht darauf anlegen, bei ihr Unterricht zu nehmen. Nachher klebt sie mir noch eine, nur weil mir eine Stunde vorher jemand einen schmutzigen Witz erzählt hat und ich den im Kopf herumgehen lasse."

"Das ist bisher nicht passiert, Julius. Ich kenne genug Mädchen, die heute Hausfrauen und Mütter sind, die früher wildere Gedanken hatten als Jungen unseres Alters. Ja, und ich gehörte auch zu diesen Wildbienen. - Aber was ist eigentlich Karate?"

"Ein Kampfsport der Muggel, so wie Boxen, nur daß die Hände anders geführt und auch die Füße benutzt werden. Er kommt aus Japan. Ich habe damit vor einigen Jahren angefangen, weil ich mich nicht dauernd verprügeln lassen wollte, wegen meines Vaters. Doch der Lehrer, ein japanischer Meister dieser Kunst, hat mir beigebracht, daß Karate keine Klopperei zum Spaß ist und es immer besser ist, nicht kämpfen zu müssen. Deshalb habe ich auch gelernt, neue Dinge in Ruhe anzugehen, ohne mich von denen zu einem Unsinn treiben zu lassen. Zumindest war das bis heute so. - Naja, vielleicht hat Fleurs Ausstrahlung meine Hormonmaschine angeworfen, die mich nun antreibt, mehr Mann zu sein, als Pimpf."

"Öhm, Julius! Was meinst du genau. Ich bin mit der Poesie der Muggel nicht vertraut, obwohl wir Muggelkunde hatten", warf Madame Dusoleil ein, während sie in einem großen Topf rührte, aus dem wohlriechender Dampf waberte.

"Poesie? Neh, Chemie! Sachen, die im Körper ablaufen, die von Botenstoffen angetrieben werden. Das wird noch interessant, denke ich."

"Hallo, Camille", begrüßte Monsieur Dusoleil seine Frau, kaum daß er mit leisem Plopp in der Küche appariert war. Sein schwarzer Arbeitsumhang stank nach Schwefel und verkohltem Holz, und sein Haar war leicht verrußt.

"Sag mal, Flory, was hast du denn schon wieder angestellt?" Fragte Camille Dusoleil sehr besorgt.

"Ein Kunde in Orleans hatte Probleme mit seinem selbstbrennenden Schmelzofen. Ich mußte die Elementarmagie wieder korrigieren. Offenbar hat er Mondsteinsilber gießen wollen, für das Amt zur Bekämpfung wilder Werwölfe. Dabei muß der Zündzauber außer Kontrolle geraten sein und ich mußte den wieder eindämmen, was nicht ohne leichte Verbrennungen abging. Ich werde mir gleich die Brandheilsalbe auftragen und meine Sachen in die Wäsche werfen. Hallo, Julius. Haben Jeanne und ihre Furien dich an die Grenzen deines Könnens gebracht?" Wandte sich Florymont Dusoleil, der als Zauberkunsthandwerker arbeitete, an Julius. Dieser nickte und strahlte. Madame Dusoleil sagte leicht ungehalten:

"Der ist hier fast vom Besen gefallen. Ich bin froh, daß ich Claire dazu überreden konnte, sie nicht mit ihm zurückfliegen zu lassen. Die Mädchen haben ihn getrietzt, und die Jungen haben ihn noch angestiftet, sich zu übernehmen. Hör dir mal an, was deine Töchter für einen Höllenkrach veranstalten, weil sie sich drüber in der Wolle haben, wer was dummes angestellt hat."

"Und, hat der fahrende Ritter das Herz seiner Holden im edlen Wettstreit gewinnen können?" Fragte Monsieur Dusoleil mit spitzbübischem Grinsen.

"Wir fochten die glorreiche Schlacht aus und warfen die Gegner mit verbeulten Wehren in den Staub. Doch auf dem Heimritt forderte mein Körper seinen Tribut, und ich wäre dem stolzen Rosse entfallen, bevor ich es in seinen Stall gebracht hätte", nahm Julius den hingeworfenen Ball auf und spielte ihn zu Monsieur Dusoleil zurück.

Monsieur Dusoleil lachte schallend und übertönte das Gekeife der streitenden Schwestern aus dem Garten.

"Ihr seid doch alle gleich, ob mit oder ohne Bart", protestierte Madame Dusoleil. "Jungs wollen Männer sein, und Männer benehmen sich wie kleine Jungs. Irgendwo in der Mitte treffen sie sich immer."

"Aber es geht dir doch wieder gut, oder?" Fragte der Familienvater und griff Julius' rechte Hand und drückte sie fest. Julius hielt den Druck locker aus, drückte seinerseits und verstärkte den Druck so sehr, bis beide, der erwachsene und der halbwüchsige Zauberer, mit einem kurzen Zucken in ihren Gesichtern losließen.

"Du hast ihm den Entmattungstee gegeben, Camille? Sehr fürsorglich", stellte Monsieur Dusoleil fest.

"Ja, das bin ich. Und weil ich so bin, gehst du jetzt brav ins Bad, wirfst den verdreckten Umhang und allels, was noch gelitten hat in den Waschkorb und cremst dich mit der Brandheilungssalbe ein, bevor ich dich einsalben muß und dich ins Bett bringe, damit du deinen Nachmittagsschlaf bekommst."

"Soll ich die beiden Zankhennen da draußen nicht erst zur Ordnung rufen?" Fragte Monsieur Dusoleil.

"Das mache ich gleich. Lass sie sich noch ein wenig anschreien. Dann geben sie nachher um so mehr ruhe."

"Gut, daß Uranie bei Madame Pierre zum Schachspiel eingeladen ist. Ich denke nicht, daß sie deine Töchter so herumzetern lassen würde."

"Soso, nur meine", gab Madame zurück.

"Dann will ich mal sehen, daß ich mich wieder zivilisiert hinbekommen kann", sagte der Hausherr ohne weiteres und ging aus der Küche.

"Du möchtest doch bestimmt nicht im Spielerumhang zu Mittag essen, oder?" Fragte Julius' Gastmutter.

"Nein, möchte ich nicht. Ich zieh mich schnell um", erwiderte Julius Andrews und verließ die Küche.

