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Eine Fan-Fiction-Story aus der Welt der Harry-Potter-Serie

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Was bisher geschah | Vorige Story

P R O L O G

Neue Zeiten brechen für die Schüler und Lehrer von Beauxbatons an. Bei der Ankunft der alten und neuen Schüler übergibt Madame Maxime die Würde der Schulleiterin an ihre bisherige Stellvertreterin Blanche Faucon, die seitdem Madame Faucon genannt werden soll. Madame Faucons Enkeltochter Babette landet im grünen Saal, wo sie mit zwei Mädchen aus magielosen Familien einen Schlafsaal bewohnt. Auch der Muggelstämmige Hanno Dorfmann wird als Bewohner des grünen Saales ausgewählt. Die neue Verwandlungslehrerin Eunice Dirkson bringt drei schulpflichtige Kinder mit, von denen Esther Dirkson im grünen Saal unterkommt. Millies drittjüngste Tante Mayette landet im roten Saal. Der neue Lehrer für die Abwehr dunkler Künste ist der ehemalige Zaubereigegenminister Phoebus Delamontagne. Julius und Millie müssen sich sehr schnell an ihre neuen Rollen als oberste Schüler ihrer Säle gewöhnen. Vor allem mit Hanno Dorfmann hat Julius seine Sorgen, da dieser sehr frech und vor allem Hexen gegenüber sehr anmaßend ist. Daß dies eine Abwehrreaktion ist vermuten Madame Rossignol und er zwar, aber sie lernen erst, warum das so ist, als der Junge Professeur Delamontagne verärgert und dieser ihm zeigen will, wie schnell jemand von bösartiger Magie niedergeworfen werden kann. Dabei kommt heraus, daß Hanno als uneheliches Kind einer alleinerziehenden Anwältin von Geburt an nur von lieblosen Tanten aufgezogen und übel drangsaliert wurde und er bei Entdeckung seiner besonderen Kräfte mehr oder weniger bewußt den Tod dieser Tanten herbeiführte. Er vergötterte seine Mutter, bis er lernen mußte, daß sie ihn nie gewollt hatte und geht auf Rache aus. Hierzu beschafft er sich bei seinem ersten Einkauf in der Zaubererstraße Rue de Camouflage ein Buch, in dem ein Fluch erwähnt wird, mit dem man Blutsverwandte umkommen lassen kann. Da er den Fluch bereits aufgerufen hat - was für einen Zauberschulanfänger schon beachtlich ist, greift Madame Faucon auf den von Julius erlernten Fluchumkehrer zurück. Dabei verkehrt sich der böse Zauber Hannos so, daß die in der Ferne zum Tode verurteilte Mutter nach Beauxbatons teleportiert wird und statt zu sterben Hanno als ihren Sohn erneut im Mutterleib empfängt. Julius beschafft das von Hanno erwähnte Buch und händigt es Madame Faucon aus. Er spricht mit Madame Rossignol darüber, daß sie die angedrohte Höchststrafe für Pflegehelfer eigentlich nicht vollstrecken darf. Sie bittet Millie und ihn, zunächst die Gründe für diese Strafe zu erfahren. Hierzu wird den beiden angeboten, von Serena Delourdes ausgelagerte Erinnerungen zu betrachten. Dabei bekommen sie nicht nur die Schulgründung vor beinahe 1232 Jahren mit, sondern erleben in der Erinnerungsbetrachtung auch das Verhältnis der Gründer zueinander mit. Sie erfahren, wie Serena Delourdes die Pflegehelfergruppe gründet. Sie erfahren, wie eine Kette von Verstümmelungen und Verwandlungsanschlägen die erste Schulheilerin unter Druck setzt. Zehn Jahre nach der Schulgründung kommt dann die schreckliche Wahrheit ans Licht. Einer der Pflegehelfer, dessen Vorfahren der hohen Zeit der Zauberer nachtrauern, führt nach Anweisungen dieser Vorfahren Experimente an lebenden Menschen durch, um künstlich Menschen und Mischwesen zu züchten. Dabei scheut er auch nicht davor zurück, die eigenen Mitschüler unfruchtbar zu machen, um mit deren Geschlechtsorganen ein wurmartiges Brutwesen zu bestücken. Serena kann den der schwarzen Magie verfallenen Jungen überwältigen und aus dessen unterirdischem Versuchslabor entkommen, bevor dieses sich auf Befehl des Verleiteten selbst vernichtet und alle bedauernswerten Kreaturen tötet. Vor die Wahl gestellt, Beauxbatons zu schließen oder die Pflegehelfertruppe aufzulösen überzeugt Serena ihre Kollegen von der magischen Heilzunft, eine scheinbare Verwandlungsstrafe abzusegnen. Tatsächlich wird der unmenschlich handelnde Pflegehelfer nicht zur Bettpfanne, sondern tauscht mit einer seine Körperaura tragenden Bettpfanne den Platz und landet im magischen Exil auf einer Insel namens Utopia. Millie und Julius müssen nun befinden, wie sie mit den neuen Informationen umgehen. Doch ihre Aufgaben als Saalsprecher und Quidditchspieler wollen auch erledigt werden.

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Millie und Julius hatten sich am Sonntagmorgen nach ihrer unheimlichen Zeitreise noch einmal getroffen und beraten. Julius, der seiner Mutter am Abend noch einen Brief geschickt hatte, meinte, daß es wohl günstiger sei, die Strafe als solche nicht weiter zu erwähnen, oder dann nur die Abschiebung ohne Zauberstab anzudrohen.

Als die erste Pflegehelferkonferenz begann verlas Madame Rossignol vier Tagesordnungspunkte. Der erste war wie jedes Jahr die Vorstellung der neuen Pflegehelfer. Der zweite Tagesordnungspunkt war derUmgang mit Schülern wie Gaston Perignon und Bernadette Lavalette, die ja um ein beziehungsweise zwei Klassen zurückgestuft worden waren. Tagesordnungspunkt drei betraf die Einteilung der Pausenhofaufsichtsassistenz. Der vierte und letzte Tagesordnungspunkt drehte sich um die Ämterdopplung Pflegehelfer und Saalsprecher, da in diesem Jahr ja vier aus der Truppe, Sandrine, Belisama, Millie und Julius hauptamtliche Saalsprecher waren und Patrice Duisenberg als Trägerin der Silberbrosche ebenfalls eine wichtige Schülerfunktion in Beauxbatons ausübte. Von sich aus hatte die Schulheilerin nichts wegen der Bettpfannenstrafe angesetzt.

"So möchte ich euch, die ihr schon mindestens ein Jahr in der Pflegehelfertruppe seid, unsere drei Neuzugänge vorstellen. Aus dem roten Saal ist Patricia Latierre zu uns gekommen, die bei meiner Kollegin Béatrice Latierre ihre Ersthelferausbildung genossen und die vorgeschriebene Prüfung mit Auszeichnung bestanden hat", begann Madame Rossignol und deutete auf Julius' viertjüngste Schwiegertante. Millie strahlte mit Patricia um die Wette. "Sie besucht die dritte Klasse und wird daher fünf Jahre bei uns bleiben, sofern nichts eintritt, was ihre Ausbildung beeinträchtigt oder ihre Mitgliedschaft in der Pflegehelfertruppe nicht mehr gerechtfertigt." Julius fühlte es, daß er Einspruch erheben würde, falls die Heilerin die Sache mit den Bettpfannen ansprechen wollte. Doch sie tat es nicht. Sie deutete auf ein Mädchen mit schwarzen Rattenzöpfen und dunkelbrauner Haut. "Aus dem Violetten Saal dürfen wir Aysha Carim aus der fünften Klasse als neue Pflegehelferin begrüßen. Wie die, die ihre Einschulung mitbekommen haben wissen stammen ihre Eltern aus Algerien und kamen mit ihren Großeltern nach Anerkennung der Unabhängigkeit nach Frankreich, weil ihre Mutter als Mitglied des französischen Zaubereiministeriums fürchtete, in Algerien selbst keine einträgliche Anstellung mehr zu erhalten." Aysha nickte mit leicht rot anlaufenden Ohren. Julius hatte ihre Einschulung nicht mitbekommen, weil er erst ein Jahr nach ihr nach Beauxbatons gewechselt war. Er wußte aber, daß die also nicht nur orientalisch aussehende Schülerin immer mit der Gruppe aus Nizza in der Schule ankam. "Dann ist noch Louis Vignier aus dem grünen Saal dazugekommen, der wie Patricia Latierre die dritte Klasse besucht und uns somit fünf Jahre erhalten bleiben wird. Somit haben wir wieder aus jedem Saal von Beauxbatons mindestens einen Pflegehelfer", beendete Madame Rossignol die Vorstellung der drei neuen Pflegehelfer. Julius zählte durch und stellte fest, daß der grüne Saal im Moment Spitzenreiter bei den Pflegehelfern war. Carmen Deleste, Louis Vignier und er. Dann die beiden Latierres aus dem roten Saal. Dann Belisama und Sixtus aus dem weißen Saal. Aysha und Josephine vertraten die Violetten. Für Josephine Marat war es das letzte Schuljahr. Sandrine vertrat die Gelben, Patrice Duisenberg die Blauen.

Nachdem Madame Rossignol die drei neuen Pflegehelfer vorgestellt hatte erwähnte sie noch einmal die Aufgaben und Sonderregeln und erinnerte alle alten Pflegehelfer noch mal daran, daß sie auch dafür da seien, die Gesundheit ihrer Mitschüler zu schützen. In diesem Zusammenhang sprach sie Patricia ein Lob aus, daß sie kurz nach ihrer Eingliederung bereits mithelfen konnte, daß die Angelegenheit Hanno Dorfmann geklärt werden konnte. Julius mußte sich arg beherrschen, keine Regung zu zeigen. die Entfernung Hannos aus Beauxbatons gehörte zu den ungewöhnlichsten Amtshandlungen, die Madame Faucon jemals ausgeführt hatte. Damit leitete Madame Rossignol zum zweiten Punkt der heutigen Tagesordnung über.

"Ihr alle habt ja mitbekommen, daß Gaston Perignon, nachdem die frühere Schulleiterin Madame Maxime ihn letztes Jahr der Schule verweisen mußte, auf Grund von Zugeständnissen seiner Eltern und der Berücksichtigung der damaligen Ausnahmelage wieder zu uns zurückkehrte. Allerdings könnte er trotz Madame Faucons Einwand, eine Zurückversetzung stelle keinen medimagisch anerkannten Fall von Seelenbeeinträchtigung dar, Probleme mit der Rückstufung haben und zudem, weil er wegen der Neuauswahl nicht bei den ihm vertrauten Mitschülern im Saal unterkam, Umstellungsprobleme haben, die sich in Aufsässigkeit oder offener Aggression äußern könnten. Darüber hinaus sahen sich die Schulräte und der Lehrkörper von Beauxbatons offenbar veranlaßt, die Schülerin Bernadette Lavalette auf den Anfang des ZAG-Jahres zurückzustufen, da diese sich unrechtmäßig gegen die Bewertungskommission gestellt hat. Auch ihr könnte es schwerfallen, ein ganzes Jahr wiederholen zu müssen. Wir hatten vor zehn Jahren, wo ihr alle noch nicht bei uns wart, einen Fall, wo ein Schüler aus dem violetten Saal die Wahl hatte, das Jahr zu wiederholen oder vorzeitig aus Beauxbatons entlassen zu werden und haben ja durch Constance Dornier erlebt, wie sich eine Rückstufung auf die seelische Verfassung auswirken kann, wenngleich Constance Dorniers Lage in jeder Hinsicht auf gesonderte Umstände zurückzuführen war." Alle nickten. Dann fragte die Heilerin Mildrid, wie sie als hauptamtliche Saalsprecherin die Umstellung mitbekommen hatte und ob sie persönlich eine andere Beziehung zu Bernadette geknüpft habe. Millie straffte sich und blickte die Heilhexe mit ihren rehbraunen Augen sehr genau an. Dann erwiderte sie:

"Nun, die vor einem Jahr noch keine Pflegehelfer waren haben ja mitbekommen, daß wegen meiner und Julius' Heirat einiges im Argen zwischen Bernadette und mir war. Ich bekam den Gedanken nicht aus dem Kopf, daß sie ihre Rangstellung als stellvertretende Saalsprecherin ausgenutzt hat, um mir die Strafpunkte zu geben, die Julius nicht von ihr kriegen konnte, weil wir ja bis heute beide dieselben Bonus- und Strafpunkte erhalten. Wie gesagt, das war nur ein Gedanke, nichts, was handfest nachzuweisen war. Aber irgendwie muß da meiner Meinung nach was dran gewesen sein. Denn seitdem sie meinte, sich wegen Julius' und meiner ZAGs beschweren zu müssen und wegen anderer Dinge, die eher zu den Saalsprecherangelegenheiten gehören die ZAG-Klasse noch mal machen soll und die Silberbrosche an Leonie abtreten mußte, geht sie mir weit aus dem Weg und verbuddelt sich in den Büchern der Bibliothek. Womöglich meint sie, ich würde jetzt meine neue Stellung ihr gegenüber ausnutzen und ihr in jedem passenden Moment Strafpunkte aufladen, als wenn ich nichts wichtigeres zu tun hätte. Womöglich meint sie aber auch, wenn sie die ZAGs wiederholt und im selben Jahr die Sechstklässlerprüfungen packt, könnte sie im nächsten Jahr gleich in die Abschlußklasse vorrücken. Möglich ist das ja. Ich kriege von ihren Klassenkameradinnen bisher nicht mit, ob sie mit denen gut oder schlecht auskommt. Im Moment ist sie nur auf Lernen und noch mal Lernen aus, wie Julius vor zwei Jahren, wo Claire uns verlassen hat." Julius wollte schon ansetzen, Millie zu fragen, ob das jetzt echt nötig war, als Madame Rossignol schon entgegnete:

"Mit anderen Worten, du glaubst, daß Bernadette ein schlechtes Gewissen wegen ihrer teilweise willkürlichen Maßnahmen hat und die Rückstufung nur damit verkraftet, daß sie auf ein Überspringen der sechsten Klasse hinarbeitet, um den Zeitverlust wettzumachen." Millie nickte. Patricia, die mit Bernadette auch so ihre Erlebnisse gehabt hatte, bat ums Wort und sagte:

"Ich merke das auch, daß sie sich letztes Jahr superhoch über uns gefühlt hat, weil sie so viel gelernt hat und immer die Jahrgangsbeste von uns war und meinte, deshalb wohl die Brosche abbekommen zu haben. Deshalb denke ich mal, daß sie wirklich Schiß hat, sich mit wem anzulegen, dem sie immer mal wieder einen reingewürgt hat."

"Du meinst Angst oder Unbehagen, Patricia. Gewöhn dir ja nicht erst an, mit vulgären Ausdrücken zu hantieren! Fünf Strafpunkte für eine Pflegehelfern unangemessene Wortwahl", maßregelte Madame Rossignol Patricia. Julius konnte am Gesicht seiner Schwiegertante ablesen, daß sie sich ärgerte, überhaupt den Mund aufgemacht zu haben. Da traf ihn der Blick der Heilerin. Er hörte sie fragen:

"Julius, dein Name wurde jetzt in verschiedenen Zusammenhängen mit Bernadette erwähnt. Kannst du das auch als nicht in ihrem Saal wohnender beurteilen, was Mildrid gerade vermutet hat?"

"Drei Punkte, denke ich, kann ich dazu beisteuern. Punkt eins ist, Bernadette hat immer schon mehr Wert auf ihre Noten gelegt und sich heftig dafür abgestrampelt, in allem die Klassenbeste zu sein. Ich muß selber immer aufpassen, nicht zu viel von mir zu verlangen oder mich nur noch wegen des Lernens hier zu engagieren. Ist zwar die eigentliche Aufgabe hier, aber doch nicht das einzige, worauf es im Leben ankommt, wenn das gelernte nicht auch angewendet wird, um den eigenen Platz im Leben zu finden." Er machte eine kurze Denk- und Atempause. Dann fuhr er fort. "Der zweite Punkt, den Mildrid angetippt hat, ist, daß ich selbst mal in so einer Lage war, daß ich nur noch zusehen wollte, hier alles zu lernen, was ging, weil ich meinte, damit über den Verlust meiner damaligen Verlobten Claire wegzukommen. So richtig hat das zum einen nicht geklappt und zum anderen habe ich gerade von Bernadette ja zu hören gekriegt, daß ich ja, wo Claire nicht mehr da sei, ja Zeit zum lernen hätte, also sonst nichts zu tun hätte. Gut, am Anfang habe ich ja echt nichts anderes gemacht. Doch irgendwann habe ich doch gemerkt, daß es außer Büchern und Übungen noch was anderes geben muß, um den ganzen Aufwand überhaupt zu rechtfertigen. Weil so hätte ich vielleicht eine Klasse überspringen können oder noch mehr und wäre dann früher mit Beauxbatons fertig geworden. Und dann? Einige von euch, die hier sitzen haben ja damals schon gemeint, mir zu helfen, wieder zurück in die Welt zu finden." Er warf einen schnellen aber eindeutigen Blick auf Sandrine, Belisama und Mildrid. "Beim Helfen gibt es meiner bescheidenen Erfahrung nach drei große fragen: Ob überhaupt? Wie? Warum? Wobei das mit dem Wie ja auch daran hängt, ob der, von dem wer meint, ihm oder ihr helfen zu müssen, überhaupt Hilfe braucht oder annehmen will und wie viel Hilfe nötig ist. Bei dem Warum ist ja immer zu fragen, was der, der hilft, davon hat, außer dem guten Gefühl, was wichtiges getan zu haben." Belisama, Sandrine und Millie glubschten ihn einen Moment lang verdrossen an. Doch dann strahlte Millie. Denn ihr ging auf, worauf Julius hinaus wollte. "Richtig wirksam wird Hilfe ja dann, wenn sie im gegenseitigen Einverständnis dem Helfenden und Geholfenen was einbringt und beide dadurch ein besseres Verhältnis zueinander bekommen können. Ich habe diese Erfahrung gemacht und bin froh, sie gemacht zu haben und jetzt weiß, daß Lernen und Arbeiten nicht die einzigen Sachen im Leben sind. Die, denen ich dafür danken muß wissen das schon. Ob Bernadette Hilfe braucht oder annehmen würde weiß ich nicht und bin auch im Moment nicht in der Stimmung, ihr welche anzubieten, weil eben das Wie und ob überhaupt von mir nicht beantwortet werden kann. Das zu dem, was Mildrid eben erwähnt hat. Der dritte Punkt ist der, daß Bernadette wohl so schnell wie möglich aus Beauxbatons raus möchte, wobei sie einen gescheiten Abschluß in der Tasche haben möchte. Es ist schon erwähnt worden, daß einiges, was da im letzten Jahr lief eher für die Saalsprecher und die Lehrer bestimmt bleibt. Daher nur meine bescheidene Vermutung, daß sie jetzt, wo sie ihre Vorrangstellung eingebüßt hat ihrem eigentlichen Ziel, möglichst gut abzuschließen ihre volle Aufmerksamkeit widmet. Solange sie dadurch nicht körperlich leidet wüßte ich im Moment nicht, wieso ich sie davon abhalten sollte oder wer anderes dies tun müßte."

"Du hast eben erwähnt, daß du gelernt hast, daß es mehr gibt als nur Ausbildung und Arbeit", griff Madame Rossignol Julius' Bemerkungen auf. "Zu einem gesunden Reifeprozeß gehört eben auch die Übung, außerhalb des geforderten ohne sich und anderen zu schaden zu leben, Aktivitäten zu betreiben, die dem Leben die nötige Berechtigung geben. Ich habe dich damals, wo du in dieser Krise wegen Claire Dusoleil gesteckt hast auch einige Male gefragt, ob du jetzt dein ganzes Leben nur noch trauern möchtest, und drei Kolleginnen von mir haben dich darauf hingewiesen, daß die Verdrängung von Gefühlen durch reines Lernen gefährlich sein kann, weil irgendwann ein Punkt erreicht wird, an dem übermächtige Gefühle den Verstand überwältigen und jemanden zu ungewollten und unbeherrschten Handlungen treiben. Du hast wie wir alle hier wissen im Zeitraum von Februar bis Mai erfahren müssen, wie wichtig es ist, mit den begleitenden Gefühlen zu leben und sie zu akzeptieren, um sie auch in einem gesunden Rahmen bewältigen zu können." Julius nickte. Millie grinste überlegen, ebenso Belisama. Sandrine warf Julius einen aufmunternden Blick zu. Dann sagte die Heilerin noch: "also dürfen wir die Frage stellen, ob Bernadette vor etwas davonläuft oder etwas mit Gewalt verdrängen möchte. Mir ist auf Grund meiner Ausbildung natürlich klar, daß sie sich jeder Aufforderung ihrer Mitschüler verweigern würde, auch wenn die Saalsprecherin gleichzeitig auch Pflegehelferin ist. Deshalb werde ich dir, Mildrid, gleich eine offizielle Vorladung für sie mitgeben, daß sie sich in den nächsten Tagen zu einem Gespräch bei mir einzufinden hat. Sollte sie der Aufforderung nicht nachkommen wirst du sie mir bringen, Mildrid. Hast du das verstanden?"

"Habe ich", grummelte Millie leise. Madame Rossignol verlangte, daß sie laut und deutlich antworten solle. "Ja, ich habe verstanden, Madame Rossignol", erwiderte Millie dann noch einmal laut und deutlich. Dann ging es um Gaston, der sich offenbar mit dem Austauschschüler Cyril Southerland immer wieder in der Wolle hatte. Patricia Latierre hatte zu den Viertklässlerinnen einen guten Draht und berichtete, was sie von denen erfahren hatte. Demnach hielt Gaston Cyril für einen reinen Schürzenjäger, der besser in Thorntails hätte bleiben sollen. Außerdem hatte Gaston Probleme mit dem Zweitklässler Horus Dirkson, da dieser Gaston nicht verzeihen könne, daß der ernsthaft laut gedacht hatte, nach Durmstrang zu gehen. Im Grunde wurden hier Sachen wiederholt, die auch gestern bei der Saalsprecherkonferenz erwähnt worden waren. Julius meinte dazu, daß Gaston sich früher gerne mit Hercules Moulin angelegt habe und wohl immer noch meine, nur wenn er Krach mit Mitschülern hätte zu leben. Aysha und Sandrine sahen ihn dafür verstört an, während Millie und Belisama ihm zustimmend zunickten.

"Sage deinem Kollegen Apollo bitte, daß er die beiden Streithähne gut beaufsichtigen solle, Millie. Weil wenn einer von denen mehr als zweimal wegen irgendwelcher ausgerutschter Zauber bei mir auf dem Behandlungstisch landet, kriegt er Ärger", erwiderte Madame Rossignol. Millie erwähnte dann, daß er vorgeschlagen habe, einen Meldezauber anzubringen, um Gaston und Cyril zu überwachen, ihm dies jedoch verboten worden sei. Madame Rossignol erwähnte dazu: "Es muß auch anders gehen. Cyril ist hier Gast. Wenn die Schulleitung oder ich befinden muß, daß er seine Rechte überstrapaziert oder sich hier nicht ordentlich aufgehoben fühlt, könnte ihm passieren, daß er nicht mehr nach Thorntails zurück darf. Ich werde bei der Gelegenheit von meiner dortigen Kollegin eine Beurteilung über ihn anfordern, die über den Gesundheitsbefund hinausgeht, den sie mir mit der Einschulungsbestätigung zugesandt hat. Es erweist sich einmal mehr, wie wichtig diese Truppe für die Arbeit der Schulheilerin ist." Millie verzog ein wenig das Gesicht. Nicht nur, daß sie sich ungewollt mit Bernadette herumschlagen mußte, sondern womöglich auch noch Krach mit ihrem weit entfernten Verwandten Cyril bekommen konnte.

Weil sie lange über den zweiten Tagesordnungspunkt sprachen machte Madame Rossignol es bei der Aufteilung der Pausenhofaufsicht einfach nach alphabetischer Folge der Nachnamen. Dies ergab folgende Einteilung

Pausenhofaufsicht 1998-1999

Montag: Aysha Carim, Belisama Lagrange und Louis Vignier
Dienstag: Sixtus Darodi und Julius Latierre
Mittwoch: Carmen Deleste und Mildrid Latierre
Donnerstag: Patrice Duisenberg und Patricia Latierre
Freitag: Sandrine Dumas und Josephine Marat

Damit ging es auch schon in den vierten und letzten von Madame Rossignol erwähnten Tagesordnungspunkt über, die doppelte Funktion von fünf Pflegehelfern. Da vier der betreffenden im letzten Jahr bereits die Silberbrosche getragen hatten sollten sie unabhängig voneinander und ohne Zwischenrufe berichten, wie sie diese doppelte Funktion verkraftet hatten und welche eigenen Vorstellungen sie hatten, um nun auch als hauptamtliche Saalsprecher gleichzeitig ihren Pflegehelferaufgaben nachzukommen. Julius führte in dem Zusammenhang an, daß er sich mit Gérard schon abgestimmt habe, daß dieser an den Sonntagen, wo er die Pflegehelferübungsstundden hätte, die Jungen des grünen Saales hauptamtlich betreuen sollte und sie sich beim Weckdienst eh schon abwechselten. Millie erwähnte, als ihr Sprecherlaubnis erteilt wurde, daß sie mit Leonie ähnliche Absprachen getroffen habe, aber statt eines täglich wechselnden Weckdienstes ein wöchentlicher Wechsel stattfand. Belisama hatte mit ihrer Stellvertreterin Dorine Janssen aus der fünften Klasse zwar keinen Weckdienstwechsel vereinbart, hatte sie jedoch schon darauf eingestimmt, die Sonntage zur freien Verfügung haben zu müssen, um bei den Konferenzen und Übungen anwesend sein zu können. Ähnliches hatte Sandrine mit ihrer Stellvertreterin hinbekommen. Da Patrice ja selbst nur Stellvertreterin ihrer ein Jahr älteren Nichte Corinne war, hatte sie mit dieser nur einen wöchentlichen Weckdienstwechsel vereinbart. Madame Rossignol wies sie noch einmal darauf hin, daß sie mit der zuerkannten Autorität als Saalsprecher auch pflegehelferische Anweisungen besser aussprechen konnten, sie aber ja darauf achten sollten, diese doppelten Vorrechte nicht zu überreizen. Abschließend fragte sie noch in die Runde, ob noch jemand etwas zu diskutierendes einbringen wollte. Das ging eindeutig an Millies und Julius' Adresse. Die beiden sahen sich an und nickten. Julius sollte sprechen.

"Es geht noch einmal um die Höchststrafe für Pflegehelfer, die schlimme Sachen anstellen. Uns wird ja angedroht, daß wir bei üblen Verstößen nicht einfach so aus Beauxbatons entlassen werden, sondern von der amtierenden Heilerin, also Madame Rossignol, in Bettpfannen verwandelt werden können." Louis und Patricia sahen die Saalkameraden erschrocken an. Millie und Julius hatten es ihnen nicht so drastisch erklärt. Madame Rossignol merkte das wohl und blickte beide leicht verärgert an. Doch Julius ließ sich davon nicht beeindrucken und fuhr fort: "Allerdings haben meine Frau und ich in den Ferien mit Leuten aus Thorntails und Hogwarts gesprochen. Die kennen da keine Pflegehelfertruppe. Ich weiß auch, daß es genug Leute gibt, die uns neidisch hinterhersehen, wenn wir durch die Wände schlüpfen, weshalb wir das ja nicht dauernd machen sollen." Madame Rossignol nickte sehr bestätigend. "Deshalb ist das mit der Höchststrafe von Gründungsmutter Magistra Delourdes damals eingeführt worden, daß An stelle eines total daneben handelnden Pflegehelfers eine Bettpfanne in Beauxbatons bleibt." Millie grinste. "Seine Eltern haben kein Widerspruchsrecht, soweit ich weiß. Jetzt denke ich aber, daß gerade jetzt, wo wir neue Lehrer und eine neue Schulleiterin haben, es doch mal gefragt werden dürfte, ob statt dieser heftigen Bestrafung nicht lieber eine vollständige Abschiebung aus der magischen und nichtmagischen Welt genauso wirksam wäre. Es gibt da sicherlich genug einsame Inseln, auf denen Leute ohne Zauberstäbe und Zugang zu Muggelwelteinrichtungen bleiben können, eine Art Verbannung. Ich weiß aus der Geschichte der Muggel, die meine Mutter für das Zaubereiministerium zusammengefaßt hat, daß Verbannung für die Betroffenen manchmal schlimmer ist als Gefängnis oder Tod. In Rußland, sowohl zur Zeit der Zaren als auch unter den Kommunisten, wurden Staatsfeinde nach Sibirien verfrachtet, weit weg von ihren Familien. Normalerweise kennt die Zaubereigesetzgebung die Gefängnisstrafe in Tourresulatant oder die Ausgrenzung aus der magischen Welt, allerdings mit der Möglichkeit, in der magielosen Welt glücklich werden zu können. Insofern frage ich nun offiziell an, ob statt der angedrohten Verwandlungsstrafe nicht eine unwiderrufliche Verbannungsstrafe angedroht werden soll. Das würde den Leuten, die es betrifft, zumindest die Möglichkeit geben, ein eigenständiges Leben zu führen, eben zum Preis, von ihren Familien nichts mehr mitzubekommen und in einer art Gesellschaftsblase von allem abgeschirmt zu sein. Ich möchte mir nämlich nicht vorstellen, daß Sandrine, Louis oder ich eines Tages in diesem Regal da stehen und uns damit wunderbar anfreunden, von hier übernachtenden Schülern gebraucht zu werden. Ich las nämlich in einem Buch über Vivo-ad-Invivo-Verwandlungen beim Menschen, daß es zu einer auch geistigen Verwandlung kommen kann, also ein einmal verwandelter nach einer bestimmbaren Zeit nichts anderes mehr sein will als das, worin er oder sie verwandelt wurde. Wenn Sie einem ungeborenen Kind mit Einsperren drohen, bringt das keinen Erfolg, weil es ja nichts von einem Draußen weiß. Wenn also wer lange in eine Bettpfanne oder einen anderen Gebrauchsgegenstand verwandelt ist, könnte, vorausgesetzt, jemand empfindet in der Verwandlung noch etwas, bei der Rückverwandlung der Wunsch erwachen, wieder zum betreffenden Gegenstand zu werden, also das, was als Strafe gedacht war als Belohnung zu erhoffen. Bei einer Abschiebung in einen isolierten Wohnbereich müßte der oder die jeden Tag neu befinden, was er oder sie mit dem Tag machen soll, ohne auf Hilfe von Freunden und Verwandten hoffen zu können. Sicher würden da, wo er oder sie hinkommt, womöglich irgendwann noch mehr Leute hingeschickt. Aber die reine Vorstellung, nicht mehr mit den lieben Angehörigen oder besten Freunden Kontakt zu haben macht bestimmt genug Angst, um sich zu fragen, ob ein Verstoß gegen die Pflegehelferregeln das wirklich wert ist. In allen europäischen Ländern hat man die Todesstrafe abgeschafft, weil sie zum einen nicht die große Abschreckung bewirkt hat, die man von ihr erhofft hat und zum anderen die Gefahr beseitigen wollte, einen Unschuldigen hinzurichten. Wer lebenslang im Gefängnis sitzt kann sich ändern und einen besseren Lebensweg einschlagen. Bettpfannen oder Leichen können sowas nicht. Wie erwähnt ist das nur eine Anfrage. Ich werde mich natürlich weiterhin an die Regeln halten, weil mir weder das Dasein als Bettpfanne noch die Vorstellung, ans Ende der Welt verbannt zu werden gefällt. Ich bin mir sicher, da auch im Namen meiner Frau Mildrid und euch anderen gesprochen zu haben." Millie und Patricia nickten. Sandrine sah Julius dankbar an. Louis atmete hörbar aus, und Belisama schien nicht zu wissen, ob das mit der Höchststrafe nicht doch seinen Sinn hatte. Madame Rossignol sah in die Runde und sagte dann:

"Nun, ihr lernt hier und von mir Zauber und Trankrezepturen, die leicht dazu verleiten können, Mitschüler zu Versuchszwecken damit zu behandeln. Deshalb muß die Strafe für solche Missetäterinnen und Missetäter nicht nur den betreffenden selbst erschüttern, sondern auch alle anderen. Ja, es ist richtig, daß deshalb früher auch in der Zaubererwelt viele Menschen in aller Öffentlichkeit und mit absichtlich grausamen Methoden getötet wurden. Wir aus der magischen Welt wissen zu gut, daß die Angst vor der Zauberei ja zu den größten Gräueln des ausgehenden Mittelalters bis in das sibzehnte Jahrhundert geführt haben. Deshalb kamen wir wohl schneller darauf, die Strafe für Morde oder die Folter und/oder magische Versklavung von Mitmenschen in lebenslängliche Haft umzuwandeln. Früher wurden die Ausführer des Imperius-Fluches noch im achtzehnten Jahrhundert in Nutztiere verwandelt und auf dem freien Markt verkauft. Mit der Reform der Humantransfigurationsgesetze wurde diese Praxis aufgegeben. Aber das mit den Bettpfannen gilt seit einem schweren Zwischenfall im Jahre 886 als wirksam abschreckende Strafe. Zwar gab es seit diesem Zwischenfall neun weitere Vorfälle, aber im Vergleich von Raubüberfällen und Morden, die mit der Todesstrafe geahndet wurden, wirkte diese Strafe wesentlich deutlicher abschreckend. Ob eine reine Verbannungsstrafe ähnliche Wirkung auf die hier verbleibenden hätte ist fraglich. Aber ich werde diese Anfrage prüfen und mit allen, die die Bestrafung in ihrer bisherigen Form mitbefürworten erörtern", erwiderte Madame Rossignol. "Bis ich eine für die weitere sichere Führung der Pflegehelfertruppe annehmbare Antwort habe bleibt die Höchststrafe in ihrer bisherigen Form bestehen. Das ist nur ein Hinweis und keine Drohung. Denn ich denke nicht, daß in dieser Gruppe jemand ist, der oder die bereits damit liebäugelt, die gewährten Vorrechte gegen seine oder ihre Mitschüler zu verwenden." Ein sehr heftiges Nicken von allen bestätigte Madame Rossignols Vermutung. Louis meldete sich und wollte wissen, ob das wirklich stimmte, daß schon zehn Leute zu Bettpfannen geworden seien. Weil falls das stimmte, würde er wohl doch bei seiner Ersthelferausbilderin, Heilerin Beaumont, anfragen, wie verbindlich diese Ersthelferausbildung sei." Julius erkannte, daß es vielleicht doch nicht so verkehrt gewesen wäre, Louis vorzuwarnen und womöglich schon beruhigend auf ihn einzuwirken. Madame Rossignol erwiderte ziemlich unerbittlich:

"Wenn du die Prüfung in magischer Ersthilfe bestanden hast darf jeder Heiler deine erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten beanspruchen. Und da du hier in Beauxbatons bist und ich diese Pflegehelfertruppe unterhalte, kannst du nichts dagegen machen. Abgesehen davon hast du es ja förmlich darauf angelegt, in diese Truppe aufgenommen zu werden, und dein Saalkamerad Julius Latierre hätte dich an und für sich bei deiner Eingliederung über alle Einzelheiten dieser Zusammenarbeit informieren müssen. Daß er es offenbar nicht getan hat muß ich auf die neue Situation seiner Saalsprecherobliegenheiten zurückführen", sagte die Heilerin und warf Julius einen kurzen, vorwurfsvollen Blick zu. Doch mit ihren Worten hatte sie schon verraten, daß sie ihm deshalb keine weiteren Scherereien machen würde. patricia sah Louis mit einem Blick an, der irgendwie aufmunternd wirkte. Dann hob sie die Hand, und was jetzt kam, hatte hier keiner erwartet.

"Louis, die Dinger im Regal stehen nur für die Leute, die auf Nimmer Wiedersehen auf so'ne einsame Insel verbannt wurden, damit die hier bleibenden Pflegehelfer immer vor Augen haben, daß sich das Verhunzen von Mitschülern bitter rächt. Meine Ausbilderin, die zugleich auch meine Schwester ist, hat mir das erzählt, daß Heiler niemals Menschen schädigen dürfen und das heißt auch, daß sie keinen in irgendwas totes verwandeln dürfen. Die Bettpfannen stehen nur da, weil ja irgendwie rüberkommen muß, daß es mal Leute gab, die gegen die Regeln verstoßen haben." Madame Rossignol verzog das Gesicht und sah Millie an. Doch diese war genauso perplex wie Julius und die anderen. Patricia setzte jedoch unbekümmert fort: "Auch wenn Sie jetzt finden, ich hätte das größte aller Geheimnisse von Beauxbatons ausgeplaudert und könnte deshalb gleich zum elften Stück in Ihrem Regal werden, Madame Rossignol, kann ich Sie beruhigen, daß mir nichts daran liegt, meine Mutter in den Tod zu treiben. Denn die würde sich womöglich umbringen, wenn ich auf Nimmerwiedersehen aus der Welt verschwinde, weil ich irgendwas angestellt habe, was Sie oder wen immer dazu treibt, Leute zu verbannen oder in irgendwas auch immer zu verwandeln." Viele der Pflegehelfer sahen Patricia sehr verunsichert an. Millie ergriff schnell die Gelegenheit, einzuwerfen, daß sie von ihrer Ausbilderin nichts in der Richtung gehört habe. Darauf kam die klassische Antwort: "Du hast sie eben nicht gefragt, wie die aufpassen, daß Pflegehelfer nichts mieses anstellen, Mildrid." Julius mußte sich arg beherrschen, nicht laut loszulachen. Patricia hatte genau das gemacht, was Millie und er eigentlich vorgehabt hatten. Und jetzt war die Bombe geplatzt und die Katze aus dem Sack.

"Ich möchte die zehn Dinger sehen", schnarrte Belisama unvermittelt. Sie warf kritische Blicke zwischen Madame Rossignol und Patricia hin und her, weil sie nicht wußte, wer ihr hier jetzt was vom lila Drachen erzählte. Madame Rossignol nickte und winkte Belisama und die anderen in den Nebenraum. Sie verlor dabei kein Wort. Sie deutete auf das Regal. Belisama trat vor und wirkte den Zauber "Revelo Umbroriginis!" Ein rotgoldener Lichtstrahl fiel aus ihrem Zauberstab auf das Regal. Bei einigen Bettpfannen produzierte er nur einen glitzernden Widerschein. Doch dann entstand wie eingeschaltet die konturscharfe Nachbildung eines Mädchens aus rotgoldenem Licht, dann die eines weiteren Mädchens. Julius meinte, eine Verwandte von Charlotte Colbert zu erkennen. Dann kam auch schon Victor Moureau, dem Julius und Millie auf ihrer Denkarium-Reise begegnet waren. Nach und nach erschienen und verschwanden insgesamt zehn leuchtende Nachbildungen. Alle außer Patricia, Millie und Julius erbleichten. Dann hellte sich Belisamas Gesicht auf. Sie beendete den Originalanzeigezauber und wandte sich Madame Rossignol zu.

"Ich gehe davon aus, daß Sie wissen, daß die Originalaura eines verwandelten Lebewesens nur wenige Tage bis einige Wochen erhalten bleibt, aber ganz sicher nicht hundert Jahre oder mehr. Wie immer Ihre Vorgängerinnen und Sie das angestellt haben, es ist schlicht beeindruckend. Aber es ist tatsächlich gefälscht. Danke, pattie, daß du uns diese unglaubliche Sache eröffnet hast." Sie lächelte Patricia an. Dann fing der Blick ihrer Bergquellaugen Julius' Blick ein. Er las für einen Moment einen wortlosen Vorwurf daraus. Dann sagte sie zu Madame Rossignol: "Ich habe kein Interesse, das in Beauxbatons rumgehen zu lassen, was Sie uns allen hier für einen Nachtschatten unter die Bettdecke geschmuggelt haben, Madame Rossignol. Und mir liegt auch nichts daran, ohne zauberstab irgendwo hingeportschlüsselt zu werden, um da ganz allein oder mit anderen Vollidioten, die sich nicht unter Kontrolle hatten das restliche Leben abzusitzen, wie auch immer das dann aussieht. Nur wäre es wesentlich anständiger, wenn Strafen, die angedroht werden, auch wirklich stattfinden oder erst gar nicht angedroht werden. Insofern möchte ich Sie mit allem noch verbliebenen Respekt bitten, daß Sie mit denen, die diese Sache mittragen, überlegen, ob nach dem Ende von Sie-wissen-schon-Wem und dem Neuanfang von Madame Faucon nicht auch bisher gültige Regeln auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Von meiner Seite aus werde ich weiterhin in der Pflegehelfertruppe mitarbeiten und darauf achten, daß ich nichts anstelle, was mich aus Beauxbatons und von meiner Familie verbannt, wie auch immer." Die anderen nickten. Madame Rossignol erkannte, daß es nun nichts mehr bringen würde, die Verwandlungsgeschichte aufrecht zu halten und lotste die Truppe in ihr Besprechungszimmer zurück. Dort sagte sie:

"Die Welt, werte Herrschaft, würde uns allen um die Ohren fliegen, wenn nicht ein gesundes Maß an Bedrohung existiert, das verhindert, daß machthungrige oder unmenschliche Zeitgenossen ihre Bedürfnisse über die der anderen stellen. Das haben meine Vorgängerinnen überdeutlich zu spüren bekommen, als andere Pflegehelfer meinten, die ihnen beigebrachten Sachen mißbrauchen zu müssen. Alleine mit einem Schulverweis wäre nicht gedient gewesen. Und ja, die Herrschaften, nur wenn alle Zeitgenossen und Nachfolger immer vor Augen hatten, daß ihnen eine empfindliche, um nicht zu sagen drakonische Strafe drohte, wäre der Ruf dieser bevorrechteten Truppe von Beauxbatons schon längst verwirkt worden. Daß ihr alle neben Neid auch viel Anerkennung erfahrt liegt im wesentlichen daran, daß die Pflegehelfertruppe für alle ihre Zeitgenossen ein Segen war, und das konnte nur durch die Androhung einer schlimmen Strafe gewährleistet werden. Ich habe eben mitbekommen, daß du Julius so vorwurfsvoll angeschaut hast, weil du wohl dachtest, er habe bereits etwas gewußt, was du gerne gewußt hättest, Belisama. Daher sage ich dir, daß er mit seiner Frau auf der Reise nach Viento del Sol erfuhr, daß unsere zehn Heilerstatuten die permanente Verwandlung verbieten und wie der Anschein erweckt wurde, sie finde doch statt. Ich bat die beiden darum, erst über die Ursache dieser Maßnahme bescheid zu wissen, statt herumgehen zu lassen, daß diese Strafe nicht wirklich vollstreckt wird. Er hat diese Bitte in weiser Voraussicht befolgt, weil ihm wie euch anderen daran liegt, daß diese Truppe weiterhin von den Lehrern und Schülern gleichermaßen respektiert wird. Sein Vorschlag sollte mir die Gelegenheit geben, eine für uns alle annehmbare Lösung zu finden."