Julius bewunderte die Ruhe, die diese Frau, diese Hexe, ausstrahlte. Ihre Töchter stritten sich um etwas belangloses, nämlich darum, wer Schuld an seiner Erschöpfung hatte, ihr Mann kam leicht angekokelt heim, und sie steuerte alle Vorgänge im ganz ruhigen Ton, nicht etwa gestresst, wie etwa die Mutter seiner Grundschulkameradin Moira oder der Hausdrachen, der Lesters Mutter war. Doch war sie wirklich so ruhig? Er erinnerte sich noch zu gut, wie wütend sie dreingeschaut hatte, als sie ihm erzählt hatte, wie sein Vater ihre Posteule mit roter Farbe besudelt und ihr einen bösen Brief zurückgeschrieben hatte. Er wußte genau, und das durfte er nicht vergessen, daß Madame Dusoleil keinen Undank hinnehmen würde, weder von ihm, noch von seinen Eltern. Vergaß er dies nicht, so schloß er mit der seinem Alter schon vorauseilenden Logik, konnte er gut mit ihr auskommen. Doch damit hatte sie ihn besser im Griff, als Madame Faucon, fiel ihm auch ein. Madame Faucon setzte auf Strenge, Anweisungen, die befolgt zu werden hatten. Madame Dusoleil, daß wußte er seit seinen letzten Sommerferien, setzte auf sanfte Führung, wobei die Führung nicht weniger Stark war, als ein Befehl. Sie wußte, daß er sich ihr problemlos unterordnen würde, weil er wußte, daß sie ihm vieles ohne Gegenleistung gegeben hatte. Obwohl er sich immer noch für zu jung hielt, über sowas "langweiliges" wie eine Ehe nachzudenken, beglückwünschte er Monsieur Dusoleil, daß er eine meist fröhliche, aber auch selbstsichere Frau geheiratet hatte. Wie Monsieur Dusoleil sich ihm gegenüber verhalten würde, war ihm noch nicht klar. ER merkte nur, daß er dann ein liebenswerter, ja verspielter Mann war, wenn er dadurch nichts an Ansehen einbüßte. Die Königin der Familie war jedoch Madame Dusoleil. Ihr Wort galt, ob liebevoll gesprochen oder als Vorschlag verkleidete Anweisung, wie das mit seinem Umhang. Sicher wollte er nicht im Spielerumhang mittagessen. Aber sie wollte es erst recht nicht und hatte ihm das ohne direkte Anweisung klargemacht.

Julius nahm sich etwas Zeit, nicht nur den Umhang gegen einen tannengrünen Alltagsumhang zu tauschen, sondern auch sein Haar zu ordnen und sich saubere Laufschuhe anzuziehen. Dabei fiel ihm auf, daß sein Haar wieder in seinen Nacken fiel. Der letzte Frisörbesuch war vor Ostern gewesen. Gloria hatte ihm kurz vor dem ersten Juni durch einen Haartrimmungszauber die Haare gekürzt, was dieser mit leichter Verlegenheit hatte über sich ergehen lassen. Doch nun war das hellblonde Haar wieder so lang. Er würde Madame Dusoleil fragen, ob sie ihm einen Friseur empfehlen könne.

Umgezogen und ordentlich gekämmt ging er wieder hinunter in den Wohnbereich des vierstöckigen Haupthauses. ER hörte Claires und Jeannes überlaute Stimmen nicht mehr. Offenbar hatten sie von sich aus oder jemand für sie den Streit beendet. Fast prallte er mit Mademoiselle Uranie Dusoleil, Monsieur Dusoleils Schwester zusammen, die ohne Vorwarnung vor seinen Füßen apparierte, gehüllt in ein taubenblaues Kleid.

"Huch! Da wäre ich ja fast auf deinem Kopf gelandet", erschrak sich die Hexe, die wohl einige Jahre älter als Monsieur Dusoleil war und fing Julius auf, der eine ungeschickte Ausweichbewegung gemacht hatte.

"Ich stand im Materialisationsfeld, Mademoiselle. Sie wohnen hier. Ich sollte bei der nächsten Gelegenheit warten, bis man mich ruft, bevor es eine Materiekollision gibt. Nachdem, was Sie mir letztes Jahr erzählt haben, und nachdem, was mir ein Profi aus dem Ministerium verraten hat, kann das für zwei Menschen sehr peinlich sein", sagte Julius.

"Materialisationsfeld? Ist das ein Begriff aus der Muggeltechnik?" Fragte Jeannes und Claires Tante argwöhnisch.

"Öh, ja. 'tschuldigung. Ich vergesse, daß Muggelwörter nicht so gut ankommen hier."

"Deshalb bist du ja bei uns, damit du ohne Aufregung lernst, dich korrekt zu benehmen. Hat Camille schon das Essen fertig? Denise möchte heute bei Madame Pierre und ihren fünf Enkeln bleiben. Camille weiß das schon."

"Wahrscheinlich. Sie hat schon irgendwelche Gerichte auf dem Herd. Es riecht auch schon gut hier."

"Dann komm mal mit! Ich hörte, daß du dich heute sehr heftig verausgabt hast. Dann solltest du jetzt genug essen."

"Ich denke, daß in Frankreich abends mehr gegessen wird als mittags", wunderte sich Julius.

"Das ist auch richtig", sagte Madame Dusoleil, die ihre rosa Schürze gerade an einen Haken neben der Küchentür gehängt hatte. Sie trug immer noch das apfelgrüne Kleid, welches sie am Morgen zum Quidditchspiel getragen hatte.

"Es gibt Eintopf und Brot. Die anderen Sachen, die ich auf dem Herd habe, sind für heute abend. Da ich heute nachmittag noch einen Garten pflegen muß und wir beide in die Zwirnstube wollten, mußte ich schon vorkochen. Ich habe dir ja von dem Conservatempus-Zauber erzählt. Damit stelle ich die Sachen für heute abend so weg, daß sie nicht verderben oder kaltwerden."

Julius erinnerte sich. Mit dem Conservatempus-Zauber, der an einen Schrank gekoppelt werden konnte, wurde alles, was ihm unterworfen wurde, hundertmal langsamer alt. Was innerhalb eines Tages gegessen werden mußte, um nicht zu verderben, konnte für Wochen frischgehalten werden, ohne einen Kühlschrank zu benutzen.

"Haben sich die beiden Furien wieder beruhigt?" Fragte Julius.

"Im Moment ja. Ich habe ihnen nur gesagt, daß keine von beiden erkennen konnte, daß du dich selbst überschätzt hast. Das hast du mir doch gesagt, oder?"

"Dazu stehe ich auch. Solche Warnschüsse gibt mein Körper nur ab, wenn es wirklich heftig wurde", sagte Julius.

"Hinzu kommt, daß Claire Jeanne nicht verbieten kann, dich zum Quidditch mitzunehmen. Das kann nur Florymont oder ich. Wohl eher ich, weil ich besser einschätzen kann, wie stark ein Halbwüchsiger wie du belastet werden kann."

Julius fand sich in seiner Vermutung bestätigt, das alle wichtigen Dinge von der braunhäutigen Hexe mit den schwarzen, leicht gewellten Haaren kamen.

"Du wolltest mit Julius in die Zwirnstube? Ich dachte, er hätte genug Umhänge mit", wunderte sich Mademoiselle Dusoleil.

"Der Junge kam mit langen Schlafanzügen hier an, Uranie. Ich habe die Ärmel und Beine verkürzt, damit Julius nicht ständig überhitzt ist. Da ein Verlängerungszauber immer ungenauer ist, als ein Verkürzungszauber, zumal dieses Material nicht so warm hält, wie die Winter in England es fordern, wollte ich ihm mindestens drei Schlafanzüge aus Warmwolle besorgen."

"Das ist nett, Madame. Aber ich möchte die selbst bezahlen, wenn Sie gestatten", versuchte Julius, nicht ganz so sehr auf Madame Dusoleils Großzügigkeit angewiesen zu sein.

"Nein, ich gestatte das nicht", gab die Hausherrin wie einen fröhlichen Scherz zur Antwort. Doch Julius nahm diese lockere Antwort als unumstößliche Entscheidung hin, wie das "Howk" eines Indianerhäuptlings in einem Western.

Am Mittagstisch saß Julius zwischen den Hausdamen, der Mutter und der Tante Jeannes und Claires. Monsieur Dusoleil saß vor Kopf des kleinen aber erhaben wirkenden Tisches im Esszimmer, von dem Julius sicher war, daß er sich bei Bedarf zu einer Tafel für über zwanzig Gäste ausziehen lassen konnte. Der Eintopf, der aus verschiedenen Fisch und Gemüsesorten zusammengekocht und mit raffinierten Kräutermischungen gewürzt war, schmeckte Julius so gut, daß er drei Portionen aß. Dabei war es ihm schon peinlich, als er um die dritte Portion bat. Madame Dusoleil, die ihm vorlegte, lächelte nur.

"Der Entmattungstee hilft zwar wieder auf die Beine. Er macht aber auch sehr hungrig. Außerdem kannst du das ruhig essen. Was du hier an Bewegung kriegst, läßt dich nicht zunehmen, zumal wir sehr fettarm kochen, wie du ja weißt."

"Das war ja das Problem bei Fleur. Sie hatte Angst, nicht mehr in ihre Kleider zu passen", warf Jeanne ein.

"Ich gehe nachher mit Julius in die Zwirnstube. Arachne ist mir noch was schuldig, wegen der Sonnenquarze, die ich ihr besorgt habe", sagte Uranie Dusoleil.

"Machst du das? Danke, Uranie!" Erwiderte Madame Dusoleil zustimmend.

Nach dem Mittagessen, während dem Claire und Jeanne keinen Ton mehr von sich gegeben hatten, kehrte eine gewisse Ruhe in das Haus ein. Julius nutzte diese Ruhe, um in seinem Zimmer die ersten Passagen seiner Geschichtshausaufgaben zu schreiben. Irgendwann um drei Uhr hörte er jemanden die Treppe zum ersten Stock hochsteigen und auf seine Zimmertür zugehen. Er wartete, bis es an seine Tür klopfte und sagte "Herein!"

Mademoiselle Dusoleil trat ein und sagte: "Wir können, Monsieur."

Julius griff schnell in eine Schublade des gerade ausgeklappten Schreibtisches und klemmte sich eine Galleone in die Faust. Dann sagte er: "O.K., wir können."

"Wenn Camille das richtig gesagt hat, möchte sie dir die Schlafanzüge schenken, zumindest aber bezahlen. Ob du ihr dafür eine Gegenleistung bieten mußt, weiß ich nicht. Aber die Galleone kannst du ruhig wieder fortlegen und den Schreibtisch in seinen Aufbewahrungsraum zurückschicken."

"Woher wußten Sie, daß ich eine Galleone ...?" Staunte Julius.

"Weil du nur ein Geldstück aus der Schublade hast nehmen können, weil es sonst geklimpert hätte. Da im Bekleidungsgeschäft nichts unter einer Sickel zu haben ist, konnte es also nur eine Galleone sein. Gut, daß Camille das nicht gesehen hat. Du solltest sie nicht beleidigen, indem du ihre Angebote zurückweist. Meine Schwägerin ist sehr umgänglich. Aber sie kann auch sehr wütend sein. Ich denke, daß hast du schon erlebt. Und jetzt komm! Wir gehen zu Fuß. Die Sonne und die frische Luft werden uns beiden gut tun."

Julius folgte der Hexe hinaus aus dem Wohnhaus. Es war so ruhig. Monsieur Dusoleil war wohl wieder unterwegs, irgendwem irgendwas reparieren und von Claire und Jeanne hatte er nach dem Mittagessen auch nichts mehr gehört oder gesehen. Die machten wohl Hausaufgaben, um sich nicht über den Weg laufen zu müssen.