"Ja, aber das ist doch kein Grund, uns alle so zu beschwindeln, Madame", widersprach Belisama. Die anderen nickten. Madame Rossignol deutete nach nebenan. "Die Tatsache, daß in der über tausendjährigen Geschichte von Beauxbatons und der Pflegehelfertruppe nur zehn Missetäter abgestraft werden mußten, rechtfertigt die Heftigkeit der Behauptung", erwiderte Madame Rossignol sichtlich in die Enge getrieben. Louis hob die Hand und bat ums Wort:

"Den Mumpitz erzählen die Vatikan-Leute auch, wenn sie mit der Hölle drohen, damit die Leute, die in ihren Kirchen sitzen spuren, Madame. Ich kapiere es, daß für heftige Sachen heftige Strafen Sinn machen. Aber Leuten Angst vor was zu machen, was nicht wirklich passieren kann ist genauso, als wenn sie wem drohen, der böse Riese oder die böse Hexe würde ihn auffressen, wenn er oder sie seinen Teller nicht leer ißt. Ich verzichte drauf, meine Ausbilderin anzuschreiben und eine große Welle zu machen. Aber es wäre echt nett, wenn wir hier alle wissen, was uns echt passieren kann und was nicht, Madame. Wie sollen wir Sie noch respektieren, wenn wir nicht wissen, wann Sie schwindeln und wann nicht?" Alle anderen nickten beipflichtend. Madame Rossignol blickte in die Runde und sagte nur, daß es über Jahrhunderte die Stabilität der Truppe garantiert habe. Louis warf ungebeten ein, daß die Kirche das auch behaupte, wenn sie auf ihre über zweitausend Jahre zurückblicke, und das in der Zeit auch viele Kirchenfürsten Verbrechen begangen hätten und wohl immer noch begehen würden, weil die Leute so schön kuschten, wenn die ihnen etwas vom ewigen Feuer und dem Teufel erzählten. Darauf konnte Madame Rossignol nichts mehr sagen. Julius sah Belisama und dann die anderen an und sagte:

"Leute, meine Mutter hat sich einiges gefallen lassen, damit ich hier eine gute Ausbildung mache. Das will ich nicht kaputtmachen, indem ich den Rauswurf oder die vollkommene Verbannung riskiere. Ich denke mal, bei euch anderen ist das auch so." Die anderen stimmten zu. "Okay, dann schlage ich vor, daß wir dieses Thema als geklärt abhaken." Belisama funkelte ihn zwar erst an, nickte dann aber. Madame Rossignol nahm auch das Nicken der anderen zur Kenntnis und erwähnte dann, daß niemand in diesem Raum etwas zu befürchten habe, der oder die sich weiterhin an die Regeln hielte. Dann teilte sie zwei Gruppen für die sonntäglichen Übungsstunden ein. Da sie die Latierres nicht alle in einer Gruppe haben wollte kamen Julius und Patricia in einer Gruppe unter, während Millie mit den beiden anderen Jungen die zweite Gruppe bildete. Belisama wurde zu Julius' Gruppe eingeteilt, Sandrine zu Millies Gruppe. Aysha und Patrice kamen dann noch zu Julius' Gruppe, während Carmen und Josephine bei Millies Gruppe mitmachen sollten.

Während Julius mit der ersten Gruppe Übungen im Umbetten von Patienten machte, ging Millie wohl an ihre Hausaufgaben. Belisama nutzte die Gelegenheit, wo Patricia und Aysha von Madame Rossignol beaufsichtigt wurden, Julius im Flüsterton zu fragen, seit wann er das mit der vorgetäuschten Verwandlung genau wisse. Er erwähnte es schnell. Sie zischte ihm zu, daß es nett gewesen wäre, die anderen per Eule darauf hinzuweisen, statt alleine darüber nachzugrübeln, ob er bei dem Spiel mitmachen oder es auffliegen lassen sollte. Julius rechtfertigte sein und Millies Zögern damit, daß sie erst einmal mehr über den Ursprung dieser Strafe erfahren wollten. Er ließ dabei aus, daß seine Frau und er diesen in einem Denkarium betrachtet hatten.

Als die Übungsstunden vorbei waren verabschiedeten sich alle kühl von Madame Rossignol und verließen den Krankenflügel durch die Tür. Julius blieb zurück. Als Madame Rossignol ihn sah flüsterte sie ihm zu:

"Dein diplomatisches Vorgehen war sehr gut gemeint. So hätten wir uns diesen Aufruhr erspart, den ihr eigentlich vom Zaun brechen wolltet. Aber meine werte Kollegin Béatrice fühlte sich offenbar berufen, ihrer Schwester bereits näheres zu erzählen, ohne sie darauf hinzuweisen, warum dies so und nicht anders zu handhaben war. Mir entging ja nicht, daß die junge Mademoiselle Lagrange bereits vermutete, du hättest dich über den wahren Zusammenhang informiert. Mir lag und liegt viel daran, daß die Kameradschaft innerhalb der Pflegehelfertruppe so gut wie möglich funktioniert. Ihr müßt einander vertrauen, respektieren und unterstützen können. Daher nahm ich die Verantwortung für dein Schweigen auf mich. So, und jetzt raus an die frische Luft!"

Bis zum Mittagessen hielt sich Julius am Strand auf, wo er mit Belisama, Sandrine und Millie eine ruhige Ecke nutzte, um über die Konferenz zu sprechen. Apollo hatte Strandaufsicht und blickte immer mal wieder herüber.

"Und deine Tante Béatrice hat dich nicht so eingeweiht wie Patricia?" Fragte Belisama Millie. Diese beteuerte aufrichtig, daß sie genauso mit dem Glauben in die Truppe gekommen sei, bei schweren Verstößen als Bettpfanne zu enden wie Belisama, Sandrine oder Julius. Belisama sah Julius an, der nickte. ihm wurde klar, was in Belisamas Kopf herumging. Doch in Sandrines Anwesenheit wollte er nicht laut darüber spekulieren. Zudem bestand ja immer noch die Möglichkeit, daß er sich irrte.

Den Nachmittag verbrachte Julius mit seiner Frau und den anderen Latierres mit einem Wasserballspiel. Leonie Poissonier hatte Strandaufsicht.

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Der Montag war anstrengend, weil Professeur Dirkson von ihren UTZ-Schülern verlangte, größere Invivo-ad-Vivo-Verwandlungen ungesagt zu machen und Julius hinter dem einseitig durchsichtigen Wandschirm mit partiellen Selbstverwandlungen herumhantieren mußte. Nachmittags ging es bereits an die ersten vollständigen Vivo-ad-Vivo-Selbstverwandlungen, wobei er einmal zu einem Zwischending zwischen Mensch und Kaninchen wurde. Constance schaffte es schon, zu einem Zebra zu werden und sich auch wieder zurückzuverwandeln, während Millie mit ersten Haar- und Nasenveränderungszaubern herumprobieren mußte.

"Wußte nicht, daß das so schlaucht", meinte Julius, nachdem er es einmal geschafft hatte, sich vollständig in einen weißen Elefanten zu verwandeln, weil Constance ihm die Autoendomorphose-Formeln gezeigt hatte. Eunice Dirkson sah es und fragte Julius, ob dies seiner inneren Tiergestalt entspreche, während Millie beeindruckt auf ihren Mann blickte. Julius erwiderte, daß er das schon seit einigen Jahren wisse, seitdem er in einer Vorführstunde bei Maya Unittamo auf das Experiment eingegangen war. Professeur Dirkson wurde vor seinen Augen zu einem schwarzen Adler und kehrte nach zehn Sekunden in ihre menschliche Erscheinungsform zurück. "Vielleicht möchtest du dich als Animagus registrieren lassen. Manchmal ist es sehr praktisch, die innere Tiergestalt nach außen zu kehren. Und deine sieht sehr majestätisch aus. Die Inder verehren den weißen Elefanten als heiliges Tier, das mit ihrem Gott Ganesha verbunden ist. Buddha soll der Sohn einer Königstochter und eines weißen Elefanten gewesen sein. Wenn euch das interessiert könnten wir ja ausloten, welche inneren Tiergestalten ihr habt und ob das für euch annehmbar ist und ihr irgendwann als registrierte Animagi leben wollt wie Maya Unittamo, Professor McGonagall, Madame Faucon oder ich", bemerkte die Lehrerin. Constance vollführte an sich einige Zauberstabbewegungen, worauf sie unter farbigen Blitzen zu einer weißen Taube wurde. Professeur Dirkson sah es an, nickte und bat Constance, sich zurückzuverwandeln. Die weißen Federn wurden wieder zum blaßblauen Schulmädchenkostüm, während die Flügel zu Armen und die schuppigen Beine zu schlanken Hexenbeinen wurden.

"""War schon interessant, als Professeur Faucon uns unsere inneren Tiergestalten gezeigt hat", sagte Constance. "Warum ich allerdings eine weiße Taube als innere Tiergestalt habe weiß der Geier."

"Ich weiß das auch, Constance", erwiderte Professeur Dirkson lächelnd. "Die innere Tiergestalt vereint alle charakterlichen und geistigen Fähigkeiten und gibt ihnen bei der Verwandlung die Erscheinung mit der größten Annäherung. In deinem Fall dürften das Eigenschaften wie Ausdauer, Begeisterung für das Fliegen und das Bestreben sein, immer das richtige Ziel zu finden. Bei Julius kommt wohl deshalb ein Elefant heraus, weil er ein hohes Maß an Zauberkraft hat, körperlich wie geistig sehr stark ist und, was diesen Tieren außer ihrer Größe und Stärke auch eigen ist, ganz sicher über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügt und die Ruhe besitzt, seine Stärke nicht unkontrolliert wirken zu lassen, weil er sonst zu einem wilden Raubtier würde, das alles erreichbare in Angriff nimmt. Daher wohl auch meine Erscheinungsform, zielstrebigkeit, Kraft, Begeisterung für das Fliegen und der Wunsch, alles mir mögliche möglich zu machen, ohne gleich andere zu schädigen."

"Wenn Sie das nicht gesagt hätten müßte ich darauf verzichten, Animaga zu werden", sagte Constance. "Tauben gehören wohl zur Beute von Adlern." Millie und Julius nickten. Professeur Dirkson wollte zwar noch was entgegnen, mußte aber schnell zu einer Gruppe Viertklässler, dieProbleme mit einem Frosch hatten, der aus einer Blumenvase gezaubert werden sollte und nun zu einem einen Meter großem Ungetüm angewachsen war und mit laut blökend klingenden Lauten durch den Übungssaal für Verwandlungsschüler hüpfte.

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Am Dienstag wurde unter Aufsicht von Professeur Dedalus ausgewählt, wer den Saal Grün beim kommenden Schulquidditchturnier vertreten würde. Es hatten sich zwanzig Interessenten gemeldet, von denen der Lehrer mit dem Gehabe eines Armeeausbilders gleich sieben in ihren Saal zurückschickte, weil sie ihm zu schwächlich oder zu hibbelig aussahen. Einer wurde zurückgeschickt, weil er als Erstklässler noch nicht am Schulquidditch teilnehmen durfte, solange er keine Flugausbildung vorweisen konnte. Er fing sich für den dreisten Versuch fünfzig Strafpunkte und die Arbeit, am kommenden Samstag mit Schuldiener Bertillon den westlichen Park von Unkraut zu befreien. So blieben am Ende noch zwölf Kandidaten. Monique bekam das Kapitänsabzeichen. Julius hatte etwas dergleichen schon erwartet. Er und der Fluglehrer verstanden sich nicht sonderlich. Da Julius ihm in der Zeit, wo er mit am Lehrertisch sitzen mußte, einige verbale Niederlagen beigebracht hatte, stand er bestimmt nicht auf Dedalus' Beliebtheitsliste. Deshalb hätte er es als großes Wunder gesehen, wenn dieser ihn zum Kapitän gemacht hätte. Quidditchkapitän, Saalsprecher und Pflegehelfer, das wäre auch für Julius zu viel des erträglichen gewesen. Am Ende der Auswahlübungen verkündete der Fluglehrer die neue A-Mannschaft:

"Als Jäger empfehle ich Mademoiselle Dornier, Céline, Monsieur Vignier, Louis und Monsieur Latierre, Julius. Als Treiber können die Brüder Jean und germain Ravel spielen. Mademoiselle Lachaise hat selbst darauf bestanden, als Sucherin eingesetzt zu werden. So bleibt aus dem Vorjahr noch Monsieur Bleuville. Die fünf anderen können gerne von Mademoiselle Lachaise auf ihre gewünschten Positionen eingeteilt werden, wobei Mademoiselle van Bergen, Marie sich bereits als gute Nachwuchssucherin empfohlen hat. Die Folge der Partien werden wir nächsten Sonntag auslosen. Bis dahin ..." Er sah den Spielern noch einige Zeit zu. Julius ging daran, den anderen den Dawn'schen Doppelachser beizubringen und übersah ganz bewußt das grimmige Gesicht des Fluglehrers. Sollte der doch rumgrummeln. Das Manöver war legal und konnte unter Umständen auch die eigene Gesundheit schützen.

Während des Zauberwesenfreizeitkurses am Abend wartete Professeur Delamontagne mit einem gigantischen Aquarium auf, in dem zwei ausgewachsene Meermenschen, ein Mann und eine Frau schwammen. Er besaß seetangbraunes Zottelhaar, das unter Wasser wie herumtreibende Pflanzen wirkte, während sein schuppiger Hinterleib mit der senkrechten Schwanzflosse smaragdgrün schillerte. Seine Artgenossin besaß goldenes Haar und jadegrüne Augen. ihr Hinterleib war korallenrot. Julius, der die Meerleute im schwarzen See von Hogwarts kannte, wunderte sich nicht schlecht, daß es diese Wesen auch in schön gab und nicht doch nur in den Märchenbüchern der Muggel so aussahen.

"Nun, da Meerleute nicht so heiraten wie wir es kennen", sagte der Lehrer für die Abwehr dunkler Zauber und Leiter dieses Kurses, "kann ich die beiden nicht als Madame und Monsieur ansprechen. Aber sie sind Lebenspartner. Maritia und Undor aus dem Volk der westmediteranen Wassermenschen, die eine Ansiedlung vor unserem Schulstrand und eine Hippocampenzucht betreiben. Es war nicht einfach, sie hier in den Palast zu transportieren", fügte er noch hinzu. Julius kaufte ihm das ab. Meerleute besaßen eine hohe Passivtransfigurationsresistenz und konnten nicht all zu weit aus dem Wasser herauskriechen. Also mußte der Lehrer das Gastaquarium an den Strand bugsiert, die beiden dort hineingehoben und das Aquarium durch den Palast in den kleineren Illusionsraum befördert haben. Die Wände des Raumes wirkten nun wie eine Landschaft unter Wasser. Über ihnen verschwamm ein grünlich-blauer Himmel im sich andauernd anders brechendem Licht. Der Lehrer forderte dazu auf, die beiden Wassermenschen zu befragen, sofern es nicht in all zu private Dinge ausartete. Wenn die Meerleute antworten wollten, tauchten sie unter. Eine an der Seite des Aquariums angebrachte Mithörmuschel, deren Gegenstück an einem trichterförmigen Ding hing, übertrug die verschwommen klingenden Worte der beiden Meermenschen. Die Nixe besaß eine hohe, schwebend klingende Stimme, während ihr Gefährte eine knarrende, glucksende Stimme besaß. So erfuhr Julius eine Menge über den Alltag dieser von Menschen selten gesehenen Wesen, die zwar laut Skamander als Tierwesen eingestuft waren, dies aber nur, weil sie nicht mit Vampiren und Sabberhexen in einem Besprechungsraum verweilen wollten, die ja zu den intelligenten Zauberwesen gehörten. Am Ende der von Delamontagne geleiteten Befragungsrunde erhielten die Schüler die Einladung, die beiden in ihrer Unterwasserstadt zu besuchen. Der Lehrer fragte in die Runde, wer Platzangst oder Angst vor größeren Wassermengen hatte. in diesem Raum gab es keinen, der diese Schwierigkeiten hatte. "Gut, dann hole ich bei Madame Faucon die Genehmigung ein, daß wir alle nächsten Dienstag mit genug Dianthuskraut ausgestattet werden, um auf Hippocampi in die Unterwasserstadt zu reiten." Millie bat ums Wort und fragte, ob die, die den Kopfblasenzauber beherrschten nicht auch diesen anwenden mochten. Der Lehrer fragte in die Runde, wer den Zauber schon konnte. Natürlich hatten die Dritt- und Viertklässler davon noch keine Ahnung. Die anwesenden Pflegehelfer boten jedoch an, denen die Kopfblase zu zaubern, die den Zaubernicht beherrschten.

"Da werden sich die Kollegen Trifolio und Fixus freuen, wenn sie ihre Dianthuskraut-Vorräte nicht plündern müssen", erwiderte Professeur Delamontagne erheitert. Louis Vignier fragte dann, ob sie dafür eine Genehmigung von ihren Eltern bräuchten, weil sie ja wohl einen nicht ganz ungefährlichen Ausflug machten.

"Nicht, wenn Professeur Fourmier und ich diesen Ausflug begleiten", sagte Professeur Delamontagne. Damit war klar, daß die Freizeit-AG Intelligente Zauberwesen in der nächsten Woche einen höchst abwechslungsreichen Ausflug unter Wasser machen würde. Julius fragte dann noch, wie tief denn die Siedlung liege und erfuhr, daß sie nicht tiefer liege als das Hippocampengestüt, daß er letztes Jahr mit Professeur Pivert besucht hatte. Dafür reichte die Kopfblase. Ab hundert Meter Tiefe wurde es kritisch, weil die Kopfblase diesem Druck dann nicht mehr standhielt und der Stickstoff in der von ihr erzeugten Luft zu einem gefährlichen Gift im Gewebe der damit tauchenden wurde.

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Bereits am Donnerstag erlebte Julius einen interessanten Ausflug mit. Denn während der Doppelstunde Zaubertierkunde durften sie mit Hilfe der Reisesphäre erst nach Nizza, und von dort auf eigenen Besen in einen mehrere Quadratkilometer umfassenden Bereich, der von meterhohen Hecken umfriedet wurde. Hier lebten zwanzig Brutpaare der goldenen Schnatzer. Zum Glück für ihre Pfleger und Bewahrer gehörten die magischen Kleinvögel nicht zu den Zugvögeln, so daß sie ganzjährig an einem einmal ausgewählten Nistplatz blieben. Julius fand es faszinierend, diese kleinen, flinken Tiere im freien Flug zu beobachten. Monsieur Laplume, der Oberaufseher des Schnatzerreservates, trug eine golden-grüne Uniform mit vier goldenen Federn auf dem Brustteil. Julius wähnte sich einen winzigen Moment in der fliegenden Burg der Vogelmenschen, deren König vier goldene Flügel auf den Schulterstücken seines Regentengewands zu tragen pflegte. Wie mochte es Garuschat und Pteranda gerade gehen, wo ihre uralte Lebensaufgabe erledigt war?

Schwirr! Julius hätte fast einen balzenden Schnatzer mit dem Kopf gestreift, als dieser, blind vor Liebesglück, zwischen zwei ausladenden Ulmen herausschnellte.

"Die Brutpaare tanzen jede Saison erneut einander vor, um ihre Kondition und damit Fortpflanzungsfähigkeit zu bestätigen", sagte Monsieur Laplume, der immer mal wieder zum Himmel emporschaute, um Greifvögel früh genug zu erkennen. Manchmal passierte es nämlich, daß ein Bussard oder Habicht auf die Vögel niederstieß, wenn sie in ihren Nestern saßen. Zwar waren die Schnatzer zu flink und wendig, um von gewöhnlichen Greifvögeln gefangen zu werden. Doch die in den Nestern ruhenden Eier konnten den gefiderten Räubern leicht zur Beute werden. Das brachte Belisama, die sich wie Millie in Julius' Nähe hielt darauf, zu fragen, wie einem gewöhnlichen Greifvogel das Fleisch oder die Eier eines Schnatzers bekommen mochte.

"Weiß das von Ihnen wer?" fragte Professeur Fourmier, die einige Meter über allen auf einem schnittigen Ganymed 9 saß. Leonie rief: "Ja, ich", da sie im freien Besenflug nicht aufzeigen konnten. Sie erhielt das Wort.

"Wenn ein Greifvogel einen magischen Vogel wie einen Schnatzer oder einen Augurey schlägt und frißt, entläd sich deren Magie im Magen des Greifvogels. So kam es 1904 zur Sichtung eines goldenen Adlers, der mit grob gemessenen vierhundert Stundenkilometern ziellos über diesem Reservat herumflog, bis die einverleibte Magie sprichwörtlich verdaut war. Weil das dem Vogel aber sämtliche Kraftreserven ausgezehrt hat, stürzte er tot vom Himmel. Daher müssen die Schnatzerwächter mit Schreckbolzen schießen, sobald sie einen Greifvogel ausmachen."

"Perfekte Antwort und Erläuterung. Fünfzig Bonuspunkte", lobte Professeur Fourmier. Julius fragte sich, ob die Wertungsbücher der Ausflügler auch aus dieser Entfernung die neuen Punktzahlen erfassen konnten.

"Das mit diesen superhohen Tönen, die Schnatzer machen können, kann man die auch hören, wenn man keine Fledermaus wird?" Fragte Gérard Laplace.

"Das ist das perfekte Stichwort, erwiderte Monsieur Laplume und winkte den Schülern, auf einer großen Lichtung zu landen. Die Lehrerin überwachte das Landemanöver aus fünfzig Metern höhe, ehe sie wie in einem Fahrstuhl absinkend auf der Stelle genau herunterkam und aufsetzte. Da diese bei den neueren Ganymed-esen normal war machte niemand sich deshalb Gedanken. Laplume nahm seinen grün-goldenen Hut vom Kopf, an dem auch vier goldene Federn steckten und lüftete so seine bleigraue Mähne, die ziemlich ungekämmt aussah. In Beauxbatons hätte er sicher dafür Erscheinungsbildstrafpunkte von einem Saalsprecher erhalten, dachte Julius mit dem Kopf eines Saalsprechers. Er öffnete die Schnallen seiner langen Besentasche und holte nach kurzem Rundblick über die Schülerzahl mehrere kleine, silberne Halbkugelschalen heraus. "Dies ist das neueste Patent eines gewissen Monsieur Dusoleil aus Millemerveilles nach seinen bereits hochklassigen Wolfsohren, die Transfrequenzaurikulare", pries der Schnatzerhüter die silbernen Objekte, während er sie ausgab. Millie und Julius grinsten. Der Oberaufseher fragte, was daran lustig sei.

"Wir kennen den Herren sehr gut. wir sind sogar mit ihm verwandt", meinte Julius stolz. Millie nickte.

"Natürlich, hörte davon, daß er über seinen Schwiegersohn auch mit der Latierre-Sippe verwandt wurde. Aber diese Gerätschaften sind ihr Geld wert. Sie können auf unhörbar tiefe oder unhörbar hohe Töne eingestellt werden. Der einzige Nachteil, wer sie trägt kann unter Umständen den Klang der eigenen Stimme nicht mehr hören, weil sie zu hoch oder zu tief ist. Aber dafür hat er die Assimivox-halsbänder entwickelt", sagte der Oberaufseher und fischte aus der Besentasche nun hauchdünne, silberne Bänder heraus, die den Pflegehelferbändern ähnlich sahen, nur daß sie dünner waren, wellenförmig verarbeitet waren und rote statt weiße Steine trugen. Professeur Fourmier legte als erste die Kombination aus silbernen Ohrenaufsätzen und Halsband an, nachdem ihr Laplume gezeigt hatte, welche Runen sie an den Kugelschalen antippen mußte, um Ultraschall hören zu können. Julius fand die entsprechenden Runen von selbst und zeigte sie Millie und den anderen Umstehenden. Es waren die Runen für Hoch, schrill und übertreffend, die mit der Machtrune "Erhebe" nahe am Scheitelpunkt der Halbkugelschale innen angebracht waren. Außen konnte Julius entsprechend die Runen für tief, brummend und unterschreitend mit der Machtrune "Erniedrige" entdecken. Der in ihm immer noch existierende Naturwissenschaftler interessierte sich für die genauen Frequenzen, die damit erfaßt werden konnten. Doch zunächst zog er den Zauberstab in der kleinen Spirale der ultraschallbezogenen Runen und tippte die Machtrune "Erhebe" an. Dann setzte er die Hörhilfen auf. Unverzüglich meinte er, das Vogelgezwitscher wäre das dumpfe Brummen sich im Schlaf anmuhender Latierre-Bullen, nur nicht so die Luft erschütternd, wie er es kannte. Er hörte eben noch das leise Zirpen einer Grille, das unvermittelt zu einem leisen Brummen wie eine stoßweise angeblasene Tuba wurde. Allerdings konnte er hier nachklingende Töne auf Höhe von Möwenschreien hören, kurz und fast zu leise, aber doch vernehmbar. Nun hörte er auch das leise und dann wieder lauter werdende Schnarren und Schnattern, das weit über dem Tuba-Gebrumm der Grillen lag. Dann vernahm er etwas, das wie eine hoch angespielte Geige klang, mal gestrichen, mal gezupft und konnte sogar hören, woher es kam. Millie hielt ihm indes das Halsband hin, auf dem auch Runen waren. "Das Band müssen Sie kurz an die aktivierten Aurikulare halten", hörten sie eine leicht verwaschen klingende Anweisung von Laplume, der gerade sein Halsband geschlossen hatte. Julius nickte und berührte mit den Enden des Bandes seine aufgesetzten Hörhilfen. Das Halsband vibrierte. schnell legte er es sich an. Millie tat es ihm gleich.

"Eins! Zwei! Drei, Test!" Sprach Julius wie bei einer Mikrofonprobe.

"Ich höre dich", klang Millies Stimme klar zu orten, aber seltsam schwingend neben ihm. Sandrine hatte ihre Horchhilfen noch nicht aufgesetzt und schrak zusammen. Erst als sie auch alles angelegt hatte, was sie in die Welt des Ultraschalls eintauchen lies meinte sie: "I, das klang eben ganz fies, wie ihr geredet habt, wie heftig über eine Tafel scheuernde Kreide oder ein quietschendes Schloß. Verstanden habe ich aber nichts."

"Das waren wohl die Untertöne, die unser Zungenbein und der Kehlkopf produzieren", meinte Julius. Dann gebot Professeur Fourmier ruhe, um die Rufe der Schnatzer zu hören. Julius konnte nun ausmachen, daß die geigenartigen Töne von den Schnatzern kamen, wobei er zwischendurch auch Miniaturkreissägen zu hören vermeinte. Er fragte sich, ob Linda Knowles, die Reporterin aus Viento del Sol, mit ihren magischen Ohren ähnlich hörte, wenn sie ultrahohe Töne empfing. Dabei überkam ihm ein leichter Schauer. Denn er hatte ja erfahren, warum Linda Knowles oder Lino, wie sie von vielen genannt wurde, im Juli eine Zeit lang in heilmagischer Behandlung gewesen war. Ein Segen war das also nicht immer, so gute Ohren zu haben.

"Das Schaben ist ein Schnatzerhahn", erläuterte Laplume. "Das sanfte, das einer Geige ähnelt, sind die Nestrufe der Weibchen. Ansonsten ist das, was Sie nun für unartikuliertes Gebrumm halten die für unsere Ohren üblicherweise hoch klingenden Gesänge gewöhnlicher Singvögel."

"Gibt es hier auch Fledermäuse?" Fragte Julius.

"Oja, die gibt es hier auch. Die Schnatzer gehören ja nicht zu deren Beute. Aber ich habe in den Sommernächten schon sehr gut hingehört, wenn diese schnellen Jäger unterwegs sind. Kann aber auch sehr unangenehm werden, wenn man genau in der Ausrichtung der jagenden Fledermaus steht", bestätigte Laplume.

"Welche Frequenzen werden mit diesen Ultra-Hörgeräten denn erfaßt?" Wollte Gérard wissen und sprach damit genau die Frage an, die Julius auch beschäftigte.

"Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, weil der Erfinder keinerlei Angaben über die innere Funktionsweise dieser Artefakte veröffentlicht hat", erwiderte Laplume. Julius nahm sich vor, das demnächst mal herauszukriegen, indem er Florymont anschrieb und ihm Honig um den Bart schmierte, wie genial diese Infra-Ultra-Lauscher waren. Er würde diese Geräte auch gerne mal im Infraschallmodus ausprobieren, also die Töne hörbar machen, die zu tief für menschliche Ohren waren. Sicher konnte er damit noch mehr Geräusche von den Latierre-Kühen hören als das bauchdeckenmassierende Muhen. Ihm kam in Erinnerung, daß Elefanten sich über Infraschall Kilometer weit miteinander verständigen konnten. Vielleicht sollte er Professeur Dirksons Frage aufgreifen und zusehen, seine Tiergestalt zu perfektionieren und sich als Animagus registrieren zu lassen. Damit konnte er seiner Schwiegertante Barbara ganz sicher imponieren, wenn er die Kühe mit eigenen Elefantenohren belauschte, wenngleich er diesen Unterschied wie mit den magischen Hörhilfen nicht bemerkt hatte. Aber das konnte eben an der verbleibenden menschlichen Wahrnehmung liegen. Das spornte ihn an, es genauer zu erforschen.

"Träum nicht", säuselte Belisama, die merkwürdig klang, wie jemand, der durch ein sich andauernd lang- und kurzschiebendes Rohr sprach.

"'tschuldigung, Belisama, falls du was gesagt hast, was ich nicht mitbekam. Habe gerade die Möglichkeiten überlegt, die mit diesen Lauschern offenstehen. Es gibt hunderte von Tieren, deren Laute wir Menschen ohne Hilfsmittel nicht hören können. Muggelwissenschaftler müssen Elektronische Geräte bemühen, um die hohen oder tiefen Töne in hörbare Töne umzuwandeln oder lassen einfach ein Tonaufzeichnungsgerät schneller oder langsamer ablaufen, als es aufgenommen hat. Die Laute in Echtzeit und richtungsecht zu hören ist schon genial."

"Tante Babs hat diese Silberlauscher sicher auch schon bestellt, wenn Onkel Florymont die auf dem freien Markt hat", meinte Millie. Dann lauschten sie wieder den Schnatzern. Gerade schwirrte einer der Hähne über sie weg, was sie am hektischen Tschripp-tschripp-tschripp hören konten, das wie eine in kurzen Abständen auf ein Metallstück gesetzte Kreissäge klang. Ein wimmernder Laut wie von einer weit entfernten Geige antwortete. Julius fand es weiterhin faszinierend, wie präzise er die Richtung hören konnte, wenngleich der Ultraschall andere Echos erzeugte als das für Menschen hörbare Klangspektrum. Sie behielten die magischen Hörhilfen eine Viertelstunde lang auf und lernten so auch andere Tierlaute kennen, die für ihre Ohren sonst unhörbar hoch gewesen wären. Dann banden sie erst die Halsbänder ab und nahmen dann die Halbkugeln ab, worauf sich die Geräusche schlagartig änderten. Aus dem dumpfen Brumseln und Wummern wurden wieder Vogelstimmen und einzelne Grillen. Der Oberaufseher tippte die Halbkugeln im Scheitelpunkt an, worauf sie kurz vibrierten. Offenbar konnte man den Ultra- oder Inframodus damit wieder abschalten und die eingewirkte Magie auf Bereitschaftsmodus umschalten wie einen Fernseher oder eine Stereoanlage. Dann ging es auf den Besen zu einem gerade freien Nest, wo sie die kleinen, unscheinbar braunen Schnatzereier sehen konnten, die wie Kotbröckchen aussahen. Das brachte Céline Dornier darauf, zu fragen, woran die Eier vom Kot der Schnatzer unterschieden wurden. Zur Antwort deutete Laplume auf den Boden am Fuße des Strauches, in dem das becherförmige nest gebaut worden war. Hier sahen sie weiße, schleimige Kügelchen. "Das lassen Schnatzer unter sich. Sie vermeiden es dabei, ihre Nester zu beschmutzen und koten nur, wenn sie gerade sitzen, anders als die meisten anderen Vögel, die im freien Flug defäkieren", erläuterte Laplume. Julius wollte wissen, ob der Schnatzerkot zum Düngen taugte. "Nur, wenn es ein paar Millionen Schnatzer gebe, junger Monsieur", seufzte Laplume. "Eine Guanoproduktion wie in der Geflügelhaltung der Muggel oder auf Inseln mit großen Seevogelpopulationen ist bei den wenigen Exemplaren nicht gegeben. Abgesehen davon zersetzt der Schnatzerkot, wenn man ihn verflüssigt alles metallische, sogar Gold."

"Kristallisiertes Königswasser?" Brach es aus Julius heraus. "Dann besser nicht anfassen, Kameraden. Wie halten die Därme von denen das aus? Sind die aus Platin?"

"Oh, ein Alchemist", staunte Monsieur Laplume. "Leider kann ich nur was über die Nahrungsaufnahme und die Endprodukte sagen. Wie genau sie verwertet werden ist mir nicht sonderlich geläufig."

"Jaja, Sie passen ja auch nur auf sie auf", grummelte Professeur Fourmier, die es offenbar bedauerte, daß Julius' Frage nicht korrekt beantwortet worden war. Dann sagte sie: "Alchemistische Versuche mit dem Kot der Schnatzer erbrachten, daß der alles zersetzende Stoff erst bei Berührung mit Metallen freigesetzt wird. Dadurch sind die Gedärme des Schnatzers bis nach der Ausscheidung der unverdaulichen Feststoffe sicher vor Zersetzung. Sie sehen, die Damen und Herren, daß dieser Vogel noch so manches Geheimnis birgt. Somit besteht außer der Erhaltung der Art noch manch weiterer Grund, ihn nicht aussterben zu lassen. Der Schaden, der in den vergangenen Jahrhunderten angerichtet wurde ist beinahe unermeßlich."

"In afrikanischen Schutzgebiten für große Tiere haben die Aufseher immer Probleme mit Wilderern. Haben sie die hier gut im Griff?" Fragte Julius, der die hohen Strafen kannte, die auf das Wildern von Schnatzern standen.

"Seitdem wir vor zwei Jahren einen unbelehrbaren Angeber erwischten, der ein Nest mit Jungen stiebitzen wollte haben wir im Moment noch ruhe. Wir bringen Meldezauber an den Nestern an und kontrollieren die Besucher. Wenn wer eine Waffe mitführt wird sie ihm abgenommen, und er oder sie darf gesalzene Bußgelder bezahlen."

"Mit dem Todesfluch könnte man so'n Schnatzer doch locker aus der Luft runterholen", meinte Gérard Laplace.

"Tja, und überall an den Bäumen hängen getarnte Schallsammler, die die beiden Auslöseworte sofort als Alarmzauber an uns weitermelden, so daß wir den, der sie auszurufen wagte unverzüglich erwischen. Abgesehen davon sind Schnatzer magiesensitiv. Sie erfassen blitzschnell, woher ein für sie gefährlicher Zauber kommt und können Dank ihrer Wendigkeit Flüchen und Aufrufezaubern entgehen. Daher wurden sie ja als Sonderbonus bei den ersten Quidditchspielen verwendet, weil kein Aufrufezauber den herumflitzenden Schnatzer bannen und zum Fänger tragen konnte. Aber der Versuch, den Todesfluch oder einen anderen Lähm- oder Fangzauber anzubringen bringt einem mehrere Jahre kostenlosen Urlaub in der sonnigen Herberge Tourresulatant ein", erwiderte Laplume, froh, wieder über etwas reden zu können, von dem er Ahnung hatte.

"Damit haben wir auch schon die Aufgabe für den nächsten Montag. Schreiben Sie sich aus den verfügbaren Büchern über magische Tierhaltung und Wildpflege alle Gesetze zum Umgang und zur Hege von Schnatzern ab, und zwar in schöner Schrift!" Dabei sah die Lehrerin Gérard Laplace und Caroline Renard genau an. Dann ging es zurück nach Beauxbatons. Julius nahm von diesem Ausflug eher das Erlebnis mit den Ultraschall-Hörhilfen als das Wissen über die Schnatzer mit. Dennoch sah er sich noch mehr bestärkt, nach den UTZs bei seiner Schwiegertante Barbara anzuklopfen, um sie um einen Posten zu bitten. Bei Tierwesen war doch noch so viel zu erforschen, auch und vor allem, wenn jemand mit naturwissenschaftlicher Herangehensweise darauf einging. Das sagte er auch Millie, als sie nach der Stunde einige freie Minuten hatten, bis sie fast übergangslos mit der Tierwesen-AG weitermachten, zu der nun auch die Leute aus der siebten und den unteren Klassen hinzukamen.

"Du hast den fast fertig gemacht, als du den wegen dieses Ätzstoffes gefragt hast, Julius. Fourmier wirkte ziemlich belämmert, weil ihr Gastgeber dir nicht antworten konnte. Bei den Schnatzern ist ja das Problem, daß du die nicht töten darfst, um sie aufzuschneiden. Die schon tot sind, sind meistens auch zu alt, um noch was genaues über die rauszukriegen. Also wissen die Magizoologen nur, wie die Flitzepieper von außen aussehen, wie die fliegen, was sie fressen und wie sie die Eier von anderen Hinterlassenschaften unterscheiden."

Da müßte man Einglickspiegel oder sowas bauen, um die lebenden Schnatzer mal zu beobachten, oder diese Einführrdinger, die die selige Serena Delourdes schon kannte."

"Sei froh, daß Madame Rossignol damals schon Einblickspiegel und die Körperzustandszauber kannte, als sie wissen wollte, ob du und Minister Grandchapeaus Kronprinzessin körperlich vollkommen gleich wart", grummelte Millie. "Tante Trice hat mich zur Anschauung mal mit so einem alten Einblickschlauch begutachtet. Da gibt es sehr viel angenehmere Sachen, die ich in mich reinlassen möchte, Julius." Julius sah sich schnell um, ob wer das mitgehört hatte. Doch sie waren gerade weit genug vom Hauptweg des Palastes fort.

Von den Knieseln waren gerade wieder drei Trächtig, darunter Goldschweif. Julius durfte als Übersetzer herhalten und holte die ungefähren Geburtstermine ein. Goldschweif würde Ende November ihre Jungen kriegen. Sie hörte drei Klopfer in sich, also drei weitere Herzen, was drei weitere Junge bedeutete. Schwarzrücken, eine schon betagte, schmächtige Knieselin, in der zu einem Zehntel Hauskatzenanteile enthalten waren, würde gegen Weihnachten vier Junge werfen. Durch den Interfidelis-Trank, der trotz des Skyllianrigiftes und Madame Maximes Blut seine Wirkung behalten hatte, war es nichts besonderes mehr, daß Julius derartig klare Auskünfte erhielt.

Am Abend trafen sich alle, die an diesem Abend keinen Freizeitkurs hatten in der Bibliothek oder den Parkanlagen. Millie und Julius gingen an den Strand, wo Corinne wieder Aufsicht hatte.

"Demnächst werde ich mal Gloria anrufen, wie ihr die erste Woche in New Hogwarts bekommen ist", kündigte Julius seiner Frau an, bevor sie über die Sachen der letzten Tage sprachen. Nachdem die Sonne das Meer in wogenden Rotwein verwandelt hatte und ohne zu zischen darin erloschen war kehrten sie in den Palast zurück.

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Am Samstag übernahm Madame Faucon den Kochkurs. Sie wollte sich ja mit der neuen Kollegin Dirkson abwechseln. Anders als diese bestand sie jedoch auf einer disziplinierten Ausführung der nötigen Zauber. Andererseits konnte ihr jeder ansehen, wie sie sich freute, daß sie jungen Hexen und einem Zauberer was beibringen konnte, das sie selbst über vieles verehrte.

"Es ist den anderen Jungen gegenüber sehr entschlossen, daß Sie diesen Kurs besuchen, Monsieur Latierre. Hier zeigt sich eine höchst angenehme Verwendbarkeit Ihrer überragenden Zauberkräfte. Ich durfte diese ja schon auf der nicht ganz so angenehmen Reise nach Hogwarts in Aktion erleben", sagte sie, während sie Julius Würzzauber überwachte. Sandrine und Laurentine waren gerade dabei, deutsche Kartoffelpuffer herzustellen. Laurentine hatte ihrer Oma mütterlicherseits über die Faxadresse mitgeteilt, daß sie gerne das Rezept für die Kräuter-Speck-Version der Kartoffelpuffer nachbacken wolle. Julius hatte es bisher nicht versucht, den Eintopf seiner Urgroßmutter nachzukochen. Denn am Freitag war ein Brief seiner Mutter gekommen, der ihn in ein Bad aus Erheiterung, Schauer und Stolz geworfen hatte. Seine Mutter hatte ihm nämlich geschrieben, daß sie dem Ministerium geholfen hatte, einen durch Strahlenverseuchung abgewandelten Vampir und seine Abkömmlinge aufzuspüren. Der sogenannte blaue Blutfürst war von strahlenden Substanzen abhängig gewesen, dafür jedoch immun gegen Sonnenstrahlen und offenes Feuer. Es sei nur gelungen, ihn zu stoppen, weil sein Plan, seine mutierten Artgenossen ins Land zu schmuggeln von seiner Mutter und Jacquelines Tante durchschaut worden war und beim Endkampf in Rußland mit Superblei abgeschirmte Ministeriumszauberer Unterstützung von zwei nicht gerade erwünschten Helferinnen gehabt hätten. Die eine war die Wiederkehrerin, die von irgendwoher auch eine der Superbleirüstungen gehabt hatte. Die andere war unzweifelhaft jene noch wache Abgrundstochter, die Gewalt über schwarzmagische Wasserzauber besaß. Das erinnerte Julius drastisch daran, daß er wahre Feinde in der Welt hatte. Denn jene Abgrundstochter könnte herausbekommen, wer ihre Schwester umgebracht hatte. Allerdings war er damals nur der Wurm an Anthelias Angelhaken gewesen und konnte nichts dafür, daß dieses Monstrum ihn unbedingt in seine Höhle schleppen wollte. Amüsiert hatte ihn der letzte Absatz, in dem seine Mutter schrieb, daß sie besser jetzt schlußmachen solle, weil ihre Lehrmeisterin Madeleine L'eauvite sie sonst in ein kleines, schaukelndes Bett stecken würde, aus dem sie dann erst in einem Jahr wieder aufstehen könnte. Das veranlaßte ihn dazu, die gerade bei ihm stehende Madame Faucon um einen Gesprächstermin wegen seiner Mutter zu bitten, weil er wissen wollte, ob sich an dem bisherigen Verhältnis was ändern würde.

So saß er nach dem zum teil mitgekochten Mittagessen mit seiner Frau im Konferenzzimmer der Schulleiterin, das ja ein Dauerklangkerker war, wenn alle Türen und Fenster fest verschlossen waren.

"Du hast also eine Eule von deiner Mutter erhalten, daß sie mitgeholfen hat, diesen durch eine von Muggeln gemachte Verseuchung entstandenen Vampir daran zu hindern, seine dito verdorbene Brut in unserem schönen Land auszubringen", sagte die Schulleiterin, nun die familiäre Anrede gebrauchend. Julius nickte. Er las Millie und ihr den Brief vor. Er erwähnte Millie gegenüber, daß die Sache vom Ministerium zur vertraulichen Angelegenheit erklärt wurde, also nicht alles davon an die Öffentlichkeit kommen würde.

"Hallittis Schwester, Julius?" Fragte Millie. "Woher wußte die denn, wo dieser blaue Blutsauger herumschwirrt?"

"Die Frage hat sich meine Mutter wohl auch gestellt. Aber ihre Quelle ist sich sicher, daß es jene Abgrundstochter sein mußte, die Eis- und Wasserzauber beherrscht. Wenn Mrs. Jane Porter jetzt hier wäre könnten wir uns von der das Bild zeigen lassen, daß die in einem Buch über alte Zauberwesen haben."

""Das Buch befindet sich auch in meinem Besitz. Es muß die als Itoluhila bekannte Tochter Lahilliotas sein, die als Beherrscherin des schwarzen Eises und Wassers Eingang in die Annalen der düsteren Geschöpfe fand. Im Nachhinein betrachtet hatten wir beide wohl Glück, daß dieses Geschöpf damals nicht den mächtigen Windzauber mitbekam, den du mit der silbernen Flöte des alten Reiches ausführtest. Wer weiß, wie wir ihr Erscheinen noch bewältigt hätten, wenn sie davon angelockt worden wäre."

"Sie und du wart doch in einem altdruidischen Steinkreis", meinte Millie. Julius nickte. "Die schirmen doch alle magischen Ausstrahlungen von außen und nach außen ab. Außer über die alten Straßen könnte da auch keiner hin, ohne offen anzufliegen oder zu laufen, vermute ich mal." Julius nickte, Madame Faucon schlug sich vor den Kopf. "Womöglich hat das die Magie der Flöte sogar stabilisiert, Julius", meinte sie dann. "Auf jeden Fall können wir uns glücklich schätzen, daß dieses Monstrum uns deshalb nicht wahrnehmen konnte. Denn, Mildrid, um deine Frage zu beantworten, woher diese Kreatur wußte, wo ihr Gegner sich aufhielt: Sie könnte einen seiner Abkömmlinge gefangen und mit den für diese Wesen eigenen Methoden ausgeforscht haben, um die Quelle seiner Existenz zu orten. Diese Wesen sind für Vampire das, was ein Basilisk für alle Spinnen von der kleinsten Hausspinne bis zur Acromantula ist. Und noch was kommt hinzu, was nur Ligamitglieder erfuhren und ich euch nur im Vertrauen berichte, daß ihr es nicht herumgehen oder an die Öffentlichkeit kommen laßt. Es verhielt sich wohl so, daß dieser Volakin sich mit dieser Kreatur verabredete, weil sie sich beide im Wege waren. Einer seiner Vasallen, ein auf Riesenblut spezialisierter Vampir, wurde gefangen und mit fließendem Wasser gefoltert, um diese Verabredung preiszugeben, so daß dort mehrere Parteien auftauchten. Die Wiederkehrerin wird es aus den leider nur ihr bekannten Quellen erfahren haben und organisierte woher auch immer eine dieser Schutzrüstungen. Es steht zu befürchten, daß sie in Rußland, England, Deutschland und bei uns ihre Getreuen hat. Genau daher sollte es diesen Raum nicht verlassen, daß das Zusammentreffen des Vampirs mit dem Succubus verabredet war."