Es war ein gemütlicher Fußmarsch durch die Gassen des sternförmig gebauten Straßennetzes von Millemerveilles. Als sie ein rotes Ziegelhaus erreichten, dessen haselnußbraune Tür eine goldene Spinne und ein silbernes Wollknäuel zierten, welche durch einen Faden und eine rote Schere miteinander verbunden waren, sagte Mademoiselle Dusoleil:

"Das ist außerhalb von Paris die beste Maßschneiderei. Camille will sicherstellen, daß du auch passende Sachen kriegst, die mindestens ein Jahr passen. Hier kannst du auch Unterkleider für Sportveranstaltungen oder Schwimmkleidung kriegen, die du nicht spürst."

Bei diesen Worten fiel Julius etwas ein. Er hatte seine Badesachen in London gelassen, als er seinen normalen Reisekoffer im Haus seiner Eltern zurückgelassen hatte, um seinen Hogwarts-Koffer zu holen. Er fragte, wie teuer drei Badehosen seien und bekam die Antwort, daß jede, wenn sie gut sitzen sollte, vier Sickel und zehn Knuts kosten würde. Julius fragte, ob er nicht mindestens zwei Badehosen bekommen könne.

"Kein Problem. Ich lege das für dich aus. Denn von Badesachen hat Camille nichts erzählt."

Julius betrat mit Mademoiselle Dusoleil den Laden, wo vier Hexen und zwei Zauberer an fast automatisch arbeitenden Spinn- und Webmaschinen saßen. Weiter hinten schnitten weitere Hexen und Zauberer die so entstandenen Stoffe zurecht. Alles ging so schnell und leise, daß Julius glaubte, in einem zu schnell abgespielten und tonlosen Film über handgemachte Kleidung zu sein.

Eine hagere, hellhäutige Hexe mit dunkelgrünen Augen, feuerroten Haaren und mindestens zwanzig Sommersprossen im Gesicht, kam auf die Besucher zu. Sie trug ein blütenweißes, fließendes Gewand, wie eine Fee aus einem Märchenfilm, fand Julius. Sie lächelte Mademoiselle Dusoleil zu und grüßte.

"Hallo, Uranie. Ihre Sonnenquarze waren genau richtig. Das Einhornschweifgarn läßt sich durch dessen Einfluß wesentlich leichter verweben und vernähen als zuvor. Das ist der junge Monsieur, der aus England zu Besuch ist, um seinen Titel im Tanzwettbewerb zu verteidigen?"

"Ja, Arachne. Das ist Julius Andrews. Camille hat seine langen britischen Schlafanzüge zusammenschrumpfen lassen, damit er nicht in unserer wohligen Nachtluft schwitzt. Sie möchte ihm dafür bessere Schlafanzüge geben, am besten aus Warmwolle. Darüber hinaus hat Monsieur Andrews festgestellt, daß er nicht auf einen Badeausflug eingerichtet ist. Haben Sie Badekleidung vorrätig?"

"Sie wissen, daß wir immer das sofort anfertigen, was ein Kunde wünscht, Uranie.

Die Hexe, die wohl auf den Vornamen Arachne hörte, winkte zwei Hexen an Webstühlen, Warmwollfäden einzuspannen. Eine Schneiderin kam herbei und ließ ein verzaubertes Maßband um Julius herumschlängeln, wie eine kleine Schlange. Julius kannte sowas schon von Ollivander, wo er seinen Zauberstab gekauft hatte. Damals waren alle möglichen Körperstellen an ihm vermessen worden, warum auch immer. Hier wollte man nur den Körperumfang, Beinlänge, Bein- und Armdicke und Kragenweite wissen.

"Haben Sie eine Lieblingsfarbe, Monsieur?" Fragte Madame Arachne. Julius überlegte und entschied sich, je einen roten, einen blauen und einen beigefarbenen Schlafanzug zu nehmen. Er staunte, wie schnell die Pyjamas über das Verweben und Färben der Warmwolle bis zum Endprodukt fertig waren. Es vergingen nur zwanzig Minuten, bis die Pyjamas fertig waren. Gleichzeitig hatte anderswo eine Hexe drei Badehosen mit grünen und blauen Mustern fertig. Mademoiselle Dusoleil kaufte noch ein schnelltrocken-Badetuch für Julius und zahlte nur für die Badesachen dreizehn Sickel. Die Schlafanzüge verrechnete Madame Arachne mit dem Sonnenquarz.

Die Tür schwang auf, und Barbara Lumière trat ein. Sie trug ein violettes Kleid.

"Ach neh, Julius hat die Zwirnstube gefunden. Das passiert, wenn er bei kultivierten Damen logiert", grüßte die athletisch gebaute Junghexe Julius. Mademoiselle Dusoleil räusperte sich. Offenbar gefiel ihr die lachse art Barbaras nicht so, wie es ihrer Schwägerin gefiel.

"Wie geht es dir denn nach dem harten Spiel. Ich wundere mich, daß du den Besen noch stabil nach Hause geflogen hast."

"Dann gingen Mademoiselle davon aus, daß ich vor Totalerschöpfung einen schnellen Abstieg in die Botanik hinlege?" Konterte Julius.

"Ich war froh, daß du zumindest noch heil weggekommen bist. Arno ist beim Versuch, nach Hause zu fliegen auf die Nase gefallen. Außerdem hast du dich stärker ins Spiel geworfen, als Jungen deines Alters es hinbekommen. Ich ging davon aus, daß dich das arg ausgezehrt hat."

"Deine Freundin Jeanne hat sich deshalb mit ihrer Schwester gezankt", warf Mademoiselle Dusoleil ein. Barbara grinste gehässig.

"Ach, hat die kleine Claire Angst, ihre Schwester könnte Julius in den Tod treiben?"

"Nun, ich denke mal, daß Camille und ich etwas dagegen haben", entgegnete Mademoiselle Dusoleil ruhig, aber sehr ernst. Barbara nickte und klopfte Julius auf die Schultern.

"Das kriegst du wieder. Du hast im letzten Sommer so gut mitgehalten, als Virginies Freundin Prudence hier war. Außerdem hast du mir und allen anderen gezeigt, daß du eher ein Techniker bist, kein Kraftprotz wie César oder ich. Das wäre schade, wenn Madame Dusoleil oder Madame Faucon bestimmen würden, daß wir nicht dein Umgang bleiben dürfen."

"Wie geht es Ihrer Frau Mutter und den beiden neuen Kindern?" Brachte Mademoiselle Dusoleil das Gespräch auf ein für sie angenehmeres Thema. Barbara gab Auskunft, daß die beiden jeden Tag etwas strammer wurden, richtige Wonneproppen.

"Zwillinge zu haben ist wohl der stressigste Job, den Eltern sich aufladen können", bemerkte Julius.

"Maman freut sich. Gleich zwei zu haben ist zwar anstrengend, aber es wird auch belohnt, sagt Maman."

"Da mußt du doch viel im Haushalt machen, oder?" Fragte Julius.

"Ja, die sind froh, daß ich wieder da bin und jetzt auch außerhalb von Beauxbatons zaubern darf. Maman kommt dadurch zu viel mehr Freizeit. Wir sehen uns in den nächsten Tagen ja bestimmt. Ich bin ja nicht bei eurer Lerngruppe dabei, eben wegen der neuen Geschwister. Aber für dich wird das bestimmt langweilig."

"Oh, ich fürchte, das wird es bestimmt nicht", erwiderte Julius und fragte, wie sie darauf komme.

"Ja, sie hat dich doch mit ihren Standardbüchern eingedeckt. Wenn du die alle gelesen hast, kann sie dir nichts mehr beibringen."

"Und so jemand ist Saalsprecherin", gab Julius zurück.

Mademoiselle Dusoleil nickte Julius zu und zahlte dann die soeben fertig gewordenen Wäschestücke. Julius fragte, ob er sie anprobieren solle. Doch Madame Arachne schüttelte den Kopf.

"Wir hatten doch deine Maße. Damit haben wir die genaue Zuschnittsvorgabe für alles, was du hier gekauft, beziehungsweise bekommen hast."

"Dann wollen wir mal wieder", legte Mademoiselle Dusoleil die Richtung fest. Julius nickte, verabschiedete sich von Barbara und verließ die Zwirnstube.

Schweigend kehrten die Tante Jeannes und Claires und Julius zurück zum Haus der Dusoleils, wo Claire im Garten an einem Tisch saß und Hausaufgaben machte, während Jeanne mit ihrem Vater Schach spielte. Claire sah Julius freudestrahlend an und legte die gerade beendete Pergamentrolle auf den Tisch. Julius konnte eine kunstvolle Zeichnung zweier Hexen vor einem Gebäude, aus dessen zwei Schornsteinen grüner Rauch quoll erkennen. Er begrüßte die Familienmitglieder Dusoleil und warf kurz einen Blick auf das Schachbrett.

"Wenn du Lust oder Zeit hast, können wir vor dem Abendessen noch eine Blitzpartie spielen", bot Monsieur Dusoleil an. Julius meinte nur:

"Ich verstehe. Sie verlieren nicht gerne gegen Ihre Tochter."

"Wie bitte?! Wieso sollte ich verlieren?"

"Weil es stimmt, Flory", erwiderte Mademoiselle Dusoleil, die ebenfalls das laufende Spiel betrachtete. Jeanne grinste gemein und sagte ihrem weißen Springer rechts einen Zug an, der diesen so aufstellte, daß Monsieur Dusoleil innerhalb der nächsten vier Züge im Schachmatt enden würde.

"Du läßt nach, Florymont Dusoleil", kommentierte Uranie Dusoleil die Niederlage ihres Bruders.

"Hast du dir meine Zeichnung des Hauses L'eaunoire angesehen, Julius?" Fragte Claire leicht aufgeregt. Julius sah noch mal auf das Bild und las den darunter geschriebenen Text:

Die Schwestern der Maison L'EAunoire

Dies ist das alte Haus, in dem die beiden schwarzen Magierinnen Eris und Gehenna über anderthalb Jahrhunderte gegen die Bruderschaft der weißen Roben gekämpft haben. Im Zusammenhang mit dieser magischen Fehde geriten mehrere Mitglieder der weißen Bruderschaft in die Hände durch Angst zu Mord und Totschlag getriebener Muggel. Die schwarzen Magierinnen konnten durch Unterwerfungszauber und Willensformtränke hunderte nichtmagischer Menschen in ihre Dienste zwingen. Sie begründeten auch die Nachtfraktion der Schwestern der Verschwiegenheit, der bis heute aktiven Geheimorganisation mächtiger Hexen.

"Ah ja", bemerkte Julius dazu nur.

"Müßt ihr keine Geschichtsaufgaben machen?" Fragte Claire.

"Wir sollen nur abschreiben, wie im Mittelalter die Hexenverfolgung aus Sicht der Zaubererwelt stattfand und weshalb sie keinen Erfolg hatte. Ich habe da irgendwas gelesen, daß die zufällig echten Hexen und Zauberer, die erwischt wurden, durch einen einfachen Flammengefrierzauber ...", setzte Julius an.

"Das ist die Einleitung", warf Jeanne ein, die sich berufen fühlte, etwas dazu zu sagen. "So wollte Professeur Pallas unseren Aufsatz beginnen lassen. Wir sollten dann dazu schreiben, wie und wer diesen Flammengefrierzauber betreffend besonders aufgefallen ist. Danach galt es, Gründe und Auswege der großen Hexenverfolgung zu erläutern, mit Zaubereigesetzen von damals unterlegt. Professeur Pallas ist zwar die spaßigste Lehrerin, die wir haben, aber dafür auch die forderndste. Sie sagt immer, daß Geschichte nur gelernt wird, wenn man sie versteht und nacherleben kann. Selbst unbewiesene Begebenheiten helfen dabei, frühere Vorgänge zu verstehen."

"Da du bei unserem werten Geschichtslehrer Unterricht haben durftest, weißt du ja, daß es nur was bringt, aus den Büchern zu lernen und abzuschreiben", erwiderte Julius.

"Was eine wahrhaftige Zeitverschwendung ist", bekräftigte Jeanne. "Wenn Madame Maxime nicht ausdrücklich angeordnet hätte, daß wir an allen Unterrichtsstunden in Hogwarts teilnehmen sollten, hätte ich mir die Geschichtsstunden erspart."