"meine Mutter hatte wohl eine Heidenangst, Weinachten auf dem Wickeltisch zu erleben. Ich dachte eigentlich, daß Madame L'eauvite viel Humor hat und wohl nur einen ihrer bekannten Witze gerissen hat", meinte Julius.

"Die werte Dame, die ich länger kenne als viele andere auf dieser Welt, ist eine sehr spaßige Natur. Aber es gibt Situationen, wo sie auch sehr unerbittlich sein kann. Offenbar sah sie in dieser Drohung die lezte ihr bleibende Möglichkeit, deine Mutter zur Rückkehr in die Übungsstunden zu bewegen, nachdem sie sich wohl sehr intensiv um das Volakin-Problem gekümmert hat. Ich kann aber in Kenntnis aller relevanten Gesetze und der Kenntnis erwähnter Hexe verbindlich sagen, daß deine Mutter wohl nur einen vollen Tag die Annehmlichkeiten eines Säuglings erfahren hätte. Da deine Mutter dies nicht weiß, mußte sie davon ausgehen, daß die angedrohte Rückverjüngung ihres Körpers sie zum natürlichen Neuaufwachsen gezwungen hätte. Andererseits hätten deine Mutter und Madame L'eauvite sich sicherlich sehr gut aneinander gewöhnt." Ein Hauch von Lächeln flog über ihre Lippen. Millie meinte dann:

"Ich fürchte nur, daß Madame Eauvive und meine Großmutter Ursuline was dagegen gehabt hätten, wenn meine Schwiegermutter bei wem anderes hätte aufwachsen sollen. Wäre vielleicht günstig, daß du Martha anschreibst und ihr sagst, daß sie keine Angst vor diesem Fluch haben soll, weil Madame L'eauvite dafür sicher im Gefängnis landen würde, wenn der nicht innerhalb eines Tages oder spätestens eines Monats umgekehrt würde." Julius nickte. Dann wandte er sich an Madame Faucon:

"Das Thema Volakin ist aber jetzt endgültig erledigt, oder?"

"Ihn gibt es nicht mehr, und seine Abkömmlinge verfielen in eine Art Apathie, als er vernichtet wurde, so daß sie leichter zu erledigen waren. Wir sollten nur festhalten, daß wir in der magischen Welt immer noch viel zu wenig über die mutagenen Kräfte dieser unsichtbaren Strahlung wissen, die die Muggel zur Energieerzeugung nutzen."

"Geschichten von Atommutanten gibt es in der Muggelwelt auch viele, wie diese Wesen aussehen könnten oder ob sie besondere Kräfte haben", erwiderte Julius dazu und fuhr fort: "Das ist ja das, woran viele Muggeleltern ja zuerst denken, wenn ihre Kinder Magie entwickeln. mein Vater hat ja auch eine Zeit lang gedacht, ich sei ein Mutant."

"Mir ist dieses Gedankenspiel durchaus bekannt. Jährlich mußten meine Vorgängerin und ich uns mit Elternpaaren auseinandersetzen, die meinten, Magie wie eine besondere Form von Erbkrankheit behandeln zu müssen und nicht als besondere Eigenschaft hinnehmen zu wollen. Aber was ich eben sagte möchte ich als amtierende Schulleiterin und ehemalige Fachlehrerin sowohl für Verwandlungen als auch Schutz vor bösartigen Zaubern und Kreaturen in Erinnerung behalten wissen. Die Welt der Magielosen rührt an die Urkräfte der Materie und damit wie skrupellose Magier an den Kräften des Universums. Niemand kann sagen, welche grausamen Folgen diese Versuche nach sich ziehen können."

"Die Bewohner des alten Reiches kannten eine Zerstörungskraft, die sie als Tausendsonnenfeuer bezeichneten. Vielleicht haben die auf magische Weise Atomkraft freigesetzt oder das hergestellt, was die Muggelwelt als Antimaterie bezeichnet, eine Art Substanz, die der normalen Materie entgegengesetzt aufgebaut ist und deshalb schon bei der kleinsten Berührung mit gewöhnlicher Materie mit dieser zur reinen Energie wird, also zu einer starken Strahlung. Die Muggel können das nicht herstellen, weil für jedes Bißchen davon Unmengen von Energie eingesetzt werden müßten. Ich denke mal, so wie wir gerade in der Welt drauf sind ist das auch verdammt ganz ganz gut so", erwähnte Julius.

"Ein Stoff, der durch Berührung mit anderen Stoffen eine immense Vernichtungskraft entfesselt?" Fragte Madame Faucon. "Und die Muggelwelt forscht an dessen Herstellung?" Julius konnte ihr die Aufregung anhören, die ihn sofort ansteckte.

"Ja, sagte ich. Aber dafür brauchen die ohne Magie eine zu große Menge anderswo hergenommener Energie. Das lohnt sich nicht und ist auch zu gefährlich, weil man den Stoff nicht einfach in Flaschen abfüllen kann, sondern wenn überhaupt in einem luftleeren Raum in einem superstarken Magnetfeld festhalten muß, damit der Kontakt mit gewöhnlicher Materie verhindert wird." Madame Faucon erstarrte.

"Die Substantia non grata, der verbotene Stoff. Er ist also kein Mythos", murmelte sie. Julius fragte, ob die Zaubererwelt tatsächlich sowas schon erzeugt hatte. "Richtig sicher ist man nicht. Aber es existieren vage Andeutungen, daß die Bewohner des alten Reiches einen solchen Stoff herstellen konnten, der nur im Bann der Magnetkraft oder einem besonderen Behälter, der mit einer Stoffe abweisenden Magie aufgeladen ist, festgehalten werden könne, weil ansonsten ein Stäubchen davon ein vernichtendes Inferno entfessele. Ich fürchte, Julius, genau das haben die Bewohner des alten Reiches als ihr Tausendsonnenfeuer bezeichnet, und wir sollten uns selig schätzen, wenn alles Wissen um dessen Erzeugung mit dem Kontinent unterging. Zumindest hat es kein Alchemist gewagt, diesen Stoff herzustellen. Die Gefahr, davon zerstört zu werden wäre zu groß.

"Oha", erwiderte Julius. Er wußte, wo noch Vorräte dieses Tausendsonnenfeuers zu finden waren. Er hatte den Schlüssel dazu. Womöglich sollte er den Lotsenstein sehr schnell sehr weit fortschaffen oder gleich ganz vernichten, um bloß nicht in Versuchung zu kommen, an diese Quellen zu rühren, deren Macht die Weltuntergangsgeschichten aus der Bibel zu einem lustigen Kasperlestück werden ließen. Madame Faucon schien trotz seiner beachtlichen Übung im Verhüllen seines Geistes erfaßt zu haben, was ihm durch den Kopf ging. Sie sagte:

"Julius, auch wenn du jetzt fürchtest, mit dem, was dir zur Verfügung steht eine unermessliche Verheerung heraufbeschwören zu können, solltest du die dir sonst gebotenen Möglichkeiten, die das alte Reich dir gewährt hat nicht aus der Hand geben. Gerade weil diese Abgrundstöchter immer noch herumziehen. Gerade weil dieses Spinnengeschöpf, das einst die Schwester Ailanorars war auf freiem Fuß ist, und weil ich nicht weiß, ob wir nicht wieder etwas von den Bewohnern der fliegenden Burg hören werden, müssen wir alle möglichen Wissensquellen offenhalten. Allerdings solltest du den Kreis der Eingeweihten gerade so klein halten, wie er jetzt ist."

"Das bringt mich auf eine Frage, die ich hier gerade richtig anbringen kann", holte Julius aus. "Wird Professeur Delamontagne den UTZ-Schülern die vier alten Zauber beibringen oder es besser lassen?"

"Du bist derjenige, der diese Zauber erlernt hat. Nur du hast das Recht, sie weiterzugeben. Das wissen wir von der Liga, deren Mitglied Professeur Delamontagne ja genauso geblieben ist wie ich. Daher werden sie keine Aufnahme im Lehrplan von Beauxbatons finden. Ich denke, dies dürfte dich beruhigen." Julius nickte. Daß die alten Zauber kein Allheilmittel waren wußte er Dank den Skyllianri und der ungewollten Befreiung Naaneavargias und schließlich auch wegen der Sache um Hanno Dorfmann besser, als ihm lieb war. Immerhin verdankte er dem Fluchumkehrer sein Leben, als er mit den Gästen von Ryan und Claudia Sterling aus dem Haßdom der Todesser freigekommen war und hatte auch Naaneavargia einige Minuten damit auf Abstand halten können. Dann hellte Madame Faucon die durch die Diskussion eingetrübte Stimmung wieder auf. "Ich erhielt gestern eine Eule aus Australien. Mademoiselle Dawn erkundigte sich, ob ihr zwei mit ihrer ehemaligen Schulkameradin Eunice Dirkson gut zurechtkämt. Ich konnte dies nur entschieden bejahen und meine große Hoffnung bekunden, daß Beauxbatons mit Professeur Dirkson eine fähige, wenn vielleicht auch etwas verspielte Kollegin erhalten hat. Aber ich lernte auch durch meine werte Schwester, wegen der wir ja überhaupt hier zusammenkamen, daß der größte Lernerfolg im Spiel erreicht würde und daß die Freude am Erfolg, sofern er nicht zum Schaden anderer errungen wurde, die Motivation, mehr zu erlernen besser fördert als reine Noten es vermögen. In dieser Gewißheit möchte ich euch beide nun bitten, mich meinen leider nicht so spektakulären, wenn auch notwendigen Obliegenheiten zu überlassen." Julius nickte und erwähnte, daß er es ja mitbekommen durfte, wie heftig die Bürokratie einen Schulleiter beanspruchte. Madame Faucon nickte. Dann sagte sie noch: "Deshalb empfinde ich die vierzehntägliche Betreuung des magischen Hauswirtschaftskurses als eine reine Erholung. Aber jetzt möchte ich euch bitten, eure ebenso hart erarbeitete Freizeit in anderen Räumlichkeiten zu genießen." Millie und Julius bedankten sich und verließen den Besprechungsraum. Julius freute sich auf den Abend. Denn da würde er mit Gloria Porter über Zweiwegespiegel sprechen. Er hatte seine Ausgabe der gemalten Aurora Dawn als Voranmelderin eingesetzt und zurückbekommen, daß er um Mitternacht französischer Zeit den Spiegel bereithalten sollte.

Das Gesicht im silbern umrahmten Spiegel sah Julius mit einer Mischung aus Freude und Angestrengtheit an. Die graugrünen Augen des Mädchens, das ihm aus dem Spiegel entgegenschaute hielten Julius' Blick fest. Gloria Porter lächelte, als Julius sie fragte, wie ihr die erste Woche im neuen Hogwarts gefallen habe.

"Ohne den Widerling Malfoy und seinen Doppelschatten ist es viel angenehmer geworden. Harry Potter und seine beiden Freunde werden hier jedesmal bejubelt, wenn sie nur die Nasen in die Gänge strecken. Professor McGonagall hat deshalb verfügt, daß Anerkennungsbekundungen nur noch unhörbar stattfinden dürfen, weil sie es leid ist, daß jedesmal, wenn Harry, die Granger oder Ron Weasley Freistunden haben mit Jubelstürmen empfangen werden. Die Muggelstämmigen, die letztes Jahr in Askaban eingesperrt waren kommen erst langsam bei uns rein. Sie haben offenbar Angst, wieder abgeholt und weggesperrt zu werden. Du hast ja mitgekriegt, daß die Umbridge einige Eltern von denen hat umbringen lassen. Einer von denen ist in Hufflepuff gelandet. Ernie McMillan und Hannah Abbott haben wohl Probleme, den ohne laut zu werden in eine vernünftige Spur zurückzukriegen. Ernie meinte in der Vertrauensschülerkonferenz, daß wir aufpassen müssen, daß der nicht drauf aus ist, sich an allen Zauberern zu rächen, die Voldemort nachgelaufen sind. Mandy Brocklehurst und Ron Weasley sind das neue Schulsprecherpaar. Viele meinen, daß die auch so schon zusammen sind. Es hätte sich da wohl einiges angebahnt, sagt auch Patma Patil. Lea wird von ihren Klassenkameradinnen immer so komisch angeglubscht, weil die in einem Jahr so heftig aufgeblüht ist. Natürlich weiß keiner, wie das ging. Einige vermuten, daß sie da, wo sie sich verkrochen hat kleine Dosen Alterungstrank erwischt hat, um ihre Zauberkraft anzuheizen, und sie läßt die anderen auch in diesem Glauben. Sie wurde als neue Vertrauensschülerin ausgewählt, nachdem sich rausgestellt hat, das Melissa Ashton am Mord an Professor Vector beteiligt war. Die durfte dann natürlich nicht mehr nach Hogwarts. Die neuen Lehrer begannen gleich mit heftigen Sachen. Professor Craft will bis Weihnachten die partielle Humanautotransfiguration mit uns durchnehmen. Sie meinte, man sollte mit den schwierigen Dingen immer zuerst anfangen. Ich kenne die Dame ja. Kevin hat mich doch allenernstes gefragt, ob ich bei ihr nicht ein gutes Wort einlegen kann, weil er sich mit der alten Wendeltechnik schwertut, obwohl sie im Grunde das machen, was wir im letzten Jahr schon mal gemacht haben. Ich habe dem gesagt, daß ich bei Professor Craft kein wie auch immer geartetes Wort einlegen darf, weil sie sonst ziemlich ungehalten würde. Zumindest ist der nun restlos davon überzeugt, sich richtig entschieden zu haben, das Jahr noch einmal zu machen. Professor Barley hat mit uns die Entomanthropen Sardonias besprochen und welche dunklen Mischwesen es sonst noch gibt. Die erste Stunde war eine geniale Diskussion über das, was in den Staaten passiert ist. Da konnten Betty, Jenna und ich die ganze Zeit erzählen, was wir mitbekommen haben. Dann meinte sie, daß die Schlacht um Hogwarts gezeigt habe, wie wichtig schnell wirksame Defensivzauber sind. Ich fürchte, die wird uns heftig drangsalieren, wie Moody das mit uns getan hat. Bei Professor Fielding macht der Unterricht richtig Spaß. Der erklärt uns alles so, daß wir es kapieren, wobei er dabei immer wieder Witze reißt. Er will mit uns durchnehmen, wo Muggel bereits durch ihre Maschinen und Energieerzeugungsmittel Sachen machen können, für die wir Magie benutzen. Zumindest hat er erklärt, daß es von der Lebensform her keinen Unterschied zwischen Zauberern und Muggeln gebe. Na ja, er hätte nicht unbedingt sagen müssen, daß sich Muggel zur Fortpflanzung genauso ausziehen müssen wie Hexen und Zauberer. Aber bei den Jungs blieb dieser Vergleich wunderbar hängen. Und wie kommt ihr mit euren neuen Lehrern aus?"

"Du weißt ja, daß wir eine ehemalige Hogwarts-Schulsprecherin als Verwandlungslehrerin bekommen haben. Offenbar macht es doch was aus, wenn Lehrer schon eigene Kinder haben. Denn Professeur Dirkson hat eine einprägsame, aber auch mitnehmende Art drauf, uns zu erklären, wie was geht. Millie und ich sollen im Freizeitkurs Verwandlung schon die vollständige Autotransfiguration erlernen. Offenbar geht sie davon aus, daß wir das schon in den Jahresendprüfungen zeigen sollen. Professeur Delamontagne zeigt, daß er Ahnung hat, bringt es aber nicht so überheblich rüber, daß jeder sich klein fühlt. Natürlich muß ich in den praktischen Stunden immer wieder was vorführen, um die Leute dazu zu kriegen, ungesagt zu zaubern. Das macht ihr ja auch, denke ich", erwiderte Julius. Glorias Gesicht im Spiegel nickte. "Madame Faucon - weil sie jetzt Schulleiterin ist müssen wir sie Madame nennen - hat schon von vorne herein klargemacht, daß sie auch gut durchgreifen kann. Einer meiner neuen Hauskameraden ist schon eine Woche nach der Einschulung rausgeflogen, weil er meine Schwiegertante angegriffen hat, weil die nur wissen wollte, ob sie ihm helfen könne, als er im grünen Forst herumgeirrt ist."

"Huch, so heftig viele Strafpunkte?" Fragte Gloria. Julius erwähnte, daß Patricia Latierre ja eine Pflegehelferin geworden sei und deshalb ja für jeden tätlichen Angriff 300 Strafpunkte fällig seien und er auch gemeint habe, Madame Rossignol anzugreifen. Dabei warf er seine Stirn in nachdenkliche Falten. Sollte er Gloria erzählen, was Millie und er erfahren hatten? Besser nicht! Außerdem durfte er ja auch nicht erzählen, was der betroffene Schüler wirklich angestellt und daß er Beauxbatons nicht auf eigenen Füßen verlassen hatte. So beließ er Gloria in ihrer Vermutung, daß Madame Faucon härter durchgriff als ihre Vorgängerin.

"Auf jeden Fall ist es hier in Hogwarts wieder angenehm zu lernen. Slytherin hat in diesem Jahr ein paar Schüler weniger bekommen, wohl auch, weil viele Kinder sich unter dem Hut geweigert haben, dort hingeschickt zu werden. Habe ich zumindest von den vier Erstklässlerinnen so gehört, die bei uns reingekommen sind, darunter zwei Muggelstämmige. Was macht Babette?"

"Die hat im Grunde dein Problem, 'ne Oma im Lehrkörper, die sie nicht Oma nennen darf", erwiderte Julius und schilderte das, was Babette nicht peinlich sein mußte.

"Soso, da konkurrieren also zwei Hexenmädchen, die sich in beiden Welten auskennen", meinte Gloria, als Julius Jacqueline Richelieu erwähnte, die zwar muggelstämmig war, aber eine Hexe als Tante hatte.

"Konkurrieren tun die nicht, Gloria. Die hängen zusammen, egal wo du sie siehst. Céline meinte, die hätten sich gesucht und gefunden."

"Kapiere es", erwiderte Gloria. Dann fragte sie nach den Dirkson-Drillingen und erfuhr, daß Esther im grünen Saal gelandet sei und mit Gabrielle Delacour in der Klasse sei. Er erwähnte dann, daß sich schon die ersten Rangeleien der Jungen um die immer fraulicher werdende Schwester Fleurs entzündet hätten und er wohl höllisch hinterher sein mußte, um keine wilden prügeleien ausbrechen zu lassen. Pierre sei zumindest noch fest entschlossen, mit Gabrielle zusammen zu bleiben, trotz der wachsenden Konkurrenz der älteren Jungen.

"Dann habt ihr noch einen aus Thorntails bekommen, richtig?" Fragte Gloria. Julius erwähnte Cyril, der wegen fortgesetzter Respektlosigkeit seines Saalsprechers einen vollen Tag lang im rosa Ballettkleidchen herumlaufen mußte. Gloria lachte, meinte dann aber, daß dieser Cyril schon in Thorntails hinter größeren Mädchen hergewesen sei und auch mal versucht habe, Betty oder Jenna zu umschnurrren, die beiden aber nichts davon wissen wollten, obwohl der Bursche schon sehr charmant sein konnte. "Bei mir hat er gleich gemerkt, daß nichts zu machen ist", bemerkte sie abschließend. Dann wünschten sich beide noch eine schöne Zeit, wenngleich beide mit ihren Aufgaben außerhalb des Unterrichts wohl genug zu schultern hatten.

"Am besten schickst du Aurora zu mir, wenn was besonderes ist, weil ich nicht andauernd im Mädchenklo oder Vertrauensschülerbadezimmer verschwinden kann", sagte Gloria. Julius bestätigte das und bat sie um dasselbe, wenn in Hogwarts was vorfiele, was zu erwähnen lohne. Dann trennten die beiden die Zweiwegespiegelverbindung wieder. Julius war froh, daß morgen Sonntag war und er außer Aufpasserdienst als Saalsprecher nicht viel um die Ohren haben würde.

__________

"Du nennst mich nicht noch mal Ballerina, oder spuckst alle Zähne aus, die du im Maul hast", vernahm Julius Cyrils wütende Stimme aus der Ferne, als er diesen Sonntagmorgen als diensthabender Strandaufseher die Mitschüler beim Bad in der Beauxbatons eigenen Meeresbucht überwachte. Sofort beschleunigte der Träger der goldenen Brosche des grünen Saales und Pflegehelfer seine Schritte und näherte sich Cyril Southerland, der gerade mit einem würfelförmigen Burschen aus der fünften Klasse sprach.

"Moin! Is' was?" Fragte er, die Hände lässig in die Seiten gestämmt.

"Nix, was wir nicht klären könnten", sagte Baudouin Clopin, der Fünftklässler und grinste über sein breites Gesicht. Cyril Southerland sah Julius abschätzig an, als wolle er ihn fragen, was der jetzt hier zu suchen habe. Doch er wußte, daß es besser war, einem Broschenträger nicht gleich dumm zu kommen. Julius sagte schnell:

"Wie ich merke hast du es noch nicht ganz verstanden, was Apollo dir mit dieser Aktion beibringen wollte, Cyril. Und du, Baudouin, solltest lernen, daß jeder Spaß mal irgendwann langweilig und damit lästig wird. Ich glaube nicht, daß dir das deine Zähne wirklich wert sind, auch wenn Cyril dafür glatt von hier runterfliegt und dann auch nicht mehr nach Thorntails zurückgelassen wird." Er grinste Cyril herausfordernd an, der seine Fäuste ballte und knurrte, daß Julius nur wegen des goldenen Dings an seiner Brust so überheblich sei. "Ich bin nicht überheblicher als du, Cyril. Oder wer bedroht hier einen wesentlich stärkeren Mitschüler? Baudouin braucht sich nur auf dich draufzuwerfen, und dich können sie zusammenrollen und in einen Haltering reinschieben wie eine Pergamentrolle." Baudouin nickte Julius sehr heftig zu. "Und wenn ihr euch gegenseitig in den Krankenflügel prügelt, kriege ich Ärger mit Madame Rossignol. Und den Ärger seid ihr zwei mir nicht wert. Also laßt euch gegenseitig in Ruhe, oder ich haue euch genug Strafpunkte drauf, daß ihr unter dem Strandausflugs-DQ landet. Habt ihr das kapiert!" Julius ärgerte sich mehr darüber, daß er mit diesen Raufbolden so umspringen mußte als über den Umstand, daß sie sich fast geprügelt hätten.

"Was Millie an dir findet kapiere ich nicht", knurrte Cyril. Julius schaltete schnell von überstreng auf amüsiert und meinte: "Weil du kein Mädchen bist, Cyril." Baudouin meinte dann einwerfen zu müssen:

"Stimmt, das Tutu saß dem nicht so doll ohne Dutteln. Der hätte dem Yankee noch ein paar Melonen unters Unterhemd schieben sollen." Cyril sprang vor, um Baudouin zu hauen. Doch dieser hatte bereits die Fäuste hochgerissen und sah Cyril herausfordernd an. Julius brauchte nur einen Schritt zu tun, um zwischen die beiden Streithähne zu kommen, die gerade noch rechtzeitig erkannten, daß sie ihn fast trafen. Dann könnte der Bursche behaupten, sie hätten einen Saalsprecher und Pflegehelfer angegriffen, was dann insgesammt sechshundert Strafpunkte gerechtfertigt hätte. Baudouin zog sich deshalb schnell auf drei Schritte Entfernung zurück, während Cyril gerade so noch die Fäuste zu flachen Händen auseinanderklappte und Julius verdrossen anblickte.

"Also, kriege ich das mit, daß ihr euch hier wie auch immer beharkt, fliegt ihr vom Strand runter und dürft Monsieur Bertillon beim Putzen helfen. Angekommen?" Schnaubte Julius, dem dieses Getue nun lange genug gedauert hatte.

"Krieg dich wieder ein", grummelte Cyril. Dafür gab Julius ihm fünf Respektlosigkeitsstrafpunkte und räumte ein, daß er die Zahl auch verzehnfachen konnte. Dann sagte er noch: "Ich weiß von Leuten aus Thorntails, daß Burschen wie du schon für weniger Ärger zwei Tage zu den Küchenelfen abkommandiert wurden, um ihre kaputte Disziplin zu reparieren. Sowas geht hier auch. Also krieg deine Hormone wieder unter Kontrolle, bevor sie dir Probleme machen! Denke bitte dran, daß die hier in Beauxbatons alles, was du hier so anstellst nach Thorntails weitermelden. Nachher mußt du bei denen das Jahr wiederholen." Cyrilstarrte Julius verdrossen an, trat einen Schritt vor und wieder zurück. Dann wandte er sich wortlos ab und lief nicht zu schnell aber doch entschlossen davon.

"Der Yankee hat Orions Blut in den Adern. Wenn du die Brosche nicht anhättest hätte der dich glatt vermöbelt", meinte Baudouin.

"Oh, da hätte er was ganz neues bei lernen können", meinte Julius und formte seine rechte Hand so, als wolle er im nächsten Moment einen Handkantenschlag austeilen. Dann meinte er noch: "Außerdem könnte noch was von Madame Maximes Blut in mir herumkreisen. Macht der Frühsport?"

"Alle drei Tage, um sich in Form zu halten. Wer ältere Mädels anquatschen will muß ja doch ein bißchen in den Armen haben, wenn der Krach mit deren Freunden sucht", meinte Baudouin. Dann bekam er große Augen, weil Gabrielle Delacour gerade aus dem Wasser kam. Ihr züchtiger Badeanzug klebte ihr so stark am Körper, daß man doch alles erkennen konnte, was sie gemäß den hier geltenden Anstandsregeln bedeckt hatte.

"Hoi", machte Baudouin, während Julius reflexartig Ausschau nach anderen Jungen hielt, die sich vielleicht zusammenrotten mochten. "Wußte nicht, daß die mit zwölf schon so gut gebaut ist", bemerkte Baudouin. "Da wird sich der kleine Muggelstämmige, der der alles hinterherträgt aber warm anziehen, wenn andere Burschen anfangen, die zu umschwirren."

"Burschen wie du?" Fragte Julius, der froh war, den überstrengen Saalsprecherton endlich ablegen zu können.

"Ich glaube, ich bekäme ogermäßigen Ärger mit Fantine, wenn ich anfinge, Zweitklässlerinnen nachzusteigen."

"Willkommen im Club derer, die bereits gut aufgehoben sind", erwiderte Julius grinsend. Er überspielte die eigenen Empfindungen, die er beim Anblick dieses grazil daherschreitenden, schlanken Geschöpfes empfand, dessen silberblondes Haar trotz der Nässe wie eine Seidenschleppe schwang. Pierre Marceau war noch im Wasser und spielte Wasserball mit den Erst- und Drittklässlern. Wie Julius befürchtet hatte, bildete sich ein immer enger werdender Ring aus Jungen um Gabrielle Delacour. Auch einige der auf dem Strand herumstehenden oder auf Bänken sitzenden Mädchen blickten die Zweitklässlerin an, wobei sie zwischen Neid und Verachtung schwankten. Julius erinnerte sich an die ersten Novembertage vor fast drei Jahren, wo er Fleur Delacour wortwörtlich mit anderen Augen gesehen und ebenfalls eine unverkennbare Abneigung verspürt hatte. Das war der Zauber der Veelas. Auf männliche Humanoide ab der Pubertät wirkten sie anziehend und betörend, während alle weiblichen Wesen in ihnen eine unerreichbare Konkurrenz und Rivalin sahen. Julius beobachtete, wie einige der Mädchen zu ihren festen Freunden liefen, die Anstalten machten, auf Gabrielle Delacour zuzugehen. Julius hielt sich noch zurück. Wenn Gabrielle keine Anstalten machte, den Jungen merkwürdige Angebote zu machen, mußten die sich wohl schnell wieder berappeln. Gabrielle nahm die Blicke der Jungen aber wohl eher als nicht so wichtig hin und verschwand in einer der Mädchenumkleiden am Strand. Sofort löste sich das Pulk der glotzenden Jungen wieder auf. Julius sah unter den Mädchen, die Gabrielle nachgestarrt hatten auch Belisama Lagrange, die mit dreizehn auch schon für sechzehn hätte durchgehen können und jetzt, wo sie sechzehn war, locker als Zwanzigjährige hätte auftreten können. Ihr Badeanzug war ein wenig weiter, so daß er auch naß nicht zu eng am Körper anlag. Julius winkte ihr zu. Sie winkte zurück. Er ging hinüber zu ihr.

"Sahst gerade so aus, als wolltest du Gabrielle Delacour die langen Haare ausreißen", meinte Julius zu der Saalsprecherkameradin, die auch im hochgeschlossenen Badeanzug ihre goldene Saalsprecherinnenbrosche trug.

"Die Kleine sollte sich besser bald einen weiteren Schwimmanzug zulegen, wenn die nicht will, daß die Jungs die anschmachten wie hungrige Mäuse einen Laib Käse", schnarrte Belisama und sprach damit wohl für alle anderen Junghexen am Strand.

"Kann ich Céline ja weitergeben, damit die das mit Gabrielle klärt", sagte Julius. Belisama erwiderte:

"Oder soll ich das machen, Julius. Ich weiß ja, wie das ist, in der zweiten oder dritten schon von den älteren komisch angeglubscht zu werden, weil da schon mehr ist als bei anderen."

"Neh, lass das besser Céline oder Laurentine regeln", meinte Julius. "Ich will nur aufpassen, daß die hormonübersteuerten Burschen wegen ihr nicht aufeinander draufhauen oder anderen Blödsinn machen."

"Nicht gerade einfach, denke ich", erwiderte Belisama. Dann sah sie ihre Klassenkameradin Estelle, die ihr zuwinkte. "Wir wollen noch ein wenig schwimmen, wenn die Kleinen mit ihrem Ballgewerfe fertig sind", sagte sie und nickte Julius zum Abschied zu.

Als Gabrielle wieder aus der Umkleide kam trug sie ihr Schulmädchenkostüm und steuerte das Teleportal an. Ihr Haar floß nun luftig um ihren Rücken. Julius atmete auf, als sie das magische Verbindungstor zwischen dem Strand und dem Schulgelände betrat und in einem kurzen Flimmern hindurchging. Eine Viertelstunde später verließ auch Pierre Marceau den Strand wieder. Den Rest seiner Aufsichtszeit verbrachte Julius im lockeren Gespräch mit Jungen seiner Jahrgangsstufe. Es ging auch um Cyril und Gaston. Gaston hatte sich schweren Herzens damit arrangiert, in Beauxbatons sehr zurückhaltend aufzutreten, um keine überflüssigen Strafpunkte zu kassieren. Cyril hingegen spielte sich gerne als lässiger Amerikaner auf und versuchte, Eindruck bei zwei Jahre älteren Mädchen zu schinden. Viele von denen nahmen ihn zwar nicht für voll. Doch einige schienen sich beeindrucken zu lassen. Julius wußte, daß manche Leute frühreif waren, also mit dreizehn oder vierzehn schon erste geschlechtliche Erfahrungen sammeln wollten. Allerdings wußte er durch Constance Dornier, wie leicht sowas gerade für junge Mädchen zum Problem werden konnte. Genau das wußten die Mädchen, die Cyril umgarnen wollte wohl auch. Wenn der also dachte, hier in einer Schule fern der Heimat Sachen anstellen zu können, die er sich in Thorntails nicht leisten würde, würde er wohl bald merken, daß er damit nicht viel Sympathie oder gar Respekt erreichen konnte. Aber war Cyril das wichtig, respektiert zu werden? In gewisser Weise schon, weil er sonst wohl kaum mit Baudouin aneinandergeraten wäre, weil der ihn als Ballerina bezeichnet hatte.

Nach dem Strandaufenthalt ging es zum Abendessen. Danach traf sich Julius mit seiner Frau im östlichen Park. Strandaufsicht bis Sonnenuntergang hatte nun Corinne Duisenberg. Die würde hoffentlich keine Probleme mit schmachtenden Jungen kriegen, die Gabrielle Delacour nachliefen und hatte ein besonderes Gespür für aufkommenden Ärger.

"Gaston hat sich wohl mit Laurentine getroffen. Die hat ihn aber die kalte Schulter gezeigt", erwähnte Millie. Julius fragte sie, von wem sie das wisse und erfuhr, daß Caro Renard gesehen hatte, wie Gaston Céline und Laurentine im Westpark angesprochen habe, Céline sich für einige Minuten zurückgezogen habe und Laurentine Gaston ziemlich schroff und wohl entschlossen abgefertigt habe.

"So genau weiß ich nicht, was da zwischen den beiden gelaufen ist, Millie. Kann sein, daß Gaston meinte, an alte Zeiten anknüpfen zu können, und weil Laurentine gerade keinen Freund hat wieder mit ihr gehen zu können. Aber wenn sie mir nichts drüber erzählt sollten wir das auch als für uns nicht wichtig ansehen", erwiderte Julius.

"Wollte dir nur sagen, daß Gaston wohl meint, daß das letzte Jahr nicht so heftig gewesen sei", sagte Mildrid leicht verstört. Dann sprachen sie über Quidditch. Nachher würde ja die Auslosung der Partien stattfinden. Ob gleich in der ersten Runde Rot gegen Grün spielen mußte? Millie erwähnte, daß Laertis Brochet nun als Jäger zusammen mit Patricia Latierre und ihr spielen würde. Apollo wurde Hüter, während Millies Cousinen Callie und Pennie Treiberinnen sein würden. Sie erwähnten noch eine Ankündigung, die Dedalus bei der Auswahl machen würde.

"Uns dürfte klar sein, was das ist, Monju", erwiderte Millie halblaut. Julius nickte. Es gährte schon die ganze Zeit in jenem auf Antreiber und Schleifer machenden Lehrer, sich zum Doppelachsermanöver zu äußern. Um sich aus der bedrückenden Stimmung zu lösen, die Dedalus bei Julius auslöste, sprachen sie über das Gespräch mit Gloria. Julius behielt dabei die Umgebung des Parkes im Blick, um nicht von neugierigen Mitschülern überrascht zu werden. Abgesehen davon, daß für sie beide trotz Ehe und Volljährigkeit immer noch eine gesonderte Verhaltensrichtlinie galt, sich nicht in der Öffentlichkeit zu innig zu umarmen wollte Julius auch nicht, daß jemand mitbekam, was er über das Gespräch mit Gloria zu erzählen hatte. Millie nickte nur und meinte, daß in Hogwarts wohl alles so gekommen sei, wie man es sich nach der Schlacht gegen die Todesser hatte denken dürfen.

"Im Grunde machen die Sechstklässler da schon das, was Professeur Dirkson uns beiden schon aufgeladen hat", meinte Millie, die daran dachte, in den nächsten Wochen vollständige Selbstverwandlungen einüben zu müssen, da Professeur Dirkson ja davon ausging, daß die Latierres im entscheidenden Schuljahr wohl schon andere Dinge wichtiger finden mochten. Millie wollte der neuen Lehrerin auch nicht widersprechen.

Zwischen neun und zehn Uhr abends trafen sich sämtliche ausgewählten Quidditchmannschaften am großen Auswahlrad. Damit wählte Professeur Dedalus nun die Partien im Turnier aus. In der ersten Runde trafen Grün auf Rot ... also der Spitzenkampf schon gleich am Anfang. Dann würden Gelb gegen Violett und Weiß gegen Blau spielen. In der zweiten Runde sollten dann Gelb gegen Blau, Rot gegen Violett und Grün gegen Weiß antreten. In der Ddritten Runde kamen folgende Paarungen zusammen: Gelb gegen Weiß, Rot gegen Blau und Grün gegen Violett. In der vierten Runde würden Grün gegen Gelb, Blau gegen Violett und Rot gegen Weiß antreten. In der Finalrunde trafen dann die Blauen auf die Grünen, die Roten auf die Gelben und die Weißen auf die Violetten.

Als diese Auswahl vollendet war und der Fluglehrer sich davon überzeugt hatte, daß jede Mannschaft nur einmal gegen einen der anderen Säle anzutreten hatte wandte er sich an die versammelte Truppe. Julius erkannte nun auch, daß die sechs Saalvorsteher und Madame Faucon der Auswahl beigewohnt hatten. Dedalus holte tief Luft und warf sich in die Brust.

"Messieursdames et Mesdemoiselles, nachdem wir nun alle wissen, wer in diesem Schuljahr gegeneinander zu spielen hat und nun alle Mannschaften ordentlich zusammengestellt sind, möchte ich vor Ihnen, werte Kollegen und vor Ihnen, werte Mannschaften, einen Beschluß verkünden, den ich als Fachlehrer für Besenflug und Besensport, sowie in Beauxbatons offizieller Schiedsrichter und damit Spielleiter zu fassen hatte. Es hat sich - das letzte Jahr einmal außen vor gelassen - herauskristallisiert, daß einigen Spilern nicht nur Zugang zu modernem Fluggerät ermöglicht wurde, was andere Spiler benachteiligte, dies aber durch Können und Mannschaftsspiel wunderbar ausgeglichen werden konnte. Es wurde auch eine neuartige Flugtechnik in das Spiel eingeführt, die jedoch nicht von mir im Unterricht erläutert und gelehrt, sondern von einem einzigen Spieler von einer privaten Quelle erworben wurde." Julius war nun absolut sicher, welcher dicke Hammer gleich auf ihn und viele andere niedersausen würde. "Nun mußte ich feststellen, daß nicht nur dieser eine Spieler dieses zugegeben sehr hilfreiche Flugmanöver erlernt und praktiziert hat, sondern er es aus einer wie auch immer gearteten Solidarität an Spiler seiner Mannschaft weitergab und auch seine Verwandten aus einem anderen Saal damit vertraut machte. Dadurch entstand jedoch ein unerträgliches Ungleichgewicht. Denn diese Verwandten wohnen in ein und demselben Saal. Somit verfügen nur zwei Mannschaften über die Kenntnis und Übung, das Flugmanöver, das als Dawn'scher Doppelachser in die Geschichte des Quidditchs einging, auszuführen. Da es sich zu allem Verdruß auch noch um die beiden mit Abstand besten Mannschaften von Beauxbatons handelt, müßten wir das Turnier eigentlich schon für erledigt ansehen, weil diese beiden Mannschaften unmöglich ihre Spiele verlieren können, selbst wenn den jeweiligen Gegnern der Schnatzfang gelänge, was durch eben jenes Flugmanöver auch noch erschwert werden dürfte. Da es unüblich ist, daß Angehörige von Saalmannschaften ihre künftigen Gegner mit überragenden Spielzügen vertraut machen muß ich klar erkennen, daß dieses Manöver das Turnier absolut lächerlich macht. Wer will nur um den dritten Platz spielen, wenn die beiden ersten Plätze schon vergeben sind, bevor die erste Partie stattfindet, die zur Krönung des Ungemachs auch noch jene beiden im Vorteil befindlichen Mannschaften bestreiten dürfen. Daher lege ich fest, daß ich den Dawn'schen Doppelachser als ungültiges Flugmanöver ansehe und seine Ausführung als verbotenen Spielzug werten und jeden damit erspielten Punkt aberkenne und zudem auf Strafwurf erkennen werde. Es mag sein, daß die internationalen Regeln die Verwendung dieses Manövers erlauben. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß Beauxbatons schon mehrere eigenständige Regeln im schuleigenen Quidditchturnier erlassen mußte, um übergroße Vorteile einer Mannschaft aufzuheben, um dem hier zu kultivierenden Sportsgeist Rechnung zu tragen. Also, die Herrschaften, vor allem die Familie Latierre: Aurora Dawns Doppelachsenmanöver gilt ab sofort bis auf Widerruf durch mich oder meinen Nachfolger als Foul und wird entsprechend geahndet, damit das klar ist. Und wer mir jetzt damit zu kommen wagt, daß er auch als Eigenschutz vor Kollisionen dient, den weise ich darauf hin, daß das Ausweichen vor Klatschern als Vorteil im Spiel erscheint, und wer jedem Klatscher ausweichen kann muß sich um seinen Angriff nicht mehr sorgen, der sicher zum Tor führt. Damit sowohl Spannung als auch ein Gleichgewicht der Mannschaften gewahrt bleibt ist der Dawn'sche Doppelachser bis auf weiteres verboten. So, und da dies nun alle von euch und Ihnen mitbekommen haben, wünsche ich uns ein abwechslungsreiches, spannendes Turnier!"

"Das der das so ruhig rüberbringen konnte, wo jeder sehen konnte, wie dem einer abging", knurrte Louis Vignier, der bereits den Doppelachser ausprobiert hatte. "Den hat das doch voll gefreut, dir einen reinwürgen zu können, Julius."

"Ich habe mir sowas schon gedacht. Wenn ich das alleine hätte fliegen können, hätte der mir geraten, es nur als Selbstschutzmanöver bei Klatscherangriffen zu benutzen. So kann der jetzt hergehen und sagen, weil nur Grün und Rot das können und er meint, wir wollten oder dürften es den anderen nicht zeigen, hätten wir den Pokal ja schon unter uns ausgemacht. Dann wäre der Knilch als Schiedsrichter ja überflüssig. Und das will ja keiner, daß ihm der Spaß am Rumkommandieren kaputtgeht, nicht wahr?" Schnarrte Julius. "Womöglich ging das auch gegen Aurora Dawn, weil die als Schulmädchen was erfunden hat, was er als alter Quidditchsack nie gebracht hat. Und ihr habt es ja gehört, daß er hier der Lehrer ist und nur zählt, was er den Leuten beibringt. mit der Einstellung würde der anderswo glatt ins Museum geschickt. Aber wenn Madame Faucon und Professeur Delamontagne da nichts gegen sagen, hat er das Recht, das so zu beschließen. Ich habe es wie erwähnt schon erwartet, und Millie auch. Sei es drum. Müssen wir meine Schwiegercousinen eben anders umspielen. Die dürfen ja seit der Eingliederung in die Mannschaft keine Latierre-Kuhmilch mehr trinken, weil das ja Doping wäre."

"Obwohl du dich auch im Sport in Form hältst hat der Typ was gegen dich", knurrte Louis. "Ich kenne so'ne Einstellung nur von Sportlehrern, die was gegen Turnmuffel haben."

"Bei dem ist das die Mischung, weil ich gut fliegen kann. Dann hat der ja mitbekommen, daß ich auch in den Zauberstabfächern nicht hinten runterfalle und ich wohl mit dem Schwermacher auch einiges angeschubst habe. Dem bin ich zu perfekt. Das kann dieser Typ nicht haben. Entweder nur Sportler ohne Hirn oder nur Eierkopf ohne Muckis. Dem fehlt die klare Trennung bei mir, und das ärgert den. Ich habe lange genug mit dem am selben Tisch sitzen dürfen, um das ganz klar zu wissen. Er durfte endlich wieder Macht ausüben und, wie du es richtig erkannt hast, mir einen reinwürgen, wo ich weder mit Grips noch mit Muckis was gegen machen kann. Aber mit stiller Verachtung kann ich den strafen. Der ist für mich doch nur einer von denen, die nach oben buckeln und nach unten treten, um Sinn in ihrem Leben zu sehen."