"Würde ich auch am liebsten. Das interessiert doch keinen, wenn vor dem Pult ein uralter Geist schwebt und ohne große Stimmung runterrasselt, was an Zahlen irgendwer niedergeschrieben hat", sagte Julius.

"Schade, daß Catherine in Paris bleiben muß. Sonst hättest du sie fragen können, ob sie dich ein wenig herumführt und dir auf ihre Weise unsere Geschichte erläutert", sagte Monsieur Dusoleil. Julius nickte. Ihm war noch deutlich in erinnerung, daß Catherine ihn Gewarnt hatte, die Zaubereigeschichte als unsinniges Fach ohne Nutzen anzusehen. Was Claire da auf der Pergamentrolle hingemalt hatte, war auch wesentlich interessant.

"Ich schreibe die paar Pergamentrollen so runter, wie sie das Buch hergeben kann", sagte Julius nur. "Zaubertränke sind schwieriger in diesem Sommer. Ich soll alle möglichen Schrumpflösungen mit Rezepten, Vorkommen der Zutaten und Gegenmitteln hinbekommen. Das habe ich mir schon zurechtgelegt, wo ich das nachlesen kann. Das ist vor allem interessanter als die Geschichtssache.">

"Sonst hast du nichts auf?" Fragte Florymont Dusoleil.

"Aber sicher doch! Zauberkunst: Stimmungsändernde Zauber und welche Probleme sich daraus ergeben. Dann eben das mit Geschichte, die Zaubertrankaufgabe, Astronomie und Verwandlung: Die Invivo-ad-Vivo-Verwandlung an kleinen Objekten zu kleinen Tieren. Das schreibe ich auch so runter, wie es Wendel hergibt", sagte Julius auf die Frage.

"Da bist du doch schon drüber weg", wunderte sich Jeanne. "Ich habe dich draußen mindestens einmal eine kleinere Verwandlung von einem Objekt in ein Tier vollbringen gesehen, und ich durfte ja mitbekommen, daß du im letzten Jahr auf höherem Niveau geprüft wurdest."

"Das stimmt, Jeanne. Aber McGonagall kann mir ja nicht Extrahausaufgaben für die Ferien zurechtbasteln."

"Könnte sie schon. Aber du könntest ja keine praktischen Übungen machen, falls sie nicht davon ausgeht, daß Professeur Faucon diese Übungen beaufsichtigt."

"Oha, Jeanne! Das könnte mir glatt passieren", stöhnte Julius auf. Dann meinte er noch:

"Aber wir haben wohl genug mit den Verteidigungszaubern gegen die dunklen Künste zu tun."

"Das stimmt", sagte Claire. "Wie weit habt ihr denn im letzten Schuljahr dieses Fach durchgenommen? Habt ihr Grundlagen behandelt oder praktische Übungen gemacht?"

"Das waren hauptsächlich praktische Übungen, nicht wahr, Jeanne?" Antwortete Julius und grinste Jeanne an.

"Oja, ganz extrem. Dunkle Kreaturen und Fluchabwehr, inklusive der drei verbotenen Flüche. Die hatten wir in Beauxbatons zwar schon im dritten Jahr, aber dieser Moody wollte uns alle gegen Imperius stark machen", erwiderte Jeanne. Florymont Dusoleil sah Julius an und fragte:

"Du kennst die drei unverzeihlichen Flüche?"

Julius nickte und antwortete schüchtern: "Die stehen in den allgemeinen Zauberergesetzen drin. Außerdem haben ältere Hauskameraden mir davon erzählt, wie sich der Imperius-Fluch anfühlen soll. Ist schon heftig, vor allem, weil der tödliche Fluch, Avada Kedavra, bei gelungener Anwendung keine äußeren Spuren auf einem Opfer hinterläßt."

"Auch keine inneren Verletzungen, Julius. Cedric Diggory ist damit ermordet worden, nehme ich an", erwiderte Monsieur Dusoleil.

"Ich gehe stark davon aus", gab Julius leise zurück. Er verschwieg seinem Gastvater, daß ein Mitschüler aus Slytherin ihn damit im ersten Jahr angegriffen hatte, ihn aber noch nicht beherrschte und damit keinen Erfolg hatte. Der Schüler war sofort von der Schule geflogen und, so hatte Julius später mitbekommen, mit seinen Eltern in Askaban gelandet.

Madame Dusoleil kam auf ihrem Arbeitsbesen angeflogen und landete auf der großen Wiese vor dem Wohnhaus. Sie sah Julius, Claire und Jeanne am Tisch warten und kam herüber.

"Hallo, ihr drei. Hallo, Florymont. Ich habe alles erledigt. Jetzt habe ich Feierabend."

"Ich war mit Mademoiselle Dusoleil in der Schneiderei und habe die Schlafanzüge bekommen", berichtete Julius schnell, um von den düsteren Erinnerungen an den Kampf mit Brutus Pane abzukommen.

"Wunderbar. Hier wirst du die wohl nicht brauchen. Aber in Hogwarts wirst du froh sein, wenn du sie hast", sagte die Hausherrin. Dann sah sie Claires gemaltes Haus auf der Pergamentrolle und nickte ihrer jüngeren Tochter zu.

"Haben wir noch Zeit für eine Partie Schach, bevor du uns zum Abendessen bittest, Camille?" Wollte Monsieur Dusoleil wissen.

"Kommt darauf an, gegen wen. Wenn du gegen Jeanne oder Julius spielst, dauert es wohl zwanzig Minuten. Gegen Uranie könntest du noch eine Stunde spielen."

"Moment, Camille! Du meinst, daß ich schlechter spiele, als die beiden Kinder?" Fragte Mademoiselle Dusoleil, die sich aus dem Hintergrund der aufgereihten Obstbäume wieder an den Tisch begab.

"Das habe ich nicht behauptet, Uranie. Ich habe nur gesagt, bei wem es länger dauert", erwiderte Madame Dusoleil schelmisch grinsend.

"Möchtest du denn spielen?" Fragte Mademoiselle Dusoleil Julius. Dieser nickte, fragte jedoch sogleich: "Gegen wen? Hier sitzen oder stehen drei, die das Spiel können."

"Ich hatte noch nie gegen dich gespielt, Julius. Jeanne und Uranie haben schon gegen dich gespielt."