"So ganz cool steckst du das aber wohl doch nicht weg", meinte Esther Dirkson, die gerade neben Julius herlief. Er überhörte den englischen Ausdruck und meinte:

"Esther, manchmal ist es fies, wenn man recht behält. Und ich habe schon befürchtet, daß der das jetzt eiskalt ausnutzt und das verbietet. Sollte bei einem Spiel was passieren, was ich nicht hoffe, macht dem Madame Rossignol Feuer unterm Hintern und Madame Faucon dann gleich auch, auch wenn sie im Moment schweigend zustimmt, um das mit der Fairness zu unterstreichen. Es stimmt ja auch, daß wir durch das Manöver einen genialen Vorsprung vor den anderen hätten. Wenn du bei einem Fußballspiel einer Mannschaft schwere Eisenstiefel anziehst und die andere in leichten Schuhen spielen läßt, gewinnen immer die, die schneller und wendiger laufen können. Also tun wir dem Herren mal den Gefallen und gönnen ihm diesen kleinen Sieg. Wer weiß, wie wenige er davon im Leben hatte", schloß Julius mit einem zynischen Gesichtsausdruck die kurze Diskussion ab. Dann dachte er an Millies Genöle, daß sie dieses Manöver auch lernen müsse. Tja, jetzt konnte sie es, durfte es aber nicht anwenden.

"Noch mal vielen Dank für die Lehrstunde im Quidditch", wandte sich Julius an die gemalte Aurora Dawn. Diese hatte jedoch schon über die anderen Bilder mitbekommen, was Dedalus beschlossen hatte und sagte:

"Euer Sportlehrer nutzt es aus, daß Beauxbatons eine Insel in der Welt ist. Aber wer nicht auf die Welt draußen eingeht, kann von der Insel nicht mehr runter. Wenn du oder jeder, der das Manöver gelernt hat, die Wahl hat, entweder im Krankenflügel zu landen oder heil aus einer Gefahr zu kommen, wendet es an und riskiert lieber den Strafwurf. Mit guten Hütern und nervösen Jägern müssen die keine zehn Punkte für den Gegner bringen. Und wenn ihr immer den Schnatz fangt kann euch die Beschränkung auch gestohlen bleiben. Mein Original hat dir die Doppelachsentechnik beigebracht, damit du am Leben bleibst. Das ist wichtiger als ein Tor des Gegners mehr oder weniger." Julius nickte der gemalten Ausgabe zu. Als er dann kurz vor zwölf im Bett lag gab er das auch an seine Frau weiter. "Überleben ist wichtiger als zehn Punkte Vorsprung", gab er die Parole aus. Womöglich würde Dedalus dann erst recht rotieren. Aber Julius wußte, daß er dann Madame Rossignol auf seiner Seite haben würde. Mit dieser doch noch befriedigenden Gewißheit schlief er dem nächsten Montag entgegen.

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"Die Machtrunen können nicht nur die Bedeutung von Sätzen in Texten verändern, sondern auch Richtung und Stärke von Zaubern bestimmen. Allen gemeinsam ist die Form, die der Befehlsform unserer Sprache, dem Imperativ, entspricht", setzte Professeur Milet die Unterrichtseinheit zu den Machtrunen fort, jenen Zauberzeichen, wie sie auch auf Florymont Dusoleils Ultraschall-Hörhilfen eingraviert waren. "Allerdings", so setzte die Runenlehrerin mit einer klaren Aussage an, "können Machtrunen im Kontext mit anderen zauberzeichen ihre Wirkung anders entfalten, als der damit hantierende Thaumaturg es wünscht. Dies gilt vor allem für die Richtungsrunen, die Sie bereits von mir erlernt haben. So ist für die Machtrune "Erhebe" unabdingbar, daß genau festgelegt wird, was wohin erhoben wird. Wenn keine klare Grenze eingehalten wird, kann ein damit unterstützter Zauber eine Überreaktion herbeiführen oder die gegenteilige Zielwirkung haben. Wenn ich beispielsweise die Temperatur, also Wärme und Hitze meine, müssen die Runen für Wärme oder Hitze links oder rechts der Rune "Erhebe" stehen. Steht die Hitzerune links, so erhebt ein mit der Machtrune "Erhebe" unterstützter Zauber die Temperatur ab dem gerade vorherrschenden Wert bis zum Schmelzpunkt des mit ihr berunten Artefaktes. Steht die Hitzerune rechts, so kann die "Erhebe"-Rune den Gegenstand nur bis zu einem durch Begleitrunen festgelegten Grad anheben, beispielsweise durch die Runen für Dampf, Feuer oder Sonne, die dann zwischen der Macht- und der Eigenschaftsrune zu schreiben sind. Ja bitte, Monsieur Latierre?"

"Ihre Kollegin Professeur Fourmier reiste mit uns am letzten Donnerstag in das Schnatzerreservat bei Nizza, wo wir Artefakte ausprobieren durften, die uns die weit über der menschlichen Hörgrenze klingenden Laute der Schnatzer wahrnehmen ließen. Ich habe mir die Runen, die das möglich machten gemerkt. Da standen Eigenschaftsrunen, aber links von der benötigten Machtrune."

"Welche Machtrune bewirkte das?" Wollte die Lehrerin von Julius wissen. Er erwähnte die Rune "Erhebe". "Da haben wir ein Beispiel dafür, was Ausgangs- und Zielzustand angeht. Die Machtrune sollte also das Hörvermögen über die mit den Eigenschaften beschriebenen Laute erheben. Nun denke ich, daß der Erbauer des Artefaktes darauf achtete, eine feste Obergrenze einzuhalten." Julius bestätigte dies, weil das Artefakt auch zum Abhören tiefster Töne gedacht war. "Da herrschen dann also die Pinkenbachgesetze, die meine Kollegin Bellart Ihnen natürlich erläutert hat", erwiderte die Runenlehrerin. Sandrine fragte dann, ob dann die Machtrunen "Voran" und "Zurück" als Verstärker oder Verzögerer einsetzbar waren.

"nein, diese Machtrunen können immer nur im Bezug zu räumlichen Bewegungen oder zeitlichen Vorgängen verwendet werden und sind, sofern sie in Texten vorkommen, ausschließlich als Bekräftigungen zu sehen. So kann die Rune "Voran" in einem Text eine über Jahrhunderte reichende Zukunft bezeichnen und die Rune "Zurück" entsprechend eine weit zurückreichende Vergangenheit, wobei sie eine Zahl als Messgröße braucht und durch ihre Größe besagt, ob Jahrhunderte oder Jahrtausende gemeint sind." Sie schrieb kurz einige Zeilen an die Tafel, in der die Rune "Zurück" dreimal hintereinander auftauchte und von allen anderen Zeichen die größten war. Julius konnte dann noch die Runen für Land, Meer, Grund, Versunken und vergessen lesen und einen Satz aus Silbenzeichen, die den Namen Atlantis darstellten. Damit hieß der Satz "Vor sehr vielen Jahrtausenden versank das heute vergessene Land Atlantis im Meer." Julius mußte wie alle anderen schmunzeln. "Und wenn die Rune "Zurück" als Unterstützung eines zeitlichen oder bewegungsbezogenen Zaubers verwendet wird, so kann sie beispielsweise eine Rückkehr eines Gegenstandes an seinen Ausgangsort, zu seinem Eigentümer oder seinem Ursprungsland bezeichnen, aber auch rückwärtige Bewegungen ausführen lassen." Julius dachte auch daran, daß die ihm bekannten Zeitumkehrer und Florymonts Rückschaubrille durch diese Rune ihre Wirkung erhalten haben mochten. "In jedem Fall gilt, daß durch die Machtrunen, die zwar nicht dauerhaft sichtbar bleiben müssen, es aber zur Dauerhaftigkeit des Zaubers sein sollten, die Stärke und Haltbarkeit bestimmter Zauber ermöglichen. Kommen wir also nun, wo wir schon mal bei den Richtungsrunen sind, zu den Analogien, also Entsprechungen, die unter Umständen die Entfaltung festgelegter Zauber beeinflussen."

Nach der Stunde schwirrte den Schülern der Kopf. Julius überlegte schon, wie man mit den insgesamt zwanzig Machtrunen und den durch die Begleitrunen tausend Möglichkeiten weitere Zauber anstellen konnte. Als er das Denkarium gebaut hatte, waren ihm die Machtrunen ja schon begegnet, wie zum Beispiel "Zurück", "Erfülle" und "Erhalte". Doch wie viel gab es noch zu entdecken, wenn man mit Runen und Zaubern experimentierte. Er fühlte sich vollauf bestätigt, dieses Fach behalten zu haben, um auch eigene Zaubergegenstände herstellen zu können.

In Professeur Dirksons Verwandlungsstunde mußte er wieder hinter den halbdurchsichtigen Wandschirm, den er diesmal selbst und ungesagt aufzubauen hatte. Die Lehrerin wies ihn an, dort weiterzumachen, wo er letzten Montag aufgehört hatte. Viele seiner Klassenkameraden mußten immer noch mit der Hürde kämpfen, die einfachsten Sachen ungesagt verwandeln zu können. Millie, Laurentine und Céline waren schon dabei, Würmer in Schnecken und Fliegen in Schmetterlinge zu verwandeln. Bald würden sie wohl zu Wirbeltieren wie Mäusen und Fröschen übergehen, wenn das so weiterging. Julius mußte sich voll konzentrieren, die gestellten Aufgaben zu schaffen. Er sollte sich in verschiedene Affen von der Meerkatze bis zum Orang Utan verwandeln und mußte dabei immer genug Reservemagie in sich einlagern, um ohne Zauberstab seine Ausgangsgestalt wiederzubekommen. Nach fünf Ansetzen schaffte er die erste vollständige Verwandlung in ein Tier, das nicht seiner inneren Tiergestalt entsprach. Die sollte er erst wieder nach außen kehren, wenn er mit der Vivo-ad-Vivo-Autotransfiguration weit genug ausgebildet war, hatte die Lehrerin unmißverständlich festgelegt. Am Ende der Stunde war er genauso geschafft wie alle anderen. Laurentine hatte ein Terrarium beschworen, in dem sie dreißig Admiralsfalter herumflattern ließ. Millie hatte eine Schachtel voller Waldameisen, die vorher wahrscheinlich andere Insekten gewesen waren, und Célines Platz war mit silbrigem Schneckenschleim vollgekleistert, weil an die zwanzig große Schnecken darauf herumkrochen. Außer Belisama und Sandrine, die nun auch mit ungesagten Zaubern hantierten, hatten viele wohl noch Probleme, was an den halb auf dem Weg zwischen Ausgangsform und Zielform steckengebliebenen Probegegenständen erkennbar war. Professeur Dirkson lobte die Schüler und machte ihnen Mut, daß sie ja jetzt schon merkten, daß es immer leichter fiel, wenn die große Hürde erst einmal überwunden war.

Bei Professeur Fourmier ging es nach den Schnatzern um Feuerkrabben, die eigentlich wie Schildkröten mit glitzernden Panzern aussahen, jedoch lange Flammen aus ihren Hinterleibern schleudern konnten, auf denen sie wie auf einer Rakete mehrere Meter weit springen konnten. Hier war das Anlegen von Reiß- und feuerfester Kleidung dringend geboten.

"Mit diesen Geschöpfen sollte man sehr behutsam umgehen", sagte die Lehrerin mit den magischen Gliedmaßen. "Einer meiner Kollegen meinte vor vier Jahren, eine illegale Kreuzung aus Mantikoren und Feuerkrabben im Unterricht für Viertklässler durchnehmen zu können, was immer wieder zu gefährlichen Konflikten mit diesen Hybriden führte." Julius konnte sich denken, wer dieser Lehrer war. Für das Bringen von Monstern im Unterricht kam seines Wissens nach nur dieser eine in Frage. Ja, und er erinnerte sich sofort an die knallrümpfigen Kröter, eine neue Lieblingsspecies von Hagrid und an die Artikel von Rita Kimmkorn. So fühlte er sich berufen, noch was dazu beizusteuern. Er zeigte auf und durfte sprechen.

"Ich war damals Schüler in der Schule, aber da gerade erst in der zweiten Klasse. Ich erinnere mich noch gut an diese geschöpfe. Die sahen aus wie riesige, gepanzerte Würmer mit Skorpionschwänzen und vielen Zähnen. Einige davon kamen beim letzten trimagischen Turnier in der dritten Aufgabe vor. Knallrümpfige Kröter wurden die Geschöpfe genannt."

"Natürlich, Sie waren da ja noch in Hogwarts", sagte die Lehrerin. "Können Sie uns aufzeichnen, wie diese Kreaturen ausgesehen haben?" Sie scheuchte zwei Feuerkrabben in den feuerfesten Käfig zurück, aus dem die Schüler immer die eine oder andere nehmen konnten, um die Reichweite des Feuersprungs, den Julius scherzhaft Turbobooster nannte, abmessen zu können. Julius nickte und überlegte, ob er die Kreaturen auf Pergament oder als materielose Abbildung in die Luft zeichnen konnte. Er wählte die räumliche Illusion und konzentrierte sich, bis er das Ungeheuer vor seinem geistigen Auge hatte, daß am Silvesterabend von Hagrid auf das Schulgelände losgelassen worden war, um ein bißchen Feuerwerk zu machen. Dann murmelte er "Projecta Imago! viva in Spatio!" ER fühlte wie seine Zauberstabhand vibrierte, während er die Größe der Projektion nachzeichnete, bis mit einem kurzen Flirren jenes Ungetüm frei vor allen in der Luft schwebte und dann vom Zauberstab dirigiert, erst durchscheinend und dann konturscharf und lichtundurchlässig auf seinen krabbenartigen Beinen landete. Aus dem Hinterleib des Geschöpfes zuckte ein meterlanger Flammenstrahl hervor. Doch das Ungeheuer wurde davon nicht vorangetrieben. Auch die Feuerkrabben im Käfig konnten die magische Bildprojektion sehen und warfen sich herum, um ihrerseits mit wütenden Feuergarben dem vermeintlichen Revierrivalen einzuheizen. So baute sich vor dem Käfig eine durch die feuerfesten Gitter unterteilte Flammenwand auf, die mit lautem Gefauch und Prasseln immer wieder zusammenfiel und neuerstand. Professeur Fourmier prüfte mit einem Zauberstabschlenker, ob es wirklich nur eine nichtstoffliche Erscheinung war und dozierte dann: "Exzellente Reproduktion des Erscheinungsbildes, Monsieur Latierre. Zwanzig Bonuspunkte für diese gelungene Darstellung. Ich habe das zweifelhafte Vergnügen besessen, ein Paar dieser sogenannten Kröter für die Abteilung für Wesen ab Gefahrennklasse XXXX zu erwerben. Doch ich verzichtete darauf, diese Kreaturen in die magische Menagerie von Millemerveilles einzugliedern, weil ich für die Unversehrtheit der Tierpfleger keine Garantie übernehmen konnte. Sonst hätten wir gleich ein Paar Drachen dort unterbringen können. An diesem immateriellen Facsimile können wir gut die Merkmale von Mantikoren und Feuerkrabben erkennen." Sie deutete auf Panzer, Klauen, Maul und Hinterteil, um die betreffenden Einzelheiten aufzuzeigen. Julius hielt seinen Zauberstab auf die Abbildung gerichtet. Da er nur eine vorübergehende Projektion aufgerufen hatte, würde sie sofort verschwinden, wenn er den Stab von ihr abwandte. "Die Mantikore", so holte sie zum Schluß ihrer Erklärungsrunde aus, "Werden wir in den nächsten Monaten ebenfalls besprechen. Allerdings müssen wir hierzu wieder eine Reise machen, da wir diese gefährlichen Ungetüme nicht auf dem Gelände von Beauxbatons halten können. Danke, Monsieur Latierre! Sie dürfen die Projektion nun erlöschen lassen." Julius senkte dafür nur den Zauberstab. Ohne Laut und nur von einem kurzen Flackern begleitet verschwand das räumliche Abbild des Kröters. "Bitte notieren Sie alle sich noch, daß die Kreuzung zweier an sich schon hochpotenter Tierwesen im Ergebnis eine Potenzierung erfährt und daher doch besser unterlassen werden sollte, schon gar, wenn zwei an sich gefährliche Kreaturen zu einer Mischform weitergeführt werden. Insofern hatten Sie und Ihre Mitschüler damals wohl großes Glück, daß diese Kröter niemanden getötet haben, obwohl sie es wohl sehr leicht gekonnt hätten. Ich hörte aber in dem Zusammenhang auch, daß sie Juvenilkannibalen sind, sich also im Jugendstadium gegenseitig auffressen, ähnlich wie die Wüstenwollwürmer Nord- und Mittelamerikas."

"Die sind auch als Erwachsene Kannibalen", wußte Julius noch einzuwerfen, als er sprechen durfte. "Am Ende hatte der Lehrer nur ein Exemplar übrig." Die Lehrerin sah ihn verlegen an und nickte dann. "Was auch ein Grund ist, diese Kreaturen nicht in einem magischen Tierpark zu halten. Besteht Ihrerseits die Möglichkeit, Erkundigungen einzuholen, ob dieses verbliebene Exemplar noch in Hogwarts gehalten wird?" Julius bestätigte das. "Gut, dann beschaffen Sie mir diese Information bis zur nächsten Stunde!" erteilte ihm Professeur Fourmier eine Anweisung. Dann ging es weiter mit den Feuerkrabben.

Julius war froh, in der Freistunde am Nachmittag alle Schriftaufgaben für Milet fertig zu kriegen. Er Fragte bei Aurora Dawns Bild an, was aus dem letzten Kröter geworden sei und erfuhr, daß Hagrid das Ungeheuer im Sommer nach dem trimagischen Turnier klammheimlich nach Rumänien hatte ausführen lassen, wo es im dortigen Drachenreservat herumgekrochen sei, bis es sich mit einem Hornschwanzweibchen überworfen und dabei sein Dasein ausgehaucht habe. Danach seien keine neuen Kröter mehr gezüchtet worden, zumal die erhofften Tierprodukte nicht entstanden.

Eine Viertelstunde vor der Verwandlungs-AG traf er sich mit seiner Frau in der Eingangshalle des Palastes. Von dort aus zogen sie dann zum Kursraum. Dort mußte Julius unter der Aufsicht von Constance Dornier wiederholen, was er am Morgen gemacht hatte, aber auch einige Fremdverwandlungen an Millie oder ihr vornehmen. Darauf hatte Professeur Dirkson bestanden, weil sie wußte, daß Verwandlungsstrafen zu den Vorrechten der Saalsprecher gehörten. Als Millie Julius mit einem Verwandlungszauber belegen sollte mußte Julius schnell einwenden, daß es dabei ein Problem geben könne, weil jeder Verwandte, der ihn verwandelte, mit dem Lebenskraftverstärkungszauber seiner Schwiegergroßmutter wechselwirkte und Julius sich dann ohne daß er oder der ihn bezaubernde es wollte immer in ein dem alter entsprechendes Abbild Ursuline Latierres verwandeln würde. Professeur Dirkson sah Julius erst so an, als wolle der sie verulken. Doch dann verzog sie das Gesicht und lief an den Ohren rot an. "Das war es, was mir Madame Faucon geraten hatte, bei dir sicherzustellen, daß du nicht von deinen Verwandten mit Verwandlungszaubern belegt wirst. Stimmt, sie erwähnte sowas, daß es wegen eines magischen Geschenkes an dich zu einer Afinität zu einer bestimmten Körperform kommen würde, wenn dich ein Verwandter ersten bis dritten Grades mit Verwandlungszaubern belegen wolle. Dann mußt du wohl wieder herhalten, Constance."

"Ob das so toll ist", grummelte Constance. "Nachher macht sie aus mir noch ein Kaninchen."

"Fangen wir mit einer Katze an", sagte die Lehrerin locker. Doch jeder hier erkannte es als unmißverständlichen Befehl. Millie fragte wegen Constance noch einmal nach, ob sie das wirklich tun sollte. "Ich beaufsichtige diesen Vorgang", sagte Professeur Dirkson und nickte Mildrid zu. Diese konzentrierte sich. Durch die Übungen in Tier-zu-Tier-Verwandlungen war es nur noch eine kleine Hürde, gegen den willentlichen Widerstand und die PTR einer Mitschülerin anzukämpfen. Doch sie brauchte drei Ansätze, wobei sie mit laut hergesagten Zauberformeln vorging. "Corpus tuum in corpore Katze transmuto!" Hörte Julius. Er wußte, daß die muttersprachlichen Wörter für das Verwandlungsziel funktionierten. Er hatte aber gelernt, daß der Zauber noch besser lief, wenn das der Zaubersprache entsprechende Zielwort benutzt wurde, also in dem Fall "Cati", weil die Formel im Latein der Magier gehalten war. Nach dem dritten Ansatz konnte man an Constance nichts menschliches mehr erkennen. hatte sie beim ersten Versuch Barthaare, Ohren und einen Katzenschwanz erhalten, war sie nach dem zweiten Versuch auf Katzengröße geschrumpft und erst beim dritten Ansatz vollständig zu einer nachtschwarzen, sehr dünnen Katze umgewandelt worden. Allerdings gelang die Rückverwandlung nach einer Minute im ersten Ansatz.

"Tat schon gut weh, als dieser Zauber nicht ganz richtig gewirkt hat", knurrte Constance. Julius sollte die Verwandlung wiederholen. Dies tat er laut sprechend, wobei er die Formel vollständig lateinisch aussprach. Unter einem violetten Blitz wurde Constance auf einen Schlag zur nachtschwarzen Katze. Außer der Fellfarbe, die ihrem Haar entsprach, hatte sie die dunkelgrünen Augen behalten, die auch ihre Schwester Céline besaß. Mit einem ungesagten Reverso-Mutatus-Zauber gab Julius seiner Kurskameradin nach einer Minute ihre angeborene Erscheinungsform zurück.

"Müssen wir also bei Tierverwandlungen die Tiernamen in einer anderen Sprache können?" Fragte Millie die Lehrerin.

"Sagen wir es so. Es macht den Zauber leichter ausführbar, ist aber nicht unbedingt nötig, weil die in den Zauber eingewirkte Vorstellung des Ziels ausschlaggebend ist. Die sprachliche Einheit fördert nur die Geschwindigkeit und Leichtigkeit des Zaubers. Aber ich erwarte jetzt nicht von dir, daß du Latein, Griechisch oder die altkeltischen Dialekte lernst, in denen es auch noch Zauberformeln und Ritualzauber gibt", sagte die Lehrerin, während Constance fragte, ob jetzt genug an ihr herumgezaubert worden sei. Professeur Dirkson bot sich an, sich von Julius in eine Kuh verwandeln zu lassen. Er fragte sie, ob sie sich sicher sei, daß sie danach nicht mit Hörnern und vier Zitzen weiterleben müsse. Sie meinte, daß sie gesehen habe, daß er bereits sehr fit in Verwandlungszaubern sei und durch seine vorgeführten Lateinkenntnisse wohl auch keine größeren Schwierigkeiten bei der Zielgenauigkeit haben würde. "Ich möchte nun wissen, ob du mit deiner angeborenen und ständig verstärkten Begabung bereits gegen meine PTR ankommst. Der Umstand, daß du ein großes Tier aus mir machen sollst erschwert das noch. Aber keine Sorge. Der Rückverwandlungszauber sitzt bei dir und Constance sicher genug, um mich nicht zu den Abraxas-Pferden auf die Weide schicken zu müssen", sagte Eunice Dirkson. Julius fragte sich, ob er bei Blanche Faucon ein ähnlich hohes Vertrauen genossen hätte. Doch offenbar, so vermutete er, hatte sie ihrer neuen Kollegin geraten, ihn zu fordern und alles ihm mögliche abzuverlangen. So konzentrierte er sich und führte den Zauberstab, wie er es bei Mensch-zu-Tier-Verwandlungen machen sollte: "Corpus tuum in Corpore Vaccae transmuto!" Stieß er aus, nachdem ihm das Wort für "Kuh" eingefallen war und er eine typische Alpenkuh mit schwarz-weißem Fell vor sich zu sehen glaubte. Er fühlte, daß da ein Widerstand war. Doch dann brach dieser mit lautem Knall weg. Ein violetter Blitz traf Professeur Dirkson, die unverzüglich anwuchs, auf die zu behaarten Beinen werdenden Arme fiel, während ihr grasgrüner Umhang zu dichtem, schwarz-weißem Fell wurde. Ihre Brüste schienen auf einer unsichtbaren Schiene nach hinten zu rutschen und vereinten sich zu einem Euter. Aus dem breiten Rinderschädel schnellten die leicht gekrümmten Hörner. Julius wollte Eunice Dirkson fragen, ob sie ihn verstand, als diese sich umkehrte und davontrottete. Der Geruch von Kuhstall wehte durch den Kurssaal. Julius folgte ihr zusammen mit Millie. Eunice Dirkson lief zu einer Wand, vor der andere Schüler mit Selbstverwandlungen herumprobierten. Dort hingen vier große Spiegel. Sie blickte aus ihren nun dunkelbraunen Augen in das Glas und nickte dann. Antoine Lasalle aus der siebten wandte sich um, weil ihm die ländliche Duftnote in die Nase gestiegen war und fragte: "Huch, wer bist du denn? Connie Dornier oder einer von den Latierres?" Ein lautes Muuuh war die Antwort. Da sah er Julius.

"Ähm, hast du deiner Frau Hörner aufgesetzt, Julius?" Fragte Antoine. Da sah er Millie, die grinste.

"Öhm, zeige ich dir gleich, wer das ist, falls sie will, daß ich das wieder rückgängig mache." Die Kuh sah ihn mit großen Augen an und nickte dann. Julius rief den Reverso-Mutatus-Zauber aus. Er wollte kein Risiko eingehen. Unter einem weiteren violetten Blitz verschwand die Kuh und machte Eunice Dirkson Platz, die Antoine schalkhaft angrinste und sich dann an Julius wandte.

"Schwarz-weiß sah schon hübsch aus. Aber du sollst den Rückverwandlungszauber ungesagt können. Also noch mal!" Dabei führte sie den Zauberstab gegen sich und murmelte "Revoco Mutationem!" Da knallte es, und die schwarz-weiße Kuh stand übergangslos wieder da. Julius räusperte sich und sah das Rindvieh an, das eben noch eine Lehrerin gewesen war. Den Zauber kannte er offenbar noch nicht, eine aufgezwungene Verwandlung an sich selbst zu wiederholen. Dann vollführte er ungesagt den Reverso-Mutatus-Zauber und schaffte es ohne Übergang, die Verwandlungslehrerin zurückzubringen.

"So und nicht anders, Jungchen. Fünfzig Bonuspunkte für die Erfüllung der Aufgabe und fünf Strafpunkte für Vernachlässigung der eigenen Leistungsgrenze, Monsieur Latierre."

"Warum ausgerechnet 'ne Kuh?" Fragte Antoine, der immer noch die grünen Haare hatte, die er sich bewußt oder ungewollt verpaßt hatte.

"Ein Ziegenbock paßt nicht zu mir", sagte die Verwandlungslehrerin und führte ohne Vorwarnung den Zauberstab gegen Antoine, der schlagartig zu einem giftgrünen Ziegenbock wurde. Mit einem kurzen Schlenker ließ sie das Fell grau-schwarz umschlagen.

"Mildrid, wenn ich bis vier gezählt habe kehrst du die Verwandlung wieder um", sagte sie. Der Ziegenbock Antoine meckerte. Man hörte ihm an, daß er zu sprechen versuchte. Doch außer Animagi und durch Außenwirkung ihre innere Tiergestalt annehmende Zauberer konnten in Tiere verwandelte Menschen keine menschlichen Laute mehr ausstoßen. Er senkte den Kopf mit den langen, spitzen Hörnern, während sein Kamerad schadenfroh grinste. Millie stellte sich bereit und konzentrierte sich. "Ungesagt, Madame Latierre", mußte Professeur Dirkson noch einwerfen. Julius hielt sich bereit, notfalls den Bock zum Mitschüler zu machen. Doch die Lehrerin roch das trotz des noch immer wehenden Kuhgeruchs und des nun aufkommenden Ziegengestanks und bedeutete ihm, einige Schritte wegzugehen, damit seine Frau nicht irritiert würde. In zehn Metern Abstand durfte er zusehen. Millie konzentrierte sich. Doch es gelang ihr nicht im ersten Ansatz. Statt des reinrassigen Ziegenbocks erhob sich ein struppiges Wesen mit Menschenarmen, Bocksbeinen und gehörntem Schädel. "Fehlt nur noch die Schwefelwolke", dachte Julius einen Moment, bis er sah, wie Millie den Zauber noch einmal ausführte und Antoine ganz in einen Menschen zurückverwandelte.

"So, das ist die Übungseinheit für euch drei heute. Verwandlung und Umkehr", legte Professeur Dirkson fest und schickte Millie und Julius zurück zu Constance. Dabei hörten sie noch Antoine protestieren: "Sie können mich doch nicht zum Übungsding für eine nehmen, die noch nicht ungesagt zaubern kann."

"Ich könnte dich auch in eine Ziege verwandeln", hörten sie Professeur Dirkson noch antworten, bevor sie zu weit von den Spiegelwänden fort waren. Julius feixte: "Ganz richtig hast du den Zauber nicht umgekehrt. Der meckert noch immer." Millie kniff ihm in die Nase und meinte, daß er Glück habe, daß sie schon genug Tanten um sich herumlaufen habe und sie sich nicht mit ihm zanken wollte, wer in ihrer Ehe die Babys zu kriegen habe. Das hörte Constance und meinte: "Millie, ich weiß, du bist schon scharf drauf. Aber wenn du das erste hast siehst du das nicht mehr so locker."

"Du bist mit deinem auch glücklich geworden, wissen wir", sagte Millie zu Constance. Da flogen ihnen drei weiße Tauben zu, die sich auf den Tisch setzten und zu Übungszetteln wurden. Julius fragte ohne auf eine Antwort zu hoffen, ob Eunice Dirkson Maya Unittamos Tochter sei. Denn dieser verspielte aber meisterhafte Umgang mit Verwandlungszaubern war eher das Markenzeichen der amerikanischen Verwandlungsgroßmeisterin.

"Zumindest hat sie Stil", meinte Millie dazu und sortierte die Zettel. "Also, Constance, du möchtest aus mir irgendwas mittelgroßes machen, Schweinchen, Schwan, Hündin oder dergleichen. Julius soll mich dann zurückverwandeln. Ich soll dann dich in was kleines, Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Ratte oder Zwergpudel verwandeln und ungesagt zurückverwandeln. Weil ich Julius nicht aus Versehen in meine eigene Großtante verwandeln soll darfst du dann was aus ihm machen, wie bei mir. und ihn dann zurückverwandeln. Er soll dann irgendwas mit mir und danach mit dir anstellen, was hoffentlich umzudrehen ist, um deine gegen meine PTR zu vergleichen."

"Na super", meinte Julius. "Und wer garantiert mir, daß du dann nicht aus Versehen Oma Lines kleine Schwester wirst?"

"Der Umstand, daß dazu nichts mehr fehlen würde und die Magie dann mit lautem Knall im Nichts verpufft", konterte Millie darauf. So ging es dann los. Ein wenig Mulmig war den dreien schon. Doch nach fünf Runden, wobei Millie es nach dem ersten Ansatz lieber doch verbal machte, kamen die drei auf den Geschmack. So wurde Constance unter Julius' Zauber einmal zur nachtschwarzen Stute, er unter Constances Zauber einmal zum Palomino-Hengst, Millie immer mal wieder zur Bache, rotbraunen Wölfin oder zur Straußenhenne. Constance wurde zwischendurch zum schwarzen Huhn, zu einer Krähe oder zum Meerschweinchen. Was kleineres wollte Millie besser nicht ausprobieren, weil um sie herum Schreie großer Vögel erklangen und Julius auch einmal eine schwarz-weiß-rote Katze sah, die sich aber dann in patrice Duisenberg zurückverwandelte. Als Julius einmal Pause machen durfte, weil Millie an Constance eine Mensch-zu-Pferd-Verwandlung ausprobierte, konnte er sehen, wie Antoine Lasalle zu weißem Nebel zerfloß und sich nur mit Mühe zurückverfestigte. Das sollte er in diesem Jahr also auch schon lernen. Professeur Dirkson kam noch einmal zu den dreien und prüfte, ob alles so ablief, wie sie es wollte. Nach sieben beobachteten Übungsrunden erklärte sie, daß sie alle das Tagesziel erreicht hatten. Sie durften nun eine längere Pause machen, um sich zu erholen.

"Wie geht das, daß sie Briefe in Vögel verwandeln, die genau dahinfliegen, wo sie hinsollen und sich dann zurückverwandeln?" Wollte Constance wissen.

"Den habe ich vor sieben Jahren als Scherz für meine Kinder erfunden. Im Lehrbuch steht der Zauber noch nicht drin. Er gehört aber zu den Drei-Stufen-Verwandlungen, von denen ihr ja sicher schon gehört habt."

"Auch anstrengend", sagte Constance. "Professeur Faucon hat die uns im letzten Jahr lernen lassen. Aber das damit auch Postsendungen bezaubert werden können, sich selbst zuzustellen wußte ich nicht. Aber es würde doch auch gehen, die Briefe zu teleportieren, wenn Sie sie nicht per Eule verschicken möchten."

"Die Probleme dabei sind, daß ein teleportierter Brief mit zunehmendem Abstand immer schwerer zu verschicken ist und leicht in falsche Hände geraten kann. Mein Litteravis-Zauber ist von Entfernungswiderständen unabhängig, kann sich auf der Reise zum eindeutigen Adressaten mit Nahrung versorgen und wird nur im Blickfeld des festgelegten Empfängers zum Brief oder Notizzettel. Ich tüftel gerade daran herum, auch Insekten als Überbringungsstufe auszuführen. Aber die sind in der Natur hochgradig gefährdet. Deshalb nehme ich lieber Vögel wie Brieftauben oder Falken. Eulen gingen zwar auch, aber da bekäme ich dann Ärger mit der internationalen Züchtergesellschaft für Posteulen. Deshalb wende ich diesen Zauber auch selten an, wenn ich nicht weiß, ob die Posteule in Gefahr gerät und ob der Empfänger nicht gerade in einer Muggelwohngegend zu finden ist, wo Eulen auffallen. Jedenfalls gehört ihr in diesen Kurs und könnt bald die gegenständlichen Selbstverwandlungen anfangen. Reverso-Mutatus sitzt bei euch allen, daß ich euch nicht immer dabei beaufsichtigen muß." Julius wollte gerade was dazu sagen, als ein unverkennbares Summen seine Selbstbeherrschung erschütterte. Mit hastig suchendem Blick schaute er sich um und sah eine ausgewachsene Bienenkönigin, die um ihn herumschwirrte. Er konnte gerade so den Abwehrreflex unterdrücken, nach dem großen Insekt zu schlagen. Es landete auf dem Boden und blähte sich auf, bis die gerade um die einen Meter vierzig messende, kugelrunde Corinne Duisenberg vor ihm stand. "Oh, das wollte ich jetzt nicht, Julius", sagte sie schnell, bevor Julius seinen Geist verhüllte. Er nickte. Sie mochte auch in der Tiergestalt erfaßt haben, daß ihn ihr Anblick verängstigt hatte.

"Du hast es also perfektioniert, Corinne", bemerkte Professeur Dirkson.

"Jetzt gelingt das ganz schnell. Madame Faucon hatte recht, daß es da eine Schwelle gibt, die erst überwunden werden muß", erwiderte Corinne. "Vor allem muß ich ja mit der Goldbrosche in die Verwandlung rein, die ja einen höheren Verwandlungswiderstand bietet." Millie und Julius nickten.

"Ich las es, daß du dich registrieren lassen möchtest. Andererseits ist eine solitäre Bienenkönigin im Freiland sehr gefährdet", erwiderte Professeur Dirkson.

"Ich möchte das auch nur machen, wenn ich schnell und beweglich sein möchte wie nötig", sagte Corinne und lächelte Julius an. Der fragte deshalb:

"Ist das deine innere Tiergestalt, Corinne?" Sie nickte und antwortete ihm darauf, daß sie es im letzten Jahr im Unterricht erfahren hatte, als die inneren Tiergestalten thema waren und sie mit dieser Gestalt schon sehr zufrieden war. Millie fragte, warum eine Bienenkönigin und keine einfache Honigbiene. Sie hatte zwar einen gewissen Verdacht, wollte sich den aber bestätigen lassen.

"Weil bei inneren Tiergestalten immer die ranghöchste, fruchtbare Erscheinungsform entsteht", erklärte Professeur Dirkson. Millie nickte.

"Also, um das für euch zwei noch einmal festzuhalten, es ist nicht verbindlich, daß jemand die innere Tiergestalt annehmen muß, um ein Animagus zu werden. Sie ist nur leichter annehmbar und nach den üblichen Hürden auch am leichtesten ohne Zauberstab wieder umzukehren", bekräftigte Professeur Dirkson. Dann bat sie Corinne, ihr vorzuführen, ob es ohne Zauberstab ginge. Sie nickte und konzentrierte sich. Julius sah, wie sie innerhalb von zwei Sekunden schrumpfte. Ihr Schulmädchen-Kostüm wurde zu einem schwarz-gelb geringeltem Chitinpanzer. Aus ihrem Rücken sprossen vier durchsichtige Flügel, aus ihrem Kopf zwei lange Antennen und zwischen Armen und Beinen wuchs ein drittes Gliederpaar aus dem Körper. Der Hinterleib zog sich lang. Bei einer befruchteten Bienenkönigin wäre dieser wohl mit vielen Eiern prall geschwollen. Corinne stieg surrend vom Boden auf und flog erst leicht schwankend und dann immer sicherer zu ihrem Ausgangspunkt zurück, wo sie neben Belisama Lagrange auf einem freien Stuhl landete und ihre gewohnte Gestalt zurückgewann.

"Das lernen wir auch, Julius", meinte Millie zu ihrem Mann. "Wenn wir schon gegen die Broschen und Armbänder anzaubern können können wir auch Animagi werden." Julius sah etwas verlegen aus. Constance grinste leicht verächtlich. Dann meinte sie.

"Wir haben es ja schon gesehen, daß Julius ein weißer Elefantenbulle werden kann. Aber willst du wirklich eine Animaga werden, Mildrid."

"Bei der inneren Tiergestalt wäre das kein schlechtes Ding", meinte Millie und bat Professeur Dirkson, ihr für einige Sekunden die innere Tiergestalt als äußere Erscheinung zu geben. Die Lehrerin nickte und führte jenen Zauber aus, der einen kurzen Schauer bunter Blitze produzierte, worauf an Millies Stelle eine stattliche, geschmeidig wirkende Braunbärin stand. Constance sagte: "Ich seh's ein, daß du damit wunderbar klarkämst." Millie brummte mit zwei Oktaven tiefergestellter Stimme: "Hat schon was für sich. Schön groß, stark und gewandt." Julius nickte zustimmend. Dann wurde aus der großen, braunen Bärin wieder die rotblonde Junghexe, wobei der Größenverlust nicht so stark ausfiel, da sie ja schon einen Meter und neunzig Zentimeter überschritt. professeur Dirkson nickte den beiden noch einmal zu und eilte zu Corinne und Belisama hin.

Den Rest der Übungseinheit verbrachten die drei mit ungesagten Vivo-ad-Vivo-Verwandlungen anderer Tiere.

Abends beim Schach trat Julius gegen seine Schwiegertante patricia an und schaffte es erst kurz vor zehn Uhr, die Partie zu gewinnen. Damit war das schulweite Schachturnier eröffnet, bei dem über das Jahr verteilt die acht Besten ausgespielt wurden, die an den letzten vier Montagen im Schuljahr gegeneinander anzutreten hatten.

Abends im Schlafsaal der Sechstklässler unterhielt sich Julius mit Aurora Dawns Bild-Ich, das berichtete, daß die große Spinne immer noch in Australien unterwegs war. Offenbar habe sie Gefallen daran gefunden, immer weit weg von ihrem letzten Sichtungsort entfernt wieder zuzuschlagen, wobei sie sich vor allem auf Schafe spezialisiert habe.

"Gestern hat ein um fünf Tiere geprellter Schäfer der Polizei erzählt, er habe eine nackte Landstreicherin gefunden, die ihm die erregendste Nacht seines Lebens bereitet habe. Von der Beschreibung her war es diese Kreatur in Frauengestalt."

"Habt ihr langsam den Zauber raus, um sie endlich lahmzulegen. Nachher kriege ich noch Mordanklagen, weil dieses Flittchen Leute umgebracht hat."

"Dazu müßten die erst einmal wissen, daß du für dieses Biest verantwortlich bist, und das weiß keiner außer meinem Original. Offiziell ist dieses Wesen aus dem Uluru ausgebrochen, als es die es festhaltende Magie überwinden konnte und weiß nun nicht, wohin es kann. Ein winziger Hoffnungsschimmer ist, daß sie die geklauten Zauberstäbe nicht behalten kann, wenn sie zur Spinne wird. Offenbar ist das bei ihr keine Animagus-Verwandlung, sondern eine Abart der Lykanthropie."

"Na ja, aber die Leute, denen sie die Zauberstäbe klaut ...", erwiderte Julius.

"Wachen wieder auf. Offenbar kann sie als Frau doch noch überlegen, wen sie leben läßt oder nicht. Ich fürchte nur, daß sie die Zauberer anderweitig abnutzt."

"kann ich mir auch denken", grummelte Julius. "Aber wie ist das jetzt mit dem Verlangsamungszauber?"

"Das Ministerium hat einen entwickelt, den es auf eine verschließbare Kammer legen kann. Aber das Problem ist, sie dahinzulocken."

"Im Zweifelsfall muß ich noch mal zu euch", seufzte Julius. "Die sucht ganz sicher noch nach mir."

"Das verbietet dir mein Original. "Abgesehen davon wird dir Madame Faucon das auch verbieten und dich hinter sich anketten wie Madame Maxime, wenn du das nicht sehr schnell wieder vergißt, Julius. Wir haben es bisher hinbekommen, sie als Spinne rechtzeitig von größeren Siedlungen fernzuhalten. Wenn wir herausbekommen, wie wir sie in den Schlafraum locken können, ist die demnächst erledigt. Zumindest kann sie nicht in Sanctuafugium-Zonen eindringen. In Perth hat sie es nämlich mal versucht, einem jungen Zauberer nachzujagen, der bei seinen Eltern lebt, davon einem Vater in der australischen Sektion der Liga gegen dunkle Künste."

"Stimmt, die Schlangenmenschen kamen da auch nicht richtig durch. Aber sie kamen schon ziemlich weit rein", erinnerte sich Julius.

"Problem nur, daß dieser Zauber nicht mehr von jedem beherrscht wird, der im Ministerium arbeitet." Das Bild-Ich überlegte wohl, ob es noch was sagen sollte und bekam dabei einen traurigen Gesichtsausdruck. Doch dann sagte die gemalte Aurora nur noch: "Du bleibst auf jeden Fall mit deinem Hintern in Beauxbatons und lernst das, was du noch lernen kannst und lernen mußt, bevor du dich diesem Biest als Futter anzubieten meinst. Ich denke, Millie hätte da auch was gegen, wenn du sie vor dem ersten Kind für immer verlassen würdest oder gegen deinen Willen Ehebruch begehst. Also vergiss es, zu uns zu kommen! Schlaf gut!" Julius wünschte der gemalten Aurora Dawn auch eine gute Nacht. Zumindest verstand er jetzt, warum Madame Faucon ihm bisher nicht den Lotsenstein oder das Intrakulum überlassen hatte. Dann fiel ihm ein, daß er gegen Naaneavargia eben doch keine so guten Chancen hatte und womöglich derjenige, der sie in den Schlafkerker lockte, mit ihr zusammen dort eingeschlossen werden mußte, wie der Speck in der Mausefalle auch von der Maus angefressen wurde und der Wurm an der Angel im Bauch des Fisches verschwand, der anbiß. Ja, Millie hätte was dagegen, und Madame Faucon hätte ihn in der Tat hinter sich angebunden, um ihn hierzuhalten. War schon ein blöder Gedanke, den er da ausgesprochen hatte. Mit dieser Erkenntnis drehte er sich in seine Schlafstellung.

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Dedalus war wie ein scharfer Bluthund. Er blieb von Beginn der Trainingseinheit bis zum Ende auf dem Feld und wachte darüber, daß niemand, vor allem nicht Julius, den Dawn'schen Doppelachser flog. Er mußte sogar noch gehässige Kommentare anbringen, daß sie jetzt wohl wieder lernen mußten, Quaffel ordentlich zu erfliegen, Klatschern auszuweichen und den Schnatz zu verfolgen. Am ersten Samstag im Oktober sollte das Eröffnungsspiel gegen die Roten losgehen. Auf Célines Frage, ob er diese auch überwachte meinte er: "Ich hätte zwar besseres zu tun, aber weiß genau, daß ihr alle jede Gelegenheit nutzt, um Vorteile zu ergaunern, ob in der Schule oder auf dem Spielfeld."

"Und was machen Sie, wenn sich die anderen das Manöver abgeschaut haben?" Fragte Louis Vignier herausfordernd.

"Tja, dann kriege ich die beim Spiel dran, wenn die es auch nur einmal anwenden", blaffte Dedalus und jagte auf das Tor zu, wo gerade die Treiber die Klatscher auf Monique Lachaise zuspielten, um ihre Reflexe zu testen.

"Wieviele Strafpunkte bekäme ich, wenn ich den ein Arschloch nennen würde, Julius?" Fragte Louis den Kameraden, als sie gerade so in Flüsterweite nebeneinander herflogen.

"Zu viele, Louis. Das ist dieser Mensch nicht wert, dafür zu putzen und auf den Strand zu verzichten", sagte Julius.

"Wollte ich nur wissen", grummelte Louis und schwirrte schnell zur Seite, weil ein Klatscher genau auf ihn zukam. Julius sah, wie Louis fast zum Doppelachser ansetzte, aber gerade so noch eine Rolle machte, um dem schwarzen Ball auszuweichen. Céline beschäftigte Dedalus, weil sie andauernd um ihn herumflog und Manöver flog, die sehr gewagt waren und sie immer wieder gefährlich nahe an Dedalus' Besenschweif herantrieben. Offenbar war ihr danach, diesen Antreiber richtig zu foppen. Der brüllte sie mehrmals an und hätte dabei fast einen Klatscher geschluckt, den Esther Dirkson schlug, die als Reservetreiberin aufspielen wollte, wenn es nicht gerade gegen die Roten ging.

"Hätte der kleine schwarze Kullerball ihm fast das Maul gestopft", lästerte Louis. Doch Dedalus hörte es und kam wie eine aufgescheuchte Wespe zurückgeschwirrt.

"Wie war das eben, Vignier? Was hast du da gerade von dir gegeben?" Bellte der Fluglehrer den Drittklässler an.

"Schlecht hören kann er auch gut", feixte Louis und zischte auf seinem Ganymed 8 davon. Doch Dedalus flog den Zehner und hatte ihn eine Sekunde später schon eingeholt. "Das sind mal eben fünfzig Strafpunkte wegen Beleidigung eines Lehrers und Sprechbann bis morgen früh zum Unterricht. Schade das Dorniers Balg nicht mehr im Palast ist. Dann hättest du dessen vollen Windeln mit der Hand sauberschrubben dürfen. Aber ich finde noch was, um dir Respekt beizubringen. Taceto!"

"Entschuldigung, Professeur Dedalus! Haben Sie eben "Balg" zu meiner Nichte gesagt?" Fragte Céline Dornier, die die Strafpredigt aus knapp zehn Besenlängen Abstand mitverfolgt hatte.

"Ja, habe ich, und dir würde ich raten, das hinzunehmen, Mädchen. Ist ja wie du selbst gesagt hast nicht dein Balg."

"Das lasse ich mir von Professeur Delamontagne und Professeur Trifolio bestätigen, ob ich das hinzunehmen habe. Beleidigung von Familienangehörigen ist Lehrern nicht erlaubt. Das steht in den Schulregeln, Professeur Dedalus", erwiderte Céline und sah alle anderen an, die ihr zunickten. "Ich habe genug Zeugen für Ihre Entgleisung. Wenn Sie von uns Selbstbeherrschung und Disziplin verlangen, müssen Sie als Lehrer mit gutem Beispiel vorangehen."

"Was wird das hier, Meuterei, Dornier?" Schnaubte Dedalus.

"Meutern kann man nur gegen den Kapitän, und Sie haben öffentlich erklärt, nur Schiedsrichter zu sein", erwiderte Céline. Julius mußte sich arg anstrengen, nicht laut zu lachen. Esther und die anderen hatten damit überhaupt kein Problem. Nun wurde Dedalus wirklich wütend.

"Alles klar, die Herrschaften. Damit ihr alle wißt, wer hier zu sagen hat ist diese Übung für heute beendet. Da ich eurem dummen Kichern entnehmen darf, daß ihr Dornier zustimmt findet für euch bis zu einer offiziellen Entschuldigung von Dornier kein Übungsspiel mehr bis zur Eröffnungspartie statt. Hinzu erhaltet ihr alle zwanzig Strafpunkte wegen Aufsässigkeit und gebt eure Besen ab, bis die Eröffnungspartie stattfindet. Vielleicht solltet ihr auch, um wieder zu lernen, mit wem ihr euch besser nicht anlegt, auf schuleigenen Besen fliegen, wie Vignier."

"Moment, werter Monsieur le Professeur", schaltete sich nun Julius ein. "Die Strafpunkte können wir locker nehmen. Aber die Besen dürfen nur die Saalvorsteher oder Schulleiter einziehen und das auch nur, wenn begründeter Verdacht besteht, daß damit Unfug getrieben wurde, wird oder werden soll. Schulregel fünfzehn Absatz eins Satz zwei: Privates Eigentum von Schülern darf nur von den Leitern eines Saales oder in dessen Auftrag von Saalsprechern entwendet und beschlagnahmt werden, sofern dieses zum Schaden oder zur Verächtlichmachung von Lehrern und Schülern benutzt wurde, gerade benutzt wird oder in allernächster Zeit benutzt werden soll. Wir haben Ihnen mit den Besen nichts getan und haben dies auch nicht vor. Also dürfen Sie die uns nicht wegnehmen. Und was die Trainingssperre angeht, so wissen Sie sehr genau, daß ich gute Beziehungen zum roten Saal und in andere Säle habe. Wir sind hier zum lernen. Aber ich fürchte, was Solidarität ist, das müssen Sie noch lernen, Professeur Dedalus. Und was meine Kollegin Mademoiselle Dornier gerade erwähnt hat, daß Lehrer im Punkte Selbstbeherrschung und Umgangsformen vorbildlich zu handeln haben stimmt auch und stellt keinen Versuch der Meuterei dar. Und Sie haben Mademoiselle Dorniers Nichte beleidigt, was Ihnen den Schulregeln nach nicht erlaubt ist. Kritisieren ja, sofern konstruktiv und dabei vergleichend, das ist noch gestattet. Aber ein gerade etwas mehr als zwei Jahre altes Mädchen, daß Ihnen nichts getan hat, mit dem Schimpfwort "Balg" zu bedenken, ist alles andere als anständig. Woher sollen wir Schüler wissen, was Anstand ist, wenn einige Lehrer uns da nicht mit gutem Beispiel vorangehen. Falls Sie das gerne diskutieren möchten beantragen Mademoiselle Dornier und ich gleich ein Gespräch bei Madame Faucon und legen ihr den Sachverhalt dar, zu dem Sie sich gemäß "Audietur et altera Pars" auch äußern dürfen."

"Die Schulsprache ist Französisch, Monsieur Latierre. Zwanzig Strafpunkte, weil du als Saalsprecher Vorbildfunktion hast."

"Ich vergaß, daß Sie Fluglehrer sind, und dafür keine fremdsprachliche Ausbildung brauchten. Latein wird hier in fast jeder Zauberformel benutzt, gilt also als Schulsprache neben der nicht zu magischen Zwecken gepflegten Sprache Französisch", wußte Julius einen verbalen Gegenstoß anzubringen. Dedalus verzog das Gesicht. Dann deutete er auf den Boden. "Alle landen und die Besen abgeben. Und für dich, Julius Latierre, finde ich was, womit du deinen Überschuß an Frechheit abreagieren kannst."

"Wage ich zu bezweifeln", erwiderte Céline, die nun neben Julius flog. "Denn es war keine Frechheit, sondern Intelligenz. Die Besen behalten wir gemäß der eben erwähnten Schulregel, bis Madame Faucon oder Professeur Delamontagne die Herausgabe verlangen. Da Sie gerade das Ende der Übung befohlen haben ist genug Zeit, das ein für allemal zu klären, wer hier welche Befugnisse oder auch Kompetenzen hat und wann wer die seinen oder die ihren überschreitet. Das mit dem Balg werde ich bei der Gelegenheit auch anbringen. Und wie gesagt haben wir genug Zeugen für die Beleidigung."

"Die Broschen sind euch zweien wohl zu Kopf gestiegen, was?" brüllte Dedalus. Julius wollte schon einwerfen, das wer schrie meistens unrecht habe, da sah er Madame Faucon, die mit Professeur Delamontagne im Stadion saß. Offenbar hatten die beiden sich heimlich eingeschlichen, um die Übungseinheit zu beobachten. Womöglich hatten sie Unsichtbarkeitszauber benutzt, um den Spielern und dem Trainer nicht aufzufallen. Für Julius ergab sich daraus der Verdacht, daß sie Dedalus zutrauten, er könne falsche Anschuldigungen gegen die Spieler vorbringen, nachdem er diesen den Einsatz des Doppelachsers verboten hatte. Auch Dedalus sah die beiden ranghohen Kollegen. Delamontagne schmunzelte verwegen wie ein Schuljunge, während Madame Faucon sichtlich mit ihrer eigenen Selbstbeherrschung kämpfen mußte. Die Schüler landeten alle. Céline und Julius deuteten auf die beiden bisher so heimlichen Zuschauer. Sie hielten ihre Besen schön fest, während der Fluglehrer puterrot auf seinem Ganymed 10 landete und die beiden anstarrte wie Gespenster. Doch solche trauten sich nicht ins Quidditchstadion. Zu viele fröhliche Leute, noch dazu bei Sonnenschein.

"Eigentlich wollten wir nur den ungestörten Ablauf der ersten Übungseinheit nach Verbot des Dawn'schen Doppelachsenmanövers beobachten", begann Madame Faucon. "Allerdings müssen mein Kollege und ich wohl unsere unauffällige Beobachterrolle aufgeben, da sich hier ein Grundsatzkonflikt entwickelt hat, der nach einer Lösung verlangt. Die damen und Herren Schüler dürfen ihre Besen behalten. Begründung: Sie, Kollege Dedalus, haben einen Streit angezettelt, als Sie Mademoiselle Dorniers Nichte abschätzig benannten und damit ihre Familie beleidigten. Dies ist seit 1613 jedem Lehrer untersagt. Mademoiselle Dornier und Monsieur Latierre haben Ihnen richtig geantwortet, daß Kritik erlaubt sei, aber keine abwertenden Äußerungen. Mademoiselle Cythera Dornier kann nichts dafür, hier in Beauxbatons gezeugt, getragen und geboren worden zu sein. Sie hat Ihnen nichts getan, was eine Verärgerung Ihrerseits erklären könnte. Ihrer Tante deshalb Meuterei zu unterstellen ist daher unzulässig. Zweitens haben Sie zwar die Befugnis, die Benutzung des Quidditchstadions zu erlauben oder zu untersagen, dürfen aber Flugbesen nur dann und erst nach Vorabinformation des zuständigen Saalvorstehers oder der Schulleitung konfiszieren. Da Sie gerade für den Kollegen Delamontagne und mich laut und überdeutlich befahlen, die Besen abzugeben, haben Sie dieses Abklärungsgebot mißachtet und damit Ihre zugestandenen Befugnisse überschritten. Auch diesbezüglich haben Mademoiselle Dornier und Monsieur Latierre Sie gemäß ihren Aufgaben hingewiesen. Falls Sie nicht zwei schriftliche Ermahnungen wegen unstatthafter Rede vor Schülern und unerlaubter Eigenmacht erhalten möchten biete ich Ihnen hiermit die Gelegenheit, sich bei Mademoiselle Dornier vor mir und allen anderen Zeugen für die Beleidigung ihrer Nichte zu entschuldigen und die Beschlagnahme der Besen zu widerrufen. Damit einhergehend muß ich dann jedoch Ihr Stadionverbot bis zur Eröffnungspartie als Folge der Beleidigung und Erwiderung sehen und widerrufen. Die gegen Monsieur Vignier verhängte Strafe bleibt gültig." Louis funkelte Madame Faucon an. Doch Julius erkannte an, daß Dedalus das Recht hatte, seine Autorität zu sichern, zumindest in dem Fall.

"Ich soll mich wegen der bei unausgereiften Mädchen typischen Eingeschnapptheit bei Céline Dornier entschuldigen?" Fragte Dedalus.

"Dies habe ich gerade von Ihnen verlangt, sofern Sie nicht lieber die dafür zulässige schriftliche Ermahnung und die damit mögliche Gehaltskürzung erhalten möchten", erwiderte Madame Faucon ganz ruhig. Dedalus sah Julius an, als sei dieser der Quell all seines Ungemachs. Doch dieser blieb ruhig, ließ sich nichts anmerken. Dann wandte sich Dedalus Céline zu, deren sonst so blasses Gesicht tiefrot angelaufen war, und die grünen Augen so eng zusammenstanden, daß über der Nasenwurzel ein merklicher Höcker hervortrat.

Sie sah ihn sehr herausfordernd an. Er schätzte sie ab, schmächtig, hochgewachsen, mit schulterlangem, nachtschwarzem Schopf. Im körperlichen Kampf wäre sie ihm hofffnungslos unterlegen. Doch ihr schien das nicht bewußt oder wichtig zu sein. Julius wußte, wie schnell Céline in Wut geraten konnte. Deshalb wunderte er sich, daß sie nicht laut wurde oder versuchte, Dedalus eine runterzuhauen. Jeder Mitschüler hätte jetzt wohl schon eine Ohrfeige eingefangen, dachte Julius.

"Sie würden mir also wirklich eine Ermahnung geben und womöglich mein hart erarbeitetes Gehalt kürzen, weil diese Göre da meint, ihre unanständig ausgebrütete Nichte verteidigen zu müssen? Und was die Konfiszierung angeht, so weise ich Sie darauf hin, daß dieser Bursche hier, als er hier ankam, mit einem britischen Besen herumflog, was gegen die Schulturnierregeln war. Ich hätte ihm den Besen gleich beim Probeflug wegnehmen können. Aber ich wollte selbst wissen, ob er wirklich so gut ist, daß gleich sechs Saalsprecher und Mannschaftskapitäne vor seiner Einschulung beantragten, ihn in die Mannschaft aufzunehmen. Wären Sie nicht dabei gewesen, Madame Faucon, hätte ich den Besen einziehen müssen."

"Hätten Sie nicht, weil ein berechtigter Einwand gegen dessen Verwendung von mir akzeptiert worden wäre und ich als damalige Saalvorsteherin den Besen mit der erwähnten Begründung eingezogen hätte, was ich ja eh getan habe."

"Ja, und dann nichts besseres zu tun hatten, als Leute aus Ihrem Bekanntenkreis dazu zu bringen, diesem Burschen einen Ganymed 9 zu besorgen, anstatt ihn auf einem der Schulbesen weiterfliegen zu lassen. Und dann wurde aus dem Neuner auch noch ein Zehner. Ich weiß, daß in diesem Besen von dem einige Galleonen von Ihnen drinstecken, Madame Faucon", knurrte Dedalus und blaffte weiter: "Deshalb wollen Sie nicht, daß ich dieses Fluggerät einkassiere, damit der von Ihnen nach wie vor verhätschelte Wunderbube weiterhin zu Ihrem Vergnügen und Stolz auftrumpfen und aufschneiden kann, nicht wahr. Aber Sie sind nicht immer zuständig für Ihn, weil noch viele hundert andere hier wohnen und lernen. Lassen Sie den Knaben endlich mal lernen, daß ihm nicht alles geschenkt und erlassen wird! Ist ja schon ein starkes Stück, daß dieser Knabe mit fünfzehn schon heiraten durfte und daß irgendwer im ministerium meinte, ihn mit sechzehn schon für erwachsen erklären zu lassen. "

Jetzt mußte Julius grinsen. Offenbar saß es immer noch tief, was Julius dem netten Lehrer während der drei Monate bei Madame Maxime an verbalen Niederlagen beigebracht hatte, obwohl er damals wesentlich unbeherrschter war als gerade jetzt.

"Das hat er schon längst lernen müssen. Immerhin hat er seinen Vater verloren, seine Verlobte und beinahe auch sein Leben, als die Schlangenkreaturen hier waren und Sie ja sehr schnell mit einer Schülergruppe das Weite gesucht haben, anstatt zu prüfen, ob wirklich alle Schüler den rettenden Fluchtweg fanden. das hat Monsieur Latierre für Sie übernommen und dabei sein Leben riskiert und mußte dann drei Monate lang auf sehr viel verzichten, vor allem auf das Zusammensein mit seinen Freunden, weil er Angst haben mußte, ihnen aus einer von Ihnen gerade sehr deutlich vorgeführten Unbeherrschtheit heraus etwas antun zu können."

"Klar, so lüstern wie der auf die ganzen Mädchen geglotzt hat, als die Schule anfing hatte es Madame Maxime offenbar leicht, ihn für gewisse Privatstunden zu kultivieren. Oder wissen Sie, was die zwei so alles angestellt haben, als sie im Schulleitertrakt alleine waren."

"Netter Versuch, Professeur Dedalus", lachte Julius. "Aber damit können Sie mir nichts." Madame Faucon sah ihn mahnend an und legte ihre Finger auf die Lippen. Dann wandte sie sich an Dedalus.

"Das meinen Sie jetzt nicht ernst, oder?"

"Ich äußere nur eine Befürchtung, daß dieser Junge hier womöglich von Madame Maxime, die sich jetzt wieder Mademoiselle nennen lassen will, gegen seinen willen benutzt wurde oder auch mit seinem Willen. Immerhin hatte sie ihn ja in der passenden Stimmung."

"Am besten, werter Kollege, sollten Sie derartige Befürchtungen nicht weiter äußern, weil dafür keine Grundlage bestand oder noch besteht", erwiderte Madame Faucon. Dedalus merkte jetzt wohl endlich, wie hart er gerade gegen seine Grenzen stieß, was das mit Madame Maxime anging. Doch er wollte sich nicht vor der Quidditchmannschaft der Grünen erniedrigen lassen und sagte: "Was die Sache mit Dornier angeht bleibe ich dabei, daß ich mich nicht entschuldigen werde. Was die Beschlagnahme der Besen angeht, erkläre ich, daß das Übungsverbot nur dann wirksam aufrechterhalten bleibt, wenn die Herrschaften keine Besen zum üben benutzen können. Denn die Schulbesen halte ich unter verschluß. Ich kann und werde Ihnen gerne die schriftliche Anfrage einreichen, Madame Faucon. Also her mit deinem Besen, Latierre!"

"Sie wollen nicht die von Ihnen vor mir und anderen Zeugen ausgesprochene Beleidigung zurücknehmen?" Fragte Madame Faucon. Julius wich derweil lässig dem grabschenden Griff von Dedalus aus.

"Nur weil Sie wegen seiner Zaubergaben so verliebt in den sind wie ein liebesdolles Schulmädchen und meinen, daß er es Ihnen ewig dankt, daß Sie die Hand und was noch alles über ihn halten werde ich nicht klein beigeben. Er kann sich ja gerne ausheulen, wenn er wieder bei Ihnen unterm Rock steckt."

Madame Faucon wurde erst kreidebleich vor Entsetzen und dann mit einem Schlag tiefrot. Ihre saphirblauen Augen rückten so eng zusammen, daß sie fast wie ein Zyklop aus den alten Sagen aussah. Dann stand sie von ihrem Sitzplatz auf und blickte auf das Spielfeld hinunter. "Monsieur Aeolos Dedalus, Sie haben eine Viertelstunde Zeit, Ihre persönliche Habe beförderungsfertig zusammenzupacken, sich bei mir Ihre Arbeitszeugnisse abzuholen und dann auf nimmer Wiedersehen die Ländereien der Beauxbatons-Akademie zu verlassen. Das war eindeutig ein Satz zu viel, Monsieur."

"Wer böses denkt, Madame Faucon", knurrte Dedalus. "Ich meinte es so, daß er meint, sich bei Ihnen ausweinen zu müssen", erwiderte Dedalus, der doch noch den entscheidenden Versprecher gelandet hatte. "Abgesehen davon kriegen Sie dann keinen Fluglehrer für die Leute hier. Sind alle in der Liga oder dem Ministerium."

Julius wollte ihm sagen, daß er nur seine Schwiegermutter anzuschreiben bräuchte, um dem neuen Kollegen beim Rausmarsch von Dedalus noch über den Weg zu laufen. Doch Madame Faucons Geste vorhin war unmißverständlich. Er sollte ihr das überlassen.

"Im Zusammenhang mit der vorhin gegenüber meiner Vorgängerin geäußerten Unterstellung konnte ich das wohl kaum mißverstehen, Monsieur Dedalus. Die Zeit läuft ab. In vierzehn Minuten sind Sie gesittet oder auf die unbequeme Art von den Ländereien herunter, mit oder ohne Zeugnisse. Also los!"

"Ich sage es ja, Sie sind wegen dieses Burschen da nicht mehr ganz bei Verstand", knurrte Dedalus. Dann funkelte er Julius an, der jedoch ganz ruhig blieb und auch nicht schadenfroh zurückblickte. Dedalus belauerte Julius. Doch dieser machte keine Anstalten, irgendwas zu unternehmen, was dem sehr bald fliegenden Fluglehrer zu einer Gewalthandlung veranlassen durfte. Dann wandte er sich wieder an Madame Faucon. "Sie werden hier nicht alt, Blanche. Die Schulräte werden Sie bald schon hinter mir herschicken."

"Werden Sie nicht noch kindisch, wo mehrere Schüler Ihnen zusehen können", schnarrte Madame Faucon. Dedalus trabte an und rannte auf den Palast zu. Madame Faucon wandte sich dem Kollegen Delamontagne zu und dann den Mannschaftsmitgliedern.

"Auch wenn mir das Gebahren von Monsieur Dedalus nun endgültig zu weit ging bleiben einige seiner Anweisungen gültig, da ich sie mittrage. Dazu zählt der Beschluß, das Doppelachsenmanöver von Mademoiselle Aurora Dawn nicht als Spielmanöver zu verwenden. Da die Stadionbenutzung nur mit Kenntnis des diensthabenden Besenfluglehrers genehmigt ist, muß ich Sie bitten, die Übungen für heute zu beenden. Sollte ich bis morgen keinen Ersatz bekommen, was wohl überlegt sein will, müssen die anderen Übungseinheiten ebenfalls ausfallen. Bis dann zum Abendessen."

"Kann ich meine Eltern fragen, ob sie Anklage wegen Beleidigung gegen Monsieur Dedalus erstatten können?" Fragte Céline unerwartet kühl.

"Dies steht Ihnen frei. Allerdings dürften die Mitglieder der Zaubereigesetzesüberwachung die abwertende Anrede "Balg" nicht als ausreichenden Grund sehen, ein Gerichtsverfahren vom Zaun zu brechen. Als Privatperson hat Monsieur Dedalus sich nicht mehr an die Regeln für Lehrer zu halten. Und jetzt muß ich los, die entsprechenden Dokumente fertigstellen."

"Also, Leute, wir sind für heute fertig", sagte Monique Lachaise. "Die Besen geschultert und zurück in den Palast!"

"Die Bälle müssen noch verpackt werden", meinte Julius. Das brachte monique dazu, daß er das erledigen solle. Um sich nicht eine ewige Rangelei mit den Klatschern zu liefern fing er die beiden rammlustigen Bälle mit einem Netz ein. Den Schnatz mußte er suchen und mit einer behandschuhten Hand aus der Luft Pflücken. Als er dann die vier Bälle in ihrer Kiste untergebracht hatte fand er Céline auf dem Feld vor. Sie war immer noch wütend.

"Weißt du noch, was Lépin zu Connie gesagt hat, als rauskam, daß Cythera von ihm war?"

"Zu gut, Céline. Deshalb kapiere ich es, daß du da rot gesehen hast. Aber der Typ ist es nicht wert, sich wegen dem mehr Ärger als nötig einzuhandeln. Der dürfte in zehn Minuten aus der Geschichte von Beauxbatons verschwunden sein."

"Und wer kommt dann? Ich meine, wer gut fliegen kann wird eher in der Liga was machen wollen. "

"Das soll Madame Faucon mit meiner Schwiegermutter klären. Da hänge ich mich besser nicht rein. Sonst heißt es nachher noch, ich würde hier die Lehrer einstellen."

"Der hat dich gerade angeguckt, als wolle er dich draußen gleich niederfluchen", meinte Céline Dornier.

"Céline, der weiß nicht, mit wem der sich erst einmal einigen muß, wer die älteren Rechte hat, mir was zu tun. In England suchen sie immer noch nach einigen Todessern. Die haben meinen Auftritt bei der Verhandlung gegen Umbridge sicher irgendwie zugespielt bekommen. Dann streunen da immer noch zwei von diesen Abgrundstöchtern auf der Erde herum, und was mit dieser Erbin Sardonias ist weiß außer der auch keiner", antwortete Julius.

"Morgen haben die Weißen Übungsstunde. Connie darf zwar nicht mitspielen, aber wird sich bestimmt fragen, wieso sie nicht üben dürfen."

"Das kriegen wir nachher doch alle beim Abendessen serviert", bemerkte Julius trocken. Céline schlug sich vor den Kopf und nickte dann.

Tatsächlich ging es schnell herum, daß der bei den meisten Flugschülern und Quidditchspielern nicht so ganz beliebte Lehrer Dedalus irgendwas angestellt hatte, was ihn von allen Verpflichtungen freigestellt hatte, wie das so schön hieß. Als Madame Faucon beim Abendessen genaueres erwähnte, ohne die Anzüglichkeiten Dedalus' und seine Anspielungen auf ihr Verhältnis zu Julius Latierre zu erwähnen, fragten die Weißen und Gelben, wie schnell ein neuer Fluglehrer da sein könne. Der Saalsprecher der Violetten bat ums Wort und erwähnte, daß die Übungen auch unter Aufsicht eines frei verfügbaren Lehrers stattfinden könnten. Horus Dirkson hob die Hand und erwähnte, daß in Hogwarts eh keine Beaufsichtigung der Übungen stattfand. Die Häuser müßten nur das Feld vorbuchen.

"Das stimmt soweit alles, Monsieur Dirkson", sagte Madame Faucon. "Allerdings gelten hier in Beauxbatons klare Befugnisse. Der diensthabende Fluglehrer muß über die Zeiten bescheid wissen und dies genehmigen. Zwar finden die Übungseinheiten seit meiner eigenen Schulzeit für jeden Saal an einem bestimmten Wochentag bis auf Sonntag statt. Aber der Fluglehrer muß dies wissen und genehmigen. Ich erkenne den Einwand mit den frei verfügbaren Lehrkräften jedoch an und genehmige in Abwesenheit eines ordentlich eingestellten Fluglehrers, daß Professeur Pallas, Professeur Paralax und Professeur Milet die Übungen an den kommenden Tagen sporadisch beaufsichtigen mögen. Hoffentlich haben wir bis zur nächsten Woche einen neuen Fachlehrer für Besenflug und Besensport."

"Wie ist das mit Frühsport?" Fragte nun Apollo Arbrenoir.

"Solange Sie dabei nicht auf Besen über den Ländereien fliegen können freiwillige Sportübungen weiterhin in der bisherigen Weise gepflegt werden", erwiderte Madame Faucon. Viele Jungen, aber auch etliche Mädchen begrüßten diese Erklärung.

Nach dem verkorksten Quidditchtraining war die Zauberwesen-AG eine wunderbare Ablenkung. Mit schriftlicher Genehmigung von Madame Faucon wechselten alle Teilnehmer der AG an den Schulstrand. Louis Vignier, der ja unter Sprechbann stand, hatte auf den Trick zurückgegriffen, den Muggelwelttaucher anwandten und sich wasserfeste Tinte und mehrere Schiefertafeln ausgeliehen. Er staunte über die gewaltigen Wesen, deren Vorderkörper denen von Pferden glichen und deren Hinterleiber in kräftigen Fischschwänzen endeten. Professeur Fourmier begleitete die Gruppe. Sie prüfte mit Professeur Delamontagne, wer alles den Kopfblasenzauber so gut beherrschte, daß auch andere damit bezaubert werden konnten, unter Wasser atmen zu können. Dann wurden die Schüler auf die Hippocampi verteilt, je zwei oder drei auf ein Reittier. Julius besetzte mit Louis und Millie ein im Licht der sinkenden Sonne rubinrot schimmerndes Unterwasserpferd. Dann ging es los, hinein ins Meer und unter Wasser. Julius entzündete sein Zauberstablicht. Dem Beispiel folgten alle. Dann sah er, daß Professeur Fourmier aus eigener Kraft hinter ihnen herschwamm, jedoch das flotte Tempo der Meerestierwesen locker mithielt. Im Schmetterlingsstil machte sie wilde Kraulbeinschläge und zog mit ihren Armen mindestens sieben mal in der Sekunde durch. Louis schrieb auf die wasserfeste Tafel und zeigte sie Julius:

"Wie viel Kraft geben ihre Bionikteile her?"

"Weiß ich nicht, und möchte sie auch nicht danach fragen. Aber zehn Männerstärken dürfte sie locker aufbringen", schrieb er zurück. Da wurden sie von der Tierkundelehrerin überholt, die mit leuchtendem Zauberstab nach vorne deutete, wo die beiden Meerleute schwammen, die sie letzten Dienstag befragen durften. Von vorne tauchte ein großer Hai auf, kein weißer Hai, wie er in den tropischen Meeren zu Hause war, aber immerhin ein Hai. Julius fragte sich, ob man locker an diesem Raubfisch vorbeikommen konnte, als dieser auch schon wendete und in einem weiten Bogen um die magische Reisegruppe herumschnellte und in der Finsternis des Meeres verschwand. Julius erinnerte sich, daß die Meerleute geistige Macht über kaltblütige Meerestiere besaßen. Sie konnten Fische, Kraken und Oktopusse mit ihrem Willen steuern. Also brauchten sie keine Angst zu haben.

Die Stadt der Meerleute war beeindruckend. Häuser aus Felsgestein und großen Muschelschalen statt der Dachpfannen reihten sich entlang sich schlängelnder Straßen. Vor manchen Türen schwammen bunte Fische, und vor einer Tür war ein kleines grünes, menschenähnliches Wesen mit langen Fingern und Zehen angeleint, das Julius als Grindeloh erkannte. Solche Wassergeister konnten einem im Rudel gut zusetzen. Und hier hielten sich Meerleute sowas als Haustiere oder Statussymbole, wie mancher Überreicher sich einen Löwen im Käfig im Garten halten mochte. Bunte Lichter aus nicht ganz ersichtlichen Leuchtquellen glommen. Julius vermutete nur, daß es dasselbe Zeug war, das in den Leuchtorganen von Tiefseefischen steckte. Vielleicht waren es auch phosphoreszierende Bakterien, die dicht an Dicht in die Lampen gesteckt worden waren. Doch zum Phosphorgrün und -weiß paßten die blauen Lichter nicht so. Und ein blutroter Schein, der nicht in dieser Meerestiefe hinpassen mochte, glomm von einem Platz aus, der wie ein großer Seestern aussah. Hier war wohl der Versammlungsplatz. Dort warteten bereits hundert Meerleute. Sie sangen den Zauberern und Hexen etwas vor. Die Reisegruppe konnte eine halbe Stunde lang zuhören und zusehen, wie die Meerleute tanzten und sangen. Dann war auch schon wieder Zeit zum Aufbruch. Julius dachte an Kevin. Wie würde der ihn jetzt beneiden, eine echte Meermenschensiedlung besichtigt zu haben. Dann dachte er an seinen ersten Ausflug unter die Oberfläche des Farbensees von Millemerveilles, wo ja auch eine Wassermenschensiedlung auf dem Grund stand.

Auf den Hippocampi ging es wieder zurück zum Schulstrand und von dort in den Palast von Beauxbatons.

In seinem Schlafsaal prüfte Julius den Pappostillon, jenen gemalten Schmetterling, derNachrichten zwischen ihm und den Latierres überbringen konnte. Millie hatte ihm gesagt, daß ihre Mutter schon die Anfrage auf dem Tisch hatte, ob sie wen als neuen Fluglehrer oder neue Fluglehrerin abstellen konnte. Doch der bunte Postschmetterling hatte keine Nachricht für ihn. Julius dachte an diesen Tag, der mal wieder ein Paukenschlag gewesen war. Dedalus hatte sich nicht als Radfahrer erwiesen, der nach oben buckelte. Offenbar hatte es schon länger zwischen ihm und der neuen Schulleiterin geknirscht. Ob er, Julius, wirklich der Auslöser dieser endgültigen Auseinandersetzung war oder nur als Vorwandt für andere Sachen herhalten durfte wußte der Saalsprecher der Grünen nicht. Es war ihm auch egal.

Er wollte sich gerade zum schlafen hinlegen, als der Pappostillon mit lautem Fanfarenstoß verkündete, eine Nachricht erhalten zu haben. Julius las:

An: Julius Latierre
Betrifft: Dedalus und sein Nachfolger

Hallo Julius!
Habe die Entlassung von Professeur Dedalus zur Kenntnis genommen.
Ich hörte, er habe Madame Faucon vorgeworfen, dich über Gebühr zu verhätscheln.
Ausgerechnet dich?
Jedenfalls mußte ich der werten Madame Faucon mitteilen, daß im Moment kein Besenflugexperte frei ist.
Ich muß erst einmal suchen, wer kann.
Ich muß auch befürchten, daß Aeolos Dedalus seine alten Freunde anstachelt, nicht für ihn einzuspringen.
Beauxbatons ist nicht das Zaubereiministerium.
Das heißt, die Gehälter bei uns sind zu hoch, um wen zu euch hinlocken zu können.
Werde aber schon wen finden.
Gute Nacht!
Hippolyte Latierre

__________

Die Entlassung von Dedalus blieb auch in den nächsten Tagen Thema Nummer eins in Beauxbatons. Die Erstklässler, die gerade einmal zwei Flugstunden hinter sich hatten, wollten wissen, ob sie nun schon gut genug seien, um durch reine Übung die notwendige Reife für die Flugerlaubnis zu erhalten. Die Mitglieder der Quidditchmannschaften und deren Freunde und Verwandte diskutierten in den Sälen oder auf dem Pausenhof das kommende Schulturnier. Denn ohne Schiedsrichter durfte kein Spiel stattfinden. Allein schon aus eigenem Interesse suchten Céline und Julius in den Schulregeln nach Ausnahmen, die in einem Fall wie diesem griffen und fanden sogar eine Regelung, dernach ohne Fluglehrer als unparteischer Schiedsrichter ein besensicheres Mitglied des Lehrkörpers ein Spiel betreute, das keinen der in diesem Spiel antretenden Säle betreute. Im Falle Rot gegen Grün hieße das, daß weder Professeur Fixus noch Professeur Delamontagne Schiedsrichter sein durfte. Trifolio und Paximus galten als Bodenständige, was bei leidenschaftlichen Fliegern der Ausdruck für Flugunfähige war. Julius dachte schon daran, im Eröffnungsspiel Professeur Pallas als Schiedsrichterin zu sehen zu bekommen, weil Madame Faucon als Schulleiterin im Grunde alle Säle betreute, von der er wußte, daß sie selbst viel Quidditch gespielt hatte.

Die endlosen Diskussionen um Dedalus und seine mögliche Nachfolge wurden nur von den Unterrichtsstunden unterbrochen. Im Zauberkunstunterricht bekam Julius praktisch vorgeführt, wie Feuereis hergestellt wurde, jener magisch bewirkte Zustand, in dem Flammen vollkommen erstarrten, ohne ihre Leuchtkraft und Farbe zu ändern und sich mit bloßen Händen formen ließn. Professeur Bellart verdunkelte den Klassenraum und entzündete rußfrei brennende Fackeln, in deren Schein die anderen Schüler mit ungesagten Bewegungszaubern weiterüben sollten, bevor sie nächste Woche an die höheren Elementarzauber gehen würden. Einige der Schüler hatten noch Probleme, etwas ungesagt zu zaubern. Laurentine, Millie und Sandrine hingegen hatten den Bogen schon heraus, kleinere Bewegungseffekte ohne ausgesprochene Zauberformeln zu erzeugen. Professeur Bellart begründete die totale Verdunkelung der Fenster damit, daß Feuereis nur solange erhalten bleibe, solange es nicht dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt würde oder die Lufttemperatur nicht mehr als zehn Grad über den Wert ansteige, den sie bei Vollendung des Zaubers besaß. Dann füllte sie eine große, hochwandige Gußeisenpfanne, die auf einem Dreifuß befestigt war, mit kleinen Holzscheiten und Reisigbündeln und ließ Julius den Inhalt mit ungesagtem Zündzauber in Brand stecken. "Incendio", dachte Julius mit auf das aufgehäufte Feuerholz deutendem Zauberstab. Die Luft flimmerte kurz. Dann züngelten muntere Flammen aus dem Reisig heraus und nahmen innerhalb einer Sekunde den Rauminhalt der Feuerpfanne in Besitz. Millie und die anderen Pflegehelfer blickten von ihren Übungssachen immer wieder herüber, weil Professeur Bellart keinen Wandschirm aufgebaut hatte, wie es ihre Kollegin Dirkson üblicherweise tat. So erkannte sie, daß es entweder wichtig sei, auch einen Sichtschutz zwischen den Schülern und sich zu ziehen oder die Übungen abzusagen. Da sie alle ja sowieso mit höheren Elementarzaubern zu tun bekommen würden entschied sie sich für die zweite Möglichkeit. Allerdings gab sie auf, bei jeder Gelegenheit das ungesagte Zaubern zu trainieren, wobei natürlich die Korridore und der Pausenhof zauberfreie Zone zu bleiben hatten. Das nahmen alle nickend hin. Die Neugier, was Bellart ihrem überragenden Kameraden schon jetzt zeigen wollte war größer als die Vorstellung, jede Ffreie Minute mit Zauberübungen ausfüllen zu müssen. "Das Feuereis wurde vor dreitausend Jahren vom griechischen Zauberer und Schmied Pyrogaster von Rhodos erfunden. Es kann nur bei Ausschluß von Sonnenlicht erschaffen werden und verliert bei Zufuhr von Sonnenlicht seine Wirkung. Wie Sie alle bei mir und meiner Kolleegin Professeur Fixus gelernt haben, ist jedes auf der Erde entfachte Feuer ein Fragment der Sonnenkraft. Die Sonne und das Erdzentrum sind die nicht nur in der Magie einzig bekannten größten Hitzequellen überhaupt. Ich hieß Ihren Mitschüler ja bereits die Theorie des Feuereises zu studieren und wollte ihm eigentlich die Herstellung erst einmal alleine erläutern, während Sie anderen ihre Fähigkeiten im ungesagten Zaubern erweitern mochten. Ich erkenne aber die Neugier als wichtige Motivationshilfe für das Erlernen an und greife somit dem auch für Sie anstehenden Lehrstoff der nächsten Monate vor. Dann deutete sie auf die in der Pfanne lodernden Flammen. Der Rauch bildete bereits eine hohe Säule. Es stank aber nicht. Offenbar hatte die Lehrerin sauber verbrennendes Holz wie für die Kamine besorgt. "Um Feuereis herzustellen müssen dem Erzeuger die Himmelsrichtungen bekannt sein." Sie legte ihren Zauberstab auf die flache hand und rief: "Weise mir die Richtung!" Sofort drehte sich der Stab wie eine Kompaßnadel und deutete mit der Spitze genau nach Norden. "Da Feuer wie erwähnt ein Fragment der Sonnenkräfte ist, wird zur Erschaffung von Feuereis ein Vier-Stufen-Zauber ausgeführt, bei dem der Stab entgegen dem üblichen Sonnenlauf beginnt. Wichtig ist, daß der Zauberstab dabei immer auf das zu bezaubernde Feuer zeigen muß. Es empfiehlt sich also eine kleine, leicht zu umrundende Feuerquelle. Kamin- oder Herdfeuer ist also recht schwer bis gar nicht zu bezaubern. sie lief um die Feuerpfanne und stellte sich genau dorthin, wo Westen war, aus dieser Richtung deutete sie nun mit dem Zauberstab auf die Flammen und rief: "Initio Incantato", die übliche Startformel für komplexere Zauber. Dann lief sie so, daß sie nun aus Südrichtung auf das Feuer zielte und rief: "Fragmenta Solis condensanto!" Dann eilte sie mit ständig auf das Feuer zeigendem Zauberstab so, daß sie nun vom Osten her darauf zielte und rief: "Fragmenta Solis condormento!" Abschließend lief sie mit auf das Feuer deutendem Zauberstab weiter bis in die genaue Nordstellung und rief die für komplexe Zauber gültige Formel "Executo Incantato!" Unmittelbar nach Verhallen ihrer Worte flirrte für einige Augenblicke eine durchsichtige, blaue Lichtkugel um die Feuerpfanne, zog sich zusammen, wobei sie immer heller wurde, bis sie zusammenstürzte. Es knackte einmal laut, dann erstarb das Prasseln der Flammen, die nun, genauso hell weiterleuchtend wie zuvor, doch völlig starr auf den Holzstücken saßen und einen Wald aus orangeroten, gelben und weißen Flammen von wenigen Millimetern bis zwanzig Zentimetern Länge bildeten. Alle konnten glattgeränderte, gezahnte, an den Rändern gewellte, ein- bis dreispitzige Feuerzungen erkennen. Laurentine bat ums wort und fragte, warum die Flammen nicht dunkel wurden, wo sie offenbar keine Wärme mehr abstrahlten.

"Weil in ihnen das Licht gebündelt wird. Die Wärme entweicht nur noch als Licht", erklärte die Lehrerin. "Jede Hitzewirkung, jede Bewegung und jede Zersetzung kann nur noch als Licht entweichen, weil die Flammen nun fest wie gefrorenes Wasser sind. Es ist im Grunde die dritte Stufe der Zauber, die wir als Gleichwärmezauber und dem Flammengefrierzauber zum Schutz vor Verbrennung kennen. Die gefrorenen Feuerzungen sind nun mit bloßen Händen verformbar, können aber nicht von sich aus ineinander verschmelzen." Sie zupfte zwei große Flammenzungen aus der Pfanne und drückte sie wie leuchtenden Ton zwischen den Händen, ballte eine kleine, orangegelbe Kugel daraus und gab sie Julius, der beschreiben sollte, wie es sich anfühlte. Er sagte, daß es weder Kalt noch warm sei und sich glatt anfühle, wie eine Billardkugel. Er klopfte dagegen und hörte ein Geräusch, als würde er gegen einen massiven Stein klopfen. Dann warf er die gedrehte Kugel ohne Vorwarnung gegen die Wand. Sie schlug mit lautem Krach wie ein geworfener Stein dagegen. Sie zerbrach jedoch nicht, wie alle außer der Lehrerin und Julius befürchtet hatten. Sie prallte ab wie ein Tennisball von einer Steinplatte und kehrte zu ihm zurück, so daß er sie mit links auffing.

"Was sollte das denn?" Erschrak Sandrine. Professeur Bellart sah Julius leicht tadelnd an. Doch dann lächelte sie und forderte ihn auf, seine Vorführung zu erklären.

"Das geniale am Feuereis ist, daß es von unbelebter Materie nicht verformt oder zerstört werden kann. Offenbar hat Pyrogaster versucht, etwas daraus zu schmieden. Aber sein Hammer ging dabei kaputt, und in seinem Amboß war eine Delle, dort, wo der größte Druck einer Flammenzunge war. "Außer die erwähnte Temperaturveränderung in der Umgebungsluft kann ihm keine nicht mit Magie einhergehende Kraft, weder Kälte, noch brennendes Feuer was anhaben. Nur reine Sonnenstrahlung oder durch diese unmittelbar erhitzte Luft können den Zustand verändern. Warum man es aber wie Ton kneten kann wissen die Zauberkunstgelehrten nicht. Sie vermuten lediglich, daß in den Händen von Zauberern ja auch ein gewisses Feuer brennt, daß sie Ignis Vitae, das Lebensfeuer nennen und im Grunde genau das meinen, was die Naturwissenschaftler der Muggel mit Stoffwechsel bezeichnen, also eine langsame, Wärme freisetzende Umwandlung von Nährstoffen unter Sauerstoffzufuhr. Aber bevor ich in muggelweltliche Erkenntnisse oder alchemistische Beschreibungen abrutsche nur noch so viel, daß Behälter die aus Feuereis geformt werden, keinen Zaubertrank und keine magischen Flüssigkeiten aufnehmen können. Denn dann kommt es zu magischen Wechselwirkungen, die mit einem harmlosen zerfließen von Behälter und Flüssigkeit bis zu einer heftigen Explosion mit Todesfolge führen können. Daher wird Feuereis auch eher als Material zum Bauen von Kunstwerken benutzt oder als Behälter für sehr heiß brennende Substanzen, die jedoch ohne Magiezufuhr brennen. Also tragbares Feuer kann und sollte damit nicht befördert werden."