"Einverstanden, Monsieur!" Stimmte Julius zu.

Bis zum Abendessen lieferten sich Julius und Monsieur Dusoleil drei Partien in Folge, die Julius alle gewann. Jeanne grinste gehässig, während Mademoiselle Dusoleil ein ums andere Mal den Kopf schüttelte und ihrem Bruder zuzischte, was er hätte besser machen müssen. Nach der dritten Partie seufzte Monsieur Dusoleil:

"Ich sehe ein, daß du nur gegen Eleonore oder Blanche wirklich gefordert wirst. Das gleiche gilt wohl auch für meine freche Tochter Jeanne. Ich denke jedoch, daß ich dir außer Schach noch einiges bieten kann, wenn meine Frauen und Fräuleins dich langweilen sollten."

"Denke ich schon, Monsieur. Ich kam ja letztes Jahr nicht dazu, Ihre Kunst zu bewundern, da ich entweder Schach oder Quidditch spielte oder mich von Ihrer Frau in die praktischen Aspekte der Kräuterkunde einweisen ließ", erwiderte Julius ruhig.

"Wenn deine Zeit es zuläßt", erwiderte Monsieur Dusoleil lächelnd. "Wenn ich das richtig sehe, bist du im wesentlichen hier, weil Blanche dir angeboten hat, zusammen mit Jeanne und Claire Nachhilfe in Verteidigung gegen die dunklen Künste zu nehmen, am Schachturnier teilzunehmen und dich nach dem Sommerball wieder mit Camille und mir auf die Bühne zu stellen, um die Abschlußpolonese anzuführen."

"Ich denke schon, daß trotz Blanches Lehreifer noch genug Zeit bleibt, deine Schöpfungskraft zu bewundern, Florymont", sagte Madame Dusoleil, die gerade aus dem Wohnhaus kam. Sie umwehte ein Duft von Olivenöl, Kräutern und frischem Kuchen.

"Apropos Unterricht", setzte Julius an, "Ich würde gerne in den nächsten Tagen einen Frisör aufsuchen. Meine Haare sind schon wieder ziemlich nachgewachsen. Wissen Sie ...?"

"Das ist ein Problem für dich?" Fragte Jeanne. Dann wollte sie noch wissen: "Wer hat dir denn in Hogwarts die Haare gemacht? Du liefst doch meistens mit kurzen Haaren herum."

"Öhm, das hat Gloria gemacht. Die hat so einen Zaubertrick von ihrer Mutter gelernt."

"Wie jedes zivilisierte Hexenmädchen", erwiderte Jeanne und zückte ihren Zauberstab. Julius sah, daß sie sich wohl freute, endlich zaubern zu dürfen, ohne Probleme mit dem Ministerium zu bekommen.

"Bleib ruhig sitzen! Halt deinen Kopf ruhig. Ich mach das mal eben", sagte Jeanne, nachdem sie sich durch einen schnellen Blick die Erlaubnis ihrer Eltern eingeholt hatte. Julius blieb ganz ruhig sitzen. Claire sah ihrer Schwester genau auf die Finger, als sie den Zauberstab anhob und sacht über Julius' Kopf hinwegschwingen ließ. Julius fühlte, wie ein sanftes Prickeln seine Kopfhaut durchzog, wie sein Haar wie von einem leichten Wind aufgerichtet und durchweht wurde. Dann empfand der Hogwarts-Schüler ein Gefühl, es würde ihm am Kopf etwas kälter. Es dauerte wohl eine Minute, bis Jeanne sagte:

"Das war die Frisur, die du hattest, als Gloria dich das letzte Mal betreut hat. Fühl mal nach!"

Julius faßte sich an den Kopf. Er kannte es schon, daß der Haarkürzungszauber keine losen Haare übrigließ. Sein blonder Schopf war nur bis auf einen Zentimeter heruntergestutzt.

"Danke Jeanne! Was kriegst du dafür?" Wollte Julius wissen. Statt einer Antwort bekam er einen Klaps auf den Rücken.

"Geht das schon wieder los, daß du alles bezahlen möchtest. Ich wollte wissen, ob ich eine unkomplizierte Frisur hinbekomme. Das ist mir gelungen. Mehr will ich nicht", bekräftigte Jeanne. Claire fragte ihn:

"Hast du Gloria denn was dafür gegeben, Julius?"

"Die wollte auch nur testen, wie gut sie das kann, Claire. Einmal hat mich Pina damit aufgezogen, daß ich nun so schönes langes Haar hätte, daß sie mir einen Zopf flechten kann, wie sie ihn hat. Ich habe das tatsächlich erst geglaubt, weil gerade in den ersten Klassen noch einiges danebengehen kann beim Zaubern."

"Wer ist Pina?" Wollte Claire wissen.

"Eine Klassenkameradin und Freundin von mir", erwiderte Julius. Jeanne fügte noch hinzu:

"Die sieht sehr adrett aus, Claire. Sie trägt einen Einzelzopf bis zu den Hüften, hellblond, ähnlich wie das Haar von Gloria. Sie ist klein und zierlich und hat klare wasserblaue Augen." Julius entging nicht, daß sie diese Beschreibung mit einer Spur Hinterhältigkeit lieferte. Offenbar empfand das Claire auch so und fragte schnippisch:

"Und sonst?"

"Gut tanzen kann sie auch", setzte Julius einen drauf.

Claire rümpfte die Nase. Jeanne sagte dazu nur: "Das stimmt aber. Ich habe die beiden zusammen tanzen gesehen."

Julius wunderte sich etwas, weil Claire so heftig auf Pinas Beschreibung reagierte. Gloria oder die Hollingsworths hatten ihr offenbar keine Probleme bereitet.

Madame Dusoleil grinste. Julius entging das nicht. Er fragte sich, woran er war. Doch vielleicht bildete er sich auch nur ein, daß etwas nicht so war, wie es sein sollte. Deshalb sagte er auch nichts weiter, sondern sah zu, wie die Hausherrin das Geschirr für das Abendessen auf den großen Tisch im Garten aufstellte.