"Ich habe mal ein Buch gelesen, wo ein Zauberer und eine Hexe sowas ähnliches hatten, das aber grün leuchtete und als einziges Material zum Brauen eines starken Zaubertrankes geeignet war", wandte Laurentine ein und ergänzte schnell, daß es ein Kinderbuch für Muggel war, die Magie nur in Märchen oder Geschichten aus anderen Welten akzeptierten. Julius bestätigte das und erwähnte, daß er genau deshalb nachgelesen hatte, ob Feuereis für die Herstellung starker Zaubertränke geeignet sei, aber eben durch seine Magieintoleranz nicht dafür in Frage kam. Das brachte Sandrine darauf zu fragen, wie es denn in Beauxbatons sei, wo doch viele Zauber die Ländereien durchzögen. Professeur Bellart nickte und erklärte dann, daß ein Versuch vor vierhundert Jahren gezeigt habe, daß Feuereis in Beauxbatons gerade zwei Tage lang stabil bleibe, sofern es nicht der Sonnenstrahlung ausgesetzt werde und in einem unterirdischen Raum mit annähernd unveränderlicher Temperatur aufbewahrt werde. Dann wollte sie von Julius wissen, was passiere, wenn Feuereis dem Sonnenlicht ausgesetzt würde.

"Oi, dann wird es wieder zu normalem Feuer, wobei es die Zeit, die es erstarrt war, mit einem Schlag wieder aufholt. Das heißt, wenn es eine Stunde lang gefroren war, ohne etwas zu verbrennen, verbrennt es in einer Sekunde so viel Material, wie es in dieser Stunde verbrannt hätte. Wir müssen das Feuereis, das wir jetzt hier haben also irgendwie kontrolliert abbauen, bevor einer das Fenster aufmacht und ein paar verirrte Sonnenstrahlen hier hereingeraten."

"Stimmt vollkommen. Zwanzig Bonuspunkte für die Erläuterung", sagte die Lehrerin. "Legen Sie bitte die Feuereiskugel zurück in die Pfanne!" Doch die anderen wollten sie zumindest mal angefaßt haben. So ging sie von einem zur Anderen, bis Professeur Bellart sie wiederhatte. Dann legte sie sie in das leuchtende Dickicht erstarrter Flammen und stellte sich nun in Ostrichtung und deutete mit dem Zauberstab auf die erstarrten Flammen. "Initio Incantato!" Rief sie, wanderte nach Süden, wobei ihr Zauberstab immer auf die Pfanne zielte und murmelte dann "Fragmenta Solis revivento!" Dann langte sie im Westen an, wo sie "Fragmenta Solis reagento!" ausrief. Wieder im Norden stehend beschloß sie die mehrstufige Bezauberung mit "Executo Incantato!" Unvermittelt verfärbten sich die Flammen blau und wuchsen einen Moment lang auf die dreifache Länge an, wobei sie sich in Uhrzeigerrichtung verbogen, um dann mit lautem Knacken in ihre Ausgangsform zurückzuspringen, laut prasselnd herumzüngelten und dann zu normalgroßem Feuer zusammenfielen, das nun munter weiterknisterte. Julius durfte es dann mit den erlernten Formeln und Bewegungen noch einmal erstarren lassen und nach einigen Knetübungen damit wieder abbauen, wobei nun jeder sehen konnte, daß die zusammengekneteten Feuerzungen auseinanderflossen und wieder zu gewöhnlichen Flammen wurden, sobald sie ihre übliche Färbung annahmen.

"Damit haben die von Forcas bestimmt ihre Feuermurmeln gebaut", meinte Céline Dornier dazu. Professeur Bellart vermutete einen ähnlichen Zauber, um Feuer in einem Kristall zu bannen, bis dieser zerbrach, aber sie noch nicht genau herausgefunden hatte, wie das möglich war, wo Feuereis keine direkt darauf einwirkende Magie vertrug. Dann machte sie die Fenster wieder durchsichtig und ließ das Tageslicht herein. Sie sprachen dann noch über die verschiedenartigen Feuerzauber und auch über Dauereis, das selbst in der Wüste nicht schmolz und seine Kraft aus der Kälte des Weltraums bezog. Dabei gab dieses Eis seine Kälte nicht an die Umgebung ab, konnte aber bei längerem Hautkontakt schwere Erfrierungen verursachen. Laurentine wandte ein, daß in der magielosen Welt Luft und ihre gasförmigen Anteile Wie Stick- und Sauerstoff verflüssigt werden konnten, was aber mit sehr großem Energieaufwand geschah. Julius nickte bestätigend. Laurentine wurde deshalb Gebeten, über Verfahren und anwendungen zu referieren, wenn sie es von den Luftelementarzaubern haben würden, was im November der Fall sein sollte. Bis dahin würden sie neben den Übungen ungesagter Zauber auch die höheren Feuerzauber und die Körpereigenschaftsverändernden Zauber erlernen, um die Sinnesleistungen zu steigern oder die Schnelligkeit des eigenen Körpers zu erhöhen. Den Rest der Stunde machten alle Übungen mit ungesagten Bewegungszaubern. Jeder neue Zauber sollte dann möglichst ungesagt erprobt werden. Denn am Ende der beiden UTZ-Jahre war dann der hohe Grad der Zauberkunst, die Ausführung simultaner Zauber, an der Reihe. Irgendwann würden auch große Raumbeeinflussungszauber wie der geräuschlose Raum und der Nullogravitus-Zauber dran sein, wo entweder jedes Geräusch in einem geschlossenen Raum geschluckt wurde oder die Schwerkraft in einem Raum aufgehoben wurde. Die meisten, die in der Zauberkunst-AG waren, hatten den Schwerelosigkeitszauber ja schon in Aktion erlebt. Sandrine und Julius erwähnten die Bezauberung von Gegenständen oder Zonen durch die Anbringung von Runen, was die, die alte Runen nicht mehr weiterlernen wollten oder wegen schlechter ZAG-Noten nicht mehr konnten eine gewisse Enttäuschung in die Gesichter trieb.

"Die Runenkunde ist da schon sehr nützlich. Aber hierbei spielt man auch mit sehr großen Kräften, die in wohl geordnete Bahnen gezwungen werden müssen, um einem nicht um die Ohren zu fliegen", erwähnte die Zauberkunstlehrerin. "In den meisten Fällen genügt eine Bezauberung von Gegenständen ohne Anbringen von Runen. Sie sind eher für hochpotente Zauber, die nicht aus einem engbegrenzten Bereich entweichen dürfen und zur Verflechtung mehrerer an sich den Rauminhalt oder die Materie dominierender Zauber nötig, um die Pinkenbachgrenzen erweitern zu können. Das geht aber immer mit einer potentiellen Gefahr, der unkontrollierten Magieentladung einher und ist daher mit großer Vorsicht zu genießen. Denn wenn die Runen nicht in der korrekten Anordnung oder Erscheinungsform aufgemalt oder eingraviert werden, kann eine solche Magieentladung oder Wirkungsverkehrung bei der geringsten Abweichung der Formeln oder mentalen Komponenten eintreten." Julius nickte. Durch seine Arbeit am eigenen Denkarium hatte er diese unerläßlichen Verhaltensregeln und die Fehlervermeidung sehr intensiv erlernt, wobei ihm das Gefühlschaos auf Grund des in ihm fließenden Halbriesenblutes die Lernarbeit erschwert hatte. Daß er ein vollkommen funktionsfähiges Denkarium hinbekommen hatte lag einzig an Madame Maximes beharrlichem Festhalten an Wiederholungsübungen und ständiger Konzentration. Nur so konnten die verschiedenen, mächtigen Zauber gefahrlos miteinander verflochten und in diesem Granitbehälter verdichtet werden, ohne diesen zu zerstören. Nun schwammen mehrere Erinnerungen darin, die Julius für bedrückend, aber auch sehr wichtig ansah, neuerdings auch die Erinnerungskopien von Serena Delourdes aus der Gründerzeit von Beauxbatons.

Nach der Zauberkunststunde ging die Diskussion um einen neuen Fluglehrer weiter. Millie und Julius wurden andauernd gefragt, ob Hippolyte Latierre nicht schon einen Nachfolger klargemacht habe. Doch bis zum Freitagabend war nichts dergleichen entschieden worden.

Erst am Samstagmorgen, als die Bewohner der Säle gerade im Speisesaal frühstückten, gebot Madame Faucon Ruhe.

"Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler von Beauxbatons. Heute morgen um sechs Uhr erreichte mich eine schnelle Eule aus der Abteilung für magische Spiele und Sportarten zu Paris, die mir eine höchst erfreuliche Mitteilung überbrachte. Ab Montag wird ein neuer Lehrer für das Fach Besenflug, sowie Leiter des Faches magische Sportarten mit seiner Arbeit beginnen. Er befindet sich derzeit noch auf einer Reise im Auftrag der Abteilung, zwecks Werbung und Begutachtung von Mannschaften für die im nächsten Sommer in Millemerveilles stattfindende Quidditch-Weltmeisterschaft. Sein Name lautet Ariel Beaufort, und er war in den Jahren 1969 bis 1983 Spieler der Dijon Drachen." Raunen kam auf, dasß von der Schulleiterin mit einem entschlossenen: "Bitte weiter zuhören, die Herrschaften", abgewürgt wurde. "Des weiteren bedauert Madame Hippolyte Latierre, die Leiterin der Abteilung für magische Spiele und Sportarten, den unrühmlichen Zwischenfall mit dem bisherigen Lehrer Aeolos Dedalus, der ab diesem Samstag als Übungsleiter der Guayana Greife arbeiten wird." Jetzt kam doch lautes Raunen auf. Die Guayana Greife waren die Mannschaft der Überseeniederlassungen Frankreichs in der Karibik und spielten in der französischen Quidditchliega meistens im oberen Mittelfeld mit. Ihre Heimspiele wurden in einem Stadion im Dschungel Französisch-Guayanas ausgetragen, das als Dampfbad bezeichnet wurde, weil Spieler und Zuschauer dort mit der feuchtheißen Luft zu kämpfen hatten. Wer dort lebte mußte was aushalten. "Professeur Beaufort wird wie erwähnt heute Abend bei uns eintreffen. Ich habe über Madame Latierre aus dem Ministerium bereits mitteilen lassen, welche Situation er vorfindet und werde mit ihm darüber sprechen, ob die von Professeur Dedalus verfügte Unterlassung des Dawn'schen Doppelachsers als Flugmanöver zur Vorteilserringung beibehalten wird oder ob es eine Möglichkeit gibt, allen anderen Mannschaften dieses Manöver noch rechtzeitig beizubringen, um es als legitimes Flugmanöver im Turnier zuzulassen."

"Mann, die hätten die Liberté nehmen sollen, wo die wegen ihres Mutterspecks keine feste Anstellung mehr hat", grummelte André Deckers. Dann wurde Julius bestürmt, ob er das schon gewußt habe. Er schüttelte den Kopf und warf ein, daß seine Schwiegermutter das wohl erst nach der Bettgehzeit klarbekommen habe, es dem betreffenden wohl noch als Dienstanweisung unterjubeln müsse und die Kunstfliegerin Angelique Liberté sicher ein zu hohes Gehalt gefordert habe und ja eben wegen ihrer mittlerweile zwei kleinen Kinder ja auch eine Familienunterbringung hätte kriegen müssen."

"Das wäre ja echt das kleinste Problem gewesen. Meine Mutter erwähnte, als Madame Faucon hier als Lehrerin angefangen habe, hätte die nicht im Palast, sondern weiter in Millemerveilles gewohnt. Die Lehrer müssen ja nicht zwingend hier wohnen", bemerkte André dazu und sah Gérard an. Dieser nickte. Seine Mutter wohnte ja immer noch mit seinem Vater im gemeinsamen Haus.

"Ist das für Dedalus nun eine Abwertung oder Aufwertung?" Fragte Robert Julius. Dieser überlegte und grinste.

"Wegloben oder aus dem Weg befördern nennt man das bei den Muggeln, wenn jemand, der einem Geschäftsführer oder Staatsbeamten lästig wird, aber zu mächtig und bekannt ist, um abserviert werden zu können, einen anscheinend supertollen Posten weit weg angeboten bekommt. Ich denke deshalb, daß Madame Latierre sicherstellen wollte, daß Dedalus in Frankreich nichts dummes mehr anstellt, aber auch nicht arbeitslos wird, um auf irgendwelche komischen Ideen zu kommen, Millie und ich hätten ihm das eingebrockt."

"Wenn der im Dampfbad von Guayana gedünstet wird denkt der das eh. Abgesehen davon hat er dann erwachsene Hexen und Zauberer zu trainieren, die nicht so schön kuschen wie die meisten hier in Beaux, weil der denen keine Strafpunkte reinwürgen kann", feixte Robert Deloire. Julius bestätigte das.

"Dann kriegen wir eben Ariel Beaufort", meinte André dazu.

"im Grunde kriegen Julius, Céline und die anderen von der Mannschaft den", mußte Robert klarstellen. Julius bestätigte das.

Bei der Saalsprecherkonferenz kam das Thema natürlich auch noch mal auf die Tagesordnung. Julius und Céline sollten noch einmal zusammenfassen, was am Dienstag passiert war und sollten auch erwähnen, was Dedalus Madame Faucon an den Kopf geworfen hatte. Sandrine errötete wie Belisama und Edith.

"Ich hätte ihm diesen Fehltritt durchaus nachsehen können, wenn er ihn nicht unmittelbar nach seinen höchst unzulässigen Vermutungen begangen hätte, Monsieur Latierre sei während der Zeit in der Nähe meiner Vorgängerin von dieser zu unstatthaften Handlungen verleitet oder genötigt worden. In diesem Zusammenklang konnte ich ihn nicht anders verstehen, wie ich ihn verstanden habe", rechtfertigte Madame Faucon ihre Reaktion. "Offenkundig haben ihm die zwanzig Jahre an dieser Lehranstalt den Sinn für richtige Wortwahl getrübt", fügte sie noch hinzu.

"Wie war das vorhin beim Frühstück, Monsieur Latierre. Sie sagten da was von wegen Wegloben oder aus dem Weg befördern", griff Céline etwas auf, das Robert ihr wohl nach dem Frühstück erzählt hatte. Julius nickte. Hier sprachen sich ja alle mit Nachnamen an, weil Madame Maxime und jetzt Madame Faucon auf die förmliche Anrede bestanden.

"Ich habe das vermutet, was in der magielosen Welt immer wieder vorkommt, daß unliebsam gewordene, aber ranggleiche Amt- und Würdenträger ein scheinbar besseres Betätigungsfeld angeboten bekommen, das aber weit genug von der bisherigen Wirkungsstätte weg ist, so daß derjenige zwar mehr Verantwortung hat, aber in seinem Heimatland keinen nennenswerten Einfluß mehr hat. Staatssekretäre wurden zu Botschaftern, weil der Außenminister sie nicht mehr in der Nähe haben wollte, oder Konkurrenten von Geschäftsführern bekamen die Stelle des Filialleiters von Hinterwelthausen am Gesäß der Welt oder die Kündigung angeboten. Ich denke, das ist mit Monsieur Dedalus auch gemacht worden, um ihm was zu geben, wo er seine Fähigkeiten zu Geld machen kann, aber weder dem Ministerium noch Beauxbatons Schwierigkeiten machen kann."

"Ist ja schon eine Unverschämtheit, wenn wer behauptet, dir ..., ähm, ihnen würde hier alles geschenkt", wandte sich Sandrine an Julius. "Wir alle bekommen das doch mit, daß Sie wegen Ihrer höheren Zauberkraft hier stärker beansprucht werden als andere Schüler aus dem gleichen Jahrgang. Wie kommt jemand dann auf sowas?"

"Nun, offenbar fühlte sich der frühere Fluglehrer Dedalus berufen, die allumfassende Vor- und weiterbildung von Monsieur Latierre zu verachten, weil ihm da selbst keine hohen Zauberkräfte in die Wiege gelegt wurden und er sich zu seiner Schulzeit auf Quidditch und die Theoriefächer festgelegt hat", erwiderte Madame Faucon. "Damit konnte er als Fluglehrer nach seiner aktiven Zeit als Berufsspieler seine Fähigkeiten anwenden und teilte die Schüler wohl danach ein, wer gut im Sport und auf dem Besen war oder wer ausschließlich kopftüchtig und gut im Gebrauch des Zauberstabs war. Die guten Flieger förderte er dann, auch mit unnachgiebiger Härte, während die reinen Zauberstabbewanderten meistens von ihm ausgesiebt wurden und im sicheren Abstand zu ihm blieben. Daß jemand sowohl fliegerisch und auch in der Körperertüchtigung gut genug für die Schulmannschaft war, aber auch vorzügliche Zauberfertigkeiten sein Eigen nennt und entsprechend gefördert wird mißfiel ihm. Dies durfte ich bedauerlicherweise erkennen, als Monsieur Latierre wegen des Zwischenfalls mit den Schlangenwesen dazu verurteilt war, drei Monate lang mit mir und den anderen Kollegen am Lehrertisch zu speisen und er natürlich die von uns geförderten und geforderten Kenntnisse in die Gespräche bei Tisch einfließen ließ, wobei ihm das Wirrwarr der durch die Therapie unkonttrollierten Empfindungen eine Menge Selbstbeherrschung abverlangte. Genau diese hat Monsieur Dedalus immer wieder zu erschüttern versucht, um zu demonstrieren, daß Monsieur Latierre kein Universalbegabter ist. Wer kann auch schon von sich behaupten, daß er oder sie sich in allem perfekt auskenne oder betätigen könne? Es verwundert mich nicht, daß Monsieur Dedalus meinte, ich würde Monsieur Latierre hofieren und verhätscheln, weil er wußte, daß ich meiner Zeit in Beauxbatons auch in der Mannschaft meines Saales mitspielte und mich in allen Zauberfächern so gut es mir fiel anstrengte. Aber daß er meiner Vorgängerin und dann auch mir unzüchtige Betätigungen unterstellte war der berühmte Funke, der den Kessel überhitzt. Derartige Unterstellungen gehören nicht nach Beauxbatons, die Damen und Herren, und natürlich auch nicht entsprechende Betätigungen zwischen Schüler und Lehrer. Unsere Akademie steht auf dem Fundament der Achtung, des Anstandes und der Disziplin. Dies auch nur andeutungsweise zu verwerfen gebührt sich nicht für einen Lehrer, der allen Schülern als Vorbild zu dienen hat. Ich gehe davon aus, daß Monsieur Beaufort diese wichtige Erkenntnis besitzt und beherzigt."

Dann ging es noch um die neuen Schüler, wie sie die zweite Woche überstanden hatten. Céline und Julius berichteten, daß vor allem die Muggelstämmigen sich sehr gut eingelebt hätten. Bei Babette und Jacqueline vermutete sie die Verwandtschaft mit vollwertigen Hexen und Zauberern, und bei Armgard Munster den Umstand, daß sie mit den beiden auch über Muggelweltthemen sprechen konnte, die Mädchen ihres Alters interessierten und somit eine leichtere Umstellung habe, als wenn sie die einzige Schülerin aus nichtmagischem Elternhause wäre. Julius mußte wieder erwähnen, daß Pierre Marceau von älteren Schülern wegen der Freundschaft zu Gabrielle Delacour immer noch angepöbelt wurde und er deshalb wohl sehr viel Frühsport machte, um körperlich besser zu werden. Das veranlaßte Madame Faucon, darauf hinzuweisen, daß Pierre Marceau deshalb häufiger unkonzentriert bis schläfrig im Unterricht auffiele. Julius fragte zurück, warum Professeur Delamontagne ihn nicht darauf hingewiesen habe und erfuhr, daß die Lehrer wohl erst klären wollten, was mit ihm sei. Julius ging davon aus, daß Madame Faucon ihn anhalten Würde, Pierre zu Madame Rossignol zu bringen, damit diese ihm die rechten Anweisungen erteilte, wie viel Körperübungen genug seien, um im Unterricht nicht komplett erschöpft zu sein und sagte, daß er nun, wo er das wisse mit Pierre darüber sprechen wolle, ob weniger Sport nicht besser sei, wo er nicht nur deshalb in Beauxbatons sei und ihm eh nicht erlaubt sei, sich mit anderen Jungen zu prügeln, und die sich nicht mit ihm prügeln durften.

"Am besten erledigen Sie diese notwendige Absprache noch vor der morgigen Konferenz der Pflegehelfer", erwiderte Madame Faucon darauf.

Apollo erwähnte, daß es zwischen Gaston und Cyril weiterhin zu Käbbeleien käme, die die Stimmung in der vierten Klasse trübten, weil sie angefangen hätten, um Mitstreiter zu ringen und einige der Viertklässler sich auf dieses Getue einließen.

"Gaston hält Cyril weiterhin für einen Angeber, der meint, mit vierzehn Jahren schon bei siebzehnjährigen Mädchen anzukommen", sagte Millie dazu und erwähnte, daß Cyril versucht habe, bei Caroline und Leonie zu landen, was Leonie mit gewissem Unmut bestätigte.

"Ich weiß nicht, was der vom roten Saal gehört hat", wandte Millies Stellvertreterin ein. "Aber offenbar meint der, wir Mädchen hätten nur auf den gewartet und es gebe keine Jungs hier, mit denen wir befreundet sein möchten außer ihm."

"Und Monsieur Perignon sieht sich berufen, ihn dafür zu kritisieren?" Fragte Madame Faucon. Professeur Fixus, die als stellvertretende Schulleiterin auch anwesend war, nickte und bat ums Wort.

"Es ist mir nicht entgangen, daß gerade unter den Viert- und Fünftklässlern des von mir betreuten Saales eine gewisse Frontenbildung stattfindet und Monsieur Perignon sich als älterer Schüler berufen fühlt, seine Erfahrung auszuspielen. Was Monsieur Southerland angeht, so muß ich Mademoiselle Poissoniers Vermutung leider bestätigen. Wir wissen aus Thorntails, daß er dort zu den überragenden Schülern gehört und auch in der Quodpotmannschaft mitspielt. Das er jedoch schon frühzeitig nach einer Partnerin sucht wurde uns offenbar nicht mitgeteilt." Julius hätte fast genickt. Er hatte ja mitbekommen, wie Madame Maxime wegen Cyril angefragt hatte. Aber die Antwort hatte er eh nicht zu lesen bekommen.

"Ich kann nur mutmaßen, daß die große Entfernung zu seinem Heimatland und Elternhaus den jungen Monsieur Southerland beflügelt, bisher nicht gewährte Freiheiten auszuloten. Davon hatten wir es hier schon mal, wie sich die räumliche Entfernung zu den Eltern auswirkt und erleben es ja jedes Jahr neu, wenn Kinder aus behüteten Verhältnissen zu uns kommen und gerne ergründen wollen, ob sie die bisherigen Grenzen weiterstecken können und lernen müssen, daß unsere Akademie sehr strickte Verhaltensrichtlinien vorschreibt. Meine Kollegin Professor McGonagall erwähnte auf meine Anfrage, wie die Nähe einer magischen Ansiedlung als Ausflugsziel für Schüler oberhalb der zweiten Klasse sich auf die Disziplin auswirke, daß man keine einheitliche Beurteilung finden könne. Sie teilte mir im Rahmen höflicher Formulierungen mit, daß es in Hogwarts jedoch bisher zu keiner ungewollten Schwangerschaft von minderjährigen Schülerinnen gekommen sei, anders als in Thorntails und jetzt auch einmal mehr bei uns in Beauxbatons. Dies könne darauf zurückgeführt werden, daß Hogsmeade, so der Name der Ansiedlung, ein Ventil für aufgestaute Annäherungsbedürfnisse sei, jedoch von den Einheimischen schon ohne aufzufallen mitverfolgt werde, wer sich dort über bestehende Anstandsgrenzen bewegt oder nicht."

"Ja, aber wie soll ich jetzt mit den beiden umgehen?" Fragte Apollo. Madame Faucon sah ihre Stellvertreterin an und sagte dann: "Monsieur Perignon weiß ganz genau, daß eine Regelverletzung, die mehr als zweihundert Strafpunkte nach sich zieht das Ende seiner zweiten Schulzeit in Beauxbatons bedeutet. Professeur Fixus hat ihm das von seinen Eltern unterzeichnete Dokument vorgelegt. Und wenn er in einem halben Jahr mehr als eintausend Strafpunkte anhäuft ist seine zweite Schulzeit ebenfalls beendet. Was Monsieur Southerland angeht hoffe ich sehr auf die Erfahrungen, die die außerehliche Mutterschaft Mademoiselle Dorniers erbracht hat und daß alle anderen Schülerinnen in Erinnerung behalten haben, daß derartige Eskapaden ihnen mehr schaden, als das flüchtige Vergnügen wert ist." Mildrid bat ums Wort.

"Im roten Saal wüßte ich auch keine über vierzehn, die Monsieur Southerland ernst genug nimmt, mit ihm was anzufangen. Da er selbst ja damit angegeben hat, daß Mädchen seines Alters schon zu klein für seine Ansprüche sind, dürften die jüngeren von uns nicht gefährdet sein. Und die, die schon feste Freunde oder wie in meinem Fall einen Ehemann haben lassen sich doch von einem Vierzehnjährigen nicht beeindrucken. Der ist ja nicht dumm. Der hat es bald begriffen, daß Beauxbatons nicht seine Übungswiese für Anbandelversuche ist."

"In Ihrem Interesse möchte ich hoffen, daß Sie recht haben, Madame Latierre", raunte Madame Faucon ziemlich verdrossen. Doch Millie blieb ruhig. Dann ging es noch um Bernadette Lavalette, die bei Professeur Fixus beantragt hatte, statt der Freizeitkurse lieber Zusatzaufgaben für den Unterricht zu erhalten. Julius verdrängte das Bedürfnis, zu grinsen. Das was in Beauxbatons unter Freizeit lief, war eigentlich eine Verpflichtung, die Stunden außerhalb des Unterrichtes sinnvoll und förderlich zu nutzen. Das Angebot gab einem nur die Möglichkeit, sich die Sachen auszusuchen, die man ausfeilen wollte, wie eben Zaubertränke, Zauberkunst oder Verwandlung. Die Musik-, Tanz-, und Theatergruppen bildeten dabei den Ausgleich zu den für den Unterricht brauchbaren Kursen und brachten nebenbei heraus, wer für welche Kunstrichtung einen Sinn hatte.

"Und ich habe Mademoiselle Lavalette geantwortet, daß die Freizeitkurse genau diese Möglichkeit boten, bereits vor dem üblichen Lehrplan Zauber oder Tränke kennenzulernen und unter Aufsicht des betreffenden Fachlehrers auszuprobieren", stellte Professeur Fixus klar. "Ich konnte Mademoiselle Lavalette nur dahin entgegenkommen, daß ich sie in der Alchemiegruppe nicht mit gleichaltrigen Kursteilnehmern zusammenließ, weil sie befürchtet, man könne sie wegen ihrer Rückstufung verspotten." Julius sah Millie an. Diese erwiderte den Blick. Sie hätten keine Probleme gehabt, Bernadette in ihrer Zaubertrank-AG-Untergruppe zu haben. Aber sie wollte sich wohl den Rest von Überlegenheit bewahren, wenn sie mit den Zweit- und Drittklässlern eine Arbeitsgruppe bildete. Sollte ihnen beiden auch recht sein.

Nach der Konferenz war Strandzeit angesagt. Noch war das Wetter schön, und das nutzten die Beauxbatons-Schüler aus. Dorine hatte die Aufsicht. Belisama brachte sie auf den Stand der Konferenz, bevor sie mit den anderen Mädchen aus dem weißen Saal eine Schwimmstaffel bildete, die gegen die aus dem gelben Saal antrat, während Millie und Julius mit den jüngeren Latierres fast bis zur gültigen Grenze hinausschwammen.

"Halt dich gut ran, Julius. In drei Wochen seid ihr ffällig", tönte Calypso Latierre.

"Das werden wir sehen, wenn das Milchdoping bei euch beiden nachläßt", erwiderte Julius darauf und tauchte unter Callies zupackendem Arm weg, um schnell weiter weg wieder aufzutauchen. Denn wer länger als eine halbe Minute unter Wasser blieb, löste bei der diensthabenden Strandaufsicht Alarm aus. Das diente einerseits dazu, Badeunfälle zu verhindern, aber auch, um die Badenden unter Überwachung zu halten. Wer abtauchte, womöglich mit Kopfblase, verschwand ja buchstäblich von der Bildfläche.

"Wir sind immer noch stark und schnell", tönte Callie und sauste auf Julius zu, der jedoch lässig aus dem Wasser hechtete wie ein Delphin, nur nicht so hoch und so weit wie ein verspielter Meeressäuger.

"Warten wir mal ab, ob der neue Lehrer euch nicht für offizielle Spiele sperrt", meinte er noch, als Callies Zwillingsschwester Pennie auch noch herankam.

"Oha, dann hätte Polly aber arge Probleme", meinte Pennie. Julius überlegte, ob er dafür nicht Strafpunkte aussprechen mußte. Dann tat er so, als habe er das überhört und antwortete nur:

"Das würde für eure Mannschaft sicher ein schwerer Schlag sein. Aber wenn wir schon keinen Doppelachser fliegen dürfen, dann müßte das mit der Latierre-Kuhmilch auch als unzulässiger Vorteil gegenüber den anderen angesehen werden." Callie griff nach seinem Arm. Er stemmte sich zwar dagegen und schaffte es, einige Zentimeter Raum zu gewinnen. Doch dann kam Pennie von der anderen seite und griff seinen linken Arm. Julius versuchte, sich freizustrampeln. Doch die beiden zogen ihn nun mit kräftigen Beinschlägen und ihren freien Armen kräftig durchziehend dahin. Millie und Patricia folgten. Julius stabilisierte nur seine Lage und ließ es sich gefallen, daß sie ihn fast bis in die von den anderen abgesteckte Zone für die Staffel zogen. Da meinte Gérard, der seiner Freundin Sandrine zusah: "Huch, was wird denn das, Julius?"

"'ne Rettungsübung", sagte Julius. Die beiden jüngeren Mädchen, die seine angeheirateten Cousinen waren, ließen ihn los, so daß er vom Restschwung fast in Sandrines Bahn hineinglitt und nur durch Aufrichten und damit größeren Wasserwiderstand abbremste.

"Ey, du hättest fast Sandrines Spurt vermurkst", giggelte Gérard. "Wollten die zwei dich abschleppen oder zu den Meerleuten da draußen bringen?"

"Die wollten mir nur zeigen, daß sie noch so stark sind wie vor einem Jahr, weil ich denen gesagt habe, sie könnten vom neuen Fluglehrer gesperrt werden, wenn der findet, jeden unfairen Vorteil einer Mannschaft ausräumen zu müssen."

"Au ja, soll der machen. Sonst muß ich das restliche Schuljahr alleine die verschlafene Bande wecken und die ganzen Typen ruhighalten, die wegen Gabrielle so wieseldoll sind." Da tauchten Callie und Pennie links und rechts neben Gérard auf und packten ihn an den Armen. Er rief noch laut: "Eh, ihr überfütterten Gänse, laßt das!" Doch da hatten sie ihn schon im Schlepptau und waren mit ihm auf und davon.

"O, dafür haut Gérard gleich Strafpunkte raus", grummelte Julius an die Adresse seiner Frau, die neben ihm Wasser trat, um auf der Stelle zu bleiben, während Sandrine die von ihrer Stellvertreterin markierte Grenze erreichte, eine gekonnte Wende machte und auf dem Rückweg war. Julius hatte Sandrine bisher noch nie so grazil und schnell schwimmen sehen können. Er hörte Gérard aus immer größerer Entfernung rufen: "Ihr blöden Milchkühe, laßt das jetzt, oder ich laß euch hier nicht mehr hinkommen!"

"Kannst du deinen Cousinen bitte sagen, sie sollten ihn in Ruhe lassen", wandte Julius sich an Millie. "Die haben nix davon, sich wegen einer reinen Kraftschau den DQ zu versauen. Millie nickte und rollte sich für eine Punktwende zusammen, um dann mit hoch aufspritzenden Fontänen im Kielwasser davonzuschwimmen. Julius sah noch, wie Sandrine nach den festgelegten vierhundert Metern an den Startböcken aus dem Wasser schnellte, ihre Kameradin Béatrice abklatschte und diese dann lossschwamm, allerdings, wie Julius sofort sah, nicht so kräftig und gewandt wie Sandrine. Julius wandte sich seinen angeheirateten Cousinen zu, die Gérard quer zum freien Bereich des Schulstrandes schleppten, so daß alle es sahen, daß er gegen die beiden jüngeren Mädchen nicht ankam. Erst als Millie sie einholte und ihnen einige kurze Sätze zurief, ließen sie von ihm ab. Gérard warf sich herum und schwamm aus eigener Kraft in Richtung Staffelzone. Julius kehrte an den Strand zurück, um ihn zu begrüßen.

"Die zwei sind nicht ganz dicht", knurrte er. "Offenbar bekommt denen dieses weiße Zeug nicht mehr oder die leiden unter anderen Problemen", knurrte er. "Ich habe denen je zweihundert Strafpunkte verpaßt. Denkst du, die hätten sich davon beeindrucken lassen?"

"Aber Millie hat denen irgendwas gesagt, denke ich", erwiderte Julius.

"Ja toll auch. Die hat denen gesagt, daß sie deren Mutter anschreiben würde, daß sie sich um mich zanken würden und nur eine von denen mich auf den Besen heben dürfe. Hast du der das geraten?"

"Abgesehen davon, daß Millie ihre eigenen Ideen hat, wie sie mit den beiden Kampfküken umgeht, hat das wohl besser gezogen als deine Strafpunkte."

"Die haben mich vor allen anderen blöd aussehen lassen. Das ist Respektlosigkeit", schnarrte Gérard sehr verärgert. "Wenn sich einer von uns Jungs das wagen würde, ein Mädchen so abzuschleppen, bekäme der neben Strafpunkten noch einen Monat Putzdienst oder sowas."

"Hast du denen den aufgehalst?" Fragte Julius.

"Nöh, wußte in dem Moment nicht ... Gute Idee", knurrte Gérard und grinste überlegen. "Die werden sich umgucken." Seine Verdrossenheit war schlagartig weg. Dann fragte er, wie Sandrine geschwommen sei.

"Du hast 'ne Olympiaschwimmerin zur Freundin. Ich wußte gar nicht, daß die so schwimmen kann. Gut, daß sie schwimmen kann ist ja klar, wo Madame Dusoleil die Jungs und Mädels aus Millemerveilles jeden Sommer einen Tag zum See der Farben mitnimmt. Aber das die so schnell ist wußte ich bis heute nicht. Na ja, Béatrice hat es dann wohl wieder vermasselt, was Sandrine vorgelegt hat."

"Echt? Mist!" Grummelte Gérard. "Aber ich geh jetzt zu Professeur Delamontagne und kläre das, was die beiden für die zweihundert Punkte abzuleisten haben."

"Ach ja, was denn?" Wollte Julius wissen, der schnell zu Millie und ihren Cousinen hinüberblickte, die sich noch im Wasser tummelten und offenbar zankten.

"Werdet ihr bald wissen", erwiderte Gérard überlegen grinsend und ging davon. Julius wollte ihm schon nach. Da kam Gaston angelaufen.

"Ey, hast du deinen ebenholzfarbenen Kollegen gesehen, der für meinen neuen Saal zuständig ist?" Fragte er.

"Du meinst Apollo? Der ist mit Leonie irgendwo da hinten auf einer der Strandbänke, gerade so noch für Dorine zu sehen."

"Hat's wohl gerade nötig", grummelte Gaston. "Dieser Yankee wird langsam peinlich, Julius. Wer kam auf die Idee, uns den rüberzuschicken? Wollten die den elegant loswerden oder was?"

"Gaston, der ist nur das eine Jahr hier. Was immer der für komische Ideen hat, du kannst das locker vergessen, solange der dir nichts wegnimmt oder wen ausspannt."

"Ausspannt", schnarrte Gaston. "Abgesehen davon, daß mich Caro und Leonie nicht mal mit dem Arsch angucken, weil die Faucon mich zu den Vor-Zaglern hingeschubst hat, und ich bei denen im roten Saal echt nix verloren habe wollte dieser Yankeedödel echt wissen, ob ich schon mal du-weißt-schon-was gemacht habe."

"Du-weißt-schon-was? Ich kannte bisher nur einen Du-weißt-schon-wer. Und den gibt's zum Glück nicht mehr", erwiderte Julius.

"Komm, du weißt echt, was ich meine, oder willst du mir erzählen, du hättest das mit Millie noch nie ausprobiert?"

"Wenn du Sex meinst, dann kein Kommentar, Gaston. Aber Cyril wollte das wissen? Hat der dann echt behauptet, er hätte schon mal welchen gehabt?"

"Joh, hat er. Hat was von einer Mirella erzählt, die ihn schon ein paarmal rangelassen hätte."

"Neh is' klar", erwiderte Julius. "Ich kenne dieses Mädchen ein wenig, und das, was ich von der kennengelernt habe könnte glatt darauf bringen, daß sie für sowas zu haben ist. Aber die steht auf gleichaltrige Jungen. Die hat mal versucht, einen ehemaligen Schulkameraden von mir anzubaggern, also abgeklopft, ob mit dem was ginge. Und bei mir hat sie es auch probiert. Nur ich war mir damals schon ziemlich sicher, daß ich mit Claire was anfangen würde. Meinem Schulfreund aus Hogwarts hat sie aber die Beziehung verdorben, weil seine Freundin nicht recht glauben wollte, daß da nix gelaufen sei. also, Cyril könnte nur bei der gelandet sein, wenn der sich vorher mit Alterungstrank abgefüllt hat. Und was den Sex angeht, denke ich, die will sicher keine Kinder von einem Kind kriegen, das noch drei Jahre Schule vor sich hat. Also lass den Typen reden. Denn wer es wirklich schon einmal mit einer Frau gemacht hat, der muß nicht mehr drüber reden, der weiß dann, wie das ist."

"Also wie du", versuchte Gaston, den ehemaligen Klassenkameraden aus der Reserve zu locken.

"Wie erwähnt, kein Kommentar", entgegnete Julius ruhig. "Außerdem dürfen Millie und ich über das, was zwischen uns privat abläuft nicht vor anderen angeben", fügte er hinzu. Gaston sah ihn nur verdrossen an. Dann meinte er:

"Der hat mitbekommen, daß ich mal 'ne Zeit mit Laurentine gegangen bin und hat gemeint, daß ich doch vollbekloppt gewesen wäre, den Rauswurf zu riskieren, bevor ich die aufgestoßen hätte", schnarrte Gaston. "Und jetzt guckt die mich nicht mal mehr mit dem Arsch an."

"Das war ja auch für sie ein heftiger Schlag", meinte Julius. "Du hast dich auf die Seite dieses Drecksacks Didier gestellt und damit gezeigt, daß wir Muggelstämmigen eben damit zu leben hätten, wenn wir aus Angst vor Voldemort von der Schule genommen würden. Was du danach nicht mitbekommen hast war, daß er alle Muggelstämmigen mit angeblichen Todesmeldungen über ihre Eltern beharkt hat. Und das heftigste, was euch beide betrifft, du hast keinen Moment dran gedacht, wie sie sich fühlt, als du dich mit Madame Maxime angelegt hast. Du hast nur überlegt, dich dem amtierenden Minister gegenüber gutzustellen, wo schon längst klar war, was für eine miese Kellerratte der war. Wenn ich sowas gemacht hätte würde sich auch kein Mädchen mehr für mich interessieren, weder Millie noch sonst wer", erwiderte Julius, der fand, es jetzt endlich mal auf den Tisch zu bringen.

"Ja, aber ich hab's damals nicht gewußt, verdammt noch mal. Da kann Laurentine mir doch keinen für reinwürgen. Weißt du wie bescheuert das war, ein ganzes Jahr nur dumm rumzusitzen, ohne Zauberstab und so? Dann mitzukriegen, daß Didier keine Freunde mehr hat und zu kapieren, sich den falschen Typen zum Nachlaufen ausgesucht zu haben? Dann das mit den Schlangentypen. Die haben meinen Eltern und mir auch tierische Angst gemacht. Wenn diese grauen Riesenvögel nicht gekommen wären hätten die uns glatt noch erwischt. Golbasto hat es ja erwischt."

"Was du nicht sagst", konnte Julius darauf nur antworten. "Madame Maxime und Professeur Faucon haben uns garantiert, daß uns nichts passiert und alle Schüler willkommen sind. Und du legst dich mit denen an, weil Didier sie auf der Abschußliste hatte wie meine Mutter und Babettes Mutter gleich mit. Ich weiß, das wird dir überheblich vorkommen, aber du kannst dich glücklich schätzen, daß du noch zwei Jahre länger hier bleiben kannst und alle die, denen du wegen Didier ans Bein gepinkelt hast dann schon weg sind und es denen, die dann noch da sind egal ist, was damals gelaufen ist."

"Hat Apollo mir auch schon aufs Brot geschmiert. Knallt euch die Faucon das bei euren Wochenmeldungen ins Hirn, wenn ihr über uns achso schlimme Problemschüler quatscht?"

"Erstens kann jeder mit ausreichend Verstand darauf kommen, was ich dir gerade gesagt habe. Zweitens überwachen wir euch nicht, sondern sind Vermittler zwischen euch und den Lehrern. Drittens heißt unsere Schulleiterin Madame Faucon. Ich verzichte auf Strafpunkte, weil ich weiß, wie nahe du am Rauswurf entlangschrammst, wenn du dir zu viele davon einhandelst. Aber ich weise dich darauf hin, daß du die, die dir diese zweite Gelegenheit gaben, doch noch einen guten Abschluß zu machen, mehr respektieren solltest. Mehr kann und will ich dazu nicht sagen."

"Verstehe, der Herr Saalsprecher muß ja noch mehr springen als vorher schon, als er nur der Russter-Simonowsky-Junge war, der wegen seiner Abstammung von der Insel der Todesser abhauen mußte, weil die Tochter der Faucon ja Schiß hatte, dir könnte der Unnennbare was antun."

"Offenbar verdienst du keine Schonung, Gaston", seufzte Julius. "Daher zwanzig Strafpunkte wegen Respektlosigkeit mir gegenüber, fünfzig wegen verächtlicher Bezeichnung der Schulleiterin - hast du ja schon mal welche für bekommen. Bei der Gelegenheit solltest gerade du das Wort Schiß nicht mehr so abfällig gegen andere benutzen, solange du dich daran erinnerst, wer damals dafür gesorgt hat, daß du lebend von diesem Thestral im Herbststurm herunterkommen konntest. Und jetzt sieh zu, daß du Land gewinnst!"

"Ey, das war jetzt echt gemein", stieß Gaston aus, der einen Moment richtig blaß geworden war, weil Julius ihm ganz unbekümmert an ein Erlebnis echter Todesangst und darauf folgend seinem wohl peinlichsten Erlebnis erinnert hatte.

"Wenn du schon meinst, mir Strafpunkte reinhauen zu müssen, obwohl du nicht für mich zuständig bist, dann mußt du das mit Polly klären, was ich dafür tun soll", spie Gaston dann noch aus. Julius nickte nur und deutete auf die Bank weit hinten. Gaston trabte an, Julius wollte schon nachlaufen, als Millie aus dem Wasser kam.

"Die beiden reden jetzt erst mal zwei Tage lang nicht mit mir, weil ich denen gedroht habe, Tante Babs anzuschreiben, daß sie sich um Sandrines Freund zanken und denen dreißig Strafpunkte wegen Respektlosigkeit gegenüber einem stellvertretenden Saalsprecher aufgeladen habe, wo der denen schon zweihundert dafür aufgeladen hat."