Das Essen wurde in vier Gängen eingenommen. Eine klare Gemüsesuppe, ein Salatgang, dann Fleisch und Kartoffeln, und schließlich ein Sahnepudding mit Fruchtstücken. Julius wunderte sich immer wieder, wie einfach es den Hexen von Millemerveilles fiel, mal eben ein mehrgängiges Essen hinzubekommen. Er kannte zwar die Vielfalt, die Madame Faucon ihm vor einem Jahr geboten hatte, wußte jedoch auch, daß selbst mit Zauberkunst gekochte Speisen nicht so einfach hinzukriegen waren.

Julius aß ruhig aber viel von jeder ihm angebotenen Speise. Er unterhielt sich mit Claire, die rechts neben ihm saß und Madame Dusoleil, die links von ihm am Fuß des Tisches saß, über das Quidditchspiel vom Morgen, sowie die gerade blühenden nichtmagischen Blumen und Sträucher. Einmal fragte er:

"Wie kommt es eigentlich, daß hier in Millemerveilles keine Mücken herumfliegen?"

"In jedem Zaubergarten steht mindestens ein Scheuchblütenstrauch, der einen für Menschen unriechbaren Duft verströmt, der alle an Pflanzen saugenden Insekten verjagt. Ich weiß nicht, ob man in der Muggelwelt weiß, daß bei Mücken die Männchen keine Blutsauger sondern Pflanzensaftsauger sind. Hinzu kommt, daß die Scheuchblüten alle tierischen Gerüche überdecken, sodaß Mücken nicht zu ihren Opfern finden und verhungern müssen. Aus dem gleichen Grund gibt es hier auch keinen Flohbefall an Menschen oder Tieren", erläuterte Madame Dusoleil.

Julius nickte. Er hatte in einem Tierfilm mal mitbekommen, daß die männlichen Stechmücken kein Blut tranken. Außerdem kannte er die Mittel, die von der Chemie gegen alle möglichen Insekten eingesetzt wurden. Doch mit den tierischen Gerüchen, daß wunderte ihn doch. Deshalb fragte er noch:

"Aber dann kommen Hunde und Katzen ja auch durcheinander. Wie können die hier leben?"

"Habe ich gesagt, daß die tierischen Gerüche überdeckt werden? Das stimmt im Bezug auf die Wahrnehmung von Insekten. Wie genau das geht, weiß ich nur teilweise und versuche mich besser nicht daran, das zu erklären. Aber die Heilmagier wissen das, weil sie alle Tiersinne in ihrer Ausbildung durchgenommen haben. Da fragst du also besser Aurora oder einen von unseren Heilern, der oder die Zeit haben. Ich weiß nur, daß Hunde und Katzen hier keine Probleme haben, ebenso wie die Eulen, die nachts jagen und nicht nur auf die Geräusche von Mäusen hören, sondern auch deren Gerüche wahrnehmen", sagte Madame Dusoleil.

Nach dem Abendessen wollte Julius helfen, Geschirr und Besteck abzuräumen. Doch mit einem Zauberstabwink beförderte die Hausherrin alles in die Küche zurück. Mademoiselle Dusoleil säuberte mit einem Wink ihres Zauberstabes den Tisch von Krümeln und Soßenflecken und holte sich ein großes Buch aus der Hausbibliothek und setzte sich zum Lesen in den Garten. Als die Sommersonne so um halb neun unter dem Horizont verschwand und es schnell dunkel wurde, beschwor sie zwei große Kerzen herauf, die genug Licht zum lesen gaben. Julius und Claire gingen mit Jeanne ins Musikzimmer im dritten Stock, wo ein großes Spinett stand und probierten einen dreistimmigen Flötensatz nachzuspielen, der in einem Liederbuch beschrieben stand, daß Julius im letzten Jahr zum Geburtstag bekommen hatte. Bald kam Madame Dusoleil hinzu und fragte, ob sie die drei Kinder begleiten durfte. Weil sie dazu die erlaubnis bekam, setzte sie sich an das Spinett und spielte die Hintergrundbegleitung. So verging eine ganze Stunde, bis sie Claire und Julius ansah und mit warmer aber fester Stimme sagte:

"Ihr beiden habt morgen genau wie Jeanne einen harten Morgen vor euch. Am besten geht ihr nun schon zu Bett."

Julius überlegte, ob er widersprechen sollte. Doch irgendwas in der Art der Hexenmutter war unerschütterlich, ohne daß sie streng dreinschauen mußte. Er nickte nur und verabschiedete sich von Madame Dusoleil und Jeanne. Zusammen mit Claire ging er noch mal durchs Haus und wünschte Monsieur Dusoleil, der im Wohnzimmer saß und an irgendwelchen Pergamenten arbeitete, sowie der immer noch im Garten lesenden Mademoiselle Dusoleil eine gute Nacht. Dann gingen sie ins Haus zurück, stiegen die Treppe zum ersten Stock hinauf, wo die Gästezimmer und das Gästebad lagen. Claire sah Julius mit ihren großen dunkelbraunen Augen an und lächelte.

"Bis morgen früh dann, Julius. Schön, daß du da bist. Gute nacht!"

"Gute Nacht, kleine Mademoiselle!" Wünschte Julius frech zurück. Die nur wenige Tage als er jüngere Beauxbatons-Schülerin verzog zwar für einen Moment das Gesicht, doch dann grinste sie breit. Sie umarmte Julius flüchtig und stieg die Treppe zu den Schlafzimmern der Familie hinauf, während Julius sich ins Badezimmer begab und sich vor dem Spiegel noch mal begutachtete.

"Das spart eine Menge Geld, wenn Zauberer und Hexen sich die Haare selber so gut machen können", dachte er, als er den ordentlich frisierten blonden Haarschopf betrachtete, den er von Jeanne verpaßt bekommen hatte. Er zog den von Madame Dusoleil gekürzten Pyjama an, warf sich einen Bademantel über und ging in das ihm zugewiesene Gästezimmer mit der magischen Waldlandschaftstapete. Er wählte den mitternachtsblauen Alltagsumhang für den nächsten Tag und legte sich ins Bett. Ohne großen Übergang fiel er in einen tiefen, erholsamen Schlaf.

ENDE

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