"Ey, Monsieur Saalsprecher, du wolltest doch mit deinem baumlangen Kollegen klären, ob du mir diese siebzig Strafpunkte geben durftest!" Rief Gaston. Millie sah Julius an und stupste ihn in die Richtung des ehemaligen Klassenkameraden. Er lief also hinter ihm her, überholte ihn und legte Tempo vor, ohne zu rennen. Er entschuldigte sich bei Apollo und Leonie, die etwas verdrossen auf ihn und dann noch verdrossener auf Gaston blickten. Julius überließ es Gaston, sich über ihn zu beschweren und sich dabei noch mehr den Mund zu verbrennen. Apollo sah Julius an und fragte ihn dann, warum er Gaston Strafpunkte gegeben habe. Gaston grinste, weil er dachte, daß das jetzt widerrufen würde. Julius erwähnte ruhig, daß Gaston sich mit ihm über Cyril unterhalten habe, dann über dessen Behauptungen, auf die er nicht näher eingehen wolle und über Gastons Bemerkung, er, Julius müsse ja noch mehr springen als vorher schon und daß er Madame Faucon dabei verächtlich geredet hatte. Gaston war so einfältig, Apollo zu sagen, daß Julius ihm das einmal hatte durchgehen lassen. Apollo sah Julius an, der nickte und sagte, daß er es nur bei einer Verwarnung belassen wollte, weil Gaston ja schon heftig genug aufzupassen habe. Da meinte Apollo:

"Gefällt es dir schon nicht mehr bei uns, Gaston? Julius mag ja finden, daß du von ihm keine Strafpunkte bekommen sollst. Aber wegen abfälliger Bezeichnungen hätte ich dir auf jeden Fall Strafpunkte verpaßt. Also noch mal fünfzig wegen abfälliger Bezeichnung unserer Schulleiterin. Da du ja zu mir gekommen bist, um zu hören, was du dafür machen sollst lege ich jetzt mal fest, daß du die Reisekutsche sauberputzen sollst. Viel Erfolg dabei!"

"Nur?" Fragte Gaston. Julius nickte Leonie und Apollo zu und wandte sich ab. Er hörte noch, wie Apollo sagte:

"Und sämtliche Badezimmer im roten Saal und den allgemeinen Bereichen scheuern."

"Gérard wird das nicht auf sich sitzen lassen, was da gelaufen ist, Millie", sagte Julius, als er mit seiner Frau weit genug weg war.

"Habe ich den beiden auch gesagt. Aber die stellen sich jetzt stur. Könnte nur sein, daß Sandrine das in den falschen Hals kriegt", meinte Millie.

"Die hat Gérard sicher, Millie. Aber der hat schon was im Kopf, um den beiden Kampfküken den Spaß zu vermiesen, glaub's mir."

"Soll ich dir mal was sagen, Julius. Die beiden müssen es langsam lernen, wie sie richtig mit einem Jungen umgehen können. Ihr steckt das nicht locker weg, wenn Mädchen körperlich stärker sind als ihr", erwiderte sie. Julius meinte, daß die meisten Jungs wohl Probleme damit hätten, aber nicht alle.

"Du hast es ja bei denen auch darauf angelegt und das hingenommen, daß sie dir ihre Stärke zeigen wollten. Aber Jungs wie Gérard, vor allem Gérard, könnte das denen ganz ganz übel klarmachen, daß Muckis nicht alles sind", sagte Millie. "Ich war mal ein Jahr und ein halbes mit dem zusammen. Ich weiß ungefähr, wie er was versteht oder wegpackt."

"Hoffentlich kommen deine Cousinen nicht darauf, daß ich an dem Schuld hätte, was denen jetzt blühen mag."

"Du warst ja nicht so heftig drauf wie Gérard", meinte Millie dazu. "Außerdem haben die zwei nicht mitbekommen, ob du mit Gérard was ausgemacht hast. Das wächst also auf seinem Drachenmist. Außerdem sind die beiden auch deine Cousinen, weil Tante Babs darauf besteht, daß ihre Nichten und Neffen Tante zu ihr sagen, auch die verschwägerten. Aber die zwei kriegen bestimmt einen Heuler von der, weil die so viele Strafpunkte abbekommen haben."

"Wenn die das nicht mitbekommt", erwiderte Julius.

"Wo Orion hier herumspukt und ihm das sicher einige auf die Nase binden. Daß gerade du das vergißt wundert mich aber", erwiderte Millie. Dann schlug sie vor, noch eine Runde zu schwimmen. Unterwegs zum Meer trafen sie Sandrine. Ihre Staffel hatte verloren, obwohl Sandrine eine gute Zeit herausgeschwommen hatte. Julius lobte sie noch mal für ihr Können. Sie wollte dann wissen, ob das stimmte, was man ihr erzählt hatte, daß Gérard von den Latierre-Zwillingen quer über das Meer gezogen worden wäre. Millie und Julius mußten das bestätigen, weil es eh zu viele Zeugen dafür gab.

"Und der knobelt jetzt mit eurem Vorsteher oder Professeur Fixus aus, was den beiden dafür aufgehalst wird?" Wollte Sandrine wissen.

"Die Reisekutsche müssen sie schon mal nicht machen. Dafür hat sich Gaston freiwillig gemeldet", sagte Julius. Sandrine grummelte, ob der schon Heimweh habe. Millie und Julius lachten und erwiderten, daß Apollo das ungefähr so auch schon gefragt habe. Dann schwammen die drei noch einmal, um ihre Ausdauer zu vergleichen. Zwar kam Sandrine nicht gegen die größeren und durch Schwermacher und andere Kraftauffrischungssachen gestärkten Latierres an, hielt aber einige Dutzend Züge noch gut mit. Dann waren sie aber auch für diesen Morgen fertig.

"Tüdelü, ich glaube, ich sollte mir 'ne Leibwache zulegen", grinste Gérard, als Julius ihn im grünen Saal wiedertraf. Julius fragte ihn dann, was er denn angestellt habe.

"Nichts wirklich heftiges. Ich habe nur mit Professeur Delamontagne gesprochen, daß ich so bei allen anderen ziemlich verspielt hätte, wenn die dächten, ich würde mich von zwei kleinen Mädchen locker rumschubsen lassen. Ich habe dem gesagt, daß ich meiner Freundin bei der Staffel zusehen und sie anfeuern wollte und die beiden das doch mitgekriegt haben mußten und jede Verwarnung nichts gebracht hätte. Da hat er dann die Kollegin Professeur Fixus dazugeholt und ich habe denen vorgeschlagen, daß die zwei von jetzt ab bis nach dem Eröffnungsspiel kein Quidditch mehr spielen sollten und statt dessen mit Schuldiener Bertillon die Wege im grünen Forst ohne Zauberkraft freihalten sollten. Ich glaube, das werden die nicht mehr vergessen." Er grinste breit. Robert, der zugehört hatte lachte los. Céline meinte:

"gut, daß du nicht bei uns mitspielst. Die könnten dir sonst im nächsten Jahr die Klatscher durch den Schädel dreschen."

"Und tärä, Mademoiselle Dornier, so was ähnliches hat auch Professeur Delamontagne befürchtet. Er hat Professeur Fixus angesehen und gefragt, ob das hier üblich sei, daß Leute beliebig überschüssige Kräfte an anderen abreagieren müßten. Sie meinte, daß sie "ihrre Damen" nicht dazu anhielte, sich derartig "lausbubenhaft" zu betragen. Da meinte unser neuer Saalvorsteher, daß man dann wohl ein exempel statuieren müsse, daß jemand mit mehr Kraft oder Zauberkraft unmöglich in einer Quidditchmannschaft mitspielen dürfe, wenn er oder sie nicht einmal davor zurückschrecke, einen stellvertretenden Saalsprecher zu erniedrigen. Daher sei statt einer reinen Verwandlungsstrafe wohl ein ganzjähriger Ausschluß aus der Quidditchmannschaft die beste Strafe. Joh, und Professeur Fixus hat genickt und das bestätigt. Das heißt, Julius, du hast es beim Eröffnungsspiel nur noch mit deiner Frau und deiner zweitkleinsten Schwiegertante zu tun. Das merken die sich ganz sicher. "

"Ui, das tut denen bestimmt weh - in den Ohren", erwiderte Julius darauf, während Céline ihr Gesicht verzog und dann doch unverkennbar erleichtert dreinschaute.

"Dafür, daß wir den Doppelachser nicht benutzen dürfen immerhin keine trollstarken Treiberinnen."

"Troll ist toll", erwiderte Gérard, der sich genüßlich in seinem Erfolg suhlte. "Was nützt einem, trollstark zu sein, wenn man dafür auch trolldoof ist. Aber ich fürchte, ich brauche echt 'ne Leibwache."

"Hmm, dabei warst du mit zweihundert Strafpunkten noch gnädig. An und für sich hättest du denen das auch als Körperlichen Angriff auf dich auslegen können. Dann wären die mit dreihundert Strafpunkten zugeschüttet worden", sagte Julius.

"Ähm, hmm, stimmt, hätte ich eigentlich anbringen können. Na ja, so oder so sind die jetzt bedient. Über die lacht jetzt jeder außerhalb des roten Saales. Denn alle wissen ja, daß ich gegen die körperlich nichts hätte machen können. Das tut denen ganz sicher in den Ohren weh."

"Ich meinte eigentlich eher, weil die von ihren Eltern einen Heuler kriegen könnten, wenn das zu denen durchdringt", meinte Julius.

"O Drachenmist! Dann muß ich mir ja diese Alraunenohrenschützer zulegen."

"Und einen verstärkten Eisenhelm, wenn wegen dem Heuler die Decke vom Speisesaal über uns runterkracht", trieb es Robert noch weiter. Dann wollte Gérard wissen, ob Sandrine noch was gesagt hatte. Julius wiederholte nur, was sie besprochen hatten. Da vibrierte sein Pflegehelferarmband. Er legte den Finger auf den Schmuckstein. Millies Abbild erschien vor ihm.

"Na, schon mit Gérard gesprochen?" Fragte Millie. Der erwähnte grinste feist. "Callie und Pennie sind für das ganze Jahr gesperrt. Professeur Fixus hat uns von der Mannschaft das gerade mitgeteilt. Die müssen an jedem Übungs- und Spieltag, wenn wir eigentlich fliegen wollten irgendwelchen Putzdienst machen. Ich denke, das mit der Besenwerbung kann Gérard jetzt vergessen."

"Das wird Sandrine freuen", erwiderte Gérard, der wußte, daß Millie ihn hören konnte.

"War ja auch seltendämlich, einen Saalsprecher gegen seinen Willen rumzuschleppen. Wenn sie es echt nicht anders kapieren", grummelte Millie verdrossen.

"Dann müßt ihr euch zwei neue ausgucken, oder?" Fragte Julius.

"Haben wir schon. Die beiden wären halt nur die erste Wahl gewesen. So kommen Marc aus Patties Klasse und Varus aus der fünften. Sind auch nicht schlecht die beiden. Marc hat vor Beaux ein Spiel namens Tennis gespielt, wo man auch einen Ball hauen muß, und Varus war schon Reservetreiber, als Bine und San noch gespielt haben. Angenehmes Mittagessen noch, Jungs!" Julius erwiderte den Abschiedsgruß und trennte die Verbindung.

"Der Freund von der kleinen Patricia?" Fragte Céline. "Ich dachte, den ließen seine Eltern nicht spielen oder so."

"Der darf mitspielen, weil Professeur Fixus ihnen geschrieben hat, daß er sonst keinen gescheiten Sport bei uns machen könne und die nicht wollen, daß Marc wieder Speck ansetzt, wenngleich ich mich da frage, obwohl beim Tennis kannst du auch mit Bauch noch was reißen." Julius erklärte dann, wie dieses Ballspiel der Muggel ging und erntete die befürchtete Antwort: "Eigentlich dann ziemlich langweilig."

Am abend traf dann ein kleiner Zauberer mit schwarzem Wuschelkopf und Spitzbart in Beauxbatons ein und wurde von Madame Faucon als "Professeur Ariel Beaufort" vorgestellt, einer der besten Sucher der siebziger Jahre, der seiner Mannschaft zwanzigtausend Punkte durch Schnatzfang beschert hatte, in der Saison 1975-1976 sogar in jedem Ligaspiel den kleinen goldenen Ball erwischt hatte. Er wurde von den Quidditchspielern begeistert und vom Rest respektvoll begrüßt. Er blickte aus seinen grasgrünen Augen über die sechs Haustische hinweg, um zu sehen, wer noch fliegen lernen mußte und wer wohl in den Saalmannschaften mitspielte. Julius war gespannt, wie der neue Lehrer menschlich beschaffen war. Dann sah er noch eine Hexe mit je einem Kind an jeder Hand in den Speisesaal eintreten. Das hatte ihnen noch keiner erzählt, daß er Familie hatte. Denn die beiden Kinder besaßen die gleichen Haare und Augen wie der neue Lehrer. Die Hexe, ihre Mutter, wirkte gemütlich mit ihrem rundlichen Körper und ihrem Mondgesicht mit Stupsnase und den großen, veilchenblauen Augen, die ihr das Aussehen eines großen Säuglings verliehen. Ihr Haar war schulterlang und ziegelrot.

"Dies ist Madame Beaufort, die Gattin unseres neuen Fluglehrers. Sie und ihre beiden Söhne Henri und Georges sind nur mitgekommen, um zu sehen, wer in diesem Jahr alles mit ihrem Mann und Vater zu tun haben wird", sagte Madame Faucon und winkte der Hexe im dunkelblauen Kleid, sich mit den Kindern an den Lehrertisch zu setzen. Julius konnte bei einigen der älteren Mädchen Enttäuschung in den Gesichtern erkennen. Der kleine Zauberer war also schon längst vergeben. Dann bat der neue Lehrer ums Wort. Sofort wurden alle still. Dann sprach Beaufort mit einer Baßstimme, die nicht so recht zu seiner Körpergröße von gerade einem Meter sechzig passen mochte.

"Sehr geehrte Damen und Herren Lehrer und Schüler. Ich bin im reden nicht so gut. Dafür habe ich früher immer Leute gehabt." Verhaltenes Lachen wehte kurz durch den Saal. Dann sprach Beaufort weiter. "Aber ich denke, ich bin hier nicht wegen großer Reden eingestellt worden. Ich komme gerade aus Deutschland, wo ich mich mit den Leuten von der Spiele-und-Sportabteilung über die kommende Weltmeisterschaft unterhalten habe. Ich weiß zwar nicht, warum mein Vorgänger so früh hier aufgehört hat, werde die Gründe aber respektieren. Nur noch so viel: Ich werde weiterhin mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen in unserem kleinen Haus wohnen und nur unter der Woche hier sein, um die Flugschüler auszubilden und die Mannschaften zu betreuen. Wer an den Wochenenden ohne Turnierspiel etwas von mir möchte, möge das dem Lehrer oder der Lehrerin sagen, der oder die den betreffenden Saal führt. So, mehr ist im Moment nicht zu sagen. Auf gute Zusammenarbeit, Ihnen allen."

"Kam schon besser rüber als Dedalus", meinte Céline nach dem Abendessen. Julius nickte, schränkte aber ein, daß der erste Eindruck nicht immer stimmen mußte, aber er so weit es ihn anging keinen Krach mit dem neuen Lehrer anfangen wollte.

"Der ist verheiratet? Davon stand nie was im Miroir Magique", knurrte Monique Lachaise.

"Tja, wenn er nicht in Frankreich geheiratet hat wohl nicht", sagte Julius spöttisch. Céline grinste überlegen.

"Stand ja auch in der monde des Sorcières, Monique. Seine Frau heißt Margot, wie meine Mutter und kommt aus Brüssel."

"Monique, Lehrer sind eh tabu", wandte Lucille, eine von Moniques Klassenkameradinnen ein. Monique verzog nur das Gesicht.

"Wohl der, die schon weiß, mit wem sie hoffentlich alt wird", schnarrte Irene Pontier und sah Céline an. Diese erwiderte, daß sie ja schön ruhig bleiben sollte. Julius beschloß, sich nicht weiter an dieser Debatte zu beteiligen und besuchte Goldschweif, die ja wegen ihrer angekündigten Jungen nicht mehr zu ihm ans Schlafsaalfenster kommen konnte. Dort traf er auch Nadine Albert, eine muggelstämmige Zweitklässlerin aus Sandrines Saal, die sich trotz des dunklen Jahres und der langen Zeit, die Beauxbatons von der Außenwelt abgeschnitten war sehr gut eingelebt hatte.

"Sandrine hat gesagt, dir gehört eine von denen", sagte Nadine. Julius lachte kurz und meinte, daß es eher umgekehrt sei und zeigte ihr Goldschweif. "Oh, die ist ja trächtig. Darfst du die dann auch behalten, wenn du aus Beauxbatons rausgehst?"

"Die Mutter darf dann zu mir, Nadine. Was mit den Jungen wird entscheidet Madame Faucon und Professeur Fourmier.

"Sie kommt in Stimmung", schnurrte Goldschweif Julius zu. Doch Julius überhörte die nur ihm verständliche Bemerkung der Knieselin. Die wußte schließlich, mit wem er fest verbandelt war. Allerdings kannten Kniesel keine lebenslange Partnerschaft. Die Jungen in Goldschweifs Bauch stammten ja auch von einem anderem Knieselkater als die, die sie in Julius' viertem Schuljahr bekommen hatte.

"Du hast eine Katze mit, hat Sandrine erzählt", sagte Julius.

"Ja, aber erst seit diesen Sommer, weil ich jemanden hier haben sollte, der dann auch da ist, wenn ich von Maman und Papa nichts lesen oder hören kann. Aber die ist sterilisiert, weil hier ja auch Kater rumlaufen und ich dann nicht weiß, wo die ganzen Kätzchen hinsollen", sagte Nadine. "Aber ich muß auch aufpassen, weil Germaine aus Sandrines Klasse eine schwarze Turnratte hat. Hätte meine Fantine fast mal angesprungen. Aber diese Turnratten werden ja extra gezüchtet. Die kann sich auf ihre schwanzspitze stellen und vierfache Saltos schlagen. Dann kuckt die einen immer so an, als wolle sie fragen, wo denn der Applaus oder was zu futtern bliebe."

"Ja, mit Germaine solltest du dich nicht anlegen. Immerhin war die ja mit dabei, als Patricia, Argon, Millie und ich die Säulen aufgemacht haben."

"Weiß ich. Holla, ist das eine von den anderen Jungen von Goldschweif?" Julius sah die kleine Prinzessin, Goldschweif XXVII., die gerade von einem Kniesel mit rotem Fell und weißen Punkten verfolgt wurde. Sie spielten Fangen, oder war das schon ein Vorspiel für die Liebe.

"Die kleine Prinzessin kommt wieder in Stimmung. Fliegenpilz merkt das und will mit ihr", beantwortete Goldschweif Julius' unausgesprochene Frage. Fliegenpilz war auch ein netter Name für ein Zaubertier. Aber dieser Kniesel, den Professeur Fourmier gegen einen anderen zeugungsfähigen Kater ausgetauscht hatte, sah echt wie ein Fliegenpilz aus. Julius fragte sich, was für Junge dabei herauskommen mochten und sah einen Moment knallrote Kätzchen mit goldenen Sprenkeln und goldener Schwanzquaste vor sich. Konnte bestimmt ein Megawurf werden.

"Wolltest du noch andere Tiere besuchen und bist hier hängengeblieben?" Fragte Julius, als die beiden Kinder von Beaufort angelaufen kamen. Goldschweif sah sie an und zog sich zurück, während die kleine Prinzessin und Fliegenpilz vom Getrappel der kleinen Füße angelockt wurden und ihr Balzen für einige Minuten vergaßen. Julius konnte Goldschweifs Kinder nicht verstehen. Einer der Jungen sah die Kniesel und meinte:

"Ey, drachenstark. Da iss'n roter Kniesel. Hat Pa nix von gesagt, daß die hier Kniesel haben. Muß ich echt Ma und Pa anhauen, daß die mir einen von denen besorgen."

"Hallo Jungs, spannend hier, oder?" Sprach Julius die beiden an. Der jüngere der beiden zog sich einige Schritte zurück, weil der Blonde Junge da viel größer war als sein Vater.

"Hallo, ähm, Monsieur oder so. Ja, spannend hier", sagte der ältere Junge. "Gibt's hier auch Drachen?"

"Seit dem der letzte von einer Horde Flubberwürmer aufgefressen wurde hat Beauxbatons keinen neuen mehr angeschaft", scherzte Julius. Die beiden Kinder lachten. Nadine hörte nur Drachen und Würmer und verzog ihr Gesicht vor Widerwillen.

"Flubberwürmer essen keine Drachen. Die haben nich' die Zähne dafür", meinte der ältere Junge, Julius berichtigen zu müssen.

"Mit Ketchup und Majonaise kriegt man alles runter", erwiderte Julius darauf. Nadine lachte glockenhell und meinte daß die Yankees das ja auch so machten. Dann tauchte Madame Beaufort auf, die offenbar von ihren Kindern abgehängt worden war. "Da seid ihr geblieben", keuchte sie etwas außer Atem. "Pa und ich wollen wieder nach Hause. und ihr wollt bestimmt noch nicht hier übernachten."

"Kuma, Ma, die ha'm 'nen roten Kniesel mit weißen Punkten wie'n Fliegenpilz. Könnt ihr mal fragen, ob ich einen von denen kriegen kann?" Sprudelte es aus dem älteren Jungen heraus. Da umstrich Fliegenpilz die kleine Prinzessin, die einen Moment nicht aufpaßte und unvermittelt den roten Kater auf dem Rücken hatte. Die Erbin Goldschweifs schrie kurz auf, als sich der Kater an ihr festklammerte und sie niederdrückte. Doch dann ließ sie es sich gefallen, was Fliegenpilz mit ihr anstellte.

"Ey, kämpfen die zwei?" Fragte der ältere. Seine Mutter errötete ein wenig an den Ohren. Nadine sah den beiden Knieseln zu. Julius hblickte auf seine Uhr. Für Nadine war in einer halben Stunde Bettgehzeit, wenn im gelben Saal dieselben Zeiten galten wie im grünen. Außerdem wollte er Tag und Zeit notieren, wann die kleine Prinzessin sich auf die Reise zur Mutterschaft machte.

"Die kämpfen nicht. Die spielen nur", sagte Henris Mutter verlegen. Julius grinste. So konnte man das auch nennen. Es dauerte nur eine Minute, während der die kleine Prinzessin keuchte und darum kämpfte, nicht ganz auf den Boden gedrückt zu werden. Dann warf sie sich herum und hieb Fliegenpilz mit halb ausgefahrenen Krallen auf die Nase und schrie, als er von ihr abließ. Er schnurrte noch ein wenig um sie herum. Doch sie wich nun vor ihm aus. Madame Beaufort griff ihre beiden Kinder bei den Händen und kommandierte: "Das war genug für heute. Ihr kommt hier ja in vier und fünf Jahren wieder hin. Also los jetzt!" Dann sah sie Julius und Nadine. Sie betrachtete Julius und schien ihn zu erkennen. "Ach, der Schwiegersohn von Madame Latierre. Sie hat ein Bild von Ihnen und ihrer zweitjüngsten Tochter bei sich im Büro", sagte sie. Julius nickte eifrig. Dann deutete er auf die ältere Goldschweif, die nun näherkam, um zu sehen, was Fliegenpilz mit ihrer Tochter angestellt hatte.

"Wir müssen dann", sagte Madame Beaufort und verabschiedete sich von Julius und Nadine. Dann zog sie die beiden nun quängelnden Jungen hinter sich her.

"Hat die noch nie Katzen Liebe machen gesehen?" Fragte Nadine, als die Hexe mit den beiden weit genug weg war.

"Die schon. Aber ihre Kinder sollen das offenbar noch nicht wissen, wie das geht, weil die ja sonst fragen könnten, ob das bei Menschen genauso geht und kein Regenbogenvogel die kleinen Kinder bringt."

"Regenbogenvogel? Das ist der Klapperstorch bei Zauberern?" Julius nickte und erzählte ihr das, was er von diesem sensationellen Vogel gehört hatte, daß der von einem Paar gerufen werden mußte, sich ganz klein machen und in den Bauch der zukünftigen Mutter schlüpfen konnte, um zu sehen, ob sie für ein Kind auch genug aß und dann, wenn sie dick genug war, das bestellte Kind anbrachte, allerdings immer aufpassend, daß die anderen Kinder nichts davon mitbekamen.

"Verstehe, wo's kein Fernsehen gibt kann sowas noch erzählt werden, bis die Tochter selbst dick wird oder der Sohn fragt, warum seine Freundin so dick wird, wo er doch nur einmal mit ihr ausprobiert hat, wozu sie ihrs und er seins hat."

"Genau. Und bevor Sandrine oder meine Frau meinen, wir würden diesen Vogel rufen suchen wir besser den Weg zurück zum Palast. ich weiß nicht, wann bei euch die Zweitklässler im Schlafsaal sein sollen."

"Um Viertel vor zehn. Samstags eigentlich total bescheuert", grummelte Nadine. "Aber Sandrine ist da ziemlich streng, wenn sie sonst auch voll okay ist."

"Dann wollen wir besser zusehen, daß sie heute voll okay bleibt", sagte Julius und geleitete Nadine in den Palast zurück, wo ihnen Sandrine schon entgegenkam. "Huch, kannst du neuerdings Gedanken lesen?" Fragte Julius.

"Nöh, das nicht. Aber ich habe mir von den Beauforts sagen lassen, daß Nadine bei dir bei den Knieseln ist und ein Kniesel wie ein Fliegenpilz mit einer mit silbergrauem Fell Ringkampf gemacht hat. Ich dachte, Goldschweif erwartet schon Junge."

"Das ist richtig, Sandrine. Es ging auch um ihre Tochter. Und der Schwiegersohn von Goldschweif sieht wirklich wie ein Fliegenpilz aus und heißt wohl auch so."

"Wie dem auch sei, ich denke mal, Nadine und ich gehen jetzt in Serenas Saal zurück."

"Gehen wir durch die Wand wie damals mit Madame Rossignol?" Fragte Nadine.

"Nein, daß dürfen nur leute, die krank sind oder unbedingt sofort bei Madame Rossignol anzutreten haben", sagte Sandrine und hakte sich bei Nadine unter. "Wünsch meinem Schnuckel gute Nacht von mir!" Gab Sandrine Julius mit. Er nickte ihr bestätigend zu und kehrte selbst in seinen Wohnsaal zurück.

Vor dem Schlafengehen las er noch die Bestätigung seiner Schwiegermutter, daß Beaufort der neue Fluglehrer sei und er sich mit ihm gut vertragen werde. Er schickte zurück, daß Beauforts Kinder einen der Kniesel haben wollten und einer der neuen Kater Goldschweifs Namenserbin prompt besprungen habe, um ein paar neue aufzulegen. Dann legte er sich hin.

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Die Tage bis zum ersten Training vergingen mit weiteren anstrengenden Aufgaben. Julius durfte im Freizeitkurs Verwandlung für Fortgeschrittene weitere Verwandlungsübungen über sich ergehen lassen oder anderen auferlegen, wobei er darauf achtete, daß Millie nicht aus Versehen einen Zauber auf ihn legte. Am Dienstag standen ungesagte Abwehrzauber auf dem Programm für die anderen, während Julius astrale Zauber wie die Sonnenlichtmauer oder die Neumondkugel vorfüren sollte.

"Sind alle Da? Dann los!" Begrüßte Beaufort die Mannschaft der Grünen und sah zu, wie sie flogen. Julius ritt der Teufel, den Doppelachser zu fliegen. Das Experiment brachte ein Ergebnis. Beaufort lachte und antwortete: "Jaja, ich weiß, daß ihr das Manöver könnt, vor allem du, Julius Latierre. Aber ich weiß auch, daß ihr das bei den Spielen nur als letztes Ausweichmanöver und nicht zum Spielvorteil benutzen dürft. Aber ihr könnt auch so schon gut spielen. Macht mal bitte den Falkenkopfangriff!" Die Schüler formierten sich und führten das erwünschte Mannschaftsmanöver durch, bei dem Oscar Bleuville eine sehr riskante Parade zeigte. Julius sollte dann einen direkten Vorstoß ohne Doppelachser ausführen und konnte mit mehreren Rollen und sprüngen an Céline und Louis vorbeischlüpfen und Oscar durch einen wilden Spiraltanz verladen. alles in allem war das Training lockerer, weil der Veteran der Drachen noch einige Tips zum schnelleren Stellungswechsel geben konnte. Julius fragte ihn beim Vorbeiflug, ob nur sie die Tips bekämen. "Iwo, ich will haben, daß jedes Spiel technisch interessant und spannend wird", sagte der neue Fluglehrer und zeigte Monique Lachaise noch ein paar spektakuläre Suchermanöver.

"Der will, daß die kommenden Generationen von Profi-Spielern hier schon optimal ausgebildet werden", vermutete Céline, als sie in einer Pause, wo die Reservejäger spielen sollten, am Spielfeldrand standen. Auf der Tribüne saß Professeur Delamontagne und sah zu, ganz offen.

"War wahrscheinlich die Verlockung, die meine Schwiegermutter ihm bieten konnte. Stell dir vor, ein Weltmeisterspieler reckt den Pokal hoch und bedankt sich lautstark bei Professeur Ariel Beaufort für die exzellente Grundausbildung. Damit schreibt er geschichte."

"Vielleicht haben sie auch am Gehalt was gedreht. Papa ließ gestern was raushängen, daß die Besenfabriken Beauxbatons was zuschießen wollten, zu gleichen Teilen versteht sich, damit keine Bevorteilung stattfinden kann", sagte Céline darauf. Julius konnte sich das vorstellen. Zwar war Beauxbatons doch so etwas wie eine Privatschule, die von den Eltern der hier lernenden Kinder getragen wurde, erhielt aber auch Zuwendungen aus der Abteilung für magische Ausbildung und Studien und Sachspenden wie Zauberpflanzen oder eben neuere Flugbesen.

"So, und jetzt noch mal ihr zwei alleine, Céline und Julius. Ich möchte gerne ein möglichst häufiges Zupassen zwischen euch sehen, um zu beurteilen, ob ihr für ein freies Spiel gut genug eingestellt seid. Und los!" Kommandierte Beaufort nicht in Armeeausbildermanier, aber in der mitreißenden Art eines Sportbegeisterten, der sich freute, gleichgesinnten Ideen gegen zu können. Allerdings baute er in diese harmlose Übung vier Klatscher ein, die die beiden andauernd umschwirrten und wie wütende wespen oder niederstoßende Greifvögel anflogen. Ohne Doppelachser war es schwierig, sich den roten Ball zuzupassen. Doch sie schafften es, wobei Célines schwarzes Haar zu einer schweißverklebten Haube an ihrem Kopf wurde.

"Ich sag's ja, der erste Eindruck muß nicht immer stimmen", lachte Julius, als die Mannschaft sichtlich geschlaucht vom Platz ging. "Der will es wissen, was bei uns geht oder nicht." Keiner widersprach ihm da.

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Julius fragte sich, ob Barbara Latierre die Sperre ihrer Töchter so locker weggesteckt hatte oder überhaupt davon erfahren hatte. Millie und er hatten zumindest nichts davon an ihre Familie weitergegeben. Auch war zu vermuten, daß die Zwillinge es nicht von sich aus ihren Eltern beichten würden, und wenn, dann wohl so, daß sie Gérard für einen armseligen Typen hielten, der keinen Spaß verstehen konnte. Auch eine Woche nach dem Vorfall am Strand war noch kein Heuler eingetroffen. Doch am Samstagmorgen, als sie alle beim Frühstück saßen, konnte Julius die verknirschten Gesichter seiner angeheirateten Cousinen sehen, die immer wieder zum grünen Tisch hinüberblickten und dann wieder auf ihre halbherzig gefüllten Frühstücksteller stierten. Entweder hatten ihre Eltern was anderes als einen Heuler geschickt, oder diese hatten jetzt erst von der Sperre erfahren, und die beiden konnten sich ausmalen, daß sie demnächst was zu hören bekamen.

Unterwegs zum Trakt der Schulleiter fragte Gérard Mildrid leicht verächtlich, ob ihre Cousinen eine schlechte Nachricht erhalten hätten. Millie wandte sich an ihn und sagte mit unüberhörbarer Kälte in der Stimme:

"Meine Werte Tante Barbara erhielt gestern eine Eule von Madame Faucon, ob die Mesdemoiselles Calypso und Penthisilea Latierre bereits vermeldet hätten, daß sie wegen grobem, ungebührlichen Betragens gegenüber einem Saalsprecher für das gesamte Quidditchturnier gesperrt wären. Daraufhin bekamen die beiden über ihre Pappostillons die Anfrage, gegen wen die sich grob ungebührlich verhalten hätten. Das haben sie nicht rausgelassen. Da wurde Mayette gefragt, und die hat's weitergereicht. Darauf bekamen die zwei die Antwort, daß sie über Weihnachten auf dem Hof alleine die Ställe ausmisten und Futter aufschütten dürfen, damit sie lernen, wozu ihre Körperkräfte gut seien. Wehe dem, der auf einem Latierre-Kuh-Hof wohnt. Könnte dir aber nur passieren, daß meine werte Tante anfragt, womit du das verdient hast, daß sie dich über den halben Meeresabschnitt gezogen haben, Gérard."

"Und dann?" Wollte Gérard mit schadenfrohem Grinsen wissen. "Die Strafe ist von den beiden Saalvorstehern und der Schulleiterin abgesegnet worden. Machen kann die dagegen nix, wenn sie nicht will, daß im Miroir herumgeht, daß einige Familien sich in Beauxbatons wie die hinterletzten Trolle benehmen können." Millie entgegnete darauf nur, daß sie nichts dagegen sagen würde. Sie finde es zwar auch mies, daß die beiden nicht als Treiberinnen spielen durften. Aber die hätten ja wissen müssen, daß Gérard sich nicht noch mal von auch nur einer Latierre abschleppen lassen wollte. Julius sah es als kurzen sprachlichen Tiefschlag. Und Gérard verzog auch das Gesicht, als habe Millie ihm voll in den Unterleib getreten. Dann meinte er:

"Wenn du das kapiert hast haben die beiden überdrehten Gänse das endlich auch zu kapieren. Wünsch denen viel Spaß beim Ausmisten. Muuuuuh!!"

"Meine Tante hat im Moment einiges um die Ohren, weil ein von den Kobolden geschmierter Zauberer eine Gruppe Felsenwühler in der Nähe der Zwergensiedlung ausgesetzt hat. Die Biester gibt's nur im Atlasgebirge. Jetzt haben die Zwerge sich über ihren Kontaktzwerg Koldorin beim Ministerium beschwert, daß diese Riesenwalzen ihnen die Höhlen untergraben und deren Minen zum Einsturz bringen könnten. Meine Tante wollte mit dem regierenden Zwergenkönig sprechen, wie die Würmer wieder aus der Zwergenhöhle rausgeholt werden. Aber Zwerge haben was gegen Hexen und Menschenfrauen in führender Stellung. Aber die Biester müssen raus, bevor die echt noch die selbst gehärteten Höhlenwände der Zwerge einreißen. Koldorin hat offen mit Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zaubererwelt gedroht, wenn der Typ nicht ausgeliefert würde, der diese Biester auf die Zwergensiedlung losgelassen hat. Zwar vermuten sie, daß die Kobolde dahinterstecken, weil die die Zwerge aus Frankreich raushaben wollen. Aber ohne klaren Beweis können sie denen nichts."

"Ist das Ministeriumsintern?" Fragte Julius. Millie schüttelte den Kopf.

"Das ist gestern losgegangen. Unsere Tante wird dazu heute noch ein Interview geben. Koldorin sollte auch befragt werden. Aber der ist von seinem König einbestellt worden, was so viel heißt, daß die Zwerge im Moment nichts mit der Zaubererwelt zu schaffen haben wollen."

"Hui, und dann kommt noch die verspätete Kiste mit Callies und Pennies Sperre", meinte Julius. "Da kann ich mir vorstellen, daß sie sehr sauer ist." Seine Frau nickte.

Die Saalsprecherkonferenz lief ruhig ab. Das Thema Quidditch wurde in einem Tagesordnungspunkt abgehandelt, der die Sperre der Latierre-Zwillinge, den neuen Lehrer und die ersten Erfahrungen mit ihm behandelte. Danach ging es um übliche Sachen.

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Nachdem sich der Fluglehrer und die Mannschaften aneinander gewöhnt hatten, waren die kommenden Wochen reines Lernen und ausprobieren. Mittlerweile konnten alle in Professeur Dirksons Unterricht niedere Verwandlungen ungesagt. Julius hatte es einmal riskiert, zu einem einfachen Holzstuhl zu werden und war heilfroh, sich wieder zurückverwandeln zu können, während Millie mit Selbstverwandlungen forankam und Constance ihre erste Autonebulation überstand. Verteidigung gegen dunkle Künste war immer wieder ein Duelltraining, bei dem noch nicht alle ungesagt zaubern konnten, es aber von Stunde zu stunde besser ging. Wenn es um Duelltraining ging, nahm Professeur Delamontagne Julius als Übungspartner. Julius lernte dabei, wie die zeitweilige Begrenzung aufgebaut werden konnte und daß sie von mehreren Zauberern zusammen gewirkt werden konnte, wenn es um die Haltbarkeit ging. Zwischendurch sprachen sie über dunkle Kreaturen wie Inferi und Harpyien, jenen Geschöpfen, die den Körper eines Greifvogels und die Köpfe von Menschen besaßen, wobei es mehr weibliche Harpyien gab, da diese die Männer nach dem Liebesakt häufig töteten, um die Beschämtheit zu verbergen, einmal einem männlichen Wesen unterlegen gewesen zu sein. Julius erwähnte, daß es bei Spinnen wohl auch so zuging, worauf Delamontagne sagte, daß es bei den Riesenspinnen, den Acromantulas, durchaus richtige Familien mit Vater, Mutter und mehreren Dutzend Kindern geben konnte, das jedoch besser von Professeur Fourmier erläutert werden sollte, wenn sie die Tierwesen der höchsten Gefahrenstufe behandelten. Da jedoch nicht alle in Delamontagnes Kurs auch bei Professeur Fourmier hatten erläuterte er es kurz, da die Spinnen durchaus als Wächter dunkler Magier eingesetzt werden konnten und aus dem Gift der Acromantulas sowohl heilbringende wie auch tödlich gefährliche Elixiere gemacht werden konnten. Von den Spinnen kamen sie dann auf den Basilisken, der ja durchaus als Thema für den Unterricht Schutz gegen schädliche Formen der Magie erwähnt werden konnte. So lernten sie, daß im Unterschied zu den Gorgonen, von denen die ältesten mit ihren Blicken Fleisch zu Stein werden lassen konnten, Basilisken durch ihren eigenen, von einem unzerbrechlichen Spiegel zurückgeworfenen Blick getötet werden konnten und ihr gift zu den zerstörerischsten Substanzen im magischen Tierreich gehörte. Julius hatte von den Gorgonen nur die Sage von Perseus und Medusa gehört und erfuhr, daß sich manche Gorgone noch heute nach dieser Kreatur benannte, deren Körper einer Riesenschlange glich und von deren Köpfen lebende Schlangen herabbaumelten. Julius kam natürlich darauf, zu fragen, ob diese Wesen mit den Schlangenkriegern verwandt waren, mit denen sie es im letzten Jahr zu tun hatten.

"Nein, die Gorgonen entstanden durch einen anderen Fluch. Angeblich waren die ersten vier Schwestern, die eine alte Hexe verspottet hatten. Die muß dann den Fluch ausgesprochen haben, daß sie zwar lange leben und mächtig werden sollten, aber niemals von einem Mann berührt werden könnten und jeden, den sie genau ansahen zu stein werden ließen, bis sie kurz vor ihrem Tod eigene Töchter empfingen, in deren Körpern sie dann wiedergeboren würden. Aber das ist nicht genau belegt", hatte Delamontagne darauf erwähnt.

Die letzte Woche vor dem Eröffnungsspiel brachte noch einmal heiße Sommertage. Wer seinen oder ihren Disziplinarquotienten nicht verdorben hatte hielt sich außerhalb von Schule und Freizeitkursen am Strand auf. Alle wurden noch einmal richtig braun. Sogar die Dorniers, die aber viel Sonnenkrauttinktur auftrugen, um nicht gleich krebsrot zu werdden. Nur Bernadette Lavalette, die eigentlich einen guten DQ besaß, blieb in der Bibliothek und lilienbleich. Cyril hatte mittlerweile erkannt, daß er hier in Beauxbatons keine Liebschaft an Land ziehen konnte und hielt sich auch öfter in der Bibliothek auf, war aber für Wasserballspiele immer zu haben, wo er den größeren Jungen zeigen durfte, daß er kein schnöder Angeber war.

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"Messieursdames et Mesdemoiselles, willkommen zum ersten Spiel des diesjährigen Quidditchturnieres", begrüßte Constance Dornier das Publikum. Da sie trotz der nicht mehr körperlichen Pflichten als Mutter für den Rest der Schulzeit kein Quidditch mehr spielen durfte, hatte sie sich als Stadionsprecherin angeboten und den unbezahlten Job bekommen. wer im nächsten Schuljahr die Kommentare sprechen würde mußte dann neu geregelt werden. Ihre durch den Sonorus-Zauber verstärkte Stimme hallte in jedem Winkel des Stadions. Julius stand neben Céline Dornier, seinen Ganymed 10 geschultert. Die Menge jubelte. Vor allem die Bewohner der Säle Grün und Rot johlten und klatschten, um ihre Mannschaften anzufeuern. "Es ist das erste Spiel der neuen Ära von Beauxbatons, nachdem wir alle im letzten Jahr wegen vieler düsterer Sachen auf dieses herrliche Vergnügen verzichten mußten. Dies ist das erste Spiel, dem Madame Faucon in ihrer neuen, erhabenen Funktion als Leiterin der Beauxbatons-Akademie beiwohnen darf. Auch darf ich heute Professeur Ariel Beaufort begrüßen, der zum ersten Mal als Schiedsrichter ein Spiel des Beauxbatons-Quidditchturnieres leiten wird." Viele klatschten dem kleinen Lehrer beifall. Julius blickte zur Ehrenloge hinauf, wo Madame Faucon zwischen Professeur Fixus und Professeur Delamontagne saß. Irgendwie wirkte das Bild merkwürdig, weil die alles und jeden überragende Madame Maxime nicht mehr da war. Julius dachte einen winzigen Moment daran, ob er ihr noch einmal schreiben sollte um sich zu erkundigen, wie es ihr erging. Dann dröhnte Constances Stimme weiter: "Vieles hat sich überhaupt verändert. Durch die ehrenvollen Abgänge aus beiden Sälen mußten die Mannschaften neu gebildet werden. Zunächst hatten sich die Zwillinge Calypso und Penthisilea Latierre als neues Treiberduo des roten Saales empfohlen. Sie wurden jedoch wegen hier nicht weiter zu erwähnender Dinge aus dem Turnier ausgeschlossen. Somit erhält heute seit langer Zeit mal wieder ein Schüler mit nichtmagischen Eltern die große Auszeichnung, Treiber seines Saales zu sein." Viele außerhalb des roten Saales lachten schadenfroh. Die Grünen skandierten sogar: "Wer nur Muskeln hat statt Hiirn, kann am ende nur verlier'n!" Das brachte zwar einige Jungen aus dem roten Saal auf. Doch sie beließen es beim wütenden Protestgebrüll.

"Das heutige Spiel ist gewissermaßen eine Anknüpfung an das, was vor etwas mehr als einem Jahr endete. Heute treffen die Finalisten des letzten, ausgespielten Quidditchturnieres, die Mannschaften aus dem grünen und dem roten Saal zum Eröffnungsspiel dieses Turnieres aufeinander. Kommen wir nun zu den Helden des heutigen Spiels", übertönte Connie Dornier das vielhundertstimmige Gebrüll. "Beginnen wir mit der Mannschaft des grasgrünen Saales. Als Jäger treten an: Mademoiselle Céline Dornier." Julius konnte den Stolz, aber auch die leichte Enttäuschung aus Connies Stimme hören, weil ihre Schwester spielen durfte, aber sie nicht. "Sie wird heute erstmalig die aus ihrer Familie ererbten Flugtalente einsetzen, um ihrer Mannschaft Punkte einzubringen." Einige lachten laut, weil sie ja wußten, warum Constance das sagte. Doch die Sprecherin sprach unbekümmert weiter. "Ebenso wird Louis Vignier heute zum ersten Mal bei einem offiziellen Spiel antreten und damit zeigen, daß er sich auf die bei Zauberern übliche Art zu Reisen wunderbar eingestellt hat." Die Zuschauer klatschten wieder. "Dann ist da Monsieur Julius Latierre, der bereits zwei Jahre zuvor für seine Mannschaft wichtige Tore gemacht hat. Die Zwillingsbrüder Jean und Germain Ravel aus der fünften Klasse wollen dafür sorgen, daß den Jägern und dem Sucher keine Klatscher um die Ohren fliegen können." Julius sah die beiden stämmigen Jungen an, die zwar einen Kopf kleiner als er waren aber doch sehr flink und kräftig waren. "Im Torraum wacht für die Grünen Monsieur Oscar Bleuville, der wie die Ravel-Zwillinge dieses Jahr die Zauberergrade erreichen möchte. Kommt da vielleicht noch der Quidditchpokal dazu?"

"Diesmal nicht!" Brüllten die Anhänger der Roten. "Heute Kommt Saal Grün in Not. Und der Pokal wird rot rot rot!" Riefen sie dann noch. Constance erwähnte dann noch die Kapitänin Monique Lachaise, die als Sucherin aufspielen würde. Dann begann sie mit der Aufzählung der gegnerischen Mannschaft.

"Auf die Jagd nach Toren gehen für den Roten Saal: Madame Mildrid Latierre, die sich bereits als vorzügliche Jägerin ihres Saales einen Namen beim letzten ausgespielten Turnier gemacht hat, sowie ihre Tante, Mademoiselle Patricia Latierre, die heute genauso erstmalig auf der Jägerposition antritt wie Monsieur Laertis Brochet, der nach seiner nicht ganz so wie erwünscht verlaufenen Zeit als Sucher seiner Mannschaft neuen Schwung geben will." Viele lachten. Einige stimmten das Spottlied an, mit dem sie beim letzten durchgespielten Turnier jedes Spiel der Roten kommentiert hatten, als Brochet keinen einzigen Schnatz fangen konnte. Doch weil das nun Geschichte war, ebbte der Gesang schnell wieder ab. "Wegen der hier nicht weiter zu erwähnenden Freistellung von Mademoiselle Calypso und Mademoiselle Penthisilea Latierre", wieder lachten viele im Publikum, "werden statt eines Zwillingsduos Monsieur Marc Armand aus der dritten Klasse und Monsieur Varus Rocher aus der ZAG-Klasse die Klatscher von ihren Mitspielern fernhalten. Im Torraum wacht Kapitän Apollo Arbrenoir darüber, daß die Roten nicht zu viele Punkte abgeben müssen. Als neuer Sucher, frisch aus England angeworben, spielt Horus Dirkson auf, der hier in Beauxbatons die große Gelegenheit erhält, aus dem Schatten seines Schulkameraden Harry Potter herauszutreten, der für sein Haus als langjähriger Starsucher auch die Geschichte des Schulquidditchs maßgeblich mitbestimmt hat."

"So'n Pech aber auch, daß Ginny Weasley noch besser suchen konnte als er", feixte Julius an Célines Adresse.

Und hier kommt er, Monsieur le Professeur Ariel Beaufort, der Schiedsrichter", kündigte Connie den Leiter der Partie an. In einem weiten, schwarzen Umhang betrat der kleine Lehrer das Feld. Sein Haar hatte er unter einem fest aufsitzenden schwarzen Spitzhut gezwengt. Um den Hals baumelte die goldene Schiedsrichterpfeife. Unter dem linken Arm trug er die Kiste mit den vier Spielbällen, die merklich ruckelte, weil die Klatscher schon gegen ihre Halteriemen ankämpften und der Schnatz sich wild wand, um endlich freizukommen. Offenbar saßen einige Fans der Dijon Drachen im Publikum. Denn sie stimmten eine Hymne an, die diese Mannschaft pries.

"Zun Fliegen und zum Kampf geboren,
soll jeder Gegner schrei'n und schmoren.
Denn sind die Drachen vor den Toren,
haben die ander'n schon verloren.

Das Feuer brennt in euren Herzen
viel heller als zehntausend Kerzen.
Es gibt euch Drachen jene Kraft,
die auch den stärksten Gegner schafft.

Drum brüllt nun los und fliegt voran,
damit das Spiel beginnen kann!
Ihr seid die größten auf dem Platz.
Nur euch gehört der gold'ne Schnatz."

Julius konnte einige kleine Tränen in Beauforts Augen glitzern sehen, so gerührt war er, daß man seine große Zeit nicht vergessen hatte. Viele andere aus dem Publikum wollten schon die Hymnen ihrer Lieblingsmannschaften anstimmen. Doch Constance rief: "Bitte Ruhe, wertes Publikum! Wir verstehen, daß Sie sich alle freuen, daß wir die große Sucherlegende Ariel Beaufort als neuen Lehrer für Besenflug und Quidditch bei uns haben. Aber jetzt möchte er sicher auch mit dem Spiel anfangen." Einige pfiffen verstimmt. Die Drachen-Fans versuchten noch mal, die Hymne anzustimmen. Julius sah die Fans nicht nur bei den Roten, den Grünen und Violetten, sondern auch bei den Blauen und Gelben. Professeur Beaufort nickte den Stehgreifsängern zu und deutete dann auf die Kiste. Dann jedoch deutete er auf die beiden Kapitäne. "Werte Kapitäne, bitte begrüßen Sie einander!" Befahl er. Julius fühlte sich bei der Formulierung an alte Filme erinnert, wo Gentlemen sich duellierten und der von beiden ausgewählte leiter die letzten Worte vor dem tödlichen Schlagabtausch sprach. Monique und Apollo gingen aufeinander zu und reichten sich die Hände. Dann kehrten sie auf ihre jeweilige Seite zurück. Beaufort öffnete die Kiste und holte mit behandschuhter rechter den goldenen Schnatz aus seinem Netz, der sofort davonschwirrte, um irgendwo über dem Feld herumzufliegen. Dann band er die Klatscher los, die raketengleich aufstiegen und begannen, wie wild im Zickzack über dem Feld herumzusausen wie sich selbst antreibende Kanonenkugeln. Er zählte nun an: "Eins! Zwei Drei!" Mit Wucht warf er den Quaffel über dem Mittelkreis senkrecht nach oben. Die Spieler schossen auf ihrem Besen nach oben und drängten dem scharlachroten Spielball entgegen. Millie kam vor Céline an das Spielgerät. Julius würde wieder Abfangjäger spielen.

"Monsieur Latiere hat seine bewährte Position offenbar beibehalten und wartet vor dem Torraum auf Angriffe. Und da kommt auch schon Mildrid Latierre mit dem Quaffel. Monsieur Latierre verlegt ihr den Weg. Wunderbar ausmanövriert. Hat den Quaffel einstweilen sicher und spielt auf Dornier ab, die bereits zum Torraum unterwegs ist", kommentierte Constance mit einer unerwarteten Übung. Weil sie den Namen Latierre wohl immer mit Vornamen hätte sagen müssen, es aber eine Madame, eine Mademoiselle und einen Monsieur gab, konnte sie die Vornamen auch weglassen. Céline scheiterte beim Paß auf Louis, der von Patricia fair abgeblockt wurde. Diese bekam den Quaffel und täuschte einen Abwurf auf ihre Nichte an, bediente jedoch Laertis Brochet, der versuchte, durchzuziehen, aber dabei fast in einen Klatscher von Germain Ravel hineingekracht wäre. Julius dachte, daß er da den Doppelachser hätte bringen können. Doch Brochet bog nur den Rücken durch und unterquerte die Flugbahn des Klatschers. Jetzt hatte er Louis und Julius gegen sich, während Céline offenbar als direkte Gegenspielerin von Millie fungierte, die jedoch aus ihrer Nähe freikam und mit einer blitzartigen Handbewegung zeigte, daß sie angespielt werden wollte. Brochet zögerte jedoch und verpatzte damit Millies Möglichkeit, noch einmal aus dem Feld heraus vorzustoßen. Er verlor den Ball gegen Julius, der den Quaffel nicht nach vorne paßte, sondern damit durchstartete, ihn fest unter den linken Arm klemmte und auf Céline zuflog, die gerade einem Klatscher auswich, der von Marc Armand mit einem wuchtigen rechten Rückhandschlag auf sie abgefeuert worden war. Doch Jean Ravel war schon da und drosch den schwarzen Ball gegen Patricia, die gerade versuchte, Julius den Quaffel abzujagen. Dieser warf sich nach vorne und sauste knapp unter den Füßen seiner Schwiegertante hindurch auf den Torraum zu. Céline machte ein Zeichen, als ob sie gleich angespielt werden sollte. Doch Julius und sie hatten das ausgemacht, daß damit die Gegner verladen werden sollten. Er legte zwar den Quaffel abwurfbereit und sah, wie Millie und Patricia in die bestmögliche Wurfbahn drängten. Dann jedoch brach er nach links aus, nutzte den von Germain freigeschlagenen Weg aus und griff Apollo an, der schon bereitsaß, um einen direktwurf zu parieren. Doch Julius machte schwindelerregende Roll- und Wippbewegungen und zwang Apollo unbewußt in einen Bewegungsrhythmus, den er unvermittelt durchbrach und den Quaffel zum von ihm aus rechten ring vortrieb. Der rote Ball durchflog knapp über dem unteren Rand den Ring. "Toooooooor!" Erscholl es aus allen Kehlen der zuschauenden Grünen.

"Das erste Tor dieses Turniers erzielte Monsieur Latierre. Die Grünen sind nun endgültig zurück auf den Besen. Doch Kapitän Arbrenoir schlägt weit ins Feld zurück. Monsieur Latierre schon wieder auf dem Weg zurück, rollt sich links von einem Klatscher weg." Julius blieb erst einmal kopfüber auf dem Besen, bis er einen halben Looping flog. So konnte man auch wenden. Damit war er nun wieder in Flugrichtung von Apollos Torringen, blieb aber erst vor dem eigenen Tor, weil Millie gerade den Quaffel hatte und Céline weit hinter sich ließ, die sich von Patricia hatte ausbremsen lassen. Die miteinander verheirateten Jäger schossen aufeinander zu. Julius pokerte. Er hoffte, daß seine Frau vor ihm auswich. Doch sie blieb eiskalt. Er sezte darauf, im letzten Moment durch den Doppelachser ausweichen zu müssen. Doch Millie warf plötzlich den Quaffel nach oben, und drückte den Besen nach unten. Dschumm! Die beiden Latierres passierten sich haarscharf, weil Julius bereits nach dem nach oben fliegenden Quaffel hechtete. Doch dieser flog über seinen Kopf. Als er sich auf dem Besen drehen wollte, sah er, wie Millie im Rosselini-Raketenaufstieg hinter ihm emporschnellte, den Ball erwischte und in einer übergangslosen Bewegung an Bleuville vorbei in den von ihr aus linken Ring traf. Ausgleich!

"Die Begegnung wird ihrem Ruf aus früheren Spielzeiten voll gerecht. Die Mannschaften schonen sich nicht. Familie und Freundschaft sind für dieses Spiel einstweilen vergessen, und schon ist Madame Latierre wieder im Feld, flankiert von Mademoiselle Dornier, die auf den Abschlag wartet. Der kommt. Erreicht aber Vignier, der nun auf das gegnerische Tor zustürmt", bemerkte Connie Dornier. Louis war dreist. Er warf den Quaffel mehrmals hoch und lockte Patricia damit nach oben, um ihm den Ball abzunehmen. Doch dann drosch er ihn nach hinten zu Céline, die gerade frei anspielbar war. Julius rückte einige Meter weiter ins Feld auf, behielt aber die Möglichkeit, knapp vor den Torraum zurückzukehren. Céline zog durch, jagte an Patricia und Laertis vorbei, der bei diesem Angriff ziemlich verdattert aussah. Dann war sie vor Apollo und suchte einen freien Ring. Doch Apollo, durch Julius' Austanzmanöver klüger geworden, klebte vor dem mittleren Ring und wipte nur nach rechts und links, bereit, erst beim Abwurf dazwischenzugehen. Céline warf nun schnell ab. Apollo bekam den Ball vor die rechte Faust und boxte ihn einige Dutzend Meter ins Feld zurück, wo jedoch Louis gerade aus der Deckung Patricias freikam und den Ball sofort mit großer Wucht auf den linken Torring warf, der gerade entblößt war. Apollo konnte den scharlachroten Schemen zwar noch sehen, aber kam eine Zehntelsekunde zu spät. Der Ball war bereits vollständig durch den Ring, als er mit seinen Händen Kontakt bekam. Damit erhöhte sich der Punktestand für die Grünen auf zwanzig zu zehn. Louis hatte sein erstes Tor geschossen. Er mußte jedoch schnell in Deckung, weil Marc ihm einen Klatscher auf den Hals jagte. Dadurch konnte er den Quaffel nicht sofort wieder erfliegen, als Apollo mit ganzer Wut abwarf und dabei Patricias Hinterkopf traf. Der Ball sollte wohl Laertis erreichen, der schräg links unten von Patricia flog. Doch nun prallte er ab und landete in Célines fangbereiten Händen, die sofort wieder vorstieß und angriff. Luis hielt sich im Hintergrund bereit. Céline warf, und diesmal riskierte Apollo keinen unkontrollierten Abschlag, sondern fing den Ball sicher auf, zielte diesmal genauer und warf auf Millie ab, die parallel zu ihrer Tante flog. Diese nahm den Ball, paßte ihn zu Patricia und mußte einem von Germain umgelenkten Klatscher ausweichen. Doch dann rückte sie vor, dicht gefolgt von Céline, die zeigte, daß sie wahrlich auf einen Quidditchbesen gehörte. Millie war damit nicht so leicht anspielbar. Patricia behielt den Quaffel. Sie preschte zum Torraum der Grünen vor und legte es damit auf eine direkte Konfrontation mit ihrem Schwiegerneffen an. Dieser ließ Patricia jedoch nahe genug heran. Sie hielt den Quaffel zu fest. Da sie beide Quidditch und nicht Quodpot spielten durfte er sie nicht anrempeln. Aber er verlegte ihr den Weg und spielte die Wendigkeit des Ganymed 10 aus. Zwar flog Patricia auch einen Ganymed 10 wie ihre Nichte. Aber offenbar war sie nicht darauf gefaßt, daß Julius sich so schnell in ihrer flugbahn hielt. Sie versuchte, links oder rechts an ihm vorbeizuziehen. Doch er warf sich geschickt auf dem Besen herum, daß er ihr den Weg verlegte. Um keine Kollision zu verursachen brach sie den weiteren Vorstoß ab. Sie suchte und fand ihre Nichte und warf auf sie ab. Da wischte Céline genau durch die Wurfbahn und prellte den Ball mit der Schulter ab. Der Quaffel gondelte einige Meter führungslos durch die Luft, bis Julius ihn erflog und weit nach vorn auf den gerade von Germain vor bösen Bällen abgeschirmten Louis Vignier abwerfen konnte. Als Laertis, der nun vor dem gegnerischen Torraum geparkt hatte den Angriff erkannte, schnellte er wie von einem Katapult gefeuert nach vorne. Louis ttäuschte einen Vorbeiflug links an, setzte jedoch im eleganten Sprung über den perplexen Laertis hinweg und tauchte vor dem Baumlangen afrikanischstämmigen Kapitän der Roten auf, blickte nach hinten, sah Céline und deutete ein Zuspiel an. Apollo warf sich in die Wurfbahn, weil er dachte, den Quaffel damit sichern zu können und ging Louis in die Falle. Der konnte sich einen Ring aussuchen und holte zehn weitere Punkte für die Grünen. Die Fans der Grünen lachten schallend, weil Apollo sich so leicht hatte übertölpeln lassen. Louis blieb vor dem Torraum, um den Abschlag vielleicht abzufangen. Doch Apollo ließ sich Zeit. Eine halbe Minute nach einem Tor mußte ein Hüter den Ball wieder ins Spiel bringen. Apollo wartete, bis seine Jägerkameraden aufgerückt waren und warf eine Sekunde vor der erlaubten Frist auf Laertis ab. Dieser verlor den Quaffel aber gleich gegen Céline, die Louis zu bedienen versuchte. Dieser kam aber eine Zehntelsekunde zu spät in Griffweite und mußte schnell zusehen, hinter der hochgewachsenen, rotblonden Jägerin im kirschroten Umhang herzufliegen, die ihn jedoch schon nach einer Sekunde um fünf Längen abgehängt hatte.

"Madame Latierre wieder im Drang zum Tor der Grünen, wo im Moment nur Monsieur Latierre und Monsieur Bleuville sind", kommentierte Connie Dornier. Julius sah seine Frau wieder anfliegen. Diesmal brach sie nach links aus. Er versuchte, ihr den Weg zu verlegen, als sie sich flach auf den Besenstiel warf, den Quaffel tollkühn nach vorne drosch und dann zwischen Julius Füßen hindurchwischte. Dieser zögerte eine Sekunde. Er hoffte, das Oscar Bleuville den Angriff noch abfangen konnte. Doch Millie ließ dem gegnerischen Hüter keine Zeit zum Reagieren und pfefferte den roten Ball unhaltbar durch den mittleren Ring, weil Oscar gerade versuchte, sich querzulegen und dabei nach rechts abdriftete.

"Rot und Grün zurück auf den Besen. Das hätte eigentlich ein krönendes Finale sein müssen", meinte Constance, als Oscar einige Sekunden wartete, um sich einen Jäger zum Anspielen auszusuchen. "Aber leider hat das Auswahlrad es anders bestimmt. So kann dies heute als eine mögliche Vorentscheidung um den Gesamtsieg gewertet werden", vollendete Connie noch ihren Kommentar, bevor Oscar Bleuville den Ball wieder abwarf. Céline war als Adressatin gedacht, wurde jedoch von Patricia Latierre ausgebremst, so daß der Quaffel zunächst an Rot und Grün vorbeizischte. Als Louis Anstalten machte, den Ball zu erfliegen, wäre er fast in einen von Marc Armand gespielten Klatscher hineingerast. Daß er den Zusammenstoß vermied verdankte er dem Umstand, daß er sich so gut zur Seite rollen konnte. Dadurch kam Millie jedoch unanfechtbar an den Quaffel und wirbelte herum, um die nächsten zehn Punkte für ihre Mannschaft zu erjagen. Doch dagegen hatten Céline und Julius was. Julius war aus seiner Abfangjägerwarte ausgebrochen, um Millie am neuerlichen Durchziehen zu hindern. So mußte seine Frau auf Patricia abspielen, die gerade frei war. Sie versuchte nun, durchzustarten, wurde jedoch von beiden Klatschern zugleich gestoppt, die aus dem Torraum der Grünen heranschwirrten. Die Ravel-Brüder hatten sich an Julius' Stelle vor Oscars Torraum postiert und die auf diesen zutreibenden Klatscher zielgenau auf Patricia umgeleitet. Millie kam ihrer Tante zu Hilfe und übernahm den Quaffel, um nach vorne zu fliegen. Doch da lag nun wieder Julius zwischen den beiden Treibern in Grasgrün auf der Lauer. Sie versuchte noch einmal, in halsbrecherischer Weise an ihrem Mann vorbeizukommen. Doch der stellte seinen Besen schräg nach oben und links an, so daß er zwar nach oben flog, Millie jedoch abgebremst wurde. Oscar Bleuville blieb dicht vor seinen Ringen und parierte Millies Direktwurf gerade so mit einem Fuß. Der Ball segelte zu Céline, die nun nach vorne drängte. Da wartete aber schon wieder Patricia Latierre und wollte ihr durch Ausbremsen den Weg zum Tor verlegen. Ihr Freund Marc konnte derweil einen der Klatscher erfliegen und hieb den Ball mit einem rechten Vorhandschlag schräg nach unten, weil Celine dort gerade durchfliegen wollte. Doch diese schlug einen Rückwärtssalto. Der Klatscher verfehlte sie und krachte Laertis von rechts gegen die Nase. Blut schoß aus dem Gesicht des bisher nicht so glücklichen Jägers. Sein Kopf ruckelte nach links. Beaufort pfiff. Die Spieler landeten.

"NBnödes Schnammbnut!" Schimpfte der verletzte, dessen Augen unstet flatterten, als wollten sie gleich aus dem Kopf springen oder zufallen.

"Das sind mal eben fünfzig Strafpunkte wegen Gebrauchs eines hier unerwünschten Ausdrucks und zehn Strafpunkte wegen unkameradschaftlicher Äußerungen gegen ein Mannschaftsmitglied", schnarrte Beaufort, bevor die auf dem Feld versammelten Saalsprecher und -innen was dazu sagen konnten. Millie kümmerte sich um Laertis. Mit dem Zauber "Episkye" richtete sie die Nase des Kameraden, und mit "Tergeo" wischte sie ihm das Blut aus dem Gesicht und vom Kinn. Monique bat um eine Auszeit und bekam sie.

"Julius, du gehst nach vorne auf Louis' Position. Céline, du nimmst die Abfangjägerposition ein. Ich kuck mir das nicht an, wie Millie und du euch noch gegenseitig in den Krankenflügel fliegt, nur um dem eigenen Saal zu beweisen, daß eure Ehe kein Vorteil für den einen oder den anderen hat. Louis, du bist heute in genialer Form. Du paßt auf Laertis auf. Der scheint noch nicht zu wissen, wie er spielen soll."

"Den Brochet könnten sie gleich vom Feld jagen", knurrte Julius. Doch dann bekam er seine Gelassenheit zurück.

Als das Spiel weiterging zeigte sich, daß Céline Millie gut abblocken konnte. Julius erzielte nun aus der Abwandlung einer Mittelstürmerposition heraus zwei Tore in Folge und dachte an einen Hattrick. Doch der wurde ihm von seiner Frau vereitelt, die Patricia vorgeschickt hatte, um Céline wegzulocken und dann per Weitwurf Oscar Bleuville austrickste.

Die Partie blieb schnell und Kampfbetont. Keiner der Jäger scheute den Zweikampf. Die Treiber droschen sich die Klatscher um die Ohren, und die Hüter riskierten ihre Gesundheit, weil sie sich den anstürmenden Jägern bei Erreichen des Torraums entgegenwarfen. Laertis funkelte immer noch Marc Armand an, der nichts dafür konnte, daß der für Céline bestimmte Klatscher Laertis' Nase erwischt hatte. marc zeigte jedoch eine Schwäche gegenüber den anderen Treibern. Er war ausschließlich Rechtshänder und versuchte einen Klatscher immer auf die Rückhandseite zu bekommen, während die drei anderen Treiber auch mal beidhändig oder wechselnd schlugen. Dennoch konnte Marc viele Vorstöße der Grünen abblocken, sofern Julius sich nicht von einem der Ravels abschirmen ließ. Es dauerte durchschnittlich anderthalb Minuten für ein Tor. Die längste Zwischenzeit verstrich zwischen dem zwölften Tor der Grünen und dem elften Tor der Roten. Ganze zehn Minuten dauerte es, bis der Quaffel durch einen der von Oscar Bleuville gehüteten Ringe flog. Es war Patricia Latierres erstes Tor überhaupt. Laertis Brochet schielte immer nach Marc, ob der nicht wieder einen Klatscher gegen ihn dreschen mochte und verpaßte deshalb mehrere Chancen, Céline, Louis oder Julius den Quaffel vor der Nase abzujagen. Die Starjägerin der Roten blieb Mildrid, während das Torschützenverhältnis bei den Grünen ausgeglichen war. Als Monique nach dem Tor Patricias eine Auszeit erbat kommandierte sie Louis als zweiten Gegenspieler Millies ab und ließ Julius in der Mitte spielen. Wenn es möglich war, sollten sie als Dreierformation angreifen, was ihnen die sicheren Tore neun und zehn eingebracht hatte.

Vom Schnatz war über zwei Stunden seit Spielbeginn nichts zu sehen gewesen. Offenbar wechselte der goldene Ball so flink die Position, daß weder Monique noch Horus ihn sehen konnten. Beiden Mannschaften war klar, daß nur der Schnatzfang eine klare Entscheidung bringen konnte. Die Zuschauer waren jedenfalls zufrieden. Beaufort allerdings wunderte sich, wo der Schnatz abgeblieben war. Beinahe vergaß er, daß er Schiedsrichter und kein Sucher war, weil die Partie bisher trotz Kampfbetontheit fair gespielt wurde. Es hatte noch keinen einzigen Strafwurf gegeben. Grün erzielte drei Tore in Folge, zwei von Céline und eins von Julius. Millie und Patricia konnten im Formationsspiel zwei Gegentreffer anbringen. Im Moment hatte Grün zwanzig Punkte Vorsprung. Dann sah Julius es golden aufblitzen, als er gerade von Louis gefolgt vorstieß. Der Schnatz glitzerte zwischen dem mittleren und rechten Torring zwischen den Torstangen und sauste immer wieder um den Torpfosten herum. Julius erkannte, daß die fast auf ihre Mittagshöhe gestiegene Sonne den richtigen Einfallswinkel erreichte, um den Schnatz anzuleuchten. Julius dachte schon, daß der Ball vielleicht kaputt war, als der Schnatz seine Torpfostenumkreisung beendete und im Zickzack wie ein Klatscher, nur ein wenig schneller, knapp fünf Meter über dem Boden davonsirrte. Julius erkannte fast zu spät, daß ein Klatscher auf ihn abgefeuert worden war. Gerade im letzten Moment schaffte er es ohne Doppelachser nach rechts abzutauchen. Dafür bekam er den von Louis geworfenen Quaffel nicht. Der Ball landete bei Laertis Brochet, der davonpreschte, um endlich sein erstes Tor zu machen, wo gerade nur Céline vor dem Torraum der Grünen wachte. Da durchstießen Horus und Monique die Linien der Jäger. Laertis krachte fast in seinen Kameraden, der nach unten tauchte. Marc sah, wo Monique hinwollte und schlug mal mit links den nächsten Klatscher zu ihr hin. Horus versuchte noch vorbeizustoßen, kam dabei aber dem Klatscher in die Quere und bekam diesen gegen die Besenspitze. Er wirbelte herum, fiel fast vom Besen herunter, während Monique beide Hände vorschnellen ließ. "Jaaaaaaaaaa!!!!!!!!" Der Jubelschrei der Grünen war wie eine gewaltige Explosion. Julius hörte es in seinen Ohren klirren und hoffte, keinen bleibenden Schaden abbekommen zu haben. Der von Marc gespielte Klatscher suchte sich derweil Laertis als Ziel aus. Beauforts langer Pfiff besiegelte den Sieg der Grünen. Mit 300 zu 130 Punkten hatten sie dieses so hochgejubelte Eröffnungsspiel gewonnen. Laertis wollte gerade landen, als der Klatscher ihm ins Besenende krachte und das Reisigbündel zerfetzte. Daß Laertis nicht wie ein Stein abstürzte verdankte er dem Fallbremsezauber Madame Faucons, die dieses Unglück vorausgesehen hatte. Wutentbrannt stürmte Laertis zu seinen Treiberkollegen. Weil der Siegesjubel der Grünen unvermindert laut durch das Stadion toste hörte er nicht, was Laertis Varus und Marc an den Kopf warf. Beaufort fing die beiden Klatscher ein, ließ sich von Céline den Quaffel geben und nahm Monique den Schnatz ab, wobei es kurz in seinen Augen leuchtete, als er den wie ein gefangenes Insekt in seiner Hand zappelnden Ball festhielt.

"Aus! Grün gewinnt durch Schnatzfang und fünfzehn Tore mit dreihundert zu einhundertdreißig Punkten dieses furiose Auftaktspiel. Damit haben Rot und Grün ihre Absicht mehr als verdeutlicht, den Pokal gewinnen zu wollen. Die Latte für die kommenden Begegnungen liegt sehr hoch, Messieursdames et Mesdemoiselles", kämpfte Constances magisch verstärkte Stimme gegen den Jubel der Grünen an. "Die nächste Begegnung wird dann in zwei Wochen zwischen den Sälen Gelb und Violett ausgefochten. Aber was geht da unten vor? Hallo! Das ist aber nicht gerade kameradschaftsgeist."

Laertis ging gerade mit bloßen Fäusten auf Marc Armand zu, der den Schläger schützend vor sich hielt. Millie und Patricia gingen dazwischen, gerade als Laertis Marc einen Schlag in die Magengrube verpaßte, der den jungen Treiber wie ein Taschenmesser zusammenklappen ließ. Als Laertis sich von Millie losreißen wollte, drehte sie ihm mal eben den Arm nach hinten und drückte ihn so in eine ungewollte Bückhaltung. Laertis teilte mit dem gerade noch freien Arm einen Schlag aus und erwischte Patricia an der linken Brust. Doch die neue Jägerin der Roten schien härter im Nehmen zu sein und bekam Laertis' Handgelenk zu packen. Julius eilte in seiner Eigenschaft als Saalsprecher los. Doch Céline fing ihn ab und brüllte ihm gegen den Jubel und die Unmutsbekundungen wegen der Rangelei ins Ohr: "Das sollen die gefälligst unter sich klären." Julius fiel fast hin, weil er fast über Célines Füße gestolpert wäre. Doch dann fand er Halt und sah zu, wie zwei rotblonde Mädchen einen athletischen Jungen mit schwarzen Locken abführten. Da kam Madame Rossignol auf den Platz und winkte Beaufort zu den dreien. Sie selbst ging zu Marc Armand und führte ihren Zauberstab über ihn. Julius behielt sie im Auge, falls sie ihn heranwinken würde. Beaufort stellte sich vor die drei Roten. Brochet und die Latierres überragten ihn um mindestens zehn Zentimeter. Er schimpfte auf Laertis ein und machte dann wegscheuchende Bewegungen gegen Millie und Pattie. Die beiden ließen Laertis frei und wandten sich um. Dabei fing Millies Blick den von Julius auf. Sie winkte ihrem Mann, zu ihr zu gehen. Céline begleitete ihn ein Stück, um dann zu Monique und den anderen Grünen zu laufen, die bereits von ersten Fans bestürmt wurden. Julius erkannte zu spät, daß auch ein Tross von Zuschauern auf ihn zueilte, allen voran Sandrine, Belisama und Corinne. Er kam erst einmal nicht an seine Frau heran, der nichts anderes übrigblieb, als sich in den Tross der Gratulanten einzufügen.

"Das war ja zeitweilig sehr ruppig. Aber ihr habt noch fair gespielt, alle beide", sagte Sandrine und schloß Julius in die Arme. Sie drückte ihm einen Kuß auf jede Wange und übergab ihn dann an Belisama, die meinte, daß sie eine gute Mannschaft aufgestellt hatten. Dann kam die kleine, kugelrunde Corinne an die Reihe.

"Irgendwas war mit dem Schnatz. Der flitzte fast 'ne ganze Stunde um die drei Tore rum. Das den keiner von den beiden gesehen hat. Aber Laertis ist ja wohl ein Volltroll, sich in einen ihm nicht geltenden Klatscher reintreiben zu lassen."

"Vielleicht hätte er als Sucher den Schnatz geholt", spottete Julius. Corinne lachte glockenhell.

"Dieses komische Flügelbällchen ist erst weitergezogen, als die Sonne draufgeschienen hat. Hoffentlich wird das Ergebnis nicht wegen eines kaputten Schnatzes ungültig."

"Wieso, der Schnatz flog und er wurde in der Luft gefangen", stellte Sandrine fest. "Müssen wir eben gegen die Violetten besser spielen, wenn wir noch am Pokal nippen wollen."

"Wir erledigen die Weißen und mischen um den Pokal mit", mußte Corinne einwerfen.

"Ist klar, Corinne. Ihr putzt die Weißen weg. Glaubst wohl, deine hundertfünfzig Punkte reichen aus?"

"Schön, daß du mir die hundertfünfzig Punkte gönnst, Belisama. Aber wir sollten jetzt weiter. Laertis ist voll durch den Wind. Ob der in der nächsten Runde noch spielen darf?"

"Dazu muß der erst 'nen neuen Besen haben", meinte Laurentine, die von Millie vorbeigelassen worden war. Julius nickte und nahm den Glückwunsch der stellvertretenden Saalsprecherin entgegen, bevor diese zu Céline weiterging. Dann kam Millie.

"Erst einmal Glückwunsch, daß eure Sucherin schneller war und dann noch Bedauern, daß Monique dich davon abgehalten hat, daß wir zwei denen zeigen, wie eins gegen eins richtig gespielt wird. Schon ein wenig unverschämt, mir Céline und euren Louis an den Besen zu hängen."

"Pattie hat einen Schlag abbekommen."

"Ich habe die zu Madame Rossignol geschickt. Mit dem Trank gegen blaue Flecken kriegt die das wieder klar. Der Nixkönner haut Mädchen. Und ich dachte, wenn wir den als Jäger nehmen haben wir einen guten Ersatz für Brunhilde. Aber wenn Apollo ein wenig Verstand hat kommt der dieses Jahr auf keinen Besen mehr", schnaubte Millie. "Nicht einen gescheiten Paß, nicht einen ansatzweise guten Angriff hat der hinbekommen. Da hätten Pattie und ich die Punkte auch ganz alleine jagen können. Dann hätte Monique euch alle sieben aber hinten in eurem Torraum lassen müssen."

"Ey, Madame Latierre, wir sind auch noch da", schnarrte Robert Deloire, der gerade noch bei seiner Freundin gewesen war."

"Ihr habt den gleich zurück", schnarrte Millie. "Wollte dem nur sagen, daß Laertis der Fehlgriff der Saison war. Dann bis dann, Julius!" Sie schmatzte ihm zwei Wangenküsse auf, mehr wagte sie nicht, weil Professeur Delamontagne gerade die Runde machte und abwartete, bis Gérard und André ihren Saalkameraden beglückwünscht hatten.

"Es ist sehr schön zu sehen, daß ein wildes Spiel fair verlaufen kann, wenn beide Mannschaften ihre Flugtechnik beherrschen. Herzlichen Glückwunsch, Monsieur Latierre", sagte Delamontagne und gab dem Saalsprecher der Grünen die Hand. Julius drückte sie fest. Der ehemalige Zaubereigegenminister verzog etwas das Gesicht, mußte dann aber lachen.

"Ich hoffe mal, sie können beim Händeschütteln schon zwischen Dame und Herr unterscheiden, Monsieur Latierre", sagte er. Julius nickte. Dann zog Professeur Delamontagne weiter, um Louis Vignier zu beglückwünschen, der von einer Traube aus Junghexen eingeschnürt war.

"Den hebt auch eine Hexe auf den Besen", meinte Robert, der sah, wo Julius hinsah. Julius grinste. Das mochte dem früher so schüchternen Muggelstämmigen wirklich blühen. Er dachte an Cyril Southerland und suchte ihn in der Woge der Roten. Doch er saß auf der Tribüne und schien ziemlich gelangweilt zu sein. Quidditch war eben doch kein Quodpot.

"Werte Zuschauer, wie ich soeben von Madame Faucon und Professeur Fixus erfahre haben wir heute zum ersten und vorerst letzten Mal Laertis Brochet als Jäger der Roten erleben dürfen. Laertis Brochet bekommt wegen einer brutalen Tätlichkeit gegen Monsieur Armand und Mademoiselle Latierre fünfhundert Strafpunkte, da Mademoiselle Latierre Pflegehelferin ist und eine Tätlichkeit grundsätzlich dreihundert Strafpunkte erfordert." Julius sog zischend Luft zwischen den Zähnen ein. Natürlich, Pattie stand auch unter dem Schutz ihres Pflegehelferarmbandes. "Daher und wegen öffentlich zur Schau gestellter Unkameradschaft wird Monsieur Brochet die Teilnahme an weiteren Spielen des roten Saales untersagt und jeder von ihm erzielte Punkt dieser Partie aberkannt." Ein schallendes Gelächter flutete durch das Stadion. Constance mußte wohl auch lachen und sagte: "Leute, das mußte ich so bekanntgeben. Ich weiß selbst, daß er keinen einzigen Punkt erzielt hat", antwortete Constance mit hörbarer Belustigung auf diese Lachwelle.

"Okay, noch zu den anderen rüber zur Siegeraufstellung", dachte Julius und lief zu seinen Kameraden hinüber, um sich mit ihnen zusammen für ein mögliches Siegerfoto in Positur zu stellen.

Unter großem Jubel und "Grün ist der Pokal"-Gesängen wurde die siegreiche Mannschaft in den Palast zurückeskortiert. Eine Saalsprecherkonferenz fand heute nicht statt. Deshalb war noch mal Strand angesagt, ein Ort, wo kein Laertis Brochet gerade hingehen durfte.

"Geht's wieder?" Fragte Julius seine Schwiegertante, als diese zu Millie und ihm hinzukam.

"Rohling. Der haut Frauen und dann noch an die Dutteln", knurrte Patricia. "Aber es geht wieder. Madame Rossignol hat das mit dem Trank gegen blaue Flecken weggekriegt und auch vorsorglich alle Quetschungen behandelt. Tat schon ziemlich gut weh. Hätte nicht übel lust, dem auch wohinzuhauen, wo's dem weh tut. Aber lassen wir das! Wasserball?"

"Ich bin noch warm genug", sagte Julius. Millie bestätigte es.

Nach dem Mittagessen half Julius den jüngeren bei den Hausaufgaben. Die Ravels und Oscar Bleuville sangen Siegerlieder, so daß Julius einmal um mehr Ruhe bitten mußte, ohne Strafpunkte auszusprechen. Die richtige Fete sollte es dann abends geben.

"Julius, wo stand das noch mal mit der Wachstumsrate von Alraunen?" Fragte Pierre Marceau, der mit Gabrielle Delacour an Kräuterkundeaufgaben werkelte. Julius gab ihm den Namen und das Kapitel des offiziellen Schulbuches, aber auch das Kapitel aus Aurora Dawns kleinem Hexengarten, wo noch anschaulicher beschrieben stand, wie Alraunen zu halten waren, wie lange sie vom Sämling bis zur Fruchtträgerin brauchte und wie man sie sicher halten mußte, um sie möglichst schnell umzupflanzen. Das war das angenehme an der Saalsprecherarbeit.

Abends fand dann die große Siegesfeier statt. Céline und Julius hatten sich von Delamontagne die Genehmigung geben lassen, bis zwölf Uhr zu feiern und Festumhänge statt der üblichen Schulkleidung tragen zu dürfen. Pierre hatte keinen richtigen Festumhang und trat im Sonntagsumhang an. Gabrielle Delacour meinte in Julius' Hörweite, daß sie ihm einen anständigen Zaubererfestumhang zu Weihnachten besorgen würde, zumal es beim Tanzen sicher auch besser aussah. Babette hatte sich bei Madame Esmeralda gleich mehrere Festumhänge besorgt, unter anderem einen smaragdgrünen, den ihre Klassenkameradin Armgard anziehen durfte. Sie selbst trug einen heidelbeerfarbenen Umhang. Julius hatte seinen weinroten Festumhang angezogen und tanzte mit Laurentine, die von Céline einen grasgrünen Umhang geschenkt bekommen hatte, obwohl sie erst im November Geburtstag hatte. Aber da würde sowieso noch mal richtig gefeiert. Das brachte Julius darauf, demnächst mit Millie, Belisama und den Dorniers über ein Geburtstagsgeschenk für Gloria Porter zu reden. Denn die wurde am neunundzwanzigsten siebzehn. Das konnte und durfte er nicht achtlos übergehen, zumal es dann genau ein Jahr hersein würde, daß er mit Hilfe der Latierres und des Intrakulums Gloria, die Hollingsworths und Kevin vor Umbridges Rachefeldzug gerettet hatte. Als er mit Céline tanzte sprach er das Thema schon einmal an.

"Hat Connie auch schon gemeint, daß Gloria demnächst doch wohl siebzehn würde, aber das bei Belisama nachfragen müsse. Was können wir der schenken. Kosmetiksachen sind ja totaler Unfug, wo ihre Mutter ja einen ganzen Laden davon vollhat."

"Da habe ich keine Ahnung, was siebzehnjährige Hexen so verehren. Zauberer kriegen häufig neue Armbanduhren oder sowas. Aber mit der hier bin ich ja gut bedient", sagte Julius und deutete auf seine praktische Weltzeituhr, die sich von selbst der gültigen Ortszeit anpaßte.

"Wann genau ist Glorias Geburtstag?" Fragte Céline. Julius gab ihr die Auskunft, daß es am neunundzwanzigsten Oktober sei. "Dann haben wir noch ein paar Wochen, um was zu finden und ihr zu schicken. Vielleicht können wir zusammen einen Geburtstagskuchen für sie backen und in einem Conservatempus-Behälter verschicken."

"Stimmt, das ginge ja jetzt, wo wir den Kochkurs haben", erwiderte Julius begeistert. "Vielleicht kriege ich bis dahin auch was hin, was sie nirgendwo kaufen kann."

"Wir kriegen das", sagte Céline. Dann klatschte Gabrielle Julius ab. Céline sah sich um und ging zu Pierre, der jedoch von Jacqueline Richelieu aufgefordert wurde, die in ihrem blau-goldenen Tanzkleid wie eine kleine Prinzessin aussah. Das wurde durch die vielen goldenen Bänder noch bestärkt, die sie durch ihr braunes Haar gewirkt hatte.

"Fleuer sagt, du kannst so schön tanzen", sagte Gabrielle. "Sie hat mal mit dir getanzt, hat sie mir gesagt."

"Wenn sie das sagt", meinte Julius und drehte sich mit seiner wesentlich kleineren und zierlichen Tanzpartnerin sachte zu den Klängen aus dem Radio, daß Julius letzte Weihnachten bekommen hatte.

"So muß das, Patrice", tönte Germain Ravel und deutete auf Julius und Gabrielle, die vollkommen harmonische Figuren tanzten. Patrice, der beim Tanzen wohl keine Leuchte war grummelte nur zurück, daß es wichtigere Sachen gebe als nur gut zu tanzen. Als er jedoch sah, wie Julius von einem Mädchen zum anderen gereicht wurde trübte sich sein Gesicht ein. Keine aus seiner Klasse wolte mit ihm tanzen, nachdem er Jacqueline fünfmal hintereinander auf die Füße getreten hatte.

"Echt schade, daß Millie nicht mit dir mitfeiern darf. Ich meine, wo ihr doch sonst alles zusammen machen dürft", meinte Babette einmal, als Julius sie zu einem schnellen Stück der Schicksalsschwestern herumwirbelte.

"Das ist eben Beauxbatons. Du darfst ja zu Madame Faucon hier auch nicht Oma Blanche sagen."

"Ja, stimmt schon", grummelte Babette, als Julius ansetzte, sie in gekonnter Rock-'n-Roll-Manier über seine linke Schulter zu kugeln.

"Ey, das will ich auch können", meinte Antoine Lasalle, der mit seiner Klassenkameradin Odette tanzte.

"Da habe ich ein Vierteljahr für gelernt, und meine Tanzpartnerin damals wollte das nicht. Da mußte ich das mit der Tanzlehrerin einstudieren. Die war aber da noch viel größer als ich und hat mir nur gezeigt, wie die Damen die Herren über die Schultern kugeln können. Ist so ähnlich wie ein Schulterwurf beim Judo, nur daß du im Rhythmus bleiben mußt."

"In einer halben Stunde ist Ende!" Rief Céline, die gerade mit ihrem festen Freund Robert tanzte. Julius bestätigte das und stürmte an den Tisch mit den Naschereien, die sie zusammengeworfen hatten. Dann bestand er noch zehn Tänze mit zwanzig Partnerinnen von der ersten bis zur siebten Klasse. Entsprechend geschlaucht freute er sich auf sein Bett. Der Tag war lang, anstrengend und aufregend gewesen. Doch das gute Gefühl hatte ihn wachgehalten. Das Gefühl, daß das dunkle Jahr wirklich vorbei war.

ENDE

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